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Document 62011CP0256

Stellungnahme des Generalanwalts Mengozzi vom 29. September 2011.
Murat Dereci und andere gegen Bundesministerium für Inneres.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Verwaltungsgerichtshof - Österreich.
Unionsbürgerschaft - Aufenthaltsrecht der Angehörigen von Drittstaaten, die Familienangehörige von Unionsbürgern sind - Auf der mangelnden Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit durch den Unionsbürger beruhende Versagung - Mögliche Ungleichbehandlung gegenüber Unionsbürgern, die vom Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats - Art. 41 des Zusatzprotokolls - Stillhalteklauseln.
Rechtssache C-256/11.

Sammlung der Rechtsprechung 2011 -00000

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:626

STELLUNGNAHME DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 29. September 2011(1)

Rechtssache C‑256/11

Murat Dereci,

Vishaka Heiml,

Alban Kokollari,

Izunna Emmanuel Maduike,

Dragica Stevic

(Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs [Österreich])

„Unionsbürgerschaft – Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats frei aufzuhalten – Fall, in dem sich der Unionsbürger in dem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt – Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Familienangehörige, die Drittstaatsangehörige sind – Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte – Assoziierungsabkommen EWG–Türkei – Stillhalteklauseln – Art. 41 des Zusatzprotokolls – Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats“





I –    Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs (Österreich) betrifft im Wesentlichen die Auslegung des Art. 20 AEUV und den Anwendungsbereich dieser Vorschrift im Anschluss an die Urteile Ruiz Zambrano(2) und McCarthy(3).

2.        Dieses Ersuchen ist im Rahmen von fünf Verfahren ergangen, die beim vorlegenden Gericht anhängig sind und mit denen jeweils die Aufhebung der Berufungsbescheide begehrt wird, die die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels an die Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren durch das Bundesministerium für Inneres – in einigen Fällen verbunden mit einem Ausweisungsbescheid oder einer Anordnung der Außerlandesschaffung aus dem österreichischen Hoheitsgebiet – bestätigen.

3.        Den fünf Verfahren ist gemeinsam, dass die Beschwerdeführer Drittstaatsangehörige und Familienangehörige in Österreich ansässiger Unionsbürger sind und dort mit diesen zusammenleben wollen.

4.        Außerdem haben diese Verfahren gemeinsam, dass die betreffenden Unionsbürger von ihrem Recht auf Freizügigkeit nie Gebrauch gemacht haben und hinsichtlich ihres Lebensunterhalts nicht auf ihre Familienangehörigen, die Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren, angewiesen sind.

5.        Die fünf Ausgangsverfahren weisen jedoch eine Reihe von Unterschieden auf, die im Wesentlichen folgende Aspekte betreffen: a) die Rechtmäßigkeit (Beschwerdeführer Heiml und Kokollari) oder Unrechtmäßigkeit (Beschwerdeführer Dereci und Maduike) der Einreise nach Österreich, b) die Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts (mit Ausnahme der Beschwerdeführerin im fünften Verfahren, Frau Dragica Stevic, haben sich alle anderen Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich aufgehalten), c) ihre familiäre Bindung zu dem oder den betreffenden Unionsbürgern (Ehegatte und Vater von Kleinkindern in der Rechtssache Dereci; Ehegatte in den Rechtssachen Heiml und Maduike; volljähriges Kind in den Rechtssachen Kokollari und Stevic) und d) ihre etwaige wirtschaftliche Abhängigkeit von diesen Unionsbürgern (mehr oder weniger stark ausgeprägte Abhängigkeit des Drittstaatsangehörigen in allen Rechtssachen mit Ausnahme der Rechtssache Maduike).

6.        Das erste Ausgangsverfahren betrifft Herrn Murat Dereci, einen türkischen Staatsangehörigen, der im November 2001 unrechtmäßig nach Österreich einreiste und im Juli 2003 eine österreichische Staatsbürgerin heiratete, mit der er drei in den Jahren 2006, 2007 und 2008 geborene minderjährige Kinder hat, die alle ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Der von ihm im Juni 2004 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde nach dem Inkrafttreten des österreichischen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) mit 1. Jänner 2006 geprüft und abgelehnt; nach diesem Gesetz müssen sich u. a. Antragsteller aus Drittländern, die die Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich begehren, außerhalb des Hoheitsgebiets dieses Mitgliedstaats aufhalten und dort die Entscheidung über ihren Antrag abwarten. Nach Ansicht der österreichischen Behörden hat sich Herr Dereci daher ab dem 1. Jänner 2006, auch wenn er die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abwartete, unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Gegen ihn ist auch ein Ausweisungsbescheid ergangen, wobei seiner Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts hat Herr Dereci zwar vorgebracht, dass er im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit als Friseur ausüben könnte; die österreichischen Behörden bezweifeln jedoch, dass er über ausreichende Mittel für eine Familienzusammenführung verfügt, da das Familieneinkommen nicht den im NAG geforderten gesetzlichen Betrag erreicht. Die österreichischen Behörden waren zudem der Ansicht, dass es weder nach dem Unionsrecht noch nach Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) geboten sei, Herrn Dereci einen Aufenthaltstitel zu erteilen.

7.        Die Beschwerdeführerin im zweiten Ausgangsverfahren, Frau Vishaka Heiml, ist eine Staatsangehörige von Sri Lanka, die im Mai 2006 einen österreichischen Staatsbürger heiratete. Nachdem ihr im Jänner 2007 ein Visum ausgestellt worden war, reiste sie im Februar rechtmäßig nach Österreich ein. Im April 2007 beantragte sie, ihr als Familienangehöriger eines österreichischen Staatsbürgers einen Aufenthaltstitel zu gewähren. Während ihr Ehemann in Wien in einem aufrechten Arbeitsverhältnis steht, teilte Frau Heiml mit, an einer dortigen Universität ihr Studium, zu dem sie bereits zugelassen worden sei, betreiben zu wollen. Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass Frau Heiml nach Ablauf der Gültigkeit ihres Visums die Entscheidung über ihren Antrag im Ausland hätte abwarten müssen. Außerdem waren die österreichischen Behörden – wie im Fall Dereci – der Ansicht, dass sich Frau Heiml weder auf das Unionsrecht noch auf Art. 8 EMRK berufen könne.

8.        Das dritte Verfahren betrifft Herrn Alban Kokollari, der aus dem Kosovo stammt und 1984 im Alter von zwei Jahren rechtmäßig mit seinen Eltern, die damals jugoslawische Staatsangehörige waren, nach Österreich einreiste. Er verfügte bis 2006 über einen Aufenthaltstitel, dessen Verlängerung er in diesem Jahr beantragte. Da er bestimmte Unterlagen nicht vorlegte, wurde sein Antrag zurückgewiesen. Im Juli 2007 brachte Herr Kokollari neuerlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein, u. a. mit der Begründung, dass seine Mutter, die inzwischen österreichische Staatsbürgerin und bei einem Unternehmen als Abwäscherin beschäftigt sei, für seinen Unterhalt sorge, während sein Vater Arbeitslosengeld erhalte. Der Antrag von Herrn Kokollari wurde mit der Begründung abgelehnt, dass er nach der Zurückweisung seines ersten Verlängerungsantrags im Jahr 2006 das österreichische Hoheitsgebiet hätte verlassen und die Entscheidung über seinen Antrag vom Juli 2007 im Ausland hätte abwarten müssen. Im Übrigen waren die österreichischen Behörden der Ansicht, dass sich Herr Kokollari nicht auf das Unionsrecht berufen könne und keinen sonstigen besonderen Grund geltend gemacht habe, aus dem es geboten wäre, ihm einen Aufenthaltstitel zu erteilen. Ein Ausweisungsbescheid gegen ihn sei bereits erlassen worden.

