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Document 62013CJ0608

Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 9. Juni 2016.
Compañía Española de Petróleos (CEPSA), SA gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Kartelle – Art. 81 EG – Spanischer Straßenbaubitumenmarkt – Marktaufteilung und Preisabsprache – Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht der Europäischen Union – Überlange Dauer des Verfahrens vor der Europäischen Kommission – Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung.
Rechtssache C-608/13 P.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2016:414

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

9. Juni 2016 ( *1 )

„Rechtsmittel — Kartelle — Art. 81 EG — Spanischer Straßenbaubitumenmarkt — Marktaufteilung und Preisabsprache — Überlange Dauer des Verfahrens vor dem Gericht der Europäischen Union — Überlange Dauer des Verfahrens vor der Europäischen Kommission — Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung“

In der Rechtssache C‑608/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 25. November 2013,

Compañía Española de Petróleos (CEPSA) SA mit Sitz in Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: O. Armengol i Gasull und J. M. Rodríguez Cárcamo, abogados,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch C. Urraca Caviedes und F. Castillo de la Torre als Bevollmächtigte im Beistand von A. J. Rivas, avocat,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby (Berichterstatter), A. Rosas und C. Vajda,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Compañía Española de Petróleos (CEPSA) SA die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, CEPSA/Kommission (T‑497/07, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:438), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K(2007) 4441 endgültig der Kommission vom 3. Oktober 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/38710 – Bitumen [Spanien]) (im Folgenden: streitige Entscheidung), soweit diese sie betrifft, sowie, hilfsweise, auf Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

2

Art. 3 der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. 1958, Nr. 17, S. 385) bestimmt, dass „Schriftstücke, die ein Organ der Gemeinschaft an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person richtet, … in der Sprache dieses Staates abzufassen [sind]“.

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

3

Die Vorgeschichte des Rechtsstreits wurde in den Rn. 1 bis 91 sowie 107 und 108 des angefochtenen Urteils dargestellt und kann wie folgt zusammengefasst werden.

4

Die von der Zuwiderhandlung betroffene Ware ist Fluxbitumen, ein nicht weiterverarbeitetes Bitumen, das für den Bau und die Unterhaltung von Straßen verwendet wird.

5

Der spanische Bitumenmarkt umfasst zum einen drei Hersteller, die Konzerne Repsol, CEPSA-PROAS und BP, sowie zum anderen Importeure, zu denen die Konzerne Nynäs und Petrogal gehören.

6

CEPSA-PROAS ist ein internationaler Konzern des Energiesektors, der an der Börse notiert ist und in mehreren Ländern tätig ist. Die Productos Asfálticos (PROAS) SA, ein seit dem 1. März 1991 100%iges Tochterunternehmen von CEPSA, vertreibt von CEPSA hergestelltes Bitumen und produziert und vertreibt weitere Bitumenprodukte.

7

PROAS erzielte in Spanien im Geschäftsjahr 2001 durch ihre Verkäufe von Fluxbitumen an Dritte einen Umsatz von 90700000 Euro, d. h. 31,67 % des in Rede stehenden Marktes. Der konsolidierte Gesamtumsatz von CEPSA-PROAS belief sich im Jahr 2006 auf 18474000000 Euro.

8

Nach einem am 20. Juni 2002 von einem Unternehmen des BP-Konzerns in Anwendung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002) gestellten Antrag auf Geldbußenerlass wurden am 1. und am 2. Oktober 2002 bei Gesellschaften der Konzerne Repsol, CEPSA-PROAS, BP, Nynäs und Petrogal Nachprüfungen vorgenommen.

9

Am 6. Februar 2004 richtete die Europäische Kommission nach Art. 11 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) eine erste Reihe von Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen.

10

Mit Telefax vom 31. März 2004 bzw. vom 5. April 2004 stellten Gesellschaften des Repsol-Konzerns sowie PROAS bei der Kommission einen Antrag gemäß der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, begleitet von einer Unternehmenserklärung.

11

Nachdem sie vier weitere Auskunftsverlangen an die betroffenen Unternehmen gerichtet hatte, eröffnete die Kommission förmlich ein Verfahren und stellte den betroffenen Unternehmen der Konzerne BP, Repsol, CEPSA-PROAS, Nynäs und Petrogal in der Zeit vom 24. bis zum 28. August 2006 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte zu.

