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Document 62012TJ0278

Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 9. Dezember 2014.
Inter-Union Technohandel GmbH gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke PROFLEX - Ältere nationale Wortmarke PROFEX - Ernsthafte Benutzung der älteren Marke - Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009.
Rechtssache T-278/12.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2014:1045

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

9. Dezember 2014 ( *1 )

„Gemeinschaftsmarke — Widerspruchsverfahren — Anmeldung der Gemeinschaftsbildmarke PROFLEX — Ältere nationale Wortmarke PROFEX — Ernsthafte Benutzung der älteren Marke — Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑278/12

Inter-Union Technohandel GmbH mit Sitz in Landau in der Pfalz (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt K. Schmidt-Hern und Rechtsanwältin A. Feutlinske,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch P. Bullock als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Gumersport Mediterranea de Distribuciones, SL mit Sitz in Barcelona (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 27. März 2012 (Sache R 413/2011‑2) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Inter-Union Technohandel GmbH und der Gumersport Mediterranea de Distribuciones, SL

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 22. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 4. Oktober 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 9. Januar 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Erwiderung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1

Am 13. Dezember 2005 meldete die Gumersport Mediterranea de Distribuciones, SL nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2

Dabei handelte es sich um folgendes Bildzeichen:

Image

3

Die Marke wurde für folgende Waren der Klassen 9, 12 und 25 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

Klasse 9: „Sportschutzhelme, Sportbrillen, Sonnenbrillen; Geschwindigkeitsanzeiger, automatische Druckverlustanzeiger für Fahrzeugreifen“;

Klasse 12: „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser; Fahrräder und Fahrradzubehör, Fahrradklingeln, Fahrradschläuche, Fahrradrahmen, Fahrradreifen, Fahrradnaben, Zahnradübersetzungen für Fahrräder, Fahrradbremsen, Schutzbleche für Fahrräder, Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrräder, Fahrradfelgen, Fahrradlenkstangen, Kurbeln für Fahrräder, Fahrradmotoren (Mopeds); Fahrradreifen, Fahrradpedale, Fahrradspeichen, Fahrradnetze, Fahrradräder, Fahrradsättel, Fahrradstützen, Fahrradglocken, schlauchlose Reifen für Fahrräder, Fahrradketten, Spezialkörbe für Fahrräder, Rückspiegel, Flickzeug für Reifenschläuche, Fahrradträger, Gleitschutzketten, Fahrradrahmen, Achsen, Speichenspanner, Dreiräder“;

Klasse 25: „Hemden, T‑Shirts, Blusen, Sweatshirts, Parkas, Jacken, Hosen, Handschuhe (Bekleidungsstücke), Socken, Strümpfe, Unterwäsche, Pyjamas, Nachthemden, Westen, Umhänge, Schultertücher, Mäntel, Schals, Pullover, Röcke, Kleider, Krawatten, Gürtel, Hosenträger, Badeanzüge, Sportbekleidung, soweit sie in dieser Klasse enthalten ist; Bekleidungsstücke und Schuhe für Radfahrer; Unterwäsche (schweißaufsaugend); Mützen, Regenmäntel, Anoraks; Morgenmäntel; Stolen, Tücher; Anzüge; Unterwäsche; Schuhwaren und Kopfbedeckungen; gewirkte Stoffe (Bekleidungsstücke)“.

4

Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 26/2006 vom 26. Juni 2006 veröffentlicht.

5

Am 6. September 2006 erhob die Klägerin, die Inter‑Union Technohandel GmbH, nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für alle in der vorstehenden Rn. 3 genannten Waren.

6

Der Widerspruch stützte sich auf die unter der Nr. 39628817 am 12. Februar 1997 eingetragene und am 14. Juli 2006 verlängerte deutsche Wortmarke PROFEX für folgende Waren der Klassen 6, 8, 9, 11, 12, 16, 17 und 21: „Kettenschlösser, Bügelschlösser, Seilschlösser, Spiralschlösser, Kabelschlösser; Thermometer, Tachometer, Kilometerzähler und Kompasse für Landfahrzeuge; Schutzhelme, Schutzhandschuhe; elektrische Sicherungen, Sicherungshalter, Lichtmaschinen und Dynamos für Landfahrzeuge; elektrische und elektronische Alarmanlagen; mechanische Diebstahlsicherungen (andere als für Landfahrzeuge); Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Scheinwerfer, Rückfahrscheinwerfer, Rückleuchten, Blinkleuchten, Handleuchten, Kartenleseleuchten, Glühlampen und Reflektoren; Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Lenkradhüllen, Pannenkoffer, Auspuffblenden, Radzierblenden, Tankverschlüsse, Schmutzfänger, Rückenstützen, Gurtpolster, Kopfpolster, Sitzbezüge, Kindersitze, Rückblickspiegel, Schaltknöpfe (nicht aus Metall), Türanschlagpuffer, Luftpumpen, Trinkflaschen, Fahrradständer, mechanische Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Ersatzteile für Landfahrzeuge, nämlich Reifen, Schläuche, Bremsen, Bremsbacken, Bremsklötze, Bremszüge, Bremshebel, Schaltgetriebe, Schaltwerke, Schalthebel, Schaltzüge, Zahnräder, Ketten, Kettenschützer, Schutzbleche, Pedale, Glocken, Fahrradsättel, Fahrradlenker, Fahrradvorbauten; Anhänger für Landfahrzeuge; Kindersitze für Landfahrzeuge; Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Körbe, Boxen, Behälter und Halter für Gepäck und Kleinteile, Gepäckträger, Sattel-, Lenker- und Rahmentaschen (leer); Notizblöcke; Klebeschilder, Klebebänder; Isolierband; Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Folien, Rollos, Jalousien und Blenden aus Kunststoff als Sonnenschutz“.