9.        Das vierte Verfahren betrifft Herrn Izunna Emmanuel Maduike, einen nigerianischen Staatsangehörigen, der – wie Herr Dereci – im Jahr 2003 unrechtmäßig nach Österreich einreiste. Er stellte einen auf falschen Angaben beruhenden Asylantrag, dessen Ablehnung im Dezember 2005 in Rechtskraft erwuchs. Inzwischen hatte Herr Maduike eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet; im Dezember 2005 beantragte er die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Sein Antrag wurde u. a. mit der Begründung abgelehnt, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe, während er auf die Erledigung seines Antrags gewartet habe, und dass er wegen seines Verstoßes gegen die Asylvorschriften eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, was der Erteilung eines Aufenthaltstitels entgegenstehe.

10.      Frau Stevic, eine serbische Staatsangehörige, die mit ihrem Mann und ihren volljährigen Kindern in Serbien wohnt, ist die Beschwerdeführerin im fünften Ausgangsverfahren. Sie brachte am 5. September 2007 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich ein, weil sie zu ihrem Vater ziehen möchte, der seit 1972 in diesem Mitgliedstaat lebt und dem am 4. September 2007 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden war. Frau Stevic und ihr Vater machten geltend, dass er ihr schon seit Jahren eine monatliche Unterstützung in Höhe von 200 Euro gezahlt habe und auch nach ihrer Einreise nach Österreich für ihren Lebensunterhalt sorgen werde. Die österreichischen Behörden lehnten den Antrag von Frau Stevic mit der Begründung ab, dass die monatliche Unterstützung, die sie erhalte, nicht als Unterhaltsleistung angesehen werden könne und dass im Hinblick auf die im NAG festgelegten Beträge die Mittel ihres Vaters nicht ausreichten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Im Übrigen sei es weder nach dem Unionsrecht noch nach Art. 8 EMRK geboten, dem Antrag von Frau Stevic auf Familienzusammenführung stattzugeben.

11.      Das mit diesen Rechtssachen befasste vorlegende Gericht wirft angesichts des Urteils Ruiz Zambrano die Frage auf, unter welchen Bedingungen Unionsbürger im Sinne des genannten Urteils gezwungen wären, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen, um ihre drittstaatszugehörigen Familienangehörigen zu begleiten, so dass ihnen der tatsächliche Genuss der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird. Darüber hinaus erkennt das vorlegende Gericht zwar an, dass die Richtlinie 2004/38/EG(4) auf die fünf Ausgangsverfahren keine Anwendung findet, da die betreffenden Unionsbürger nicht von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, stellt sich aber die Frage, ob diese Richtlinie, die der Erhaltung der Familieneinheit Vorrang einräumt, nicht doch berücksichtigt werden sollte, so dass allein schon die Unmöglichkeit, ein Familienleben in einem Mitgliedstaat führen zu können, bewirken könnte, dass den Unionsbürgern die Ausübung des Kernbestands der ihnen durch ihren Status verliehenen Rechte verwehrt wird. Außerdem fragt sich das vorlegende Gericht – ausschließlich in Bezug auf den Fall Dereci – im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers in diesem Fall hilfsweise, ob nicht eine Bestimmung des am 12. September 1963 in Ankara unterzeichneten Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, das durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963(5) im Namen der Gemeinschaft geschlossen wurde, einer Anwendung der den türkischen Staatsangehörigen ab dem 1. Jänner 2006 durch das NAG auferlegten strengeren Voraussetzungen für die Erlangung eines Aufenthaltstitels in Österreich entgegenstehen könnte.

12.      Unter diesen Umständen hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      a)      Ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen, dessen Ehegatte und minderjährige Kinder Unionsbürger sind, den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat des Ehegatten und der Kinder, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, zu verweigern, und zwar selbst dann, wenn diese Unionsbürger hinsichtlich des Lebensunterhalts nicht auf den Drittstaatsangehörigen angewiesen sind? (Beschwerdeführer Dereci)

      b)      Ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen, dessen Ehegatte Unionsbürger ist, den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat des Ehegatten, dessen Staatsangehörigkeit dieser besitzt, zu verweigern, und zwar selbst dann, wenn der Unionsbürger hinsichtlich des Lebensunterhalts nicht auf den Drittstaatsangehörigen angewiesen ist? (Beschwerdeführer Heiml und Maduike)

      c)      Ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einem volljährigen Drittstaatsangehörigen, dessen Mutter Unionsbürgerin ist, den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat der Mutter, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, zu verweigern, und zwar auch dann, wenn zwar nicht die Unionsbürgerin hinsichtlich des Lebensunterhalts auf den Drittstaatsangehörigen angewiesen ist, aber der Drittstaatsangehörige hinsichtlich seines Lebensunterhalts auf die Unionsbürgerin angewiesen ist? (Beschwerdeführer Kokollari)

      d)      Ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einer volljährigen Drittstaatsangehörigen, deren Vater Unionsbürger ist, den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat des Vaters, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, zu verweigern, und zwar auch dann, wenn zwar nicht der Unionsbürger hinsichtlich des Lebensunterhalts auf die Drittstaatsangehörige angewiesen ist, aber die Drittstaatsangehörige vom Unionsbürger Unterhalt erhält? (Beschwerdeführerin Stevic)

2.      Falls eine der Fragen zu 1. zu bejahen ist:

Handelt es sich bei der aus Art. 20 AEUV herrührenden Pflicht der Mitgliedstaaten, dem Drittstaatsangehörigen den Aufenthalt zu gewähren, um ein direkt aus dem Unionsrecht erfließendes Recht zum Aufenthalt, oder ist es hinreichend, dass der Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen das Recht zum Aufenthalt rechtsbegründend zuerkennt?

3.      a)     Falls nach der Antwort zu Frage 2 ein Aufenthaltsrecht kraft Unionsrecht besteht:

      Unter welchen Voraussetzungen besteht ausnahmsweise das aus dem Unionsrecht herrührende Aufenthaltsrecht nicht, bzw. unter welchen Voraussetzungen darf dem Drittstaatsangehörigen das Recht zum Aufenthalt aberkannt werden?

      b)      Falls es nach der Antwort zu Frage 2 ausreichend sein sollte, dass dem Drittstaatsangehörigen das Aufenthaltsrecht rechtsbegründend zuerkannt wird:

      Unter welchen Voraussetzungen darf dem Drittstaatsangehörigen – trotz einer grundsätzlich bestehenden Pflicht des Mitgliedstaats, ihm den Aufenthalt zu ermöglichen – das Recht zum Aufenthalt verwehrt werden?

4.      Für den Fall, dass Art. 20 AEUV nicht entgegensteht, dem Drittstaatsangehörigen in der Situation, in der sich Herr Dereci befindet, den Aufenthalt im Mitgliedstaat zu verwehren:

Steht Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des mit dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichteten Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation oder Art. 41 des am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichneten und mit der Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972(6) im Namen der Gemeinschaft geschlossenen, gebilligten und bestätigten Zusatzprotokolls(7), das nach seinem Art. 62 Bestandteil des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei ist, in einem Fall wie jenem des Herrn Dereci entgegen, den erstmaligen Zuzug türkischer Staatsangehöriger strengeren nationalen Regeln zu unterwerfen, als sie bereits zuvor für den erstmaligen Zuzug türkischer Staatsangehöriger gegolten haben, obwohl jene nationalen Vorschriften, die den erstmaligen Zuzug erleichtert hatten, erst nach jenem Zeitpunkt in Kraft gesetzt wurden, mit dem die genannten die Assoziierung mit der Türkei betreffenden Bestimmungen für den Mitgliedstaat Wirksamkeit erlangt haben?

