Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62012CJ0419

    Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 13. Februar 2014.
    Crono Service scarl u. a. und Anitrav – Associazione Nazionale Imprese Trasporto Viaggiatori gegen Roma Capitale und Regione Lazio.
    Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio.
    Vorabentscheidungsersuchen – Art. 49 AEUV, 101 AEUV und 102 AEUV – Dienstleistungen der Vermietung von Kraftfahrzeugen mit Fahrer – Rein innerstaatlicher Sachverhalt – Zuständigkeit des Gerichtshofs – Zulässigkeitsvoraussetzungen.
    Verbundene Rechtssachen C‑419/12 und C‑420/12.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2014:81

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    13. Februar 2014 ( *1 )

    „Vorabentscheidungsersuchen — Art. 49 AEUV, 101 AEUV und 102 AEUV — Dienstleistungen der Vermietung von Kraftfahrzeugen mit Fahrer — Rein innerstaatlicher Sachverhalt — Zuständigkeit des Gerichtshofs — Zulässigkeitsvoraussetzungen“

    In den verbundenen Rechtssachen C‑419/12 und C‑420/12

    betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Italien) mit Entscheidungen vom 20. Juni 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2012, in den Verfahren

    Crono Service scarl u. a. (C‑419/12),

    Anitrav – Associazione Nazionale Imprese Trasporto Viaggiatori (C‑420/12)

    gegen

    Roma Capitale,

    Regione Lazio (C‑420/12),

    Beteiligte:

    UGL Taxi – Unione Generale del Lavoro Taxi u. a.,

    Codacons – Coordinamento delle associazioni per la tutela dell’ambiente e dei diritti degli utenti e consumatori (C‑420/12),

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

    Generalanwältin: J. Kokott,

    Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Crono Service scarl u. a., vertreten durch P. Troianiello, avvocato,

    der Anitrav – Associazione Nazionale Imprese Trasporto Viaggiatori, vertreten durch M. Piancatelli und V. Porro, avvocati,

    von Roma Capitale, vertreten durch R. Rocchi und A. Rizzo, avvocati,

    der UGL Taxi – Unione Generale del Lavoro Taxi u. a., vertreten durch N. Moravia und M. Giustiniani, avvocati,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Moro und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 26. September 2013

    folgendes

    Urteil

    1

    Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 3 EUV, 3 AEUV bis 6 AEUV, 49 AEUV, 101 AEUV und 102 AEUV.

    2

    Diese Ersuchen ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen der Crono Service scarl und 111 weiteren Klägern einerseits und Roma Capitale andererseits bzw. zwischen der Anitrav – Associazione Nazionale Imprese Trasporto Viaggiatori einerseits und Roma Capitale und der Regione Lazio andererseits über die Regelung der Ausübung der Tätigkeit der Vermietung von Kraftfahrzeugen mit Fahrer („noleggio con conducente“, im Folgenden: Fahrzeugvermietung mit Fahrer).

    Italienisches Recht

    Nationales Recht

    3

    Art. 1 der Legge quadro per il trasporto di persone mediante autoservizi pubblici non di linea, del 15 gennaio 1992, n. 21 (Rahmengesetz Nr. 21 vom 15. Januar 1992 über die Personenbeförderung durch öffentliche Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs, GURI Nr. 18 vom 23. Januar 1992) in der Fassung des Decreto-legge Nr. 207 vom 30. Dezember 2008 (GURI Nr. 304 vom 31. Dezember 2008), das durch das Gesetz Nr. 14 vom 27. Februar 2009 (GURI Nr. 49 vom 28. Februar 2009, Supplemento ordinario) mit Änderungen in ein Gesetz umgewandelt wurde (im Folgenden: Gesetz Nr. 21/1992), definiert „öffentliche Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs“ als „Dienste, die kollektive oder individuelle Personenbeförderung zu dem Zweck besorgen, die öffentlichen Beförderungen im Linienverkehr … zu ergänzen und zu stärken“.

    4

    Art. 3 des Gesetzes Nr. 21/1992 sieht vor:

    „1.   Die Fahrzeugvermietung mit Fahrer richtet sich an einzelne Kunden, die am Einstellplatz eine nach Dauer und/oder Fahrtstrecke bestimmte Leistung bestellen.