12

Vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die betroffenen Unternehmen des Konzerns CEPSA-PROAS fragte die Kommission mit Schreiben vom 19. Juli 2006 bei CEPSA an, ob sie damit einverstanden sei, dass die Kommission alle offiziellen Dokumente, die Mitteilung der Beschwerdepunkte oder die Entscheidung, die diese ihr gegenüber erlassen könnte, in englischer Sprache an sie richte. Mit Schreiben vom 20. Juli 2006 erklärte CEPSA, dass ihr die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte in englischer Sprache bekannt geben könne.

13

Am 3. Oktober 2007 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, mit der sie feststellte, dass sich die 13 Unternehmen, an die sie gerichtet war, an einem Komplex von Vereinbarungen über die Marktaufteilung und die Absprache der Preise für Straßenbaufluxbitumen in Spanien (mit Ausnahme der Kanarischen Inseln) beteiligt hatten.

14

Die Kommission war der Ansicht, beide festgestellten Wettbewerbsbeschränkungen, nämlich die horizontalen Vereinbarungen zur Marktaufteilung und die Preisabsprache, gehörten aufgrund ihres Wesens zu den schwersten Arten von Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 EG und könnten nach der Rechtsprechung die Einstufung als „besonders schwere“ Zuwiderhandlung rechtfertigen.

15

Sie setzte den „Ausgangsbetrag“ der zu verhängenden Geldbußen unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung, des Wertes des in Rede stehenden Marktes, der für 2001, das letzte vollständige Jahr der Zuwiderhandlung, auf 286400000 Euro geschätzt wurde, und des Umstands, dass sich die Zuwiderhandlung auf die in einem einzigen Mitgliedstaat vorgenommenen Bitumenverkäufe beschränkte, auf 40000000 Euro fest.

16

Danach teilte die Kommission die Unternehmen, an die die streitige Entscheidung gerichtet war, für eine Differenzierung in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Bedeutung auf dem in Rede stehenden Markt in verschiedene Kategorien ein, um zu berücksichtigen, inwieweit sie tatsächlich wirtschaftlich in der Lage waren, dem Wettbewerb schweren Schaden zuzufügen.

17

Der Repsol-Konzern und PROAS, deren Anteile auf dem in Rede stehenden Markt im Geschäftsjahr 2001 34,04 % bzw. 31,67 % betrugen, wurden in die erste Kategorie eingestuft, der BP-Konzern mit einem Marktanteil von 15,19 % in die zweite Kategorie und die Konzerne Nynäs sowie Petrogal, deren Marktanteile im Bereich zwischen 4,54 % und 5,24 % lagen, in die dritte Kategorie. Auf dieser Grundlage wurden die „Grundbeträge“ der zu verhängenden Geldbußen wie folgt angepasst:

erste Kategorie, für den Repsol-Konzern und PROAS: 40000000 Euro;

zweite Kategorie, für den BP-Konzern: 18000000 Euro;

dritte Kategorie, für die Konzerne Nynäs und Petrogal: 5500000 Euro.

18

Nach einer Erhöhung des „Grundbetrags“ der Geldbußen in Abhängigkeit von der Dauer der Zuwiderhandlung, und zwar eines Zeitraums von elf Jahren und sieben Monaten (vom 1. März 1991 bis zum 1. Oktober 2002), was PROAS betrifft, war die Kommission der Auffassung, dass der Betrag der gegen PROAS zu verhängenden Geldbuße aufgrund erschwerender Umstände um 30 % zu erhöhen sei, da dieses Unternehmen zu den „treibenden Kräften“ des Kartells gehört habe.

19

Die Kommission entschied außerdem, dass PROAS in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 Anspruch auf eine Ermäßigung in Höhe von 25 % der Geldbuße habe, die normalerweise gegen sie zu verhängen gewesen wäre.

20

Auf der Grundlage dieser Gesichtspunkte wurde gegen CEPSA und PROAS gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 83850000 Euro verhängt.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21

Mit Klageschrift, die am 20. Dezember 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragte die Rechtsmittelführerin die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, soweit sie sie betrifft, sowie, hilfsweise, die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße. Sie beantragte ferner, der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

22

Zur Stützung ihrer Klage machte sie sieben Klagegründe geltend.

23

Das Gericht hat jeden einzelnen dieser Klagegründe verworfen und die Klage daher insgesamt abgewiesen.

