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Document 62011CJ0394

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 31. Januar 2013.
Valeri Hariev Belov gegen CHEZ Elektro Balgaria AD u. a.
Vorabentscheidungsersuchen der Komisia za zashtita ot diskriminatsia.
Vorabentscheidungsersuchen – Art. 267 AEUV – Begriff ‚nationales Gericht‘ – Unzuständigkeit des Gerichtshofs.
Rechtssache C‑394/11.

Court reports – general

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2013:48

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

31. Januar 2013 ( *1 )

„Vorabentscheidungsersuchen — Art. 267 AEUV — Begriff ‚nationales Gericht‘ — Unzuständigkeit des Gerichtshofs“

In der Rechtssache C-394/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Komisia za zashtita ot diskriminatsia (Bulgarien) mit Entscheidung vom 19. Juli 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juli 2011, in dem Verfahren

Valeri Hariev Belov

gegen

CHEZ Elektro Balgaria AD,

Lidia Georgieva Dimitrova,

Roselina Dimitrova Kostova,

Kremena Stoyanova Stoyanova,

CHEZ Razpredelenie Balgaria AD,

Ivan Kovarzhchik,

Atanas Antonov Dandarov,

Irzhi Postolka,

Vladimir Marek,

Darzhavna Komisia po energiyno i vodno regulirane

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters L. Bay Larsen in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, des Richters J.-C. Bonichot, der Richterinnen C. Toader und A. Prechal (Berichterstatterin) sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von Herrn Belov, vertreten durch G. Chernicherska, advokat,

der CHEZ Elektro Balgaria AD und CHEZ Razpredelenie Balgaria AD, vertreten durch A. Ganev und V. Bozhilov, advokati,

der bulgarischen Regierung, vertreten durch T. Ivanov und D. Drambozova als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und D. Roussanov als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 20. September 2012

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 und 3, Art. 3 Abs. 1 Buchst. h und Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22), von Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. L 176, S. 37), des 29. Erwägungsgrundes und von Art. 1 und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/EWG des Rates (ABl. L 114, S. 64), von Art. 3 Abs. 7 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54 (ABl. L 211, S. 55) und von Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens, in dem zum einen festgestellt werden soll, ob die Maßnahme, in zwei überwiegend von Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma bewohnten Stadtbezirken der Stadt Montana (Bulgarien) Zähler zur Messung des Elektrizitätsverbrauchs in einer Höhe von sieben Meter an Masten außerhalb der versorgten Wohnungen anzubringen, eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft darstellt, und zum anderen für den Fall der Bejahung einer Diskriminierung beantragt wird, deren Beendigung anzuordnen und ihren Urhebern gegebenenfalls Geldbußen aufzuerlegen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Art. 2 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2000/43 bestimmt:

„(2)   Im Sinne von Absatz 1

a)

liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)

liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3)   Unerwünschte Verhaltensweisen, die im Zusammenhang mit der Rasse oder der ethnischen Herkunft einer Person stehen und bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird, sind Belästigungen, die als Diskriminierung im Sinne von Absatz 1 gelten. In diesem Zusammenhang können die Mitgliedstaaten den Begriff ‚Belästigung‘ im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten definieren.“

4

In Art. 3 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2000/43 heißt es:

„Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf:

h)

den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.“

5

Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass immer dann, wenn Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten und bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.“

6

Art. 13 der Richtlinie 2000/43 lautet:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat bezeichnet eine oder mehrere Stellen, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern. Diese Stellen können Teil einer Einrichtung sein, die auf nationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte oder der Rechte des Einzelnen zuständig ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es zu den Zuständigkeiten dieser Stellen gehört,

unbeschadet der Rechte der Opfer und der Verbände, der Organisationen oder anderer juristischer Personen nach Artikel 7 Absatz 2 die Opfer von Diskriminierungen auf unabhängige Weise dabei zu unterstützen, ihrer Beschwerde wegen Diskriminierung nachzugehen;

unabhängige Untersuchungen zum Thema der Diskriminierung durchzuführen;

unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspekten vorzulegen, die mit diesen Diskriminierungen in Zusammenhang stehen.“

Bulgarisches Recht

7

Art. 4 des Zakon za zashtita ot diskriminatsia (Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung, im Folgenden: ZZD) bestimmt:

„(1)   Verboten ist jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund … der ethnischen Zugehörigkeit …

(2)   Eine unmittelbare Diskriminierung liegt immer dann vor, wenn eine Person aufgrund von Eigenschaften nach Abs. 1 weniger günstig behandelt wird, als eine andere Person unter vergleichbaren oder ähnlichen Umständen behandelt wird, behandelt wurde oder behandelt würde.

(3)   Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund von Eigenschaften nach Abs. 1 durch dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren in eine im Vergleich zu anderen Personen weniger günstige Lage versetzt wird, es sei denn, diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind im Hinblick auf ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich.“

8

Nach Art. 9 ZZD „[obliegt in] einem Verfahren zum Schutz vor Diskriminierung, wenn die Partei, die geltend macht, Opfer einer Diskriminierung zu sein, Tatsachen beweist, die den Schluss auf das Vorliegen einer Diskriminierung zulassen, dem Beklagten der Nachweis, dass das Recht auf Gleichbehandlung nicht verletzt ist“.

