Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62010CC0454

    Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón vom 14. Juli 2011.
    Oliver Jestel gegen Hauptzollamt Aachen.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesfinanzhof - Deutschland.
    Zollkodex der Gemeinschaften - Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich - Entstehung einer Zollschuld infolge des vorschriftswidrigen Verbringens von Waren - Begriff des ‚Zollschuldners‘ - Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen - Person, die beim Abschluss der Kaufverträge über die vorschriftswidrig verbrachten Waren als Vermittler tätig war.
    Rechtssache C-454/10.

    Sammlung der Rechtsprechung 2011 -00000

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:488

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    PEDRO CRUZ VILLALÓN

    vom 14. Juli 2011(1)

    Rechtssache C‑454/10

    Oliver Jestel

    gegen

    Hauptzollamt Aachen

    (Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs [Deutschland])

    „Zollunion – Zollkodex der Gemeinschaften – Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Entstehung der Zollschuld – Vorschriftswidriges Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union – Artikel 202 – Begriff des Zollschuldners – Besitzer eines eBay-Shops, der am Abschluss von Kaufverträgen über Waren aus einem Drittstaat beteiligt ist – Postalisches Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union ohne Erfüllung der Zollformalitäten – Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen von Waren in das Hoheitsgebiet der Union“






    1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wirft Fragen nach der Auslegung einer Vorschrift des Zollkodex der Europäischen Union(2) auf, die der Gerichtshof bereits ausgelegt hat(3) und die bestimmt, wer Schuldner einer beim vorschriftswidrigen Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union entstandenen Zollschuld ist. Die Konstellation des Ausgangsverfahrens ist jedoch neu, und die Entscheidung dieses Verfahrens könnte nicht unerhebliche Auswirkungen haben. Die Besonderheit liegt darin, dass die Beteiligung an diesem vorschriftswidrigen Verbringen im Internet erfolgt und die streitige Unregelmäßigkeit im Rahmen des Postverkehrs aufgetreten ist. Die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits kann, da diese beiden Umstände betroffen sind, für eine potenziell große Zahl von Personen von Bedeutung sein, aufgrund der beispiellosen Entwicklung des über das Internet zustande gekommenen Versandhandels(4) und des Multiplikatoreffekts des Internets(5).

    I –    Rechtlicher Rahmen

    2.        Art. 202 des Zollkodex bestimmt:

    „(1)      Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

    a)      wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder

    Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.

    (2)      Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.

    (3)      Zollschuldner sind:

    –      die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat;

    –      die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln;

    –      die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.“(6)

    II – Ausgangsrechtsstreit

    3.        Wie sich aus dem Vorlagebeschluss sowie aus den gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs eingereichten schriftlichen Erklärungen ergibt, stellte Herr Jestel, der Kläger des Ausgangsverfahrens, zwischen April 2004 und Mai 2006 über die Internetauktionsplattform eBay, auf der er zwei Shops unter seinem Namen unterhielt(7), zahlreiche Waren aus China in Auktionen ein.

    4.        Der Kläger des Ausgangsverfahrens wurde als Vermittler für den Abschluss von Warenkaufverträgen tätig und erhielt für diese über seine eBay-Shops erbrachten – insbesondere sprachlichen – Dienstleistungen ein Entgelt. Der chinesische Lieferant besorgte die Lieferung der Waren, setzte ihre Preise fest und kümmerte sich um den Versand in die Union, wobei die in Deutschland ansässigen Käufer direkt auf dem Postweg beliefert wurden.

    5.        Es wird geltend gemacht, dass diese Waren – offenbar aufgrund falscher Inhalts‑ und Wertangaben des chinesischen Lieferanten über die versandten Pakete – geliefert worden seien, ohne dass sie gestellt und die Einfuhrabgaben entrichtet worden wären.

    6.        Da das Hauptzollamt Aachen der Auffassung war, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex am vorschriftswidrigen Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union beteiligt gewesen sei, erließ es einen Abgabenbescheid über Beträge von rund 10 000 Euro Zoll und rund 21 000 Euro Einfuhrumsatzsteuer.

    7.        Der Kläger des Ausgangsverfahrens legte gegen den Abgabenbescheid Einspruch ein und machte geltend, dass der Abschluss der Kaufverträge in eBay und die Übermittlung der Namen und Adressen der Käufer an den chinesischen Lieferanten keine Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen von Waren im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex darstellen könnten, weil sie zeitlich bereits weit vor der Beförderung der Ware liegende und sich ausschließlich auf das Kausalgeschäft beziehende Handlungen darstellten.

    8.        Nach Zurückweisung seines Einspruchs und seiner gegen diese Zurückweisung beim Finanzgericht (Deutschland) erhobenen Klage legte der Kläger des Ausgangsverfahrens beim Bundesfinanzhof Revision ein.

    III – Vorlagefragen

    9.        Da für den Bundesfinanzhof fraglich ist, ob die Beteiligung des Klägers des Ausgangsverfahrens am Abschluss der Warenkaufverträge über seine Online-Shops in eBay genügen kann, um ihm die Eigenschaft eines Zollschuldners im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex zu verleihen, hat er beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.         Wird wegen „Beteiligung“ am vorschriftswidrigen Verbringen einer Ware in das Zollgebiet der Europäischen Union gemäß Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften Zollschuldner, wer, ohne an dem Verbringen unmittelbar mitzuwirken, den Abschluss der Kaufverträge über die betreffenden Waren vermittelt und dabei in Betracht zieht, dass der Verkäufer die Waren oder einen Teil der Waren möglicherweise unter Hinterziehung der Einfuhrabgaben liefern wird?

    2.         Reicht es gegebenenfalls aus, dass er dies für denkbar hält, oder wird er nur dann Zollschuldner, wenn er fest damit rechnet, dass dies geschehen wird?

    10.      Das vorlegende Gericht stellt klar, dass über die Frage, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens vermutet hatte, dass die Einfuhren unter Einhaltung der Zollformalitäten vorgenommen werden würden, ob er in dieser Hinsicht Zweifel gehegt oder ob er von Beginn an damit gerechnet hatte, dass sie unter Verstoß gegen diese Formalitäten erfolgen würden, noch nicht abschließend entschieden worden ist.

    11.      Die tschechische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben.

    12.      Da die Beteiligten, die schriftliche Erklärungen abgegeben haben, keinen entsprechenden Antrag innerhalb der Frist des Art. 104 § 4 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs gestellt haben, hat der Gerichtshof beschlossen, keine mündliche Verhandlung durchzuführen.

