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Document 62010CC0190

Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 31. März 2011.
Génesis Seguros Generales, Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros (Génesis) gegen Boys Toys SA und Administración del Estado.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Supremo - Spanien.
Gemeinschaftsmarke - Definition und Erwerb - Ältere Marke - Modalitäten für die Einreichung - Elektronische Einreichung - Berücksichtigung des Tages, der Stunde und der Minute der Einreichung der Anmeldung.
Rechtssache C-190/10.

Sammlung der Rechtsprechung 2012 -00000

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2011:202

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

NIILO JÄÄSKINEN

vom 31. März 2011 ( 1 )

Rechtssache C-190/10

Génesis Seguros Generales Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros (GENESIS)

gegen

Boys Toys SA

und

Administración del Estado

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Spanien])

„Gemeinschaftsmarke — Modalitäten für die Einreichung — Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 — Elektronische Einreichung der Anmeldung — Berücksichtigung des Tags, der Stunde und der Minute der Einreichung“

I – Einleitung

1.

Mit seinem Vorabentscheidungsersuchen legt das Tribunal Supremo (Spanien) dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung des Begriffs „Anmeldetag“ einer Gemeinschaftsmarke vor. Es möchte wissen, ob bei der Anwendung des Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 ( 2 ) außer dem Tag der Anmeldung auch die Stunde und die Minute der Einreichung berücksichtigt werden dürfen, um die Priorität der Gemeinschaftsmarke in Anspruch nehmen zu können.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Völkerrecht

2.

Art. 4 Buchst. A der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 ( 3 ) (im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft) lautet:

„(1)   Wer in einem der Verbandsländer die Anmeldung für … eine Fabrik- oder Handelsmarke vorschriftsmäßig hinterlegt hat, … genießt für die Hinterlegung in den anderen Ländern während der unten bestimmten Fristen ein Prioritätsrecht.

(2)   Als prioritätsbegründend wird jede Hinterlegung anerkannt, der nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften jedes Verbandslandes oder nach den zwischen Verbandsländern abgeschlossenen zwei- oder mehrseitigen Verträgen die Bedeutung einer vorschriftsmäßigen nationalen Hinterlegung zukommt.

(3)   Unter vorschriftsmäßiger nationaler Hinterlegung ist jede Hinterlegung zu verstehen, die zur Festlegung des Zeitpunkts ausreicht, an dem die Anmeldung in dem betreffenden Land hinterlegt worden ist, wobei das spätere Schicksal der Anmeldung ohne Bedeutung ist.“

3.

Art. 4 Buchst. C der Pariser Verbandsübereinkunft lautet:

„(1)   Die oben erwähnten Prioritätsfristen betragen … sechs Monate für die gewerblichen Muster oder Modelle und für die Fabrik- oder Handelsmarken.

(2)   Diese Fristen laufen vom Zeitpunkt der Hinterlegung der ersten Anmeldung an; der Tag der Hinterlegung wird nicht in die Frist eingerechnet.

(3)   Ist der letzte Tag der Frist in dem Land, in dem der Schutz beansprucht wird, ein gesetzlicher Feiertag oder ein Tag, an dem das Amt zur Entgegennahme von Anmeldungen nicht geöffnet ist, so erstreckt sich die Frist auf den nächstfolgenden Werktag.“

B – Unionsrecht

4.

Art. 8 („Relative Eintragungshindernisse“) der Verordnung Nr. 40/94 lautet:

„(1)   Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

a)

wenn sie mit der älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt;

b)

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)   ‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind:

a)

Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls mit der für diese Marken in Anspruch genommenen Priorität, die den nachstehenden Kategorien angehören:

i)

Gemeinschaftsmarken;

ii)

in einem Mitgliedstaat oder, soweit Belgien, Luxemburg und die Niederlande betroffen sind, beim BENELUX-Markenamt eingetragene Marken;

iii)

mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registrierte Marken;

b)

Anmeldungen von Marken nach Buchstabe a), vorbehaltlich ihrer Eintragung;

c)

Marken, die am Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls am Tag der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität, in einem Mitgliedstaat im Sinne des Artikels 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft notorisch bekannt sind. …“

5.

Gemäß Art. 14 („Ergänzende Anwendung des einzelstaatlichen Rechts bei Verletzung“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmt sich die Wirkung der Gemeinschaftsmarke ausschließlich nach dieser Verordnung.

6.

Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 legt die Erfordernisse der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke fest, zu denen a) ein Antrag auf Eintragung einer Gemeinschaftsmarke, b) Angaben, die es erlauben, die Identität des Anmelders festzustellen, c) ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird, d) eine Wiedergabe der Marke gehören. Nach Abs. 2 dieses Artikels ist für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke eine Anmeldegebühr zu entrichten.

7.

Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 („Anmeldetag“) lautet:

„Der Anmeldetag einer Gemeinschaftsmarke ist der Tag, an dem die die Angaben nach Artikel 26 Absatz 1 enthaltenden Unterlagen vom Anmelder beim Amt oder, wenn die Anmeldung bei der Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz eines Mitgliedstaats oder beim BENELUX-Markenamt eingereicht worden ist, bei der Zentralbehörde beziehungsweise beim BENELUX-Markenamt eingereicht worden sind, sofern binnen eines Monats nach Einreichung der genannten Unterlagen die Anmeldegebühr gezahlt wird.“

8.

Gemäß Art. 29 dieser Verordnung gilt das Prioritätsrecht für eine Frist von sechs Monaten nach Einreichung der ersten Anmeldung. Als prioritätsbegründend wird jede Anmeldung anerkannt, der nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, in dem sie eingereicht worden ist, oder nach zwei- oder mehrseitigen Verträgen die Bedeutung einer vorschriftsmäßigen nationalen Anmeldung zukommt. Unter vorschriftsmäßiger nationaler Anmeldung ist jede Anmeldung zu verstehen, die zur Festlegung des Tags ausreicht, an dem die Anmeldung eingereicht worden ist, wobei das spätere Schicksal der Anmeldung ohne Bedeutung ist.

9.

Gemäß Art. 32 der Verordnung Nr. 40/94 hat die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, deren Anmeldetag feststeht, in den Mitgliedstaaten die Wirkung einer vorschriftsmäßigen nationalen Hinterlegung, gegebenenfalls mit der für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommenen Priorität.

10.

Art. 97 („Anwendbares Recht“) der Verordnung Nr. 40/94 lautet:

„(1)   Die Gemeinschaftsmarkengerichte wenden die Vorschriften dieser Verordnung an.

(2)   In allen Fragen, die nicht durch diese Verordnung erfasst werden, wenden die Gemeinschaftsmarkengerichte ihr nationales Recht einschließlich ihres internationalen Privatrechts an.

(3)   Soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, wendet das Gemeinschaftsmarkengericht die Verfahrensvorschriften an, die in dem Mitgliedstaat, in dem es seinen Sitz hat, auf gleichartige Verfahren betreffend nationale Marken anwendbar sind.“

11.

Regel 5 („Einreichung der Anmeldung“) der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 ( 4 ) lautet:

„(1)

Das Amt vermerkt auf den Unterlagen der Anmeldung den Tag ihres Eingangs und das Aktenzeichen der Anmeldung. Es übermittelt dem Anmelder unverzüglich eine Empfangsbescheinigung, die mindestens das Aktenzeichen, eine Wiedergabe, eine Beschreibung oder sonstige Identifizierung der Marke, die Art und Zahl der Unterlagen und den Tag ihres Eingangs enthält.

