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Document 62012CJ0348

    Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 28. November 2013.
    Rat der Europäischen Union gegen Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co., Tehran.
    Rechtsmittel - Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation - Maßnahmen, die gegen die iranische Öl- und Gasindustrie gerichtet sind - Einfrieren von Geldern - Begründungspflicht - Pflicht zum Nachweis der Begründetheit der Maßnahme.
    Rechtssache C-348/12 P.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2013:776

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

    28. November 2013 ( *1 )

    „Rechtsmittel — Restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation — Maßnahmen, die gegen die iranische Öl- und Gasindustrie gerichtet sind — Einfrieren von Geldern — Begründungspflicht — Pflicht zum Nachweis der Begründetheit der Maßnahme“

    In der Rechtssache C‑348/12 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 6. Juli 2012,

    Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop und R. Liudvinaviciute-Cordeiro als Bevollmächtigte,

    Rechtsmittelführer,

    andere Parteien des Verfahrens:

    Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co., Tehran, mit Sitz in Teheran (Iran), Prozessbevollmächtigte: F. Esclatine und S. Perrotet, avocats,

    Klägerin im ersten Rechtszug,

    Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis und E. Cujo als Bevollmächtigte,

    Streithelferin im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Juhász, A. Rosas (Berichterstatter), D. Šváby und C. Vajda,

    Generalanwalt: Y. Bot,

    Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2013,

    nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juli 2013

    folgendes

    Urteil

    1

    Mit seinem Rechtsmittel beantragt der Rat der Europäischen Union die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 25. April 2012, Manufacturing Support & Procurement Kala Naft (T‑509/10, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses

    den Beschluss 2010/413/GASP des Rates vom 26. Juli 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140/GASP (ABl. L 195, S. 39, berichtigt im ABl. L 197, S. 19);

    die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 668/2010 des Rates vom 26. Juli 2010 zur Durchführung von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 423/2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 195, S. 25);

    den Beschluss 2010/644/GASP des Rates vom 25. Oktober 2010 zur Änderung des Beschlusses 2010/413 (ABl. L 281, S. 81) und

    die Verordnung (EU) Nr. 961/2010 des Rates vom 25. Oktober 2010 über restriktive Maßnahmen gegen Iran und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 423/2007 (ABl. L 281, S. 1)

    (im Folgenden zusammen: streitige Rechtsakte) für nichtig erklärt und die Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung bis zum Wirksamwerden der Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 961/2010 aufrechterhalten hat.

    Rechtlicher Rahmen und Vorgeschichte des Rechtsstreits

    2

    Der Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen wurde am 1. Juli 1968 in London, Moskau und Washington zur Unterzeichnung aufgelegt. Die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind ebenso wie die Islamische Republik Iran „Vertragsparteien“.

    3

    Art. II dieses Vertrags sieht u. a. vor, dass sich „[j]eder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet …, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonst wie zu erwerben“.

    4

    Art. III Abs. 1 des Vertrags sieht vor, dass sich „[j]eder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet …, Sicherungsmaßnahmen anzunehmen, wie sie in einer mit der Internationalen Atomenergie-Organisation [(im Folgenden: IAEO)] nach Maßgabe ihrer Satzung und ihres Sicherungssystems auszuhandelnden und zu schließenden Übereinkunft festgelegt werden, wobei diese Sicherungsmaßnahmen ausschließlich dazu dienen, die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus diesem Vertrag nachzuprüfen, damit verhindert wird, dass Kernenergie von der friedlichen Nutzung abgezweigt und für Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper verwendet wird“.

    5

    Gemäß Art. III B 4 ihrer Satzung übermittelt die IAEO der Generalversammlung der Vereinten Nationen und gegebenenfalls dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (im Folgenden: Sicherheitsrat) jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeiten.

    6

    Da der Sicherheitsrat wegen der zahlreichen Berichte des Generaldirektors der IAEO und der Resolutionen des Gouverneursrats der IAEO über das Nuklearprogramm der Islamischen Republik Iran besorgt war, nahm er am 23. Dezember 2006 die Resolution 1737 (2006) an, in deren Nr. 12 in Verbindung mit dem Anhang eine Reihe von Personen und Einrichtungen aufgeführt sind, die in die nukleare Proliferation verwickelt seien und deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen eingefroren werden sollten.

    7

    Zur Umsetzung der Resolution 1737 (2006) in der Europäischen Union erließ der Rat am 27. Februar 2007 den Gemeinsamen Standpunkt 2007/140/GASP über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 61, S. 49).

    8

    Art. 5 Abs. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140 sah das Einfrieren sämtlicher Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen bestimmter Gruppen von Personen und Einrichtungen vor, die in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und b aufgeführt waren. So bezog sich Art. 5 Abs. 1 Buchst. a auf die im Anhang der Resolution 1737 (2006) aufgeführten Personen und Einrichtungen sowie auf die anderen Personen und Einrichtungen, die vom Sicherheitsrat oder von dessen gemäß Art. 18 der Resolution 1737 (2006) eingerichtetem Ausschuss bezeichnet wurden. Die Liste dieser Personen und Einrichtungen befand sich in Anhang I des Gemeinsamen Standpunkts 2007/140. Art. 5 Abs. 1 Buchst. b bezog sich auf Personen und Einrichtungen, die nicht in Anhang I aufgeführt waren und die u. a. an den proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans beteiligt waren, direkt damit in Verbindung standen oder Unterstützung dafür bereitstellten. Die Liste dieser Personen und Einrichtungen befand sich in Anhang II dieses Gemeinsamen Standpunkts.

    9

    Da die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft betroffen waren, wurde die Resolution 1737 (2006) durch die Verordnung (EG) Nr. 423/2007 des Rates vom 19. April 2007 über restriktive Maßnahmen gegen Iran (ABl. L 103, S. 1) umgesetzt, die auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG erlassen wurde, sich auf den Gemeinsamen Standpunkt 2007/140 bezog und sich inhaltlich weitgehend mit ihm deckte, da in den Anhängen IV (Personen, Einrichtungen und Organisationen, die vom Sicherheitsrat bezeichnet worden waren) und V (Personen, Einrichtungen und Organisationen, die nicht in Anhang IV aufgeführt waren) dieser Verordnung dieselben Namen von Einrichtungen und natürlichen Personen verzeichnet waren.

    10

    Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 423/2007 hatte folgenden Wortlaut:

    „Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz der in Anhang V aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren. In Anhang V werden die nicht von Anhang IV erfassten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgeführt, die gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b des Gemeinsamen Standpunkts [2007/140]

    a)

    an den proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen …“

    11

    Der Sicherheitsrat stellte fest, dass die Islamische Republik Iran seine Resolutionen nicht eingehalten habe, unter Verletzung ihrer Verpflichtung, alle mit der nuklearen Anreicherung verbundenen Tätigkeiten auszusetzen, ein Kraftwerk in Qom errichtet und dies erst im September 2009 offengelegt habe, die IAEO nicht unterrichtet habe und sich geweigert habe, mit dieser Organisation zusammenzuarbeiten. Er erließ daher mit der Resolution 1929 (2010) vom 9. Juni 2010 strengere Maßnahmen, die u. a. die iranischen Reedereien, den Sektor der Trägerraketen, die geeignet waren, Nuklearwaffen zu tragen, und das Korps der Islamischen Revolutionsgarden betrafen.

    12

    Zwar traf der Sicherheitsrat keine Entscheidung zum Energiesektor, doch lautet der 17. Erwägungsgrund der Resolution wie folgt:

    in der Erkenntnis, dass der Zugang zu vielfältigen, zuverlässigen Energiequellen entscheidend wichtig für nachhaltiges Wachstum und nachhaltige Entwicklung ist, gleichzeitig Kenntnis nehmend von dem potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die die Islamische Republik Iran aus ihrem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung ihrer proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten und ferner feststellend, dass die chemischen Apparate und Stoffe, die für die petrochemische Industrie benötigt werden, zahlreiche Gemeinsamkeiten mit denen aufweisen, die für bestimmte sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf erforderlich sind …“

    13

    In einer seinen Schlussfolgerungen vom 17. Juni 2010 als Anlage beigefügten Erklärung brachte der Europäische Rat seine wachsende Besorgnis über das iranische Nuklearprogramm zum Ausdruck, begrüßte die Annahme der Resolution 1929 (2010) durch den Sicherheitsrat und nahm Kenntnis vom jüngsten Bericht der IAEO vom 31. Mai 2010.