    IV – Analyse

    A –    Die vorgelegten Fragen

    13.      Mit seinen beiden Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob der Sachverhalt, über den es im Ausgangsrechtsstreit zu befinden hat, unter die Bestimmungen des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex fällt.

    14.      Es ist darauf hinzuweisen, dass es für das vorlegende Gericht feststeht, dass die streitigen Waren im Sinne von Art. 202 Abs. 1 des Zollkodex vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht worden sind. Für fraglich hält es hingegen, ob die Umstände, unter denen der Kläger des Ausgangsverfahrens in die Vorgänge, die zu diesem vorschriftswidrigen Verbringen geführt haben, eingegriffen hat, es erlauben, ihn aufgrund von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex als Schuldner der beim Verbringen entstandenen Zollschuld zu betrachten.

    15.      Das vorlegende Gericht hält es ausdrücklich für zweifelhaft, ob eine Person, die, ohne an dem vorschriftswidrigen Verbringen einer Ware unmittelbar mitzuwirken, den Abschluss eines Kaufvertrags über diese Ware vermittelt, nach Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex an diesem Verbringen beteiligt sei.

    16.      Außerdem fragt sich das vorlegende Gericht, ob eine Person in der Lage von Herrn Jestel nach Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex Zollschuldner ist, wenn sie in Betracht gezogen hat, dass die Waren oder ein Teil der Waren möglicherweise unter Hinterziehung der Einfuhrabgaben geliefert würden. Mit seiner zweiten Frage fragt es genauer danach, ob es ausreicht, dass der Betreffende diese Möglichkeit für denkbar gehalten hat, oder ob es vielmehr erforderlich ist, dass er fest mit dem Eintritt dieser Möglichkeit gerechnet hat.

    B –    Die Struktur des Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex: der zweite Gedankenstrich

    17.      In Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex werden drei Gruppen von Personen festgelegt, die zu Schuldnern der beim vorschriftswidrigen Verbringen einer Ware in das Hoheitsgebiet der Union entstandenen Zollschuld erklärt werden können: erstens, wer die Ware vorschriftswidrig verbracht hat, zweitens die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln, und drittens die Personen, welche die vorschriftswidrig verbrachte Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

    18.      Wie der Gerichtshof entschieden hat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex, dass der Unionsgesetzgeber die Kriterien, nach denen die Personen bestimmt werden, die Zollschuldner sind, abschließend regeln(8) und den Kreis derjenigen, die im Fall des vorschriftswidrigen Verbringens von Waren in das Zollgebiet der Union als Schuldner der Zollschuld in Frage kommen, weit fassen wollte(9).

    19.      Es steht fest, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht die Person ist, die die streitigen Waren faktisch(10) in das Zollgebiet der Union verbracht hat, und daher nicht nach Art. 202 Abs. 3 erster Gedankenstrich des Zollkodex Zollschuldner sein kann(11).

    20.      Außerdem steht fest, dass er die streitigen Waren nicht erworben oder im Besitz gehabt hat und auch nicht nach Art. 202 Abs. 3 dritter Gedankenstrich des Zollkodex Zollschuldner sein kann.

    21.      Das vorlegende Gericht fragt sich daher zu Recht, ob auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex anwendbar ist.

    C –    Wer ist Zollschuldner im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex?

    22.      Die Einstufung als „Zollschuldner“ im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex hängt von Voraussetzungen ab, die auf grundsätzlich objektiven Gesichtspunkten – Beteiligung am Verbringen der streitigen Waren – und subjektiven Gesichtspunkten – Wissen um das vorschriftswidrige Handeln – beruhen. Wie der Gerichtshof als Synthese hervorgehoben hat, muss der Zollschuldner – eine natürliche oder juristische Person – wissentlich(12) am vorschriftswidrigen Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Union beteiligt gewesen sein, wobei die subjektiven Gesichtspunkte in bestimmten Fällen die Subsumtion unter den Begriff des Zollschuldners ausschließen können(13).

    23.      Bevor die Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex im Einzelnen geprüft werden, ist daran zu erinnern, dass das vorlegende Gericht davon ausgeht, dass die Waren vorschriftswidrig – also unter Verstoß gegen die in den Art. 38 bis 41 des Zollkodex vorgesehenen Förmlichkeiten – in das Hoheitsgebiet der Union verbracht worden sind. Darüber hinaus macht es in dieser Hinsicht indes nur wenige Angaben, obwohl dieses Verbringen im Rahmen des Postverkehrs erfolgt ist. Der Postverkehr ist jedoch Gegenstand besonderer – teilweise zum internationalen Recht gehörender – Vorschriften, die sich auf die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits auswirken könnten. Vor der Prüfung der beiden Voraussetzungen für die Anwendung des Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex ist daher eine kurze Darstellung der wichtigsten für den Postverkehr geltenden Vorschriften geboten.

    1.      Vorbemerkungen zur Besonderheit des Postverkehrs

    24.      Gemäß Art. 38 Abs. 1 Buchst. a des Zollkodex sind die in das Zollgebiet der Union verbrachten Waren vom Verbringer unverzüglich zu der von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle oder einem anderen von diesen Behörden bezeichneten oder zugelassenen Ort zu befördern. Art. 38 Abs. 4 des Zollkodex sieht jedoch für den Postverkehr eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor, sofern die zollamtliche Überwachung und die Möglichkeiten der zollamtlichen Prüfung dadurch nicht beeinträchtigt werden(14).

    25.      Der Gerichtshof ist bisher weder um Auslegung dieser Vorschrift des Zollkodex ersucht worden, noch hat er sich allgemein mit den für den Postverkehr geltenden Zollbestimmungen zu befassen brauchen.

    26.      In den Art. 237 und 238 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92(15), die in Titel VII, der die für das normale Zollanmeldeverfahren geltenden Vorschriften enthält, den Abschnitt 4 („Postverkehr“) bilden, sind die wichtigsten besonderen unionsrechtlichen Vorschriften(16) für den Postverkehr festgelegt(17).

    27.      Die Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen(18) sah außerdem für Sendungen mit geringem – d. h. 22 Euro nicht übersteigendem(19) – Wert und für Sendungen zwischen Privatpersonen – genauer gesagt für Sendungen von einer Privatperson aus einem Drittland an eine andere Privatperson im Zollgebiet der Union –Befreiungen von den Eingangsabgaben vor, sofern es sich um Einfuhren ohne kommerziellen Charakter handelte(20).