13.      Mit Beschluss vom 9. September 2011 hat der Präsident des Gerichtshofs dem Antrag des vorlegenden Gerichts stattgegeben, die vorliegende Rechtssache dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.

14.      Die deutsche, die österreichische, die dänische, die griechische, die niederländische und die polnische Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie Irland und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Sie wurden, mit Ausnahme der polnischen und der niederländischen Regierung, die nicht vertreten waren, neben Herrn Dereci in der Sitzung vom 27. September 2011 angehört.

II – Würdigung

15.      Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich die vier dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen hinsichtlich ihrer Tragweite. Die ersten drei Fragen beziehen sich auf die Auslegung von Art. 20 AEUV und betreffen die fünf Ausgangsverfahren, wobei die Beantwortung der zweiten und der dritten Frage jedoch voraussetzt, dass die erste Frage zumindest teilweise bejaht wird. Die vierte Frage, die ausschließlich an die Situation von Herrn Dereci anknüpft, wird für den Fall gestellt, dass der Gerichtshof die erste Frage verneinen sollte, und bezieht sich auf die Auslegung der Stillhalteklauseln, die im Rahmen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Union und der Republik Türkei zur Anwendung kommen.

A –    Zu den ersten drei Vorlagefragen (Auslegung von Art. 20 AEUV)

16.      Mit seinen ersten drei Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Vorschriften des AEUV über die Unionsbürgerschaft die Zuerkennung eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts an eine Person umfassen, die einem Drittstaat angehört und Ehegatte, Elternteil oder Kind eines Unionsbürgers ist, wenn dieser Unionsbürger sich stets in dem Mitgliedstaat aufgehalten hat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, ohne jemals von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen.

17.      Die Gründe für die Zweifel des vorlegenden Gerichts hinsichtlich der Auslegung von Art. 20 AEUV sind eindeutig: Es geht um ein besseres Verständnis der Tragweite des am 8. März 2011 von der Großen Kammer verkündeten Urteils Ruiz Zambrano.

18.      Ich erinnere daran, dass es in dieser Rechtssache im Wesentlichen um die Frage ging, ob die Vorschriften des AEUV zur Unionsbürgerschaft einem Drittstaatsangehörigen (im konkreten Fall einem kolumbianischen Staatsangehörigen samt seiner Ehefrau gleicher Staatsangehörigkeit), der seinen zwei minderjährigen Kindern, die Unionsbürger waren, Unterhalt gewährte, ein Aufenthaltsrecht in dem Mitgliedstaat verschafften, dessen Staatsangehörigkeit die beiden Kinder besaßen (im konkreten Fall das Königreich Belgien), in dem sie geboren wurden und in dem sie wohnten, ohne jemals von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht zu haben, oder ihn vom Erfordernis einer Arbeitserlaubnis in diesem Mitgliedstaat befreiten.

19.      Da sich die Kinder von Herrn Ruiz Zambrano nie in einen anderen Mitgliedstaat als das Königreich Belgien begeben hatten, lag es – wie der Gerichtshof im Übrigen in Randnr. 39 des Urteils Ruiz Zambrano ausgeführt hat – auf der Hand, dass die Richtlinie 2004/38 in dieser Rechtssache nicht anwendbar war.

20.      Aus diesem Grund kamen die Regierungen, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht hatten, sowie die Kommission auch zu dem Ergebnis, dass der Rechtssache Ruiz Zambrano ein rein interner Sachverhalt zugrunde liege, so dass die vom nationalen Gericht angeführten Bestimmungen des AEUV über die Unionsbürgerschaft nicht herangezogen werden könnten(8).

21.      Der Gerichtshof folgte dieser Argumentation nicht und entschied, dass Art. 20 AEUV der Verweigerung des Aufenthaltsrechts und der Arbeitserlaubnis für Herrn Ruiz Zambrano entgegenstehe, „da derartige Entscheidungen [den] Kindern den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehren würden“(9).

22.      Eine Aufenthaltsverweigerung hätte nämlich – so der Gerichtshof – zur Folge gehabt, dass die betreffenden Kinder, die Unionsbürger sind, gezwungen gewesen wären, das Gebiet der Union zu verlassen, um ihre Eltern zu begleiten. In gleicher Weise hätte die Gefahr bestanden, dass Herr Ruiz Zambrano, wenn ihm keine Arbeitserlaubnis erteilt worden wäre, nicht über die für seinen Unterhalt und den seiner Angehörigen erforderlichen Mittel verfügt hätte, was ebenfalls zur Folge gehabt hätte, dass seine Kinder – Unionsbürger – gezwungen gewesen wären, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen. Unter derartigen Umständen wäre es nach Ansicht des Gerichtshofs den genannten Unionsbürgern unmöglich gewesen, den Kernbestand der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, in Anspruch zu nehmen(10).

23.      Damit scheint der Gerichtshof die Einstufung als „rein interner Sachverhalt“ eines Mitgliedstaats aufgegeben zu haben, wenn eine nationale Maßnahme dazu führt, dass einem Unionsbürger der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die mit seinem Status verbunden sind, verwehrt wird, ungeachtet dessen, dass er noch nicht von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat.

24.      An dieser Auslegung hielt der Gerichtshof im Übrigen auch im Urteil McCarthy(11) fest, das im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen ebenfalls kurz erwähnt wird.

25.      Diese Rechtssache betraf eine Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs, die dort Sozialleistungen bezog. Sie besaß auch die irische Staatsangehörigkeit, hatte sich jedoch noch nie in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich aufgehalten. Frau McCarthy heiratete einen jamaikanischen Staatsbürger, und sie und ihr Ehegatte beantragten bei den Behörden des Vereinigten Königreichs eine Aufenthaltserlaubnis nach Unionsrecht als Unionsbürgerin bzw. als Ehegatte einer Unionsbürgerin. Diese Anträge wurden zurückgewiesen. Der Supreme Court, bei dem Frau McCarthy ein Rechtsmittel gegen die sie betreffende Entscheidung einlegte, ersuchte den Gerichtshof um die Auslegung der Richtlinie 2004/38.

26.      Der Gerichtshof schloss, nachdem er die Vorlagefragen unter Einbeziehung von Art. 21 AEUV umformuliert hatte(12), zunächst logischerweise die Anwendung der Richtlinie 2004/38 auf eine Unionsbürgerin aus, die wie Frau McCarthy noch nie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sich stets im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, aufgehalten hatte(13).

27.      Sodann prüfte der Gerichtshof die Anwendbarkeit von Art. 21 AEUV und befasste sich im Anschluss an die Feststellung, dass der bloße Umstand, dass ein Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht habe, nicht einer rein internen Situation gleichgestellt werden könne, mit der Frage, ob zum einen nach dem in Randnr. 42 des Urteils Ruiz Zambrano aufgestellten Kriterium die in Rede stehende nationale Maßnahme bewirkte, dass Frau McCarthy der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihr der Unionsbürgerstatus verlieh, verwehrt wurde, oder ob zum anderen nach dem Kriterium, das sich aus den Urteilen Garcia Avello(14) und Grunkin und Paul(15) ergibt, diese Maßnahme bewirkte, dass die Ausübung ihres Rechts aus Art. 21 AEUV, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert wurde(16).