    14

    In Nr. 4 dieser Erklärung führte der Europäische Rat aus, dass neue restriktive Maßnahmen unumgänglich geworden seien. In Anbetracht der vom Rat für Auswärtige Angelegenheiten durchgeführten Arbeiten wurde dieser ersucht, auf seiner nächsten Tagung Maßnahmen zur Umsetzung der in der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats enthaltenen Maßnahmen sowie Begleitmaßnahmen zu erlassen, damit alle noch bestehenden Bedenken in Bezug auf die Entwicklung sensibler Technologien durch Iran zur Unterstützung seiner Nuklear- und Trägerraketenprogramme auf dem Verhandlungsweg ausgeräumt werden können. Diese Maßnahmen sollten sich insbesondere auf folgende Sektoren beziehen:

    „den Handel (insbesondere den Handel mit Gütern mit doppeltem Verwendungszweck und weitere Restriktionen bei Außenhandelsversicherungen), den Finanzsektor (einschließlich des Einfrierens von Vermögensgegenständen weiterer iranischer Banken und Restriktionen gegenüber Banken und Versicherungen), den iranischen Verkehrssektor, insbesondere die Islamic Republic of Iran Shipping Line (IRISL) und ihre Zweigunternehmen sowie den Luftfrachtsektor, Schlüsselbereiche der Gas- und Ölindustrie (unter anderem ein Verbot neuer Investitionen, technischer Hilfe und des Transfers einschlägiger Technologien, Ausrüstung und Dienstleistungen, die insbesondere mit der Raffination, der Verflüssigung sowie mit Flüssigerdgas-Technologien in Zusammenhang stehen) sowie neue Visumsperren und das Einfrieren von Vermögensgegenständen insbesondere des Korps der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC)“.

    15

    Mit dem Beschluss 2010/413 setzte der Rat diese Erklärung um, hob den Gemeinsamen Standpunkt 2007/140 auf und erließ im Vergleich zu diesem zusätzliche Maßnahmen.

    16

    Die Erwägungsgründe 22, 23 und 27 des Beschlusses 2010/413 lauten:

    „(22)

    In der Resolution 1929 (2010) [des Sicherheitsrats] wird Kenntnis genommen von dem potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen, die Iran aus seinem Energiesektor bezieht, und der Finanzierung seiner proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten und wird ferner festgestellt, dass die chemischen Apparate und Stoffe, die für die petrochemische Industrie benötigt werden, zahlreiche Gemeinsamkeiten mit denen aufweisen, die für bestimmte sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf erforderlich sind.

    (23)

    Gemäß der Erklärung des Europäischen Rates sollten die Mitgliedstaaten den Verkauf, die Lieferung oder die Weitergabe von Schlüsselausrüstungen und Technologien sowie die damit zusammenhängende technische und finanzielle Hilfe, die in Schlüsselbranchen der Öl- und Erdgasindustrie verwendet werden könnten, an Iran verbieten. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten neue Investitionen in diesen Branchen in Iran verbieten.

    (27)

    Weitere Maßnahmen der Union sind erforderlich, damit bestimmte Maßnahmen durchgeführt werden können –“

    17

    Art. 4 des Beschlusses 2010/413 lautet:

    „(1)   Der Verkauf, die Lieferung oder die Weitergabe von Schlüsselausrüstungen und ‑technologien durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder über das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder unter Benutzung von der Hoheitsgewalt der Mitgliedstaaten unterstehenden Schiffen oder Luftfahrzeugen ist unabhängig davon, ob sie ihren Ursprung im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten haben oder nicht, verboten, wenn sie für die folgenden Schlüsselbranchen der Öl- und Erdgasindustrie in Iran oder für iranische oder im Eigentum Irans stehende Unternehmen, die außerhalb Irans in diesen Branchen tätig sind, bestimmt sind:

    a)

    Raffination,

    b)

    Flüssigerdgas,

    c)

    Exploration,

    d)

    Produktion.

    Die Union trifft die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der relevanten Artikel, die von dieser Vorschrift erfasst werden.

    (2)   Es ist verboten, für Unternehmen in Iran, die in den in Absatz 1 genannten Schlüsselbranchen der iranischen Öl- und Erdgasindustrie tätig sind, oder für iranische oder im Eigentum Irans stehende Unternehmen, die außerhalb Irans in diesen Branchen tätig sind, Folgendes bereitzustellen:

    a)

    technische Hilfe oder Ausbildung und andere Dienstleistungen in Bezug auf wesentliche Ausrüstungen und Technologien gemäß Absatz 1;

    b)

    Finanzmittel oder Finanzhilfen für den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr wesentlicher Ausrüstungen und Technologien gemäß Absatz 1 oder für die Erbringung damit verbundener technischer Hilfe oder Ausbildung.

    (3)   Es ist verboten, wissentlich und vorsätzlich an Aktivitäten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Verbote bezweckt oder bewirkt wird.“

    18

    Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413 sieht das Einfrieren der Gelder mehrerer Kategorien von Personen und Einrichtungen vor. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a betrifft die vom Sicherheitsrat benannten Personen und Einrichtungen, die in Anhang I des Beschlusses aufgeführt sind. Art. 20 Abs. 1 Buchst. b betrifft u. a. „nicht in Anhang I erfasste Personen und Einrichtungen, die an den proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans oder der Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, auch durch die Beteiligung an der Beschaffung der verbotenen Artikel, Güter, Ausrüstungen, Materialien und Technologien, oder Personen und Einrichtungen, die in deren Namen und auf deren Anweisung handeln, oder Einrichtungen, die unter deren Eigentum oder unter deren Kontrolle stehen – auch mit unerlaubten Mitteln –, … diese sind in Anhang II aufgeführt“.

    19

    Kala Naft ist eine iranische Gesellschaft, die im Eigentum der National Iranian Oil Company (im Folgenden: NIOC) steht und die Aufgaben einer Beschaffungsstelle für die Erdöl-, Erdgas- und Petrochemieaktivitäten dieses Konzerns wahrnimmt. Sie ist in Teil I Abschnitt B Nr. 24 des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 aufgeführt. Folgende Begründung wird angegeben:

    „Handelt mit Ausrüstung für den Erdöl- und Erdgassektor, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden kann. Sie hat versucht, Material zu beschaffen (äußerst widerstandsfähige Schieber aus Legierungen), für das es außerhalb der Nuklearindustrie keine Verwendung gibt. Hat Verbindungen zu Unternehmen, die am iranischen Nuklearprogramm beteiligt sind.“

    20

    Mit der zur Durchführung von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 erlassenen Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 wurde der in Teil I Abschnitt B Nr. 22 des Anhangs der letzteren Verordnung aufgeführte Name Kala Naft in die Liste der juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen in Tabelle I des Anhangs V der Verordnung Nr. 423/2007 aufgenommen.

    21

    Die Begründung ist praktisch identisch mit der im Beschluss 2010/413 angegebenen.

    22

    Anhang II des Beschlusses 2010/413 wurde durch den Beschluss 2010/644 überprüft und neu gefasst.

    23

    Die Erwägungsgründe 2 bis 5 des Beschlusses 2010/644 lauten:

    „(2)

    Der Rat hat die in Anhang II enthaltene Liste der Personen und Einrichtungen, auf die Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses Anwendung finden, vollständig überprüft. Dabei hat er den Stellungnahmen Rechnung getragen, die von den Betroffenen vorgelegt wurden.

    (3)

    Der Rat ist zu dem Schluss gelangt, dass mit Ausnahme zweier Einrichtungen die in Anhang II dieses Beschlusses aufgeführten Personen und Einrichtungen weiterhin den spezifischen restriktiven Maßnahmen gemäß dem Beschluss 2010/413/GASP unterliegen sollten.

    (4)

    Zudem hat der Rat festgestellt, dass die in der Liste enthaltenen Einträge zu bestimmten Einrichtungen geändert werden sollten.

    (5)

    Die Liste der Personen und Einrichtungen nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 20 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses 2010/413/GASP des Rates sollte entsprechend aktualisiert werden –“

    24

    Der Name Kala Naft wurde in Nr. 24 der Liste der Einrichtungen in Tabelle I des Anhangs II des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung aufgenommen. Die Begründung hierfür ist identisch mit der im Beschluss 2010/413 angegebenen.

    25

    Die Verordnung Nr. 423/2007 wurde durch die auf der Grundlage von Art. 215 AEUV erlassene Verordnung Nr. 961/2010 aufgehoben.

