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Document 62012CJ0083

Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 10. April 2012.
Strafverfahren gegen Minh Khoa Vo.
Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs.
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts – Verordnung (EG) Nr. 810/2009 – Visakodex der Gemeinschaft – Art. 21 und 34 – Nationale Rechtsvorschriften – Einschleusen von Drittstaatsangehörigen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats – Durch arglistige Täuschung erlangte Visa – Strafrechtliche Verfolgung des Schleusers.
Rechtssache C-83/12 PPU.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2012:202

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

10. April 2012 ( *1 )

„Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts — Verordnung (EG) Nr. 810/2009 — Visakodex der Gemeinschaft — Art. 21 und 34 — Nationale Rechtsvorschriften — Einschleusen von Drittstaatsangehörigen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats — Durch arglistige Täuschung erlangte Visa — Strafrechtliche Verfolgung des Schleusers“

In der Rechtssache C-83/12 PPU

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 8. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2012, in dem Strafverfahren gegen

Minh Khoa Vo

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas, A. Ó Caoimh und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des Antrags des vorlegenden Gerichts vom 8. Februar 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2012, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 104b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs einem Eilverfahren zu unterwerfen,

aufgrund der Entscheidung der Zweiten Kammer vom 28. Februar 2012, diesem Antrag stattzugeben,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Herrn Vo, vertreten durch Rechtsanwältin K. Beulich,

des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof, vertreten durch K. Lohse und P. Knauss als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und N. Graf Vitzthum als Bevollmächtigte,

der hellenischen Regierung, vertreten durch T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wils und W. Bogensberger als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 21 und 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) (ABl. L 243, S. 1).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen Herrn Vo, der verurteilt worden ist, weil er Drittstaatsangehörige nach Deutschland geschleust hat, die ihre Visa durch arglistige Täuschung erlangt hatten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Der Visakodex

3

Der dritte Erwägungsgrund des Visakodexes lautet:

„In Bezug auf die Visumpolitik ist die Aufstellung eines ‚gemeinsamen Bestands‘ an Rechtsvorschriften, insbesondere durch Konsolidierung und Weiterentwicklung des bestehenden Besitzstands auf diesem Gebiet (der entsprechenden Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 14. Juni 1985 und der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion), eine wesentliche Komponente der im Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union festgeschriebenen Weiterentwicklung der gemeinsamen Visumpolitik ‚als Teil eines vielschichtigen Systems, mit dem durch die weitere Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Bearbeitungsgepflogenheiten bei den örtlichen konsularischen Dienststellen legale Reisen erleichtert und die illegale Einwanderung bekämpft werden sollen‘.“

4

Nach Art. 1 Abs. 1 des Visakodexes werden mit ihm die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt; Art. 1 Abs. 2 bestimmt, dass Drittstaatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen.

5

In Art. 2 des Visakodexes heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.

‚Drittstaatsangehöriger‘ jede Person, die nicht Unionsbürger im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 EG-Vertrag ist;

2.

‚Visum‘ die von einem Mitgliedstaat erteilte Genehmigung im Hinblick auf

a)

die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder einen geplanten Aufenthalt in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum ab dem Zeitpunkt der ersten Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten …

…“

6

Art. 14 Abs. 1 des Visakodexes bestimmt:

„(1)   Bei der Beantragung eines einheitlichen Visums hat der Antragsteller Folgendes vorzulegen:

a)

Unterlagen mit Angaben zum Zweck der Reise;

d)

Angaben, anhand deren seine Absicht, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums zu verlassen, beurteilt werden kann.“

7

Art. 21 des Visakodexes sieht vor:

„(1)   Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e [der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)] erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

(2)   Zu jedem Antrag wird das VIS [Visa-Informationssystem] gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der [Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) (ABl. L 218, S. 60)] abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.

(3)   Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,

a)

dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b)

ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

c)

ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

d)

ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;

e)

ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.

(4)   Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.

(5)   Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.

(6)   Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes:

a)

dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b)

den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits;

c)

den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.

(7)   Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

(8)   Im Verlauf der Prüfung eines Antrags kann das Konsulat den Antragsteller in begründeten Fällen zu einem Gespräch bestellen und zusätzliche Unterlagen anfordern.