…“

C – Nationales Recht

12.

Gemäß Art. 6 Abs. 2 des Gesetzes 17/2001 vom 7. Dezember 2001 über die Marken (Ley 17/2001 de 7 de diciembre, de Marcas, BOE Nr. 294 vom 8. Dezember 2001, S. 45579, im Folgenden: Gesetz 17/2001 über die Marken) ist unter „älteren Marken“ zu verstehen:

„a)

eine eingetragene Marke mit einem früheren Tag der Anmeldung oder einem früheren Tag der für die Anmeldung der Marke in Anspruch genommenen Priorität als dem Tag der zu prüfenden Anmeldung, die den nachstehenden Kategorien angehört: i) spanische Marken; ii) mit Wirkung für Spanien international registrierte Marken; iii) Gemeinschaftsmarken;

b)

eine eingetragene Gemeinschaftsmarke, für die der Inhaber wirksam den Zeitrang gemäß der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke aufgrund einer unter Buchst. a Ziff. i und ii genannten Marke in Anspruch nimmt, auch wenn letztere Marke Gegenstand eines Verzichts gewesen oder verfallen ist;

c)

die Anmeldung einer der unter Buchst. a und b genannten Marken, vorbehaltlich der Bestätigung ihrer Eintragung;

d)

eine nicht eingetragene Marke, die am Tag der Anmeldung oder am Tag der für die Anmeldung der zu prüfenden Marke in Anspruch genommenen Priorität in Spanien im Sinne des Art. 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft ‚notorisch bekannt‘ ist“.

13.

Art. 11 dieses Gesetzes („Anmeldung“) lautet:

„(1)   Die Anmeldung der Marke erfolgt bei der zuständigen Stelle der Autonomen Gemeinschaft, in der der Anmelder seinen Sitz oder eine tatsächliche und nicht nur zum Schein bestehende gewerbliche Niederlassung oder Handelsniederlassung hat. …

(6)   Die für die Entgegennahme der Anmeldung zuständige Stelle erfasst zum Zeitpunkt des Empfangs die Nummer der Anmeldung sowie den Tag, die Stunde und die Minute ihrer Übermittlung in einer durch Verordnung festzulegenden Form.“

14.

Art. 12 des Gesetzes 17/2001 über die Marken, der die Erfordernisse der Anmeldung festlegt, lautet:

„(1)   Die Anmeldung muss mindestens enthalten: einen Antrag auf Eintragung der Marke; die Identität des Anmelders; eine Wiedergabe der Marke; ein Verzeichnis der Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung begehrt wird.

…“

15.

Art. 13 des Gesetzes 17/2001 über die Marken lautet:

„(1)   Der Anmeldetag ist der Tag, an dem die gemäß Artikel 11 zuständige Stelle die die Angaben nach Artikel 12 Absatz 1 enthaltenden Unterlagen entgegennimmt.

(2)   Der Anmeldetag einer bei einem Postamt eingereichten Anmeldung ist der Tag, an dem das Postamt die die Angaben nach Artikel 12 Absatz 1 enthaltenden Unterlagen entgegennimmt, sofern sie in einem offenen Umschlag und als an die für die Entgegennahme der Anmeldung zuständige Stelle gerichtetes Einschreiben mit Rückschein eingereicht werden. Das Postamt vermerkt den Tag, die Stunde und die Minute der Einreichung.

(3)   Hat eine Verwaltungsstelle oder -einheit im Sinne der vorstehenden Absätze bei der Entgegennahme der Anmeldung die Stunde ihrer Einreichung nicht vermerkt, gilt sie als in der letzten Stunde des jeweiligen Tags eingereicht. Wurde die Minute nicht vermerkt, gilt sie als in der letzten Minute der jeweiligen Stunde eingereicht. Wurde weder die Stunde noch die Minute vermerkt, gilt sie als in der letzten Stunde und der letzten Minute des jeweiligen Tags eingereicht.“

III – Ausgangsrechtsstreit, Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

16.

Das Unternehmen Génesis Seguros Generales Sociedad Anónima de Seguros y Reaseguros (im Folgenden: Génesis) meldete per E-Mail beim Markenamt für den Binnenmarkt (im Folgenden: HABM) zwei Gemeinschaftsmarken an: die Wortmarke RIZO Nr. 3543361 für die Klassen 16, 28, 35 und 36 der Klassifikation von Nizza und die Wortmarke RIZO, EL ERIZO Nr. 3543386 für die Klassen 16, 35 und 36 dieser Klassifikation.

17.

Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts erfolgte die Übermittlung ( 5 ) der elektronischen Anmeldungen für diese beiden Gemeinschaftsmarken an das HABM im Licht der beigebrachten Beweise um 11.52 Uhr bzw. 12.13 Uhr am Vormittag des 12. Dezember 2003.

18.

Wie sich darüber hinaus aus der Vorlageentscheidung ergibt, meldete das Unternehmen Pool Angel Tomas SL um 17.45 Uhr desselben 12. Dezember 2003 bei der Oficina Española de Patentes y Marcas (Spanisches Patent- und Markenamt, im Folgenden: OEPM) die Wortmarke RIZO’S Nr. 2571979-3 für die Klasse 28 der Klassifikation von Nizza für Spanien an.

19.

Génesis nahm ihr Prioritätsrecht für die Gemeinschaftsmarken RIZO Nr. 3543361 und RIZO, EL ERIZO Nr. 3543386 in Anspruch und erhob Widerspruch gegen die Anmeldung der oben genannten nationalen Marke RIZO’S.

20.

Die OEPM wies den Widerspruch mit Entscheidung vom 9. Dezember 2004 zurück, da die geltend gemachten Marken gegenüber der angemeldeten Marke keine Priorität hätten, und trug die Marke RIZO’S ein.

21.

Génesis legte Einspruch ein und beantragte, dass die OEPM die Priorität ihrer Gemeinschaftsmarken feststellen möge, da diese Gemeinschaftsmarken am 12. Dezember 2003 elektronisch angemeldet worden seien und dieses Datum insoweit maßgeblich sei.

22.

Die OEPM wies den Einspruch mit Entscheidung vom 29. Juni 2005 mit der Begründung zurück, dass das Datum der Anmeldung der Gemeinschaftsmarken der Einspruchsführerin zeitlich nach dem der Anmeldung der spanischen Marke RIZO’S liege, weil für die Anmeldung der Gemeinschaftsmarken gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 der 7. Januar 2004 als Anmeldetag gegolten habe.

23.

Auf die von Génesis gegen diese letzte Entscheidung erhobene Klage hin stellte die Zweite Abteilung der Kammer für Verwaltungsstreitsachen des Tribunal Superior de Justicia de Madrid mit Urteil vom 7. Februar 2007 fest, dass die Eintragung der spanischen Marke RIZO’S rechtmäßig gewesen sei. Das Gericht war der Auffassung, dass Anmeldetag der entgegengehaltenen Gemeinschaftsmarken der Tag gewesen sei, an dem die Unterlagen tatsächlich vorgelegt worden seien, und nicht der 12. Dezember 2003, der Tag der Anmeldung auf elektronischem Weg.

24.