    26

    Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 7 der Verordnung Nr. 961/2010 lauten:

    „(1)

    Am 26. Juli 2010 hat der Rat den Beschluss 2010/413/GASP angenommen, mit dem die seit 2007 getroffenen restriktiven Maßnahmen bestätigt werden und in dem, wie vom Europäischen Rat in seiner Erklärung vom 17. Juni 2010 gefordert, zusätzliche restriktive Maßnahmen gegen die Islamische Republik Iran … zur Umsetzung der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie Begleitmaßnahmen vorgesehen sind.

    (2)

    Zu diesen restriktiven Maßnahmen gehören insbesondere … Beschränkungen für den Handel mit Schlüsselausrüstung und ‑technologie für und Beschränkungen für Investitionen in die iranische Öl- und Gasindustrie …

    (3)

    Der Beschluss 2010/413/GASP sah ferner zusätzliche Kategorien von Personen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen einzufrieren sind, und einige andere technische Änderungen an bestehenden Maßnahmen vor.

    (7)

    Zur Gewährleistung der wirksamen Umsetzung des Verbots des Verkaufs, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr nach Iran bestimmter Schlüsselausrüstung oder ‑technologie, die in den Schlüsselbranchen der Öl- und Gasindustrie verwendet werden könnte, sollte eine Liste dieser Schlüsselausrüstung und ‑technologie aufgestellt werden.“

    27

    Art. 8 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 961/2010 sieht vor:

    „(1)   Es ist verboten, in Anhang VI aufgeführte Schlüsselausrüstung oder ‑technologie unmittelbar oder mittelbar an iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder zur Verwendung in Iran zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen.

    (2)   Anhang VI umfasst auch Schlüsselausrüstung und ‑technologie für die folgenden Schlüsselbranchen der Erdöl- und Erdgasindustrie in Iran:

    a)

    Exploration von Erdöl und Erdgas,

    b)

    Förderung von Erdöl und Erdgas,

    c)

    Raffination,

    d)

    Verflüssigung von Erdgas.“

    28

    Art. 16 der Verordnung Nr. 961/2010 sieht u. a. das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen vor, die Eigentum oder Besitz bestimmter Personen, Organisationen und Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden. Abs. 1 betrifft die vom Sicherheitsrat benannten und in Anhang VII der Verordnung aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen.

    29

    In Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 heißt es:

    „(2)   Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die Eigentum oder Besitz der in Anhang VII aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen sind oder von diesen gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren. In Anhang VIII werden die … natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen aufgeführt, in Bezug auf die festgestellt wurde, dass sie im Sinne des Artikels 20 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses [2010/413]

    a)

    an den proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans oder der Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen durch Iran beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, auch durch die Beteiligung an der Beschaffung verbotener Güter und Technologien, oder im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen Person, Organisation oder Einrichtung stehen – auch durch unerlaubte Mittel – oder in ihrem Namen oder auf ihre Anweisung handeln;

    …“

    30

    Der Name Kala Naft wurde vom Rat in Nr. 29 der Liste der in Anhang VIII Abschnitt B der Verordnung Nr. 961/2010 aufgeführten Personen, Einrichtungen und Organisationen aufgenommen. Die Begründung hierfür ist identisch mit der im Beschluss 2010/413 angegebenen.

    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    31

    Mit Klageschrift, die am 20. Oktober 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Kala Naft Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010.

    32

    In ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember 2011 zur Beantwortung einer schriftlichen Frage des Gerichts erweiterte Kala Naft ihre Anträge und beantragte auch die Nichtigerklärung des Beschlusses 2010/644 und der Verordnung Nr. 961/2010, soweit diese Rechtsakte sie betreffen.

    33

    Kala Naft machte neun Klageanträge geltend. Mit dem ersten Klagegrund rügte sie die Rechtswidrigkeit von Art. 4 des Beschlusses 2010/413 und von Art. 28 dieses Beschlusses, der den Zeitpunkt von dessen Inkrafttreten betrifft. Mit dem zweiten Klagegrund rügte sie einen Verstoß gegen die Begründungspflicht, mit dem dritten Klagegrund eine Verletzung der Verteidigungsrechte und ihres Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, mit dem vierten Klagegrund eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, mit dem fünften Klagegrund die Unzuständigkeit des Rates für den Erlass der angefochtenen Rechtsakte, mit dem sechsten Klagegrund einen Ermessensmissbrauch, mit dem siebten Klagegrund einen Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff der Beteiligung an der nuklearen Proliferation und mit dem achten Klagegrund eine fehlerhafte Tatsachenbeurteilung in Bezug auf ihre Tätigkeiten. Mit dem hilfsweise geltend gemachten neunten Klagegrund wurden ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerügt.

    34

    In der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht machten der Rat und die Europäische Kommission geltend, dass die Klage von Kala Naft unzulässig sei, soweit sie auf eine angebliche Verletzung der Grundrechte dieses Unternehmens gestützt werde.

    35

    In Randnr. 39 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass es nach Art. 275 Abs. 1 AEUV „nicht zuständig für eine Klage [ist], die auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Art. 4 des Beschlusses 2010/413 gerichtet ist, und damit auch nicht für eine Entscheidung über den zweiten Teil des ersten Klagegrundes“.

    36

    Im Übrigen hat es das Vorbringen des Rates und der Kommission, das die Begründetheit der Klage betrifft und wonach Kala Naft ihre Klage nicht auf die Verletzung ihrer Grundrechte stützen könne, als unzulässig zurückgewiesen.

    37

    Sodann hat es den fünften Klagegrund – Unzuständigkeit des Rates für den Erlass der streitigen Rechtsakte – und den sechsten Klagegrund – Ermessensmissbrauch – zurückgewiesen. Dagegen hat es dem ersten Teil des ersten Klagegrundes, mit dem das rückwirkende Inkrafttreten des Beschlusses 2010/413 beanstandet wurden, stattgegeben, soweit er auf Nichtigerklärung von Art. 28 des Beschlusses 2010/413 gerichtet war; im Übrigen hat es ihn als nicht stichhaltig zurückgewiesen.

    38

    Was die Begründung der streitigen Rechtsakte angeht, hat das Gericht in Randnr. 80 des angefochtenen Urteils den zweiten Klagegrund als unbegründet zurückgewiesen, soweit er den vom Rat angeführten ersten und zweiten Grund für die Aufnahme von Kala Naft in die Listen der streitigen Rechtsakte betraf. Dagegen hat es dem zweiten Klagegrund stattgegeben und die streitigen Rechtsakte teilweise für nichtig erklärt, soweit es um den dritten Aufnahmegrund ging.

    39

    In Randnr. 97 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass der Rat die Verteidigungsrechte von Kala Naft im Hinblick auf die ursprüngliche Mitteilung der zur Last gelegten Umstände nicht verletzt habe. In Randnr. 101 des Urteils hat es ausgeführt, dass der Rat diese Rechte jedoch verletzt habe, indem er auf den von Kala Naft rechtzeitig gestellten Antrag auf Zugang zu den Akten nicht reagiert habe. In Randnr. 105 des Urteils hat es entschieden, dass das Recht von Kala Naft auf sachgerechte Stellungnahme gewahrt worden sei. In Randnr. 107 hat das Gericht berücksichtigt, dass der Rat nicht auf den vor Ablauf der Klagefrist gestellten Antrag von Kala Naft auf Zugang zu den Akten reagiert habe, und hat festgestellt, dass dieser Umstand eine Verletzung des Rechts von Kala Naft auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz darstelle. Infolgedessen hat das Gericht dem dritten Klagegrund stattgegeben und die streitigen Rechtsakte für nichtig erklärt, soweit sie Kala Naft betrafen.

    40

    Da der Rat bestätigt hatte, dass seine Akten keine anderen Beweise oder Informationen enthielten als die, die in der Begründung der streitigen Rechtsakte angeführt seien, hat es das Gericht aus Gründen der Prozessökonomie und im Interesse einer geordneten Rechtspflege für zweckdienlich gehalten, den siebten und den achten Klagegrund zu prüfen, mit denen ein Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff der Beteiligung an der nuklearen Proliferation bzw. eine fehlerhafte Tatsachenbeurteilung in Bezug auf die Tätigkeiten von Kala Naft gerügt wurden. Es hat dem siebten Klagegrund stattgegeben und die streitigen Rechtsakte folglich für nichtig erklärt, soweit es um den ersten Grund für die Aufnahme dieses Unternehmens in die Listen dieser Rechtsakte ging. Ferner hat das Gericht festgestellt, dass der Rat den Beweis für die im Rahmen des zweiten Aufnahmegrundes aufgestellten Behauptungen nicht erbracht habe, hat infolgedessen dem achten Klagegrund stattgegeben und die streitigen Rechtsakte für nichtig erklärt, soweit es um diesen Aufnahmegrund ging.