28.      Nach Ansicht des Gerichtshofs konnte die Nichtberücksichtigung der irischen Staatsangehörigkeit von Frau McCarthy im Vereinigten Königreich, deren Geltendmachung letztlich darauf abzielte, dort ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht für ihren einem Drittstaat angehörenden Ehegatten zu erlangen(17), nicht bewirken, dass Frau McCarthy „in ihrem Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten [oder] in irgendeinem anderen Recht, das ihr durch den Unionsbürgerstatus verliehen wird“, berührt wurde(18).

29.      Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der für die Rechtssache Ruiz Zambrano kennzeichnend war, veranlasste die Anwendung der in Rede stehenden nationalen Maßnahme – wie der Gerichtshof ausführt – Frau McCarthy insbesondere nicht dazu, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen, denn nach einem völkerrechtlichen Grundsatz stand ihr ein nicht an Bedingungen geknüpftes Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich zu, da sie die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besaß(19).

30.      Demzufolge entschied der Gerichtshof, dass die persönliche Situation von Frau McCarthy keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufwies, auf die das Unionsrecht abstellt, so dass Art. 21 AEUV auf sie nicht anwendbar war(20).

31.      In diesem Stadium ist es, unabhängig von gewissen Fragen, die die Ausführungen in den Urteilen Ruiz Zambrano und McCarthy aufwerfen mögen(21), bereits möglich, aus ihnen nützliche Erkenntnisse für die Beantwortung der ersten drei Vorlagefragen herzuleiten.

32.      Erstens findet die Richtlinie 2004/38 – wie in den Rechtssachen Ruiz Zambrano und McCarthy – keine Anwendung auf die fünf Sachverhalte, die dem Vorabentscheidungsersuchen zugrunde liegen, da keiner der betreffenden Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Dieser Auffassung ist im Übrigen auch das vorlegende Gericht(22).

33.      Zweitens ist dem Vorbringen der Regierungen, die beim Gerichtshof Erklärungen eingereicht haben, sowie der Kommission zu folgen, dass keiner der fünf Fälle durch die Gefahr einer Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte oder einer Behinderung der Ausübung des Rechts der betreffenden Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, gekennzeichnet zu sein scheint.

34.      Erstens besteht nämlich im Fall der Familie Dereci keine Gefahr, dass die Versagung des Aufenthaltstitels für Herrn Dereci durch die österreichischen Behörden dazu führen könnte, dass der Ehegattin und den drei minderjährigen Kindern von Herrn Dereci, die alle Unionsbürger sind, der Genuss eines der in Art. 20 Abs. 2 AEUV aufgeführten Rechte verwehrt werden könnte. Was insbesondere das in Art. 20 Abs. 2 Buchst. a AEUV genannte Recht betrifft, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, so verfügt Frau Dereci als österreichische Staatsangehörige weiterhin über ein Aufenthaltsrecht in Österreich und kann sich wirksam auf ihr Recht auf Freizügigkeit im Gebiet der Mitgliedstaaten berufen. Gleiches gilt für ihre Kinder, auch wenn sie dieses Recht aufgrund ihres Alters nicht unabhängig von ihrer Mutter ausüben können. Im Übrigen ergibt sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen, dass – im Gegensatz zu dem Sachverhalt, der dem Urteil Ruiz Zambrano zugrunde lag – keiner der vier Unionsbürger hinsichtlich seines Unterhalts auf Herrn Dereci, einen Drittstaatsangehörigen, angewiesen ist(23). Sollte Herrn Dereci kein Aufenthaltstitel erteilt werden und/oder sollte er in die Türkei ausgewiesen werden, wären daher weder seine Ehegattin noch seine Kinder – im Gegensatz zu den Kindern von Herrn Ruiz Zambrano – gezwungen, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen.

35.      Zweitens weisen die Fälle von Frau Heiml, einer Staatsangehörigen Sri Lankas, und Herrn Maduike, einem nigerianischen Staatsangehörigen, die beide mit Unionsbürgern verheiratet sind, eine gewisse Analogie zum Fall des Ehegatten von Frau McCarthy auf. Wie in der Rechtssache, in der das Urteil McCarthy ergangen ist, würde weder der Ehemann von Frau Heiml noch die Ehefrau von Herrn Maduike, die nach den Angaben des vorlegenden Gerichts beide einen festen Arbeitsplatz haben, das Hoheitsgebiet der Union verlassen müssen, wenn die österreichischen Behörden ihrem jeweiligen Ehegatten ein Aufenthaltsrecht in Österreich versagen sollten. Außerdem wäre diesen Unionsbürgern der Genuss der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, und insbesondere des Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht verwehrt.

36.      Drittens drängt sich das gleiche Ergebnis in Bezug auf Herrn Kokollari und Frau Stevic auf, die beide volljährige Kinder von Unionsbürgern sind. Insbesondere müsste weder die Mutter von Herrn Kokollari noch der Vater von Frau Stevic das Hoheitsgebiet der Union verlassen, wenn ihre volljährigen Kinder nicht in Österreich bleiben oder nach Österreich einreisen dürften, da diese Unionsbürger in wirtschaftlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht von ihren einem Drittstaat angehörenden volljährigen Kindern abhängig sind.

37.      Bei den vorstehenden Ausführungen handelt es sich letztlich um die schlichte Anwendung der in den Urteilen Ruiz Zambrano und McCarthy herangezogenen Kriterien. Sie beruhen auf dem Postulat, dass „der Kernbestand der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte“ im Sinne des Urteils Ruiz Zambrano nicht das in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in Art. 8 Abs. 1 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Familienlebens umfasst.

38.      Aus dem vom Gerichtshof in den beiden vorgenannten Urteilen vertretenen Standpunkt und insbesondere aus den Erwägungen im Urteil McCarthy ergibt sich nämlich, dass das Recht auf Achtung des Familienlebens für sich genommen nicht ausreicht, um den Fall eines Unionsbürgers, der von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hat und/oder dem gegebenenfalls nicht der tatsächliche Genuss eines der übrigen in Art. 20 Abs. 2 Buchst. b bis d AEUV aufgeführten Rechte(24) verwehrt wird, in den Anwendungsbereich des Unionsrechts einzubeziehen.

39.      Dieser Standpunkt erklärt sich weniger durch die Beachtung des Wortlauts von Art. 20 Abs. 2 AEUV, der eindeutig keine erschöpfende Aufzählung der den Unionsbürgern zustehenden Rechte enthält(25), als vielmehr durch das Bestreben, dass die Zuständigkeiten der Union und ihrer Organe weder in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Einwanderung eingreifen noch in die Zuständigkeiten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Bereich des Grundrechtsschutzes gemäß Art. 6 Abs. 1 EUV und Art. 51 Abs. 2 der Charta der Grundrechte(26).

40.      Was insbesondere das Familienleben betrifft, so erweist sich der Schutz, der ihm durch diese drei Rechtsordnungen – die innerstaatliche Rechtsordnung, die Rechtsordnung der Union und die Völkerrechtsordnung – gewährt wird, als komplementär. Hat ein Unionsbürger von einer der im AEUV vorgesehenen Freiheiten Gebrauch gemacht, so ist beim gegenwärtigen Stand somit das Recht auf Achtung des Familienlebens auf nationaler Ebene und auf der Ebene des Unionsrechts geschützt(27). Hat ein Unionsbürger von keiner dieser Freiheiten Gebrauch gemacht, so ist sein Schutz auf nationaler und auf völkerrechtlicher Ebene gewährleistet(28).