Mit ihrem Rechtsmittel gegen das Urteil vom 7. Februar 2007 trat Génesis erstens der Auffassung des Tribunal Superior de Justicia de Madrid betreffend den Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarken entgegen. Bei korrekter Auslegung der Art. 26 und 27 der Verordnung Nr. 40/94 müsse der 12. Dezember 2003, an dem die Anmeldungen der Gemeinschaftsmarken beim HABM eingegangen und dort entgegengenommen worden seien, als Anmeldetag gelten. Zweitens habe das Tribunal Superior de Justicia de Madrid dadurch, dass es die Priorität der Gemeinschaftsmarken RIZO Nr. 3543361 und RIZO, EL ERIZO Nr. 3543386 nicht anerkannt habe, gegen Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und c des Gesetzes 17/2001 über die Marken, die den Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken Priorität einräumten, die vor den Anmeldungen bei der OEPM eingereicht worden seien, verstoßen.

25.

Das Tribunal Supremo weist darauf hin, dass mit Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94, auch wenn nach dieser Vorschrift der Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke der Tag sei, an dem sie beim HABM oder den in der Bestimmung genannten Stellen eingereicht worden sei, kein Kriterium für die Reihenfolge von Anmeldungen aufgestellt werde, die am selben Tag eingereicht würden. Das spanische Kriterium zur Bestimmung der Priorität einer Marke seien in Fällen, in denen der Anmeldetag übereinstimme, die Stunde und die Minute ihres Eingangs bei der OEPM.

26.

Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Kann Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 dahin ausgelegt werden, dass nicht nur der Tag, sondern auch die Stunde und die Minute der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke beim HABM berücksichtigt werden können (sofern diese Angabe feststeht), um die zeitliche Priorität gegenüber einer an demselben Tag angemeldeten nationalen Marke zu bestimmen, wenn nach den die Eintragung Letzterer regelnden innerstaatlichen Bestimmungen die Uhrzeit der Anmeldung zu berücksichtigen ist?

27.

Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 16. April 2010 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden. Génesis, die spanische, die italienische und die griechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

IV – Zur Vorlagefrage

A – Allgemeine Bemerkungen zum Markensystem

28.

Vorab möchte ich auf die Charakteristika des Markensystems hinweisen, d. h. seine qua natura internationale Dimension einerseits und seine notwendige territoriale Beschränkung andererseits. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass es verschiedene Markenschutzsysteme gibt, zu denen auch das Markenschutzsystem der Union gehört ( 6 ).

29.

Die typischen Merkmale der Marke ergeben sich bereits aus den den Abschluss der Pariser Verbandsübereinkunft begleitenden Arbeiten ( 7 ). Im Zusammenhang mit der Bestimmung des auf den Schutz des gewerblichen Eigentums anwendbaren Systems wurde der erste Vorschlag einer einheitlichen supranationalen Rechtsordnung als utopisch und unrealistisch zurückgewiesen. Der zweite Vorschlag, der dahin ging, Kollisionsnormen zu erlassen, wonach das Recht des Ursprungslands der Erfindung oder der Markeneintragung anzuwenden war, wurde als ungerecht empfunden. Gemäß Art. 2 der Pariser Verbandsübereinkunft entschieden sich ihre Urheber daher für den dritten Vorschlag, den Grundsatz der Inländergleichbehandlung ( 8 ). Nach dem Territorialitätsprinzip (lex loci protectionis) sind die Rechtswirkungen einer Marke auf das Hoheitsgebiet des Staates beschränkt, für das sie Schutz genießt ( 9 ).

30.

Im Unionsrecht stellt das Markenrecht einen wesentlichen Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs dar. In diesem System muss jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qualität seiner Waren oder seiner Dienstleistungen an sich zu binden, Zeichen als Marken eintragen lassen können, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden ( 10 ).

31.

Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften im Bereich des Markenrechts stützt sich auf zwei verschiedene Texte, die parallel angewandt werden, aber in mancher Hinsicht miteinander verknüpft sind. Es handelt sich einerseits um das Gemeinschaftsmarkensystem, d. h. das Recht des gewerblichen Eigentums nach der Verordnung Nr. 40/94, mit der ein einheitliches Markenrecht eingeführt worden ist, das auf das gesamte Hoheitsgebiet der Union Anwendung findet. Andererseits hat der Unionsgesetzgeber mit der Richtlinie 89/104 den Versuch einer Annäherung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften unternommen, ohne jedoch das Territorialitätsprinzip, d. h. die Verknüpfung der Rechtswirkungen einer Marke mit dem Hoheitsgebiet des fraglichen Mitgliedstaats, anzutasten.

32.

Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass das Gemeinschaftsmarkenrecht nach dem fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 nicht an die Stelle der Markenrechte der Mitgliedstaaten tritt. Die nationalen Marken bestehen fort, weil sie als notwendig für die Unternehmen eingestuft werden, die sich nicht für einen Schutz ihrer Marke auf Unionsebene entscheiden ( 11 ).

33.

Die Gemeinschaftsmarke ergänzt also die einzelstaatlichen Schutzsysteme. Wie sich aus dem ersten und dem dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 89/104 ergibt, verfolgt diese das Ziel einer teilweisen Harmonisierung, die sich auf diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften beschränkt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken ( 12 ).

34.

Der Markenschutz innerhalb der Union ist also durch die Koexistenz mehrerer Schutzsysteme gekennzeichnet, was zu einem deutlichen Anstieg der Markenanmeldungen und, wie wir sehen werden, in Ausnahmefällen zu gleichzeitigen wirksamen Eintragungen führen kann.

B – Zur Eintragung und zum Tag der Anmeldung der Marke im Unionsrecht

35.

Die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke hat nach den Art. 25 bis 35 der Verordnung Nr. 40/94 Folgen in unterschiedlicher Hinsicht.

36.

Erstens beginnt die zehnjährige Schutzdauer der Marke gemäß Art. 46 der Verordnung Nr. 40/94 vom Tag der Anmeldung an zu laufen. Zweitens bestimmt, wie sich aus Art. 8 Abs. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, der in Art. 27 dieser Verordnung definierte Anmeldetag die Priorität einer Marke gegenüber anderen Marken ( 13 ). Drittens ist der Anmeldetag für die Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke maßgeblich, die sie infolge ihrer Benutzung vor der Einreichung der Anmeldung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 möglicherweise erlangt hat. Schließlich spielt der Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung im Rahmen der Feststellung absoluter Nichtigkeitsgründe der Marke bei der Beurteilung der Frage mit, ob der Anmelder im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bösgläubig ist ( 14 ).

37.

Daraus folgt, dass die genaue Bestimmung des Anmeldetags ein konstitutiver Bestandteil des Gemeinschaftsmarkensystems ist. Soweit das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen die Bestimmung des Sinns und der Tragweite des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 betrifft, ist zunächst die Rechtsnatur des Begriffs „Anmeldetag“ im Sinne dieser Vorschrift zu bestimmen.

38.

Vorab ist festzustellen, dass die Pariser Verbandsübereinkunft keine materiellen Vorschriften über die Erfordernisse der Einreichung enthält, in Art. 4 Buchst. A Abs. 2 dieser Übereinkunft aber vorsieht, dass sich die Vorschriftsmäßigkeit von Hinterlegungen nach den Rechtsvorschriften jedes Verbandslands oder nach den zwischen Verbandsländern abgeschlossenen zwei- oder mehrseitigen Verträgen bestimmt. In der Tat enthielt die Pariser Verbandsübereinkunft, auch wenn mit dieser ein Verband zum Schutz des gewerblichen Eigentums zwischen den Ländern geschaffen wurde, auf die sie anwendbar war, mehrere Bestimmungen, durch die die Verbandsländer verpflichtet wurden, auf dem Gebiet des gewerblichen Eigentums gesetzgeberisch tätig zu werden, oder die sie hierzu ermächtigten ( 15 ).