7

Als Widerspruchsgrund wurde das Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) geltend gemacht.

8

Im Verlauf des Verfahrens forderte das HABM die Klägerin auf Antrag von Gumersport Mediterranea de Distribuciones auf, gemäß Art. 43 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009) die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nachzuweisen. Die Klägerin legte hierzu verschiedene Beweise vor, die von der Widerspruchsabteilung geprüft wurden.

9

Mit Entscheidung vom 2. Juli 2009 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch in vollem Umfang nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 zurück, da die Klägerin keine hinreichenden Belege zum Nachweis einer ernsthaften Benutzung der älteren Marke vorgelegt habe.

10

Am 26. August 2009 legte die Klägerin gegen diese Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 2. Juli 2009 nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 beim HABM Beschwerde ein.

11

Mit Entscheidung vom 14. Juni 2010 hob die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Entscheidung der Widerspruchsabteilung auf und verwies die Sache an diese zurück. Die Beschwerdekammer war im Wesentlichen der Auffassung, dass die Widerspruchsabteilung bestimmte von der Klägerin vorgelegte Beweise nicht berücksichtigt und ihre Entscheidung so auf eine unvollständige tatsächliche Grundlage gestützt habe.

12

Am 17. Dezember 2010 erließ die Widerspruchsabteilung eine neue Entscheidung, in der sie zu dem Schluss kam, dass eine ernsthafte Benutzung der älteren Marke für einen Teil der Waren, für die sie eingetragen worden war, nämlich verschiedene Arten von Fahrrad- und Autozubehör, nachgewiesen worden sei. Nach Auffassung der Widerspruchsabteilung waren die Waren, für die die ältere Marke benutzt worden sei, entweder ausdrücklich in den vorgelegten Beweisen erwähnt oder Teil der folgenden Unterkategorien im Warenverzeichnis der älteren Marke: mechanische Diebstahlsicherungen (andere als für Landfahrzeuge); Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Scheinwerfer, Rückfahrscheinwerfer, Rückleuchten, Blinkleuchten, Handleuchten, Kartenleseleuchten, Glühlampen und Reflektoren; Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Lenkradhüllen, Auspuffblenden, Gurtpolster, Kopfpolster, Sitzbezüge, Kindersitze, Rückblickspiegel, Luftpumpen, Trinkflaschen, Fahrradständer; Ersatzteile für Landfahrzeuge, nämlich Reifen, Schläuche, Bremsen, Bremsbacken, Bremsklötze, Bremszüge, Bremshebel, Schaltgetriebe, Schaltwerke, Schalthebel, Schaltzüge, Zahnräder, Ketten, Kettenschützer, Schutzbleche, Pedale, Glocken, Fahrradsättel, Fahrradlenker, Fahrradvorbauten; Anhänger für Landfahrzeuge; Zubehör für Landfahrzeuge, nämlich Folien, Rollos, Jalousien und Blenden aus Kunststoff als Sonnenschutz sowie insbesondere Seilschlösser, Spiralschlösser; Thermometer, Tachometer, Kilometerzähler und Kompasse für Landfahrzeuge; Schutzhelme, Kindersitze für Landfahrzeuge.

13

Danach nahm die Widerspruchsabteilung eine Untersuchung der Verwechslungsgefahr vor und gab dem Widerspruch teilweise statt, und zwar für „Sportschutzhelme, Geschwindigkeitsanzeiger, automatische Druckverlustanzeiger für Fahrzeugreifen“ der Klasse 9 und „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande; Fahrräder und Fahrradzubehör, Fahrradklingeln, Fahrradschläuche, Fahrradrahmen, Fahrradreifen, Fahrradnaben, Zahnradübersetzungen für Fahrräder, Fahrradbremsen, Schutzbleche für Fahrräder, Fahrtrichtungsanzeiger für Fahrräder, Fahrradfelgen, Fahrradlenkstangen, Kurbeln für Fahrräder, Fahrradmotoren (Mopeds); Fahrradreifen, Fahrradpedale, Fahrradspeichen, Fahrradnetze, Fahrradräder, Fahrradsättel, Fahrradstützen, Fahrradglocken, schlauchlose Reifen für Fahrräder, Fahrradketten, Spezialkörbe für Fahrräder, Rückspiegel, Flickzeug für Reifenschläuche, Fahrradträger, Gleitschutzketten, Fahrradrahmen, Achsen, Speichenspanner, Dreiräder“ der Klasse 12. Daher wies die Widerspruchsabteilung die Gemeinschaftsmarkenanmeldung für diese Waren zurück.

14

Am 16. Februar 2011 erhob Gumersport Mediterranea de Distribuciones beim HABM eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 17. Dezember 2010, soweit diese dem Widerspruch teilweise stattgegeben und die Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurückgewiesen hatte.