    41

    Den vierten und den neunten Klagegrund hat das Gericht nicht geprüft.

    42

    Um eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit zu vermeiden, hat das Gericht die Wirkungen des Beschlusses 2010/413 in der durch den Beschluss 2010/644 geänderten Fassung aufrechterhalten, bis der Gerichtshof über das Rechtsmittel entschieden hat. Gemäß Art. 60 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat das Rechtsmittel für die Entscheidung des Gerichts, mit der eine Verordnung – im vorliegenden Fall die Verordnung Nr. 961/2010 – für nichtig erklärt wird, bis zur Entscheidung des Gerichtshofs über das Rechtsmittel aufschiebende Wirkung.

    Anträge der Parteien

    43

    Der Rat beantragt,

    das angefochtene Urteil aufzuheben;

    den Rechtsstreit endgültig zu entscheiden und die Klage der Kala Naft gegen die streitigen Rechtsakte des Rates als unzulässig, hilfsweise, als unbegründet abzuweisen;

    Kala Naft die dem Rat im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    44

    Kala Naft beantragt,

    das Rechtsmittel des Rates zurückzuweisen,

    dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

    45

    Die Kommission beantragt,

    dem Rechtsmittel des Rates als begründet stattzugeben;

    Kala Naft die Kosten aufzuerlegen.

    Zum Rechtsmittel

    Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage bzw. einige Klagegründe von Kala Naft

    46

    Der erste Rechtsmittelgrund behandelt die Zulässigkeit einiger von Kala Naft geltend gemachter Klagegründe. Er betrifft die Randnrn. 43 bis 46 des angefochtenen Urteils, in denen es heißt:

    „43

    In der mündlichen Verhandlung haben der Rat und die Kommission geltend gemacht, [Kala Naft] sei als eine Regierungsorganisation anzusehen und damit dem iranischen Staat zuzurechnen; als eine solche könne sie sich nicht auf den Schutz und die Garantien berufen, die in den Grundrechten verankert seien. Die Klagegründe, mit denen eine angebliche Verletzung der genannten Rechte gerügt werde, seien daher für unzulässig zu erklären.

    44

    Hierzu ist erstens darauf hinzuweisen, dass der Rat und die Kommission das Recht [von Kala Naft], die Nichtigerklärung der angefochtenen Rechtsakte zu begehren, als solches nicht in Frage stellen. Sie bestreiten lediglich, dass [Kala Naft] bestimmte Rechte zustehen, die sie geltend macht, um die Nichtigerklärung zu erwirken.

    45

    Zweitens betrifft die Frage, ob der Kläger Inhaber des zur Stützung eines Nichtigkeitsgrundes geltend gemachten Rechts ist, nicht die Zulässigkeit des Nichtigkeitsgrundes, sondern dessen Stichhaltigkeit. Die Ausführungen des Rates und der Kommission, mit denen geltend gemacht wird, dass [Kala Naft] eine Regierungsorganisation sei, sind folglich zurückzuweisen, soweit sie auf die Feststellung der teilweisen Unzulässigkeit der Klage gerichtet sind.

    46

    Drittens sind die genannten Ausführungen erstmals in der mündlichen Verhandlung gemacht worden, ohne dass der Rat oder die Kommission vorgebracht haben, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt würden, die erst während des Verfahrens zutage getreten wären. Soweit die Begründetheit der Klage betroffen ist, stellen die Ausführungen somit neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts dar, weshalb sie für unzulässig zu erklären sind.“

    Vorbringen der Parteien

    47

    Der Rat ist der Ansicht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es davon ausgegangen sei, dass die Frage, ob Kala Naft berechtigt gewesen sei, eine Verletzung ihrer Grundrechte geltend zu machen, nicht die Zulässigkeit dieses Klagegrundes betreffe, sondern lediglich dessen Begründetheit. Wenn eine Einrichtung, die eine Regierungsorganisation im Sinne von Art. 34 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sei, sich weder auf das Grundrecht auf Eigentum noch auf andere Grundrechte berufen könne, sei sie auch nicht berechtigt (locus standi), eine angebliche Verletzung dieser Rechte vor dem Gericht geltend zu machen.

    48

    Der Rat räumt ein, dass die Organe diesen Einwand erst in der mündlichen Verhandlung erhoben hätten, macht jedoch geltend, dass die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage unverzichtbare Prozessvoraussetzungen seien.

    49

    Die Kommission unterstützt den Rat in seinem Vorbringen und trägt vor, dass sich die Staaten nicht auf die Grundrechte berufen könnten, räumt jedoch ein, dass sie Verfahrensrechte oder sich aus dem internationalen Recht ergebende Rechte geltend machen könnten.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    50

    Wie der Generalanwalt in Nr. 59 seiner Schlussanträge ausführt, fiel die Klage von Kala Naft unter Art. 275 Abs. 2 AEUV. Dieses Unternehmen war befugt, seine Aufnahme in die Liste in den streitigen Rechtsakten beim Unionsrichter anzufechten, da die Aufnahme es unmittelbar und individuell im Sinne von Art. 263 Abs. 4 AEUV betraf. Sein Rechtsschutzinteresse ließ sich daher nicht bestreiten.

    51

    Daher hat das Gericht in Randnr. 45 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass das Vorbringen im Zusammenhang mit der Frage, ob sich Kala Naft auf den Schutz und die Garantien berufen könne, die in den Grundrechten verankert seien, nicht die Zulässigkeit der Klage oder auch nur die eines Klagegrundes, sondern die Begründetheit der Klage betreffe.

    52

    Da die entsprechenden Ausführungen erstmals in der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, ohne dass der Rat oder die Kommission vorgebracht haben, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt würden, die erst während des Verfahrens zutage getreten seien, hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es in Randnr. 46 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass sie neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Sinne von Art. 48 § 2 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts darstellten, weshalb sie für unzulässig zu erklären seien.

    53

    Somit ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

    Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Verletzung der Pflicht zur Begründung der streitigen Rechtsakte und die Begründetheit der Maßnahme

    54

    In allen streitigen Rechtsakten waren drei Gründe für die Rechtfertigung der Verhängung der restriktiven Maßnahmen gegen Kala Naft genannt.

    55

    In Randnr. 79 des angefochtenen Urteils hat das Gericht den dritten dieser Gründe wegen mangelhafter Begründung zurückgewiesen:

    „Dagegen ist der dritte Grund, wonach [Kala Naft] Verbindungen zu Unternehmen hat, die am iranischen Nuklearprogramm beteiligt sind, unzureichend, da die Klägerin ihm nicht entnehmen kann, welche Art von Beziehungen mit welchen Einrichtungen ihr tatsächlich zur Last gelegt werden, so dass sie nicht in der Lage ist, die Stichhaltigkeit dieser Behauptung zu überprüfen und die Behauptung hinreichend substantiiert zu bestreiten.“

    56

    In den Randnrn. 113 bis 119 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, das der erste Grund, mit dem der Handel mit Ausrüstung für den Erdöl- und Erdgassektor gerügt worden sei, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden könnte, rechtsfehlerhaft in Bezug auf den Begriff der Beteiligung an der nuklearen Proliferation gewesen sei:

    „113

    Wie sich oben aus Randnr. 79 ergibt, ist der vom Rat angeführte erste Grund nicht auf konkrete Handlungen [von Kala Naft] gestützt, mit denen sie sich an der nuklearen Proliferation beteiligt. Er beruht auf der Feststellung, dass die Klägerin in besonderem Maß Gefahr laufe, aufgrund ihrer Stellung als Beschaffungsstelle der Gruppe National Iranian Oil Company an der nuklearen Proliferation beteiligt zu werden.

    114

    Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses [2010/413] regelt das Einfrieren der Gelder von ‚Personen und Einrichtungen, die [für die nukleare Proliferation] Unterstützung … bereitstellen‘. Ebenso richten sich Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 und Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010 u. a. gegen die Einrichtungen, von denen festgestellt ist, dass sie für die nukleare Proliferation ‚Unterstützung … bereitstellen‘.

    115

    Die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen eine Einrichtung mit der Begründung, dass diese für die nukleare Proliferation Unterstützung bereitgestellt habe, setzt nach der vom Gesetzgeber benutzten Formulierung voraus, dass die Einrichtung zuvor ein Verhalten an den Tag gelegt hat, das dem genannten Kriterium entspricht. Fehlt es dagegen an einem solchen Verhalten, reicht die bloße Gefahr, dass sie zukünftig Unterstützung bereitstellen werde, nicht aus.