    28.      Im Vorlagebeschluss werden jedoch weder diese spezifischen Befreiungen noch auch nur die Verordnung Nr. 918/83 erwähnt. Die Regierung der Tschechischen Republik gelangt aufgrund der im Vorlagebeschluss geschilderten tatsächlichen Umstände im Übrigen zu dem Schluss, die streitigen Waren müssten vom Absender der Pakete, d. h. dem Lieferanten, in der den Paketen beiliegenden Dokumentation – den Vordrucken CN21 oder CN22 – als von den Eingangsabgaben befreite Waren mit geringem Wert gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 918/83 angegeben worden sein. Der Vorlagebeschluss lässt darüber hinaus den Schluss zu, dass die streitigen Einfuhren angesichts ihrer Häufigkeit jedenfalls nicht für eine Befreiung als Sendungen unter Privatpersonen in Betracht kommen.

    29.      Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, die tatsächlichen Feststellungen zu treffen, die es ihm ermöglichen, insoweit gegebenenfalls Schlussfolgerungen zu ziehen.

    30.      Zu berücksichtigen ist, dass für Postsendungen besondere Vorschriften gelten, die im Wesentlichen nicht in den vorgenannten Rechtsakten des abgeleiteten Unionsrechts festgelegt sind, sondern in dem am 10. Juli 1964 im Rahmen der Organisation der Vereinten Nationen geschlossenen Weltpostvertrag(21) und im internationalen Übereinkommen zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren(22), das am 18. Mai 1973 in Kyoto unterzeichnet wurde(23), insbesondere in dessen durch den Beschluss 94/798/EG des Rates vom 8. Dezember 1994(24) angenommene Anlage F.4 über die Zollformalitäten im Postverkehr, wie sie in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen umgesetzt wurden(25).

    31.      Insbesondere aus den Bestimmungen des Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren, vor allem der Anlage F.4 über die Zollformalitäten im Postverkehr, ergibt sich, dass die Einhaltung der Zollformalitäten bei internationalen Postsendungen in erster Linie dem Absender obliegt, der die erforderlichen Unterlagen, d. h. das Formular für die Zollinhaltserklärung (ursprünglich Vordruck C2/CP3 in Anlage F.4, nunmehr Zollinhaltsformular CN22 oder CN23 im Zollkodex der Union), die erforderlichen Handels- oder Proformarechnungen und gegebenenfalls jedes weitere geforderte Dokument (z. B. Ursprungsbescheinigung, Pflanzengesundheitszeugnis oder Ausfuhrgenehmigung), vorzulegen hat.

    2.      Die Beteiligung am Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union

    32.      Wie das vorlegende Gericht festgestellt hat, wird der Begriff „Beteiligung“ in Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex in diesem Kodex nicht definiert. Der Kodex enthält für die Ermittlung von Sinn und Bedeutung dieser Bestimmungen auch keine Verweisung auf das Recht der Mitgliedstaaten. Es handelt sich daher um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, den der Gerichtshof zu bestimmen hat. Der Gerichtshof hat nämlich wiederholt entschieden, dass die einheitliche Anwendung des Unionsrechts und der Gleichheitsgrundsatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Union einheitlich und autonom auszulegen sind, wobei diese Auslegung unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs und des mit der Vorschrift verfolgten Zwecks zu ermitteln ist(26).

    33.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit den Bestimmungen des Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex nicht der für das vorschriftswidrige Verbringen von Waren in das Hoheitsgebiet der Union „Verantwortliche“ ermittelt, sondern in einem weiteren Sinne im allgemeineren Interesse des Schutzes der finanziellen Interessen der Union die Schuldner der bei diesem vorschriftswidrigen Verbringen entstandenen Zollschuld bestimmt werden sollen.

    34.      Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex muss nämlich zunächst im Licht der vorhergehenden Absätze gesehen werden, insbesondere des Abs. 1 Buchst. a dieses Artikels, der das vorschriftswidrige Verbringen vor allem unter Bezugnahme auf die Art. 38 bis 41 des Zollkodex definiert. Das Verbringen von Waren in das Hoheitsgebiet der Union ist nach Art. 202 Abs. 1 letzter Satz des Zollkodex als vorschriftswidrig anzusehen, sofern diese Waren nicht nach Maßgabe der Art. 38 bis 41 des Zollkodex gestellt worden sind.

    35.      Diese Vorschrift bestätigt daher die zentrale Rolle, die der Zollanmeldung – und im weiteren Sinne dem Zollanmelder – im Zollkodex zukommt. Wie der Gerichtshof festgestellt hat, ist die Eigenschaft als Zollschuldner ausschließlich an die Förmlichkeit der Zollanmeldung geknüpft, sie beruht auf den Rechtswirkungen, die an die Förmlichkeit der Anmeldung geknüpft sind(27). Der Zollschuldner ist in der Regel der Anmelder, gegebenenfalls die Person, für deren Rechnung die Anmeldung abgegeben worden ist(28), oder aber derjenige, den die Anmeldepflicht trifft(29). Mit Art. 202 des Zollkodex soll unter diesem Blickwinkel der Begriff des „Zollschuldners“ gerade auf Personen ausgedehnt werden(30), die gegen die Bestimmungen des Zollrechts der Union über die Zollanmeldung verstoßen haben, wodurch negativ deren zentrale Rolle bestätigt wird(31).

    36.      Sodann ist festzustellen, dass die drei Gedankenstriche des Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex eine Reihenfolge festlegen, aus der eine gewisse Abstufung der „Verwicklung“ der Person, die wegen ihrer Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen von Waren als Zollschuldner anerkannt ist, abgelesen werden kann. So bezeichnet der erste Gedankenstrich die Person, die die Ware vorschriftswidrig verbracht hat, d. h. die Person, die normalerweise die Zollabwicklung hätte vornehmen und die Verpflichtungen des Zollanmelders hätte erfüllen müssen, gewissermaßen als Haupt- oder erstrangigen Zollschuldner. Der zweite und der dritte Gedankenstrich beziehen sich auf Personen, die, ohne nach Maßgabe der Bestimmungen des Zollkodex für die Zollabwicklung „verantwortlich“ zu sein, in diese gleichwohl – sei es im Vorfeld oder unmittelbar im Anschluss an das vorschriftswidrige Verbringen – involviert sind.