39.

Dagegen enthält die Verordnung Nr. 40/94 eine Sondervorschrift über die Voraussetzungen für die Einreichung der Gemeinschaftsmarke. Gemäß Art. 27 Abs. 1 dieser Verordnung ist der Anmeldetag einer Gemeinschaftsmarke der Tag, an dem die die Angaben nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 enthaltenden Unterlagen vom Anmelder beim HABM oder, wenn die Anmeldung bei der Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz eines Mitgliedstaats oder beim Benelux-Markenamt eingereicht worden ist, bei der Zentralbehörde beziehungsweise beim Benelux-Markenamt eingereicht worden sind, sofern binnen eines Monats nach Einreichung der genannten Unterlagen die Anmeldegebühr gezahlt wird ( 16 ).

40.

Wie sich also aus Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, enthält diese Vorschrift keinen ausdrücklichen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten.

41.

In diesem Zusammenhang folgt nach ständiger Rechtsprechung aus den Erfordernissen sowohl der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts als auch des Gleichheitssatzes, dass die Begriffe einer Vorschrift des Unionsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinns und ihrer Bedeutung nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Europäischen Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müssen, die unter Berücksichtigung des Kontexts der Vorschrift und des mit der fraglichen Regelung verfolgten Ziels gefunden werden muss ( 17 ).

42.

Im Rahmen der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke sind die Eintragungen älterer nationaler Marken als rechtserhebliche Tatsachen, an die nach den Rechtsvorschriften der Union Rechtsfolgen geknüpft sind, zu berücksichtigen.

43.

Folglich ist das HABM weder gehalten, sich die von der zuständigen Markenbehörde des Ursprungslands gestellten Anforderungen und vorgenommene Beurteilung zu eigen zu machen, noch dazu verpflichtet, die Anmeldemarke aufgrund von Eintragungsentscheidungen der nationalen Patent- und Markenämter zur Eintragung zuzulassen ( 18 ).

44.

Ich bin daher der Auffassung, dass die Bestimmung des „Anmeldetags“ einer Gemeinschaftsmarke eine Frage ist, die ausschließlich unter das Unionsrecht fällt, das in diesem Zusammenhang die einschlägigen internationalen Übereinkünfte zu berücksichtigen hat. Soweit die Verordnung Nr. 40/94 keine rechtliche Definition des Begriffs „Anmeldetag“ gibt, müssen Bedeutung und Sinn dieses Ausdrucks in dieser Verordnung ermittelt werden.

C – Zum Tag der Einreichung der Anmeldung im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits

45.

Bevor ich mich der Analyse des Schlüsselbegriffs der vorliegenden Rechtssache zuwende, muss ich anlässlich der Lektüre der Vorlageentscheidung auf die Unsicherheit hinweisen, die einen für den Ausgangsrechtsstreit zentralen tatsächlichen Umstand, nämlich die Bestimmung des Tags der Einreichung der Anmeldungen der in Rede stehenden Marken, zu umgeben scheint ( 19 ).

46.

Aus der Vorlageentscheidung geht nämlich hervor, dass die beiden Anmeldungen der Gemeinschaftswortmarken RIZO und RIZO, EL ERIZO am 12. Dezember 2003 auf elektronischem Weg beim HABM eingereicht worden sind. Das vorlegende Gericht stellt sich gleichwohl die Frage, ob dieser Tag der Übermittlung auf elektronischem Weg als maßgeblicher Anmeldetag für die Gemeinschaftsmarke anzusehen sei.

47.

Der Vorlageentscheidung lässt sich entnehmen, dass die von Génesis gegen die streitige Entscheidung der OEPM erhobene Klage durch ein Urteil des Tribunal Superior de Justicia de Madrid im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen worden ist, dass der Anmeldetag der entgegengehaltenen Gemeinschaftsmarken der 7. Februar 2004 (der Tag der tatsächlichen Vorlage der Unterlagen) sei und nicht der 12. Dezember 2003 (der Tag der Einreichung der Anmeldung auf elektronischem Weg).

48.

Hierzu ist festzustellen, dass die elektronische Anmeldung („E-filing“) eine Dienstleistung des HABM ist, die es den Nutzern ermöglicht, Gemeinschaftsmarken online anzumelden. Diese Dienstleistung bietet mehrere Vorzüge, darunter die automatische Zuweisung eines Anmeldetags im Sinne des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94.

49.

Angesichts des Wortlauts dieser Vorschrift ist davon auszugehen, dass der Tag der Einreichung der Anmeldung auf elektronischem Weg mit allen nach der Verordnung Nr. 40/94 erforderlichen Unterlagen und gefolgt von der Zahlung der Anmeldegebühr binnen eines Monats als Anmeldetag im Sinne des Art. 27 dieser Verordnung anzusehen ist. Das HABM stellt den Beteiligten dabei die für das Versenden der verlangten Anhänge notwendigen technischen Mittel zur Verfügung ( 20 ).

50.

Dagegen ist im Fall einer einfachen Anmeldung auf elektronischem Weg, bei der die verlangten Unterlagen nicht mitgeschickt werden, Anmeldetag im Sinne des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 der Tag, an dem alle erforderlichen Unterlagen tatsächlich beim HABM eingereicht worden sind. Dieser Tag liegt also später als der Tag der Einreichung der Anmeldung auf elektronischem Weg.

51.

Im Rahmen der Anwendung des Begriffs „Anmeldetag“ im Sinne des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 obliegt die Prüfung, an welchem Tag Génesis sämtliche erforderlichen Unterlagen im Zusammenhang mit ihren Anmeldungen tatsächlich vorgelegt und die Anmeldegebühr gezahlt hat, daher dem vorlegenden Gericht.

52.

Erst nach Behandlung dieses Gesichtspunkts ist es sinnvoll, sich den konkreteren zeitlichen Aspekten zuzuwenden, die das vorlegende Gericht angeführt hat.

D – Zur Berücksichtigung der Stunde und der Minute im Rahmen der Anwendung des Begriffs „Anmeldetag “ im Sinne der Verordnung Nr. 40/94

53.

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob im Rahmen der Anwendung des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 die Stunde und die Minute der Anmeldung berücksichtigt werden können, weil diese Angaben zur Bestimmung einer etwaigen Priorität gegenüber einer an demselben Tag angemeldeten nationalen Marke beitragen könnten. Nach spanischem Recht wird in einem solchen Fall der Übereinstimmung des Anmeldetags die Priorität der Marken nach der Stunde und der Minute des Eingangs bestimmt.

54.

Diese Frage steht also im Zusammenhang mit dem Prioritätsprinzip, wonach ein älteres Recht allen späteren entgegenstehenden Zeichen entgegengehalten werden kann ( 21 ). Mit dem von ihr auf der Grundlage des nationalen Rechts angestrengten Widerspruchsverfahren will Génesis also nachweisen, dass ihre beiden Gemeinschaftsmarken „ältere Marken“ im Sinne der nationalen Rechtsvorschriften sind, die die Definition des zeitlichen Vorrangs aus der Verordnung Nr. 40/94 übernommen haben ( 22 ).

55.