    116

    Somit ist festzustellen, dass der Rat mit der gegenteiligen Auslegung des Art. 20 Abs. 1 des Beschlusses 2010/413, des Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 und des Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 921/2010 rechtsfehlerhaft gehandelt hat.“

    57

    In den Randnrn. 120 bis 125 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass der Rat in Bezug auf den zweiten Aufnahmegrund eine fehlerhafte Tatsachenbeurteilung hinsichtlich der Tätigkeiten von Kala Naft vorgenommen habe:

    „120

    [Die] Prüfung des vorliegenden Klagegrundes [ist] auf den zweiten vom Rat angeführten Grund beschränkt …, der darauf gestützt ist, dass [Kala Naft] versucht habe, äußerst widerstandsfähige Schieber aus Legierungen zu beschaffen, für die es außerhalb der Nuklearindustrie keine Verwendung gebe.

    121

    Hierzu macht [Kala Naft] geltend, entgegen den Feststellungen des Rates in der Begründung der [streitigen] Rechtsakte würden die von ihr erworbenen Schieber nicht ausschließlich in der Nuklearindustrie, sondern auch im Erdgas-, Erdöl- und Petrochemiesektor verwendet.

    122

    Der Rat, unterstützt von der Kommission, hält die Argumente [von Kala Naft] für unbegründet. Er macht geltend, [Kala Naft] habe nicht dargetan, dass sie niemals versucht habe, Schieber zu erwerben, für die es außerhalb der Nuklearindustrie keine Verwendung gebe.

    123

    Nach der Rechtsprechung erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts, mit dem restriktive Maßnahmen gegen eine Einrichtung erlassen wurden, auf die Beurteilung der Tatsachen und Umstände, die zu seiner Begründung herangezogen wurden, sowie auf die Prüfung der Beweise und Informationen, auf die sich diese Beurteilung stützt. Im Fall des Bestreitens muss der Rat dem Unionsrichter diese Beweise und Informationen zur Überprüfung vorlegen (vgl. in diesem Sinne Urteil [vom 14. Oktober 2009], Bank Melli Iran/Rat, [T-390/08, Slg. 2009, II-3967], Randnrn. 37 und 107).

    124

    Im vorliegenden Fall hat der Rat bezüglich des zweiten Grundes keinerlei Beweise oder Informationen vorgelegt, die über die Begründung der [streitigen] Rechtsakte hinausgehen. Wie er im Wesentlichen selbst einräumt, stützte er sich auf durch nichts belegte Behauptungen, denen zufolge [Kala Naft] versucht habe, äußerst widerstandsfähige Schieber aus Legierungen zu beschaffen, für die es außerhalb der Nuklearindustrie keine Verwendung gebe.“

    Vorbringen der Parteien

    58

    Der Rat macht erstens geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es jeden der drei in den streitigen Rechtsakten genannten Gründe einzeln und gesondert geprüft habe. Insbesondere sei der erste Grund, der den Handel mit Ausrüstungen für den Erdöl- und den Erdgassektor betreffe, in Verbindung mit dem dritten Grund relevant, der die Beziehungen zu am iranischen Nuklearprogramm beteiligten Unternehmen betreffe.

    59

    Zweitens trägt der Rat vor, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es bei der Prüfung des zweiten und des dritten Aufnahmegrundes den Umstand, dass diese Gründe auf Informationen aus vertraulichen Quellen beruhten, nicht gebührend berücksichtigt habe.

    60

    Kala Naft macht erstens geltend, der Rat selbst habe jeden Punkt der Begründung der streitigen Rechtsakte für sich allein als ausreichend angesehen, um seine Entscheidungen zu rechtfertigen. Das Gericht habe keinen Rechtsfehler begangen, als es den dritten Grund zurückgewiesen habe, und zudem sei das Vorbringen des Rates als neu und damit als unzulässig anzusehen gewesen.

    61

    Der Argumentation des Gerichts in den Randnrn. 114 und 115 des angefochtenen Urteils folgend führt Kala Naft zweitens an, dass der erste Grund, der in sich nicht schlüssig sei, den dritten Grund nicht habe validieren können.

    62

    Drittens trägt Kala Naft vor, der dritte Grund bleibe, selbst wenn die beiden Gründe zusammen betrachtet würden, unklar, da nicht nachvollziehbar sei, auf welche Unternehmen und welche Verbindungen sich der Rat beziehe.

    63

    Hinsichtlich der Beweise macht Kala Naft geltend, dass sich der Rat erst in der mündlichen Verhandlung auf die Vertraulichkeit der Beweise berufen habe. Es handle sich daher um ein neues Verteidigungsmittel, dass das Gericht gemäß Art. 48 § 2 seiner Verfahrensordnung nicht prüfen dürfe.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    64

    Mit diesem Rechtsmittelgrund rügt der Rat im Wesentlichen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es zum einen die in den streitigen Rechtsakten genannten Gründe als unzureichend angesehen habe und zum anderen entschieden habe, dass der Rat nicht berechtigt gewesen sei, die streitigen Rechtsakte zu erlassen, soweit sie Kala Naft beträfen, da keiner der drei in den Rechtsakten genannten Gründe den Erlass der fraglichen Maßnahme gegen sie habe rechtfertigen können.

    65

    Die Unionsgerichte müssen im Einklang mit den Befugnissen, die ihnen aufgrund des Vertrags zustehen, eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Union im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der Unionsrechtsordnung gewährleisten. Dieses Erfordernis ist in Art. 275 Abs. 2 AEUV ausdrücklich verankert (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, im Folgenden: Urteil Kadi II, Randnr. 97).

    66

    Grundrechtsrang haben u. a. das Recht auf Achtung der Verteidigungsrechte und das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 98).

    67

    Das erstgenannte, in Art. 41 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) niedergelegte Recht umfasst den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Recht auf Akteneinsicht unter Beachtung der berechtigten Interessen an Vertraulichkeit (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 99).

    68

    Das zweite der genannten Grundrechte, das in Art. 47 der Charta bekräftigt wird, verlangt, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, erlangen kann, entweder durch das Studium der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe, unbeschadet der Befugnis des zuständigen Gerichts, von der betreffenden Behörde die Übermittlung dieser Gründe zu verlangen, damit der Betroffene seine Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen verteidigen und in Kenntnis aller Umstände entscheiden kann, ob es angebracht ist, das zuständige Gericht anzurufen, und damit dieses umfassend in die Lage versetzt wird, die Rechtmäßigkeit der fraglichen Entscheidung zu überprüfen (vgl. Urteile vom 4. Juni 2013, ZZ, C‑300/11, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Kadi II, Randnr. 100).

    69

    Art. 52 Abs. 1 der Charta lässt jedoch Einschränkungen der Ausübung der in ihr verankerten Rechte zu, sofern die betreffende Einschränkung den Wesensgehalt des fraglichen Grundrechts achtet sowie unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist und tatsächlich den von der Union anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen entspricht (vgl. Urteile ZZ, Randnr. 51, sowie Kadi II, Randnr. 101).

    70

    Ob eine Verletzung der Verteidigungsrechte und des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz vorliegt, ist anhand der besonderen Umstände jedes Einzelfalls zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2011, Solvay/Kommission, C-110/10 P, Slg. 2011, I-10439, Randnr. 63), insbesondere der Natur des betreffenden Rechtsakts, des Kontexts seines Erlasses sowie der Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 102; vgl. ebenfalls in diesem Sinne, zur Beachtung der Begründungspflicht, Urteile vom 15. November 2012, Al-Aqsa/Rat und Niederlande/Al‑Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, Randnrn. 139 und 140, sowie Rat/Bamba, C‑417/11 P, Randnr. 53)

    71

    Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (Urteil Rat/Bamba, Randnr. 54).

    72

    Zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, mit der restriktive Maßnahmen erlassen werden, hat der Gerichtshof entschieden, dass, wenn der Unionsrichter zu der Auffassung gelangt, dass zumindest einer der angeführten Gründe hinreichend präzise und konkret ist, nachgewiesen ist und für sich genommen eine hinreichende Grundlage für diese Entscheidung darstellt, in Anbetracht des präventiven Charakters der genannten Maßnahmen der Umstand, dass dies auf andere der Gründe nicht zutrifft, die Nichtigerklärung der Entscheidung nicht rechtfertigen kann (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 130).