41.      Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass in den Ausgangsverfahren die Versagung eines Aufenthaltstitels und/oder die Ausweisungsbescheide, die sich gegen einen der Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren richten, dessen Elternteil, Kind oder Ehegatte einem Mitgliedstaat angehört, einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen könnten.

42.      Dies würde jedoch eine Verletzung von Verpflichtungen darstellen, die sich für die Republik Österreich aus der EMRK und nicht als Mitgliedstaat der Union ergeben. Für ihre Prüfung wären die nationalen Gerichte und gegebenenfalls der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zuständig(29).

43.      Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es infolge der schlichten Anwendung der Urteile Ruiz Zambrano und McCarthy auf die Ausgangsverfahren zu gewissen Ungereimtheiten kommt, die man als Klippen oder zumindest als Paradoxa ansehen könnte.

44.      Eine davon besteht darin, dass die betreffenden Unionsbürger, um tatsächlich in den Genuss eines Familienlebens im Hoheitsgebiet der Union kommen zu können, gezwungen sind, eine der im AEUV vorgesehenen Verkehrsfreiheiten wahrzunehmen. Ließen sich also Frau Dereci und ihre Kinder, der Ehegatte von Frau Heiml oder die Ehegattin von Herrn Maduike z. B. in Deutschland nieder oder erbrächten sie Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat, fiele ihre Situation in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, so dass sie – wie die Kommission einräumt – aller Wahrscheinlichkeit nach eine Familienzusammenführung mit ihren jeweiligen Angehörigen beanspruchen könnten(30). Diese Unionsbürger könnten im Anschluss daran auch in Begleitung ihrer nahen Angehörigen in ihren Herkunftsmitgliedstaat zurückkehren, unabhängig von der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Mitgliedstaat, da eine solche Situation nicht als rein interne Situation einzustufen wäre(31).

45.      Beschränkt man sich auf den Fall der Familie Dereci, wo wie in der Rechtssache Ruiz Zambrano minderjährige Kinder mit Unionsbürgerstatus involviert sind, könnte der Unionsbürgerstatus von Frau Dereci paradoxerweise als Umstand aufgefasst werden, der die Familienzusammenführung hemmt oder verzögert. Während nämlich im Anschluss an das Urteil Ruiz Zambrano die den Unionsbürgerstatus besitzenden Kinder der Ehegatten Zambrano, die beide Drittstaatsangehörige sind, sofort ihre Beziehungen zu beiden Elternteilen in dem Mitgliedstaat fortsetzen können, dessen Staatsbürgerschaft sie besitzen und in dessen Hoheitsgebiet sie sich aufhalten, ist das Familienleben der drei minderjährigen Kinder der Ehegatten Dereci dagegen de facto daran geknüpft, dass ihre Mutter eine der im AEUV vorgesehenen Verkehrsfreiheiten wahrnimmt, was wahrscheinlich bedeuten würde, dass sie sich in einen anderen Mitgliedstaat als Österreich begibt.

46.      Das bedeutet meines Erachtens allerdings nicht, dass die Tragweite des Urteils Ruiz Zambrano – wie von der österreichischen Regierung in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen – auf die Fälle zu beschränken ist, in denen minderjährige Kinder mit Unionsbürgerstatus hinsichtlich ihres Lebensunterhalts auf ihren Vater oder ihre Mutter angewiesen sind, die beide Drittstaatsangehörige sind.

47.      Daher liegt es, wiederum in Bezug auf die Familie Dereci, meines Erachtens nicht auf der Hand, dass die Antwort auf die erste Vorlagefrage identisch wäre, wenn bestimmte tatsächliche Umstände anders gelagert wären. Wäre Frau Dereci etwa, aus welchem Grund auch immer, arbeitsunfähig und könnte daher auch nicht für den Lebensunterhalt ihrer Kinder sorgen, wäre meines Erachtens die Gefahr groß, dass durch die Versagung eines Aufenthaltstitels für ihren Mann und erst recht durch dessen Ausweisung in die Türkei den Kindern des Ehepaars der tatsächliche Genuss des Kernbestands der mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte verwehrt würde, weil sie de facto gezwungen wären, das Hoheitsgebiet der Union zu verlassen. Denn wie sollte eine Mutter von drei minderjährigen Kindern, die über keine eigenen Mittel verfügt, ungeachtet des ihr aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zustehenden Aufenthaltsrechts in Österreich für den Lebensunterhalt ihrer Kinder sorgen, wenn sie arbeitsunfähig und daher auch nicht in der Lage ist, sich mit ihren Familienangehörigen dauerhaft in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen?

48.      In gleicher Weise könnte meines Erachtens die Versagung eines Aufenthaltstitels für einen Drittstaatsangehörigen, der sich in wirtschaftlicher und/oder rechtlicher, administrativer und emotionaler Hinsicht um einen seiner Elternteile kümmern muss, der Unionsbürger ist, Letzteren der Gefahr aussetzen, dass er seinen Unionsbürgerstatus nicht mehr in Anspruch nehmen kann und das Hoheitsgebiet der Union verlassen muss.

49.      Dies sind also die verschiedenen spezifischen Sachverhalte, mit denen sich der Gerichtshof im Zuge von Vorabentscheidungsersuchen zur Klärung der genauen Tragweite des Urteils Ruiz Zambrano zu befassen haben wird. Ich gebe zu, dass diese Situation unter dem Aspekt der Rechtssicherheit wenig zufriedenstellend ist. Die vorliegenden Rechtssachen, die weniger als drei Monate nach Verkündung des genannten Urteils eingegangen sind, haben den Vorteil, dass sie den Gerichtshof schnell vor die Aufgabe stellen, die Grenzen seiner im Entstehen begriffenen Rechtsprechung zu präzisieren(32). Die Antwort auf die erste Frage, wie sie im Wesentlichen in den Nrn. 33 bis 36 der vorliegenden Stellungnahme vorgeschlagen wird, wird die durch das Urteil Ruiz Zambrano entstandene Rechtsunsicherheit ebenfalls verringern. Sie wird allerdings nicht die gesamte Grauzone abdecken, die die Auswirkungen dieses Urteils hinsichtlich der Anwendung des Kriteriums der Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der einem Unionsbürger durch seinen Status verliehenen Rechte in einer Reihe von Sachverhalten umgibt, wie sie in den beiden vorstehenden Nummern der vorliegenden Stellungnahme angesprochen wurden.

50.      Im Licht dieser Ausführungen und beim gegenwärtigen Entwicklungsstand des Unionsrechts schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage wie folgt zu antworten: Art. 20 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nicht auf einen Unionsbürger anwendbar ist, der Ehegatte, Elternteil oder minderjähriges Kind eines Drittstaatsangehörigen ist, wenn dieser Unionsbürger noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit in den Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht und sich stets in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat, sofern die Situation dieses Unionsbürgers nicht von der Anwendung nationaler Maßnahmen begleitet ist, die bewirken, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der mit seinem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert wird.

51.      Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, eine Antwort auf die zweite und die dritte Frage des vorlegenden Gerichts vorzuschlagen.

B –    Zur vierten Vorlagefrage (Auslegung der im Rahmen des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Union und der Republik Türkei vorgesehenen Stillhalteklauseln)

52.      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob für den Fall, dass seine erste Frage verneint wird, die Stillhalteklauseln, die in Bezug auf die Freizügigkeit der türkischen Arbeitnehmer in Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats und in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit in Art. 41 des Zusatzprotokolls vorgesehen sind, es einem Mitgliedstaat verwehren, den erstmaligen Zuzug türkischer Staatsangehöriger strengeren nationalen Regeln zu unterwerfen, als sie zuvor für diesen Zuzug gegolten haben, obwohl die nationalen Vorschriften, die den erstmaligen Zuzug erleichtert hatten, erst nach dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt wurden, zu dem die genannten Artikel für den fraglichen Mitgliedstaat Wirksamkeit erlangt haben.

