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Document 62009TJ0194

Urteil des Gerichts (Vierte Kammer) vom 8. Februar 2011.
Lan Airlines SA gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM).
Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke LINEAS AEREAS DEL MEDITERRANEO LAM - Ältere Gemeinschaftswort- und -bildmarken LAN - Relatives Eintragungshindernis - Fehlende Verwechslungsgefahr - Fehlende Ähnlichkeit der Zeichen - Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung [EG] Nr. 207/2009).
Rechtssache T-194/09.

Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-00163

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2011:34

Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache T‑194/09

Lan Airlines, SA mit Sitz in Renca (Chile), vertreten durch die Rechtsanwälte E. Armijo Chávarri und A. Castán Pérez-Gómez,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) , vertreten durch Ó. Mondéjar Ortuño als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Air Nostrum, Líneas Aéreas del Mediterráneo, SA mit Sitz in Manises (Spanien),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM vom 19. Februar 2009 (Sache R 107/2008‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Lan Airlines, SA und der Air Nostrum, Líneas Aéreas del Mediterráneo, SA

erlässt

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters M. van der Woude,

Kanzler: E. Coulon,

aufgrund der am 13. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 10. September 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der am 30. November 2009 bei der Kanzlei eingegangenen Erwiderung,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Am 14. Juni 2005 meldete die Air Nostrum, Líneas Aéreas del Mediterráneo, SA nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

2. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen LINEAS AEREAS DEL MEDITERRANEO LAM.

3. Die Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet wurde, gehören in Klasse 39 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung und entsprechen der folgenden Beschreibung: „Beförderung; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen“.

4. Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 47/2005 vom 21. November 2005 veröffentlicht.

5. Am 20. Februar 2006 erhob die Klägerin, die Lan Airlines, SA, gemäß Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) gegen die Anmeldung für die oben in Randnr. 3 aufgeführten Dienstleistungen Widerspruch.

6. Der Widerspruch war auf folgende ältere Rechte gestützt:

– die ältere Wortmarke LAN, eingetragen als Gemeinschaftsmarke Nr. 3350899 am 17. Dezember 2004;

– die ältere, farbige, Bildmarke, eingetragen als Gemeinschaftsmarke Nr. 3694957 am 4. August 2005, im Folgenden wiedergegeben:

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7. Die älteren Marken wurden für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 35, 39 und 43, was die Wortmarke angeht, und in Klasse 39, was die Bildmarke angeht, eingetragen und entsprechen in den jeweiligen Klassen der folgenden Beschreibung:

– Klasse 35: „Reklame; Unternehmensverwaltung“;

– Klasse 39: „Beförderung von Passagieren, Gütern, Dokumenten und Wertgegenständen mit allen Verkehrsmitteln; Aufbewahrung, Verwahrung, Lagerung, Deponieren, Verpackung und Zustellung von Waren aller Art, Dokumenten und Wertsachen mit allen Verkehrsmitteln; Erteilung von Auskünften über Reisen und Warentransporte durch Vermittler; Kurierdienst“;

– Klasse 43: „Darreichung von Speisen und Getränken; Beherbergung von Gästen“.

8. Der Widerspruch wurde auf alle von den älteren Marken geschützten Waren und Dienstleistungen gestützt.

9. Der Widerspruch wurde mit dem Vorliegen eines Eintragungshindernisses gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009) begründet.

10. Am 30. Oktober 2007 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, es bestehe keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen.

11. Am 2. Januar 2008 legte die Klägerin beim HABM gemäß den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009) Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

12. Mit Entscheidung vom 19. Februar 2009 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. In dieser Entscheidung führte sie im Wesentlichen aus, bei den europäischen Durchschnittsverbrauchern, die die maßgeblichen Verkehrskreise darstellten, liege keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen vor, denn die erfassten Dienstleistungen seien zwar identisch, doch seien die Zeichen insgesamt beurteilt einander nicht ähnlich.

Anträge der Parteien

13. Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

14. Das HABM beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

15. Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geltend. Sie macht geltend, bei den maßgeblichen Verkehrskreisen, nämlich den spanischen Durchschnittsverbrauchern, bestehe eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen.

16. Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ist die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Die Verwechslungsgefahr beinhaltet die Gefahr der gedanklichen Verbindung mit der älteren Marke.

17. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist nach der Rechtsprechung umfassend, gemäß der Wahrnehmung der Zeichen und der betroffenen Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM − Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen

18. Was erstens die Bestimmung des Gebiets angeht, in dem die Wahrnehmung der maßgeblichen Verkehrskreise zu berücksichtigen ist, bestreitet die Klägerin die Würdigung der Beschwerdekammer in Randnr. 14 der angefochtenen Entscheidung, wo es heißt: „Die im vorliegenden Fall maßgebliche Wahrnehmung entspricht derjenigen der Verkehrskreise der Europäischen Gemeinschaft.“ Die Beschwerdekammer hätte ihres Erachtens im vorliegenden Fall nur die Wahrnehmung der spanischen Verbraucher berücksichtigen dürfen. Nach der Rechtsprechung genüge das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr allein in Spanien, um die Eintragung der angemeldeten Marke abzulehnen.

19. Insoweit trifft es zwar zu, dass das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr bei den Verbrauchern in einem einzigen Mitgliedstaat genügt, um eine Gemeinschaftsmarkenanmeldung zurückzuweisen, doch ist eine solche Erwägung ohne Einfluss auf die Frage der Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise. Nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr beim Publikum in dem Gebiet zu beurteilen, in dem die ältere Marke geschützt ist. Da es sich bei den älteren Marken um Gemeinschaftsmarken handelt, war die Beschwerdekammer zu Recht der Ansicht, dass das Vorliegen von Verwechslungsgefahr in der Wahrnehmung der Verbraucher im gesamten Gebiet der Union und nicht nur im spanischen Hoheitsgebiet zu beurteilen ist.

20. Was zweitens den Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise angeht, ist nach der Rechtsprechung bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf einen normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma [RESPICUR], T‑256/04, Slg. 2007, II‑449, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21. Im vorliegenden Fall schließt sich die Klägerin zwar der Beurteilung der Beschwerdekammer in den Randnrn. 13 und 14 der angefochtenen Entscheidung an, wonach sich die maßgeblichen Verkehrskreise aus normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern zusammensetzen, doch tritt das HABM dieser Beurteilung mit dem Vorbringen entgegen, dass der Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise hoch sei oder zumindest über dem Durchschnitt liege.

22. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, dass sich einige mit den in Rede stehenden Marken beanspruchte Dienstleistungen, wie die Beförderungsleistungen in Klasse 39, im Fall des Kaufs von Flugscheinen im Internet, die bei bestimmten Zielen möglicherweise nur einige Euro kosten, an die breite Öffentlichkeit wenden und dass in einem solchen Fall dieser Faktor sowie der Faktor der Flugdaten und Flugpläne bei der Kaufentscheidung höher als die Luftfahrtgesellschaft bewertet werden. Daher ist das Vorbringen des HABM, dass beim Kauf dieser Dienstleistungen bei den maßgeblichen Verkehrskreisen ein höherer Aufmerksamkeitsgrad als bei einem Durchschnittsverbraucher vorliege, als unbegründet zurückzuweisen.

23. Der von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung folgend ist daher festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die europäischen Durchschnittsverbraucher sind, die als normal informiert und angemessen aufmerksam und verständig gelten.

Zum Vergleich der Dienstleistungen

24. Da die Dienstleistungen in Klasse 39, für die die älteren Marken angemeldet sind, diejenigen einschließen, die mit der Anmeldemarke beansprucht werden, hat die Beschwerdekammer zu Recht in den Randnrn. 15 und 32 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die mit den in Rede stehenden Marken beanspruchten Dienstleistungen identisch sind, was die Parteien nicht bestreiten.

Zum Vergleich der Zeichen

25. Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen wirken. Dabei nimmt der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg. 2007, I‑4529, Randnr. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

26. Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken bedeutet nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile des Gerichtshofs HABM/Shaker, oben in Randnr. 25 angeführt, Randnr. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM, C‑193/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 42). Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn dieser Bestandteil allein schon geeignet ist, das Bild dieser Marke, das das maßgebliche Publikum im Gedächtnis behält, so zu prägen, dass alle übrigen Bestandteile der Marke in dem durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen sind (Urteil Nestlé/HABM, Randnr. 43).