9

Nach Art. 37 ZZD ist es „nicht zulässig, aufgrund von Eigenschaften nach Art. 4 Abs. 1 die Lieferung von Gegenständen oder die Erbringung von Dienstleistungen zu verweigern oder Gegenstände bzw. Dienstleistungen in minderer Qualität oder zu ungünstigeren Bedingungen zu liefern bzw. zu erbringen“.

10

§ 1 Nr. 7 der Ergänzungsvorschriften zum ZZD definiert die „weniger günstige Behandlung“ als „jeder Akt, jede Handlung und jede Unterlassung, die Rechte oder rechtmäßige Interessen unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt“.

11

Der ZZD enthält darüber hinaus eine Reihe von Vorschriften über die Komisia za zashtita ot diskriminatsia (Kommission für den Schutz vor Diskriminierung, im Folgenden: KZD), in denen insbesondere die Zusammensetzung, die Aufgaben und die Arbeitsweise dieser Einrichtung näher ausgeführt sind.

12

Art. 47 ZZD sieht in diesem Zusammenhang vor:

„Die [KZD]

1.

stellt Verstöße gegen dieses oder andere die Gleichbehandlung regelnde Gesetze, den Urheber des Verstoßes und die betroffene Person fest;

2.

ordnet die Verhinderung oder die Beendigung des Verstoßes und die Wiederherstellung der ursprünglichen Lage an;

3.

erlegt die vorgesehenen Sanktionen auf und ergreift Verwaltungszwangsmaßnahmen;

4.

erteilt verbindliche Anweisungen in Bezug auf die Einhaltung dieses oder anderer die Gleichbehandlung regelnder Gesetze;

5.

ficht Verwaltungsakte an, die unter Verstoß gegen dieses oder andere die Gleichbehandlung regelnde Gesetze ergangen sind, erhebt Klagen bei Gericht und tritt Verfahren bei, die nach diesem oder anderen die Gleichbehandlung regelnden Gesetzen durchgeführt werden;

6.

unterbreitet staatlichen und kommunalen Stellen Vorschläge und Empfehlungen zur Beendigung diskriminierender Praktiken und zur Aufhebung von Akten dieser Stellen, die unter Verstoß gegen dieses oder andere die Gleichbehandlung regelnde Gesetze ergangen sind;

7.

führt ein öffentliches Register der von ihr erlassenen, bestandskräftig gewordenen Entscheidungen sowie der von ihr erteilten verbindlichen Anweisungen;

8.

erteilt Gutachten zu Entwürfen normativer Akte im Hinblick auf deren Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Bestimmungen zur Verhinderung von Diskriminierung sowie Empfehlungen im Hinblick auf den Erlass, die Aufhebung, die Änderung und die Ergänzung normativer Akte;

9.

unterstützt die Opfer einer Diskriminierung bei Rechtsbehelfen wegen Diskriminierung in unabhängiger Weise;

10.

führt unabhängige Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durch;

11.

veröffentlicht unabhängige Berichte und erteilt Empfehlungen zu allen Aspekten, die mit dem Thema Diskriminierung in Zusammenhang stehen;

12.

nimmt weitere in der Regelung über ihren Aufbau und ihre Tätigkeit vorgesehene Zuständigkeiten wahr.“

13

Art. 48 ZZD bestimmt:

„(1)   Die [KZD] prüft und entscheidet die bei ihr anhängigen Sachen in den Kammerbesetzungen, die von ihrem Präsidenten festgelegt werden.

(2)   Der Präsident der [KZD] legt die ständigen Kammern fest, die hinsichtlich der Diskriminierung

1.

aufgrund der ethnischen Herkunft und der Rasse,

2.

aufgrund des Geschlechts,

3.

aufgrund anderer in Art. 4 Abs. 1 genannter Eigenschaften

spezialisiert sind.

…“

14

Art. 50 ZZD lautet:

„Das Verfahren vor der [KZD] wird eingeleitet

1.

durch eine Beschwerde der betroffenen Personen,

2.

auf Initiative der [KZD],

3.

durch Anzeigen natürlicher und juristischer Personen sowie staatlicher und kommunaler Stellen.“

15

Art. 54 ZZD lautet:

„Nach Einleitung des Verfahrens weist der Präsident der [KZD] die Sache einer Kammer zu, die unter ihren Mitgliedern einen Berichterstatter bestimmt.“

16

Art. 55 ZZD sieht vor:

„(1)   Der Berichterstatter leitet ein Untersuchungsverfahren ein, in dem schriftliche, zu einer umfassenden und allseitigen Aufklärung der Umstände erforderliche Beweise zusammengetragen werden, und zieht hierfür Bedienstete und externe Gutachter heran.