53.      Wie bereits ausgeführt, ist diese Frage nur im Fall von Herrn Dereci relevant, der türkischer Staatsangehöriger ist und nach den Angaben des vorlegenden Gerichts geltend macht, eine unselbständige oder selbständige Erwerbstätigkeit ausüben zu können, wenn ihm von den österreichischen Behörden eine Arbeitserlaubnis erteilt würde.

54.      Es steht fest, dass der Antrag von Herrn Dereci auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich eingebracht wurde, als das österreichische Gesetz von 1997 galt, nach dem Drittstaatsangehörige die Entscheidung über ihren Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Inland abwarten durften. Dieses Gesetz stellte eine Lockerung des Gesetzes vom 1. Juli 1993 dar, das zu dem Zeitpunkt galt, zu dem das Assoziierungsabkommen mit der Republik Türkei für Österreich Wirksamkeit erlangte.

55.      Fest steht zudem, dass nach den Vorschriften des NAG, die zum 1. Jänner 2006 in Kraft traten, das mit dem österreichischen Gesetz von 1997 eingeführte Recht von Drittstaatsangehörigen wie Herrn Dereci, die Entscheidung über ihren Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich abzuwarten, weggefallen ist.

56.      Aus den Akten ergibt sich ferner, dass der Aufenthalt von Herrn Dereci ab 1. Jänner 2006 unrechtmäßig geworden ist, weil bis zum 31. Dezember 2005 noch keine Entscheidung über seinen am 24. Juni 2004 nach dem österreichischen Gesetz von 1997 eingebrachten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ergangen war.

57.      Somit stellt sich die Frage, ob die in Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 und in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls vorgesehenen Stillhalteklauseln, soweit sie für den erstmaligen Zuzug eines türkischen Staatsangehörigen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gelten, dem vorlegenden Gericht gestatten würden, die nunmehr durch das NAG aufgestellte Pflicht eines solchen Drittstaatsangehörigen, während der Bearbeitung seines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in Österreich im Ausland zu verbleiben oder das österreichische Hoheitsgebiet zu verlassen, unangewandt zu lassen(33).

58.      In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin, dass nach Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 die Mitgliedstaaten und die Republik Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen.

59.      Nach Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls werden die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen.

60.      Es steht außer Zweifel, dass die streitigen Bestimmungen des NAG neue Beschränkungen im Sinne von Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 darstellen, soweit sie die Situation der türkischen Arbeitnehmer berühren, und im Sinne von Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, soweit sie türkische Staatsangehörige betreffen, die von der Niederlassungsfreiheit oder dem freien Dienstleistungsverkehr nach dem Assoziierungsabkommen Gebrauch machen wollen, denn sie wurden nach dem Inkrafttreten der genannten Artikel erlassen.

61.      Dem steht nicht entgegen, dass – wie das vorlegende Gericht hervorhebt – die Bestimmungen des NAG die für türkische Staatsangehörige geltenden Bedingungen nicht im Vergleich zu den Vorschriften verschlechterten, die in Österreich zu dem Zeitpunkt galten, zu dem Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 und Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls Wirksamkeit erlangten (d. h. den Vorschriften des Gesetzes vom 1. Juli 1993), sondern im Vergleich zu den günstigeren Vorschriften, die nach dem Wirksamwerden des Beschlusses Nr. 1/80 und des Zusatzprotokolls für Österreich erlassen wurden (d. h. den Vorschriften des Gesetzes von 1997).

62.      Zu diesem Ergebnis ist der Gerichtshof nämlich bereits in seinem Urteil Toprak und Oguz(34) gekommen, und es erscheint mir voll und ganz gerechtfertigt angesichts des Erfordernisses, dass sich die Mitgliedstaaten nach dem Wirksamwerden des Beschlusses Nr. 1/80 und des Zusatzprotokolls in ihrem Hoheitsgebiet nicht von dem Ziel entfernen, die schrittweise Verwirklichung der wirtschaftlichen Freiheiten für türkische Staatsangehörige in der Union u. a. nicht dadurch zu erschweren, dass sie Bestimmungen ändern, die sie zugunsten dieser Staatsangehörigen erlassen haben(35).

63.      Im Übrigen hat der Gerichtshof in Bezug auf Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls schon wiederholt entschieden, dass das darin vorgesehene Verbot neue Beschränkungen umfasst, die die materiell- und/oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige Aufnahme türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet des fraglichen Mitgliedstaats betreffen, in dem sie von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen wollen(36).

64.      Diese Bestimmung greift mithin nicht in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Regelung des Niederlassungsrechts ein(37). Nach Ansicht des Gerichtshofs stellt sie schlicht eine gleichsam verfahrensrechtliche Vorschrift dar, die in zeitlicher Hinsicht festlegt, nach welchen Bestimmungen der Regelung eines Mitgliedstaats die Situation eines türkischen Staatsangehörigen zu beurteilen ist, der in diesem Mitgliedstaat von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen will(38), unabhängig davon, ob er sich dort rechtmäßig oder unrechtmäßig aufhält(39).

65.      Zum letztgenannten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass sich in der Rechtssache Savas(40) der Betroffene auf die Stillhalteklausel in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls berufen hatte, nachdem er die nationalen Einwanderungsvorschriften verletzt hatte, indem er sich mehr als zehn Jahre unrechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgehalten hatte. Dieser Umstand veranlasste den Gerichtshof gleichwohl nicht dazu, ihm die Berufung auf die in dieser Bestimmung enthaltene verfahrensrechtliche Regelung zu verwehren.

66.      In gleicher Weise beriefen sich in der Rechtssache Tum und Dari zwei türkische Staatsangehörige, die sich unter Verstoß gegen einen nach der Ablehnung ihres Asylantrags ergangenen Ausweisungsbescheid in einem Mitgliedstaat aufgehalten hatten, auf die Stillhalteklausel in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls. Der Gerichtshof wies in seinem Urteil ausdrücklich das Argument zurück, dass sich ein türkischer Staatsangehöriger nur dann auf die Stillhalteklausel berufen dürfe, wenn er ordnungsgemäß in den Mitgliedstaat eingereist sei(41).

67.      Meines Erachtens könnte sich Herr Dereci, dessen Situation Parallelen zum Sachverhalt in der Rechtssache Tum und Dari aufweist, daher auf Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls berufen.

68.      Unter diesen Umständen braucht der Teil der vierten Frage, der die Auslegung von Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 betrifft, streng genommen nicht beantwortet zu werden, da diese Bestimmung nicht zusammen mit Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls angewandt werden kann(42).

69.      Insoweit ist gleichwohl festzustellen, dass mehrere Regierungen in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof betont haben, dass die in Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 vorgesehene Stillhalteklausel türkischen Staatsangehörigen, deren Aufenthalt nicht ordnungsgemäß sei, nicht zugutekomme. Diese Auslegung ergebe sich schon aus dem Wortlaut der genannten Bestimmung sowie aus Randnr. 84 des Urteils Abatay u. a.

70.      Folgte man dieser Argumentation, hätte dies zur Folge, dass die fragliche Klausel eine andere Tragweite hätte als die Vorschrift in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls.

