This document is an excerpt from the EUR-Lex website
Document 62012CJ0388
Judgment of the Court (Fourth Chamber), 14 November 2013.#Comune di Ancona v Regione Marche.#Request for a preliminary ruling from the Tribunale amministrativo regionale per le Marche.#Structural Funds — European Regional Development Fund (ERDF) — Financial contribution from a Structural Fund — Criteria for the eligibility of expenditure — Regulation (EC) No 1260/1999 — Article 30(4) — Principle of durability of the operation — ‘Substantial modification’ of an operation — Award of a concession contract without advertisement or a competitive tendering procedure.#Case C‑388/12.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 14. November 2013.
Comune di Ancona gegen Regione Marche.
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per le Marche.
Strukturfonds – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – Finanzielle Beteiligung eines Strukturfonds – Kriterien für die Förderfähigkeit der Ausgaben – Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 – Art. 30 Abs. 4 – Grundsatz der Nachhaltigkeit der Operation – Begriff ‚erhebliche Veränderung‘ einer Operation – Vergabe eines Konzessionsvertrags ohne vorherige Bekanntmachung und ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb.
Rechtssache C‑388/12.
Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 14. November 2013.
Comune di Ancona gegen Regione Marche.
Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale amministrativo regionale per le Marche.
Strukturfonds – Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) – Finanzielle Beteiligung eines Strukturfonds – Kriterien für die Förderfähigkeit der Ausgaben – Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 – Art. 30 Abs. 4 – Grundsatz der Nachhaltigkeit der Operation – Begriff ‚erhebliche Veränderung‘ einer Operation – Vergabe eines Konzessionsvertrags ohne vorherige Bekanntmachung und ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb.
Rechtssache C‑388/12.
Court reports – general
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2013:734
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
14. November 2013 ( *1 )
„Strukturfonds — Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) — Finanzielle Beteiligung eines Strukturfonds — Kriterien für die Förderfähigkeit der Ausgaben — Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 — Art. 30 Abs. 4 — Grundsatz der Nachhaltigkeit der Operation — Begriff ‚erhebliche Veränderung‘ einer Operation — Vergabe eines Konzessionsvertrags ohne vorherige Bekanntmachung und ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb“
In der Rechtssache C‑388/12
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per le Marche (Italien) mit Entscheidung vom 21. Juni 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 16. August 2012, in dem Verfahren
Comune di Ancona
gegen
Regione Marche
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Vierten Kammer, der Richter M. Safjan, J. Malenovský (Berichterstatter) und der Richterin A. Prechal,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Impellizzeri, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2013,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
— |
der Comune di Ancona, vertreten durch A. Lucchetti, avvocato, |
— |
der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, S. Rodrigues und A. Gattini als Bevollmächtigte, |
— |
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Steiblytė und D. Recchia als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. September 2013
folgendes
Urteil
1 |
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. L 161, S. 1). |
2 |
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Comune di Ancona (Gemeinde Ancona) und der Regione Marche (Region Marken) über deren Entscheidung, die der Gemeinde für die Errichtung einer Aufschleppe gewährten Zuschüsse zu widerrufen und zurückzufordern. |
Rechtlicher Rahmen
3 |