(2)   Jede Person sowie jede staatliche und lokale Stelle kooperiert während der Untersuchung mit der [KZD] und ist verpflichtet, die verlangten Auskünfte und Unterlagen beizubringen sowie die erforderlichen Erklärungen zu geben.

…“

17

Art. 65 ZZD bestimmt:

„In ihrer Entscheidung

1.

bezeichnet die Kammer den begangenen Verstoß;

2.

bezeichnet sie den Urheber des Verstoßes und die betroffene Person;

3.

bestimmt sie Art und Umfang der Sanktion;

4.

ordnet sie Verwaltungszwangsmaßnahmen an;

5.

stellt sie fest, dass kein Verstoß gegen das Gesetz begangen wurde und weist die Beschwerde zurück.“

18

Art. 68 Abs. 1 ZZD lautet:

„Die Entscheidungen der [KZD] können nach dem Administrativnoprotsesualen kodeks [Verwaltungsverfahrensordnung] innerhalb einer Frist von vierzehn Tagen nach ihrer Bekanntgabe an die Beteiligten mit einer Klage angefochten werden.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

19

In den Jahren 1998 und 1999 brachten staatliche Stromverteilungsgesellschaften in einer Reihe bulgarischer Stadtbezirke, die dadurch charakterisiert sind, dass sie bekanntermaßen überwiegend von Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma bewohnt sind, Zähler zur Messung des Elektrizitätsverbrauchs in einer Höhe von sieben Metern an Masten an, die sich außerhalb der versorgten Wohnungen befinden.

20

Diese Maßnahme erfolgte auch in den Bezirken Ogosta und Kosharnik der Stadt Montana, von denen feststeht, dass sie gegenwärtig noch überwiegend von Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma bewohnt werden (im Folgenden: im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme).

21

Die Lieferung und die Verteilung von Elektrizität sind in diesen beiden Bezirken inzwischen infolge der Privatisierung des Energiesektors u. a. von der CHEZ Elektro Balgaria AD (im Folgenden: CEB), einer Gesellschaft, die Elektrizität liefert, und CHEZ Razpredelenie Balgaria AD (im Folgenden: CRB), einer Gesellschaft, die Eigentümerin der Elektrizitätsverteilungsnetze ist, übernommen worden.

22

Nach Art. 27 Abs. 1 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Nutzung der Elektrizitätsverteilungsnetze von CRB (im Folgenden: Allgemeine Bedingungen von CRB) „[werden d]ie Mittel zur kommerziellen Messung, einschließlich der Anlagen zur Tarifverwaltung, … in der Weise zur Verfügung gestellt, dass der Verbraucher die Möglichkeit hat, die Anzeigen der Mittel zur kommerziellen Messung abzulesen“. Nach Art. 27 Abs. 2 allerdings ist, „[w]enn zur Wahrung des Lebens und der Gesundheit der Bürger, des Eigentums, der Qualität der Elektrizität, der kontinuierlichen Versorgung, der Sicherheit und der Zuverlässigkeit des Energieversorgungssystems die Mittel zur kommerziellen Messung an schwer zugänglichen Orten angebracht werden, … das Stromverteilungsunternehmen verpflichtet, auf seine Kosten sicherzustellen, dass eine Sichtkontrolle innerhalb von drei Tagen nach einem schriftlichen Antrag des Verbrauchers möglich ist“.

23

Herr Belov, der von sich sagt, er sei Rom, wohnt im Bezirk Ogosta. Da die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme seiner Ansicht nach sowohl ihm als auch anderen Personen gegenüber, die der Herkunft nach Roma sind und in diesem Bezirk und dem Bezirk Kosharnik Elektrizität verbrauchen, eine nach Art. 37 ZZD verbotene Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft darstellt, stellte er bei der KZD einen Antrag, dem ein von vielen anderen Bewohnern dieser Bezirke unterzeichnetes Protestschreiben beigefügt war und mit dem er die KZD ersuchte, CEB aufzugeben, diese Maßnahme zu beenden, und ihr die im ZZD vorgesehenen Sanktionen aufzuerlegen.

24

Die KZD ist der Auffassung, dass das Begehren von Herrn Belov als Beschwerde und zugleich als Anzeige im Sinne von Art. 50 Nr. 1 bzw. Nr. 3 ZZD aufzufassen sei. Als Bewohner des Bezirks Ogosta, der von der im Ausgangsverfahren fraglichen Maßnahme betroffen sei, handele er im eigenen Namen und trete im Verfahren als Beschwerdeführer auf; soweit er im Namen anderer Bewohner dieses Bezirks und des Bezirks Kosharnik handele, sei er ein Anzeigender.

25

In der Folge wurden CRB als Eigentümerin der Stromzähler und die Darzhavna Komisia po energiyno i vodno regulirane (Staatliche Regulierungskommission für Wasser und Energie) als die Behörde, die die Allgemeinen Bedingungen von CRB genehmigt hatte, von der KZD zum Verfahren hinzugezogen. Ebenso wurden verschiedene natürliche Personen hinzugezogen, die als gesetzliche Vertreter von CEB und CRB im Fall einer erwiesenen Diskriminierung mit Geldbußen belegt werden könnten.

