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Document 62013CJ0510

    Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 19. März 2015.
    E.ON Földgáz Trade Zrt gegen Magyar Energetikai és Közmű-szabályozási Hivatal.
    Vorabentscheidungsersuchen der Kúria.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Erdgasbinnenmarkt – Richtlinie 2003/55/EG – Art. 25 – Richtlinie 2009/73/EG – Art. 41 und 54 – Zeitliche Geltung – Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 – Art. 5 – Kapazitätszuweisungsmechanismen und Verfahren für das Engpassmanagement – Entscheidung einer Regulierungsbehörde – Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs – Klage einer Gesellschaft, die über eine Genehmigung zum Transport von Erdgas verfügt – Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Art. 47 – Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine Entscheidung einer Regulierungsbehörde.
    Rechtssache C-510/13.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2015:189

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

    19. März 2015 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung — Erdgasbinnenmarkt — Richtlinie 2003/55/EG — Art. 25 — Richtlinie 2009/73/EG — Art. 41 und 54 — Zeitliche Geltung — Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 — Art. 5 — Kapazitätszuweisungsmechanismen und Verfahren für das Engpassmanagement — Entscheidung einer Regulierungsbehörde — Recht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs — Klage einer Gesellschaft, die über eine Genehmigung zum Transport von Erdgas verfügt — Charta der Grundrechte der Europäischen Union — Art. 47 — Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gegen eine Entscheidung einer Regulierungsbehörde“

    In der Rechtssache C‑510/13

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Ungarn) mit Entscheidung vom 2. Juli 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. September 2013, in dem Verfahren

    E.ON Földgáz Trade Zrt.

    gegen

    Magyar Energetikai és Közmű-szabályozási Hivatal

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

    Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

    Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und K. Herrmann als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. Oktober 2014

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 25 der Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG (ABl. L 176, S. 57, berichtigt im ABl. 2004, L 16, S. 74, im Folgenden: Zweite Richtlinie) sowie der Art. 41 und 54 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55 (ABl. L 211, S. 94, im Folgenden: Dritte Richtlinie).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der E.ON Földgáz Trade Zrt. (im Folgenden: E.ON Földgáz) und der Magyar Energetikai és Közmű-szabályozási Hivatal (ungarische Regulierungsbehörde für den Energie- und Versorgungssektor, im Folgenden: Regulierungsbehörde) über die von dieser vorgenommene Änderung der im Gasnetzkodex (im Folgenden: Netzkodex) enthaltenen Vorschriften über die langfristige Kapazitätszuweisung und das Engpassmanagement.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    Zweite Richtlinie

    3

    In Art. 25 („Regulierungsbehörden“) Abs. 5, 6 und 11 der Zweiten Richtlinie war bestimmt:

    „(5)   Jeder Betroffene, der hinsichtlich der in den Absätzen 1, 2 und 4 und der in Artikel 19 genannten Punkte eine Beschwerde gegen einen Fernleitungs- oder Verteilernetzbetreiber oder den Betreiber einer [Flüssig-Erdgas]-Anlage hat, kann damit die Regulierungsbehörde befassen, die als Streitbeilegungsstelle innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde eine Entscheidung trifft. Diese Frist kann um zwei Monate verlängert werden, wenn die Regulierungsbehörde zusätzliche Informationen anfordert. Mit Zustimmung des Beschwerdeführers ist eine weitere Verlängerung dieser Frist möglich. Eine solche Entscheidung ist verbindlich, bis sie gegebenenfalls aufgrund eines Rechtsbehelfs aufgehoben wird.

    (6)   Jeder Betroffene, der hinsichtlich einer gemäß den Absätzen 2, 3 oder 4 getroffenen Entscheidung über die Methoden oder, soweit die Regulierungsbehörde eine Anhörungspflicht hat, hinsichtlich der vorgeschlagenen Methoden beschwerdeberechtigt ist, kann längstens binnen zwei Monaten bzw. innerhalb einer von den Mitgliedstaaten festgelegten kürzeren Frist nach Veröffentlichung der Entscheidung bzw. des Vorschlags für eine Entscheidung eine Beschwerde im Hinblick auf die Überprüfung der Entscheidung einlegen. Eine Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

    (11)   Beschwerden nach den Absätzen 5 und 6 lassen die nach dem Gemeinschaftsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften möglichen Rechtsbehelfe unberührt.“