24

Im Wege der Widerklage beantragte die Kommission, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Betrag der gegen CEPSA verhängten Geldbuße erhöhen. Diesem Antrag hat das Gericht nicht stattgegeben.

Anträge der Parteien

25

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt CEPSA,

die Nrn. 1 und 3 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben,

den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden, ohne ihn an das Gericht zurückzuverweisen, indem der Gerichtshof den in der streitigen Entscheidung festgesetzten Betrag der Geldbuße auf eine von ihm für richtig erachtete Höhe herabsetzt, und

der Kommission die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

26

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen,

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

27

Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin sechs Rechtsmittelgründe geltend.

28

Mit den ersten beiden Rechtsmittelgründen, die zusammen zu prüfen sind, werden die Verletzung wesentlicher Formvorschriften und die Verfälschung der Tatsachen in Bezug auf die Sprachenregelung geltend gemacht. Der dritte Rechtsmittelgrund betrifft die Missachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bei der Festlegung des Betrags der gegen die Rechtsmittelführerin verhängten Geldbuße. Mit dem vierten und dem fünften Rechtsmittelgrund, die zusammen zu prüfen sind, macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe gegen den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist verstoßen. Der sechste Rechtsmittelgrund betrifft einen Verstoß gegen Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung.

Zum ersten und zum zweiten Rechtsmittelgrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften und Verfälschung der Tatsachen in Bezug auf die Sprachenregelung

Vorbringen der Parteien

29

Mit ihrem ersten, gegen die Rn. 113 bis 115 und 119 des angefochtenen Urteils gerichteten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, die streitige Entscheidung nicht wegen der Verletzung wesentlicher Formvorschriften für nichtig erklärt zu haben, die sich daraus ergebe, dass die Kommission unter Verstoß gegen Art. 3 der Verordnung Nr. 1, Art. 3 EUV sowie Art. 41 Abs. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an CEPSA in englischer Sprache versandt habe, wie sie u. a. im Rahmen ihrer Erwiderung sowie in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht habe. Dass sie in diesen Verstoß aus freien Stücken eingewilligt habe, sei insoweit irrelevant.

30

Die Kommission ist der Auffassung, dass der Rechtsmittelgrund der Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verordnung Nr. 1 ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel darstelle, das im Stadium des Rechtsmittels unzulässig sei. Hilfsweise hält sie ihn für unbegründet.

31

Mit ihrem zweiten, zum einen gegen die Rn. 109, 110 und 114 des angefochtenen Urteils und zum anderen gegen Rn. 115 dieses Urteils gerichteten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dadurch die Tatsachen verfälscht zu haben, dass es festgestellt habe, dass sie aus freien Stücken in den Verstoß gegen die Sprachenregelung eingewilligt habe und dass ihre Verteidigungsrechte nicht als Folge dieses Verstoßes verletzt worden seien.

32

Zum einen habe sie am 20. Juli 2006 das Dokument, mit dem sie sich damit einverstanden erklärt habe, die Mitteilung der Beschwerdepunkte in englischer Sprache zu erhalten, nur zurückgeschickt, um eine Erhöhung der Sanktion zu vermeiden, die dadurch hervorgerufen worden wäre, dass eine Versendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte nach dem 1. September 2006 die Kommission dazu veranlasst hätte, ihr gegenüber eine erheblich schwerere Sanktion zu verhängen.

33

Zum anderen müsse die Tatsache, dass diese Mitteilung nicht in der vorgeschriebenen Sprache verfasst worden sei, vom Gericht nicht nur als ein Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1 angesehen werden, sondern auch als eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, da sie dieses Dokument habe übersetzen lassen müssen, bevor sie darauf habe antworten können, und ihr so die Exaktheit und Echtheit, die mit jedem Original verbunden seien, vorenthalten worden seien.

34

Die Kommission ist ihrerseits der Auffassung, dass das Gericht die Tatsachen nicht verfälscht habe und jedenfalls keine Verletzung der Verteidigungsrechte festgestellt werden könne, da das Verfahren zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die angebliche Unregelmäßigkeit nicht bestehen würde.

