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Document 62011CJ0487

    Urteil des Gerichtshofs (Zweite Kammer) vom 6. September 2012.
    Laimonis Treimanis gegen Valsts ieņēmumu dienests.
    Vorabentscheidungsersuchen des Administratīvā rajona tiesa.
    Verordnung (EWG) Nr. 918/83 – Art. 1 Abs. 2 Buchst. c, Art. 2 und Art. 7 Abs. 1 – Befreiung des Übersiedlungsguts von den Eingangsabgaben – Begriff ‚Waren, die für den Haushalt bestimmt sind‘ – In das Gebiet der Union eingeführter Personenkraftwagen – Fahrzeug, das von einem Familienangehörigen des Eigentümers, der die Einfuhr durchgeführt hat, genutzt wird.
    Rechtssache C‑487/11.

    Court reports – general

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2012:556

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

    6. September 2012 ( *1 )

    „Verordnung (EWG) Nr. 918/83 — Art. 1 Abs. 2 Buchst. c, Art. 2 und Art. 7 Abs. 1 — Befreiung des Übersiedlungsguts von den Eingangsabgaben — Begriff ‚Waren, die für den Haushalt bestimmt sind‘ — In das Gebiet der Union eingeführter Personenkraftwagen — Fahrzeug, das von einem Familienangehörigen des Eigentümers, der die Einfuhr durchgeführt hat, genutzt wird“

    In der Rechtssache C-487/11

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Administratīvā rajona tiesa (Lettland) mit Entscheidung vom 15. September 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 22. September 2011, in dem Verfahren

    Laimonis Treimanis

    gegen

    Valsts ieņēmumu dienests

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten der Sechsten Kammer U. Lõhmus in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer sowie der Richter A. Rosas, A. Ó Caoimh, A. Arabadjiev und C. G. Fernlund (Berichterstatter),

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    des Valsts ieņēmumu dienests, vertreten durch N. Jezdakova als Bevollmächtigte,

    der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kalniņš und D. Pelše als Bevollmächtigte,

    der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. De Stefano, avvocato dello Stato,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Bouyon und A. Sauka als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. L 105, S. 1, im Folgenden: Verordnung).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Treimanis und dem Valsts ieņēmumu dienests (lettische Steuerverwaltung, im Folgenden: VID) wegen der Eingangsabgaben für einen in das Gebiet der Europäischen Union eingeführten Personenkraftwagen.

    Rechtlicher Rahmen

    3

    Die drei ersten Erwägungsgründe der Verordnung sehen vor:

    „Abgesehen von besonderen Ausnahmen nach Maßgabe des Vertrags sind die Zölle des Gemeinsamen Zolltarifs auf alle Waren anwendbar, die in die [Union] eingeführt werden; dies gilt auch für die Abschöpfungen und alle anderen Abgaben bei der Einfuhr, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder im Rahmen der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden spezifischen Regelungen vorgesehen sind.

    Eine derartige Abgabenerhebung ist jedoch unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt, wenn zum Beispiel die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern.

    Es ist ratsam, für derartige Fälle – wie üblicherweise schon in den meisten Zollgesetzen verankert – vorzusehen, dass die Einfuhr nach einem Zollbefreiungsverfahren erfolgen kann, dem zufolge auf die Waren die normalerweise auf sie anwendbaren Eingangsabgaben nicht erhoben werden.“

    4

    Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung lautet:

    „Im Sinne dieser Verordnung gelten als

    c)

    ‚Übersiedlungsgut‘: Waren, die zum persönlichen Gebrauch der Beteiligten oder für ihren Haushalt bestimmt sind.

    Als Übersiedlungsgut gelten insbesondere:

    Hausrat,

    Fahrräder und Krafträder, private Personenkraftwagen und deren Anhänger, Camping-Anhänger, Wassersportfahrzeuge und Sportflugzeuge.