    Dritte Richtlinie

    4

    Art. 41 der Dritten Richtlinie übernimmt inhaltlich im Wesentlichen Art. 25 der Zweiten Richtlinie. Die Abs. 11, 12 und 15 von Art. 41 der Dritten Richtlinie entsprechen den Abs. 5, 6 und 11 von Art. 25 der Zweiten Richtlinie. In Art. 41 der Dritten Richtlinie ist ein Abs. 17 enthalten, der in Art. 25 der Zweiten Richtlinie keine Entsprechung hatte. Er lautet:

    „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass auf nationaler Ebene geeignete Mechanismen bestehen, in deren Rahmen eine von einer Entscheidung der Regulierungsbehörde betroffene Partei das Recht hat, bei einer von den beteiligten Parteien und Regierungen unabhängigen Stelle Beschwerde einzulegen.“

    5

    In Art. 54 („Umsetzung“) der Dritten Richtlinie ist bestimmt:

    „(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 3. März 2011 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

    Sie wenden diese Vorschriften ab 3. März 2011 an, mit Ausnahme von Artikel 11, den sie ab 3. März 2013 anwenden.

    …“

    Verordnung (EG) Nr. 1775/2005

    6

    Zum Zeitpunkt des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens galt die Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. September 2005 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen (ABl. L 289, S. 1). Sie wurde durch die ab dem 3. März 2011 geltende Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1775/2005 (ABl. L 211, S. 36, berichtigt im ABl. 2009, L 229, S. 29, und L 309, S. 87) aufgehoben.

    7

    Die Erwägungsgründe 17 und 23 der Verordnung Nr. 1775/2005 lauteten:

    „(17)

    Die nationalen Regulierungsbehörden sollten die Einhaltung der Regeln dieser Verordnung und der gemäß dieser Verordnung erlassenen Leitlinien gewährleisten.

    (23)

    Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Festlegung gerechter Regeln für die Bedingungen für den Zugang zu Erdgasfernleitungsnetzen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.“

    8

    Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Verordnung bestimmte in Abs. 1:

    „Ziel dieser Verordnung ist die Festlegung nicht diskriminierender Regeln für die Bedingungen für den Zugang zu Erdgasfernleitungsnetzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten nationaler und regionaler Märkte, um das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts sicherzustellen.

    Dieses Ziel umfasst die Festlegung von harmonisierten Grundsätzen für die Tarife oder für die bei ihrer Berechnung zugrunde gelegten Methoden, für den Zugang zum Netz, die Einrichtung von Dienstleistungen für den Netzzugang Dritter und harmonisierte Grundsätze für die Kapazitätszuweisung und das Engpassmanagement, die Festlegung der Anforderungen an die Transparenz, Regeln für den Ausgleich von Mengenabweichungen und Ausgleichsentgelte sowie die Erleichterung des Kapazitätshandels.“

    9

    Art. 2 Abs. 1 Nr. 11 der Verordnung lautete:

    „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

    11.

    ‚Netznutzer‘ einen Kunden oder einen potenziellen Kunden eines Fernleitungsnetzbetreibers und Fernleitungsnetzbetreiber selbst, sofern diese ihre Funktionen im Zusammenhang mit der Fernleitung wahrnehmen müssen“.

    10

    Art. 5 („Grundsätze der Kapazitätszuweisungsmechanismen und Verfahren für das Engpassmanagement“) der Verordnung sah vor:

    „(1)   Den Marktteilnehmern wird in allen in Artikel 6 Absatz 3 genannten maßgeblichen Punkten die größtmögliche Kapazität zur Verfügung gestellt, wobei auf die Netzintegrität und einen effizienten Netzbetrieb geachtet wird.

    (2)   Die Fernleitungsnetzbetreiber veröffentlichen nicht diskriminierende und transparente Kapazitätszuweisungsmechanismen und setzen diese um; diese müssen

    a)

    angemessene ökonomische Signale für die effiziente und maximale Nutzung der technischen Kapazität liefern und Investitionen in neue Infrastruktur erleichtern;

    b)

    die Kompatibilität mit den Marktmechanismen einschließlich Spotmärkten und ‚Trading Hubs‘ sicherstellen und gleichzeitig flexibel und in der Lage sein, sich einem geänderten Marktumfeld anzupassen;

    c)

    mit den Netzzugangsregelungen der Mitgliedstaaten kompatibel sein.

