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Document 62010CC0488

Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 8. November 2011.
Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA gegen Proyectos Integrales de Balizamientos SL.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Juzgado de lo Mercantil nº 1 de Alicante y nº 1 de Marca Comunitaria - Spanien.
Verordnung (EG) Nr. 6/2002 - Art. 19 Abs. 1 - Gemeinschaftsgeschmacksmuster - Verletzung oder drohende Verletzung - Begriff ‚Dritter‘.
Rechtssache C-488/10.

Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:714

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 8. November 2011 ( 1 )

Rechtssache C-488/10

Celaya Emparanza y Galdos Internacional SA

gegen

Proyectos Integrales de Balizamientos SL

(Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante und des Juzgado de Marca Comunitaria n° 1 [Spanien])

„Gemeinschaftsgeschmacksmuster — Verletzung — Begriff ‚Dritter‘“

1. 

Die vorliegende Rechtssache, die auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Juzgado de lo Mercantil de Alicante zurückgeht, betrifft eine Frage, die derzeit Gegenstand einer intensiven Diskussion in der spanischen Lehre und Rechtsprechung ist. Das Problem, das der Gerichtshof wird untersuchen müssen, besteht darin, den Begriff „Dritte“ zu definieren, gegen die der Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters nach geltendem Unionsrecht eine Verletzungsklage erheben kann.

2. 

Insbesondere wird zu klären sein, ob der Umstand, dass der Beklagte nach der Eintragung des Geschmacksmusters des Klägers autonom ein eigenes Geschmacksmuster hat eintragen lassen, unerheblich ist oder ob der Kläger im Gegenteil, um eine Verletzungsklage erheben zu können, zuvor beim HABM die Nichtigerklärung des Geschmacksmusters des Beklagten beantragen muss.

3. 

Es braucht wohl kaum darauf hingewiesen zu werden, dass der Gerichtshof hier nicht dazu aufgerufen ist, zu beurteilen, ob die streitigen Geschmacksmuster und/oder Erzeugnisse einander ähnlich sind. Diese Beurteilung wird natürlich Sache des nationalen Gerichts sein. Sollte der Gerichtshof die vorherige Nichtigerklärung des Geschmacksmusters des Beklagten als notwendig bezeichnen, so wäre die nationale Streitigkeit allerdings bereits auf der Ebene der Zulässigkeit entschieden, ohne dass überhaupt in die Prüfung der Geschmacksmuster eingetreten würde. Der wesentliche Zweck der beiden Vorabentscheidungsfragen besteht gerade darin, zu klären, ob das nationale Gericht sich im Ausgangsverfahren mit der Begründetheit auseinandersetzen muss oder ob es vielmehr die Klage für unzulässig erklären muss und die klägerische Gesellschaft so dazu zwingt, beim HABM tätig zu werden, um die Nichtigkeit des Geschmacksmusters der Beklagten feststellen zu lassen.

I – Rechtlicher Rahmen

4.

Die Vorabentscheidungsfragen, die Gegenstand der vorliegenden Rechtssache sind, betreffen die Auslegung der Verordnung Nr. 6/2002 ( 2 ) (im Folgenden auch: Verordnung) über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster („disegni e modelli comunitari“).

5.

Die Verordnung ist darauf gerichtet, ein möglichst geradliniges und einfaches System für die Eintragung von Geschmacksmustern ( 3 ) zu schaffen, worauf der 18. und der 24. Erwägungsgrund unmissverständlich hinweisen:

„(18)

Ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster macht die Schaffung und Führung eines Registers erforderlich, in das alle Anmeldungen eingetragen werden, die den formalen Erfordernissen entsprechen und deren Anmeldetag feststeht. Das Eintragungssystem sollte grundsätzlich nicht auf eine materiellrechtliche Prüfung der Erfüllung der Schutzvoraussetzungen vor der Eintragung gegründet sein. Dadurch wird die Belastung der Anmelder durch Eintragungs- und andere Verfahrensvorschriften auf ein Minimum beschränkt.

(24)

Ein grundlegendes Ziel dieser Verordnung besteht darin, dass das Verfahren zur Erlangung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters für die Anmelder mit den geringsten möglichen Kosten und Schwierigkeiten verbunden ist, damit es sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für einzelne Entwerfer leicht zugänglich ist.“

6.

Art. 19 Abs. 1 der Verordnung gibt an, welche Rechte ein eingetragenes Geschmacksmuster seinem Inhaber gewährt:

„Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt seinem Inhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Die erwähnte Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Benutzung eines Erzeugnisses, in das das Muster aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, oder den Besitz des Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.“

7.