(9)   Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.“

8

Art. 34 des Visakodexes lautet:

„(1)   Ein Visum wird annulliert, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für seine Erteilung zum Ausstellungszeitpunkt nicht erfüllt waren, insbesondere wenn es ernsthafte Gründe zu der Annahme gibt, dass das Visum durch arglistige Täuschung erlangt wurde. Das Visum wird grundsätzlich von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der es erteilt hat, annulliert. Das Visum kann von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats annulliert werden; in diesem Fall sind die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der das Visum erteilt hat, zu unterrichten.

(2)   Ein Visum wird aufgehoben, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des Visums nicht mehr erfüllt sind. Das Visum wird grundsätzlich von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der es erteilt hat, aufgehoben. Das Visum kann von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats aufgehoben werden; in diesem Fall sind die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der das Visum erteilt hat, zu unterrichten.

(3)   Ein Visum kann auf Ersuchen des Visuminhabers aufgehoben werden. Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der das Visum erteilt hat, sind von der Aufhebung in Kenntnis zu setzen.

(4)   Hat der Visuminhaber an der Grenze einen oder mehrere der Belege nach Artikel 14 Absatz 3 nicht vorgelegt, so zieht dies nicht automatisch eine Entscheidung zur Annullierung oder Aufhebung des Visums nach sich.

(5)   Wird ein Visum annulliert oder aufgehoben, so wird ein Stempel mit den Worten ‚ANNULLIERT‘ oder ‚AUFGEHOBEN‘ aufgebracht, und das optisch variable Merkmal der Visummarke, das Sicherheitsmerkmal ‚Kippeffekt‘ sowie der Begriff ‚Visum‘ werden durch Durchstreichen ungültig gemacht.

(6)   Die Entscheidung über die Annullierung oder Aufhebung eines Visums und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.

(7)   Ein[em] Visuminhaber, dessen Visum annulliert oder aufgehoben wurde, steht ein Rechtsmittel zu, es sei denn, das Visum wurde gemäß Absatz 3 auf Ersuchen des Visuminhabers aufgehoben. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der über die Annullierung oder Aufhebung befunden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.

(8)   Gemäß Artikel 13 der VIS-Verordnung sind die Daten zu annullierten oder aufgehobenen Visa in das VIS einzugeben.“

9

Nach Art. 58 Abs. 5 des Visakodexes gelten die Abs. 6 und 7 seines Art. 34 erst seit dem 5. April 2011. Für die Zeit vom 5. April 2010, an dem der Visakodex in Kraft trat, bis zum 5. April 2011 wurde in Abschnitt 2.4 von Teil V der Gemeinsamen konsularischen Instruktion an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen, die von Berufskonsularbeamten geleitet werden (ABl. 2005, C 326, S. 1), für den Fall der Nichterteilung eines Visums auf die Rechtsmittel nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei verwiesen.

Der Rahmenbeschluss 2002/946/JI

10

Art. 1 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328, S. 1) sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen trifft, um sicherzustellen, dass die in den Art. 1 und 2 der Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002 zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328, S. 17) beschriebenen Handlungen mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen bedroht sind, die zu einer Auslieferung führen können.

11

Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Rahmenbeschlusses ergreift jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit in Bezug auf die Handlungen nach Art. 1 Abs. 1 zu begründen, wenn diese ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurden.

12

Art. 7 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses lautet:

„Wird ein Mitgliedstaat von Handlungen nach Artikel 1 Absatz 1 unterrichtet, die eine Verletzung der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats betreffend die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern darstellen, so setzt er diesen anderen Mitgliedstaat davon in Kenntnis.“

Die Richtlinie 2002/90

13

Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2002/90 bestimmt:

„Jeder Mitgliedstaat legt angemessene Sanktionen für diejenigen fest, die

a)

einer Person, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaats ist, vorsätzlich dabei helfen, in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Verletzung der Rechtsvorschriften des betreffenden Staates über die Einreise oder die Durchreise von Ausländern einzureisen oder durch dessen Hoheitsgebiet zu reisen;

b)

einer Person, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaats ist, zu Gewinnzwecken vorsätzlich dabei helfen, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Verletzung der Rechtsvorschriften des betreffenden Staates über den Aufenthalt von Ausländern aufzuhalten.“

14

Nach Art. 3 der Richtlinie trifft jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die in den Art. 1 und 2 genannten Handlungen Gegenstand wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionen sind.