    37.      Art. 202 Abs. 3 des Zollkodex ermöglicht damit die Bestimmung mehrerer, gegebenenfalls gesamtschuldnerisch haftender(32) Gruppen von Schuldnern der beim vorschriftswidrigen Verbringen von Waren entstandenen Zollschuld entsprechend ihrer Verwicklung in den streitigen Vorgang. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Zollkodex keinen Vorrang einer Gruppe von Zollschuldnern vor einer anderen festlegt und sich die Zollverwaltung unterschiedslos an den Zollschuldner wenden kann, der für sie zur Verwirklichung des mit dieser Vorschrift verfolgten Ziels – Zahlung der aufgrund der Nichteinhaltung der Zollformalitäten hinterzogenen Zölle – am ehesten in der Lage ist.

    38.      Die in Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex aufgestellte objektive Voraussetzung ist in diesem Rahmen sehr allgemein gehalten und soll offensichtlich alle Arten von Sachverhalten erfassen. Es wird keine tatsächliche „Beteiligung“ an einem „vorschriftswidrigen Verbringen“ von Waren in das Zollgebiet und also keine mehr oder weniger unmittelbare Verwicklung in die begangene Unregelmäßigkeit verlangt, sondern schlicht eine „Beteiligung“ am Verbringen von Waren als solchem, d. h. eine Verwicklung in die Gesamtheit der Vorgänge, die zur physischen Präsenz der Waren im Zollgebiet der Union beigetragen haben.

    39.      Wie Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache, in der das Urteil Spedition Ulustrans(33) ergangen ist, betont hat, ist „diese Voraussetzung … immer erfüllt, wenn eine Person einen materiellen oder immateriellen Beitrag zur Verbringung der Ware in die Gemeinschaft geleistet hat“. Damit wird hervorgehoben, dass der potenziell(34) von dieser Vorschrift erfasste Bereich ausgesprochen weit ist und sowohl ein direkter Beitrag zum physischen Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union, d. h. eine aktive Mittäterschaft beim betrügerischen Übertritt der Außengrenzen der Union(35), als auch ein indirekter Beitrag wie z. B. die Beteiligung an der Finanzierung von Einfuhrtätigkeiten, die ein vorschriftswidriges Verbringen zur Folge haben, oder – wie im Ausgangsverfahren – die bloße Vermittlung des Abschlusses von Kaufverträgen über Waren, die später vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht werden, von ihr erfasst sein können.

    40.      Zwar ergibt sich aus dem Vorlagebeschluss, dass das Verbringen der Waren in das Zollgebiet der Union im Rahmen des Postverkehrs erfolgt ist und der Kläger des Ausgangsverfahrens weder Absender noch Empfänger der Postsendungen war, mit denen das Verbringen herbeigeführt wurde. Gleichwohl lassen diese Umstände nicht den Schluss zu, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens am streitigen Verbringen nicht „beteiligt“ gewesen wäre, da Rechtsgrundlage für die Entstehung der Zollschuld bei nicht zum Zoll angemeldeten oder unter einer unrichtigen Bezeichnung angemeldeten Waren(36) Art. 202 des Zollkodex ist.

    41.      Dagegen sind die Besonderheiten des Postverkehrs allerdings im Rahmen der Prüfung der in Art. 202 Abs. 3 zweiter und dritter Gedankenstrich des Zollkodex geforderten subjektiven Voraussetzung zu berücksichtigen, die ich im Folgenden untersuche und die gerade die Härten relativieren soll, die durch die Anwendung der objektiven Voraussetzung auf Personen entstehen, die den Pflichten eines Zollanmelders normalerweise nicht unterliegen.

    42.      Es ist daher festzustellen, dass eine Person, die den Abschluss von Kaufverträgen über in das Hoheitsgebiet der Union verbrachte Waren vermittelt hat, im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex an diesem Verbringen „beteiligt“ gewesen ist.

    3.      „Obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln“

    43.      Die Person, die im soeben dargelegten Sinne am Verbringen von Waren in das Hoheitsgebiet der Union „beteiligt“ gewesen ist, kann gemäß Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex jedoch nur unter der Voraussetzug als Zollschuldner angesehen werden, dass festgestellt wird, dass sie wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handelte. Das vorlegende Gericht stellt in dieser Hinsicht klar, dass es diese Feststellung noch nicht getroffen habe.

    44.      Wie der Gerichtshof mehrfach hervorgehoben hat, fällt in einem Verfahren nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, jede Beurteilung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts(37). Es ist daher nicht Sache des Gerichtshofs, selbst festzustellen, ob die subjektive Voraussetzung, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens wusste oder „vernünftigerweise hätte wissen müssen“, dass das Verbringen der streitigen Waren vorschriftswidrig war, im vorliegenden Fall erfüllt war. Um dem vorlegenden Gericht jedoch eine sachdienliche Antwort zu geben, kann ihm der Gerichtshof im Geist der Zusammenarbeit mit den nationalen Gerichten alle Hinweise geben, die er für erforderlich hält(38). Er hat dem vorlegenden Gericht daher die Hinweise zu geben, die es diesem ermöglichen, diese Feststellung zu treffen, und ihm sowohl über die dabei zu befolgende Methode als auch über die anzuwendenden Kriterien Auskunft zu erteilen.

    45.      Die Hauptschwierigkeit, die Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex – wie übrigens auch der dritte Gedankenstrich – aufwirft, liegt unbestreitbar in der Feststellung, was unter der Wendung „‚vernünftigerweise hätten wissen müssen‘[(39)], dass sie damit vorschriftswidrig handeln“(40), zu verstehen ist.

    46.      Mit seiner zweiten Frage schlägt das vorlegende Gericht alternativ zwei mögliche Antworten vor. Einerseits könnte eine Person, die an diesem vorschriftswidrigen Verbringen beteiligt war, dann Zollschuldnerin sein, wenn sie es für denkbar halten oder es sich vorstellen konnte, dass es zu diesem Verstoß gegen die Vorschriften kommen würde. Andererseits könnte sie nur unter der Voraussetzung Zollschuldnerin sein, dass sie praktisch dessen sicher ist, dass dies geschehen werde.