Der vierte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1260/1999 lautet: „Um die Konzentration zu verstärken und die Tätigkeit der Strukturfonds zu vereinfachen, … sollten [die vorrangigen Ziele] die Entwicklung und strukturelle Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand, die wirtschaftliche und soziale Umstellung der Gebiete mit Strukturproblemen und die Anpassung und Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungspolitiken und ‑systeme betreffen.“ |
4 |
Der siebte Erwägungsgrund dieser Verordnung sieht vor: „Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) trägt in erster Linie zur Verwirklichung des Ziels der Entwicklung und strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Umstellung der Gebiete mit Strukturproblemen bei.“ |
5 |
Im 41. Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt es: „… Um die nachhaltige Effizienz der Unterstützung durch den Fonds sicherzustellen, sollte daher ein Zuschuss der Fonds zu einer Maßnahme nur dann teilweise oder gänzlich einbehalten werden, wenn die Art oder die Bedingungen der Durchführung eine wesentliche Änderung erfahren, die die Maßnahme von ihrer ursprünglichen Zielsetzung abweichen lassen.“ |
6 |
Art. 30 („Zuschussfähigkeit“) Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 lautet: „Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass die Beteiligung der Fonds an einer Operation nur dann fortgeführt wird, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige nationale Behörde oder die Verwaltungsbehörde die Beteiligung der Fonds beschlossen hat, keine erhebliche Veränderung erfolgt ist,
Die Mitgliedstaaten informieren die Kommission über jede derartige Veränderung. Liegt eine solche Veränderung vor, so findet Artikel 39 Anwendung.“ |
7 |
Art. 38 („Allgemeine Bestimmungen“) dieser Verordnung sieht in Abs. 1 vor: „Unbeschadet der Zuständigkeit der Kommission für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen [Union] übernehmen in erster Linie die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Finanzkontrolle der Interventionen. Zu diesem Zweck treffen sie unter anderem folgende Maßnahmen: …
…
|
8 |
Art. 39 („Finanzkorrekturen“) dieser Verordnung bestimmt in Abs. 1: „Es obliegt in erster Linie den Mitgliedstaaten, bei Unregelmäßigkeiten Nachforschungen anzustellen, bei nachgewiesenen erheblichen Veränderungen der Art oder der Durchführungs- und Kontrollbedingungen einer Intervention tätig zu werden und die erforderlichen Finanzkorrekturen vorzunehmen. Der Mitgliedstaat nimmt die in Bezug auf die individuelle oder systematische Unregelmäßigkeit erforderlichen Finanzkorrekturen vor. Die von dem Mitgliedstaat vorgenommenen Korrekturen bestehen in der Streichung oder Kürzung der Gemeinschaftsbeteiligung. Der Mitgliedstaat kann die auf diese Weise freigesetzten Mittel unter Einhaltung der aufgrund von Artikel 53 Absatz 2 festzulegenden Bestimmungen für die betreffende Intervention wiederverwenden.“ |
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
9 |
Die Regione Marche veröffentlichte als Verwaltungsbehörde eines operationellen Programms für die Strukturinterventionen der Union in der Region Marken im Rahmen des EFRE eine Bekanntmachung zu verschiedenen Infrastrukturprojekten in den örtlichen Hafenzonen für den Programmplanungszeitraum 2002 bis 2006. |
10 |
Auf diese Bekanntmachung hin legte die Comune di Ancona einen Finanzierungsantrag für drei Projekte zur Errichtung einer Aufschleppe, zum Erwerb eines mobilen Ladekrans bzw. zur Durchführung von Straßenbauarbeiten am Vorplatz vor dieser Aufschleppe vor. Diese drei Anträge wurden bewilligt. |
11 |
Nach den Arbeiten zur Errichtung der Aufschleppe und dem Aufstellen des mobilen Ladekrans erkundigte sich die Comune di Ancona als die durch die in Rede stehende Finanzierung begünstigte Behörde im Januar 2005 bei der Regione Marche nach der Möglichkeit, die Bewirtschaftung der Aufschleppe an einen Dritten zu vergeben. Die Regione Marche war der Ansicht, dass in dieser Hinsicht keine Hinderungsgründe bestünden, wies aber auf die Notwendigkeit hin, die geltenden Vorschriften über die Vergabe von Konzessionen für öffentliche Dienstleistungen einzuhalten. |
12 |