Die Richtlinie 2008/115/EG

15

Art. 3 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348, S. 98) sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnen die Ausdrücke

2.

‚illegaler Aufenthalt‘: die Anwesenheit von Drittstaatsangehörigen, die nicht oder nicht mehr die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 des Schengener Grenzkodex[es] oder andere Voraussetzungen für die Einreise in einen Mitgliedstaat oder den dortigen Aufenthalt erfüllen, im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats;

…“

Nationales Recht

16

§ 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) bestimmt:

„Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.

Visum …“

17

§ 95 AufenthG enthält folgende Strafvorschriften:

„(1)   Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

2.

ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn

a)

er vollziehbar ausreisepflichtig ist,

b)

ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und

c)

dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,

3.

entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,

(6)   In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.“

18

In § 96 („Einschleusen von Ausländern“) AufenthG heißt es:

„(1)   Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung

1.

nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und

a)

dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder

b)

wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder

2.

nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.

(2)   Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1

1.

gewerbsmäßig handelt,

2.

als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt,

(4)   Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 und Abs. 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn

1.

sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und

2.

der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.

…“

19

§ 97 („Einschleusen mit Todesfolge; gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen“) AufenthG bestimmt in Abs. 2:

„Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 96 Abs. 1, auch in Verbindung mit § 96 Abs. 4, als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, gewerbsmäßig handelt.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

20

Herr Vo, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, wurde in Deutschland wegen des Einschleusens von Ausländern strafrechtlich verfolgt. Er wurde deshalb vom Landgericht Berlin wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.

21

Herr Vo gehörte vietnamesischen Banden an, die vietnamesische Staatsangehörige illegal nach Deutschland einschleusten.

22

Eine dieser Banden ging in der Weise vor, dass der ungarischen Botschaft in Vietnam vorgespiegelt wurde, bei den vietnamesischen Staatsangehörigen handele es sich um Mitglieder touristischer Reisegruppen von 20 bis 30 Personen, obwohl das Ziel darin bestand, sie gegen Zahlung von 11000 USD bis 15000 USD in das Hoheitsgebiet der Union zu bringen. Zum Schein wurden die Reisen in den ersten Tagen gemäß dem Reiseprogramm durchgeführt, bevor die betreffenden Personen, wie zuvor geplant, in verschiedene Zielländer, meist nach Deutschland, gebracht wurden.

23

Die andere Bande machte sich den Umstand zunutze, dass vietnamesische Staatsangehörige im Königreich Schweden auf wenige Monate befristete Arbeitsvisa als Beerenpflücker erlangen konnten. Bei der Beantragung der Visa wurde den zuständigen Behörden vorgespiegelt, dass die Antragsteller arbeiten wollten. In Wirklichkeit wurden diese vietnamesischen Staatsangehörigen, nachdem sie Arbeitsvisa erhalten hatten, unmittelbar nach ihrer Ankunft in Schweden weiter nach Deutschland geschleust. Herr Vo wurde beschuldigt, an diesen Delikten mitgewirkt und als Gegenleistung Beträge zwischen 500 Euro und 2000 Euro je Mitwirkungshandlung erhalten zu haben.

24

Einige dieser vietnamesischen Staatsangehörigen wurden im deutschen Hoheitsgebiet aufgegriffen, als sie versuchten, sich dort niederzulassen und zu arbeiten.

25

Das Landgericht Berlin entschied, dass sich Herr Vo in vier Fällen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern nach § 97 Abs. 2 in Verbindung mit § 96 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Nr. 3 und § 96 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AufenthG strafbar gemacht habe.

26

Es führte aus, Voraussetzung für die Strafbarkeit sei, dass hinsichtlich der geschleusten Personen der Tatbestand der unerlaubten Einreise oder des unerlaubten Aufenthalts erfüllt sei. Dass diese Personen formell über Visa verfügt hätten, stelle keinen die Strafbarkeit des Schleusers hindernden Umstand dar, denn die Erlangung eines Aufenthaltstitels durch falsche Angaben stehe einem Handeln ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel gleich.