26

Vor der KZD macht CRB zunächst geltend, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme nicht als Diskriminierung eingestuft werden könne, insbesondere weil sie unterschiedslos auf alle Bewohner der betroffenen Bezirke angewandt werde und weil kein Gesetz ein Recht oder ein rechtmäßiges Interesse des Nutzers vorsehe, die Anzeige seines Zählers verfolgen zu können.

27

Sodann macht CRB geltend, dass der Beschwerdeführer, anders als Art. 9 ZZD es verlange, nicht die Tatsachen bewiesen habe, die den Schluss auf das Vorliegen einer Diskriminierung zuließen.

28

Schließlich trägt sie vor, dass die Einführung der im Ausgangsverfahren fraglichen Maßnahme in keinem Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit der Verbraucher der beiden betroffenen Bezirke stehe. Sie sei außerdem gerechtfertigt, um Verschlechterungen der Infrastruktur und ungesetzliche Elektrizitätsentnahmen zu verhindern, die insbesondere das Leben und die Gesundheit der Bürger, die Sicherheit, das Eigentum und die kontinuierliche Elektrizitätsversorgung gefährden könnten, und um sich hieraus für die anderen Verbraucher möglicherweise ergebende Mehrkosten zu vermeiden.

29

Zu Art. 27 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen von CRB stellt die KZD fest, dass CRB, wenn der Verbraucher entsprechend dieser Bestimmung eine Sichtkontrolle der Anzeigen der Zähler beantrage, verpflichtet sei, innerhalb von drei Tagen eine besondere Hebebühne bereitzustellen, die den Zugang zu den Zählern ermögliche. In einem solchen Fall könne der Verbraucher jedoch nicht selbst die Ablesungen vornehmen, sondern deren Ergebnisse müssten ihm von den Personen mitgeteilt werden, die zur Benutzung der Hebebühne berechtigt seien. Diese Maßnahme sei im Übrigen in der Praxis noch kein einziges Mal angewandt worden.

30

Die in Art. 17 Nr. 6 der Allgemeinen Bedingungen vorgesehene Möglichkeit, in der Wohnung des Verbrauchers einen Kontrollzähler zu installieren, mache wiederum die Zahlung einer Gebühr erforderlich, und selbst in diesem Fall bleibe es bei der Anbringung des Hauptzählers außerhalb der Wohnung in einer Höhe von sieben Metern.

31

Die KZD ist der Auffassung, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 3 und Art. 37 ZZD sei.

32

Unter Hinweis darauf, dass die Bestimmungen des ZZD insbesondere zur Umsetzung der Richtlinie 2000/43 erlassen worden seien, meint die KZD jedoch, dass für ihre Entscheidung eine Auslegung des Unionsrechts erforderlich sei.

33

Hierzu führt sie insbesondere aus, dass nach Art. 4 Abs. 2 und 3 ZZD in Verbindung mit § 1 Nr. 7 der Ergänzungsvorschriften zum ZZD in seiner Auslegung durch den Varhoven administrativen sad (Oberster Verwaltungsgerichtshof) eine Diskriminierung voraussetze, dass ein durch das Gesetz geschütztes Recht oder rechtmäßiges Interesse beeinträchtigt werde. Das sei bei dem Recht auf Zugang zum eigenen Stromzähler, um ihn einsehen zu können, nicht der Fall. Die KZD fragt sich, ob eine solche Auslegung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 in Einklang steht.

34

Ferner weist die KZD darauf hin, dass Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie durch Art. 9 ZZD zwar nahezu wörtlich umgesetzt worden sei, die bulgarische Fassung von Art. 8 Abs. 1 jedoch von anderen Sprachfassungen dieser Bestimmung abweiche. Die bulgarische Fassung dieser Bestimmung sehe nämlich vor, dass das Opfer die Tatsachen beweisen müsse, die den „Schluss“ auf das Vorliegen einer Diskriminierung zuließen, während die übrigen Sprachfassungen der Bestimmung sich auf Tatsachen bezögen, die dieses Vorliegen „vermuten lassen“. Der Varhoven administrativen sad wende Art. 9 ZZD im Übrigen als eine allgemeine Regel des klassischen Vollbeweises an und gehe insbesondere davon aus, dass, da die Bezirke Ogosta und Kosharnik nicht nur von Roma bewohnt würden und die Gründe für die fragliche Maßnahme nicht auf der ethnischen Zugehörigkeit der von ihr betroffenen Personen beruhten, nicht bewiesen sei, dass eine Diskriminierung vorliege.

35

Schließlich habe der Varhoven administrativen sad entschieden, dass Maßnahmen wie die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme jedenfalls angesichts der verfolgten rechtmäßigen Ziele erforderlich und gerechtfertigt seien. Die KZD hat Zweifel an der Richtigkeit dieser Betrachtungsweise.

36

Unter diesen Umständen hat die KZD beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Fällt der zu untersuchende Fall in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43 (hier hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 Buchst. h)?