    73

    Im Übrigen erfordert die durch Art. 47 der Charta gewährleistete Effektivität der gerichtlichen Kontrolle auch, dass sich der Unionsrichter vergewissert, dass die Entscheidung, die eine individuelle Betroffenheit der betreffenden Person oder Einrichtung begründet, auf einer hinreichend gesicherten tatsächlichen Grundlage beruht. Dies setzt eine Überprüfung der Tatsachen voraus, die in der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Begründung angeführt werden, so dass sich die gerichtliche Kontrolle nicht auf die Beurteilung der abstrakten Wahrscheinlichkeit der angeführten Gründe beschränkt, sondern auf die Frage erstreckt, ob diese Gründe – oder zumindest einer von ihnen, der für sich genommen als ausreichend angesehen wird, um diese Entscheidung zu stützen – erwiesen sind (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 119).

    74

    Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung der Frage, ob das Gericht die Begründung und die Begründetheit der streitigen Rechtsakte ordnungsgemäß kontrolliert hat, zunächst zu prüfen, wie das Gericht die allgemeinen Bestimmungen der anwendbaren Rechtstexte ermittelt und ausgelegt hat, bevor im Besonderen geprüft wird, wie es die Begründung und die Begründetheit der streitigen Rechtsakte kontrolliert hat.

    75

    In diesem Zusammenhang enthält das angefochtene Urteil nichts, woraus hervorgeht, dass das Gericht die Entwicklung der Unionsregelung seit der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats berücksichtigt hat.

    76

    So hat die Auslegung dieser Regelung das Gericht, wie sich aus den Randnrn. 113 und 114 des angefochtenen Urteils ergibt, dazu veranlasst, eine unmittelbare Beziehung zwischen Kala Naft und der nuklearen Proliferation zu suchen, obwohl aus dem Beschluss 2010/413 und der Verordnung Nr. 961/2010 ausdrücklich hervorgeht, dass gegen die iranische Erdöl- und Erdgasindustrie restriktive Maßnahmen insbesondere dann verhängt werden können, wenn sie zum Erwerb verbotener Güter und Technologien beiträgt, nachdem der Zusammenhang zwischen diesen Gütern und dieser Technologie und der nuklearen Proliferation vom Unionsgesetzgeber in den allgemeinen Bestimmungen der anwendbaren Regelungen dargelegt worden ist.

    77

    Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 961/2010 stellt nämlich ein Verbot auf, in Anhang VI aufgeführte Schlüsselausrüstung oder ‑technologie unmittelbar oder mittelbar an iranische Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder zur Verwendung in Iran zu verkaufen, zu liefern, weiterzugeben oder auszuführen. Nach Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung umfasst Anhang VI Schlüsselausrüstung und ‑technologie für die Schlüsselbranchen der Erdöl- und Erdgasindustrie in Iran. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die „Beschaffung verbotener Güter und Technologien“ im Sinne von Art. 16 Abs. 2 der Verordnung die Beschaffung von Schlüsselausrüstung und ‑technologie für die Schlüsselsektoren der Erdöl- und Erdgasindustrie in Iran umfasst.

    78

    Ferner ist ersichtlich, dass das Zitat von Art. 16 Abs. 2 in Randnr. 11 des angefochtenen Urteils ebenso wie der Verweis auf diesen Artikel in Randnr. 114 des angefochtenen Urteils nicht den Teil dieser Bestimmung wiedergeben, wonach die restriktiven Maßnahmen für diejenigen gelten, die an den nuklearen Tätigkeiten des Iran beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, „auch durch die Beteiligung an der Beschaffung verbotener Güter und Technologien“.

    79

    Zur Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 ist festzustellen, dass mit ihr Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 durchgeführt wurde, der im Unterschied zu Art. 16 Abs. 2 der Verordnung Nr. 961/2010 nicht ausdrücklich die Beschaffung verbotener Güter und Technologien betraf.

    80

    Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 423/2007 betraf jedoch die Beteiligung an, direkte Verbindung mit oder Unterstützung für die proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten Irans. Festzustellen ist, dass der Begriff „Unterstützung“ eine weniger enge Verknüpfung mit den nuklearen Tätigkeiten Irans als die „Beteiligung“ daran oder die „direkte Verbindung“ damit impliziert und dass er die Beschaffung von oder den Handel mit Gütern und Technologien im Zusammenhang mit der Erdöl- und Erdgasindustrie umfassen kann.

    81

    Diese Auslegung wird dadurch gestützt, dass nach der Verordnung Nr. 423/2007 die Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats, die Erklärung des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010 und der Beschluss 2010/413 erlassen wurden, die die Einkünfte des Energiesektors und die Gefahren im Zusammenhang mit dem für die Erdöl- und Erdgasindustrie bestimmten Material erwähnen.

    82

    Die Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats, auf die der 22. Erwägungsgrund des Beschlusses 2010/413 Bezug nimmt, erwähnt nämlich den potenziellen Zusammenhang zwischen den Einnahmen der Islamischen Republik Iran aus ihrem Energiesektor und der Finanzierung ihrer proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten und stellt fest, dass die chemischen Apparate und Stoffe, die für die petrochemische Industrie benötigt werden, zahlreiche Gemeinsamkeiten mit denen aufweisen, die für bestimmte sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf erforderlich sind. Außerdem vertritt der Europäische Rat in seiner Erklärung vom 17. Juni 2010 die Ansicht, dass sich die zu erlassenden neuen Maßnahmen insbesondere auf Schlüsselbereiche der Gas- und Ölindustrie mit dem Verbot neuer Investitionen, technischer Hilfe und des Transfers einschlägiger Technologien, Ausrüstung und Dienstleistungen beziehen sollten.

    83

    Im Licht dieser Resolution des Sicherheitsrats (Urteil vom 16. November 2011, Bank Melli Iran/Rat, C-548/09 P, Slg. 2011, I-11381, Randnr. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung), dieser Erklärung des Europäischen Rates und des Beschlusses 2010/413, die die Einkünfte des Energiesektors und die Gefahren im Zusammenhang mit dem für die Erdöl- und Erdgasindustrie bestimmten Material erwähnen, musste Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 423/2007 zum Zweck der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der mit der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 erlassenen restriktiven Maßnahme dahin ausgelegt werden, dass der Handel mit Schlüsselausrüstung und ‑technologie für die Erdöl- und Erdgasindustrie als Unterstützung der nuklearen Tätigkeiten der Republik Iran betrachtet werden konnte.

    84

    Das Gericht hat einen Rechtsfehler begangen, als es in den Randnrn. 113 bis 115 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen eine Einrichtung voraussetze, dass diese zuvor ein konkretes verfolgbares Verhalten an den Tag gelegt habe, und dass die bloße Gefahr, dass die betreffende Einrichtung sich in Zukunft so verhalten werde, nicht ausreiche.

    85

    Die verschiedenen Bestimmungen der streitigen Rechtsakte, die das Einfrieren von Geldern vorsehen, sind nämlich allgemein gefasst („beteiligt sind, direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen …“), ohne sich auf Verhaltensweisen zu beziehen, die vor einer Entscheidung über das Einfrieren von Geldern an den Tag gelegt wurden. Selbst wenn sie daher auf eine bestimmte Einrichtung abstellen, kann die Bezugnahme auf ein allgemeines Ziel, wie es aus der Satzung dieser Einrichtung hervorgeht, genügen, um den Erlass restriktiver Maßnahmen zu rechtfertigen.

    86

    Sodann ist anhand der übermittelten Anhaltspunkte zu prüfen, ob die in den streitigen Rechtsakten genannten Gründe hinreichend präzise und konkret sind und ob gegebenenfalls nachgewiesen ist, dass die dem betreffenden Grund entsprechenden Tatsachen zutreffen (vgl. Urteil Kadi II, Randnr. 136).

    87

    Zum ersten in den streitigen Rechtsakten angegebenen Grund, wonach Kala Naft mit Ausrüstung für den Erdöl- und den Erdgassektor handele, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden könne, hat das Gericht zutreffend festgestellt, dass dieser hinreichend präzise und konkret gewesen sei, um Kala Naft die Möglichkeit zu geben, die Begründetheit der streitigen Rechtsakte zu prüfen und sich vor dem Gericht zu verteidigen, und es dem Gericht zu ermöglichen, seine Kontrolle auszuüben.

    88

    Zur Begründetheit der Maßnahme und insbesondere zur Frage, ob die im ersten Grund angeführten Tatsachen zutreffen, ist festzustellen, dass der Rat in Anwendung von Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 423/2007, Art. 20 Abs.1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 und Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010, ausgelegt im Licht der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats und der Erklärung des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010, zu der Annahme berechtigt war, dass gegen Kala Naft Maßnahmen verhängt werden konnten, da sie mit Ausrüstung für den Erdöl- und den Erdgassektor handelte, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden konnte.