71.      Eine solche Auslegung stünde im Widerspruch zu einer Strömung in der Rechtsprechung, die die Tragweite dieser beiden Stillhalteklauseln gleichsetzt(43) und aufgrund der der Gerichtshof auch – seiner Rechtsprechung zu Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls folgend –entschieden hat, dass Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 neue Beschränkungen der Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit einschließlich solcher verbietet, die die materiell- und/oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige Aufnahme im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats betreffen(44).

72.      Ohne dass diese Frage entschieden zu werden braucht, genügt der Hinweis, dass sich Herr Dereci – wie aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht und wie er und die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgebracht haben – bis zum 31. Dezember 2005 rechtmäßig im österreichischen Hoheitsgebiet aufgehalten hat und sein Aufenthalt erst ab 1. Jänner 2006 unrechtmäßig geworden ist, weil er entgegen den in Rede stehenden Vorschriften des NAG die Bearbeitung seines Antrags auf Familienzusammenführung in Österreich abgewartet hat. Meines Erachtens kann einem türkischen Staatsangehörigen, der sich auf Art. 13 des Beschlusses Nr.1/80 berufen möchte, nicht die Unrechtmäßigkeit seines Aufenthalts im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entgegengehalten werden, die sich aus der Anwendung von Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats ergeben soll, deren Vereinbarkeit mit dem ihm auferlegten Verbot des Erlasses neuer Beschränkungen im Sinne von Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 von einem nationalen Gericht gerade in Frage gestellt wird. Andernfalls würde die letztgenannte Bestimmung schlicht ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt.

73.      Aus diesen Gründen schlage ich vor, auf die vierte Frage des vorlegenden Gerichts wie folgt zu antworten: Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls und Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 sind dahin auszulegen, dass sie es im Fall eines türkischen Staatsangehörigen wie Herrn Dereci verwehren, den erstmaligen Zuzug eines solchen Staatsangehörigen strengeren nationalen Vorschriften zu unterwerfen, als sie zuvor für diesen Zuzug gegolten haben, obwohl die nationalen Vorschriften, die den erstmaligen Zuzug erleichtert hatten, erst nach dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt wurden, zu dem die genannten, die Assoziation mit der Republik Türkei betreffenden Artikel für den fraglichen Mitgliedstaat Wirksamkeit erlangt haben.

III – Ergebnis

74.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Verwaltungsgerichtshofs wie folgt zu antworten:

1.      Art. 20 AEUV ist dahin auszulegen, dass er nicht auf einen Unionsbürger anwendbar ist, der Ehegatte, Elternteil oder minderjähriges Kind eines Drittstaatsangehörigen ist, wenn dieser Unionsbürger noch nie von seinem Recht auf Freizügigkeit in den Mitgliedstaaten Gebrauch gemacht und sich stets in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufgehalten hat, sofern die Situation dieses Unionsbürgers nicht von der Anwendung nationaler Maßnahmen begleitet ist, die bewirken, dass ihm der tatsächliche Genuss des Kernbestands der mit seinem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte verwehrt oder die Ausübung seines Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, behindert wird.

2.      Art. 41 Abs. 1 des am 23. November 1970 unterzeichneten Zusatzprotokolls, das dem am 12. September 1963 in Ankara unterzeichneten Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei als Anhang beigefügt ist, und Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrats vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation sind dahin auszulegen, dass sie es im Fall eines türkischen Staatsangehörigen wie Herrn Dereci verwehren, den erstmaligen Zuzug eines solchen Staatsangehörigen strengeren nationalen Vorschriften zu unterwerfen, als sie zuvor für diesen Zuzug gegolten haben, obwohl die nationalen Vorschriften, die den erstmaligen Zuzug erleichtert hatten, erst nach dem Zeitpunkt in Kraft gesetzt wurden, zu dem die genannten, die Assoziation mit der Republik Türkei betreffenden Artikel für den fraglichen Mitgliedstaat Wirksamkeit erlangt haben.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Urteil vom 8. März 2011 (C‑34/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


3 – Urteil vom 5. Mai 2011 (C‑434/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


4 – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, berichtigt im ABl. L 229, S. 35).


5 – ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685.


6 –      ABl. L 293, S. 1.


7 –      Unterzeichnet am 23. November 1970 und dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei als Anhang beigefügt (ABl. 1972, L 293, S. 4).


8 – Nach der Rechtsprechung sind die Bestimmungen des AEUV über die Freizügigkeit und die zu ihrer Durchführung erlassenen Maßnahmen nicht auf Situationen anwendbar, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Unionsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. u. a. Urteile vom 1. April 2008, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon, C‑212/06, Slg. 2008, I‑1683, Randnr. 33, vom 25. Juli 2008, Metock u. a., C‑127/08, Slg. 2008, I‑6241, Randnr. 77, und McCarthy, Randnr. 45).


9 – Tenor des Urteils Ruiz Zambrano (Hervorhebung nur hier). Vgl. auch Randnr. 42 dieses Urteils, in der wiederum auf Randnr. 42 des Urteils vom 2. März 2010, Rottmann (C‑135/08, Slg. 2010, I‑1449), Bezug genommen wird, in der der Gerichtshof ausgeführt hat, dass es auf der Hand liegt, dass die Situation eines Unionsbürgers, gegen den wie gegen Herrn Rottmann eine Entscheidung der Behörden eines Mitgliedstaats über die Rücknahme seiner Einbürgerung ergangen ist, die ihn – nach dem Verlust der Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats, die er ursprünglich besessen hatte – in eine Lage versetzt, die zum Verlust des durch Art. 17 EG (jetzt Art. 20 AEUV) verliehenen Status und der damit verbundenen Rechte führen kann, ihrem Wesen und ihren Folgen nach unter das Unionsrecht fällt.


10 – Urteil Ruiz Zambrano (Randnr. 44).


11 – A. a. O. (Randnrn. 46, 47 und 55).


12 – Ebd. (Randnr. 26).


13 – Ebd. (Randnrn. 39 und 43).


14 – Urteil vom 2. Oktober 2003 (C‑148/02, Slg. 2003, I‑11613).


15 – Urteil vom 14. Oktober 2008 (C‑353/06, Slg. 2008, I‑7639).


16 – Urteil McCarthy (Randnrn. 49 bis 53).


17 – Siehe hierzu die Umdeutung des Antrags von Frau McCarthy in den Randnrn. 22 und 23 des Urteils McCarthy.


18 – Ebd. (Randnr. 49).


19 – Ebd. (Randnr. 50). Wie in Randnr. 29 des Urteils McCarthy ausgeführt wird, besagt der fragliche, durch Art. 3 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK bekräftigte völkerrechtliche Grundsatz, dass es einem Mitgliedstaat verwehrt ist, seine eigenen Staatsangehörigen auszuweisen oder es ihnen zu versagen, in sein Hoheitsgebiet einzureisen und sich dort aufzuhalten.


20 – Ebd. (Randnrn. 55 und 56).