    (3)   Schließen Fernleitungsnetzbetreiber neue Transportverträge ab oder handeln sie laufende Verträge neu aus, so berücksichtigen diese Verträge folgende Grundsätze:

    a)

    Im Falle vertraglich bedingter Engpässe bietet der Fernleitungsnetzbetreiber ungenutzte Kapazität auf dem Primärmarkt zumindest auf ‚Day-ahead‘-Basis (für den folgenden Gastag) und als unterbrechbare Kapazität an;

    b)

    Netznutzer, die ihre ungenutzte, kontrahierte Kapazität auf dem Sekundärmarkt weiterverkaufen oder verpachten wollen, sind hierzu berechtigt. Die Mitgliedstaaten können eine Benachrichtigung oder Unterrichtung des Fernleitungsnetzbetreibers durch die Netznutzer verlangen.

    (4)   Bleiben Kapazitäten im Rahmen bestehender Transportverträge ungenutzt und entsteht ein vertraglich bedingter Engpass, so wenden die Fernleitungsnetzbetreiber Absatz 3 an, es sei denn, dadurch würde gegen die Anforderungen bestehender Transportverträge verstoßen. Würde dadurch gegen bestehende Transportverträge verstoßen, so richten die Fernleitungsnetzbetreiber nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden gemäß Absatz 3 ein Gesuch an die Netznutzer für die Nutzung der ungenutzten Kapazität auf dem Sekundärmarkt.

    (5)   Im Falle physischer Engpässe wenden die Fernleitungsnetzbetreiber oder gegebenenfalls die Regulierungsbehörden nicht diskriminierende, transparente Kapazitätszuweisungsmechanismen an.“

    11

    In Art. 9 („Leitlinien“) Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1775/2005 war bestimmt:

    „(1)   Gegebenenfalls bestimmen Leitlinien, die für das zur Erreichung des Ziels dieser Verordnung erforderliche Mindestmaß an Harmonisierung sorgen, Folgendes:

    b)

    die Einzelheiten der Grundsätze der Kapazitätszuweisungsmechanismen und der Anwendung von Engpassmanagementverfahren bei vertraglich bedingten Engpässen gemäß Artikel 5;

    (2)   Leitlinien zu den in Absatz 1 aufgeführten Punkten sind im Anhang enthalten. Sie können von der Kommission geändert werden; dies geschieht nach dem in Artikel 14 Absatz 2 genannten Verfahren.

    …“

    12

    Art. 10 („Regulierungsbehörden“) der Verordnung bestimmte in Abs. 1:

    „Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben aufgrund dieser Verordnung sorgen die nach Artikel 25 der [Zweiten Richtlinie] eingerichteten Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten für die Einhaltung dieser Verordnung und der gemäß Artikel 9 dieser Verordnung angenommenen Leitlinien.“

    13

    Der Anhang der Verordnung Nr. 1775/2005 enthält die in deren Art. 9 vorgesehenen Leitlinien. Sein Abschnitt 2 definiert insbesondere die „Grundsätze der Kapazitätszuweisungsmechanismen, Engpassmanagementverfahren und ihre Anwendung bei vertraglich bedingten Engpässen“.

    14

    Nach ihrem Art. 17 Abs. 2 galt die Verordnung Nr. 1775/2005 ab dem 1. Juli 2006.

    Ungarisches Recht

    15

    Die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts über die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse sind im Gesetz Nr. III von 1952 zur Einführung der Zivilprozessordnung (A polgári perrendtartásról szóló 1952. évi III. törvény) und im Gesetz Nr. CXL von 2004 mit allgemeinen Vorschriften für Verwaltungsverfahren und die Leistungsverwaltung (A közigazgatási hatósági eljárás és szolgáltatás általános szabályairól szóló 2004. évi CXL. törvény) enthalten.

    16

    In Art. 110 des Gesetzes Nr. XL von 2008 über die Erdgasversorgung (A földgázellátásról szóló 2008. évi XL törvény) heißt es:

    „(1)   Der Netzbetreiber arbeitet die Regeln, Verfahren und Methoden in Bezug auf den Betrieb des Erdgasverbundnetzes, die inhaltlichen Mindestbestandteile der Vereinbarungen zum Handel, zur Verrechnungsmessung und zum Datenverkehr sowie den detaillierte Regeln zur Schaffung des Tagesgleichgewichts enthaltenden Netzkodex aus. …

    (2)   Der Netzkodex ist unter Berücksichtigung der Versorgungssicherheit, der Qualitätsanforderungen, der Wettbewerbsneutralität und des freien Zugangs zum Erdgasverbundnetz auszuarbeiten. Dabei muss der Betreiber die Stellungnahme des gemäß besonderen Rechtsvorschriften gebildeten und tätigen Netzkodexausschusses anfordern.