    89

    Es genügt der Hinweis, dass Kala Naft die Beschaffungsstelle der National Iranian Oil Company, der NIOC, ist. Dies ist in der Satzung dieses Unternehmens angegeben und wird von ihm nicht bestritten. Kala Naft selbst führt in Randnr. 27 ihrer Klageschrift vor dem Gericht aus, dass ihre ausschließlich erdöl- und erdgasbezogene sowie petrochemische Orientierung klar aus ihren Arbeitsmethoden hervorgehe.

    90

    Ferner erläutert Kala Naft selbst im Rahmen ihrer Einwände gegen den zweiten in den streitigen Rechtsakten angeführten Grund in den Randnrn. 63, 64 und 118 ihrer Klageschrift vor dem Gericht, dass sie üblicherweise an der Beschaffung von Schiebern aus Legierungen für die NIOC oder deren Tochtergesellschaften beteiligt sei. Jedenfalls konnte der Rat wegen ihrer Rolle in der NIOC‑Gruppe, die notwendigerweise die Beschaffung einer sehr großen Menge von Gütern, die von den Unternehmen der NIOC genutzt wurden, umfasste, annehmen, dass Kala Naft im Rahmen ihrer Tätigkeit an der Beschaffung verbotener Güter und Technologien im Sinne von Art. 4 und Art. 20 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2010/413 sowie von Art. 8 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 961/2010 und insbesondere von Ausrüstung für den Erdöl- und den Erdgassektor, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden konnte, beteiligt war, wie dies in der Begründung der streitigen Rechtsakte angegeben ist.

    91

    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die im ersten Grund behaupteten Tatsachen rechtlich hinreichend dargetan sind und dass dieser erste Grund für sich genommen die Aufnahme in die Listen der streitigen Rechtsakte rechtfertigte. In Anbetracht der Feststellungen in Randnr. 72 des vorliegenden Urteils braucht weder geprüft zu werden, ob der zweite und der dritte in den streitigen Rechtsakten angegebene Grund hinreichend präzise und konkret sind, noch kontrolliert zu werden, ob diese Gründe untermauert waren und für sich genommen eine ausreichende Grundlage für die streitigen Rechtsakte bilden konnten.

    92

    Auch wenn die Angaben, die die Stichhaltigkeit des ersten Grundes für diese Aufnahmen belegen, aus den im Verfahren vor den Unionsgerichten ausgetauschten Schriftsätzen und nicht aus einer vollständigen und ausführlichen, durch relevante Informationen untermauerten Begründung hervorgehen, beeinträchtigt dies nicht die Rechtmäßigkeit dieser Rechtsakte, da Kala Naft die Begründung verstehen konnte und ihr die relevanten Informationen, wie ihre Satzung, bekannt waren.

    93

    Aufgrund der vom Gericht begangenen Rechtsfehler ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

    Zur Klage beim Gericht

    94

    Nach Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, entweder den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

    95

    Infolge der Aufhebung des angefochtenen Urteils obliegt es dem angerufenen Gericht, erneut über die von Kala Naft erhobene Nichtigkeitsklage zu entscheiden.

    96

    Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen dafür, dass der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheidet, erfüllt. Die Argumentation der Parteien vor dem Gericht ist nämlich in den im schriftlichen Verfahren vor diesem ausgetauschten Schriftsätzen enthalten. Außerdem hatten die Parteien in dem Teil ihrer Schriftsätze, der sich mit dem Fall eines Erfolgs des Rechtsmittels befasste, Gelegenheit, vor dem Gerichtshof erneut zu diesen Argumenten und gegebenenfalls zur Antwort des Gerichts Stellung zu nehmen.

    Zum ersten Klagegrund

    97

    Kala Naft rügt, dass der Beschluss 2010/413 rechtswidrig sei, da dessen Art. 28 vorgesehen habe, dass der Beschluss am Tag seiner Annahme in Kraft trete, der dem Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union vorausgegangen sei. Insbesondere macht sie geltend, dass Art. 4 des Beschlusses Verbotsmaßnahmen vorsehe, deren Tragweite nicht hinreichend bestimmt sei. Der Beschluss 2010/413 spreche durch Art. 4 in Verbindung mit Art. 28 ein mit Strafe nach dem Recht der Mitgliedstaaten bewehrtes Verbot aus und erlaube es seinen Adressaten nicht, die Tragweite des Verbots zu ermessen.

    98

    Keine der Parteien hat vor dem Gerichtshof zu diesem Klagegrund Stellung genommen.

    99

    Aus den gleichen Gründen, wie sie in den Randnrn. 36 bis 38 des Urteils des Gerichts ausgeführt worden sind, ist festzustellen, dass der Gerichtshof nach Art. 275 Abs. 1 AEUV nicht für die Entscheidung über eine Klage zuständig ist, mit der die Rechtmäßigkeit von Art. 4 des Beschlusses 2010/413 beurteilt werden soll.

    100

    Da die Geltendmachung der Rechtswidrigkeit von Art. 28 mit der Geltendmachung der Rechtswidrigkeit von Art. 4 verbunden ist, ist über den Klagegrund von Kala Naft nicht zu entscheiden.

    Zum zweiten Klagegrund: Verletzung der Begründungspflicht

    101

    Kala Naft trägt vor, dass der Rat die streitigen Rechtsakte rechtlich nicht ausreichend begründet habe, so dass sie nicht in der Lage sei, zu erkennen, welche Tatsachen ihr zur Last gelegt würden, und die Stichhaltigkeit der gegen sie angeführten Gründe zu prüfen oder zu widerlegen.

    102

    Aus den gleichen Gründen, wie sie in den Randnrn. 72 und 87 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden sind, ist dieser Klagegrund zurückzuweisen.

    Zum dritten Klagegrund: Verletzung der Verteidigungsrechte von Kala Naft und ihres Anspruchs auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz

    103

    Kala Naft rügt mit ihrem dritten Klagegrund, dass der Rat beim Erlass des Beschlusses 2010/413 und der Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 ihre Verteidigungsrechte verletzt habe, was auch eine Verletzung ihres Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz beinhalte.

    104

    Aus den gleichen Gründen, wie sie in den Randnrn. 94 bis 104 des Urteils des Gerichts ausgeführt worden sind, ist davon auszugehen, dass das Recht von Kala Naft, sachgerecht Stellung nehmen zu können, beachtet worden ist.

    105

    Zum Nachweis der Richtigkeit der gegen Kala Naft angeführten Gründe genügt die Feststellung, dass die von ihr ausgeübte Funktion einer Beschaffungsstelle der NIOC‑Gruppe sowohl aus ihrer Satzung als auch aus von ihr herausgegebenen Broschüren hervorgeht. Der Rat brauchte deshalb für den Nachweis der Tätigkeit von Kala Naft keine weiteren Umstände anzuführen.

    106

    Zum Nachweis des Versuchs der Beschaffung von ausschließlich von der Nuklearindustrie verwendetem Material ist festzustellen, dass eine etwaige Verletzung der Verteidigungsrechte von Kala Naft ohne Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits bliebe, da der erste Grund für die Aufnahme von Kala Naft in die Listen der streitigen Rechtsakte, wie in Randnr. 91 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, für sich genommen die Aufnahme dieses Unternehmens in die Listen rechtfertigte.

    Zum fünften Klagegrund: Unzuständigkeit des Rates für den Erlass der streitigen Maßnahmen

    107

    Kala Naft macht geltend, der Rat sei für den Erlass der streitigen Rechtsakte nicht zuständig gewesen. Rechtsgrundlage für diese Rechtsakte sei die Erklärung des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010, doch regele diese nur die Umsetzung der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats durch den Rat sowie den Erlass der Begleitmaßnahmen und sehe keinen Erlass selbständiger Maßnahmen des Einfrierens von Geldern vor. Außerdem enthalte die Resolution 1929 (2010) keine Maßnahmen, die die iranische Erdöl- und Erdgasindustrie oder Kala Naft beträfen. Sie schließe daraus, dass der Rat nicht für die Verhängung restriktiver Maßnahmen gegen sie auf der Grundlage der Erklärung des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010 zuständig sei.

    108

    Dazu ist festzustellen, dass weder die Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats noch die Erklärung des Europäischen Rates vom 17. Juni 2010 die Rechtsgrundlage der streitigen Rechtsakte bilden können, auch wenn sie bei deren Auslegung zu berücksichtigen sind.