15

Mit Entscheidung vom 27. März 2012 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Zweite Beschwerdekammer des HABM der Beschwerde statt und hob die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 17. Dezember 2010 auf.

16

Vorab stellte die Beschwerdekammer klar, dass die Beschwerde ihrer Reichweite nach diejenigen Waren erfasste, für die dem Widerspruch stattgegeben und die Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurückgewiesen worden war, d. h. die oben in Rn. 13 genannten Waren der Klassen 9 und 12 (Rn. 13 und 14 der angefochtenen Entscheidung).

17

Weiter befand die Beschwerdekammer entgegen der Entscheidung der Widerspruchsabteilung im Wesentlichen, dass die Klägerin den Umfang der Benutzung und damit die ernsthafte Benutzung der älteren Marke nicht nachgewiesen habe (Rn. 32 bis 39 der angefochtenen Entscheidung). Die Beschwerdekammer kam daher zu dem Schluss, dass der Widerspruch nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 22 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1) in der geänderten Fassung zurückzuweisen sei.

Anträge der Parteien

18

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

19

Das HABM beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

20

Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 und Regel 22 der Verordnung Nr. 2868/95 und zweitens einen Verstoß gegen Art. 76 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009.

21

Das Gericht hält es für zweckmäßig, zunächst den ersten Klagegrund zu prüfen.

22

Im Rahmen dieses Klagegrundes rügt die Klägerin, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht befunden, dass die ihr vorgelegten Beweise den Umfang der Benutzung der älteren Marke nicht belegt hätten. Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass die Beschwerdekammer eine fehlerhafte Würdigung der im Verwaltungsverfahren eingereichten Beweise vorgenommen habe. Diese fehlerhafte Würdigung beruhe vor allem auf der Anwendung fehlerhafter, nämlich „zu strenger“ Kriterien für den Nachweis einer Benutzung der älteren Marke.

23

Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

24

Es ist darauf hinzuweisen, dass der Anmelder einer Gemeinschaftsmarke, gegen deren Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, nach Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 den Nachweis verlangen kann, dass die ältere nationale Marke, auf die der Widerspruch gestützt wird, innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der Anmeldung ernsthaft benutzt worden ist.

25

Ferner hat sich nach Regel 22 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2868/95 in geänderter Fassung der Nachweis der Benutzung auf Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der älteren Marke zu beziehen.

26

Nach ständiger Rechtsprechung lässt sich den genannten Vorschriften unter gleichzeitiger Berücksichtigung des zehnten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 207/2009 entnehmen, dass der Normzweck des Erfordernisses, dass die ältere Marke ernsthaft benutzt worden sein muss, um einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung entgegengehalten werden zu können, darin besteht, Markenkonflikte zu begrenzen, soweit kein berechtigter wirtschaftlicher Grund vorliegt, der einer tatsächlichen Funktion der Marke auf dem Markt entspringt. Dagegen zielen diese Bestimmungen weder auf eine Bewertung des kommerziellen Erfolgs noch auf eine Überprüfung der Geschäftsstrategie eines Unternehmens oder darauf ab, den Markenschutz nur umfangreichen geschäftlichen Verwertungen von Marken vorzubehalten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, Sunrider/HABM – Espadafor Caba [VITAFRUIT], T‑203/02, Slg, EU:T:2004:255, Rn. 36 bis 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die Ursprungsidentität der durch ihre Eintragung geschützten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, Slg, EU:C:2003:145, Rn. 43). Ferner wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Marke verlangt, dass die Marke so, wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (Urteil VITAFRUIT, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2004:225, Rn. 39; vgl. auch in diesem Sinne entsprechend Urteil Ansul, EU:C:2003:145, Rn. 37).

28

Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand sämtlicher Tatsachen und Umstände zu prüfen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (Urteil VITAFRUIT, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2004:225, Rn. 40; vgl. auch entsprechend Urteil Ansul, oben in Rn. 27 angeführt, EU:C:2003:145, Rn. 43).

29

Bezüglich des Umfangs der Benutzung der älteren Marke sind insbesondere das Handelsvolumen aller Benutzungshandlungen sowie die Länge des Zeitraums, in dem Benutzungshandlungen erfolgt sind, und die Häufigkeit dieser Handlungen zu berücksichtigen (Urteile VITAFRUIT, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2004:225, Rn. 41, und vom 8. Juli 2004, MFE Marienfelde/HABM – Vétoquinol [HIPOVITON], T‑334/01, Slg, EU:T:2004:223, Rn. 35).

30

Bei der Prüfung der Ernsthaftigkeit der Benutzung einer älteren Marke ist eine umfassende Beurteilung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Diese Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Umständen. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder große zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile VITAFRUIT, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2004:225, Rn. 42, und HIPOVITON, oben in Rn. 29 angeführt, EU:T:2004:223, Rn. 36).

31

Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich nicht auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen nachweisen, sondern muss auf konkreten und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (Urteile vom 12. Dezember 2002, Kabushiki Kaisha Fernandes/HABM – Harrison [HIWATT], T‑39/01, Slg, EU:T:2002:316, Rn. 47, und vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, Slg, EU:T:2004:292, Rn. 28).