    2.   Die Fahrzeuge müssen an ihrem Einstellplatz … abgestellt werden.

    3.   Der Sitz des Verkehrsunternehmers und der Einstellplatz müssen ohne Ausnahme in dem Gebiet der Gemeinde liegen, die die Genehmigung erteilt hat.“

    5

    Art. 4 dieses Gesetzes bestimmt, dass „die Regionen, nachdem sie die Kriterien festgelegt haben, die die Gemeinden bei der Abfassung ihrer Regelungen über die Durchführung der öffentlichen Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs beachten müssen, … die Befugnis zur Ausübung der vollziehenden Verwaltungstätigkeiten den lokalen Gebietskörperschaften [übertragen], auch um sich im Rahmen der Wirtschaft- und Territorialplanung einen Gesamtüberblick über die öffentlichen Beförderungstätigkeiten außerhalb des Linienverkehrs im Zusammenspiel mit den übrigen Verkehrsmitteln zu verschaffen“. Weiter heißt es in diesem Artikel: „Die lokalen Gebietskörperschaften, denen die Ausübung der Verwaltungstätigkeiten … übertragen worden ist, regeln unter Beachtung der regionalen Rechtsvorschriften die Durchführung der öffentlichen Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs durch besondere Verordnungen, die auch auf überörtlicher Ebene vereinheitlicht werden sollten, um eine bessere Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit zu erzielen.“

    6

    Art. 5 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 21/1992 bestimmt:

    „Bei der Abfassung der Verordnungen über die Durchführung der öffentlichen Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs regeln die Gemeinden

    a)

    die Zahl und die Art der Fahrzeuge …, die bei jedem einzelnen Dienst einzusetzen sind;

    d)

    die Anforderungen an die und die Voraussetzungen für die Erteilung der Lizenzen für die Ausübung des Taxidienstes und der Genehmigungen für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer.“

    7

    Art. 5-bis („Zugang zum Gebiet anderer Gemeinden“) des Gesetzes Nr. 21/1992 erlaubt es den Gemeinden, die Einfahrt in ihr jeweiliges Gemeindegebiet oder speziell in ihre Verkehrsbeschränkungszonen („zone a traffico limitato“) für Inhaber von durch andere Gemeinden erteilten Genehmigungen zu regeln, „für die es einer vorherigen Mitteilung bedarf, in der die Antragsteller verbindlich erklären, dass sie die operativen Anforderungen dieses Gesetzes erfüllen und einhalten, und die Daten übermitteln, die den speziellen Dienst betreffen, für den sie die Mitteilung abgeben und/oder die Zahlung einer Zugangsgebühr leisten“.

    8

    Art. 8 des Gesetzes Nr. 21/1992 bestimmt:

    „1.   Lizenzen für Taxidienste und Genehmigungen für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer werden von den Gemeindeverwaltungen im Wege einer Ausschreibung an Personen vergeben, die Eigentümer des Fahrzeugs … sind oder im Rahmen eines Leasingvertrags über das Fahrzeug … verfügen; diese Personen können das Fahrzeug allein oder gemeinschaftlich betreiben.

    2.   Die Lizenz bzw. Genehmigung bezieht sich auf ein einziges Fahrzeug … Ein und dieselbe Person kann … mehrere Genehmigungen für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer besitzen …

    3.   Die Genehmigung für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer kann nur erhalten und behalten, wer aufgrund eines gültigen Rechtstitels über einen Sitz [oder] einen Einstellplatz … in der Gemeinde verfügt, die die Genehmigung erteilt hat.“

    9

    Art. 11 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 21/1992 sieht vor:

    „Reservierungen für Beförderungen im Wege der Fahrzeugvermietung mit Fahrer werden am jeweiligen Einstellplatz vorgenommen. Die Fahrzeugvermietung mit Fahrer beginnt und endet jeweils am Einstellplatz in der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat. Das Fahrzeug muss an diesen Einstellplatz zurückkehren, während die Abholung des Kunden und die Ankunft am Fahrtziel auch im Gebiet anderer Gemeinden erfolgen können …“