    47.      Ich bin keineswegs davon überzeugt, dass der Unionsgesetzgeber es zulassen wollte, dass eine Person, die am Verbringen von Waren in das Hoheitsgebiet der Union „beteiligt“ war, in dem von mir oben vorgeschlagenen sehr weiten Sinne der „Beteiligung“ Zollschuldner im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex ist, sofern sie nicht ausschließen konnte, dass es zu diesem Verstoß gegen die Vorschriften kommen würde, d. h. – um die Formulierung des vorlegenden Gerichts aufzugreifen –, sofern sie dies für „denkbar“ hält. Ich bin mir jedoch auch nicht sicher, ob die Einstufung als Zollschuldner im Sinne dieser Vorschrift den Grad von Gewissheit verlangt, der damit einherzugehen hat, wenn die fragliche Person fest mit dem Eintritt der Unregelmäßigkeit rechnen muss.

    48.      Ich neige daher der Auffassung zu, dass man sich über die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagenen Alternativen hinwegsetzen und eine autonome Auslegung des in Art. 202 Abs. 3 zweiter und dritter Gedankenstrich des Zollkodex verwendeten Begriffs vornehmen muss(41).

    49.      Das Adverb „vernünftigerweise“ bezieht sich auf die Lage eines Wirtschaftsteilnehmers mit normalem Kenntnisstand(42) und bezeichnet das, was jeder unter normalen Umständen hätte wissen müssen. Die subjektive Voraussetzung verlangt letztlich eine einzelfallbezogene Beurteilung der Informationen, über die die fragliche Person verfügt hat oder unter normalen Umständen verfügen konnte, mit der ermittelt werden soll, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Person in Kenntnis der Sachlage betrügerisch den Zollbestimmungen zuwidergehandelt hat.

    50.      Die in Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex vorgesehene subjektive Voraussetzung erfordert es daher, dass die Zollverwaltung unter der Kontrolle der zuständigen Gerichte feststellt, ob die Person, die am streitigen vorschriftswidrigen Verbringen der Waren beteiligt war, über Informationen verfügt hat, verfügen musste oder verfügen konnte, die es ihr erlaubten, den Verstoß gegen die Vorschriften zu erkennen, ihn vorherzusehen und gegebenenfalls zu verhindern, dass es zu ihm kommt.

    51.      Im Rahmen dieser Beurteilung können die zuständigen nationalen Behörden und Gerichte alle möglichen Gesichtspunkte berücksichtigen. Folgende Punkte seien zur Information und ohne Anspruch auf Vollständigkeit genannt: die Situation der betreffenden Person (einfache Privatperson, hauptberuflich Tätiger oder nebenberuflich Tätiger) sowie die Eigenschaft, in der sie in den streitigen Vorgang eingegriffen hat, die Art der als „Beteiligung“ am streitigen vorschriftswidrigen Verbringen anzusehenden Tätigkeiten sowie das Stadium des Einfuhrvorgangs, in dessen Verlauf diese Tätigkeiten ausgeführt worden sind (Finanzierung der Einfuhren, Organisation der Modalitäten des Warentransports, Abschluss der Kaufverträge), die etwaigen vertraglichen Verpflichtungen der betreffenden Person oder schlicht die Informationen, von denen sie eigentlich Kenntnis nehmen sollte oder die verfügbar und leicht zugänglich sind.

    52.      Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden und Gerichte, die verschiedenen ihnen zur Verfügung stehenden relevanten Anhaltspunkte dafür, dass der Betreffende mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Kenntnis der Sachlage gehandelt hat, zu gewichten und zu bewerten. Auch wenn ihnen in dieser Hinsicht ein gewisser Spielraum zuzuerkennen ist, haben sie diese Bewertung gleichwohl unter Beachtung der Vorschriften über die Beweisführung in vergleichbaren Fällen und im Einklang mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität vorzunehmen(43).

    53.      Sodann sei es mir zu dem alleinigen Zweck, dem vorlegenden Gericht eine zweckdienliche Antwort auf seine Fragen zu geben, abschließend gestattet, die Aspekte näher zu beleuchten, die im Rahmen der Sachlage, um die es im Ausgangsverfahren geht, berücksichtigt werden könnten.

    54.      Wie sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt, war der Kläger des Ausgangsverfahrens über seine eBay-Shops am streitigen vorschriftswidrigen Verbringen von Waren beteiligt.

    55.      Die Kommission weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens einerseits nicht leugnen könne, dass er über seine eBay-Shops mit einer gewissen Regelmäßigkeit und mit der Absicht der Gewinnerzielung einer Tätigkeit nachgegangen sei, die den Vertrieb von Waren über das Internet durch die Organisation und Förderung des Abschlusses von Kaufverträgen über Lieferungen von Waren aus China in die Union zum Gegenstand gehabt habe, und er andererseits sehr wohl gewusst habe, dass derartige Lieferungen eine Verpflichtung zur Entrichtung von Einfuhrabgaben begründet hätten. Die Kommission nimmt insoweit Bezug auf das von der deutschen Zollverwaltung ausgearbeitete Merkblatt zu Warenbestellungen über das Internet (E-Commerce). Sie folgert daraus, dass vom Kläger des Ausgangsverfahrens habe erwartet werden dürfen, dass er den Lieferanten oder seine Kunden auf die geltenden Vorschriften hinweise und auf deren Einhaltung bestehe, wenn er Zweifel an der Vorschriftsmäßigkeit des Verbringens der streitigen Waren in das Gebiet der Union gehabt habe.

    56.      Die Kommission führt damit zwei Gesichtspunkte an, nämlich zum einen die Art der Tätigkeiten des Klägers des Ausgangsverfahrens und den in diesem Fall nach Dauer und Umfang nahezu hauptberuflichen Charakter seiner Tätigkeit im Internet und zum anderen die Publizität der einschlägigen Informationen über die für seine Tätigkeiten geltenden Zollbestimmungen. Dazu ist Folgendes zu bemerken.

    57.      Der erste Gesichtspunkt – es ist wichtig, darauf hinzuweisen – betrifft weniger den Status des Klägers des Ausgangsverfahrens als vielmehr die Art seiner Tätigkeiten bzw. die Modalitäten ihrer Ausführung. Es geht nicht darum, zu bestimmen, ob er seine Tätigkeit hauptberuflich, nebenberuflich oder aus Liebhaberei ausübt, da diese Unterscheidung keine Grundlage im Zollkodex findet. Auch wenn bei einer natürlichen Person, die einer hauptberuflichen Tätigkeit nachgeht, davon auszugehen ist, dass sie sämtliche für diese Tätigkeit geltenden Vorschriften kennt(44), kann eine Tätigkeit, die eine natürliche Person aus Liebhaberei ausübt, sie umgekehrt nicht allein aus diesem Grund von der Verpflichtung zur Einhaltung der geltenden Zollbestimmungen befreien und auch nicht ihre Haftung für einen etwaigen Verstoß gegen diese Bestimmungen ausschließen.