    (3)   Der Betreiber überprüft in jedem Jahr den gemäß Absatz 2 ausgearbeiteten Netzkodex, holt dabei die Stellungnahme des Netzkodexausschusses ein und legt [die vorgeschlagene(n) Änderung(en)] im Falle einer Änderung – zusammen mit den eingegangenen Stellungnahmen – bis zum 31. Oktober jedes Jahres der Regulierungsbehörde zur Genehmigung vor. Die Regulierungsbehörde verweigert die Genehmigung des Netzkodexes, wenn dieser rechtswidrig ist oder einen effizienten Wettbewerb bzw. die Durchführung der bei der Gebührenregulierung festgehaltenen Grundsätze und Regeln behindert oder gegenüber einzelnen Kunden die Anwendung von unbegründeten Differenzierungen ermöglicht, und verpflichtet den Betreiber – unter Fristsetzung und Angabe von Gründen – zur Überarbeitung und neuerlichen Einreichung des Entwurfs. Die einschlägigen Vorschriften des genehmigten Netzkodexes sind von den Inhabern einer Genehmigung, den Erdgasförderunternehmen, den Netzbenutzern und den Kunden einzuhalten.

    (4)   Im Falle einer Änderung einer Rechtsvorschrift oder wenn der Netzkodex einen effizienten Wettbewerb bzw. die Durchführung der bei der Gebührenregulierung festgehaltenen Grundsätze und Regeln behindert oder gegenüber einzelnen Kunden die Anwendung von unbegründeten Differenzierungen ermöglicht, verpflichtet die Regulierungsbehörde in Abstimmung mit den Inhabern einer Genehmigung und den Netzbenutzern den Betreiber – unter Fristsetzung und Angabe von Gründen – zur Änderung des Kodexes. Unterbleibt die Änderung, kann die Regulierungsbehörde eine Geldbuße verhängen und den Kodex von Amts wegen ändern.

    (5)   Die Inhaber einer Genehmigung veröffentlichen den Netzkodex und dessen Änderungen zusammen mit den Genehmigungsentscheidungen [der Regulierungsbehörde] – in einer konsolidierten Fassung – auf ihrer Website.

    …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    17

    E.ON Földgáz stellte als Inhaberin einer Genehmigung zum Transport von Erdgas beim ungarischen Betreiber des Gasfernleitungsnetzes, der FGSZ Földgázszállító Zrt. (im Folgenden: Netzbetreiber), vier Anträge auf langfristige Kapazitätszuweisung am Importeinspeisungspunkt der Gasleitung zwischen Ungarn und Österreich (Hungarian-Austrian gas interconnector).

    18

    Da diese Anträge die am genannten Einspeisungspunkt nach dem 1. Juli 2010 verfügbare Kapazität erheblich überstiegen, bat der Netzbetreiber die Regulierungsbehörde, ihm mitzuteilen, wie mit den Anträgen zu verfahren sei.

    19

    Die Regulierungsbehörde kam dieser Bitte nach und erließ die Entscheidung Nr. 98/2010 vom 22. Februar 2010, mit der die Entscheidung vom 25. Januar 2010 über die Genehmigung des Netzkodexes geändert wurde.

    20

    Mit der Entscheidung Nr. 98/2010 wurden die Vorschriften des Netzkodexes über die Zuweisung von Kapazität für einen über ein Gasjahr hinausgehenden Zeitraum (im Folgenden: langfristige Kapazität) neu definiert. Nach den Angaben in der angefochtenen Entscheidung wurden mit dieser Entscheidung auch die Vorschriften über das Engpassmanagement geändert.

    21

    Vor seiner Änderung durch die Entscheidung Nr. 98/2010 sah der Netzkodex vor, dass der Netzbetreiber Anträge auf Zuweisung langfristiger Kapazität in der Reihenfolge ihres Eingangs prüfte und entsprechende Kapazität, sofern vorhanden, durch den Abschluss eines Vertrags mit den Antragstellern zuwies.