    Regionale Regelung der Region Latium

    10

    Art. 5 des Regionalgesetzes von Latium Nr. 58 vom 26. Oktober 1993 mit Bestimmungen über die öffentliche Personenbeförderung außerhalb des Linienverkehrs und das Verzeichnis der Fahrzeugführer der öffentlichen Beförderungsdienste außerhalb des Linienverkehrs im Sinne von Art. 6 des Gesetzes Nr. 21/1992 (Bollettino ufficiale della Regione Lazio Nr. 31 vom 10. November 1993) in der Fassung des Art. 58 des Regionalgesetzes von Latium Nr. 27 vom 28. Dezember 2006 (Bollettino ufficiale della Regione Lazio Nr. 36 vom 30. Dezember 2006, Supplemento ordinario Nr. 5, im Folgenden: Regionalgesetz Nr. 58/1993) bestimmt:

    „Die Fahrzeugvermietung mit Fahrer richtet sich an einzelne Kunden, die am Sitz des Verkehrsunternehmers eine nach Dauer und/oder Fahrtstrecke bestimmte Leistung bestellen. Die Abholung des Kunden und der Beginn der Leistung erfolgen innerhalb des Gebiets der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat. Die Fahrt wird zu jeglichem Fahrtziel durchgeführt. Die Fahrzeuge sind an ihrem Einstellplatz abzustellen.“

    11

    Art. 10 („Pflichten der Inhaber einer Lizenz für Taxidienste oder einer Genehmigung für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer“) Abs. 2 des Regionalgesetzes Nr. 58/1993 sieht vor:

    „Unbeschadet der Bestimmungen der … erfolgen die Abholung des Kunden und der Beginn der Leistung ausschließlich im Gebiet der Gemeinde, die die Lizenz oder die Genehmigung erteilt hat; die Fahrt wird zu jeglichem Fahrtziel durchgeführt, wobei für Fahrtziele außerhalb des Gemeindegebiets die vorherige Zustimmung des Fahrers erforderlich ist.“

    12

    In Art. 13-bis dieses Regionalgesetzes sind die Kriterien festgelegt, nach denen die Zahl der Taxilizenzen und der Genehmigungen für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer in einem bestimmten Gebiet berechnet werden. Danach gilt:

    „1.   Die Provinz legt die Kriterien fest, nach denen sich die Gemeinden zu richten haben, um den örtlichen Bedarf an Taxidiensten und Fahrzeugvermietungen mit Fahrer zu berechnen und die Anzahl der zur Durchführung dieser Dienste erforderlichen Fahrzeuge … in den Verordnungen nach Art. 14 zu bestimmen.

    2.   Bei den in Abs. 1 genannten Kriterien sind insbesondere zu berücksichtigen: a) die Einwohnerzahl, b) die Gebietsgröße, c) der Umfang der Touristenströme, d) das Vorhandensein von Pflegeeinrichtungen, Wohnanlagen und Mobilitätsschwerpunkten, e) das Angebot an anderen öffentlichen Beförderungsdienstleistungen, f) die Anzahl bereits erteilter Lizenzen und Genehmigungen.

    3.   Die Provinz erledigt die Aufgaben aus Abs. 1 nach Anhörung der Gemeinden und der Vertreter der beteiligten Berufsgruppen im Rahmen einer besonderen Voruntersuchung.

    …“

    13

    Art. 17 des Regionalgesetzes Nr. 58/1993 legt die Voraussetzungen für die Eintragung in das Fahrzeugführerverzeichnis der Provinz fest. Nach Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels wird die Eintragung nur vorgenommen, wenn der Antragsteller „italienischer Staatsangehöriger oder Angehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ ist.

    Gemeindliche Regelung von Rom

    14

    Mit Beschluss Nr. 68 des Consiglio del Comune di Roma (Rat der Stadt Rom) vom 8. und 9. November 2011 über die Änderung der Verordnung zur Regelung der öffentlichen Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs nahm die Stadt Rom die Verordnung zur Regelung der öffentlichen Kraftverkehrsdienste außerhalb des Linienverkehrs (im Folgenden: Regolamento capitolino) an.

    15

    Art. 8 Abs. 3 dieser Verordnung bestimmt insbesondere, dass bei der Fahrzeugvermietung mit Fahrer „die Abholung des Kunden oder der Beginn der Dienstleistung … unabhängig vom Fahrtziel vom Gebiet der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat, aus zu bewirken ist, wobei die Verpflichtungen aus Art. 11 Abs. 3 und 4 des Gesetzes Nr. [21/1992] zu beachten sind“.

    16

    Nach Art. 9 Abs. 2 dieser Verordnung muss für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer ein zum Abstellen der hierfür eingesetzten Fahrzeuge geeigneter Einstellplatz im Gemeindegebiet zur Verfügung stehen.