    Als Übersiedlungsgut gelten ferner auch die Haushaltsvorräte in den von einer Familie üblicherweise als Vorrat gehaltenen Mengen, Haustiere, Reittiere sowie tragbare Instrumente für handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeiten, die der Beteiligte zur Ausübung seines Berufs benötigt. Das Übersiedlungsgut darf seiner Art und Menge nach keinen kommerziellen Zweck erkennen lassen“.

    5

    Art. 2 der Verordnung lautet:

    „Von den Eingangsabgaben befreit ist vorbehaltlich der Artikel 3 bis 10 das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der [Union] verlegen.“

    6

    Art. 3 der Verordnung bestimmt:

    „Die Befreiung gilt nur für Übersiedlungsgut, das

    a)

    außer in umständehalber gerechtfertigten Sonderfällen dem Beteiligten gehört und, falls es sich um nicht verbrauchbare Waren handelt, von ihm an seinem früheren gewöhnlichen Wohnsitz mindestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt der Aufgabe seines gewöhnlichen Wohnsitzes in dem Herkunfts-Drittland benutzt worden ist;

    b)

    am neuen gewöhnlichen Wohnsitz zu den gleichen Zwecken benutzt werden soll.

    Die Mitgliedstaaten können die Befreiung ferner davon abhängig machen, dass die normalerweise auf diese Gegenstände anwendbaren Zölle und/oder Steuern im Ursprungs- oder Herkunftsland entrichtet worden sind.“

    7

    Art. 7 der Verordnung sieht vor:

    „(1)   Vor Ablauf einer Frist von zwölf Monaten nach Annahme des Antrags auf Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr darf das unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführte Übersiedlungsgut ohne vorherige Unterrichtung der zuständigen Behörden weder verliehen, verpfändet, vermietet, veräußert noch überlassen werden.

    (2)   Bei Verleih, Verpfändung, Vermietung, Veräußerung oder Überlassung vor Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist werden die Eingangsabgaben auf die betreffenden Waren nach den zum Zeitpunkt des Verleihs, der Verpfändung, der Vermietung, der Veräußerung oder Überlassung geltenden Sätzen und nach der Beschaffenheit und dem Zollwert erhoben, die von den zuständigen Behörden zu diesem Zeitpunkt festgestellt oder anerkannt werden.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

    8

    Herr Treimanis lebte mit seinem Sohn in den Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden: USA). Im Jahr 2007 beschlossen sie, nach Lettland in eine Wohnung zu ziehen, deren Eigentümer Herr Treimanis ist. Am 19. März 2007 führte dieser einen in seinem Eigentum stehenden Personenkraftwagen unter Befreiung von den Eingangsabgaben gemäß Art. 2 der Verordnung ein. Im am selben Tag ausgestellten Fahrzeugschein ist Herr Treimanis als Eigentümer dieses Fahrzeugs, sein Sohn jedoch als Halter desselben angegeben.

    9

    Am 17. Dezember 2007 erließ die regionale Zollbehörde Riga des VID einen Bescheid, mit dem Herr Treimanis aufgefordert wurde, 2257,64 LVL an Eingangsabgaben, an Mehrwertsteuer und an Geldbuße zu zahlen. Dieser Bescheid wurde durch einen Bescheid des Direktors des VID vom 9. Mai 2008 bestätigt. Dieser war der Auffassung, dass Herr Treimanis Art. 7 der Verordnung nicht beachtet habe, weil der fragliche Personenkraftwagen nicht als für den aus Herrn Treimanis und seinem Sohn bestehenden Haushalt bestimmt angesehen werden könne. Denn nach den Angaben des Einwohnermelderegisters habe sein Sohn seinen Wohnsitz in Riga, studiere in Tallin (Estland), arbeite nicht, und sein Unterhalt werde von seinem Vater bestritten. Der registrierte Wohnsitz von Herrn Treimanis liege aber noch immer in den USA, wo er seit Herbst 2007 lebe. Angesichts dieser Umstände gelangte der Direktor des VID zu dem Ergebnis, dass Herr Treimanis und sein Sohn nicht zusammenlebten und dass bei dem Fahrzeug nicht davon ausgegangen werden könne, dass es als für den Haushalt bestimmt eingeführt worden sei.