27

Herr Vo legte gegen seine Verurteilung durch das Landgericht Berlin Revision zum Bundesgerichtshof ein, mit der er, ohne dies näher zu begründen, die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

28

Das vorlegende Gericht geht davon aus, dass die Voraussetzungen von § 95 Abs. 6 AufenthG erfüllt seien, da die zu schleusenden Personen gegenüber den Amtsträgern der ungarischen bzw. der schwedischen Botschaft bewusst wahrheitswidrig vorgegeben hätten, zu touristischen Zwecken bzw. zum Zweck vorübergehender Arbeit in den Schengenraum einreisen zu wollen, obwohl sie in Wirklichkeit von Anfang an beabsichtigt hätten, in Deutschland zu bleiben, was der Erteilung der Visa entgegengestanden hätte; diese seien nur aufgrund der Irreführung der Amtsträger erteilt worden.

29

Unter diesen Umständen hat der Bundesgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Sind die die Erteilung und die Annullierung eines einheitlichen Visums regelnden Art. 21 und 34 der Verordnung Nr. 810/2009 dahin auszulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen entgegenstehen, in denen die geschleusten Personen zwar über ein Visum verfügen, dieses aber durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangt haben?

Zum Eilverfahren

30

Der Bundesgerichtshof hat beantragt, das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen dem in Art. 104b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgesehenen Eilverfahren zu unterwerfen.

31

Er hat seinen Antrag damit begründet, dass Herr Vo, der wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden sei, sich seit dem 1. Januar 2011 ununterbrochen in Untersuchungshaft befinde und dass er, falls der Gerichtshof die Vorlagefrage bejahen sollte, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden könnte und sich somit zu Unrecht in Haft befinden würde.

32

Auf Bericht des Berichterstatters und nach Anhörung der Generalanwältin hat die Zweite Kammer des Gerichtshofs entschieden, dem Antrag des vorlegenden Gerichts, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, stattzugeben.

Zur Vorlagefrage

33

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 21 und 34 des Visakodexes dahin auszulegen sind, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen entgegenstehen, in denen die geschleusten Personen, die Drittstaatsangehörige sind, über ein Visum verfügen, das sie durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangt haben und das nicht zuvor annulliert worden ist.

34

Einleitend ist festzustellen, dass die mit dem Visakodex getroffenen Maßnahmen bezüglich des Überschreitens der Außengrenzen sowie der Verfahren und Voraussetzungen für die Visumerteilung durch die Mitgliedstaaten im Rahmen des Ziels erlassen wurden, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gemäß Art. 67 AEUV zu errichten.

35

Der Visakodex zielt nach seinem dritten Erwägungsgrund darauf ab, ein vielschichtiges System zu schaffen, mit dem durch die weitere Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der Bearbeitungsgepflogenheiten bei den örtlichen konsularischen Dienststellen legale Reisen erleichtert und die illegale Einwanderung bekämpft werden sollen.

36

Gegenstand der mit dem Kodex vorgenommenen Harmonisierung sind in Anwendung des Schengen-Besitzstands Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt.

37

Nach Art. 21 Abs. 1 des Visakodexes stellt das zuständige Konsulat im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum fest, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und beurteilt insbesondere, ob bei dem Antragsteller das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

38

Nach Art. 34 Abs. 1 des Visakodexes wird ein Visum annulliert, wenn es ernsthafte Gründe zu der Annahme gibt, dass das Visum durch arglistige Täuschung erlangt wurde. Das Visum wird grundsätzlich von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der es erteilt hat, annulliert, kann aber auch von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats annulliert werden; in diesem Fall sind die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, der das Visum erteilt hat, zu unterrichten.

39

Mit der Möglichkeit für die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats als des Ausstellermitgliedstaats, über die Annullierung von Visa zu entscheiden, soll Fällen Rechnung getragen werden, in denen sich bei Antritt der Reise das Visum als ungültig oder unwirksam erweist, weil es durch arglistige Täuschung erlangt wurde oder weil die Voraussetzungen für seine Erteilung nicht erfüllt waren.