Nach Art. 52 der Verordnung sind Anträge auf Nichtigerklärung eines eingetragenen Geschmacksmusters generell beim HABM zu stellen. Dagegen sind nach Art. 81 die (nationalen) Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte ( 4 ) für Verletzungsklagen zuständig. Derselbe Art. 81 bestimmt jedoch, dass die Geschmacksmustergerichte auch für die Nichtigerklärung zuständig sind, wenn der Nichtigkeitsantrag im Wege der Widerklage im Rahmen eines Verfahrens wegen Verletzung eines Musters gestellt worden ist.

8.

Art. 85 Abs. 1 der Verordnung bestimmt:

„In Verfahren betreffend eine Verletzungsklage oder eine Klage wegen drohender Verletzung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters haben die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte von der Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters auszugehen. Die Rechtsgültigkeit kann vom Beklagten nur mit einer Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit bestritten werden. …“

II – Sachverhalt, Verfahren und Vorabentscheidungsfragen

9.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die Celaya Emparanza y Galdós Internacional SA (im Folgenden auch: Cegasa), ließ am 26. Oktober 2005 ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster ( 5 ) für Straßenmarkierungspfosten eintragen. Es handelt sich um normalerweise aus Kunststoff hergestellte Gegenstände, die zur Markierung bei Baustellen, Straßenarbeiten usw. verwendet werden.

10.

Die beklagte Gesellschaft, die Proyectos integrales de Balizamientos SA (im Folgenden auch: Proyectos), brachte Ende 2007 ein Erzeugnis in den Handel, das nach Ansicht von Cegasa deren eingetragenes Geschmacksmuster verletzt. Cegasa forderte daher Proyectos außergerichtlich auf, die Vermarktung des in Rede stehenden Erzeugnisses einzustellen.

11.

Proyectos lehnte es ab, der Aufforderung von Cegasa nachzukommen, und ließ stattdessen am 11. April 2008 beim HABM ein Geschmacksmuster für das eigene Erzeugnis eintragen ( 6 ).

12.

Nur zur Information sind nachstehend die fraglichen eingetragenen Geschmacksmuster wiedergegeben (links das von Cegasa, rechts das von Proyectos):

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13.

Cegasa hat daher beschlossen, gegen Proyectos beim vorlegenden Gericht eine Verletzungsklage zu erheben. Im Rahmen dieses Verfahrens hat Proyectos eine Widerklage erhoben und beantragt, das Geschmacksmuster von Cegasa für nichtig zu erklären. Diese Widerklage ist dem HABM gemäß Art. 86 Abs. 2 der Verordnung übermittelt worden.

14.

Proyectos sieht sich auf jeden Fall als durch das eigene eingetragene Geschmacksmuster „geschützt“ an und vertritt demzufolge die Auffassung, dass Cegasa eine Verletzungsklage erst erheben könne, nachdem sie beim HABM die vorherige Erklärung der Nichtigkeit des Geschmackmusters von Proyectos erwirkt habe. Die beim vorlegenden Gericht erhobene Klage sei daher als unzulässig anzusehen und auf jeden Fall ohne Prüfung der Begründetheit abzuweisen.

15.

In diesem Zusammenhang hat das vorlegende Gericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die nachstehenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Erstreckt sich in einem Rechtsstreit wegen Verletzung des ausschließlichen Rechts aus einem eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster das in Art. 19 Abs. 1 der Verordnung vorgesehene Recht, Dritten seine Benutzung zu verbieten, auf jeden Dritten, der ein anderes Geschmacksmuster benutzt, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt, oder ist hiervon ein Dritter, der ein zu seinen Gunsten eingetragenes jüngeres Gemeinschaftsgeschmacksmuster benutzt, ausgenommen, solange dieses nicht für nichtig erklärt worden ist?

2.

Ist für die Antwort auf die vorstehende Frage die von dem Dritten verfolgte Absicht ohne Bedeutung, oder fällt diese Antwort je nach dem Verhalten des Dritten unterschiedlich aus, wobei maßgebend ist, dass der Dritte das jüngere Gemeinschaftsgeschmacksmuster erst anmeldete und eintragen ließ, nachdem er von dem Inhaber des älteren Gemeinschaftsgeschmacksmusters außergerichtlich aufgefordert worden war, den Vertrieb eines Erzeugnisses zu unterlassen, weil dies die Rechte aus dem älteren Geschmacksmuster verletze?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

16.

Der Vorlagebeschluss ist bei der Kanzlei am 11. Oktober 2010 eingegangen. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die polnische Regierung und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

17.

In der Sitzung vom 14. September 2011 haben die polnische Regierung und die Kommission mündliche Ausführungen gemacht.

IV – Zu den Vorabentscheidungsfragen

A – Einleitende Bemerkungen

18.