21 – Zwei Punkte sollten erwähnt werden. Zum einen ist unklar, weshalb der Gerichtshof die diesen beiden Rechtssachen zugrunde liegenden Sachverhalte im Licht von Art. 20 AEUV bzw. Art. 21 AEUV prüfte. In diesem Zusammenhang ließe sich Art. 20 Abs. 2 AEUV als Aufzählung der den Unionsbürgern zustehenden Rechte auffassen, die in den Art. 21 AEUV bis 24 AEUV näher erläutert werden, so dass ihm eine größere Tragweite als dem in Art. 21 Abs. 1 AEUV vorgesehenen Recht, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, beizumessen wäre. Es ist jedoch nicht erkennbar, welches der in Art. 20 Abs. 2 Buchst. a bis d AEUV aufgeführten Rechte, abgesehen just von dem Recht der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, in den Rechtssachen Ruiz Zambrano und McCarthy eine Rolle spielen konnte. Zum anderen scheint die Tatsache, dass in den Gründen des Urteils McCarthy das Kriterium der „Behinderung der Ausübung des Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten“, das es ermöglicht, einen internen Sachverhalt mit dem Unionsrecht zu verknüpfen, dem im Urteil Ruiz Zambrano aufgestellten Kriterium der Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der durch den Unionsbürgerstatus verliehenen Rechte an die Seite gestellt wurde, letztlich in Bezug auf das einzige wirkliche Recht, das den Kindern Ruiz Zambrano potenziell verwehrt werden konnte, dieses Kriterium abzumildern. Wollte man daher das Urteil McCarthy auf einen konkreten Fall anwenden, könnte ein Unionsbürger, der noch nicht von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, wenn er keinen Beweis für eine Verwehrung des tatsächlichen Genusses des Rechts, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, erbringt, sondern nur das Vorliegen einer Behinderung der Ausübung dieser Freiheit nachweist. Das Urteil McCarthy scheint daher aus diesem Blickwinkel die im Urteil Ruiz Zambrano auferlegte Beweislast dafür, dass eine interne Situation in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen kann, zu erleichtern.


22 – Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch die Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251, S. 12) nicht auf die den Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Fälle anwendbar ist. Sie bezieht sich zwar auf die Familienzusammenführung von Drittstaatsangehörigen, findet aber nur unter der Voraussetzung Anwendung, dass sich Letztere rechtmäßig im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufhalten, und kommt daher – wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen hervorgehoben hat – nur Familienangehörigen dieser Drittstaatsangehörigen zugute, die keine Unionsbürger sind und ihnen in das betreffende Hoheitsgebiet nachziehen.


23 – In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat der Vertreter von Herrn Dereci vorgetragen, dass Letzterer gegenüber seinen Kindern unterhaltspflichtig sei. Dies lässt sich den Tatsachenfeststellungen des vorlegenden Gerichts jedoch nicht entnehmen.


24 – Nämlich das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei den Kommunalwahlen in dem Mitgliedstaat, in dem der Unionsbürger seinen Wohnsitz hat, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats, das Recht – im Hoheitsgebiet eines Drittlands, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit der Unionsbürger besitzt, nicht vertreten ist – auf Schutz durch die diplomatischen und konsularischen Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates und das Recht, Petitionen an das Europäische Parlament zu richten und sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden, sowie das Recht, sich in einer der Sprachen der Verträge an die Organe und die beratenden Einrichtungen der Union zu wenden und eine Antwort in derselben Sprache zu erhalten.


25 – In Art. 20 Abs. 2 Satz 2 AEUV heißt es nämlich, dass die Unionsbürger „unter anderem“ die in den Buchst. a bis d aufgeführten Rechte haben. Gemäß Art. 25 Abs. 2 AEUV scheint jedoch nur der Rat befugt zu sein, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig Bestimmungen „zur Ergänzung der in Artikel 20 Absatz 2 aufgeführten Rechte“ zu erlassen.


26 – Nach diesen Bestimmungen dehnt die Charta den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus aus. Sie begründet auch weder neue Zuständigkeiten oder Aufgaben für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.


27 – Vgl. hierzu insbesondere das Urteil vom 11. Juli 2002, Carpenter (C‑60/00, Slg. 2002, I‑6279, Randnr. 41), und das Urteil Metock u. a. (Randnr. 56) sowie die Bestimmungen der Richtlinie 2004/38.


28 – Vgl. Urteil Metock u. a. (Randnrn. 77 bis 79).


29 – Vgl. in diesem Sinne auch die Schlussanträge von Generalanwältin Kokott in der Rechtssache McCarthy (Nr. 60). Hierzu ist festzustellen, dass die österreichischen Rechtsvorschriften die nationalen Behörden zwar zu einer Abwägung zwischen den Gründen, aus denen einem Drittstaatsangehörigen die Erteilung eines Aufenthaltstitels verweigert wird, und dem Erfordernis der Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne von Art. 8 EMRK verpflichten, doch geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts nicht eindeutig hervor, dass in Bezug auf die Fälle von Herrn Kokollari und Herrn Maduike eine solche Abwägung vorgenommen wurde. Auch im Fall der Familie Dereci ist nicht sicher, ob die nationalen Behörden geprüft haben, dass die Versagung des Aufenthaltstitels, die zum Teil damit begründet wurde, dass die strengen Richtsätze der österreichischen Rechtsvorschriften zur erforderlichen Höhe des Familieneinkommens nicht eingehalten worden seien, in angemessenem Verhältnis zum Erfordernis der Achtung des Familienlebens steht. Wie bereits ausgeführt, ist es jedenfalls Sache der nationalen Gerichte, diese Prüfung vorzunehmen, gegebenenfalls unter der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.


30 – Vgl. die Implikationen der Urteile Carpenter und Metock u. a. sowie der Richtlinie 2004/38.


31 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2007, Eind (C‑291/05, Slg. 2007, I‑10719, Randnrn. 35 bis 37).


32 – Beim Gerichtshof sind derzeit noch weitere Rechtssachen anhängig, die die Auslegung von Art. 20 AEUV im Anschluss an das Urteil Ruiz Zambrano betreffen: vgl. die am 7. Juli 2011 eingegangenen Rechtssachen O und S (C‑356/11) sowie L (C‑357/11).


33 – Auch wenn dies unstreitig ist, möchte ich darauf hinweisen, dass sich türkische Staatsangehörige vor den innerstaatlichen Gerichten unmittelbar auf Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 und auf Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls berufen können, um die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften auszuschließen, die den in diesen Bestimmungen des Unionsrechts enthaltenen eindeutigen Stillhalteklauseln entgegenstehen; vgl. u. a. Urteil vom 21. Oktober 2003, Abatay u. a. (C‑317/01 und C‑369/01, Slg. 2003, I‑12301, Randnrn. 58 und 117).


34 – Urteil vom 9. Dezember 2010 (C‑300/09 und C‑301/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 54 und 60).


35 – Ebd. (Randnrn. 52 und 55).


36 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 20. September 2007, Tum und Dari (C‑16/05, Slg. 2007, I‑7415, Randnr. 69), vom 17. September 2009, Sahin (C‑242/06, Slg. 2009, I‑8465, Randnr. 64), und vom 29. April 2010, Kommission/Niederlande (C‑92/07, Slg. 2010, I‑3683, Randnr. 47).


37 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Februar 2009, Soysal und Savatli (C‑228/06, Slg. 2009, I‑1031, Randnr. 47), und vom 21. Juli 2011, Oguz (C‑186/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 26).


38 – Urteile Tum und Dari (Randnr. 55) und Oguz (Randnr. 28).


39 – Urteile Tum und Dari (Randnr. 59) und Oguz (Randnr. 33).


40 – Urteil vom 11. Mai 2000 (C‑37/98, Slg. 2000, I‑2927).


41 – A. a. O. (Randnrn. 59 und 64 bis 67).


42 – Vgl. Urteil Abatay u. a. (Randnr. 86).


43 – Vgl. insbesondere Urteil Toprak und Oguz (Randnr. 54).


44 – Vgl. Urteil Kommission/Niederlande (Randnr. 49). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil Toprak und Oguz (Randnr. 45).

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