    10

    Herr Treimanis erhob beim Administratīvā rajona tiesa Klage auf Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2008. Er machte geltend, der Direktor des VID habe den Inhalt des Begriffs „Haushalt“, der eine gemeinschaftliche Führung des Haushalts bedeute und die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren Kindern umfasse, rechtsfehlerhaft eingeschränkt. Außerdem machte er geltend, dass zwischen ihm und seinem Sohn kein Leihvertrag bestehe, sondern ein bloßes Vertretungsverhältnis, da sein Sohn berechtigt sei, im Interesse des Vaters zu handeln, und der Personenkraftwagen nicht dazu bestimmt sei, die Bedürfnisse seines Sohnes zu befriedigen. Die Beziehungen, die er zu seinem Sohn unterhalte, seien daher im familiären Bereich zu bewerten.

    11

    Der Direktor des VID bestätigte, dass Herr Treimanis dieses Fahrzeug seinem Sohn im Rahmen einer „Leihe“ überlassen habe und dieser daher im Fahrzeugschein als Halter des Fahrzeugs ausgewiesen sei.

    12

    Da das Administratīvā rajona tiesa Zweifel hegt, ob der eingeführte Personenkraftwagen aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles als Übersiedlungsgut, das für den Haushalt von Herrn Treimanis und seinem Sohn bestimmt ist, oder als Gegenstand einer Leihe im Sinne von Art. 7 der Verordnung anzusehen ist, hat es beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Untersagt es Art. 7 Abs. 1 der Verordnung dem Eigentümer eines privaten, von einem Drittstaat aus in das Gebiet der Europäischen Union eingeführten Personenkraftwagens, diesen einem Angehörigen seiner Familie zum unentgeltlichen Gebrauch zu überlassen, der seinen Wohnsitz tatsächlich aus dem Drittstaat in die Europäische Union verlegt hat und mit dem zusammen der Eigentümer des Personenkraftwagens vor dessen Einfuhr in die Europäische Union in dem Drittstaat einen Haushalt gebildet hatte, wenn sich der Eigentümer des Personenkraftwagens seit der Einfuhr des Personenkraftwagens in die Europäische Union überwiegend in dem Drittstaat aufhält?

    Zur Vorlagefrage

    13

    Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 2 und 7 Abs. 1 der Verordnung dahin auszulegen sind, dass der Eigentümer eines privat genutzten Personenkraftwagens, der seinen „gewöhnlichen Wohnsitz“ von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat der Union verlegt hat und der dieses Fahrzeug aus dem Drittstaat in diesen Mitgliedstaat eingeführt hat, eine Befreiung von den Eingangsabgaben beanspruchen kann, wenn das Fahrzeug im Gebiet der Union von einem Angehörigen seiner Familie unentgeltlich genutzt wird, mit dem er in dem Drittstaat in einem gemeinsamen Haushalt zusammengelebt hatte, dieser Eigentümer sich aber nach der fraglichen Einfuhr weiterhin überwiegend in dem Drittstaat aufhält.

    14

    Zur Beantwortung dieser Frage ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der fragliche Personenkraftwagen die Voraussetzungen erfüllt, um von den Einfuhrabgaben befreit werden zu können, und in einem zweiten, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die Vergünstigung der Befreiung von den Eingangsabgaben verlorengeht, so dass die Abgaben zu erheben sind.

    15

    Was erstens die von Abgaben befreite Einfuhr angeht, so stellt die Verordnung Voraussetzungen in Bezug auf den Einführer und die Natur der eingeführten Ware auf.