Die vorliegende Rechtssache ist eine der ersten, in der der Gerichtshof aufgerufen ist, die Verordnung Nr. 6/2002 auszulegen ( 7 ). Das Fehlen von signifikanten Präzedenzfällen in der Rechtsprechung wird es daher unumgänglich machen, allein auf der Grundlage des Wortlauts der Regelung unter Einsatz aller hermeneutischen Mittel, die für die Auslegung zur Verfügung stehen, zu einer Lösung zu gelangen.

19.

Wie ich oben erwähnt habe, ist das vom vorlegenden Gericht aufgeworfene Problem in Spanien derzeit Gegenstand einer lebhaften Diskussion in Lehre und Rechtsprechung. Insbesondere besteht, wie im Vorlagebeschluss angemerkt wird, eine Rechtsprechung des Tribunal Supremo, nach der im Bereich der Marken das Vorhandensein einer jüngeren eingetragenen Marke als Schutz gegenüber einer Verletzungsklage angesehen wird. Mit anderen Worten liegt nach dieser Rechtsprechung eine rechtswidrige Handlung nicht vor, solange der angebliche Rechtsverletzer eine eigene eingetragene Marke benutzt. Es ist daher nur möglich, eine Verletzungsklage zu erheben, nachdem die Erklärung der Nichtigkeit der Marke des Rechtsverletzers erwirkt worden ist.

20.

Ich will sogleich klarstellen, dass meines Erachtens in der vorliegenden Rechtssache keine Notwendigkeit besteht, diese Rechtsprechung der höchsten nationalen spanischen Gerichte zur Diskussion zu stellen. Sie betrifft nämlich, wie ich angemerkt habe, den Bereich der Marken und ist daher auf den der Geschmacksmuster nicht anwendbar. Die entscheidenden Unterschiede, die zwischen diesen beiden Bereichen bestehen, sind nämlich so geartet, dass sie einer automatischen Anwendung der genannten Rechtsprechung auf den Bereich der Geschmackmuster entgegenstehen.

21.

Insbesondere ist zu unterstreichen, dass die Modalitäten für die Eintragung eines Geschmacksmusters viel einfacher und „schneller“ als die für die Eintragung einer Marke erforderlichen sind. Im Einzelnen sind zwei Unterschiede hervorzuheben. Erstens wird die Eintragung eines Geschmacksmusters vom HABM nach einer einfachen formellen, nicht materiell-rechtlichen Prüfung des Eintragungsantrags bewilligt ( 8 ). Zweitens sieht die Verordnung, anders als es bei den Marken geschieht ( 9 ), für Geschmacksmuster keine Phase zwischen dem Antrag und der Eintragung vor, in der von anderen Personen Widersprüche gegen die Eintragung als solche erhoben werden können.

22.

Mit anderen Worten erfolgt die Eintragung eines Geschmacksmusters fast automatisch. Der Sachverhalt, der Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, stellt ein sehr klares Beispiel hierfür dar. Proyectos hat das eigene Geschmacksmuster ohne jede Schwierigkeit eintragen lassen können, nachdem Cegasa bereits außergerichtlich tätig geworden war, um den Vertrieb des Erzeugnisses von Proyectos zu unterbinden. Ließe das Verfahren der Eintragung von Geschmacksmustern einen Widerspruch gegen die Eintragung zu, hätte die Cegasa wahrscheinlich Widerspruch eingelegt und das HABM infolgedessen dazu in der Weise Stellung nehmen können, dass es das Geschmacksmuster von Proyectos eingetragen hätte oder nicht.

23.

Demzufolge steht auf dem Gebiet der Geschmacksmuster der Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit der eine Eintragung erreicht werden kann, ein besonders hohes Missbrauchsrisiko gegenüber, das sicherlich höher ist als auf dem Gebiet der Marken. Die Erwägungen, die ich daher in der Folge anstellen werde, werden eng auf den Bereich der Geschmacksmuster beschränkt sein und können nicht als automatisch auch auf den Bereich der Marken übertragbar betrachtet werden. Im letztgenannten Bereich ist nämlich die erfolgte Eintragung einer Marke in Anbetracht der vorstehenden Ausführungen im Verhältnis zu derjenigen eines Geschmacksmusters stärker zu beachten und mit größerem „Respekt“ zu betrachten ( 10 ).

24.

Nach diesen Klarstellungen wende ich mich jetzt der Untersuchung der Fragen zu.

B – Zu den Vorlagefragen

25.

Die beiden Vorlagefragen sind eng miteinander verknüpft. Wie zu sehen sein wird, bedingt und bestimmt die Beantwortung der ersten nämlich die der zweiten Frage.

1. Die Möglichkeit, eine Verletzungsklage zu erheben, ohne zunächst die Nichtigkeit des jüngeren Geschmacksmusters feststellen zu lassen

26.