    58.      Dagegen sind der kontinuierliche Charakter der in Rede stehenden Tätigkeit wie auch der Umfang der betreffenden Waren, die Zahl und die Häufigkeit der Postsendungen sowie der Umstand, dass diese von ein und demselben Lieferanten oder einer sehr geringen Zahl von Lieferanten auf den Weg vorgenommen worden sind, zweifellos Aspekte, die im Rahmen dieser Beurteilung zu berücksichtigen sind. Auch kann dem Umstand, dass der Betreffende die Modalitäten seiner Tätigkeit gerade im Hinblick darauf geändert hat, dass ihn die Verpflichtung zur Erfüllung der Zollformalitäten nicht trifft, unter diesem Blickwinkel entscheidende Bedeutung zukommen.

    59.      Der zweite Gesichtspunkt – die Publizität einschlägiger Informationen – ist sicherlich der wichtigste Umstand, der bei der Beurteilung der Frage, ob von einer Person vernünftigerweise angenommen werden kann, dass sie in Kenntnis der Sachlage betrügerisch gegen die Zollbestimmungen verstoßen hat, zu berücksichtigen ist. Das vorlegende Gericht kann in diesem Zusammenhang gewiss für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen, die leicht identifizierbar und leicht zugänglich sind, wie das von der Kommission angeführte Merkblatt zu Warenbestellungen über das Internet berücksichtigen. Es muss sich aber vor allem auch auf die Informationen stützen können, zu deren Kenntnisnahme der Kläger des Ausgangsverfahrens vertraglich verpflichtet war, d. h. die allgemeinen Geschäftsbedingungen(45) und die spezifischen Grundsätze von eBay.

    60.      Zu dieser Kategorie von „Pflichtinformationen“ gehören insbesondere die „Grundsätze für Verkäufer“(46), die alle eBay-Mitglieder lesen und verstehen müssen und mit denen insbesondere die Anwendung der „örtlichen Gesetze und Vorschriften“ sichergestellt werden soll. Verkäufer sind daher vertraglich dazu verpflichtet, den Grundsatz zum internationalen Handeln(47), mit dem die Notwendigkeit konkretisiert wird, dass Verkäufer und Käufer die verschiedenen geltenden Vorschriften einhalten, zu kennen und zu beachten. Unter den von eBay auf diese Weise online gestellten Informationen findet sich im Abschnitt „Hilfe“ der Website – unter den Rubriken „Bezahlen und Versenden“, „Verpacken und Versenden“ und „Versandkosten weltweit berechnen“ – insbesondere ein Dokument mit der Überschrift „Unterlagen für die Zollabwicklung“(48), das eine kurze Darstellung der zollrechtlichen Pflichten von Verkäufern enthält.

    61.      Wie oben ausgeführt, ist es jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zu bestimmen, ob der Kläger des Ausgangsverfahrens unter Berücksichtigung der Art seiner Tätigkeiten, der Informationen, die er zur Kenntnis zu nehmen hatte, und des tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhangs, in dem diese Tätigkeiten ausgeführt worden sind, insbesondere des Umstands, dass die streitigen Waren im Rahmen des Postverkehrs verbracht worden sind, als Schuldner der beim vorschriftswidrigen Verbringen von Waren in das Zollgebiet der Union im Sinne von Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich des Zollkodex entstandenen Zollschuld einzustufen ist.

    V –    Ergebnis

    62.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Vorlagefragen des Bundesfinanzhofs wie folgt zu beantworten:

    Art. 202 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass wegen Beteiligung am vorschriftswidrigen Verbringen einer Ware in das Zollgebiet der Europäischen Union Zollschuldner wird, wer, ohne an dem Verbringen unmittelbar mitzuwirken, daran als Vermittler für den Abschluss der Kaufverträge über die betreffenden Waren beteiligt war, sofern feststeht, dass diese Person in Anbetracht der Informationen, über die sie verfügt hat oder unter normalen Umständen verfügen konnte, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Kenntnis der Sachlage gehandelt hat.

    Dabei obliegt es den zuständigen nationalen Behörden und Gerichten, die verschiedenen ihnen zur Verfügung stehenden relevanten Anhaltspunkte unter Beachtung der Vorschriften über die Beweisführung in vergleichbaren Fällen und im Einklang mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität zu bewerten und zu gewichten.


    1 – Originalsprache: Französisch.


    2 – Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. L 311, S. 17) geänderten Fassung.


    3 – Vgl. insbesondere Urteile vom 4. März 2004, Viluckas und Jonusas (C‑238/02 und C‑246/02, Slg. 2004, I‑2141), vom 23. September 2004, Spedition Ulustrans (C‑414/02, Slg. 2004, I‑8633), und vom 3. März 2005, Papismedov u. a. (C‑195/03, Slg. 2005, I‑1667).


    4 – Wie etwa der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaft (Modernisierter Zollkodex) (KOM[2005] 608 endg.) (ABl. 2006, C 309, S. 22) festgestellt hat, „[steigt] das Volumen der über das Internet oder postalisch abgewickelten Käufe in Drittstaaten exponential [an]“.


    5 – Diese Rechtssache könnte sich darüber hinaus auf die Entwicklung von Handelstechniken wie des „drop shipment“ auswirken, das den Verkauf einer Ware erlaubt, die bei einem Lieferanten erworben wird, der selbst die Lieferung vornimmt, und es also ermöglicht, sich von den u. a. mit der Lagerung, dem Transport oder dem Kundendienst zusammenhängenden Problemen freizumachen.


    6 –      Der Zollkodex ist in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum, d. h. zwischen April 2004 und Mai 2006, u. a. durch die Verordnung (EG) Nr. 648/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 117, S. 13) geändert worden. Die mit dieser Verordnung am Zollkodex, insbesondere Art. 40, vorgenommenen Änderungen wirken sich jedoch nicht unmittelbar auf die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits aus.