Die von den Beteiligten, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Erklärungen abgegeben haben, vorgeschlagenen Analysen der Bedeutung des Begriffs „Anmeldetag“ weichen erheblich voneinander ab. Ebenso wie die spanische und die italienische Regierung sowie die Kommission bin ich der Auffassung, dass die Stunde und die Minute der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke bei der Anwendung von Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 nicht relevant sind. Mir scheint, dass sich der „Anmeldetag“ ausschließlich auf den „bürgerlichen Tag“ bezieht. Dieser letzte Begriff entspricht meines Erachtens einem Kalendertag von Mitternacht bis Mitternacht, der die Nummer des Monats und des Jahres nach dem gregorianischen Kalender trägt, sowie einem entsprechenden Tag in den anderen Kalendersystemen ( 23 ). Ein bürgerlicher Tag kann also trotz Unterschieden in der Echtzeit aufgrund von Zeitzonen durchaus derselbe sein ( 24 ).

56.

Mehrere Gesichtspunkte sprechen meiner Meinung nach für diese Auslegung.

57.

Erstens weise ich darauf hin, dass das System der Pariser Verbandsübereinkunft, der alle Mitgliedstaaten angehören, auf das als einheitlicher oder bürgerlicher Tag verstandene Datum als Grundrechnungseinheit abstellt. Die Vorschriftsmäßigkeit der Hinterlegung wird nur im Hinblick auf diesen Aspekt beurteilt. Die Hinterlegung gilt als bewirkt, sobald eine den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Landes, in dem die Hinterlegung vorgenommen worden ist, entsprechende Anmeldung unter Beachtung der Formerfordernisse hinterlegt worden ist, und reicht selbst dann zur Festlegung des Zeitpunkts der Hinterlegung aus, wenn diese Anmeldung unvollständig oder formfehlerhaft war ( 25 ).

58.

Im Hinblick darauf ist anzumerken, dass die Einführung dieser Grundrechnungseinheit eng mit der sogenannten „Verbandspriorität“ der Pariser Verbandsübereinkunft verknüpft war, wonach für denjenigen, der innerhalb einer Frist von sechs Monaten von der Hinterlegung einer Marke in seinem Ursprungsland an dieselbe Marke in einem anderen Land hinterlegt, der Tag des ursprünglichen Schutzes als Tag der Hinterlegung gilt ( 26 ). Gemäß Art. 4 Buchst. C Abs. 2 dieser Übereinkunft laufen diese Fristen vom Zeitpunkt der Hinterlegung der ersten Anmeldung an; der Tag der Hinterlegung wird nicht in die Frist eingerechnet. Die Stunde und die Minute der Hinterlegung sind daher für die Berechnung der Prioritätsfrist nicht relevant ( 27 ).

59.

Die Verordnung Nr. 40/94 enthält eigene Vorschriften, die der Regelung der Übereinkunft entsprechend in Art. 29 dieser Verordnung ein Prioritätsrecht verankern, das Anmeldungen in einem Vertragsstaat der Übereinkunft oder in einem Vertragsstaat des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation einschließt ( 28 ). Durch die Wirkung des Prioritätsrechts sollen die mit der Gemeinschaftsmarke verbundenen Rechte bereits am Prioritätstag, d. h. am Tag der nationalen Anmeldung, entstehen ( 29 ).

60.

Meiner Ansicht nach ist es daher nicht möglich, den Anmeldetag gemäß Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 genauer zu bestimmen. Dies scheint mir umso mehr unmöglich zu sein, als diesem Begriff von vornherein eine ganz bestimmte Funktion im Rahmen der Anwendung des oben genannten Prioritätsprinzips zugewiesen worden ist, und zwar nicht nur auf Unionsebene, sondern auch bei der Anwendung der internationalen Regelungen über die Wirkungen der Registrierung von Marken. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die ältere Marke auch durch eine internationale Registrierung geschützt werden kann ( 30 ).

61.

Den Angaben auf der Website des HABM lässt sich zwar entnehmen, dass der Anmeldetag der Tag ist, an dem die Unterlagen nach Art. 26 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 beim HABM eingereicht worden sind, wobei die mitteleuropäische Zeit (MEZ) gilt ( 31 ). Gleichwohl bin ich der Meinung, dass die dort angegebene Uhrzeit zur Bestimmung des Anmeldetags beim HABM und nicht dazu dient, eine zeitliche Priorität einzuräumen, die auf der Stunde und der Minute der Einreichung beruht.

62.

Diese Auffassung wird auch durch eine grammatikalische Auslegung bestätigt, die auf den Wortlaut von Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 abstellt, in dem nur vom „Tag“ die Rede ist. Zudem ergibt sich aus Regel 5 der Durchführungsverordnung Nr. 2868/95, dass das HABM auf den Unterlagen der Anmeldung lediglich den Tag ihres Eingangs und das Aktenzeichen der Anmeldung vermerkt. Es übermittelt dem Anmelder unverzüglich eine Empfangsbescheinigung, in der mindestens das Aktenzeichen und der Tag des Eingangs der Anmeldung angegeben werden.

63.

Zweitens wird eine Auslegung, die darin besteht, die Stunde und die Minute der Einreichung nicht zu berücksichtigen, auch durch die Zielrichtung und die Natur der Rechtsvorschriften der Union bekräftigt. Wie ich bereits in den Nrn. 30 bis 34 und 39 bis 43 dieser Schlussanträge dargelegt habe, hatte die Verordnung Nr. 40/94 nicht die Annäherung des Rechts der Mitgliedstaaten zum Ziel, sondern die Schaffung eines einheitlichen, für die ganze Union geltenden Rechts des gewerblichen Eigentums. Darüber hinaus dürfen die rechtlichen Lösungen des innerstaatlichen Rechts angesichts der autonomen Natur der in der Verordnung Nr. 40/94 enthaltenen Begriffe des Unionsrechts zur Auslegung des Gemeinschaftsmarkensystems nicht herangezogen werden. Schließlich wird ein solcher Ansatz, wie die Kommission zu Recht vorträgt, durch Art. 14 in Verbindung mit Art. 97 dieser Verordnung bestätigt, aus denen hervorgeht, dass die Anwendbarkeit des einzelstaatlichen Rechts auf die Fragen beschränkt ist, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 40/94 fallen.

64.

Drittens ist auf Art. 32 der Verordnung Nr. 40/94, aus dem sich ergibt, dass die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke in den Mitgliedstaaten die Wirkung einer nationalen Markenanmeldung hat, und seine mögliche Bedeutung für die Bestimmung des auf die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke anwendbaren Rechts hinzuweisen. Dieser Artikel stellt allein auf den Anmeldetag ab.

65.

Wie die spanische Regierung zu bedenken gibt, bewirkt Art. 32 der Verordnung Nr. 40/94, der der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, deren Anmeldetag feststeht, in den Mitgliedstaaten die Wirkung einer vorschriftsmäßigen nationalen Hinterlegung beilegt, weder eine Änderung des gemeinschaftsrechtlichen Begriffs des Anmeldetags noch setzt er die subsidiäre Anwendung des nationalen Rechts voraus, sondern beschränkt sich darauf, den Anmeldungen von Gemeinschaftsmarken beim HABM die gleiche Rechtswirkung zu verleihen wie den Anmeldungen bei den nationalen Ämtern. Würde der Gerichtshof Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 entgegen seinem Wortlaut extensiv auslegen, hätte dies zur Folge, dass alle Markenanmelder verpflichtet wären, ihre Marken beim HABM eintragen zu lassen, damit ihr Prioritätsrecht nicht nur gegenüber anderen nationalen Marken, sondern auch gegenüber anderen Gemeinschaftsmarken sichergestellt wäre, was dem Grundsatz, dass die Gemeinschaftsmarke nicht an die Stelle der nationalen Marken tritt, zuwiderliefe.