Mit der ersten Vorlagefrage wird der Gerichtshof darum ersucht, zu klären, ob der Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters gegen den Inhaber eines später eingetragenen Geschmacksmusters unmittelbar eine Verletzungsklage erheben kann oder ob er dies vielmehr erst tun kann, nachdem er die Nichtigerklärung dieses zweiten Geschmacksmusters erwirkt hat. Die Verordnung enthält leider dazu keine ausdrückliche Bestimmung: Obwohl die wörtliche Auslegung der Regelungen – wie zu sehen sein wird – einige nützliche Hinweise liefern wird, ist die vorliegende Rechtssache daher ein klassisches Beispiel für eine Streitigkeit, deren Entscheidung einen systematischen und teleologischen Denkansatz erfordert.

27.

Das vorlegende Gericht gibt in seinem Beschluss ausdrücklich an, dass seiner Ansicht nach auf dem Gebiet der Geschmacksmuster eine Verletzungsklage gegen den Inhaber eines später eingetragenen Geschmacksmusters erhoben werden können muss, ohne dass zuvor die Nichtigerklärung dieses Geschmacksmusters erwirkt zu werden braucht. Im gleichen Sinne haben sich vor dem Gerichtshof sowohl die Klägerin des Ausgangsverfahrens als auch die Kommission geäußert. Nur die polnische Regierung hat die entgegengesetzte Auffassung vertreten, wobei sie insbesondere auf die Notwendigkeit abgestellt hat, den Grundsatz der Rechtssicherheit zu wahren.

28.

Zunächst ist hervorzuheben, dass die Frage des vorlegenden Gerichts nur den Fall betrifft, dass das Geschmacksmuster des Beklagten später eingetragen worden ist als das Geschmacksmuster des Klägers. Mit anderen Worten, es wird nicht das grundlegende Prinzip der Priorität in Frage gestellt, durch das der Person, die zuerst eine Eintragung hat vornehmen lassen, im Allgemeinen der Vorrang eingeräumt wird ( 11 ).

29.

Im vorliegenden Fall haben wir es auf den ersten Blick mit einer Kollision zwischen zwei verschiedenen fundamentalen Grundsätzen zu tun. Einerseits könnte die Rechtssicherheit gebieten, dem eingetragenen Geschmacksmuster des Beklagten die Bedeutung eines Verteidigungsmittels zuzuerkennen, denn andernfalls müsste man annehmen, das nicht einmal die Tatsache, dass er ein eigenes beim HABM eingetragenes Geschmacksmuster benutzt, dem Inhaber Schutz vor Verletzungsklagen bieten würde. Andererseits könnte die Notwendigkeit eines effizienten und funktionalen Systems für die Eintragung von Geschmacksmustern – und damit einer möglichst weitgehenden Durchsetzung der praktischen Wirksamkeit der Verordnung – es gebieten, dem älteren eingetragenen Geschmacksmuster des Klägers den Vorrang einzuräumen und diesem damit zu erlauben, eine Verletzungsklage zu erheben, auch ohne dass er zuvor die Nichtigerklärung des Geschmacksmusters des Beklagten beantragt hat.

30.

In Wirklichkeit besteht die Kollision, genau betrachtet, nicht zwischen der Rechtssicherheit und der Effizienz des Systems. Vielmehr stehen sich zwei Aspekte der Rechtssicherheit gegenüber. In beiden Fällen bietet nämlich ein eingetragenes Geschmacksmuster seinem Inhaber letztlich keinen vollständigen Schutz. Im ersten Fall – schreibt man die vorherige Nichtigerklärung des jüngeren Geschmacksmusters vor – wird die Rolle des Geschmacksmusters des Klägers geschwächt, obwohl es zuerst eingetragen worden ist. Würde man im zweiten Fall dem Inhaber des älteren Geschmacksmusters erlauben, unmittelbar Klage zu erheben, so würde der Schutz des jüngeren Geschmacksmusters abgeschwächt, obwohl dieses ordnungsgemäß eingetragen worden ist. Die Wahl der einen oder der anderen Auslegung stellt daher eine Entscheidung zwischen zwei dem Grundsatz nach gleichwertigen Rechten dar.

31.

Für eine Stellungnahme erscheint mir der Umstand entscheidend, dass dann, wenn man dem Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters für die Erhebung einer Verletzungsklage gegen den Inhaber eines anderen, später eingetragenen Geschmacksmusters vorschreiben sollte, dass er vorab die Nichtigerklärung des zweiten Geschmacksmusters beantragt, die Gefahr bestünde, dass das System ernstlich in Frage gestellt wird.

32.