    22

    Nach den durch die Entscheidung Nr. 98/2010 geänderten Vorschriften hat der Netzbetreiber für das Gasjahr 2010/2011 dem Abschluss von langfristigen Verträgen 80 % der verfügbaren Kapazität und dem Abschluss von Jahresverträgen für dieses Gasjahr 20 % der Kapazität vorzubehalten. Für die folgenden Gasjahre sieht die Entscheidung vor, dass die Zuweisung langfristiger Kapazität und der tatsächliche Abschluss der Verträge ab dem Gasjahr 2011/2012 nach neuen Vorschriften zu erfolgen haben, die vom Netzbetreiber unter Beteiligung der Erdgaslieferanten zu erarbeiten und der Regulierungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen sind.

    23

    Die Regulierungsbehörde begründete die Ausarbeitung dieser neuen Vorschriften damit, dass das ursprüngliche Verfahren der Kapazitätszuweisung die Entwicklung des Wettbewerbs beeinträchtigt und den Markteintritt neuer Wirtschaftsteilnehmer behindert habe.

    24

    E.ON Földgáz erhob beim Fővárosi bíróság (Hauptstadtgericht Budapest) am 27. März 2010 Klage auf Aufhebung der in der Entscheidung Nr. 98/2010 enthaltenen Bestimmungen über die Modalitäten der Kapazitätszuweisung für das Gasjahr 2010/2011. Ihre Klage wurde am 3. November 2011 abgewiesen.

    25

    Das Fővárosi Ítélőtábla (Hauptstädtisches Berufungsgericht) wies am 9. Mai 2012 auch die von E.ON Földgáz eingelegte Berufung zurück. Es begründete seine Entscheidung damit, dass E.ON Földgáz im Rahmen eines Verfahrens der gerichtlichen Überprüfung einer Verwaltungsentscheidung über den Netzkodex nicht klagebefugt sei. Die genannte Gesellschaft habe nämlich nicht dargetan, dass sie im Hinblick auf die angefochtenen Bestimmungen der Entscheidung Nr. 98/2010 ein einschlägiges unmittelbares Interesse hätte. Sie habe keinen Vertrag mit dem Netzbetreiber geschlossen, und in der Entscheidung sei nur von diesem die Rede.

    26

    E.ON Földgáz legte daraufhin beim vorlegenden Gericht Kassationsbeschwerde ein. Sie macht geltend, sie habe ein unmittelbares Interesse, das ihr eine Klagebefugnis verschaffe. Mit der Entscheidung Nr. 98/2010 seien nämlich die Vorschriften des Netzkodexes geändert worden, auf deren Grundlage sie als Inhaberin einer Genehmigung zum Transport von Erdgas Anträge auf Kapazitätszuweisung gestellt habe. Außerdem sei durch die neuen Vorschriften ihr Recht zum Abschluss von Verträgen über die beantragte Kapazität beschränkt worden. Insoweit sei es unerheblich, ob zwischen ihr und dem Netzbetreiber ein laufender Vertrag bestehe, da im Netzkodex u. a. das Verfahren zum Abschluss solcher Verträge geregelt sei. Im Übrigen sei die Entscheidung Nr. 98/2010 auf ihre Anträge hin erlassen worden. Nach dem Gesetz Nr. XL von 2008 über die Erdgasversorgung sei der Netzbetreiber verpflichtet, sie als Erdgaslieferanten beim Verfahren zur Ausarbeitung des neuen Netzkodexes zu konsultieren.

    27

    Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass ein Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens nach ungarischem Recht in Bezug auf eine Verwaltungsentscheidung nur klagebefugt sei, wenn sich seine Klage gegen eine Bestimmung einer solchen Entscheidung richte, die seine Rechte unmittelbar betreffe. Es fragt sich deshalb, ob das von E.ON Földgáz angeführte Interesse, das von ihm als wirtschaftliches Interesse eingestuft wird, ein unmittelbares Interesse darstellen kann, das der genannten Gesellschaft im Rahmen einer Klage gegen eine Regulierungsentscheidung im Energiesektor eine Klagebefugnis verleihen kann.