Würdigung durch den Gerichtshof

35

Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit ist zurückzuweisen. Eine Partei kann nämlich zulässigerweise vor dem Gerichtshof Rechtsmittelgründe geltend machen, mit denen die vom Gericht getroffene Entscheidung aus rechtlichen Erwägungen gerügt wird (vgl. Urteil vom 29. November 2007, Stadtwerke Schwäbisch Hall u. a./Kommission, C‑176/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:730, Rn. 17). In den Rn. 107 bis 119 des angefochtenen Urteils ist das Gericht ausdrücklich auf die Rügen der Rechtsmittelführerin eingegangen, mit denen sie eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften und der Verordnung Nr. 1 geltend machte. Daher kann die Rechtsmittelführerin zulässigerweise Rechtsmittelgründe geltend machen, mit denen der Teil des angefochtenen Urteils, in dem dieses Vorbringen zurückgewiesen wird, aus rechtlichen Erwägungen gerügt wird.

36

Was die Rügen der Verletzung wesentlicher Formvorschriften, der Verordnung Nr. 1 sowie von Art. 3 EUV und Art. 41 Abs. 4 der Charta betrifft, geht aus der vom Gericht in Rn. 115 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung hervor, dass die Verwendung der in Art. 3 der Verordnung Nr. 1 vorgesehenen Sprache keine wesentliche Formvorschrift im Sinne von Art. 263 AEUV darstellt, deren Verletzung zwangsläufig die Ordnungsmäßigkeit jedes in einer anderen Sprache an eine Person gerichteten Schriftstücks berührt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission, 41/69, EU:C:1970:71, Rn. 47 bis 52). Wenn ein Organ an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats unterstehende Person ein Schriftstück richtet, das nicht in der Sprache dieses Mitgliedstaats abgefasst ist, macht nach dieser Rechtsprechung dieses Vorgehen das Verfahren nämlich nur dann fehlerhaft, wenn sich daraus für diese Person im Verwaltungsverfahren nachteilige Rechtsfolgen ergeben.

37

Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nur dann, wenn beim Versenden der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Verwendung einer anderen als der in Art. 3 der Verordnung Nr. 1 vorgesehenen Sprache nachteilige Rechtsfolgen hatte, die Ordnungsmäßigkeit dieser Versendung und damit diejenige des so eingeleiteten Verfahrens in Frage gestellt werden können.

38

In Bezug auf den letztgenannten Gesichtspunkt ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen des zweiten Rechtsmittelgrundes, wonach das Gericht dadurch die Tatsachen verfälscht habe, dass es festgestellt habe, dass sie sich aus freien Stücken damit einverstanden erklärt habe, die Mitteilung der Beschwerdepunkte in ihrer englischen Sprachfassung zu erhalten, zurückzuweisen, ohne dass es notwendig wäre, dass der Gerichtshof über seine eventuelle Begründetheit entscheidet. Die im vorliegenden Fall behauptete Verfälschung kann nämlich nur zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, soweit dargetan wäre, dass der sich gegebenenfalls daraus ergebende Willensmangel zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens geführt hätte.

39

Um eine solche Verletzung darzutun, beruft sich die Rechtsmittelführerin jedoch im Wesentlichen auf dieselben Argumente, die sie bereits vor dem Gericht vorgetragen hat und die in Rn. 113 des angefochtenen Urteils aus Gründen zurückgewiesen worden sind, hinsichtlich deren die Rechtsmittelführerin keine Verfälschung der Tatsachen geltend macht. Daraus folgt, dass dieses Vorbringen als unzulässig zurückzuweisen ist und der zweite Rechtsmittelgrund somit nicht durchgreifen kann, soweit er auf eine angebliche Verfälschung der Tatsachen gestützt ist.

40

Der erste und der zweite Rechtsmittelgrund sind deshalb insgesamt zurückzuweisen.

Zum dritten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch das Gericht

Vorbringen der Parteien

41

Mit ihrem dritten, gegen die Rn. 321 bis 332 des angefochtenen Urteils gerichteten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, das angefochtene Urteil nicht begründet und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er vom Gerichtshof ausgelegt werde, verstoßen zu haben.

42

Das Gericht hätte, wie es im Urteil vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission (T‑77/92, EU:T:1994:85), entschieden habe, auf das sich die Rechtsmittelführerin zur Stützung ihrer Klage berufen habe, den Betrag der gesamtschuldnerisch gegen CEPSA und PROAS verhängten Geldbuße herabsetzen müssen, da die Kommission den geringen Anteil – nämlich 0,77 % –, den der Umsatz mit dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkt am Gesamtumsatz des Konzerns CEPSA-PROAS gehabt habe, nicht berücksichtigt habe, was dazu geführt habe, dass der Endbetrag der gegen CEPSA verhängten Geldbuße mehr als 90 % des von PROAS im letzten vollständigen Jahr der Zuwiderhandlung erzielten Umsatzes entsprochen habe.