Wie bereits dargelegt, erfolgt die Eintragung eines Geschmacksmusters nämlich – anders als die einer Marke oder eines Patents – ohne irgendeine Prüfung in der Sache. Mit anderen Worten: Eine hypothetische Person, die Verletzungshandlungen vornähme, ohne dass sie irgendein Geschmacksmuster hätte eintragen lassen, könnte stets im Hinblick auf die drohende Erhebung einer Verletzungsklage ihrerseits sofort ein Geschmacksmuster eintragen lassen und so den Inhaber des ersten Geschmacksmusters dazu zwingen, dessen Nichtigerklärung zu erwirken, bevor er die Verletzungsklage erheben könnte ( 12 ). Das zweite Geschmacksmuster könnte sogar auch nach der Erhebung der Verletzungsklage eingetragen werden. Darüber hinaus würde auch nach der Nichtigerklärung des „defensiven“ Geschmacksmusters den Rechtsverletzer generell nichts daran hindern, ein neues, im Verhältnis zu dem vorangehenden unbedeutend abweichendes Geschmacksmuster eintragen zu lassen und es dazu zu benutzen, ein im Wesentlichen identisches Erzeugnis weiter zu vertreiben.

33.

Man sieht daher deutlich, wie die Verpflichtung, die Nichtigkeitsklage vor der Verletzungsklage zu erheben, einer bösgläubigen Person erlauben könnte, das System in der Weise zu missbrauchen, dass sie Verzögerungstaktiken anwendet und dadurch einen wirksamen Schutz eingetragener Geschmacksmuster faktisch verhindert. In einem solchen Fall wäre die praktische Wirksamkeit der Rechtsvorschriften der Union auf dem Gebiet der Geschmacksmuster ernstlich in Frage gestellt. Man darf im Übrigen auch die Notwendigkeit nicht vergessen, Gerichtsverfahren wie die auf Einstellung einer Verletzungstätigkeit gerichtete Klage schon ihrem Wesen nach mit besonderer Schnelligkeit behandeln zu können.

34.

Als weiterer Gesichtspunkt zugunsten der angegebenen Auslegung kann – auch wenn es sich meines Erachtens, entgegen der Ansicht der Klägerin des Ausgangsverfahrens, nicht um einen entscheidenden Faktor handelt – der Umstand genannt werden, dass Art. 19 der Verordnung vorsieht, dass der Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters eine Verletzungsklage generell gegen jeden beliebigen „Dritten“ erheben kann, der das eingetragene Geschmacksmuster ohne seine Zustimmung benutzt. Keine Ausnahme ist ausdrücklich für die Dritten vorgesehen, die ihrerseits ein eingetragenes Geschmacksmuster besitzen. Möglicherweise hätte der Gesetzgeber, wenn er ein Schutzprinzip für die Inhaber jüngerer eingetragener Geschmacksmuster hätte einführen wollen, dies ausdrücklich getan.

35.

Es ist folglich unerlässlich, Art. 19 Abs. 1 der Verordnung dahin auszulegen, dass er es dem Inhaber eines eingetragenen Geschmacksmusters erlaubt, die eigenen Rechte auch gegenüber einer Person, die ein eigenes jüngeres eingetragenes Geschmacksmuster benutzt, geltend zu machen, ohne dass er zuvor die Nichtigerklärung des zweiten Geschmacksmusters zu erwirken braucht.

36.

Im Übrigen hätte der Gesetzgeber – wie die Kommission richtigerweise festgestellt hat –, wenn er es für erforderlich gehalten hätte, präventiv die Nichtigkeit des jüngeren Geschmacksmusters feststellen zu lassen, den Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten sicherlich die Zuständigkeit dafür übertragen, über die Nichtigkeit eines Geschmacksmusters auch in der Hauptsache und nicht nur auf eine Widerklage hin zu entscheiden. Es hätte keinen Sinn, den Inhaber des älteren Geschmacksmusters dazu zu verpflichten, sich präventiv an das HABM zu wenden – mit allen Folgen, was die Dauer des Verfahrens und die Kosten der Rechtsverfolgung angeht –, und dem Inhaber des jüngeren Geschmacksmusters dagegen zu erlauben, die Nichtigkeit des älteren Geschmacksmusters im Wege der Widerklage geltend zu machen und damit eine Entscheidung unmittelbar vor dem nationalen Gericht zu erwirken.

37.

Darüber hinaus wird mit dieser Auslegung auch die Stellung des mutmaßlichen Rechtsverletzers angemessen geschützt, insbesondere gerade dank der Möglichkeit, eine Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit gemäß Art. 85 Abs. 1 der Verordnung unmittelbar bei dem mit der Verletzungsklage befassten Gericht zu erheben.

38.