    28

    Das vorlegende Gericht hält eine Auslegung des in der Zweiten und der Dritten Richtlinie enthaltenen Begriffs des Betroffenen für erforderlich. Im Rahmen von Klagen gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörden im Bereich der elektronischen Kommunikation habe der Gerichtshof diesen Begriff zwar bereits ausgelegt (Urteile Tele2 Telecommunication, C‑426/05, EU:C:2008:103, und Arcor, C‑55/06, EU:C:2008:244). Zur Regulierung des Energiesektors, insbesondere zu den Entscheidungen über die Netzkodexe, gebe es aber noch keine Rechtsprechung.

    29

    Die Kúria (Oberster Gerichtshof) hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Sind die in Art. 25 der Zweiten Richtlinie enthaltenen Bestimmungen, die den Kreis der zur Einlegung eines Rechtsbehelfs Berechtigten festlegen, im Fall einer während der Geltung dieser Richtlinie ergangenen Verwaltungsentscheidung anwendbar, oder sind im anhängigen Gerichtsverfahren die Bestimmungen des Art. 41 der während des Gerichtsverfahrens in Kraft getretenen Dritten Richtlinie zu beachten, weil die Vorschriften dieser Richtlinie nach ihrem Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 ab 3. März 2011 anzuwenden sind?

    2.

    Falls die Dritte Richtlinie anzuwenden ist: Kann bei einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung, mit der ein Netzkodex genehmigt oder sein Inhalt festgelegt wird, der Inhaber einer Vertriebslizenz, der – wie im vorliegenden Rechtsstreit – über ein wirtschaftliches Interesse verfügt, als „betroffene Partei“ im Sinne des Art. 41 Abs. 17 dieser Richtlinie angesehen werden, oder ist nur der Netzbetreiber, der befugt ist, die Genehmigung des Netzkodexes zu beantragen, betroffene Partei?

    3.

    Falls die Zweite Richtlinie anzuwenden ist: Fallen die Genehmigung bzw. die Änderung des Netzkodexes in seinem die Prüfung von Anträgen auf Kapazitätszuweisung betreffenden Teil, wie sie im vorliegenden Rechtsstreit erfolgt sind, unter die in Art. 25 Abs. 5 und 6 der Zweiten Richtlinie geregelten Tatbestände?

    4.

    Falls der Sachverhalt, um den es im Ausgangsverfahren geht, unter Art. 25 Abs. 6 der Zweiten Richtlinie fällt: Kann bei einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung, mit der ein Netzkodex genehmigt oder sein Inhalt festgelegt wird, der Inhaber einer Vertriebslizenz, der – wie im vorliegenden Rechtsstreit – über ein wirtschaftliches Interesse verfügt, als „Betroffener“ angesehen werden, oder ist nur der Netzbetreiber, der befugt ist, die Genehmigung des Kodexes zu beantragen, betroffene Partei?

    5.

    Wie ist Art. 25 Abs. 11 der Zweiten Richtlinie auszulegen, nach dem Beschwerden im Sinne der Abs. 5 und 6 die nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften möglichen Rechtsbehelfe unberührt lassen, wenn sich aus den Antworten auf die vorhergehenden Fragen ergibt, dass die Voraussetzungen für die Einlegung eines Rechtsbehelfs nach den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften enger sind als die, die sich aus der Richtlinie oder dem Unionsrecht ergeben?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    30

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Dritte Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 3. März 2011 ablief, und insbesondere die neuen Bestimmungen in ihrem Art. 41 Abs. 17 dahin auszulegen sind, dass sie auf eine Klage anwendbar ist, die gegen eine vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist ergangene Entscheidung einer Regulierungsbehörde – wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht – erhoben wurde und bei Ablauf dieser Frist immer noch anhängig war.

    31

    Nach Art. 41 Abs. 17 der Dritten Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass auf nationaler Ebene geeignete Mechanismen bestehen, in deren Rahmen eine von einer Entscheidung der Regulierungsbehörde betroffene Partei das Recht hat, bei einer von den beteiligten Parteien und Regierungen unabhängigen Stelle Beschwerde einzulegen.

    32

    Nach ihrem Wortlaut ist diese Bestimmung auf Sachverhalte anwendbar, in denen die Regulierungsbehörde eine Entscheidung erlassen hat, durch die eine Partei in ihren Rechten betroffen ist. Mithin kommt es bei der Beurteilung der Frage, ob ein Sachverhalt unter Art. 41 Abs. 17 der Dritten Richtlinie fällt, auf den Zeitpunkt des Erlasses einer solchen Entscheidung an.