66.

Schließlich ist es wichtig, auf mehrere praktische Schwierigkeiten hinzuweisen, die mit der Anwendung der Priorität in Echtzeit statt der Anwendung des Begriffs des bürgerlichen Tags im Rahmen des Gemeinschaftsmarkensystems verbunden wären.

67.

Zunächst scheint es die Tatsache, dass es in der Union verschiedene Zeitzonen gibt, mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt unmöglich zu machen, die Priorität der Gemeinschaftsmarke in Echtzeit zu bestimmen. Europa erstreckt sich nämlich über ein Gebiet von vier Zeitzonen ( 32 ).

68.

Angesichts dieser Vielfalt würde die Berücksichtigung der Stunde und der Minute der Anmeldung einer Marke die Festlegung einer zeitlichen Kollisionsnorm zwischen mehreren nationalen Systemen voraussetzen. Es könnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Priorität in Echtzeit unter Berücksichtigung der Pluralität der Kommunikationsmittel sowie ihrer Qualitätsunterschiede innerhalb mehrerer Mitgliedstaaten eine gewisse Verwirrung zur Folge hätte ( 33 ). Um diese Verwirrung zu beenden, wären nicht nur die Stunde und die Minute der Anmeldung einzutragen, es müsste vielmehr auch sichergestellt werden, dass die Informationssysteme der nationalen Behörden exakt auf die Atomzeit oder die Weltzeit eingestellt sind ( 34 ).

69.

Die Problematik des Anmeldetags würde damit ohne Nutzen in eine Debatte über nominale, um nicht zu sagen tatsächliche Einheiten verlagert. So entspricht z. B. der 1. Januar 0.30 Uhr Ortszeit in Finnland dem 31. Dezember 23.30 Uhr in den meisten Mitgliedstaaten.

70.

Eine elektronische Anmeldung ist zwar in mehreren Mitgliedstaaten möglich ( 35 ). Es scheint mir jedoch, dass zwischen der Möglichkeit einer elektronischen Anmeldung und der Einführung eines Prioritätssystems in Echtzeit zu unterscheiden ist. Die im Zuge der Modernisierung und Erleichterung des Zugangs zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom HABM oder von bestimmten Mitgliedstaaten geschaffene Möglichkeit zur elektronischen Anmeldung bedeutet nämlich nicht zwangsläufig, dass die Stunde und die Minute der Anmeldung bei der Bestimmung des Zeitrangs der Marke berücksichtigt würden ( 36 ).

71.

Ich bin daher der Auffassung, dass die Stunde und die Minute bei der Bestimmung des Zeitrangs einer Marke im Sinne des Art. 27 der Verordnung Nr. 40/94 erst dann berücksichtigt werden können, wenn es in der gesamten Union ein einheitliches System von Verwaltungsverfahren für die elektronische Anmeldung sowohl von Gemeinschaftsmarken als auch von nationalen Marken gibt. Dies würde zudem die Anwendung der Weltzeit und damit die vollständige Harmonisierung der gesetzlichen Zeit der europäischen Staaten voraussetzen. Es versteht sich von selbst, dass die Einführung eines solchen Systems im Unionsrecht und im nationalen Recht der Mitgliedstaaten ( 37 ) eindeutig geregelt werden müsste und sich nicht aus der Rechtsprechung ergeben kann.

72.

Hierzu ist noch anzumerken, dass Art. 27 der Verordnung Nr. 207/2009, der den Anmeldetag betrifft, den gleichen Wortlaut hat wie der entsprechende Artikel der Verordnung Nr. 40/94, der Gegenstand der Vorlagefrage ist. Daraus folgt, dass der Unionsgesetzgeber im Hinblick auf die Stunde und die Minute der Anmeldung nach wie vor keine näheren Angaben gemacht hat.

73.

Hilfsweise möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch die Verordnung (EG) Nr. 6/2002 ( 38 ) bezüglich des Tags der Anmeldung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters nicht die Angabe der Stunde und der Minute vorsieht. Zudem genießt der Anmelder eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach dieser Verordnung unter bestimmten Voraussetzungen ein Prioritätsrecht. Dieses hat die Wirkung, dass der Prioritätstag als Tag der Anmeldung des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters gilt ( 39 ).

74.

Wenn nach alledem davon auszugehen wäre, dass die Anmeldungen der betreffenden Marken am selben Tag eingereicht worden sind und die Berücksichtigung der Stunde und der Minute ausgeschlossen ist, so wären die beiden in Rede stehenden Marken angesichts der vorstehenden Überlegungen grundsätzlich gleichwohl eintragungsfähig. Es würde sich damit die Frage nach der Koexistenz von nationalen Marken und Gemeinschaftsmarken stellen.

E – Zur Koexistenz von Marken auf dem Markt

75.

Die Koexistenz zweier gleichzeitiger Eintragungen identischer Marken stellt ein bekanntes und bisweilen unvermeidliches Phänomen in der Europäischen Union dar. Hierbei handelt es sich zweifellos um eine unvollkommene Situation, die auf den multinationalen und mannigfaltigen Charakter der Markenschutzsysteme sowie auf die Vielfalt der Unternehmen, die Inhaber von Marken sind, zurückzuführen ist.

76.

Es ist anzumerken, dass diese Koexistenz sich auf den Ausgang eines Widerspruchsverfahrens oder eines Antrags auf Nichtigerklärung einer Marke auswirken kann. Dieser hängt davon ab, ob es um die Koexistenz einander gegenüberstehender Marken geht oder diejenige einer älteren Marke mit Marken, die nicht dem Inhaber der Gemeinschaftsmarke, sondern Dritten gehören. Die Koexistenz kann in diesem Fall vom Inhaber des älteren Rechts hingenommen oder zwischen den Parteien vertraglich vereinbart werden ( 40 ).

77.

Um diesem Phänomen abzuhelfen und einem etwaigen Konflikt vorzubeugen, können die beiden Inhaber unstreitig auf eine Koexistenzvereinbarung zurückgreifen ( 41 ). Im Übrigen stellen die nationalen Rechtsordnungen Sonderlösungen wie den Grundsatz der „redlichen gleichzeitigen Benutzung“ („honest concurrent use“) bereit, dessen Rechtmäßigkeit aus Sicht des Unionsrechts allerdings angreifbar erscheint ( 42 ).

78.

Wie die Kommission in ihren Erklärungen hervorgehoben hat, ist die Koexistenz seit der Einführung der Gemeinschaftsmarke bekannt, da das HABM am 1. April 1996, dem Tag der Einrichtung des Gemeinschaftsmarkenregisters, alle bis zu diesem Zeitpunkt angemeldeten Marken eingetragen hat ( 43 ).

79.

Jedenfalls hat die Möglichkeit der Eintragung identischer Marken für identische Waren oder Dienstleistungen am selben Prioritätstag in den auf der Pariser Verbandsübereinkunft beruhenden Systemen schon immer bestanden. Die Koexistenz ist daher trotz ihrer Unerwünschtheit integraler Bestandteil des Markenbegriffs.

V – Ergebnis

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefrage des Tribunal Supremo wie folgt zu beantworten:

Beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts schließt Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke es aus, über den Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke hinaus auch die Stunde und die Minute dieser Anmeldung zu berücksichtigen.