    16

    Hinsichtlich des Einführers sieht Art. 2 der Verordnung vor, dass das Übersiedlungsgut, um von den Eingangsabgaben befreit zu werden, von einer natürlichen Person eingeführt werden muss, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Union verlegt.

    17

    Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Eigentümer des fraglichen Personenkraftwagens seinen gewöhnlichen Wohnsitz tatsächlich nach Lettland verlegt hat. Der Vorlageentscheidung lässt sich nämlich nicht entnehmen, ob Herr Treimanis tatsächlich in Lettland lebt oder ob er sich dort häufig aufhält. In Randnr. 8 der Vorlageentscheidung heißt es nämlich einerseits, dass Herr Treimanis im Jahr 2007 mit seinem Sohn nach Lettland gezogen sei, und andererseits, dass sich sein registrierter Wohnsitz noch immer in den USA befinde, wo er sich beim Erlass des Bescheids vom 9. Mai 2008 überwiegend aufgehalten habe.

    18

    Sollte das vorlegende Gericht zu der Ansicht gelangen, dass Herr Treimanis nicht im Sinne von Art. 2 der Verordnung seinen „gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der [Union]“ verlegt hat, müsste es hieraus den Schluss ziehen, dass der betreffende Personenkraftwagen nicht unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführt werden konnte. Im umgekehrten Fall wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen hinsichtlich der Natur der eingeführten Ware erfüllt sind.

    19

    Hinsichtlich der Natur der unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführten Ware führt Art. 2 der Verordnung aus, dass es sich um ein Übersiedlungsgut handeln muss. Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung definiert Übersiedlungsgut als „Waren, die zum persönlichen Gebrauch der Beteiligten oder für ihren Haushalt bestimmt sind“. Diese Bestimmung stellt klar, dass private Personenkraftwagen in diese Kategorie fallen.

    20

    Im Ausgangsverfahren steht fest, dass der eingeführte Personenkraftwagen vom Sohn des Einführers genutzt wird, woraus folgt, dass dieses Fahrzeug nicht als zum persönlichen Gebrauch des Einführers bestimmt angesehen werden kann.

    21

    Somit ist zu prüfen, ob ein Personenkraftwagen wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende, der von seinem Eigentümer eingeführt wurde, aber von dessen Sohn genutzt wird, im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c als „Ware, die … für [den] Haushalt bestimmt ist“, angesehen werden kann.

    22

    Art. 1 der Verordnung enthält keine Definition, was unter einer „Ware, die für [den] Haushalt bestimmt ist“, zu verstehen ist. Hierzu ergibt sich sowohl aus dem Erfordernis der einheitlichen Anwendung des Unionsrechts als auch aus den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union autonom und einheitlich auszulegen sind (Urteile vom 18. Januar 1984, Ekro, 327/82, Slg. 1984, 107, Randnr. 11, vom 19. September 2000, Linster, C-287/98, Slg. 2000, I-6917, Randnr. 43, und vom 17. März 2005, Feron, C-170/03, Slg. 2005, I-2299, Randnr. 26).

    23

    Somit ist der in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung enthaltene Begriff „Ware, die für [den] Haushalt bestimmt ist“, autonom auszulegen.

    24

    Für diese Auslegung ist auf die vom Unionsgesetzgeber beim Erlass der Verordnung verfolgten Ziele hinzuweisen. Diese bestehen darin, zum einen die Übersiedlung in den jeweiligen Mitgliedstaat zu erleichtern und zum anderen die Arbeit der Zollbehörden der Mitgliedstaaten zu vereinfachen.

    25

    Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung heißt es, dass die Erhebung von Einfuhrabgaben auf Waren „unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt [ist], wenn zum Beispiel die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern“.