27. Im Übrigen steht der Prüfung einer visuellen Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer Bildmarke nichts entgegen, da beide Markenarten Gegenstand einer grafischen Gestaltung sind, die einen visuellen Eindruck vermitteln kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 4. Mai 2005, Chum/HABM – Star TV [STAR TV], T‑359/02, Slg. 2005, II‑1515, Randnr. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28. Im vorliegenden Fall steht fest, dass, während die ältere Wortmarke nur den Bestandteil „lan“ enthält und die ältere Bildmarke sich aus dem Wortbestandteil „lan“ in Großbuchstaben, gefolgt von einem stilisierten Stern, zusammensetzt, die Anmeldemarke aus den Wortbestandteilen „líneas aéreas del mediterráneo“ und „lam“ besteht.

29. Was erstens das Vorliegen eines möglicherweise dominierenden oder zu vernachlässigenden Bestandteils in der Anmeldemarke angeht, macht die Klägerin geltend, dass es die Beschwerdekammer unterlassen habe, zu erwähnen, dass der Bestandteil „lam“ in dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck dominiere, während der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“, dessen Bedeutung die spanischen Verbraucher verstünden, die in Rede stehenden Dienstleistungen beschreibe. Daher hätte die Beschwerdekammer beim Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen nur den prägenden Bestandteil „lam“ der Anmeldemarke berücksichtigen dürfen.

30. Hierzu ist festzustellen, dass zwar die Verkehrskreise in aller Regel einen beschreibenden Bestandteil einer Marke nicht als unterscheidendes und im durch diese hervorgerufenen Gesamteindruck prägendes Merkmal auffassen dürften, doch bedeutet die schwache Kennzeichnungskraft eines Bestandteils einer Marke nicht notwendigerweise, dass dieser Bestandteil unter Berücksichtigung insbesondere seiner Größe oder seiner Stellung im Zeichen im von ihr hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen wäre.

31. Im vorliegenden Fall steht fest, dass, wie die Beschwerdekammer in den Randnrn. 22 und 27 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“, den der Spanisch sprechende Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Verweis auf die Luftbeförderungsdienstleistungen im Mittelmeerraum auffassen wird, eine Beschreibung eines Teils der mit der Anmeldemarke beanspruchten Beförderungsdienstleistungen darstellt, der den geografischen Ort angibt, wo diese Dienstleistungen erbracht werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann diese bloße Feststellung jedoch nicht zu der Annahme führen, dass dieser Bestandteil in dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck zu vernachlässigen und daher der Wortbestandteil „lam“ ihr prägender Bestandteil ist.

32. Erstens ist, wie die Beschwerdekammer im Kern in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ geeignet, die Aufmerksamkeit aller maßgeblichen Verbraucher auf sich zu lenken, ob Spanisch sprechend oder nicht, da zum einen dieser Bestandteil in der Anmeldemarke deutlich größer als der Bestandteil „lam“ ist und da zum anderen dieser Bestandteil wegen seiner Position am Anfang des Zeichens sofort wahrnehmbar ist. Soweit die Klägerin hierzu die Ansicht vertritt, nach der Rechtsprechung gebe es Ausnahmen von dem Grundsatz, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers vom Anfangsteil einer Marke angezogen werde, ist dies zurückzuweisen, da die Klägerin nichts Konkretes vorträgt, was die Annahme erlaubt, dass die Beurteilung der Beschwerdekammer im vorliegenden Fall irrig wäre.