    7 – Vorab ist klarzustellen, dass trotz des Umstands, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens seine Tätigkeiten über das Internet ausübte, die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178, S. 1) keine Anwendung findet. Denn auch wenn Tätigkeiten über eBay unter diese Richtlinie fallen, gilt dies, wie der Gerichtshof festgestellt hat, nach Art. 2 Buchst. h Ziff. ii dieser Richtlinie nicht für die „Lieferung von Waren …, über die auf elektronischem Wege ein Vertrag geschlossen wurde“ (vgl. Urteil vom 2. Dezember 2010, Ker-Optika, C‑108/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 29 und 30).


    8 – Urteile Spedition Ulustrans (Randnr. 39) und Papismedov u. a. (Randnr. 38); vgl. auch Urteil vom 15. September 2005, United Antwerp Maritime Agencies und Seaport Terminals (C‑140/04, Slg. 2005, I‑8245, Randnr. 30).


    9 – Urteil Papismedov u. a. (Randnr. 38).


    10 – Dies wäre etwa beim Fahrer eines Lastkraftwagens der Fall, der es versäumt hat, mit den von ihm beförderten Waren bei der ersten auf seiner Route liegenden Zollstelle nach Einreise in das Unionsgebiet vorstellig zu werden, wie in der Rechtssache, in der das Urteil Viluckas und Jonusas ergangen ist.


    11 – Urteile Viluckas und Jonusas (Randnr. 29) und Spedition Ulustrans.


    12 – Urteil Papismedov u. a. (Randnr. 40).


    13 – Urteile Spedition Ulustrans (Randnrn. 27 und 28) und Papismedov u. a. (Randnr. 40).


    14 – Vgl. auch Art. 45 des Zollkodex.


    15 – ABl. L 253, S. 1. Die durch den Zollkodex aufgehobene Verordnung (EWG) Nr. 4151/88 des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Festlegung der Vorschriften für in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren (ABl. L 367, S. 1) sah bereits besondere Vorschriften für den Postverkehr vor (vgl. u. a. den fünften Erwägungsgrund und die Art. 3 Abs. 4 und 10 dieser Verordnung).


    16 – Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach Art. 8 des Beschlusses 2000/597/EG, Euratom des Rates vom 29. September 2000 über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 253, S. 42) die Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b dieses Beschlusses, darunter Zölle, „von den Mitgliedstaaten nach den innerstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhoben [werden], die gegebenenfalls den Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung anzupassen sind“.


    17 – So heißt es in Art. 237 Abs. 1 Buchst. A der Verordnung Nr. 2454/93, dass Postsendungen, insbesondere Postpakete, entweder im Zeitpunkt des Beförderns, sofern sie im Sinne der Durchführungsvorschriften zu Art. 38 Abs. 4 des Zollkodex von der Verpflichtung des Beförderns freigestellt sind (Buchst. a), oder andernfalls im Zeitpunkt der Gestellung, wenn sie mit einer Zollinhaltserklärung CN22 und/oder CN23 befördert werden (Buchst. b), als angemeldet zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr „gelten“. Ursprünglich handelte es sich um die Zollinhaltserklärungen C1 und/oder C2/CP3. Die Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1602/2000 der Kommission vom 24. Juli 2000 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 188, S. 1) geändert worden, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die vom Weltpostverein festgelegten Vordrucke der Zollinhaltserklärung für Postsendungen (Briefe und Postpakete) ersetzt worden waren (vgl. insoweit den neunten Erwägungsgrund dieser Verordnung).


    18 – ABl. L 105, S. 1, Berichtigung in ABl. 1986, L 271, S. 31. Diese Verordnung ist geändert worden durch die Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge – Protokoll Nr. 3 über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern (ABl. 2003, L 236, S. 940). Sie ist durch die Verordnung (EG) Nr. 1186/2009 des Rates vom 16. November 2009 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (ABl. L 324, S. 23) aufgehoben worden.


    19 – Vgl. die Art. 27 und 28 der Verordnung. Diese Befreiung betraf unmittelbar aus einem Drittland an einen im Hoheitsgebiet der Union ansässigen Empfänger versandte Waren mit Ausnahme von alkoholischen Erzeugnissen, Parfums und Toilettenwasser sowie Tabak und Tabakwaren.


    20 – Vgl. die Art. 29 bis 31 dieser Verordnung.


    21 – Dieses Übereinkommen, dem alle Mitgliedstaaten der Union beigetreten sind, schafft den allgemeinen rechtlichen Rahmen für internationale postalische Dienste.


    22 – Beschluss 75/199/EWG des Rates vom 18. März 1975 über den Abschluss eines internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren und die Annahme des dazugehörigen Anhangs betreffend die Zolllager (ABl. L 100, S. 1).


    23 – Mit Beschluss 2003/321/EG des Rates vom 17. März 2003 über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Änderungsprotokoll zu dem Internationalen Übereinkommen über die Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (Übereinkommen von Kyoto) (ABl. L 86, S. 21) ist die Union dem Änderungsprotokoll zu dem Internationalen Übereinkommen über die Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren, das vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens am 26. Juni 1999 angenommen wurde, beigetreten. Vgl. auch den Beschluss 2004/485/EG des Rates vom 26. April 2004 zur Änderung des Beschlusses 2003/231/EG über den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Änderungsprotokoll zu dem Internationalen Übereinkommen über die Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (Übereinkommen von Kyoto) (ABl. L 162, S. 113). Der Beitritt betrifft den Text des Änderungsprotokolls einschließlich der Anhänge I und II mit Ausnahme des Anhangs III.


    24 – Beschluss 94/798/EG über die Annahme – im Namen der Gemeinschaft – der Anhänge E.7 und F.4 des Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren (ABl. L 331, S. 11). Allerdings ist zu bemerken, dass dieser Anhang mit einem allgemeinen Vorbehalt sowie Vorbehalten zu den Normen 19 und 26 und den empfohlenen Praktiken 23, 24 und 25 angenommen worden ist.


    25 – Vgl. hierzu meine Ausführungen in Fn. 16.


    26 – Vgl. insbesondere Urteile vom 18. Januar 1984, Ekro (327/82, Slg. 1984, 107, Randnr. 11), vom 19. September 2000, Linster (C‑287/98, Slg. 2000, I‑6917, Randnr. 43), und vom 27. Februar 2003, Adolf Truley (C‑373/00, Slg. 2003, I‑1931, Randnr. 35).