    26

    Auch nach der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. 1980, C 72, S. 20) „sollte … deutlich hervorgehoben werden, dass es sich hier um Probleme handelt, die in das Leben der einzelnen Bürger und Familien hineinspielen, und dass die Vorschriften demgemäß nicht eng gehandhabt werden sollten. Überdies könnten die unter die Zollbefreiung fallenden Güter aufgrund der Bedingungen, zu denen sie importiert werden, keine wirkliche Konkurrenz für vergleichbare gemeinschaftliche Waren darstellen bzw. das Steueraufkommen der Staaten schmälern.“

    27

    Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, dass nach den einschlägigen Bestimmungen der Verordnung als Einfuhren ohne kommerziellen Charakter solche Einfuhren gelten, die sich ausschließlich aus Waren zusammensetzen, die zum persönlichen Ge- oder Verbrauch von Reisenden oder den Angehörigen ihres Haushalts bestimmt sind (Urteil vom 4. Juni 2002, Lyckeskog, C-99/00, Slg. 2002, I-4839, Randnr. 25). Daneben ist nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung vor allem wesentlich, dass dieses Übersiedlungsgut seiner Art und Menge nach keinen kommerziellen Zweck erkennen lässt (Urteil Feron, Randnr. 20).

    28

    Zudem wären die Ziele der Verordnung schwerer zu erreichen, wenn das Übersiedlungsgut, das nicht zu kommerziellen Zwecken eingeführt wird, bei der Einfuhr mit Abgaben belastet würde, wie Generalanwalt Poiares Maduro in Nr. 74 seiner Schlussanträge in der Rechtssache Feron ausgeführt hat.

    29

    Folglich können Einfuhrwaren von den Abgaben befreit werden, wenn ihre Nutzung in einem engen Zusammenhang mit dem Privatleben der Beteiligten und ihrer Familien steht und außerhalb kommerzieller Erwägungen erfolgt. Der Begriff „Ware, die für [den] Haushalt bestimmt ist“, ist im Licht dieser Erwägungen auszulegen.

    30

    Da sich aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung ergibt, dass ein privater Personenkraftwagen ein Übersiedlungsgut ist, ist festzustellen, ob ein solches Fahrzeug, wenn es von einem Familienangehörigen des Einführers genutzt wird, als Ware qualifiziert werden kann, die für dessen Haushalt bestimmt ist.

    31

    Nach den in den Randnrn. 24 bis 29 des vorliegenden Urteils dargestellten Grundsätzen kann die Nutzung eines solchen Übersiedlungsguts durch einen Familienangehörigen des Einführers offensichtlich nicht als kommerziellen Zwecken dienend angesehen werden.

    32

    Es bedarf jedoch der Präzisierung, was der Begriff „Familienangehöriger“ des Einführers umfasst.

    33

    Insoweit weist die Kommission darauf hin, dass Art. 1 Buchst. f Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 307/1999 des Rates vom 8. Februar 1999 (ABl. L 38, S. 1), den „Familienangehörigen“ definiert als: „jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen Leistungen gewährt werden … als Familienangehöriger bestimmt, anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet ist; wird nach diesen Rechtsvorschriften eine solche Person jedoch nur dann als Familienangehöriger oder Haushaltsangehöriger angesehen, wenn sie mit dem Arbeitnehmer in häuslicher Gemeinschaft lebt, so gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn der Unterhalt dieser Person überwiegend von dem Arbeitnehmer bestritten wird …“.

    34

    Ferner definiert Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77) als „Familienangehörigen“ u. a. „die Verwandten in gerader absteigender Linie …, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen … Unterhalt gewährt wird“.

    35

    Im Licht dieser Bestimmungen und für die Zwecke der Definition der „Ware, die für [den] Haushalt bestimmt ist“, kann, wenn eine Person eine Ware eingeführt hat, der Familienangehörige dieser Person, der diese Ware nutzt, durchaus als Person definiert werden, die mit dem Einführer in häuslicher Gemeinschaft lebt oder deren Unterhalt überwiegend von diesem bestritten wird.