40

Während jedoch die Behörden des Mitgliedstaats, der das Visum erteilt hat, grundsätzlich zu seiner Annullierung verpflichtet sind, ist diese den Behörden eines anderen Mitgliedstaats offenbar freigestellt, wie die Verwendung des Verbs „können“ durch den Unionsgesetzgeber zeigt.

41

Aufgrund dieser Feststellung ist zu prüfen, ob im Rahmen der nationalen Bestimmungen, nach denen das Einschleusen von Ausländern strafrechtlich verfolgt werden kann, als Tatbestandsmerkmale die illegale Einreise und der illegale Aufenthalt der geschleusten Personen berücksichtigt werden können, ohne dass die ihnen erteilten Visa zuvor annulliert wurden.

42

Der Visakodex regelt die Voraussetzungen der Erteilung, Annullierung und Aufhebung von Visa, enthält aber keine Vorschriften über strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen gegen diese Voraussetzungen. Das Antragsformular für ein Visum in Anhang I des Visakodexes enthält allerdings ein Feld, in dem der Antragsteller darüber unterrichtet wird, dass falsche Erklärungen u. a. zur Annullierung des Visums führen und eine Strafverfolgung auslösen können.

43

Überdies ist nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI sowie nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 der Richtlinie 2002/90 jeder Mitgliedstaat verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die dort genannten Handlungen mit wirksamen, angemessenen und abschreckenden Strafen bedroht sind, und um seine Gerichtsbarkeit in Bezug auf Handlungen zu begründen, die ganz oder teilweise in seinem Hoheitsgebiet begangen wurden.

44

Nach den vorstehenden Randnummern ergibt sich aus dem Unionsrecht nicht nur, dass es einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, eine Person strafrechtlich zu verfolgen, die einem Drittstaatsangehörigen vorsätzlich dabei hilft, unter Verstoß gegen die geltenden Bestimmungen in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zu gelangen, sondern auch, dass es den betreffenden Mitgliedstaat ausdrücklich zu einer solchen strafrechtlichen Verfolgung verpflichtet.

45

Den Mitgliedstaaten werden somit zwei Verpflichtungen auferlegt. Die erste besteht darin, nicht in einer die Freizügigkeit von Visainhabern beschränkenden Weise zu handeln, sofern die Visa nicht ordnungsgemäß annulliert worden sind. Die zweite besteht darin, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen in Bezug auf Personen vorzusehen und zu verhängen, die die im Rahmenbeschluss 2002/946/JI und in der Richtlinie 2002/90 genannten Verstöße begehen; dies gilt insbesondere für Schleuser.

46

Diesen Verpflichtungen ist in einer Weise nachzukommen, durch die den Bestimmungen des Unionsrechts ihre volle praktische Wirksamkeit verschafft wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal, 106/77, Slg. 1978, 629, Randnr. 24, und vom 22. Juni 2010, Melki und Abdeli, C-188/10 und C-189/10, Slg. 2010, I-5667, Randnr. 43). Erforderlichenfalls müssen die nationalen Gerichte Lösungen praktischer Konkordanz in Bezug auf Normen suchen, deren Anwendung die Wirksamkeit oder die Kohärenz der Unionsregelung in Frage stellen könnte.

47

Da zu einem Strafverfahren seinem Wesen nach die Notwendigkeit, Ermittlungen geheim zu halten, und die Dringlichkeit der Handlungen gehören können, kann dem Erfordernis einer vorherigen Annullierung der Visa durch die zuständigen Behörden nicht immer Genüge getan werden.

48

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Art. 21 und 34 der Verordnung Nr. 810/2009 dahin auszulegen sind, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen, in denen die geschleusten Personen, die Drittstaatsangehörige sind, über ein Visum verfügen, das sie durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangt haben und das nicht zuvor annulliert worden ist, nicht entgegenstehen.

Kosten

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Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Art. 21 und 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) sind dahin auszulegen, dass sie einer aus der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften resultierenden Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern in Fällen, in denen die geschleusten Personen, die Drittstaatsangehörige sind, über ein Visum verfügen, das sie durch arglistige Täuschung der zuständigen Behörden des Ausstellermitgliedstaats über den wahren Reisezweck erlangt haben und das nicht zuvor annulliert worden ist, nicht entgegenstehen.

 

Unterschriften


( *1 )   Verfahrenssprache: Deutsch.

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