    17

    Art. 29 Abs. 1 des Regolamento capitolino schreibt vor, dass „die Kraftfahrzeuge für die [Fahrzeugvermietung mit Fahrer], für die die Genehmigung von Roma Capitale [der Hauptstadt Rom] erteilt wurde …, ausschließlich an den in dieser Genehmigung angegebenen Einstellplätzen abzustellen sind, an denen die Fahrzeuge für die Kunden bereitgehalten werden müssen“. In Art. 29 Abs. 2 dieser Verordnung heißt es, dass zugunsten von Inhabern von durch andere Gemeinden erteilten Genehmigungen für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer „die Einfahrt in das Gebiet von Roma Capitale und in die Verkehrsbeschränkungszonen [nur] gestattet wird“, wenn sie erklärt haben, dass sie die „operativen Anforderungen“ nach dem Gesetz Nr. 21/1992 „erfüllen und einhalten“.

    18

    Dazu regelt der Beschluss Nr. 403 der Giunta del Comune di Roma (Stadtratsausschuss der Stadt Rom) vom 14. Dezember 2011 die Modalitäten und Verfahren für die Erteilung der Genehmigung für die Einfahrt von Fahrzeugen, die von anderen Gemeinden zur Vermietung mit Fahrer zugelassen worden sind, in das Gebiet von Roma Capitale und in die im Stadtzentrum eingerichteten Verkehrsbeschränkungszonen.

    19

    Nach zwei am 12. und 22. März 2012 auf den Internetseiten der Comune di Roma und der Agenzia Roma Servizi per la Mobilità srl veröffentlichten, am 2. April 2012 in Kraft getretenen Entscheidungen haben die Wirtschaftsteilnehmer, die die Fahrzeugvermietung mit Fahrer aufgrund einer von einer anderen Gemeinde als Roma Capitale erteilten Genehmigung betreiben, jährlich einen Betrag von rund 90 Euro zu entrichten, um die Genehmigung zur Einfahrt in die Verkehrsbeschränkungszonen Roms zu erhalten.

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    20

    Die Ausgangsverfahren betreffen zwei Verfahren, in denen die Aufhebung des Regolamento capitolino, des Beschlusses Nr. 403 der Giunta del Comune di Roma vom 14. Dezember 2011 und der in der vorstehenden Rn. 19 genannten Entscheidungen vom 12. und 22. März 2012 begehrt wird.

    21

    Die Kläger der Ausgangsverfahren haben zahlreiche Rechtswidrigkeitsgründe sowohl nach italienischem Recht als auch nach dem Unionsrecht geltend gemacht, die sie aus dem Gesetz Nr. 21/1992 herleiten, wie es in Roma Capitale mit Art. 8 Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 und Art. 29 des Regolamento capitolino durchgeführt worden ist.

    22

    Zwar scheinen sich in den Ausgangsverfahren die Klagen gegen die gesamte in Rn. 20 des vorliegenden Urteils genannte Regelung zu richten, doch geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass vor dem Tribunale amministrativo regionale per il Lazio im Rahmen der Vorabentscheidungsersuchen insbesondere Art. 8 Abs. 3, Art. 9 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 1 und 2 der Regolamento capitolino gerügt werden, „soweit sie auf die Anwendung des Art. 11 Abs. 4 des Gesetzes [Nr. 21/1992] verweisen“.

    23

    Dem vorlegenden Gericht erscheint die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung als unvereinbar mit Art. 49 AEUV und den „gemeinschaftlichen wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen“, soweit sie vorsieht, dass der Sitz des Verkehrsunternehmers und der Einstellplatz ausschließlich im Gebiet der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat, liegen müssen, dass Reservierungen für Beförderungen im Wege der Fahrzeugvermietung mit Fahrer bei den jeweiligen Einstellplätzen vorgenommen werden und dass jede Dienstleistung am Einstellplatz in der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat, beginnt und endet, wobei das Fahrzeug an diesen Einstellplatz zurückkehren muss, während die Abholung des Kunden und die Ankunft am Fahrtziel im Gebiet anderer Gemeinden erfolgen können.