43

Das Gericht habe es jedoch abgelehnt, die aus diesem Urteil gezogenen Folgerungen anzuwenden, indem es sich auf die Feststellung beschränkt habe, dass zum einen die Obergrenze von 10 % des Umsatzes im vorliegenden Fall korrekt angewandt worden sei, ohne zu prüfen, ob der geringe Umsatz des von der Zuwiderhandlung betroffenen Produkts relevant sei oder nicht, und dass es zum anderen in diesem Urteil nicht um einen Konzern gehe.

44

Dadurch habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es ein Sanktionsniveau bestätigt habe, das nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht sei, dass es im Sinne von Rn. 126 des Urteils vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission (C‑89/11 P, EU:C:2012:738), unverhältnismäßig werde.

45

Die Kommission vertritt die Ansicht, dieser Rechtsmittelgrund habe keine Grundlage.

Würdigung durch den Gerichtshof

46

Soweit die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, die Zurückweisung des Vorbringens hinsichtlich der Unangemessenheit der gegen den Konzern CEPSA-PROAS verhängten Geldbuße unzureichend begründet zu haben, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einem offensichtlichen Fehlverständnis des angefochtenen Urteils beruht.

47

Um die Rüge, die gegen CEPSA und PROAS gesamtschuldnerisch verhängte Geldbuße sei unverhältnismäßig, zu verwerfen, hat das Gericht nämlich erstens in Rn. 316 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass in Bezug auf den Konzern CEPSA-PROAS nur die Verkäufe von Fluxbitumen von PROAS berücksichtigt worden seien. Zweitens hat es in den Rn. 317 und 318 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission keinen Multiplikator angewandt habe. Drittens hat es in Rn. 323 dieses Urteils ausgeführt, dass das Urteil vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission (T‑77/92, EU:T:1994:85), im vorliegenden Fall zum einen nicht relevant sei, weil die Kommission in der streitigen Entscheidung nur den Betrag der Verkäufe des Produkts, das Gegenstand der Zuwiderhandlung sei, berücksichtigt habe, und zum anderen, weil es sich in dem Urteil vom 14. Juli 1994, Parker Pen/Kommission (T‑77/92, EU:T:1994:85), um eine unabhängige Gesellschaft gehandelt habe, so dass sich die Frage einer eventuellen Berücksichtigung eines Gesamtumsatzes des Konzerns nicht gestellt habe. Viertens hat es auf das Vorbringen von CEPSA, die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) vorgesehene Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes sei überschritten worden, in Rn. 324 dieses Urteils darauf hingewiesen, dass allein aufgrund der Tatsache, dass der Betrag der gegen den Konzern CEPSA-PROAS verhängten Geldbuße fast genauso hoch sei wie der Gesamtumsatz von PROAS während des letzten vollständigen Jahres der in Rede stehenden Zuwiderhandlung, nicht der Schluss gezogen werden könne, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet worden sei, und hierzu in den Rn. 327 bis 329 dieses Urteils festgestellt, dass die Kommission zutreffend der Auffassung gewesen sei, dass PROAS und CEPSA eine wirtschaftliche Einheit darstellten und dass diese Obergrenze anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln sei, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG auftretende wirtschaftliche Einheit bestehe.

48

Soweit die Rechtsmittelführerin vorträgt, das Gericht habe dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Verhältnismäßigkeit der Höhe der Geldbuße festgestellt habe, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das über den Betrag der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen. Nur wenn der Gerichtshof der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre somit ein Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen (Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 205 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

49

Hierzu ist darauf hinzuweisen, wie es das Gericht in Rn. 328 des angefochtenen Urteils zutreffend getan hat, dass die in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Obergrenze anhand des gesamten Umsatzes aller Gesellschaften zu ermitteln ist, aus denen die als Unternehmen im Sinne von Art. 81 EG, dem jetzt Art. 101 AEUV entspricht, auftretende wirtschaftliche Einheit besteht (vgl. Urteile vom 8. Mai 2013, Eni/Kommission, C‑508/11 P, EU:C:2013:289, Rn. 109, vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, EU:C:2013:464, Rn. 172 und 173, sowie vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 56). Die Verhältnismäßigkeit einer Sanktion muss nämlich in Anbetracht des mit ihrer Verhängung verfolgten Abschreckungszwecks beurteilt werden, und bei dieser Beurteilung ist daher die Berücksichtigung des Gesamtumsatzes notwendig, um die wirtschaftliche Bedeutung dieser Einheit zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Januar 2016, Toshiba Corporation/Kommission, C‑373/14 P, EU:C:2016:26, Rn. 83 und 84).