Mit Beschluss ihres Gemeinderats vom 19. April 2005 vertraute die Comune di Ancona die Bewirtschaftung der Aufschleppe der Cooperativa arl Pescatori e Motopescherecci di Ancona (im Folgenden: Cooperativa Pescatori) an, sah dabei allerdings eine Reihe von Verpflichtungen zulasten der Cooperativa Pescatori vor, das unter die Zahlung einer jährlichen Gebühr an die Comune di Ancona, die so berechnet wurde, dass weder der Konzessionsgeber noch der Konzessionsnehmer bedeutsame Nettoeinnahmen erzielen konnten, das Verbot, die Bedingungen für die Durchführung der zuschussfähigen Maßnahme zu ändern, das Verbot, eine gewinnbringende Tätigkeit auszuüben, die Beachtung aller anwendbaren Richtlinien und Vorschriften der Union sowie die Beibehaltung des öffentlichen Charakters und der Bestimmung der fraglichen Anlage. Außerdem wurde klargestellt, dass die Anlage in jedem Fall Eigentum der Comune di Ancona bleibt. |
13 |
Im Juni 2010 gelangte die Regione Marche zu der Ansicht, dass bei der Bewirtschaftung der Aufschleppe durch die Comune di Ancona eine Reihe von Unregelmäßigkeiten aufgetreten sei, und zwar:
|
14 |
Auf der Grundlage dieser Feststellungen erließ die Regione Marche eine Entscheidung, mit der der Widerruf und die Rückforderung der der Comune di Ancona gewährten Finanzierung angeordnet wurden. |
15 |
Die Comune di Ancona erhob daraufhin beim vorlegenden Gericht eine Anfechtungsklage gegen diese Entscheidung. |
16 |
Zur Stützung ihrer Klage machte sie u. a. folgende Klagegründe geltend:
|
17 |
Unter diesen Umständen hat das Tribunale amministrativo regionale per le Marche beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
|
Zu den Vorlagefragen
Vorbemerkungen
18 |
Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 formuliert den Grundsatz, wonach die Beteiligung der Strukturfonds an einer Operation nur dann definitiv fortgeführt wird, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige nationale Behörde oder die Verwaltungsbehörde die Beteiligung der Fonds beschlossen hat, hinsichtlich der in Rede stehenden Operation keine „erhebliche Veränderung“ erfolgt ist. Im Ausgangsverfahren ist zwischen den Parteien u. a. streitig, ob die von der Regione Marche festgestellten Veränderungen unter diese Bestimmung fallen. |
19 |
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Veränderungen konkret zu beurteilen. Diese Beurteilung fällt nämlich in die alleinige Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts. Die Aufgabe des Gerichtshofs ist darauf beschränkt, diesem eine für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits sachdienliche Auslegung des Unionsrechts zu geben. Allerdings kann der Gerichtshof die einschlägigen Gesichtspunkte ermitteln, die das vorlegende Gericht bei seiner Beurteilung leiten können (vgl. Urteil vom 10. November 2011, Norma‑A und Dekom, C-348/10, Slg. 2011, I-10983, Randnrn. 57 und 58). |
20 |
In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass man sich für die Feststellung, dass eine Veränderung in den Anwendungsbereich von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 fällt, zunächst vergewissern muss, dass die gegebene Operation, die diese Veränderung erfährt, unter diesen Artikel fällt und, wenn dies bejaht wird, sodann zu prüfen ist, ob diese Veränderung die in dieser Bestimmung Unterabs. 1 Buchst. a und b genannten Voraussetzungen erfüllt, wobei sich aus der Verwendung der gleichordnenden Konjunktion „und“ zwischen den beiden in diesem Art. 30 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a und b genannten Voraussetzungen ergibt, dass eine Veränderung kumulativ beide Voraussetzungen erfüllen muss. |
21 |
Bei der Prüfung der genannten Voraussetzungen ist erstens zu ermitteln, ob die streitige Veränderung die in Art. 30 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1260/1999 genannte Voraussetzung erfüllt, wonach jene entweder auf die Änderung der Art der Besitzverhältnisse bei einer Infrastruktur oder darauf zurückzuführen sein muss, dass der Standort einer Produktionstätigkeit aufgegeben worden ist oder sich geändert hat. Bei der Prüfung dieser Voraussetzung sind nämlich die Gesichtspunkte zu bewerten, die der streitigen Veränderung zugrunde liegen und so die Gründe für diese Veränderung bilden. |