    24

    Das Tribunale amministrativo regionale per il Lazio hat demgemäß die Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende, in den beiden Rechtssachen C‑419/12 und C‑420/12 gleich formulierte Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Stehen die Art. 49 AEUV, 3 EUV, 3 AEUV bis 6 AEUV, 101 AEUV und 102 AEUV der Anwendung von Art. 3 Abs. 3, Art. 8 Abs. 3 und Art. 11 des Gesetzes Nr. 21/1992 entgegen, soweit diese Folgendes vorsehen: „Der Sitz des Verkehrsunternehmers und der Einstellplatz müssen ohne Ausnahme in dem Gebiet der Gemeinde liegen, die die Genehmigung erteilt hat“, „[d]ie Genehmigung für die Fahrzeugvermietung mit Fahrer bekommt und behält nur, wer aufgrund eines gültigen Rechtstitels über einen Sitz, einen Einstellplatz oder eine Anlegestelle im Gebiet der Gemeinde verfügt, die die Genehmigung erteilt hat“, und „Reservierungen für Beförderungen im Wege der Fahrzeugvermietung mit Fahrer werden am jeweiligen Einstellplatz vorgenommen. Die Fahrzeugvermietung mit Fahrer beginnt und endet jeweils am Einstellplatz in der Gemeinde, die die Genehmigung erteilt hat. Das Fahrzeug muss an diesen Einstellplatz zurückkehren, während die Abholung des Kunden und die Ankunft am Fahrtziel auch im Gebiet anderer Gemeinden erfolgen können.“?

    25

    Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 5. November 2012 sind die Rechtssachen C‑419/12 und C‑420/12 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

    Zu den Vorabentscheidungsersuchen

    26

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob verschiedene Vorschriften des Unionsrechts bestimmten in der nationalen, der regionalen und der gemeindlichen Regelung aufgestellten Voraussetzungen für die Genehmigung und die Ausübung der Tätigkeit der Fahrzeugvermietung mit Fahrer in der Stadt Rom entgegenstehen.

    27

    In Anbetracht des Wortlauts der Vorlagefrage ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen von Art. 267 AEUV weder zur Auslegung innerstaatlicher Rechts- oder Verwaltungsvorschriften noch zu Äußerungen über deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht befugt ist (vgl. u. a. Urteile vom 18. November 1999, Teckal, C-107/98, Slg. 1999, I-8121, Rn. 33, und vom 23. März 2006, Enirisorse, C-237/04, Slg. 2006, I-2843, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    28

    Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es deshalb dem Gerichtshof, im Fall ungenau formulierter oder den Rahmen seiner Befugnisse nach Art. 267 AEUV überschreitender Fragen aus dem gesamten vom nationalen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die angesichts des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (vgl. u. a. Urteil vom 11. März 2010, Attanasio Group, C-384/08, Slg. 2010, I-2055, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung). Hierzu hat der Gerichtshof die ihm vorgelegten Fragen gegebenenfalls umzuformulieren (vgl. u. a. Urteile Attanasio Group, Rn. 19, vom 14. Oktober 2010, Fuß, C-243/09, Slg. 2010, I-9849, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Oktober 2012, Byankov, C‑249/11, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    29

    Nach dieser Rechtsprechung ist die Annahme zulässig, dass es dem vorlegenden Gericht, auch wenn es mit der Vorlagefrage ihrem Wortlaut nach eine unmittelbare Anwendung von Unionsrecht auf die Ausgangsverfahren anzustreben scheint, in Wirklichkeit um eine Auslegung des Unionsrechts im Hinblick auf die Entscheidung dieser Rechtsstreitigkeiten geht.

    30

    Unter diesen Umständen ist die Vorlagefrage dahin zu verstehen, dass mit ihr im Wesentlichen geklärt werden soll, ob Art. 49 AEUV oder die Wettbewerbsregeln der Union dahin auszulegen sind, dass sie Regelungen wie den in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, soweit diese Regelungen für die Tätigkeit der Fahrzeugvermietung mit Fahrer detaillierte Verpflichtungen aufstellen, wie sie in der Vorlagefrage dargestellt werden.

    31

    Was insoweit erstens die Wettbewerbsregeln der Union angeht, macht nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Notwendigkeit, zu einer dem nationalen Gericht dienlichen Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, es erforderlich, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen. Dieses Erfordernis gilt ganz besonders im Bereich des Wettbewerbs, der durch komplexe tatsächliche und rechtliche Sachverhalte gekennzeichnet ist (vgl. u. a. Urteile Attanasio Group, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 10. Mai 2012, Duomo Gpa u. a., C‑357/10 bis C‑359/10, Rn. 22).