2.

Was ist unter einer „weniger günstigen Behandlung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43 und unter der Formulierung „Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 zu verstehen:

a)

Ist zur Qualifizierung einer weniger günstigen Behandlung als unmittelbare Diskriminierung unbedingt erforderlich, dass die Behandlung ungünstiger ist und dass sie unmittelbar oder mittelbar gesetzlich ausdrücklich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt, oder ist sie als jedwede Form eines Verhaltens (einer Beziehung) im weiteren Sinne des Wortes zu verstehen, das im Vergleich mit dem Verhalten in einer ähnlichen Situation weniger vorteilhaft ist?

b)

Ist zur Qualifizierung der Versetzung in eine besondere ungünstige Lage als mittelbare Diskriminierung auch erforderlich, dass sie unmittelbar oder mittelbar gesetzlich ausdrücklich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt, oder ist sie im weiteren Sinne als jede Form der Versetzung in eine besondere ungünstige/unvorteilhafte Lage zu verstehen?

3.

In Abhängigkeit von der Antwort auf die zweite Frage: Wenn zur Qualifizierung als unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 erforderlich ist, dass die weniger günstige Behandlung oder die Versetzung in eine besondere ungünstige Lage unmittelbar oder mittelbar ein gesetzlich festgelegtes Recht oder Interesse verletzt,

a)

legen die Bestimmungen des Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Richtlinie 2006/32 (29. Erwägungsgrund, Art. 1, Art. 13 Abs. 1), die Richtlinie 2003/54 (Art. 3 Abs. 5) [und] die Richtlinie 2009/72 (Art. 3 Abs. 7) zugunsten des Endverbrauchers des Stroms ein Recht oder Interesse fest, regelmäßig die Anzeigen des Stromzählers überprüfen zu können, das vor den nationalen Gerichten in einem Verfahren wie dem des Ausgangsverfahrens geltend gemacht werden kann,

und

b)

sind mit diesen Bestimmungen nationale Rechtsvorschriften und/oder eine mit Genehmigung der staatlichen Regulierungsbehörde für Energie durchgeführte Verwaltungspraxis vereinbar, wonach einem Verteilungsunternehmen die Freiheit eingeräumt wird, die Stromzähler an schwer oder nicht zugänglichen Orten anzubringen, was es den Verbrauchern unmöglich macht, persönlich und regelmäßig die Anzeigen des Stromzählers zu überprüfen und zu verfolgen?

4.

In Abhängigkeit von der Antwort auf die zweite Frage: Wenn zur Qualifizierung als unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung nicht unbedingt erforderlich ist, dass ein gesetzlich festgelegtes Recht oder Interesse unmittelbar oder mittelbar verletzt ist,

a)

sind nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 nationale Rechtsvorschriften und eine Rechtsprechung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, zulässig, wonach für die Qualifizierung als Diskriminierung verlangt wird, dass die ungünstigere Behandlung und die Versetzung in eine ungünstigere Lage unmittelbar oder mittelbar gesetzlich festgelegte Rechte oder Interessen verletzen;

b)

ist das nationale Gericht, wenn sie nicht zulässig sind, dann verpflichtet, sie unangewendet zu lassen und die in der genannten Richtlinie geregelten Begriffsbestimmungen heranzuziehen?

5.

Wie ist Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 auszulegen,

a)

dahin, dass er verlangt, dass das Opfer Tatsachen beweist, anhand deren sich ein eindeutiger, unbestreitbarer und sicherer Rückschluss oder eine solche Schlussfolgerung auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufdrängt, oder reicht es aus, dass die Tatsachen nur die Annahme/Vermutung einer solchen begründen?

b)

Führen die Tatsachen, dass nur in den beiden in der Stadt als Roma-Bezirke bekannten Stadtteilen Stromzähler in den Straßen an Strommasten in einer für eine Sichtkontrolle der Zähleranzeigen durch die Verbraucher nicht zugänglichen Höhe angebracht sind, mit bekannten Ausnahmen innerhalb einiger Teile dieser beiden Stadtbezirke, und dass in allen übrigen Bezirken der Stadt die Stromzähler in einer anderen, für eine Sichtkontrolle zugänglichen Höhe (bis 1,70 m), meist in der Wohnung der Verbraucher oder an der Fassade des Gebäudes oder an der Umzäunung angebracht sind, zu einer Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei?

c)

Schließen die Umstände, dass in den beiden in der Stadt als Roma-Bezirke bekannten Stadtteilen nicht nur Roma leben, sondern auch Personen anderer ethnischer Herkunft, und/oder entsprechend, welcher Anteil der Bevölkerung in diesen beiden Bezirken sich tatsächlich selbst als Roma bezeichnet, und/oder dass vom Verteilungsunternehmen die Ursachen für eine Umsetzung der Stromzähler in diesen beiden Stadtbezirken auf diese Höhe von 7 m als allgemein bekannt bezeichnet werden, die Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei aus?

6.