22 |
Zweitens ist zu prüfen, ob die festgestellte Veränderung unter eine der in Art. 30 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a dieser Verordnung genannten Fallgruppen fällt, d. h., ob sie die Art oder die Durchführungsbedingungen der betreffenden Operation beeinträchtigt oder ob sie einem Unternehmen oder einer öffentlichen Körperschaft einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft, wobei diese beiden Fallgruppen die Wirkungen der fraglichen Veränderung betreffen. |
23 |
Wurden die in Art. 30 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 1260/1999 genannten Voraussetzungen geprüft, ist drittens zu prüfen, ob die streitigen Veränderungen erheblich sind. |
24 |
Der Gerichtshof wird die Fragen des vorlegenden Gerichts daher in dieser Reihenfolge beantworten. |
Zur dritten Frage
25 |
Mit seiner dritten Frage, die zuerst zu beantworten ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung genannten Veränderungen nur solche sind, die während der Errichtung einer Anlage auftreten, oder ob sie auch die Veränderungen umfassen, die danach, namentlich während deren Bewirtschaftung, eintreten. |
26 |
Hierzu geht zum einen aus dem Wortlaut von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 hervor, dass die Veränderungen gemeint sind, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem die zuständige nationale Behörde oder die Verwaltungsbehörde die Beteiligung der Strukturfonds beschlossen hat, an einer Operation vorgenommen werden. Da allerdings z. B. im Fall der Errichtung einer Anlage nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Bauzeit geringer sein kann als diese Fünfjahresfrist, ist daraus zu schließen, dass die genannten Veränderungen sich nicht auf diejenigen beschränken dürfen, die während der Errichtung einer Anlage auftreten, sondern gegebenenfalls und unbeschadet dieser Frist diejenigen einschließen müssen, die nach ihrer Errichtung, namentlich bei ihrer Bewirtschaftung, eintreten. |
27 |
Zum anderen ergibt sich aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1260/1999, dass die Beteiligung der Strukturfonds vorrangige Ziele verfolgt, und zwar „die Entwicklung und strukturelle Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand, die wirtschaftliche und soziale Umstellung der Gebiete mit Strukturproblemen und die Anpassung und Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungspolitiken und ‑systeme“. Im Fall des EFRE handelt es sich bei diesen Zielen gemäß dem siebten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1260/1999 im Einzelnen um die Entwicklung und strukturelle Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand sowie die wirtschaftliche und soziale Umstellung der Gebiete mit Strukturproblemen. |
28 |
Daraus folgt, dass die Strukturfonds Ziele verfolgen, die nur erreicht werden können, wenn die von diesen Fonds gewährten Subventionen und die damit verbundene Kontrolle die Handlungen und die Ausgaben betreffen, die nicht nur mit der Durchführung einer Operation verbunden sind, sondern auch mit den Modalitäten der Durchführung und der Bewirtschaftung dieser Operation innerhalb der in Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 vorgesehenen Fünfjahresfrist. Nur unter dieser Bedingung nämlich kann die Wirksamkeit des Handelns dieser Fonds garantiert werden, indem verhindert wird, dass diese Anlagen finanzieren, die, sobald sie einmal errichtet sind, infolge einer Veränderung in ihrer Bewirtschaftung nicht mehr zu den Zielen beitragen, auf deren Grundlage eine solche Finanzierung gewährt wurde. |
29 |
Demnach ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung genannten Veränderungen sowohl diejenigen umfassen, die bei der Errichtung einer Anlage erfolgen, als auch diejenigen, die im Nachhinein namentlich während deren Bewirtschaftung eintreten, sofern diese Veränderungen während der in dieser Bestimmung vorgesehenen Fünfjahresfrist eintreten. |
Zur ersten Frage
30 |