Was sodann den oben erwähnten möglichen Einwand angeht, auf dem die polnische Regierung besonders bestanden hat, dass nämlich die hier vorgeschlagene Auslegung die Beachtung des Grundsatzes der Rechtssicherheit gefährden würde, werde ich mich auf folgende Ausführungen beschränken. Erstens schwächt – wie oben festgestellt – auch die alternative Auslegung, nach der der Inhaber des ersten eingetragenen Geschmacksmusters die vorherige Erklärung der Nichtigkeit des jüngeren Geschmacksmusters beantragen müsste, schließlich letzten Endes die Beachtung des nämlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit. Wie zu sehen war, besteht der einzige Unterschied darin, dass die aus der Eintragung des älteren Geschmacksmusters abgeleitete Sicherheit anstatt der aus der Eintragung des jüngeren Geschmacksmusters abgeleiteten leiden würde. Zweitens muss man sich auch vor Augen halten, dass der Besitz eines eingetragenen Geschmacksmusters (wie im Übrigen einer Marke oder eines Patents) seinem Inhaber auf jeden Fall niemals eine hundertprozentige Sicherheit bietet, dass er das eigene Geschmacksmuster ohne Einsprüche und Störungen wird benutzen können. Dies gilt insofern, als jedenfalls immer die Möglichkeit besteht, dass irgendjemand eine Klage auf Erklärung der Nichtigkeit dieses Geschmacksmusters erhebt.

2. Das Problem der rechtlichen Stellung des eingetragenen Geschmacksmusters des Rechtsverletzers

39.

Es ist einzuräumen, dass die von mir vorgeschlagene Auslegung der Verordnung eine Frage offenlässt. Hat der Inhaber des älteren Geschmacksmusters mit seiner Verletzungsklage gegen den Inhaber eines jüngeren Geschmacksmusters Erfolg, beschließt er aber, danach nicht auf Erklärung der Nichtigkeit dieses Geschmacksmusters zu klagen, bleibt die rechtliche Stellung des jüngeren Geschmacksmusters sozusagen unentschieden. Einerseits darf das entsprechende Erzeugnis nicht mehr vertrieben werden. Andererseits bleibt dieses Geschmacksmuster, da das nationale Gericht es nicht für nichtig erklärt hat, weil es dafür nicht zuständig ist, formal gültig, und theoretisch könnte sein Inhaber sich seiner bedienen, wenn auch nicht mehr dazu, sein eigenes Erzeugnis in den Verkehr zu bringen, zumindest aber dazu, Klagen gegen andere Erzeuger und/oder Inhaber eingetragener Geschmacksmuster zu erheben.

40.

Die Schwierigkeit ist hier jedoch meiner Ansicht nach eher scheinbar als real.

41.

Vor allem liegt die Möglichkeit fern, dass der Inhaber des jüngeren Geschmacksmusters dieses, auch nachdem er auf eine Verletzungsklage hin unterlegen ist, bloß zu dem Zweck benutzen könnte, andere Wirtschaftsteilnehmer zu schädigen. Sobald sein Erzeugnis jedenfalls nicht mehr vertrieben werden darf, würde einer solchen Person das Interesse daran fehlen, derartige Gerichtsverfahren anzustrengen.

42.

Wenn tatsächlich eine bedeutende Ähnlichkeit zwischen dem Geschmacksmuster des Rechtsverletzers und dem eines Dritten besteht, ist es allerdings wahrscheinlich, dass es auch eine Ähnlichkeit mit dem älteren Geschmacksmuster gibt, dessen Inhaber der Kläger der ersten Verletzungsklage ist. In einem solchen Fall ist es wohl wahrscheinlicher, dass der Letztgenannte derjenige ist, der gegen den Dritten vorgehen wird, da er daran ein ganz konkretes Interesse hat.

43.

Auch wenn man sich einen besonders hartnäckigen Rechtsverletzer vorstellen wollte, der beschließen sollte, eine Verletzungsklage gegen einen Dritten zu erheben, der das eigene Geschmacksmuster benutzt, stünde diesem Dritten jedenfalls eine besonders wirkungsvolle Waffe zur Verfügung: die Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit. Insbesondere angesichts des Ausgangs des vorangehenden Gerichtsverfahrens mit der Verurteilung des Rechtsverletzers zur Einstellung des Vertriebs des eigenen Erzeugnisses wegen der Kollision mit einem älteren eingetragenen Geschmacksmuster ist meiner Ansicht nach klar, dass der betreffende Dritte vor dem nationalen Gericht leichtes Spiel dabei hätte, in der Mehrzahl der Fälle ( 13 ) die Erklärung der Nichtigkeit des Geschmacksmusters des Rechtsverletzers im Wege der Widerklage wegen fehlender Neuheit und/oder Unterscheidungskraft gemäß den Art. 5 und 6 der Verordnung zu erwirken. Derartige Nichtigkeitsgründe können nämlich gemäß Art. 25 in Verbindung mit Art. 84 der Verordnung von jedem geltend gemacht werden, der daran ein Interesse hat. Das Geschmacksmuster des Rechtsverletzers würde auf diese Weise endgültig ausgeschaltet, und der Rechtsunsicherheit in Bezug auf dieses Muster könnte ein Ende gesetzt werden. Paradoxerweise würde also das Verhalten eines Rechtsverletzers, der beschlösse, sein jüngeres Geschmacksmuster weiter zu benutzen, um Gerichtsverfahren gegen Dritte anzustrengen, letztlich die Erklärung der Nichtigkeit des betreffenden Geschmacksmusters herbeiführen und daher eine endgültige Klärung der Lage fördern.