    33

    Art. 41 Abs. 17 der Dritten Richtlinie ist also dahin auszulegen, dass er nicht für Entscheidungen der Regulierungsbehörde gilt, die vor dem Ablauf der in Art. 54 Abs. 1 der Richtlinie geregelten Frist zu ihrer Umsetzung, d. h. vor dem 3. März 2011, erlassen wurden.

    34

    In einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, in dem die Entscheidung Nr. 98/2010 am 22. Februar 2010 erlassen wurde, also vor dem Ablauf der Frist zur Umsetzung der Dritten Richtlinie, ist die Dritte Richtlinie demnach nicht anwendbar.

    35

    Somit ist auf die erste Frage zu antworten, dass die Dritte Richtlinie, deren Umsetzungsfrist am 3. März 2011 ablief, und insbesondere die neuen Bestimmungen in ihrem Art. 41 Abs. 17 dahin auszulegen sind, dass sie nicht auf eine Klage anwendbar ist, die gegen eine vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist ergangene Entscheidung einer Regulierungsbehörde – wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht – erhoben wurde und bei Ablauf dieser Frist immer noch anhängig war.

    Zur zweiten Frage

    36

    In Anbetracht der Antwort auf die erste Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

    Zur dritten, zur vierten und zur fünften Frage

    37

    Mit der dritten, der vierten und der fünften Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 25 der Zweiten Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung über die Erhebung von Klagen vor dem für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsakten einer Regulierungsbehörde zuständigen Gericht entgegensteht, nach der einem Wirtschaftsteilnehmer wie E.ON Földgáz unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine Befugnis zur Klageerhebung gegen eine Entscheidung der Regulierungsbehörde über den Netzkodex zuerkannt werden kann.

    38

    Wie der Generalanwalt in den Nrn. 36 und 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, enthält die Zweite Richtlinie keine besondere Bestimmung, die den Wirtschaftsteilnehmern ein Recht einräumt, gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde wie die Entscheidung Nr. 98/2010 zu klagen.

    39

    Die zeitlich auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbare Verordnung Nr. 1775/2005 legt jedoch harmonisierte Regeln für den Zugang der Marktteilnehmer zum Erdgasfernleitungsnetz fest.

    40

    Nach dem 23. Erwägungsgrund und nach Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung ist deren Ziel die Festlegung nicht diskriminierender Regeln für die Bedingungen für den Zugang zu Erdgasfernleitungsnetzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten nationaler und regionaler Märkte, um das reibungslose Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts sicherzustellen.

    41

    In diesem Rahmen geht aus Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung hervor, dass sie insbesondere zur Festlegung harmonisierter Grundsätze für die Kapazitätszuweisungsmechanismen und das Verfahren für das Engpassmanagement dient.

    42

    Art. 5 der Verordnung Nr. 1775/2005 enthält die Grundsätze, die der Netzbetreiber bei der Durchführung dieser Mechanismen und Verfahren zu beachten hat, um zu gewährleisten, dass die Marktteilnehmer unter nicht diskriminierenden und transparenten Bedingungen Zugang zum Leitungsnetz haben. Nach Art. 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung werden die Einzelheiten der Grundsätze von Art. 5 in den Leitlinien im Anhang der Verordnung bestimmt.

    43

    Außerdem ergibt sich aus dem 17. Erwägungsgrund und aus Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1775/2005, dass die Regulierungsbehörden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben für die Einhaltung der in Art. 5 und im Anhang der Verordnung genannten Grundsätze zu sorgen haben.

    44

    Folglich hat eine Regulierungsbehörde, wenn sie wie im Ausgangsverfahren eine Entscheidung erlässt, mit der die Vorschriften des Netzkodexes über die Kapazitätszuweisung und das Engpassmanagement durch den Netzbetreiber geändert werden, für die Einhaltung der durch die Verordnung Nr. 1775/2005 festgelegten und insbesondere der in Art. 5 der Verordnung in Verbindung mit deren Anhang enthaltenen Grundsätze zu sorgen.