Mit seiner ersten Frage, die als Zweites zu beantworten ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass für die Beurteilung, ob die Vergabe einer Konzession dem Konzessionsgeber nicht beträchtliche Einnahmen oder dem Konzessionsnehmer ungerechtfertigte Vorteile verschafft, vorab zu prüfen ist, ob die konzessionierte Anlage eine erhebliche Veränderung erfahren hat. |
31 |
Hierzu geht aus dem Wortlaut von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 hervor, dass das Vorliegen eines ungerechtfertigten Vorteils einer der Anhaltspunkte ist, die eine erhebliche Veränderung im Sinne dieser Bestimmung darstellen können. |
32 |
Folglich muss, bevor entschieden werden kann, ob im vorliegenden Fall eine erhebliche Veränderung im Sinne von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 vorliegt oder nicht, das vorlegende Gericht u. a. prüfen, ob die streitige Veränderung einen ungerechtfertigten Vorteil verschafft hat und/oder die Art oder die Durchführungsbedingungen beeinträchtigt sind. |
33 |
Demzufolge ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass für die Beurteilung, ob die Vergabe einer Konzession dem Konzessionsgeber nicht beträchtliche Einnahmen oder dem Konzessionsnehmer ungerechtfertigte Vorteile verschafft, nicht vorab zu prüfen ist, ob die konzessionierte Anlage eine erhebliche Veränderung erfahren hat. |
Zur zweiten Frage
34 |
Mit seiner zweiten Frage, die als Drittes zu beantworten ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung nur den Fall einer physischen Veränderung betrifft, wenn also die errichtete Anlage nicht mit der im zuschussfähigen Projekt genannten übereinstimmt, oder dahin, dass er auch den Fall einer funktionellen Veränderung betrifft. Für den letztgenannten Fall fragt das vorlegende Gericht, ob eine „bedeutende Veränderung“ vorliegt, wenn die betreffende Anlage teilweise, aber nicht überwiegend für andere Tätigkeiten genutzt wird, als in der Bekanntmachung oder in dem auf die Bekanntmachung hin eingereichten Finanzierungsantrag vorgesehen. |
35 |
Da der Unionsgesetzgeber die Eigenschaft „erheblich“ hinzugefügt hat, um die betreffende Veränderung zu kennzeichnen, ist vorab zu verlangen, dass diese Veränderung, damit sie in den Anwendungsbereich von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 fällt, nicht einfach nur die beiden in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt, sondern dass sie zudem einen gewissen Umfang aufweist. |
36 |
Hierzu geht aus dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1260/1999 hervor, dass der durch einen der Strukturfonds geleistete Zuschuss zu einer Maßnahme nur dann teilweise oder gänzlich einbehalten werden sollte, wenn die Art oder die Bedingungen der Durchführung eine wesentliche Änderung erfahren, die die Maßnahme von ihrer ursprünglichen Zielsetzung abweichen lassen. |
37 |
Wenn eine Veränderung die in Art. 30 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1260/1999 genannte Voraussetzung insoweit erfüllt, als sie die Art oder die Bedingungen der Durchführung einer Operation berührt, kann eine solche Veränderung nur dann als „erhebliche Veränderung“ im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden, wenn sie die Eignung der betreffenden Maßnahme, das ihr zugewiesene Ziel zu erreichen, signifikant mindert. |
38 |
Da eine sowohl materielle als auch funktionelle Veränderung die Eignung einer Maßnahme, das ihr zugewiesene Ziel zu erreichen, signifikant mindern kann, ist daraus zu schließen, dass die mit Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 einhergehende Kontrolle der an einer Anlage vorgenommenen Veränderungen sich nicht nur auf die Abweichung zwischen Vorhaben und der errichteten Anlage bezieht, sondern auch auf die am Betrieb der betreffenden Anlage vorgenommenen Veränderungen. |
39 |
Demnach kann der Umstand, dass die verschiedenen Teile einer Maßnahme in einer bestimmten quantitativen Proportion verändert wurden, nicht an sich als entscheidend angesehen werden. |
40 |