In Abhängigkeit von der Antwort auf Frage 5:

a)

Wenn Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 dahin auszulegen ist, dass eine Annahme/Vermutung für das Vorliegen einer Diskriminierung erforderlich ist, und wenn die vorgenannten Tatsachen zu einer Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei führen, welche Form einer Diskriminierung lassen dann diese Tatsachen vermuten – eine unmittelbare, eine mittelbare Diskriminierung und/oder eine Belästigung?

b)

Erlauben es die Bestimmungen der Richtlinie 2000/43, dass die unmittelbare Diskriminierung und/oder die Belästigung mit der Verfolgung eines rechtmäßigen Ziels durch erforderliche und geeignete Mittel gerechtfertigt wird?

c)

Kann unter Berücksichtigung der von dem Verteilungsunternehmen hervorgehobenen rechtmäßigen Ziele, die es verfolgt, die in den beiden Stadtbezirken angewandte Maßnahme in einer Situation gerechtfertigt werden, in der

die Maßnahme erstens wegen unbezahlter Rechnungen, die sich in den beiden Stadtbezirken angehäuft haben, wegen häufiger Zuwiderhandlungen der Verbraucher, die die Sicherheit, die Qualität, das fortlaufende und gefahrlose Funktionieren der Elektrizitätsanlagen beeinträchtigen oder gefährden, angewandt wird und die Maßnahme zweitens kollektiv angewandt wird, unabhängig davon, ob der konkrete Verbraucher seine Rechnungen für die Verteilung und für die Lieferung von Strom bezahlt oder nicht, und unabhängig davon, ob feststeht, dass der konkrete Verbraucher irgendeine Zuwiderhandlung (eine Manipulation der Anzeigen des Stromzählers, einen unrechtmäßigen Anschluss und/oder eine unrechtmäßige Entnahme bzw. einen unrechtmäßigen Verbrauch von Strom ohne Zählung und Zahlung oder irgendwelche anderen Eingriffe in das Netz, die dessen sicheres, qualitatives, fortlaufendes und gefahrloses Funktionieren beeinträchtigen oder gefährden) begangen hat;

für jede vergleichbare Zuwiderhandlung in Rechtsvorschriften und in den Allgemeinen Bedingungen des Verteilungsvertrags Verantwortlichkeiten vorgesehen sind, und zwar zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche sowie strafrechtliche;

die in Art. 27 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen des Verteilungsvertrags vorgesehene Klausel – das Verteilungsunternehmen stellt auf ausdrückliches schriftliches Verlangen des Verbrauchers die Möglichkeit einer Sichtkontrolle der Anzeigen des Stromzählers sicher – es dem Verbraucher tatsächlich nicht ermöglicht, persönlich und regelmäßig die ihn betreffenden Anzeigen zu überprüfen;

eine Möglichkeit besteht, aufgrund eines ausdrücklichen schriftlichen Ersuchens einen Kontrollstromzähler in der Wohnung des Verbrauchers zu installieren, wofür dieser eine Gebühr entrichten muss;

die Maßnahme aufgrund der Behauptung des Verteilungsunternehmens, dass die Ursachen für ihre Anwendung allgemein bekannt seien, ein spezifisches und sichtbares Kennzeichen für eine Unlauterkeit des Verbrauchers in der einen oder anderen Form ist;

andere technische Methoden und Mittel zum Schutz vor Eingriffen in die Stromzähler bestehen;

der Prozessbevollmächtigte des Verteilungsunternehmens ausführt, dass die in einem Roma-Stadtbezirk in einer anderen Stadt angewandte ähnliche Maßnahme Eingriffe tatsächlich nicht habe verhindern können;

von der in einem dieser Stadtbezirke aufgestellten elektrischen Anlage, einer Trafostation, nicht angenommen wird, dass sie zur Sicherheit ähnlichen Maßnahmen wie die Stromzähler zu unterziehen ist?

Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

37

In ihrer Vorlageentscheidung nennt die KZD die Gründe, aus denen sie der Auffassung ist, den Charakter eines „Gerichts“ im Sinne von Art. 267 AEUV zu besitzen. Die bulgarische Regierung und die Europäische Kommission sind ebenfalls der Ansicht, dass die KZD diesen Charakter habe und der Gerichtshof daher für die Entscheidung über die ihm von dieser Einrichtung vorgelegten Fragen zuständig sei. Dagegen haben CEB und CRB insoweit Zweifel und machen erstens geltend, dass die KZD keine obligatorische Gerichtsbarkeit habe, zweitens, dass diese Einrichtung keine ausreichenden Garantien in Bezug auf ihre Unabhängigkeit biete, und drittens, dass bei ihr anhängige Verfahren nicht auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter abzielten.