44.

Aus den angegebenen Gründen bin ich daher der Auffassung, das die mit der rechtlichen Stellung des eingetragenen Geschmacksmusters des Rechtsverletzers verbundene Unsicherheit nicht ausreicht, um die von mir oben dargelegte Auslegung des Art. 19 der Verordnung wieder in Frage zu stellen. Ohne Zweifel wäre jedoch ein Tätigwerden des Gesetzgebers nützlich, um das Schicksal des eingetragenen und nicht für nichtig erklärten Geschmacksmusters einer Person, die in einem Verletzungsverfahren unterlegen ist, endgültig zu klären.

3. Zwischenergebnis

45.

Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass das gemäß Art. 19 der Verordnung bestehende Recht, Dritten die Benutzung eines eingetragenen Geschmacksmusters zu verbieten, auch gegenüber einem Dritten ausgeübt werden kann, der ein eigenes später eingetragenes Geschmacksmuster benutzt. Dazu ist es nicht erforderlich, die vorherige Nichtigerklärung des letztgenannten Geschmacksmusters zu erwirken.

4. Das Verhalten des Rechtsverletzers im jeweiligen Einzelfall

46.

Theoretisch könnte man sich vorstellen, die Strenge der in den vorstehenden Absätzen dargestellten Auffassung dadurch abzumildern, dass man eine Auslegung der Verordnung herausarbeitet, die die spezifischen Gesichtspunkte jedes Einzelfalls berücksichtigt, insbesondere die innere Einstellung des vermeintlichen Rechtsverletzers. Unter diesem Blickwinkel könnte man dem Inhaber des ersten eingetragenen Geschmacksmusters z. B. nur in den Fällen, in denen die zweite Eintragung bösgläubig erwirkt worden ist, oder aber wie im vorliegenden Fall nach einer außergerichtlichen Aufforderung, den Vertrieb der Erzeugnisse des beklagten Unternehmens einzustellen, erlauben, unmittelbar eine Verletzungsklage zu erheben, ohne zuvor die Erklärung der Nichtigkeit des zweiten Geschmacksmusters zu beantragen.

47.

Diese Möglichkeit führt uns zu einer spezifischeren Betrachtung der zweiten Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts, die, wie zu sehen war, dahin geht, ob das konkrete Verhalten der Person, die Inhaber des zweiten Geschmacksmusters ist, von Bedeutung für die Beantwortung der ersten Frage sein kann.

48.

Eine derartige Auslegung ist abzulehnen, so interessant sie auch sein mag. Würde man nämlich in allen Fällen wie dem vorliegenden vorschreiben, den Willen des Beklagten zu untersuchen oder auch nur zu prüfen, ob es eine vorprozessuale Phase gegeben hat, durch die der Beklagte zu seiner „defensiven“ Eintragung veranlasst worden ist, so würde dies ein erhebliches Komplexitätsmoment in ein System einführen, das der Gesetzgeber ausdrücklich als einfach und zugleich effizient hat ausgestalten wollen.

49.

Ein weiteres Argument für die gerade angegebene Auslegung lässt sich in Art. 19 der Verordnung finden. In Unterabs. 2 des Abs. 2, der sich auf die nicht eingetragenen Geschmacksmuster bezieht, sieht diese Vorschrift ausdrücklich die Notwendigkeit einer Ermittlung in Bezug auf die Absichten eines angeblichen Rechtsverletzers vor. Dort ist nämlich Folgendes vorgesehen: „Die angefochtene Benutzung wird nicht als Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Geschmacksmusters betrachtet, wenn sie das Ergebnis eines selbständigen Entwurfs eines Entwerfers ist, von dem berechtigterweise angenommen werden kann, dass er das von dem Inhaber offenbarte Muster nicht kannte.“ Da eine derartige Ermittlung der Absichten vom Gesetzgeber nur für die nicht eingetragenen Geschmacksmuster vorgesehen worden ist, lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass umgekehrt im Fall von eingetragenen Geschmacksmustern bei der Prüfung des Verstoßes von solchen Nachprüfungen auch in Anbetracht des größeren Schutzes, den die Eintragung einem Geschmacksmuster bietet, abzusehen ist.

50.

Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass für die Beantwortung der ersten Frage sowohl die Absicht des Dritten als auch der Umstand, dass die Eintragung von dessen Geschmacksmuster nach einer außergerichtlichen Aufforderung, den Vertrieb seines Erzeugnisses einzustellen, erfolgt ist, unerheblich ist.