33. Zweitens ist – in Bezug auf Spanisch sprechende Verbraucher, die zu den maßgeblichen Verkehrskreisen gehören – festzustellen, dass, wie die Beschwerdekammer im Kern in den Randnrn. 22 und 27 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, die spanischen Durchschnittsverbraucher, da sie den Begriff „lam“ als Abkürzung des Bestandteils „líneas aéreas del mediterráneo“ auffassen werden, Letzteren wahrscheinlich im Gedächtnis behalten werden. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin können diese Verbraucher nämlich den Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ im Gedächtnis behalten, da dieser Bestandteil es ihnen ermöglicht, den Bestandteil „lam“ als Abkürzung aufzufassen, die aus den Anfangsbuchstaben der Wörter „líneas“, „aéreas“ und „mediterráneo“ gebildet wird. Zum anderen können diese Verbraucher, wie das HABM ausführt, entgegen der Ansicht der Klägerin verstehen, dass der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ die betriebliche Herkunft der von einer bestimmten Luftverkehrsgesellschaft angebotenen Beförderungsdienstleistungen bezeichnet, da Marken, die Luftbeförderungsdienstleistungen betreffen, häufig auch Bestandteile enthalten, die diese Dienstleistungen und die Gebiete beschreiben, von denen oder nach denen sie im Wesentlichen angeboten werden, wie die Gemeinschaftsmarken American Airlines, AIR FRANCE oder LINEA AEREA CARGUERA DE COLOMBIA.

34. Infolgedessen ist festzustellen, dass der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ nicht als zu vernachlässigend in dem bei den maßgeblichen Verkehrskreisen, ob Spanisch sprechend oder nicht, von der angemeldeten Marke hervorgerufenen Gesamteindruck betrachtet werden kann.

35. Das weitere Vorbringen der Klägerin kann dieses Ergebnis nicht entkräften.

36. Zunächst kann das Argument der Klägerin, wonach sich aus dem Urteil des Gerichts vom 18. Oktober 2007, AMS/HABM – American Medical Systems (AMS Advanced Medical Services) (T‑425/03, Slg. 2007, II‑4265, Randnr. 84), ergebe, dass es wahrscheinlich sei, dass ein Verbraucher sich auf das einzige Kurzwort in einer Marke beziehe, an der oben in Randnr. 34 getroffenen Feststellung, dass der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ in dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck nicht zu vernachlässigen ist, nichts ändern. Im Urteil AMS Advanced Medical Services (Randnr. 74) ist das Gericht erst nach der Feststellung, dass die Abkürzung AMS eine zentrale Position einnahm und größer war als alle anderen Bestandteile der Bildmarke Advanced Medical Services, zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Abkürzung in dem von der Marke hervorgerufenen Gesamteindruck beherrschend war. Da dies im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben ist, wie aus Randnr. 32 hervorgeht, ist das Vorbringen der Klägerin hierzu als unbegründet zurückzuweisen.

37. Sodann ist das Vorbringen der Klägerin, die Beschwerdekammer habe die Feststellung unterlassen, dass die Bekanntheit der älteren Marken, da ihr Wortbestandteil „lan“ und der Wortbestandteil „lam“ in der Anmeldemarke einander ähnlich seien, dessen Kennzeichnungskraft in dieser Marke verstärke, als unbegründet zurückzuweisen. Zum einen hat die Klägerin nämlich dem Gericht kein Beweismittel vorgelegt, das es erlaubte, die Bekanntheit der älteren Marken zu beurteilen. Zum anderen würde, selbst wenn die älteren Marken eine bestimmte Bekanntheit genössen und die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verbraucher daher insbesondere durch den Bestandteil „lam“ in der Anmeldemarke angezogen würde, da dieser Bestandteil und der Wortbestandteil „lan“ in den älteren Marken einander sehr ähnlich sind, eine solche Bekanntheit der älteren Marken nicht bewirken, dass der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ in dem von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck unter Berücksichtigung der oben in den Randnrn. 32 und 33 angeführten Umstände zu vernachlässigen wäre.

