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Document 62010CB0076

Rechtssache C-76/10: Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 16. November 2010 (Vorabentscheidungsersuchen des Krajský súd v Prešove — Slowakei) — Pohotovosť s. r. o./Iveta Korčkovská (Vorabentscheidungsersuchen — Verbraucherschutz — Richtlinie 93/13/EWG — Missbräuchliche Klauseln — Richtlinie 2008/48/EG — Richtlinie 87/102/EWG — Verbraucherkreditverträge — Effektiver Jahreszins — Schiedsverfahren — Schiedsspruch — Möglichkeit für das nationale Gericht, von Amts wegen einen möglichen missbräuchlichen Charakter bestimmter Klauseln zu beurteilen)

ABl. C 30 vom 29.1.2011, p. 12–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

29.1.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 30/12


Beschluss des Gerichtshofs (Achte Kammer) vom 16. November 2010 (Vorabentscheidungsersuchen des Krajský súd v Prešove — Slowakei) — Pohotovosť s. r. o./Iveta Korčkovská

(Rechtssache C-76/10) (1)

(Vorabentscheidungsersuchen - Verbraucherschutz - Richtlinie 93/13/EWG - Missbräuchliche Klauseln - Richtlinie 2008/48/EG - Richtlinie 87/102/EWG - Verbraucherkreditverträge - Effektiver Jahreszins - Schiedsverfahren - Schiedsspruch - Möglichkeit für das nationale Gericht, von Amts wegen einen möglichen missbräuchlichen Charakter bestimmter Klauseln zu beurteilen)

2011/C 30/18

Verfahrenssprache: Slowakisch

Vorlegendes Gericht

Krajský súd v Prešove

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: Pohotovosť s. r. o.

Beklagter: Iveta Korčkovská

Gegenstand

Vorabentscheidungsersuchen — Krajský súd v Prešove — Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) und 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG (ABl. L 133, S. 66) –Verbraucherkreditvertrag mit Wucherzinsen und Schiedsverfahren bei Rechtsstreitigkeiten — Befugnis des mit einem Antrag auf Zwangsvollstreckung eines rechtskräftigen Schiedsspruches befassten vorlegenden Gerichts, vom Amts wegen die eventuelle Missbräuchlichkeit dieser Klauseln zu prüfen

Tenor

1.

Ein nationales Gericht, das über einen Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch entscheidet, ist nach der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen verpflichtet, von Amts wegen die Unverhältnismäßigkeit einer Sanktion zu prüfen, die in dem vom Kreditgeber mit dem Verbraucher geschlossenen Kreditvertrag enthalten ist und in dem Schiedsspruch angewandt wurde, wenn es über die hierzu erforderlichen Informationen über die rechtliche und tatsächliche Lage verfügt und wenn nach den Bestimmungen seines nationalen Verfahrensrechts eine solche Beurteilung im Rahmen vergleichbarer Verfahren nach nationalem Recht vorgenommen werden kann.

2.

Es ist Sache des befassten nationalen Gerichts, festzustellen, ob eine Kreditvertragsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die nach den Feststellungen dieses Gerichts eine unverhältnismäßig hohe Sanktion für den Verbraucher vorsieht, in Anbetracht aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände als missbräuchlich im Sinne der Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 zu betrachten ist. Bejahendenfalls obliegt es diesem Gericht, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach nationalem Recht ergeben, um sich zu vergewissern, dass diese Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist.

3.

Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann das Unterbleiben einer Angabe des effektiven Jahreszinses in einem Verbraucherkreditvertrag, die im Kontext der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit in der durch die Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 geänderten Fassung von besonderer Bedeutung ist, ein maßgeblicher Faktor im Rahmen der von einem nationalen Gericht vorzunehmenden Prüfung der Frage sein, ob eine Klausel in einem Verbraucherkreditvertrag, die dessen Kosten betrifft und in der eine solche Angabe nicht enthalten ist, im Sinne von Art. 4 der Richtlinie 93/13 klar und verständlich abgefasst ist. Ist dies nicht der Fall, kann dieses Gericht auch von Amts wegen beurteilen, ob in Anbetracht aller den Abschluss dieses Vertrags begleitenden Umstände das Unterbleiben der Angabe des effektiven Jahreszinses in der Vertragsklausel, die die Kosten dieses Kredits betrifft, zur Missbräuchlichkeit dieser Klausel im Sinne der Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 führen kann. Unbeschadet der Möglichkeit, den Vertrag anhand der Richtlinie 93/13 zu beurteilen, ist jedoch die Richtlinie 87/102 dahin auszulegen, dass sie es dem nationalen Gericht erlaubt, von Amts wegen die Bestimmungen, mit denen Art. 4 der Richtlinie 87/102 in das nationale Recht umgesetzt wird, anzuwenden, wonach das Unterbleiben einer Angabe des effektiven Jahreszinses in einem Verbraucherkreditvertrag zur Folge hat, dass der gewährte Kredit als zins und kostenfrei gilt.


(1)  ABl. C 134 vom 22.5.2010.


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