32

Der vorliegende Klagegrund ist im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

33

Da die von Gumersport Mediterranea de Distribuciones eingereichte Gemeinschaftsmarkenanmeldung am 26. Juni 2006 veröffentlicht wurde, erstreckt sich der in Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 genannte Zeitraum von fünf Jahren, wie die Beschwerdekammer in Rn. 25 der angefochtenen Entscheidung zu Recht festgestellt hat, vom 26. Juni 2001 bis zum 25. Juni 2006.

34

Aus Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Beschwerdekammer die folgenden von der Klägerin vorgelegten Beweise berücksichtigt hat, um die Ernsthaftigkeit der Benutzung der älteren Marke im maßgeblichen Zeitraum zu prüfen.

35

Erstens hat die Beschwerdekammer ein von der Klägerin an die Deutsche Bahn AG versandtes Dokument vom 5. März 2007 berücksichtigt, das eine Tabelle enthielt, in der der erwirtschaftete Umsatz aus dem Verkauf von unter der älteren Marke vertriebenem Fahrradzubehör zwischen 1997 und 2006 nach Jahren aufgeteilt angegeben war.

36

Zweitens hat die Beschwerdekammer eine schriftliche Erklärung berücksichtigt, die am 30. Oktober 2009 von einem zeichnungsberechtigten Vertreter der Klägerin, Herrn S., unterzeichnet worden war. Diesem Dokument waren ebenfalls datierte und unterzeichnete Tabellen beigefügt, die Informationen zum Umsatz aus dem Verkauf von diversem unter der älteren Marke vertriebenen Fahrrad- und Autozubehör enthielten.

37

Drittens hat die Beschwerdekammer drei Rechnungen der Werbeagentur R & P für die Herstellung von Katalogen und anderen Werbeunterlagen für unter der älteren Marke vertriebene Ausrüstungsgegenstände berücksichtigt.

38

Viertens hat die Beschwerdekammer Beispiele aus der Werbung für die ältere Marke berücksichtigt.

39

Fünftens hat die Beschwerdekammer einen Artikel in deutscher Sprache aus dem Monat Mai 2002 berücksichtigt, der die ältere Marke im Titel und im Text erwähnt.

40

Sechstens hat die Beschwerdekammer drei in der Monatszeitschrift test der Stiftung Warentest erschienene Artikel berücksichtigt. Zwei dieser Artikel datierten von April 2005 und bezogen sich auf unter der älteren Marke vertriebene Fahrradhelme. Der dritte Artikel datierte von Juni 2002 und bezog sich auf einen unter der älteren Marke vertriebenen Autositz.

41

Siebtens hat die Beschwerdekammer schließlich Kataloge von 2002, 2005 und 2006 für unter der älteren Marke vertriebenes Fahrrad- und Autozubehör berücksichtigt.

42

In der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung angenommen, dass durch die vorgelegten Beweise eine Benutzungsperiode der älteren Marke im maßgeblichen Zeitraum nachgewiesen worden sei (Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung). Die Beschwerdekammer hat auch die Entscheidung der Widerspruchsabteilung bestätigt, nach der die ältere Marke in Deutschland benutzt worden sei (Rn. 30 der angefochtenen Entscheidung). Weiter hat die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der Entscheidung der Widerspruchsabteilung angenommen, dass die vorgelegten Beweise eine Benutzung der älteren Marke, so wie sie eingetragen sei, belegt hätten (Rn. 31 der angefochtenen Entscheidung).

43

Dagegen ist die Beschwerdekammer hinsichtlich der Beurteilung des Umfangs der Benutzung der älteren Marke nicht der Auffassung der Widerspruchsabteilung gefolgt.

44

Die Beschwerdekammer ging insoweit davon aus, dass der genannten schriftlichen Erklärung angesichts der „eindeutigen“ Verbindungen zwischen deren Urheber und der Klägerin nur dann ein Beweiswert zukommen könne, wenn sie durch andere Beweise gestützt werde (Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung).

45

Die Beschwerdekammer hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass die anderen von der Klägerin vorgelegten Beweise den Inhalt der schriftlichen Erklärung nicht stützten und dass damit der Umfang der Benutzung der älteren Marke nicht dargetan worden sei (Rn. 37 bis 40 der angefochtenen Entscheidung).

46

Die Klägerin rügt zunächst, die Beschwerdekammer habe nicht berücksichtigt, dass die schriftliche Erklärung und die in Anlage dazu vorgelegten Umsatztabellen bereits für sich genommen einen hinreichenden Beweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke darstellten.

47

In dieser Hinsicht beruft sich die Klägerin darauf, dass die schriftliche Erklärung den im Unionsrecht geforderten einschlägigen Kriterien entspreche. Sie wirft der Beschwerdekammer weiter vor, die Bedeutung und die Beweiskraft einer solchen schriftlichen Erklärung nach deutschem Recht verkannt zu haben. Eine solche Erklärung sei ein zulässiges Beweismittel vor den deutschen Gerichten, und jede unwahre Erklärung sei nach § 156 des Strafgesetzbuchs strafbar. Schließlich hält die Klägerin der Beschwerdekammer vor, nicht die Tatsache berücksichtigt zu haben, dass die schriftliche Erklärung vernünftig und glaubhaft erscheine.