50

Die Rechtsmittelführerin macht zwar im Wesentlichen geltend, dass der Betrag der gegen den Konzern CEPSA-PROAS verhängten Geldbuße mehr als 90 % des Umsatzes von PROAS darstelle, trägt aber zur Stützung ihres Vorbringens nichts vor, was belegen könnte, dass der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße, der weniger als 1 % des Umsatzes des CEPSA-PROAS-Konzerns entspricht, dermaßen überhöht ist, dass er im Sinne der in Rn. 48 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs unverhältnismäßig wird.

51

Soweit die Rechtsmittelführerin, gestützt auf das Urteil vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, EU:C:1983:158), dem Gericht vorwirft, nicht geprüft zu haben, ob die verhängte Geldbuße nicht nur zum Gesamtumsatz des Konzerns, sondern auch zum Ausmaß der Zuwiderhandlung in angemessenem Verhältnis stehe, genügt die Feststellung, dass das Gericht diese Rechtsprechung korrekt angewandt hat, da es nicht nur den Gesamtumsatz des Konzerns, sondern auch die von den Kartellteilnehmern erzielten Umsätze mit Fluxbitumen einschließlich derjenigen von PROAS berücksichtigt hat. Im Übrigen hat die Rechtsmittelführerin die Rn. 315, 316 und 322 des angefochtenen Urteils, wonach PROAS während eines Zeitraums von elf Jahren und sieben Monaten an dem Kartell beteiligt gewesen sei, nicht beanstandet. Ebenso wenig hat sie gerügt, dass die Kommission den Grundbetrag der Geldbuße erhöht hat, um diesem langen Zeitraum der Beteiligung an der Zuwiderhandlung Rechnung zu tragen.

52

Infolgedessen ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten und zum fünften Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist

Vorbringen der Parteien

53

Mit ihrem vierten gegen die Rn. 267 bis 269 des angefochtenen Urteils gerichteten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dadurch gegen Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen zu haben, dass es nicht über die Folgen entschieden habe, die sich aus seinem eigenen Verzug beim Erlass des angefochtenen Urteils ergäben.

54

Der fünfte Rechtsmittelgrund, mit dem ebenfalls ein Verstoß gegen den sich aus Art. 41 Abs. 1 und Art. 47 Abs. 2 der Charta ergebenden Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist geltend gemacht wird, untergliedert sich in drei Teile. Als Folge dieses Verstoßes und als Schadensersatz beantragt die Rechtsmittelführerin, dass der Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße um 25 % herabgesetzt wird. Hierzu macht sie geltend, dass jedes Jahr des Verzugs bei der Bearbeitung der Rechtssache zu einer Herabsetzung des Betrags der verhängten Geldbuße um 10 % und jeder Zeitraum von mehr als sechs Monaten und weniger als einem Jahr zu einer Herabsetzung von 5 % dieses Betrags führen müsse.

55

Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, angesichts des Zeitraums von fünf Jahren und neun Monaten, der zwischen der Erhebung ihrer Klage und der Verkündung des angefochtenen Urteils verstrichen sei, einschließlich eines zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und dem mündlichen Verfahren liegenden Zeitraums von vier Jahren und zwei Monaten, seine Pflicht verletzt zu haben, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden.

56

Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, dadurch gegen den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist verstoßen zu haben, dass es die Dauer des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens, die insgesamt mehr als elf Jahre gedauert hätten, nicht zusammen gewürdigt habe. Zur Stützung ihres Vorbringens verweist sie auf Nr. 240 der Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Solvay/Kommission (C‑109/10 P, EU:C:2011:256).

57

Mit dem dritten gegen die Rn. 245 bis 265 des angefochtenen Urteils gerichteten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, als es entschieden habe, dass das Verwaltungsverfahren innerhalb einer angemessenen Frist durchgeführt worden sei.

58

Zur Stützung dieses Teils macht sie geltend, dass ein Zeitraum von fünf Jahren für die Bearbeitung durch die Kommission in der vorliegenden Rechtssache nicht mit dem Schwierigkeitsgrad des Rechtsstreits oder dem Verhalten der belangten Unternehmen, die alle an dem Verfahren mitgewirkt hätten, gerechtfertigt werden könne.