    36

    Aus alledem ergibt sich, dass ein privat genutzter Personenkraftwagen, wenn er von einem Familienangehörigen des Einführers genutzt wird, d. h. von einer Person, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder deren Unterhalt überwiegend von ihm bestritten wird, als „Ware, die für [den] Haushalt bestimmt ist“, im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung qualifiziert werden kann. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob im Ausgangsverfahren der Familienangehörige des Einführers die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt.

    37

    Was zweitens die Frage betrifft, ob die Nutzung eines privaten Personenkraftwagens wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nach Art. 7 der Verordnung zum Verlust der Vergünstigung der Befreiung von den Eingangsabgaben führen kann, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung mit dem Verlust dieser Vergünstigung Vorgänge sanktionieren soll, die zur Folge haben, dass das Übersiedlungsgut nicht mehr von seinem Eigentümer genutzt wird, weil es innerhalb einer Frist von zwölf Monaten nach seiner Einfuhr verliehen, verpfändet, vermietet, veräußert oder überlassen worden ist. Da das eingeführte Übersiedlungsgut nicht mehr zum persönlichen Gebrauch des Einführers oder für seinen Haushalt genutzt wird, kann ihm nicht mehr die mit dieser Nutzung verbundene Abgabenbefreiung zugutekommen.

    38

    Die in Art. 7 Abs. 1 geregelte Situation unterscheidet sich von der des Ausgangsverfahrens, in der das betreffende Übersiedlungsgut von einem Familienangehörigen des Einführers unter den in Randnr. 36 des vorliegenden Urteils dargelegten Voraussetzungen für den Haushalt genutzt wird, da in der letztgenannten Situation der betreffende Einführer auf die Nutzung seines Übersiedlungsguts für den Haushalt nicht verzichtet hat, unbeschadet der rechtlichen Qualifizierung der Überlassung dieses Übersiedlungsguts zugunsten des Familienangehörigen des Einführers. Wird ein privater Personenkraftwagen, der unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführt worden ist, von einem Familienangehörigen des Einführers, d. h. von einer Person, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder deren Unterhalt überwiegend von ihm bestritten wird, genutzt, geht daher die Vergünstigung der Befreiung durch diese Nutzung nicht verloren.

    39

    Nach alledem ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Art. 2 und 7 Abs. 1 der Verordnung dahin auszulegen sind, dass ein privater Personenkraftwagen, der aus einem Drittstaat in das Zollgebiet der Union eingeführt wird, unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführt werden kann, sofern der Einführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz tatsächlich in das Zollgebiet der Union verlegt hat, was das nationale Gericht zu prüfen hat. Der Personenkraftwagen, der von einem Familienangehörigen dieses Einführers, d. h. einer Person, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder deren Unterhalt überwiegend von ihm bestritten wird, was das nationale Gericht zu prüfen hat, unentgeltlich genutzt wird, wird als für den Haushalt des Einführers bestimmt angesehen, und diese Nutzung führt nicht zum Verlust der Vergünstigung der Befreiung.

    Kosten

    40

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

     

    Die Art. 2 und 7 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen sind dahin auszulegen, dass ein privater Personenkraftwagen, der aus einem Drittstaat in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt wird, unter Befreiung von den Eingangsabgaben eingeführt werden kann, sofern der Einführer seinen gewöhnlichen Wohnsitz tatsächlich in das Zollgebiet der Europäischen Union verlegt hat, was das nationale Gericht zu prüfen hat. Der Personenkraftwagen, der von einem Familienangehörigen dieses Einführers, d. h. einer Person, die mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebt oder deren Unterhalt überwiegend von ihm bestritten wird, was das nationale Gericht zu prüfen hat, unentgeltlich genutzt wird, wird als für den Haushalt des Einführers bestimmt angesehen, und diese Nutzung führt nicht zum Verlust der Vergünstigung der Befreiung.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.

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