    27 – Urteil vom 14. November 2002, Ilumitrónica (C‑251/00, Slg. 2002, I‑10433, Randnrn. 32, 33 und 65).


    28 – Beispielsweise der Arbeitgeber der Person, die die streitige Ware in Besorgung von dessen Angelegenheiten vorschriftswidrig verbracht hat (vgl. Urteil Spedition Ulustrans).


    29 – Urteil Viluckas und Jonusas (Randnrn. 23 und 24).


    30 – Vgl. u. a. Urteil vom 2. April 2009, Elshani (C‑459/07, Slg. 2009, I‑2759, Randnrn. 26 bis 28).


    31 – Wie die Art. 203 bis 205, 210, 211 und 220 des Zollkodex, die sich alle auf Sachverhalte beziehen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass der betreffende Wirtschaftsteilnehmer gegen das Zollrecht der Union verstößt (vgl. Urteil vom 31. März 2011, Aurubis Balgaria, C‑546/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32 bis 34).


    32 – Wie dies in der Rechtssache der Fall war, in der das Urteil Spedition Ulustrans ergangen ist.


    33 – Nr. 40 der Schlussanträge.


    34 – D. h. unter dem Vorbehalt, dass die zweite, subjektiveVoraussetzung erfüllt ist.


    35 – So etwa bei gemeinsamer Verantwortung des Fahrers eines Lastkraftwagens, in dem die Waren die Außengrenzen der Union unter Verstoß gegen die Zollformalitäten überschritten haben, und seines Arbeitgebers, wie in der Rechtssache, in der das Urteil Spedition Ulustrans ergangen ist.


    36 – Urteil Papismedov u. a. (Randnr. 36).


    37 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. März 1978, Oehlschläger (104/77, Slg. 1978, 791, Randnr. 4), vom 15. November 1979, Denkavit Futtermittel (36/79, Slg. 1979, 3439, Randnr. 12), und vom 10. Februar 2011, Haribo und Österreichische Salinen (C‑436/08 und C‑437/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 41).


    38 – Vgl. u. a. Urteile vom 1. Juli 2008, MOTOE (C‑49/07, Slg. 2008, I‑4863, Randnr. 30), vom 4. Juni 2009, Mickelsson und Roos (C‑142/05, Slg. 2009, I‑4273, Randnr. 41), vom 15. April 2010, Sandström (C‑433/05, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35), und vom 22. Dezember 2010, Lecson Elektromobile (C‑12/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15).


    39 – Im Englischen „reasonably have been aware“, im Französischen „devant raisonnablement savoir“ und im Spanischen „debiendo saber razonablemente“.


    40 – Es ist zu bemerken, dass der Zollkodex weitere Vorschriften mit ähnlichen oder identischen Formulierungen enthält: Art. 8 Abs. 1 erster Gedankenstrich betrifft die Rücknahme einer aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Tatsachen ergangenen begünstigenden Entscheidung, Art. 201 Abs. 3 Unterabs. 2 auf unrichtigen Angaben beruhende Zollanmeldungen, Art. 203 Abs. 3 zweiter und dritter Gedankenstrich die Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung, Art. 205 Abs. 3 den Verbrauch einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in einer Freizone oder einem Freilager und Art. 210 Abs. 3 zweiter Gedankenstrich über das Verbringen einer ausfuhrabgabenpflichtigen Ware aus dem Zollgebiet der Union ohne Zollanmeldung. Der Gerichtshof selbst hat in seinen Urteilen identische Formulierungen verwendet (Urteil vom 17. März 2011, Kommission/Portugal, C‑23/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht). Ähnliche Formulierungen sind auch in den Rechtsakten über die Anwendung von Sanktionen gegen Drittstaaten oder bestimmte Personen oder Organisationen („smart sanctions“), wonach eine natürliche oder juristische Person für den Verstoß gegen ein Verbot nicht haftbar gemacht werden kann, wenn sie „keinen Grund zu der Annahme“ hatte, dass ihr Handeln diese Folge haben würde, stark verbreitet (vgl. etwa Art. 10 Abs. 2 der Verordnung [EU] Nr. 442/2011 des Rates vom 9. Mai 2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien [ABl. L 121, S. 1]).


    41 – Vgl. hierzu meine Ausführungen in Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


    42 – Der Begriff des Wirtschaftsteilnehmers mit normalem Kenntnisstand erinnert selbstverständlich auch an den Begriff des durchschnittlichen Verbrauchers oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Internetbenutzers, an dessen Maßstab u. a. die Unterscheidungskraft einer Marke beurteilt wird (Urteile vom 18. Juni 2002, Philips, C‑299/99, Slg. 2002, I‑5475, und vom 15. September 2005, BioID/HABM, C‑37/03 P, Slg. 2005, I‑7975). Der Begriff „normal informierter und angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher“ wird auch in anderen Zusammenhängen als dem des Markenrechts verwendet (vgl. Urteil vom 16. Juli 1998, Gut Springenheide und Tusky, C‑210/96, Slg. 1998, I‑4657). Vgl. außerdem auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes Urteil vom 4. Oktober 2007, Schutzverband der Spirituosen-Industrie (C‑457/05, Slg. 2007, I‑8075), sowie auf dem Gebiet der irreführenden Werbung Urteil vom 8. April 2003, Pippig Augenoptik (C‑44/01, Slg. 2003, I‑3095).


    43 – Vgl. hierzu insbesondere Urteile vom 10. April 2003, Steffensen (C‑276/01, Slg. 2003, I‑3735, Randnr. 80), vom 7. September 2006, Laboratoires Boiron (C‑526/04, Slg. 2006, I‑7529), vom 24. April 2008, Arcor (C‑55/06, Slg. 2008, I‑2931, Randnr. 192), und vom 28. Januar 2010, Direct Parcel Distribution Belgium (C‑264/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32 bis 36 und 42 bis 47).


    44 – Der hauptberufliche Charakter der ausgeführten Tätigkeit kann dagegen bei der Würdigung der Informationen, die der betreffenden Person zur Verfügung gestanden haben, selbstverständlich Berücksichtigung finden.


    45 – http://pages.ebay.de/help/policies/user-agreement.html.


    46 – http://pages.ebay.de/help/policies/seller-rules-overview.html.


    47 – http://pages.ebay.de/help/policies/international-trading.html.


    48 – http://pages.ebay.de/help/pay/customs.html.

    Top