V – Ergebnis

51.

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante und des Juzgado de Marca Comunitaria n° 1 wie folgt zu beantworten:

Das in Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster vorgesehene Recht, einem Dritten die Benutzung eines eingetragenen Geschmacksmusters zu verbieten, kann auch gegenüber einem Dritten ausgeübt werden, der ein eigenes später eingetragenes Geschmacksmuster benutzt. Dafür ist es nicht erforderlich, die vorherige Nichtigerklärung des letztgenannten Geschmacksmusters zu erwirken.

In diesem Zusammenhang sind sowohl die Absicht des Dritten als auch der Umstand, dass die Eintragung von dessen Geschmacksmuster nach einer außergerichtlichen Aufforderung, den Vertrieb seines Erzeugnisses einzustellen, erfolgt ist, unerheblich.


( 1 ) Originalsprache: Italienisch.

( 2 ) Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1).

( 3 ) Wie ich bereits in Fn. 6 meiner Schlussanträge vom 12. Mai 2011 in der Rechtssache C-281/10 P, PepsiCo (entschieden mit Urteil vom 20. Oktober 2011, Slg. 2011, I-10153), habe feststellen können, sind in der Verordnung die Begriffe „disegno“ und „modelo“ gleichwertig. Im Folgenden werde ich in den vorliegenden Schlussanträgen daher zuweilen, wenn keine Gefahr von Mehrdeutigkeit besteht, nur den Begriff „disegno“ verwenden.

( 4 ) Wie im Bereich der Marken sieht auch die Verordnung Nr. 6/2002 über das Geschmacksmuster in Art. 80 vor, dass die Mitgliedstaaten einige Gerichtsorgane als „Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte“ benennen. Das vorlegende Gericht in der vorliegenden Rechtssache ist das einzige erstinstanzliche Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht für Spanien.

( 5 ) Nr. 000421649-0001.

( 6 ) Nr. 000915426-0001.

( 7 ) Bis heute hat der Gerichtshof meines Wissens die Verordnung nur im Urteil vom 2. Juli 2009, FEIA (C-32/08, Slg. 2009, I-5611), und im Urteil PepsiCo (in Fn. 3 angeführt) in der Sache ausgelegt.

( 8 ) Vgl. insbesondere den 18. Erwägungsgrund und die Art. 45 bis 47 der Verordnung.

( 9 ) Vgl. die Art. 40 ff. der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1).

( 10 ) Bereits bei den Vorarbeiten zu der Verordnung war für den Gesetzgeber ganz klar, dass wegen der Unterschiedlichkeit der für die beiden Bereiche jeweils geltenden Regelung der gerichtliche Rechtsschutz für Geschmacksmuster anders gestaltet werden konnte als für Marken. Vgl. z. B. den von der Kommission am 3. Dezember 1993 vorgelegten ursprünglichen Vorschlag für die Verordnung, KOM(93) 342 endg. (ABl. 1994, C 29, S. 20; Punkt 8.10 des 1. Teils der Erläuterungen [KOM(93) 342 endg. – COD 463]).

( 11 ) Wie die Kommission zu Recht festgestellt hat, erscheint es kaum vorstellbar, dass eine Verletzungsklage gegen den Inhaber eines älteren Geschmacksmusters von dem Inhaber eines jüngeren Geschmackmusters ohne eine vorherige Nichtigerklärung des älteren Geschmacksmusters durch das HABM erhoben werden könnte. Dies geht jedoch über den Umfang der von dem nationalen Gericht in der vorliegenden Rechtssache gestellten Fragen hinaus und wird daher im Folgenden in meinen Schlussanträgen nicht erörtert.

( 12 ) Praktisch gesehen wäre die Sachlage auch dann die gleiche, wenn der Rechtsverletzer vorsichtiger vorgehen und ein „defensives“ Geschmacksmuster eintragen lassen würde, bevor er sein Erzeugnis vertreibt, also vor irgendwelchen außergerichtlichen Schritten des Inhabers des älteren Geschmacksmusters.

( 13 ) Gewisse Schwierigkeiten könnten sich dann ergeben, wenn das ältere Muster, das Gegenstand der ursprünglichen Streitigkeit ist, zum Zeitpunkt der Eintragung des Geschmacksmusters des Rechtsverletzers der Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht worden ist. In einem solchen Fall könnte die Nichtigkeit des letztgenannten Musters nicht von jedermann aufgrund von Art. 25 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung geltend gemacht werden, sondern gemäß dem sich anschließenden Buchst. d nur von dem Inhaber des älteren Geschmacksmusters, wie Art. 25 Abs. 3 bestimmt. Dieser Grundsatz gilt nach Art. 84 Abs. 2 auch für die Widerklagen auf Erklärung der Nichtigkeit.

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