( 1 ) Originalsprache: Französisch.

( 2 ) Verordnung des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 11, S. 1), aufgehoben durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (kodifizierte Fassung) (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist. Unter Berücksichtigung des für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkts bezieht sich das vorliegende Auslegungsersuchen auf die Verordnung Nr. 40/94.

( 3 ) Die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 kann unter folgender Adresse abgerufen werden: http://www.admin.ch/ch/d/sr/i2/0.232.03.de.pdf.

( 4 ) ABl. L 303, S. 1.

( 5 ) Und nicht die Entgegennahme oder die Eintragung durch das HABM.

( 6 ) Müller, B. K., Multinational Trademark Registration Systems, Bern 2002.

( 7 ) Es ist darauf hinzuweisen, dass nach dem zwölften Erwägungsgrund der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40, S. 1) alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums gebunden sind und es daher erforderlich ist, dass sich die Vorschriften dieser Richtlinie mit denen der Pariser Verbandsübereinkunft in vollständiger Übereinstimmung befinden.

( 8 ) Beier, F.-K., „One Hundred Years of International Cooperation – The Role of the Paris Convention in the Past, Present and Future“, International Review of Industrial Property and Copyright Law, Bd. 15, Nrn. 1 bis 6/1984, S. 1.

( 9 ) Sabatier, M., Pratique de la marque internationale, Institut de Recherche en Propriété intellectuelle Henri-Desboi, 2007, Nr. 8. Vgl. hierzu die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Budějovický Budvar (C-482/09, beim Gerichtshof anhängig, Nrn. 50 ff.).

( 10 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Oktober 2001, Merz & Krell (C-517/99, Slg. 2001, I-6959, Randnrn. 21 und 22), vom 12. November 2002, Arsenal Football Club (C-206/01, Slg. 2002, I-10273, Randnrn. 47 und 48), vom 17. März 2005, Gillette Company und Gillette Group Finland (C-228/03, Slg. 2005, I-2337, Randnr. 25), vom 26. April 2007, Alcon/HABM (C-412/05 P, Slg. 2007, I-3569, Randnrn. 53 und 54), und vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM (C-48/09 P, Slg. 2010, I-8403, Randnr. 38).

( 11 ) Bonet, G., „La marque communautaire“, Revue trimestrielle de droit européen, Nr. 1, 1995, S. 59.

( 12 ) Zur Veranschaulichung dieser Beschränkung vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón, Budějovický Budvar (C-96/09 P, beim Gerichtshof anhängig, Nr. 79). Darüber hinaus hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die teilweise Harmonisierung eine umfassende Harmonisierung u. a. derjenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht ausschließt, die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken. Vgl. Urteile vom 16. Juli 1998, Silhouette International Schmied (C-355/96, Slg. 1998, I-4799, Randnr. 23), und vom 11. März 2003, Ansul (C-40/01, Slg. 2003, I-2439, Randnr. 27).

( 13 ) Der Anmeldetag ist also für die Bestimmung der „älteren Marke“ im Sinne von Art. 8 der Verordnung Nr. 40/94 und der Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Marke (gemäß Art. 4 Abs. 2 Buchst. a Ziff. i der Richtlinie 89/104) maßgeblich.

( 14 ) Vgl. hierzu Urteil vom 11. Juni 2009, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli (C-529/07, Slg. 2009, I-4893).

( 15 ) Bodenhausen, G. H. C., Guide d'application de la Convention de Paris pour la protection de la propriété industrielle, BIRPI, 1969, S. 11.

( 16 ) Es ist anzumerken, dass der Grundsatz einer einzigen internationalen Hinterlegung, der allerdings auf einer Eintragung der Marke im Ursprungsland beruht, durch das Madrider Abkommen vom 14. April 1891 und das Protokoll von Madrid vom 27. Juni 1989 über die internationalen Marken eingeführt worden ist. Vgl. Sabatier, M., Pratique de la marque internationale, S. 7.

( 17 ) Vgl. u. a. Urteile vom 6. Februar 2003, SENA (C-245/00, Slg. 2003, I-1251, Randnr. 23), und vom 21. Oktober 2010, Padawan (C-467/08, Slg. 2010, I-10055, Randnr. 32).

( 18 ) Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2007, Develey/HABM (C-238/06 P, Slg. 2007, I-9375, Randnrn. 71 bis 73), und vom 17. Dezember 2010, Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli/HABM (Form eines Hasen aus Schokolade) (T-395/08).

( 19 ) Die Vorlageentscheidung enthält keine definitive Aussage über diesen tatsächlichen Umstand, und die von Génesis eingereichte Stellungnahme ist in diesem Punkt nicht ganz eindeutig. Allein die Europäische Kommission hat in ihren schriftlichen Erklärungen die Anhänge vorgelegt, die für die Auffassung sprechen, dass der Anmeldetag der 12. Dezember 2003 ist.

( 20 ) Vgl. http://oami.europa.eu/help/html/help_de.html. Die Stunde und die Minute der Anmeldung der Marke werden vom HABM offenbar offiziell nicht gespeichert. Daher beruhen die entsprechenden Ausführungen des vorlegenden Gerichts nicht auf den vom HABM gespeicherten Daten. Weder das Blatt für Gemeinschaftsmarken (http://oami.europa.eu/bulletin/ctm/ctm_bulletin_en.htm) noch die Datenbank des HABM enthalten Angaben über die Stunde oder die Minute der Einreichung.

( 21 ) Gemäß Art. 6 des Gesetzes Nr. 17/2001 über die Marken sind Zeichen nicht eintragungsfähig, wenn sie mit einer älteren Marke identisch sind oder die Gefahr von Verwechslungen besteht. Vgl. Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 89/104.

( 22 ) Vgl. Art. 8 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94.

( 23 ) Vgl. hierzu Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124, S. 1), aus dem sich ergibt, dass Rechtsakte des Rates oder der Kommission oder einzelne Bestimmungen dieser Rechtsakte, für deren Inkrafttreten, Wirksamwerden oder Anwendungsbeginn ein bestimmtes Datum festgesetzt worden ist, mit Beginn der ersten Stunde des diesem Datum entsprechenden Tages in Kraft treten bzw. dann wirksam oder angewandt werden. Vgl. Urteil des Gerichts vom 20. Juni 2001, Ruf und Stier/HABM (Bildmarke „DAKOTA“) (T-146/00, Slg. 2001, II-1797, Randnrn. 23, 27 und 55).

( 24 ) Wie z. B. die Neujahrsfeiern in aller Welt zeigen.

( 25 ) Gemäß Art. 4 Buchst. A Abs. 3 der Pariser Verbandsübereinkunft ist unter vorschriftsmäßiger nationaler Hinterlegung jede Hinterlegung zu verstehen, die zur Festlegung des Zeitpunkts ausreicht, an dem die Anmeldung in dem betreffenden Land hinterlegt worden ist. Vgl. Bodenhausen, G. H. C., Guide d'application de la Convention de Paris pour la protection de la propriété industrielle, S. 42.