38. Schließlich ist das Vorbringen der Klägerin, dass die Beschwerdekammer sich zu Unrecht geweigert habe, die ihr vorgelegten Entscheidungen der Oficina Española de Patentes y Marcas (spanisches Patent‑ und Markenamt) zu prüfen, in denen dieses Amt sich für die Zurückweisung der Anmeldungen von Marken entschieden habe, die den Bestandteil „líneas aéreas de“ enthalten hätten, als unbegründet zurückzuweisen. Die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der Beschwerdekammern ist nämlich ausschließlich nach der Verordnung Nr. 40/94 zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 4. November 2003, Díaz/HABM – Granjas Castelló [CASTILLO], T‑85/02, Slg. 2003, II‑4835, Randnr. 37). Wenn zudem die in bestimmten Mitgliedstaaten gegebenenfalls bereits vorliegenden Eintragungen nur einen Umstand darstellen, der für die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke berücksichtigt werden kann, ohne entscheidend zu sein (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. September 2001, Henkel/HABM [Rot-weiße runde Tablette], T‑337/99, Slg. 2001, II‑2597, Randnr. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung), gilt das Gleiche für die Entscheidungen über die Zurückweisung der Anmeldung von Marken durch die nationalen Ämter. Selbst wenn daher im vorliegenden Fall die Entscheidungen der Oficina Española de Patentes y Marcas, die die Klägerin anführt, Umstände darstellen, die, ohne entscheidend zu sein, darauf hindeuten, dass der Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ schwache Kennzeichnungskraft hat, hat die Beschwerdekammer doch keinen Fehler begangen, als sie aus den oben in den Randnrn. 32 und 33 angeführten Gründen die Ansicht vertreten hat, dass dieser Bestandteil im von der Anmeldemarke hervorgerufenen Gesamteindruck gleichwohl nicht zu vernachlässigen sei.

39. Nach allem ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdekammer entgegen der Ansicht der Klägerin in Randnr. 33 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeschlossen hat, dass der Bestandteil „lam“ in der Anmeldemarke beherrschend sei, und dass sie daher im Einklang mit der oben in Randnr. 26 dargestellten Rechtsprechung auch den Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ in dieser Marke beim Vergleich der in Rede stehenden Zeichen berücksichtigt hat.

40. Was zweitens etwaige Ähnlichkeiten oder Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen angeht, ist zunächst auf bildlicher und klanglicher Ebene festzustellen, dass sich die Klägerin der Beurteilung der Beschwerdekammer in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung anschließt, wonach der Begriff „lam“, der am Ende der Anmeldemarke steht, und der Begriff „lan“ in den älteren Marken einander ähnlich seien. Wie jedoch die Beschwerdekammer ebenfalls zu Recht in Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, werden entgegen der Ansicht der Klägerin, wonach nur der Bestandteil „lam“ in der Anmeldemarke für den Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken herangezogen werden müsse, die bestehenden Ähnlichkeiten zwischen dem Wortbestandteil „lam“ in der Anmeldemarke und dem Wortbestandteil „lan“ in den älteren Marken dadurch neutralisiert, dass diese Marken, insgesamt beurteilt, sowohl bildlich als auch klanglich voneinander abweichen. Während nämlich die älteren Marken aus einem einzigen Wortbestandteil mit drei Buchstaben – „lan“ – bestehen und die ältere Bildmarke daneben einen stilisierten Stern enthält, setzt sich die Anmeldemarke aus den Wortbestandteilen „líneas aéreas del mediterráneo“ und „lam“ zusammen, die insgesamt 30 Buchstaben umfassen, so dass sich, wie die Beschwerdekammer zu Recht in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, die einander gegenüberstehenden Marken, insgesamt beurteilt, nicht nur „in der Zahl der Wörter, aus denen sie sich zusammensetzen, in ihrer Struktur und in ihrer Länge“ unterscheiden, sondern auch in ihrem Klang. Somit ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die in Rede stehenden Zeichen einander bildlich und klanglich ähnlich seien.

41. Auf der begrifflichen Ebene macht die Klägerin geltend, da zum einen der beherrschende Bestandteil in der Anmeldemarke, nämlich der Wortbestandteil „lam“, und zum anderen der einzige Wortbestandteil in den älteren Marken, nämlich der Bestandteil „lan“ keine Bedeutung hätten, wiesen die in Rede stehenden Marken keine begrifflichen Unterschiede auf.

42. Insoweit ist den Ausführungen der Beschwerdekammer in Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung zuzustimmen, dass die Spanisch sprechenden Verbraucher, die zu den maßgeblichen Verkehrskreisen gehören, den Bestandteil „líneas aéreas del mediterráneo“ in der Anmeldemarke als Verweis auf die Luftbeförderungsdienstleistungen im Mittelmeerraum auffassen und einen Zusammenhang zwischen diesem Bestandteil und dem Wortbestandteil „lam“, der dessen Abkürzung bildet, herstellen werden.

43. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist daher festzustellen, dass, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, zwar für den Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der keine auch nur geringe Kenntnis der spanischen Sprache hat, kein begrifflicher Unterschied und keine begriffliche Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Marken besteht, während der Teil der maßgeblichen Verkehrskreise, der über eine auch nur geringe Kenntnis der spanischen Sprache verfügt, einen Unterschied erkennen wird zwischen einerseits der Anmeldemarke, die diese Verkehrskreise als Hinweis auf die Luftbeförderungsdienstleistungen im Mittelmeerraum auffassen werden, und andererseits den älteren Marken, für die aus dem Inhalt der Akten des Gerichts nicht hervorgeht, dass diese Verkehrskreise ihnen eine besondere oder jedenfalls eine derjenigen der Anmeldemarke ähnliche Bedeutung beimessen werden.

44. Nach allem ist, wie dies die Beschwerdekammer im Kern in den Randnrn. 30 und 31 der angefochtenen Entscheidung getan hat, festzustellen, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen, insgesamt beurteilt, sich unter Berücksichtigung erstens ihrer bildlichen und klanglichen Unterschiede und zweitens ihrer begrifflichen Verschiedenheit für den Spanisch sprechenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise bzw. ihrer fehlenden Bedeutung für den nicht Spanisch sprechenden Teil der maßgeblichen Verkehrskreise voneinander unterscheiden.

Zur Verwechslungsgefahr

45. Die Beschwerdekammer hat in Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die fehlende Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Marken eine Verwechslungsgefahr ausschließe, selbst wenn die mit den Marken beanspruchten Dienstleistungen identisch seien.

46. Die Klägerin vertritt dagegen die Ansicht, es bestehe Verwechslungsgefahr zwischen der Anmeldemarke und den älteren Marken, da sie zum einen bildlich und klanglich ähnlich seien und keine Bedeutung besäßen und da zum anderen die mit diesen Marken beanspruchten Dienstleistungen identisch seien.

47. Hierzu ist in Anbetracht der fehlenden Ähnlichkeit zwischen den in Rede stehenden Zeichen (siehe oben, Randnr. 44) festzustellen, dass die Beschwerdekammer in Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu der Auffassung gelangt ist, dass trotz der Identität der erfassten Dienstleistungen für die maßgeblichen Verkehrskreise keine Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken besteht. Das Fehlen der Ähnlichkeit der fraglichen Zeichen kann nämlich im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht dadurch kompensiert werden, dass die erfassten Dienstleistungen identisch sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2009, Lee/DE/HABM – Cooperativa italiana di ristorazione [PIAZZA del SOLE], T‑265/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56).

48. Dieses Ergebnis wird durch das Vorbringen der Klägerin nicht in Frage gestellt, dass die Beschwerdekammer es unterlassen habe, die Bekanntheit der älteren Marken zu prüfen. Nach der Rechtsprechung ist nämlich die Bekanntheit einer Marke ein Element, das bei der Prüfung der Frage zu berücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeit zwischen den Zeichen oder den Waren und Dienstleistungen ausreicht, um eine Verwechslungsgefahr herbeizuführen (Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2002, Vedial/HABM – France Distribution [HUBERT], T‑110/01, Slg. 2002, II‑5275, Randnr. 65; vgl. Urteil des Gerichts vom 15. September 2009, Parfums Christian Dior/HABM – Consolidated Artists [MANGO adorably], T‑308/08, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung). Daher ist die Bekanntheit einer älteren Marke bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, wenn die Ähnlichkeit der Marken festgestellt ist, und nicht zur Feststellung dieser Ähnlichkeit (vgl. in diesem Sinne Urteil MANGO adorably, Randnr. 54). Da im vorliegenden Fall oben in Randnr. 44 festgestellt worden ist, dass keine Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen vorliegt, hat die Beschwerdekammer keinen Fehler dadurch begangen, dass sie eine mögliche Bekanntheit der älteren Marken nicht geprüft hat. Das Vorbringen der Klägerin hierzu ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

49. Nach allem ist der Beschwerdekammer zuzustimmen, dass keine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen besteht.

50. Somit ist der einzige von der Klägerin vorgetragene Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Kosten

51. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Tenor

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Lan Airlines, SA trägt die Kosten.

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