48

Es ist zu beachten, dass die von Herrn S. abgegebene schriftliche Erklärung datiert und unterzeichnet ist. In dieser Erklärung bestätigt Herr S., über die Tatsache informiert worden zu sein, dass die Erklärung dem HABM vorgelegt werde, sowie weiter darüber, dass eine unwahre Erklärung strafbar sei. In dem Dokument gibt Herr S. an, dass die Klägerin unter der älteren Marke in großem Umfang Fahrrad- und Autozubehör verkaufe. Er fügte dieser Erklärung ebenfalls datierte und unterzeichnete Tabellen bei, die Informationen zum Umsatz durch den Verkauf von diversem Fahrrad- und Autozubehör zwischen 2001 und 2006 enthalten. Diese Information ist nach Jahren und Waren aufgeschlüsselt. Herr S. erklärt, dass annähernd 90 % des Umsatzes durch Verkäufe in Deutschland erzielt worden seien. Er gibt des Weiteren an, dass sich die Wirkungen seiner schriftlichen Erklärung auch auf die in den in Anlagen genannten Umsatzzahlen erstreckten. Er erklärt schließlich, dass die Kataloge der unter der älteren Marke vertriebenen Waren, einschließlich der dem HABM im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten, an alle Einkäufer, Marketingdirektoren und Abteilungsleiter großer Einzelhandelsgeschäfte versandt worden seien.

49

Es ist festzustellen, dass diese schriftliche Erklärung unter „schriftliche Erklärungen, die unter Eid oder an Eides statt abgegeben werden oder nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem sie abgegeben werden, eine ähnliche Wirkung haben“ im Sinne des Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 fällt. Diese Erklärung stellt nach der genannten Vorschrift in Verbindung mit Regel 22 Abs. 4 der Verordnung Nr. 2868/95 ein Beweismittel für die Benutzung der Marke dar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Juni 2005, Lidl Stiftung/HABM – REWE-Zentral [Salvita], T‑303/03, Slg, EU:T:2005:200, Rn. 40, und vom 28. März 2012, Rehbein/HABM – Dias Martinho [OUTBURST], T‑214/08, Slg, EU:T:2012:161, Rn. 32). Zwischen den Parteien streitig ist der Beweiswert, der dieser schriftlichen Erklärung zuzumessen ist.

50

Was diese Frage anbelangt, so ist für die Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments zunächst die Wahrscheinlichkeit der darin enthaltenen Informationen zu prüfen. Es sind also die Herkunft des Dokuments zu berücksichtigen, die Umstände seiner Ausarbeitung, sein Adressat und die Frage, ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubhaft erscheint (Urteile Salvita, oben in Rn. 49 angeführt, EU:T:2005:200, Rn. 42, und vom 13. Juni 2012, Süd-Chemie/HABM – Byk-Cera [CERATIX], T‑312/11, EU:T:2012:296, Rn. 29).

51

Aus der Rechtsprechung ergibt sich ferner, dass einer Erklärung, wenn sie im Sinne von Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 von einem leitenden Mitarbeiter der Klägerin erstellt wurde, nur dann ein Beweiswert zukommen kann, wenn sie durch andere Beweismittel gestützt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Mai 2009, Schuhpark Fascies/HABM – Leder & Schuh [jello SCHUHPARK], T‑183/08, EU:T:2009:156, Rn. 39, CERATIX, oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2012:296, Rn. 30, und vom 12. März 2014, Globosat Programadora/HABM – Sport TV Portugal [SPORT TV INTERNACIONAL], T‑348/12, EU:T:2014:116, Rn. 33).

52

Auch wenn die Erklärung von Herrn S. im vorliegenden Fall an Eides statt erfolgte und Angaben zum Umfang der Benutzung der älteren Marke in Deutschland in Form von nach Waren und Jahren aufgeteilten Umsatztabellen enthält, stammt sie doch aus dem Bereich der Klägerin und nicht von einem Dritten, der eine weiter gehende Gewähr an Objektivität böte. Daher hat die Beschwerdekammer in Übereinstimmung mit der in den Rn. 50 und 51 wiedergegebenen Rechtsprechung zu Recht in Rn. 36 der angefochtenen Entscheidung angenommen, dass der schriftlichen Erklärung in Anbetracht der „eindeutigen“ Verbindungen zwischen ihrem Urheber und der Klägerin nur unter der Bedingung ein Beweiswert zuerkannt werden kann, dass sie durch andere Beweise gestützt wird.

53

Der Verweis der Klägerin auf die Beweiskraft einer schriftlichen Erklärung nach deutschem Recht kann diese Schlussfolgerung nicht in Frage stellen. Unabhängig von der Beweiskraft, die dieser Erklärung nach deutschem Recht zukommen könnte, ist nämlich festzustellen, dass die Verordnungen Nrn. 207/2009 und 2868/95 nichts enthalten, was die Schlussfolgerung erlaubte, dass die Beweiskraft der Beweiselemente für die Benutzung einer Marke einschließlich schriftlicher Erklärungen nach Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 im Licht der innerstaatlichen Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zu prüfen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteile Salvita, oben in Rn. 49 angeführt, EU:T:2005:200, Rn. 42, und jello SCHUHPARK, oben in Rn. 51 angeführt, EU:T:2009:156, Rn. 38).