59

In den Rn. 245 bis 250 des angefochtenen Urteils habe das Gericht für die Zwecke der Prüfung der Dauer des Verwaltungsverfahrens fehlerhaft die Tatsache berücksichtigt, dass die Kommission die Verjährungsfrist für die Verhängung von Geldbußen auf dem Gebiet des Wettbewerbs eingehalten habe. Ferner wirft sie dem Gericht vor, im Rahmen seiner in den Rn. 251 bis 265 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Beurteilung des Beginns des Verwaltungsverfahrens, also der Zeit zwischen Oktober 2002 und Juni 2004, in der die Kommission den Antrag des BP-Konzerns auf Anwendung der Kronzeugenregelung habe prüfen und die durch diesen Antrag erforderlich gemachten Kontrollen habe durchführen können, nicht berücksichtigt zu haben.

60

Die Kommission macht in Bezug auf den Vortrag der Verletzung der angemessenen Frist im Rahmen sowohl des Verwaltungs- als auch des Gerichtsverfahrens, einzeln oder zusammen genommen, geltend, dass es der Rechtsmittelführerin obliege, beim Gericht eine Schadensersatzklage zu erheben. Jedenfalls trage sie keinen Anhaltspunkt dafür vor, dass das Verfahren vor der Kommission und/oder dem Gericht in Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falls überlang gewesen sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

61

In Bezug auf den dritten Teil des fünften Rechtsmittelgrundes, mit dem die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es entschieden habe, dass im Verwaltungsverfahren eine angemessene Frist nicht überschritten worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Verletzung des Grundsatzes der Einhaltung einer angemessenen Frist zwar die Nichtigerklärung einer am Ende eines auf Art. 101 oder Art. 102 AEUV gestützten Verwaltungsverfahrens erlassenen Entscheidung rechtfertigen kann, da sie auch eine Verletzung der Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens mit sich bringt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 42 und 43), jedoch kann die Verletzung der angemessenen Frist eines solchen Verwaltungsverfahrens durch die Kommission – angenommen, sie wäre erwiesen – nicht zu einer Herabsetzung der verhängten Geldbuße führen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:301, Rn. 109).

62

Im vorliegenden Fall steht, wie aus den Rn. 54 und 57 bis 59 des vorliegenden Urteils hervorgeht, jedoch fest, dass die Rechtsmittelführerin mit ihren Rügen, das Gericht habe bei der Feststellung, das Verwaltungsverfahren sei nicht überlang gewesen, berücksichtigt, dass die Verjährungsfrist nicht verstrichen gewesen sei, und einen Teil des streitigen Verwaltungsverfahrens außer Acht gelassen, nur beabsichtigt, die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße zu erwirken.

63

Ohne Rücksicht darauf, ob er begründet ist, ist der dritte Teil des fünften Rechtsmittelgrundes daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

64

In Bezug auf den vierten Rechtsmittelgrund und den ersten Teil des fünften Rechtsmittelgrundes, mit denen eine Verletzung der angemessenen Entscheidungsfrist durch das Gericht geltend gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass der Verstoß eines Unionsgerichts gegen seine Pflicht nach Art. 47 Abs. 2 der Charta, in den bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden, trotz seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 mit einer Schadensersatzklage vor dem Gericht zu ahnden ist, da eine solche Schadensersatzklage einen effektiven Rechtsbehelf darstellt. Daher kann der Ersatz des Schadens, der durch die Nichteinhaltung einer angemessenen Verfahrensdauer durch das Gericht verursacht wurde, nicht unmittelbar im Rahmen eines Rechtsmittels beim Gerichtshof beantragt werden, sondern muss beim Gericht selbst eingeklagt werden (vgl. u. a. Urteile vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 66, vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 57, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 17 und 18).

65

Wird das nach Art. 256 Abs. 1 AEUV zuständige Gericht mit einer Schadensersatzklage befasst, entscheidet es darüber in einer anderen Besetzung als derjenigen, in der es mit dem als überlang gerügten Verfahren befasst war (vgl. u. a. Urteile vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 67, vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C 467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 58, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C 580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 19).