    32

    Im vorliegenden Fall liefern die Vorlageentscheidungen dem Gerichtshof jedoch nicht den tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund, der ihm die Feststellung ermöglichen würde, unter welchen Bedingungen Regelungen wie die im Ausgangsverfahren fraglichen unter die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen der Union fallen könnten. Insbesondere wird in den Vorlageentscheidungen nicht erläutert, welcher Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen und den Ausgangsverfahren oder deren Gegenstand gesehen wird.

    33

    Soweit die Vorlagefrage auf eine Auslegung der Wettbewerbsregeln der Union abzielt, ist sie daher für unzulässig zu erklären (vgl. entsprechend u. a. Urteil Duomo Gpa u. a., Rn. 24, sowie Urteil vom heutigen Tag Airport Shuttle Express u. a., C‑162/12 und C‑163/12, Rn. 37 bis 42).

    34

    Was zweitens Art. 49 AEUV betrifft, steht fest, dass die Ausgangsrechtsstreitigkeiten mit keinem Element über die Grenzen eines einzigen Mitgliedstaats hinausweisen. Daher ist zu prüfen, ob der Gerichtshof in den vorliegenden Rechtssachen dafür zuständig ist, sich zu dieser Vorschrift zu äußern (vgl. entsprechend insbesondere Urteile vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7, C-380/05, Slg. 2008, I-349, Rn. 64, vom 22. Dezember 2010, Omalet, C-245/09, Slg. 2010, I-13771, Rn. 9 und 10, sowie Duomo Gpa u. a., Rn. 25).

    35

    Regelungen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die nach ihrem Wortlaut unterschiedslos auf in der Italienischen Republik und auf in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Wirtschaftsteilnehmer anwendbar sind, können nämlich im Allgemeinen nur dann Bestimmungen über die vom AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten betreffen, wenn sie auf Sachverhalte anwendbar sind, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 7. Mai 1997, Pistre u. a., C-321/94 bis C-324/94, Slg. 1997, I-2343, Rn. 45, vom 5. Dezember 2000, Guimont, C-448/98, Slg. 2000, I-10663, Rn. 21, sowie Duomo Gpa u. a., Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    36

    Speziell im Hinblick auf Art. 49 AEUV ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass diese Vorschrift nicht auf Tätigkeiten anwendbar ist, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 8. Dezember 1987, Gauchard, 20/87, Slg. 1987, 4879, Rn. 12, vom 20. April 1988, Bekaert, 204/87, Slg. 1988, 2029, Rn. 12, vom 1. April 2008, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon, C-212/06, Slg. 2008, I-1683, Rn. 33, und vom 21. Juni 2012, Susisalo u. a., C‑84/11, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    37

    Da im vorliegenden Fall die Ausgangsverfahren lokalen Charakter haben und die ihnen zugrunde liegenden Sachverhalte mit keinem Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, sind grenzüberschreitende Wirkungen der in den Ausgangsverfahren fraglichen Regelungen nicht zu vermuten. Nichts in den Vorlageentscheidungen weist darauf hin, dass die Ausgangsverfahren eine irgendwie geartete grenzüberschreitende Bedeutung hätten oder einen Anknüpfungspunkt zu einem der Sachverhalte aufwiesen, auf die das Unionsrecht abstellt. Insbesondere hat das vorlegende Gericht nicht dargelegt, wie die im Ausgangsverfahren fraglichen Regelungen die Ausübung der in Art. 49 AEUV vorgesehenen Niederlassungsfreiheit durch Wirtschaftsteilnehmer behindern könnten, die Angehörige anderer Staaten als der Italienischen Republik sind.

    38

    Zwar ergibt sich aus der mit dem Urteil Guimont begründeten Rechtsprechung, dass dem vorlegenden Gericht eine Antwort auf Fragen zu den Grundfreiheiten des Unionsrechts selbst bei einem rein innerstaatlichen Sachverhalt von Nutzen sein kann, insbesondere wenn sein nationales Recht vorschreiben sollte, dass einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen wie die, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrecht zustünden (vgl. u. a. Urteile vom 1. Juli 2010, Sbarigia, C-393/08, Slg. 2010, I-6337, Rn. 23, sowie Susisalo u. a., Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    39

    Der Fall, auf den die in der vorstehenden Randnummer erwähnte Rechtsprechung abstellt, betrifft, soweit es die Ausgangsverfahren angeht, die Rechte, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats als der Italienischen Republik kraft Unionsrecht zustünden, wenn er sich in der gleichen Lage wie die Kläger der Ausgangsverfahren befände.