38

Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung zur Beurteilung der rein unionsrechtlichen Frage, ob es sich bei der vorlegenden Einrichtung um ein „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV handelt, auf eine Reihe von Merkmalen abstellt, wie z. B. gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit (vgl. u. a. Urteil vom 14. Juni 2011, Miles u. a., C-196/09, Slg. 2011, I-5105, Randnr. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39

Zudem können die nationalen Gerichte den Gerichtshof nur anrufen, wenn bei ihnen ein Rechtsstreit anhängig ist und sie im Rahmen eines Verfahrens zu entscheiden haben, das auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter abzielt (vgl. u. a. Urteil vom 31. Mai 2005, Syfait u. a., C-53/03, Slg. 2005, I-4609, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40

Die Vorlageberechtigung einer Einrichtung ist also sowohl anhand struktureller als auch anhand funktioneller Kriterien zu prüfen. Dabei kann eine nationale Einrichtung, wenn sie gerichtliche Funktionen ausübt, als „Gericht“ im Sinne des Art. 267 AEUV qualifiziert werden, während dies bei Ausführung anderer Aufgaben, insbesondere administrativer Art, nicht möglich ist (vgl. u. a. Beschluss vom 26. November 1999, ANAS, C-192/98, Slg. 1999, I-8583, Randnr. 22).

41

Folglich ist es für die Feststellung, ob eine nationale Einrichtung, die nach dem Gesetz mit Aufgaben unterschiedlicher Art betraut ist, als „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV zu qualifizieren ist, erforderlich, die spezifische Natur der Aufgaben zu prüfen, die sie in dem konkreten normativen Kontext ausübt, in dem sie sich zur Anrufung des Gerichtshofs veranlasst sieht (vgl. Beschluss ANAS, Randnr. 23).

42

Hinsichtlich der vorliegenden Rechtssache ist daher darauf hinzuweisen, dass zwar die KZD – insbesondere als Stelle gemäß Art. 13 der Richtlinie 2000/43, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu fördern – verschiedene Funktionen wahrzunehmen hat, die keinen Rechtsprechungscharakter haben, dass aber im vorliegenden Fall anhand der Funktionen, die die KZD im Rahmen des Verfahrens wahrnimmt, das zu diesem Vorabentscheidungsersuchen geführt hat, zu prüfen ist, ob diese Einrichtung als „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden kann.

43

Insoweit ergibt sich aus Art. 50 ZZD, dass die Verfahren vor der Kammer der KZD, die das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen eingereicht hat, auf eine Beschwerde der Person, die sich für das Opfer einer Diskriminierung hält (Art. 50 Nr. 1), auf die Anzeige einer natürlichen oder juristischen Personen bzw. einer staatlichen oder kommunalen Stelle (Art. 50 Nr. 3) und auf eine Initiative der KZD selbst (Art. 50 Nr. 2) zurückgehen können.

44

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der von der KZD vorgenommenen Würdigung, wie sie in Randnr. 24 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, dass diese Einrichtung von Herrn Belov sowohl gemäß Art. 50 Nr. 1 ZZD in seiner Eigenschaft als durch die im Ausgangsverfahren fragliche Maßnahme unmittelbar betroffene Person als auch gemäß Art. 50 Nr. 3 ZZD befasst wurde, da er geltend macht, auch im Namen weiterer durch diese Maßnahme betroffener Bewohner der beiden Bezirke zu handeln.

45

Im vorliegenden Fall ist insbesondere unter Berücksichtigung der Funktionen, die die KZD aufgrund einer solchen Befassung auszuüben hat, zu prüfen, ob diese Einrichtung als „Gericht“ im Sinne von Art. 267 AEUV zu qualifizieren ist.

46

Hierzu ist festzustellen, dass verschiedene der von CEB und CRB geltend gemachten Umstände Zweifel aufkommen lassen können, dass das im Ausgangsfall auf der Grundlage von Art. 50 Nrn. 1 und 3 ZZD durchgeführte Verfahren auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter im Sinne der in Randnr. 39 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung abzielt.

47

Erstens ergibt sich aus Art. 50 Nr. 2 ZZD, dass ein mit dem Verfahren, das zu dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geführt hat, vergleichbares Verfahren ebenso gut von der KZD auf ihre eigene Initiative hin hätte eingeleitet werden können. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen ist ersichtlich, dass diese Einrichtung unabhängig von den Umständen, unter denen ihre Befassung gemäß Art. 50 ZZD erfolgt, d. h. aufgrund einer Beschwerde oder einer Anzeige oder von Amts wegen, ein im Wesentlichen gleiches Verfahren durchführt, in dem sie insbesondere über umfassende Untersuchungsbefugnisse verfügt, um die zur Klärung der Umstände des Falles erforderlichen Beweise zusammenzutragen. Im Übrigen zielen die aufgrund einer Beschwerde oder einer Anzeige oder von Amts wegen eingeleiteten Verfahren auch auf das gleiche Ergebnis ab, nämlich eine Anordnung, die Diskriminierung, sofern eine solche festgestellt wird, zu beenden, und gegebenenfalls die Festsetzung von Geldbußen gegen die Urheber dieser Diskriminierung.