    109

    Die Beschlüsse 2010/413 und 2010/644 sind auf Art. 29 EUV gestützt, die Durchführungsverordnung Nr. 668/2010 ist auf Art. 291 Abs. 2 AEUV und die Verordnung Nr. 423/2007 gestützt, und die Verordnung Nr. 961/2010 ist auf Art. 215 AEUV gestützt. Diese Vertragsbestimmungen haben dem Rat die Zuständigkeit für den Erlass der streitigen Rechtsakte verliehen, die selbständige restriktive Maßnahmen enthalten, die sich von den vom Sicherheitsrat besonders empfohlenen Maßnahmen unterscheiden.

    110

    Hieraus ergibt sich, dass dieser Klagegrund unbegründet ist.

    Zum sechsten Klagegrund: Ermessensmissbrauch

    111

    Kala Naft macht geltend, der Rat habe ermessensmissbräuchlich gehandelt. Er habe restriktive Maßnahmen gegen sie verhängt, ohne über Beweise für ihre Beteiligung an der nuklearen Proliferation zu verfügen und ohne ihre Verfahrensrechte zu wahren. Dies bedeute, dass der Rat tatsächlich versucht habe, die im Zusammenhang mit der nuklearen Proliferation stehenden restriktiven Maßnahmen zu benutzen, um die iranische Erdöl-, Erdgas- und petrochemische Industrie zu treffen.

    112

    Dazu genügt die Feststellung, dass die streitigen Rechtsakte, wie in den Randnrn. 76 bis 83 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die iranische Erdöl-, Erdgas- und petrochemische Industrie wegen der Gefahr betrafen, die diese Industrie in Bezug auf die nukleare Proliferation sowohl wegen der durch sie erzielten Einkünfte als auch wegen der Nutzung von Apparaten und Stoffen darstellte, die Gemeinsamkeiten mit denen aufweisen, die für bestimmte sensible Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Kernbrennstoffkreislauf erforderlich sind

    113

    Dieser Klagegrund ist folglich unbegründet.

    Zum siebten Klagegrund: Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff der Beteiligung an der nuklearen Proliferation

    114

    Kala Naft macht geltend, der Rat habe rechtsfehlerhaft gehandelt, indem er sich auf den ersten Grund für ihre Aufnahme in die Liste der streitigen Rechtsakte gestützt habe, wonach sie mit Ausrüstung für den Erdöl- und den Erdgassektor handele, die für das iranische Nuklearprogramm genutzt werden könne. Dieser Umstand rechtfertige nämlich für sich genommen nicht den Erlass restriktiver Maßnahmen.

    115

    Wie aus den Randnrn. 87 bis 90 des vorliegenden Urteils hervorgeht, genügte die Tätigkeit von Kala Naft im Erdöl- und im Erdgassektor, die durch die Satzung dieses Unternehmens belegt ist, um den Erlass restriktiver Maßnahmen zu rechtfertigen.

    116

    Der siebte Klagegrund ist daher unbegründet.

    Zum achten Klagegrund: fehlerhafte Tatsachenbeurteilung in Bezug auf die Tätigkeiten von Kala Naft

    117

    Kala Naft bestreitet, mit Ausrüstungen gehandelt zu haben, die im Zusammenhang mit dem Nuklearprogramm gestanden hätten. Ihre Rolle als Beschaffungsstelle von NIOC stelle keine Handelstätigkeit dar.

    118

    Es ist festzustellen, dass der Begriff „Handel“ die Tätigkeit von Kala Naft, die ihre Aufnahme in die Liste rechtfertigt, rechtlich hinreichend beschreibt und es diesem Unternehmen erlaubt, den Grund für die Aufnahme zu verstehen.

    Zum vierten und zum neunten Klagegrund: Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

    119

    Kala Naft bestreitet das Vorliegen eines dem Gemeinwohl dienenden Ziels, das die Beschränkungen der Ausübung des Eigentumsrechts und des Rechts auf freie Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit rechtfertigen könne, da weder der Sicherheitsrat noch der Europäische Rat den Erlass von den Erdöl- und den Erdgassektor betreffenden Maßnahmen vorgesehen hätten. Selbst wenn ein solches Ziel bestünde, wäre im Übrigen ein vernünftiges Verhältnis zwischen den verwendeten Mitteln und dem verfolgten Ziel nicht gewahrt worden.

    120

    Soweit Kala Naft die Verhältnismäßigkeit der allgemeinen Bestimmungen in Abrede stellt, auf deren Grundlage ihre Aufnahme in die Listen beschlossen wurde, ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof zur gerichtlichen Kontrolle der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entschieden hat, dass der Unionsgesetzgeber über ein weites Ermessen in Bereichen verfügt, in denen er politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen treffen und komplexe Prüfungen vornehmen muss. Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteil vom 1. Februar 2007, Sison/Rat, C-266/05 P, Slg. 2007, I-1233, Randnr. 33).

    121

    Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die von Kala Naft erwähnten Grundrechte nicht uneingeschränkt gelten und ihre Ausübung Beschränkungen unterworfen werden kann, die durch dem Gemeinwohl dienende Ziele der Union gerechtfertigt sind (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 113).

    122

    Eben dies ist nämlich beim Eigentumsrecht und dem Recht der freien Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Fall. Folglich kann das Recht auf freie Berufsausübung ebenso wie das Eigentumsrecht Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese Beschränkungen tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antasten würde (vgl. Urteil Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 114).

    123

    Was speziell die Freiheit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit angeht, hat der Gerichtshof insbesondere entschieden, dass angesichts des Wortlauts von Art. 16 der Charta, der sich von dem der anderen grundrechtlich geschützten Freiheiten, die in ihrem Titel II verankert sind, unterscheidet und dabei dem Wortlaut einiger Bestimmungen ihres Titels IV ähnelt, diese Freiheit einer Vielzahl von Eingriffen der öffentlichen Gewalt unterworfen werden kann, die im allgemeinen Interesse die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit beschränken können (vgl. Urteil vom 22. Januar 2013, Sky Österreich, C‑283/11, Randnr. 46).

    124

    Hierzu ist festzustellen, dass die verschiedenen streitigen Rechtsakte das Ziel haben, die nukleare Proliferation zu verhindern und auf diese Weise Druck auf die Islamische Republik Iran auszuüben, die betreffenden Aktivitäten zu beenden. Dieses Ziel fällt in den allgemeineren Rahmen der Bemühungen um die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und ist daher rechtmäßig (vgl. in diesem Sinne Urteil Bank Melli Iran/Rat, Randnr. 115).

    125

    Im Übrigen hatte der Sicherheitsrat entgegen dem Vorbringen von Kala Naft die mit der petrochemischen Industrie verknüpften Gefahren im 17. Erwägungsgrund der Resolution 1929 (2010) erwähnt, und der Europäische Rat hatte in seiner Erklärung vom 17. Juni 2010 den Rat für Auswärtige Angelegenheiten aufgefordert, Maßnahmen in den Sektoren der Erdgas- und Erdölindustrie zu verhängen.

    126

    Zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ist an die zahlreichen Berichte der IAEO, die große Zahl von Resolutionen des Sicherheitsrats wie auch die verschiedenen Maßnahmen der Union zu erinnern. Die sowohl vom Sicherheitsrat als auch von der Union erlassenen Maßnahmen sind abgestuft und durch den mangelnden Erfolg der zuvor erlassenen Maßnahmen gerechtfertigt. Aus diesem auf die Abstufung der Rechtsbeeinträchtigung nach Maßgabe der Wirksamkeit der Maßnahmen gestützten Vorgehen folgt, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sind.

    127

    Somit sind die Klagegründe unbegründet.

    128

    Da sämtliche Klagegründe unbegründet sind, ist die Klage abzuweisen.

    Kosten

    129

    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

    130

    Da dem Rechtsmittel des Rates stattgegeben wird und die Klage von Kala Naft gegen die streitigen Maßnahmen abgewiesen wird, sind Kala Naft gemäß dem Antrag des Rates neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates in beiden Rechtszügen aufzuerlegen.

    131

    Die Kommission als Streithelferin trägt ihre eigenen Kosten.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 25. April 2012, Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat (T‑509/10) wird aufgehoben.

     

    2.

    Die Nichtigkeitsklage der Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co., Tehran, wird abgewiesen.

     

    3.

    Die Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co., Tehran, trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union sowohl im Verfahren des ersten Rechtszugs als auch im Rechtsmittelverfahren.

     

    4.

    Die Europäische Kommission trägt sowohl im Verfahren des ersten Rechtszugs als auch im Rechtsmittelverfahren ihre eigenen Kosten.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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