54

Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist die Rüge der Klägerin zurückzuweisen, nach der die Beschwerdekammer hätte annehmen müssen, dass die schriftliche Erklärung von Herrn S. für sich genommen einen hinreichenden Beweis der ernsthaften Benutzung der älteren Marke darstelle.

55

Sodann ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, dass die anderen von der Klägerin im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten Beweise den Inhalt der schriftlichen Erklärung nicht stützen.

56

Insoweit hat die Beschwerdekammer, erstens, in Rn. 38 der angefochtenen Entscheidung zu Recht befunden, dass die schriftliche Erklärung von Herrn S. nicht von dem Dokument gestützt werde, das die Klägerin an die Deutsche Bahn gesandt hatte (siehe oben, Rn. 35). Wie die Beschwerdekammer festgestellt hat, konnte dieses Dokument die schriftliche Erklärung nicht stützen, da es nicht unterzeichnet war, die betroffenen Waren nicht genau bezeichnete und es andere Umsätze als die in der schriftlichen Erklärung angegebenen nannte. Das Gericht stellt allerdings fest, dass die in dem an die Deutsche Bahn versandten Dokument angegebenen Umsätze, auch wenn sie von den in der Erklärung von Herrn S. genannten abweichen, diesen nicht widersprechen, wie es das HABM in seiner Klagebeantwortung vor dem Gericht angedeutet hat. Die in dem an die Deutsche Bahn versandten Dokument bezeichneten Umsätze sind nämlich höher als die in der schriftlichen Erklärung von Herrn S. für die gleichen betroffenen Jahre angegebenen, da sie sich, wie aus dem genannten Dokument hervorgeht, auf sämtliches verkauftes Fahrradzubehör beziehen, während sich die in der schriftlichen Erklärung angegebenen Umsätze nur auf bestimmte Zubehörteile beziehen. Daher verringert das an die Deutsche Bahn gesandte Dokument, auch wenn es den Inhalt der schriftlichen Erklärung nicht stützt, die Beweiskraft der Letzteren nicht.

57

Zweitens hat die Beschwerdekammer in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die schriftliche Erklärung nicht durch die Kataloge (siehe oben, Rn. 41) oder die Artikel über Produkttests (siehe oben, Rn. 40) gestützt werden könne. Diese Behauptung hat die Beschwerdekammer offenbar mit den Erwägungen begründet, die in zwei Randnummern der angefochtenen Entscheidung enthalten sind.

58

So hat die Beschwerdekammer zum einen in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung nach ihrer Feststellung, dass die schriftliche Erklärung von Herrn S. nicht durch die Kataloge oder die Artikel über Produkttests gestützt werden könne, die folgenden Erwägungen angestellt:

„Zu diesem Punkt [nämlich der Frage des Umfangs der Benutzung] fanden sich in Anlage zu der Eidesstattlichen Erklärung Umsätze von 2001 bis 2006 für diverses Fahrrad- und Autozubehör unter der älteren Marke PROFEX, auf die sich diese Erklärung bezieht, aber diese Umsatzangaben wurden von der Widerspruchsführerin selbst erstellt, und die Tatsache, dass die Erklärung sie durch eine Bezugnahme einbezieht, bedeutet nicht, dass sie durch die Kataloge oder die zitierten Artikel gestützt würden.“

59

Dieser Passus in Rn. 37 der angefochtenen Entscheidung vermag nicht die Behauptung der Beschwerdekammer zu untermauern, dass die schriftliche Erklärung nicht durch die Kataloge oder die Artikel über Produkttests gestützt werden könne.

60

Zum anderen hat die Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung unter Bezugnahme auf das Urteil vom 8. März 2012, Arrieta D. Gross/HABM – International Biocentric Foundation u. a. (BIODANZA) (T‑298/10, EU:T:2012:113), Folgendes ausgeführt:

„Die Werbung, Kataloge und Zeitschriftenartikel können weder die Tatsache beweisen, dass sie an einen potenziellen deutschen Kundenstamm verteilt wurden, noch den Umfang irgendeines Vertriebs, noch die Verkaufszahlen oder die Anzahl von geschlossenen Verträgen für die von der Marke geschützten Waren. Die bloße Existenz von Werbung, Katalogen und Zeitschriftenartikeln könnte es bestenfalls wahrscheinlich oder glaubhaft machen, dass die unter der älteren Marke beworbenen Waren verkauft oder zumindest im maßgeblichen Gebiet zum Verkauf angeboten wurden, aber sie kann nicht die Tatsache und noch weniger den Umfang der Benutzung beweisen, wie es unzulässigerweise in der Entscheidung [der Widerspruchsabteilung] angenommen wurde (vgl. Urteil vom 5. März 2012, T‑298/10, ‚BIODANZA‘, Rn. 36).“

61

Aus Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Beschwerdekammer auf der Grundlage des Urteils BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) angenommen hat, dass die verschiedenen von der Klägerin vorgelegten Kataloge, Zeitschriftenartikel und Beispiele aus der Werbung, einschließlich der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel über Produkttests, keinerlei Benutzung und erst recht nicht den Umfang der Benutzung der älteren Marke nachzuweisen vermochten und daher den Inhalt der schriftlichen Erklärung von Herrn S. nicht stützen konnten.