    45

    Zu der Frage, ob Art. 5 der Verordnung Nr. 1775/2005 in Verbindung mit deren Anhang einem Wirtschaftsteilnehmer wie E.ON Földgáz unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Rechte verleiht, die die Regulierungsbehörde zu beachten hat, wenn sie eine Entscheidung erlässt, mit der die Verpflichtungen geändert werden, die sich für den Netzbetreiber hinsichtlich der Verfahren zur Regelung des Netzzugangs aus dem Kodex ergeben, ist festzustellen, dass E.ON Földgáz als Inhaberin einer Genehmigung zum Transport von Erdgas im Netz als Netznutzerin im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Nr. 11 der Verordnung Nr. 1775/2005 anzusehen ist. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung kommt es nämlich nicht darauf an, ob ein solcher Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich einen Vertrag mit dem Netzbetreiber abgeschlossen hat, da als „Netznutzer“ jeder Kunde oder potenzielle Kunde des Netzbetreibers gilt.

    46

    Sodann sind die in Art. 5 der Verordnung Nr. 1775/2005 in Verbindung mit deren Anhang enthaltenen Grundsätze angesichts des oben in Rn. 41 angeführten Ziels dieser Verordnung dahin auszulegen, dass sie Schutzmaßnahmen im Interesse der Nutzer, die Zugang zum Netz erhalten möchten, darstellen und somit Rechte für diese begründen können (vgl. entsprechend Urteil Tele2 Telecommunication, C‑426/05, EU:C:2008:103, Rn. 34).

    47

    Insbesondere geht in Bezug auf die Kapazitätszuweisungsmechanismen und die Engpassmanagementverfahren aus Abschnitt 2.1.3. des Anhangs der Verordnung Nr. 1775/2005 hervor, dass diese Mechanismen und Verfahren weder den Markteintritt neuer Marktteilnehmer behindern noch übermäßige Markteintrittshindernisse schaffen. Außerdem hindern sie Marktteilnehmer, einschließlich neuer Marktteilnehmer und Unternehmen mit kleinem Marktanteil, nicht am wirksamen Wettbewerb.

    48

    Demnach stehen einem Wirtschaftsteilnehmer wie E.ON Földgáz unter den Umständen des Ausgangsverfahrens bestimmte Rechte aus Art. 5 der Verordnung Nr. 1775/2005 in Verbindung mit deren Anhang zu, so dass davon auszugehen ist, dass er durch eine Entscheidung der Regulierungsbehörde, mit der die Vorschriften des Netzkodexes zur Kapazitätszuweisung und zum Engpassmanagement geändert werden, potenziell in seinen Rechten betroffen ist.

    49

    Nach ständiger Rechtsprechung ist es mangels einer einschlägigen Unionsregelung Sache des innerstaatlichen Rechts der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei die Mitgliedstaaten allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich sind (Urteil Mono Car Styling, C‑12/08, EU:C:2009:466, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    50

    So ist es zwar grundsätzlich Sache des nationalen Rechts, die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu bestimmen, doch verlangt das Unionsrecht über die Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität hinaus, dass die nationalen Rechtsvorschriften das in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vorgesehene Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz nicht beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Mono Car Styling, C‑12/08, EU:C:2009:466, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    51

    Somit ist auf die dritte, die vierte und die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 5 der Verordnung Nr. 1775/2005 in Verbindung mit deren Anhang und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung über die Erhebung von Klagen vor dem für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsakten einer Regulierungsbehörde zuständigen Gericht entgegenstehen, nach der einem Wirtschaftsteilnehmer wie E.ON Földgáz unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine Befugnis zur Klageerhebung gegen eine Entscheidung der Regulierungsbehörde über den Netzkodex zuerkannt werden kann.

    Kosten

    52

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Die Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG, deren Umsetzungsfrist am 3. März 2011 ablief, und insbesondere die neuen Bestimmungen in ihrem Art. 41 Abs. 17 sind dahin auszulegen, dass sie nicht auf eine Klage anwendbar ist, die gegen eine vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist ergangene Entscheidung einer Regulierungsbehörde – wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht – erhoben wurde und bei Ablauf dieser Frist immer noch anhängig war.

     

    2.

    Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. September 2005 über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen in Verbindung mit dem Anhang dieser Verordnung und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung über die Erhebung von Klagen vor dem für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Rechtsakten einer Regulierungsbehörde zuständigen Gericht entgegenstehen, nach der einem Wirtschaftsteilnehmer wie der E.ON Földgáz Trade Zrt. unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens keine Befugnis zur Klageerhebung gegen eine Entscheidung der Regulierungsbehörde über den Netzkodex zuerkannt werden kann.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Ungarisch.

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