48

Zweitens steht fest, dass die KZD, wie sie es im vorliegenden Fall auch getan hat, von Amts wegen weitere Personen als die von dem Beteiligten, der sie mittels einer Beschwerde oder einer Anzeige befasst, namentlich bezeichneten zum Verfahren hinzuziehen kann, wenn sie der Auffassung ist, dass diese Beteiligten für die vom Beschwerdeführer/Anzeigenden geltend gemachte Diskriminierung verantwortlich seien und/oder insoweit mit einer Geldbuße belegt werden könnten.

49

Drittens steht nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen ebenfalls fest, dass die KZD, wenn gegen eine Entscheidung, die sie nach ihrer Anrufung auf der Grundlage von Art. 50 ZZD erlassen hat, eine Klage erhoben wird, vor dem zur Entscheidung über diese Klage berufenen Verwaltungsgericht die Eigenschaft des Beklagten hat. Wird die Entscheidung der KZD vom angerufenen Verwaltungsgericht aufgehoben, kann diese Einrichtung gegen die Aufhebungsentscheidung ein Rechtsmittel beim Varhoven administrativen sad einlegen.

50

Viertens ergibt sich, wie in der mündlichen Verhandlung von CEB und CRB geltend gemacht und von Herrn Belov bestätigt wurde, aus der Verwaltungsverfahrensordnung offenbar auch, dass die KZD eine Entscheidung, die sie in einem Verfahren wie dem Ausgangsverfahren erlassen hat, im Fall einer dagegen gerichteten Klage aufheben kann, sofern der Beteiligte, zu dessen Gunsten die Entscheidung ergangen ist, dem zustimmt.

51

Alle diese Umstände führen zu der Annahme, dass die Entscheidung, die die KZD am Ende eines Verfahrens erlässt, zu dem es infolge ihrer Befassung nach Art. 50 ZZD, insbesondere nach dessen Nrn. 1 und 3, gekommen ist, einer Verwaltungsentscheidung im Wesen sehr nahekommt und keinen Rechtsprechungscharakter im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff des „Gerichts“ in Art. 267 AEUV hat.

52

Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang klarzustellen, dass, da eine solche Entscheidung der KZD, wie ausgeführt wurde, vor einem Verwaltungsgericht mit einer Klage angefochten werden kann und gegen dessen Entscheidung wiederum ein Rechtsmittel zum Varhoven administrativen sad gegeben ist, die Existenz dieser gerichtlichen Rechtsbehelfe es ermöglicht, die Wirksamkeit des in Art. 267 AEUV vorgesehenen Mechanismus des Vorabentscheidungsverfahrens und die Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts – im vorliegenden Fall insbesondere der Richtlinie 2000/43 –, die diese Vertragsbestimmung sicherstellen soll, zu gewährleisten. Nach dem Wortlaut von Art. 267 AEUV haben diese nationalen Gerichte nämlich die Möglichkeit bzw. sind gegebenenfalls verpflichtet, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, wenn eine Entscheidung über die Auslegung oder die Gültigkeit des Unionsrechts zum Erlass ihres Urteils erforderlich ist.

53

Ferner ist darauf hinzuweisen, dass vor dem Gerichtshof Entscheidungen des Varhoven kasatsionen sad (Oberster Kassationsgerichtshof) vom 22. Januar 2009 und des Varhoven administrativen sad vom 27. Oktober 2010 angeführt wurden, aus denen hervorgeht, dass der ZZD zwei alternative und autonome Verfahren vorsieht, die es einer Person, die sich wie Herr Belov für das Opfer einer diskriminierenden Behandlung hält, ermöglichen, deren Beendigung zu verlangen. Neben der Möglichkeit, ein Verfahren anzustrengen, das der Art nach ein Verwaltungsverfahren ist, wie das bei der KZD im Ausgangsfall gemäß Art. 50 ZZD durchgeführte Verfahren, hat der Betroffene nämlich auch die Möglichkeit, den in Zivilsachen entscheidenden Rayonen sad (Bezirksgericht) anzurufen, um diese Beendigung zu erreichen und eventuell Schadensersatz zu erlangen.

54

Da die in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils getroffene Feststellung für die Schlussfolgerung ausreicht, dass die KZD, wenn sie eine Funktion wie die ihr im Ausgangsverfahren obliegende auszuüben hat, nicht den Charakter eines „Gerichts“ im Sinne von Art. 267 AEUV besitzt, braucht nicht geprüft zu werden, ob die KZD die übrigen Kriterien erfüllt, die die Beurteilung erlauben, ob eine vorlegende Einrichtung diesen Charakter hat, und ebenso wenig ist es erforderlich, sich zu den weiteren Einwänden zu äußern, die CEB und CRB insoweit erhoben haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2010, RTL Belgium, C-517/09, Slg. 2010, I-14093, Randnr. 48).

55

Nach alledem ist der Gerichtshof für die Entscheidung über die von der KZD zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen nicht zuständig.

Kosten

56

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für die Beantwortung der von der Komisia za zashtita ot diskriminatsia in ihrer Vorlageentscheidung vom 19. Juli 2011 gestellten Fragen nicht zuständig.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Bulgarisch.

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