62

Jedoch hatte die Beschwerdekammer für die Ermittlung des Umfangs der Benutzung der älteren Marke zu prüfen, ob die von der Klägerin neben der schriftlichen Erklärung von Herrn S. vorgelegten Beweise deren Inhalt stützten. Aus der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass die Beschwerdekammer nicht in Abrede gestellt hat, dass die schriftliche Erklärung und die von ihr umfassten Umsatztabellen insbesondere hinsichtlich des Handelsvolumens, der Dauer der Benutzung und deren Häufigkeit (siehe oben, Rn. 29) ausreichende Informationen zur Verfügung stellten, um den Umfang der Benutzung der älteren Marke zumindest für die in dieser Erklärung und den ihr beigefügten Umsatztabellen genannten Waren festzustellen. Die Beschwerdekammer hat lediglich, und zu Recht, die Verlässlichkeit der in der schriftlichen Erklärung enthaltenen Informationen aufgrund der „eindeutigen“ Verbindungen zwischen dem Urheber dieser Erklärung und der Klägerin in Zweifel gezogen.

63

Die Beschwerdekammer hatte mit anderen Worten zu prüfen, ob die weiteren Beweise neben der schriftlichen Erklärung die in dieser enthaltenen Informationen stützten und durfte sich nicht auf die Prüfung beschränken, ob diese Beweise für sich genommen und ohne die schriftliche Erklärung den Umfang der Benutzung der älteren Marke belegten. Nähme die Beschwerdekammer nur die letztgenannte Prüfung vor, spräche sie der schriftlichen Erklärung von Herrn S. jeden Beweiswert ab. Wie das Gericht bereits festgestellt hat, kann aber der Umstand allein, dass eine Erklärung im Sinne des Art. 78 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009, wie im vorliegenden Fall die von Herrn S., von einem Angestellten der Gesellschaft stammt, ihr nicht jeden Wert nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil CERATIX, oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2012:296, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64

Demnach ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer keine ordnungsgemäße Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Beweise, nämlich der schriftlichen Erklärung von Herrn S. und der „Werbung, Kataloge und Zeitschriftenartikel“ einschließlich der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel, durchgeführt hat. Die Beschwerdekammer hat nämlich, wie aus den Rn. 37 und 39 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, geprüft, ob die „Artikel über Tests konkreter Produkte“ und die „Werbung, Kataloge und Zeitschriftenartikel“ für sich genommen den Umfang der Benutzung der älteren Marke nachweisen konnten, und ist unter Berufung auf das Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) zu dem Ergebnis gelangt, dass dies nicht der Fall sei. Es ergibt sich aus keinem Teil der angefochtenen Entscheidung, dass die Beschwerdekammer den Inhalt der schriftlichen Erklärung von Herrn S. in Verbindung mit den „Werbungen, Katalogen und Zeitschriftenartikeln“ einschließlich der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel geprüft hätte. Diese Schlussfolgerung wird durch die Bezugnahme der Beschwerdekammer auf das Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) bestätigt, in dem es, wie auch in den nachfolgenden Rn. 69 und 70 zu erörtern sein wird, um die Frage ging, ob das vom Inhaber der älteren Marke verwendete Werbematerial – das den einzigen zum Nachweis der ernsthaften Benutzung dieser Marke vorgelegten Beweis darstellte – eine solche Benutzung nachweisen konnte.

65

Im vorliegenden Fall lagen der Beschwerdekammer jedoch im Unterschied zu dem Sachverhalt, der dem Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) zugrunde lag, mehrere von der Klägerin vorgelegte Beweise unterschiedlicher Art vor, und sie hätte prüfen müssen, ob diese Beweise den Inhalt der schriftlichen Erklärung stützten und die Richtigkeit der darin enthaltenen Informationen bestätigten.

66

Diese von der Beschwerdekammer vorgenommene fehlerhafte Prüfung wirkt sich auf die angefochtene Entscheidung aus und stellt eine hinreichende Grundlage für ihre Aufhebung dar.

67

Im Übrigen ist unabhängig von dieser fehlerhaften Prüfung festzustellen, dass der Beschwerdekammer auch ein Fehler im Zusammenhang mit der Würdigung des Beweiswerts der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel über Produkttests unterlaufen ist.

68

Aus Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung geht nämlich hervor, dass nach Ansicht der Beschwerdekammer „die Werbung, Kataloge und Zeitschriftenartikel“, also einschließlich der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel, weder die Tatsache noch erst recht den Umfang der Benutzung der älteren Marke nachweisen könnten. Hierfür hat sich die Beschwerdekammer auf das Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) berufen.

69

In seinem Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) hatte das Gericht zu prüfen, ob die vom Inhaber der älteren Marke in Zeitschriften platzierte oder von ihm in Form von Flugblättern oder Prospekten verteilte Werbung die ernsthafte Benutzung dieser Marke nachwies. In der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, bildete das Werbematerial den einzigen vom Inhaber der älteren Marke vorgelegten Beweis zur Darlegung einer ernsthaften Benutzung der Marke (Urteil BIODANZA, oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113, Rn. 63 bis 66).