Unter den Umständen des Ausgangsverfahrens ist es daher Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob die eingetretenen Veränderungen, namentlich der Umstand, dass die von der Comune di Ancona errichtete Aufschleppe zu einem geschätzten Anteil von 18 % von Sportbooten genutzt wird, obwohl diese Nutzung im zuschussfähigen Projekt nicht vorgesehen war, geeignet sind, durch die Vornahme anderer als der vorgesehenen Tätigkeiten die Nutzung der betreffenden Anlage signifikant zu verändern und infolgedessen die Eignung der in Rede stehenden Maßnahme, das ihr zugewiesene Ziel zu erreichen, signifikant zu mindern. |
41 |
Damit eine Veränderung, die in der Nutzung einer Anlage für andere als die im zuschussfähigen Projekt vorgesehenen Tätigkeiten besteht, als „erhebliche Veränderung“ im Sinne von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 angesehen werden kann, ist in Anbetracht der zweiten, in Art. 30 Abs. 4 Buchst. b dieser Verordnung genannten Voraussetzung noch hervorzuheben, dass diese Veränderung auf die zumindest teilweise Einstellung bestimmter im zuschussfähigen Projekt vorgesehener Tätigkeiten zurückzuführen sein muss. |
42 |
Demnach ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung sowohl den Fall einer physischen Veränderung erfasst, wenn also die errichtete Anlage nicht mit dem übereinstimmt, was im zuschussfähigen Projekt vorgesehen war, als auch den Fall einer funktionellen Veränderung, wobei im Fall einer Veränderung, die in der Nutzung einer Anlage für andere als die im zuschussfähigen Projekt ursprünglich vorgesehenen Tätigkeiten besteht, eine solche Veränderung geeignet sein muss, die Eignung der fraglichen Operation, das ihr zugewiesene Ziel zu erreichen, signifikant zu mindern. |
Zur vierten Frage
43 |
Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Unionsrecht der direkten Vergabe, d. h. ohne Ausschreibung, einer Konzession für öffentliche Dienstleistungen betreffend eine Anlage durch eine Gemeinde an einen Dritten entgegensteht, wenn diese Konzession weder zu beträchtlichen Nettoeinnahmen führen, noch dem Dritten oder der Behörde, die die Konzession vergibt, einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen kann. |
44 |
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass, wenn sich herausstellt, dass die in Rede stehenden Veränderungen nicht als „Veränderungen“ im Sinne von Art. 30 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1260/1999 angesehen werden können, dies nichts daran ändern würde, dass der betreffende Mitgliedstaat gemäß den in Art. 38 Abs. 1 Buchst. e und h dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen prüfen muss, ob diese Veränderung nicht eine Unregelmäßigkeit im Sinne der Art. 38 und 39 dieser Verordnung darstellt, für die infolgedessen die erforderlichen Finanzkorrekturen durchzuführen und die entsprechenden verloren gegangenen Beträge zurückzufordern und gegebenenfalls Verzugszinsen zu erheben sind. |
45 |
Sodann ist darauf hinzuweisen, dass Konzessionen für öffentliche Dienstleistungen auf Unionsebene von keiner Regelung erfasst werden. In Ermangelung einer Regelung ist das auf die Dienstleistungskonzessionen anwendbare Recht im Licht des Primärrechts und insbesondere der vom AEU-Vertrag vorgesehenen Grundfreiheiten zu prüfen (vgl. Urteil vom 7. Dezember 2000, Telaustria und Telefonadress, C-324/98, Slg. 2000, I-10745, Randnr. 60). |
46 |
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit u. a. der konzessionserteilenden Stelle eine Verpflichtung zur Transparenz auferlegen, die darin besteht, dass zugunsten der potenziellen Bieter ein angemessener Grad von Öffentlichkeit sicherzustellen ist, der das Vergabeverfahren dem Wettbewerb öffnet und die Nachprüfung ermöglicht, ob dieses Verfahren unparteiisch durchgeführt worden ist, ohne notwendigerweise eine Verpflichtung zur Vornahme einer Ausschreibung zu umfassen (Urteile vom 13. September 2007, Kommission/Italien, C-260/04, Slg. 2007, I-7083, Randnr. 24, und vom 13. November 2008, Coditel Brabant, C-324/07, Slg. 2008, I-8457, Randnr. 25). |
47 |