( 26 ) Art. 4 der Pariser Verbandsübereinkunft legt eine Frist von sechs Monaten fest, innerhalb derer der Anmelder einer Marke in einem der Verbandsstaaten die Eintragung derselben Marke in den anderen Verbandsstaaten beantragen kann, ohne dass die spätere(n) Anmeldung(en) durch eventuell von Dritten für dieselbe Marke eingereichte Anmeldungen berührt wird (werden). Das Prioritätsrecht gewährt dem Markenanmelder somit eine zeitlich begrenzte Immunität gegen Anmeldungen derselben Marke, die Dritte während der Prioritätsfrist vornehmen könnten. Vgl. Urteil des Gerichts vom 15. November 2001, Signal Communications/HABM (TELEYE) (T-128/99, Slg. 2001, II-3273, Randnrn. 36 bis 40).

( 27 ) Was die Berechnung der Prioritätsfrist angeht, so findet die gleiche Berechnung auf internationaler Ebene auf Patente Anwendung (der Tag der Hinterlegung der älteren Anmeldung wird nicht in die Frist eingerechnet. Vgl. Regel 2.4 der Durchführungsverordnung: http://www.wipo.int/pct/fr/texts/rules/r2.htm#_2_4).

( 28 ) Das Prioritätsrecht entsteht mit der in einem der genannten Staaten eingereichten früheren Markenanmeldung und stellt insofern ein selbständiges Recht dar, als es unabhängig vom späteren Schicksal dieser Anmeldung bestehen bleibt. Wird gleichzeitig mit der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke eine Priorität in Anspruch genommen, so wird dieses Recht zu einem wesentlichen Bestandteil der Anmeldung, da es eine ihrer wesentlichen Eigenschaften bestimmt, nämlich dass zum Zweck der Bestimmung der älteren Rechte als Anmeldetag der Tag gilt, an dem die frühere Anmeldung eingereicht worden ist. Vgl. das in Fn. 27 angeführte Urteil Signal Communications/HABM (Randnr. 42).

( 29 ) Sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, wird die Gemeinschaftsmarke rückwirkend zum Tag der Anmeldung der beanspruchten Marke wirksam. Bonet, G., „La marque communautaire“.

( 30 ) Vgl. Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. iii der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 8 Abs. 2 Buchst. a Ziff. iv der Verordnung Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (kodifizierte Fassung) (ABl. L 78, S. 1), die sich auf mit Wirkung für die Gemeinschaft international registrierte Marken beziehen.

( 31 ) http://oami.europa.eu/ows/rw/pages/QPLUS/forms/electronic/fileApplicationCTM.de.do.

( 32 ) Vgl. Empfehlung Nr. 1432 (1999) des Europarats über die Einhaltung des Systems europäischer Zeitzonen, verfügbar unter der Adresse http://assembly.coe.int/Documents/AdoptedText/ta99/frec1432.htm#1. Für einen Vergleich dieser Zonen vgl. http://europa.eu/travel/time/index_de.htm#tzone.

( 33 ) Hierzu reicht ein Hinweis auf die Vorlageentscheidung, aus der sich ergibt, dass die Anmeldungen um 11.52 Uhr bzw. 12.13 Uhr eingereicht worden sind, während die im Streit stehende Entscheidung der OEPM 11.31 Uhr als Zeitpunkt der Einreichung angibt.

( 34 ) Die bürgerliche Zeit, die sich nunmehr nach der Zeit der Atomuhren richtet, wird als koordinierte Weltzeit (UTC) bezeichnet. Ein UTC-Tag ist ca. 0,9 Sekunden länger als ein durchschnittlicher Tag.

( 35 ) Nach meinen nicht erschöpfenden Recherchen sehen die folgenden Länder eine solche Möglichkeit vor: Königreich Belgien, Tschechische Republik, Königreich Dänemark, Königreich Spanien, Französische Republik, Großherzogtum Luxemburg, Königreich der Niederlande, Portugiesische Republik, Republik Finnland, Königreich Schweden und Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland. Vgl. http://www.wipo.int/directory/en/urls.jsp.

( 36 ) Es ist beispielsweise durchaus vorstellbar, dass eine unter Berücksichtigung der eingeschränkten Öffnungszeiten der Schalter der nationalen Markenämter um 23.00 Uhr vorgenommene elektronische Anmeldung im Zusammenhang mit der Bestimmung der Priorität gegenüber einer anderen Gemeinschaftsmarke oder nationalen Marke erst in der darauffolgenden Stunde, ja sogar erst am folgenden Tag – und damit nicht in Echtzeit – eingetragen wird. Wie ich in Fn. 20 angemerkt habe, scheint das HABM die Stunde und die Minute der Anmeldung der Marke offiziell nicht einzutragen.

( 37 ) Die Bemühungen auf dem Gebiet der zeitlichen Vereinheitlichung gehen insbesondere auf die Richtlinie 2000/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Januar 2001 zur Regelung der Sommerzeit (ABl. L 31, S. 21) zurück, wonach die Uhr in jedem Mitgliedstaat am letzten Sonntag im März um 1 Uhr morgens Weltzeit um sechzig Minuten gegenüber der Uhrzeit während der übrigen Zeit des Jahres vorgestellt wird. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Zeitpunkt der Hinterlegung im Rahmen des Madrider Abkommens und des Madrider Protokolls genau geregelt ist (Regel 4, Berechnung der Fristen). Bei einer Hinterlegung wird die genaue Uhrzeit auf der Anmeldung offiziell nicht vermerkt. Wenn hingegen der Zeitpunkt des Beginns der Übertragung aufgrund einer zeitlichen Verzögerung nicht mit dem Zeitpunkt des Empfangs übereinstimmt, gilt nach der Verwaltungsanweisung 11 über die elektronische Kommunikation der frühere Zeitpunkt als Zeitpunkt des Empfangs durch das Internationale Büro. Vgl. Sabatier, M., Pratique de la marque internationale, S. 26.

( 38 ) Verordnung des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1).

( 39 ) Gemäß Regel 2 (Nr. 2.4. Buchst. a) der Ausführungsverordnung zum Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT-Vertrag) (Text verfügbar unter der Adresse http://www. wipo.int/pct/fr/texts/rules/r2.htm#_2_4) ist der Tag der Einreichung der früheren Anmeldung nicht in den Prioritätszeitraum einzuschließen. Darüber hinaus sind besondere Regelungen bei Fristablauf an einem anderen Tag als einem Werktag oder an einem offiziellen Feiertag vorgesehen (vgl. Regel 80 Nr. 80.5, verfügbar unter der Adresse http:/www.wipo.int/pct/fr/texts/rules/r80.htm#_80_5).

( 40 ) Folliard-Monguiral, „Conditions et effets de la coexistence de marques en droit communautaire“, Propriété industrielle Nr. 9, September 2006, Studie 24.

( 41 ) Elsmore, M. J., „Trade Mark Coexistence Agreements: What is all the (lack of) fuss about?“, SCRIPT-ed, Bd. 5, Heft 1, April 2008. Eine solche Vereinbarung ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht immer relevant, vgl. Urteil des Gerichts vom 6. November 2007, Omega/HABM – Omega Engineering (Ω OMEGA) (T-90/05, Randnr. 49).

( 42 ) Vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak in der Rechtssache Budějovický Budvar (C-482/09), in denen sie dem Gerichtshof vorschlägt, für Recht zu erkennen, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 der seit Langem bestehenden redlichen gleichzeitigen Benutzung zweier identischer Marken für identische Waren durch zwei verschiedene Inhaber entgegensteht.

( 43 ) Vgl. Urteil des Gerichts vom 19. Oktober 2006, Bitburger Brauerei/HABM – Anheuser-Busch (BUD) (T-350/04 bis T-352/04, Slg. 2006, II-4255).

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