    40

    Die Kläger der Ausgangsverfahren begehren aber offenbar mit ihren Klagen vor dem vorlegenden Gericht, unter anderen Bedingungen als denen, die gegenwärtig auf sie angewandt werden, oder sogar ohne jede Bedingung Zugang zum Gebiet von Roma Capitale und insbesondere zu den im Stadtgebiet gelegenen Verkehrsbeschränkungszonen zu erhalten, um dort die Fahrzeugvermietung mit Fahrer weiter zu betreiben. Den Vorlageentscheidungen ist allerdings zu entnehmen, dass ein solcher Zugang nicht begehrt wird, um diese Tätigkeit dauerhaft und kontinuierlich von diesem Gebiet aus aufgrund einer entsprechenden Genehmigung auszuüben, sondern um sie mehr punktuell und von anderen Gebieten aus auf der Grundlage von Genehmigungen anderer Gemeinden auszuüben, ohne jedoch alle in diesen Genehmigungen gestellten Bedingungen einhalten zu müssen.

    41

    Im Gegensatz zu den Sachverhalten, die etwa dem Urteil Attanasio Group, dem Urteil vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez (C-570/07 und C-571/07, Slg. 2010, I-4629), oder dem Urteil vom 26. September 2013, Ottica New Line Di Vincenzo (C‑539/11), zugrunde liegen, geht es bei dem Sachverhalt, der zu den Ausgangsverfahren geführt hat, nicht um die Niederlassungsfreiheit, sondern auf den ersten Blick um den freien Dienstleistungsverkehr.

    42

    Nach Art. 58 AEUV gelten jedoch für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs nicht die Bestimmungen des Art. 56 AEUV, sondern diejenigen des Titels VI des dritten Teils des AEU- Vertrags, der die gemeinsame Verkehrspolitik betrifft (vgl. Urteil vom 22. Dezember 2010, Yellow Cab Verkehrsbetrieb, C-338/09, Slg. 2010, I-13927, Rn. 29 und 30). Außerdem fällt, wie das vorlegende Gericht zu bedenken gibt, die Fahrzeugvermietung mit Fahrer, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede steht, im Kern nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmungen, die auf der Grundlage des Art. 91 Abs. 1 AEUV zur Liberalisierung der Verkehrsdienstleistungen erlassen wurden.

    43

    Daraus folgt, dass im Hinblick auf die besonderen Umstände der Ausgangsverfahren kein Zusammenhang zwischen einer Auslegung von Art. 49 AEUV einerseits und der Realität oder dem Gegenstand dieser Verfahren andererseits bestünde (vgl. entsprechend Urteil Sbarigia, Rn. 23, 24, 27 und 28). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Gerichtshof jedoch für die Beantwortung einer Vorlagefrage unter solchen Umständen nicht zuständig (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman, C-415/93, Slg. 1995, I-4921, Rn. 61, vom 1. Oktober 2009, Woningstichting Sint Servatius, C-567/07, Slg. 2009, I-9021, Rn. 43, Omalet, Rn. 11, und vom 7. Juni 2012, Vinkov, C‑27/11, Rn. 44).

    44

    Nach alledem ist der Gerichtshof für die Beantwortung der vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per il Lazio nicht zuständig, soweit sie sich auf die Auslegung von Art. 49 AEUV beziehen. Soweit sie die Auslegung anderer Bestimmungen des Unionsrechts betreffen, sind sie für unzulässig zu erklären.

    Kosten

    45

    Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

     

    Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Beantwortung der vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Italien) mit Entscheidungen vom 20. Juni 2012 in den verbundenen Rechtssachen C‑419/12 und C‑420/12 eingereichten Vorabentscheidungsersuchen nicht zuständig, soweit sie sich auf die Auslegung von Art. 49 AEUV beziehen. Soweit sie die Auslegung anderer Bestimmungen des Unionsrechts betreffen, sind sie unzulässig.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.

    Top