Insbesondere wurde entschieden, dass, da an einer Konzession auch ein Unternehmen Interesse haben kann, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem, zu dem die konzessionserteilende Behörde gehört, niedergelassen ist, in der ohne jede Transparenz erfolgenden Vergabe dieser Konzession an ein im letztgenannten Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen eine unterschiedliche Behandlung zum Nachteil der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen liegt. In Ermangelung jeder Transparenz haben nämlich die in diesen anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen keine tatsächliche Möglichkeit, ihr Interesse am Erhalt der fraglichen Konzession kundzutun (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Juli 2005, Coname, C-231/03, Slg. 2005, I-7287, Randnrn. 17 und 18). |
48 |
Eine solche Ungleichbehandlung, die hauptsächlich in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Unternehmen benachteiligt, stellt, sofern sie nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt ist, eine nach den Art. 49 AEUV und 56 AEUV verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar (Urteil vom 17. Juli 2008, ASM Brescia, C-347/06, Slg. 2008, I-5641, Randnr. 60). |
49 |
Unter diesen Umständen ist es für die Beurteilung, ob die Vergabe einer Konzession für die Aufschleppe das Unionsrecht beachtet, Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Vergabe der Konzession für eine öffentliche Dienstleistung durch die Comune di Ancona Transparenzerfordernissen genügt, die insbesondere geeignet sind, einem in einem anderen Mitgliedstaat als der Italienischen Republik niedergelassenen Unternehmen vor der Vergabe Zugang zu angemessenen Informationen über diese Konzession zu ermöglichen, so dass dieses Unternehmen gegebenenfalls sein Interesse am Erhalt dieser Konzession hätte bekunden können (vgl. Urteil Coname, Randnr. 21). |
50 |
Im Ausgangsverfahren hat sich die Comune di Ancona auf keinen objektiven Umstand berufen, der das Fehlen jeglicher Transparenz bei der Vergabe der Konzession rechtfertigen könnte. Sie hat vielmehr geltend gemacht, dass die Konzession keine in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen hätte interessieren können, da die der Cooperativa Pescatori erteilte Konzession so ausgestaltet gewesen sei, dass sie weder beträchtliche Nettoeinnahmen für ihren Konzessionsnehmer habe erzeugen, noch diesem oder der Gemeinde einen ungerechtfertigten Vorteil habe verschaffen können. |
51 |
Jedoch kann aus dem Umstand allein, dass eine Konzession weder beträchtliche Nettoeinnahmen erzeugen, noch einem Unternehmen oder einer öffentlichen Körperschaft einen ungerechtfertigten Vorteil verschaffen kann, nicht geschlossen werden, dass diese Konzession für Unternehmen, die in einem anderen als dem Mitgliedstaat, zu dem die konzessionserteilende Behörde gehört, niedergelassen sind, nicht von wirtschaftlichem Interesse ist. Im Rahmen einer wirtschaftlichen Strategie, einen Teil seiner Tätigkeiten auf einen anderen Mitgliedstaat auszudehnen, kann ein Unternehmen nämlich die taktische Entscheidung treffen, die Erteilung einer Konzession in diesem Staat trotz der Tatsache zu beantragen, dass diese als solche keine angemessenen Gewinne erzeugen kann, denn dies ändert nichts an der Tatsache, dass diese Gelegenheit ihm ermöglichen kann, auf dem Markt dieses Staates Fuß zu fassen und sich dort mit dem Ziel bekannt zu machen, seine weitere Expansion vorzubereiten. |
52 |
Demnach ist auf die vierte Frage zu antworten, dass unter Umständen wie denen des Ausgangsrechtsstreits das Unionsrecht der Vergabe einer Konzession für eine öffentliche Dienstleistung betreffend eine Anlage ohne Ausschreibung nicht entgegensteht, sofern diese Vergabe dem Transparenzgrundsatz genügt, dessen Beachtung, ohne notwendigerweise eine Verpflichtung zur Vornahme einer Ausschreibung zu umfassen, einem Unternehmen, das in einem anderen Mitgliedstaat als dem, zu dem die konzessionserteilende Behörde gehört, niedergelassen ist, ermöglichen muss, vor der Vergabe Zugang zu angemessenen Informationen über diese Konzession zu erhalten, so dass dieses Unternehmen gegebenenfalls sein Interesse am Erhalt dieser Konzession hätte bekunden können, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. |
Kosten
53 |
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt: |
|
|
|
|
Unterschriften |
( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.