70

In diesem Zusammenhang steht die Feststellung des Gerichts in den Rn. 68 und 69 des Urteils BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113), dass die ernsthafte Benutzung der betroffenen Marke nicht durch die bloße Vorlage von Kopien von Werbematerialien nachgewiesen werden konnte, die diese Marke in Verbindung mit den erfassten Waren oder Dienstleistungen nennen. Das Gericht hat ausgeführt, dass eine ausreichende Verbreitung dieses Materials, unabhängig von seiner Art, in den maßgeblichen Verkehrskreisen nachgewiesen werden muss, um den ernsthaften Charakter der Benutzung der fraglichen Marke darzulegen. Das Gericht hat hinzugefügt, dass dies im Fall von in Printmedien erschienener Werbung die Erbringung eines Nachweises zu der Verbreitung der Zeitung oder Zeitschrift in den maßgeblichen Verkehrskreisen beinhaltet und dass davon nur abgewichen werden kann, wenn die Werbung in sehr bekannten Zeitungen oder Zeitschriften erschienen ist, deren Verbreitung eine allgemein bekannte Tatsache darstellt.

71

Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung für die Schlussfolgerung, dass die in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel über Produkttests den Umfang der Benutzung der älteren Marke nicht nachweisen könnten, fälschlicherweise auf das Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) gestützt.

72

Es ist nämlich festzustellen, dass die in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel einen anderen Charakter und eine andere Funktion als das Werbematerial besitzen, das im Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) in Rede stand.

73

Insbesondere diente das im Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) in Rede stehende Werbematerial dazu, den Verkauf einer von der betroffenen Marke erfassten Ware oder Dienstleistung zu fördern, ohne Informationen zur tatsächlichen Benutzung der Marke zu liefern. Aufgrund dieser Informationslücke hat das Gericht auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass der Inhaber der älteren Marke eine hinreichende Verbreitung des Werbematerials bei den maßgeblichen Verkehrskreisen nachweist, es sei denn, dass diese Verbreitung eine allgemein bekannte Tatsache darstellt.

74

Im Gegensatz dazu haben die in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel nicht die Funktion, für eine Ware zu werben, sondern die, ihre Vor- und Nachteile darzustellen und sie mit identischen, unter anderen Marken vertriebenen Waren zu vergleichen, um dem Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung zu helfen. In noch grundlegender Weise lässt sich solchen Artikeln entnehmen, dass die in ihnen behandelten Waren bereits auf dem Markt sind. Die Artikel enthalten nämlich Informationen über den durchschnittlichen Marktpreis der Waren.

75

Im Gegensatz zu dem Werbematerial, das im Urteil BIODANZA (oben in Rn. 60 angeführt, EU:T:2012:113) in Rede stand, bieten die in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel somit Aufschluss über den Umfang der Benutzung der älteren Marke für die getesteten Waren, was von der Beschwerdekammer in Verbindung mit den anderen vorgelegten Beweisen, darunter insbesondere der schriftlichen Erklärung von Herrn S., zu berücksichtigen gewesen wäre. Aus den gleichen Gründen hätte die Beschwerdekammer die Bezugnahmen auf Tests der Stiftung Warentest berücksichtigen müssen, die in den von der Klägerin im Verwaltungsverfahren eingereichten Werbekatalogen enthalten waren.

76

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Verbreitung der Zeitschrift test der Stiftung Warentest – eine von den Parteien in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht ausführlich diskutierte Frage – in Anbetracht des Charakters und der Funktion dieser Zeitschrift keine maßgebliche Bedeutung zukommt. Die Artikel der Zeitschrift test liefern unabhängig vom Umfang ihrer Verbreitung bereits dadurch, dass sie sich auf unter der älteren Marke vertriebene Waren beziehen, Informationen über den Umfang ihrer Benutzung für diese Waren, womit ihnen ein Beweiswert zukommt, der von der Beschwerdekammer hätte berücksichtigt werden müssen.

77

Aus den vorstehenden Rn. 62 bis 66 folgt, dass die Beschwerdekammer dadurch, dass sie nicht die Frage geprüft hat, ob die Werbung, Kataloge und Zeitschriftenartikel, einschließlich der in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest erschienenen Artikel über Produkttests, den Inhalt der schriftlichen Erklärung von Herrn S. und der dieser beigefügten Umsatztabellen stützten, eine fehlerhafte Würdigung dieser Beweise vorgenommen hat. Ebenso folgt aus den vorstehenden Rn. 67 bis 75, dass die Beschwerdekammer dadurch einen Fehler begangen hat, dass sie den Artikeln zu Produkttests in der Zeitschrift test der Stiftung Warentest und den Werbekatalogen der Klägerin, die Bezugnahmen auf von der Stiftung Warentest durchgeführte Tests bestimmter ihrer Waren enthalten, jegliche Beweiskraft abgesprochen hat. Daher ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer gegen Art. 42 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen hat. Die angefochtene Entscheidung ist deshalb aufzuheben.

78

Demnach greift der erste Klagegrund der Klägerin durch und ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass der zweite Klagegrund geprüft zu werden braucht.

Kosten

79

Gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 27. März 2012 (Sache R 413/2011‑2) wird aufgehoben.

 

2.

Das HABM trägt die Kosten.

 

Kanninen

Pelikánová

Buttigieg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. Dezember 2014.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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