66

Wenn indessen offensichtlich ist, dass das Gericht seine Pflicht, die Rechtssache innerhalb angemessener Frist zu entscheiden, in hinreichend qualifizierter Weise verletzt hat, ohne dass es insoweit erforderlich wäre, dass die Parteien zusätzliche Nachweise beibringen, kann der Gerichtshof dies feststellen (vgl. u. a. Urteile vom 9. Oktober 2014, ICF/Kommission, C‑467/13 P, EU:C:2014:2274, Rn. 59, und vom 12. November 2014, Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, EU:C:2014:2363, Rn. 20).

67

Dies ist vorliegend der Fall. Die Verfahrensdauer vor dem Gericht, nämlich nahezu fünf Jahre und neun Monate, die insbesondere einen Zeitraum von vier Jahren und einem Monat enthält, der, wie aus den Rn. 92 bis 94 des angefochtenen Urteils hervorgeht, zwischen dem Abschluss des schriftlichen Verfahrens und der mündlichen Verhandlung ohne irgendeine Verfahrenshandlung verstrichen ist, lässt sich weder durch die Art noch durch den Schwierigkeitsgrad der Rechtssache und auch nicht durch deren Kontext erklären.

68

Zum einen wies der beim Gericht anhängig gemachte Rechtsstreit nämlich keinen besonderen Schwierigkeitsgrad auf. Zum anderen geht weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus den von den Parteien vorgetragenen Gesichtspunkten hervor, dass dieser Zeitraum der Untätigkeit objektiv gerechtfertigt gewesen wäre oder dass die Rechtsmittelführerin hierzu beigetragen hätte.

69

Aus den in Rn. 64 des vorliegenden Urteils dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch, dass der vierte Rechtsmittelgrund sowie der erste Teil des fünften Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen sind.

70

In Bezug auf den zweiten Teil des fünften Rechtsmittelgrundes, mit dem die Rechtsmittelführerin dem Gericht vorwirft, die Dauer des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens nicht zusammen gewürdigt zu haben, um zu beurteilen, ob diese insgesamt angemessen gewesen sei, ist noch festzustellen, dass er darauf abzielt, eine Herabsetzung der gegen die Rechtsmittelführerin verhängten Geldbuße zu erwirken.

71

Selbst wenn jedoch entgegen den Feststellungen des Gerichts im angefochtenen Urteil wegen der langen Dauer des Verwaltungs- und des Gerichtsverfahrens, dem sich CEPSA stellen musste, eine Verletzung des Rechts auf Einhaltung einer angemessenen Frist festgestellt werden könnte, würde eine solche Verletzung für sich allein genommen das Gericht oder den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels nicht dazu veranlassen können, die wegen der in Rede stehenden Zuwiderhandlung gegen diese Gesellschaft verhängte Geldbuße herabzusetzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2014, Bolloré/Kommission, C‑414/12 P, EU:C:2014:301, Rn. 107).

72

Demnach ist der zweite Teil des fünften Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

73

Folglich sind der vierte und der fünfte Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung

74

Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe dadurch gegen Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts in der auf den Rechtsstreit anwendbaren Fassung verstoßen, dass es CEPSA die Kosten auferlegt habe, obwohl es unter Berücksichtigung der Tatsache, dass beide Parteien mit ihrem Vorbringen unterlegen seien, die Kosten zwischen ihnen hätte teilen müssen.

75

Wenn alle anderen Rechtsmittelgründe zurückgewiesen worden sind, sind nach ständiger Rechtsprechung Anträge, mit denen die Rechtswidrigkeit der Kostenentscheidung des Gerichts gerügt wird, in Anwendung von Art. 58 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, wonach ein nur gegen die Kostenentscheidung oder gegen die Kostenfestsetzung gerichtetes Rechtsmittel unzulässig ist, zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 13. Januar 1995, Roujansky/Rat, C‑253/94 P, EU:C:1995:4, Rn. 13 und 14, sowie Urteil vom 2. Oktober 2014, Strack/Kommission, C‑127/13 P, EU:C:2014:2250, Rn. 151).

76

Da die Rechtsmittelführerin mit ihren ersten fünf Rechtsmittelgründen unterlegen ist, ist der letzte, auf die Verteilung der Kosten bezogene Rechtsmittelgrund demnach für unzulässig zu erklären.

77

Damit ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

Kosten

78

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

79

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

80

Da die Kommission die Verurteilung von CEPSA beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

 

2.

Die Compañía Española de Petróleos (CEPSA) SA trägt die Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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