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Document 62009CC0019

Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 12. Januar 2010.
Wood Floor Solutions Andreas Domberger GmbH gegen Silva Trade SA.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Oberlandesgericht Wien - Österreich.
Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - Verordnung (EG) Nr. 44/2001 - Besondere Zuständigkeiten - Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b zweiter Gedankenstrich - Erbringung von Dienstleistungen - Handelsvertretervertrag - Vertragserfüllung in mehreren Mitgliedstaaten.
Rechtssache C-19/09.

Sammlung der Rechtsprechung 2010 I-02121

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2010:6

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 12. Januar 20101(1)

Rechtssache C‑19/09

Wood Floor Solutions Andreas Domberger GmbH

gegen

Silva Trade SA

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Wien [Österreich])

„Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 5 Nr. 1 – Zuständigkeit für Verfahren, die einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag zum Gegenstand haben – Handelsvertretervertrag – Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen – Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten – Bestimmung des Ortes, an dem die Dienstleistungen erbracht wurden“






Inhaltsverzeichnis


I – Einleitung

II – Rechtlicher Rahmen

A – Gemeinschaftsrecht

1. Primärrecht

2. Verordnung Nr. 44/2001

B – Nationales Recht

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

V – Vorbringen der Beteiligten

A – Zulässigkeit

B – Erste Vorlagefrage

1. Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten (Frage 1a)

2. Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 (Frage 1b)

3. Zuständigkeitsbestimmung, wenn kein Tätigkeitsschwerpunkt feststellbar ist (Frage 1c)

C – Zweite Vorlagefrage

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A – Einleitung

B – Zulässigkeit

C – Erste Vorlagefrage

1. Einleitend zum Handelsvertretervertrag

a) Merkmale des Handelsvertretervertrags

b) Der Handelsvertretervertrag als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen

2. Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten (Frage 1a)

3. Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 (Frage 1b)

4. Zuständigkeitsbestimmung, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden (Frage 1c)

D – Zweite Vorlagefrage

E – Ergebnis

VII – Entscheidungsvorschlag

I –    Einleitung

1.        Nach den Urteilen Color Drack(2), Falco Privatstiftung und Rabitsch (im Folgenden: Urteil Falco)(3) und Rehder(4) gibt die vorliegende Rechtssache dem Gerichtshof erneut Gelegenheit zur Auslegung der besonderen Zuständigkeitsregeln für Verfahren, die einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag zum Gegenstand haben. In dieser Rechtssache stellt sich nämlich die Frage, wie Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(5) (im Folgenden: Verordnung Nr. 44/2001) auszulegen ist, wenn Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden. Ist Letzteres der Fall, muss beachtet werden, dass diese Dienstleistungen auch über Internet und moderne Kommunikationsmittel, z. B. E-Mail, erbracht werden können.

2.        In der vorliegenden Rechtssache will das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob sich die Zuständigkeit bei einem Handelsvertretervertrag zwischen Vertragsparteien aus verschiedenen Mitgliedstaaten, auf dessen Grundlage Dienstleistungen der Handelsvertretung in mehreren Mitgliedstaaten erbracht wurden, nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 richtet und welche Kriterien für die Zuständigkeitsbestimmung ausschlaggebend sind. Die Vorlagefragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen einer Handelsvertreterin, der Wood Floor Solutions Andreas Domberger GmbH (im Folgenden: Klägerin) mit Sitz in Österreich, und einer Unternehmerin, der Silva Trade SA (im Folgenden: Beklagte) mit Sitz in Luxemburg.

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsrecht

1.      Primärrecht

3.        Art. 68 Abs. 1 EG, der unter Titel IV des EG-Vertrags („Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“) fällt, bestimmt:

„Artikel 234 findet auf diesen Titel unter folgenden Umständen und Bedingungen Anwendung: Wird eine Frage der Auslegung dieses Titels sowie der Gültigkeit oder Auslegung von auf diesen Titel gestützten Rechtsakten der Organe der Gemeinschaft in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so legt dieses Gericht dem Gerichtshof die Frage zur Entscheidung vor, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält.“

2.      Verordnung Nr. 44/2001

4.        Im elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 heißt es:

„Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. …“

5.        Die Verordnung Nr. 44/2001 enthält in Kapitel II („Zuständigkeit“) Zuständigkeitsvorschriften.

6.        Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001, der im Kapitel über die Zuständigkeit unter Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften“) steht, lautet:

„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“

7.        Im selben Abschnitt der Verordnung Nr. 44/2001 sieht Art. 3 Abs. 1 vor:

„Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.“

8.        In Art. 5, der zu Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) des Kapitels über die Zuständigkeit gehört, heißt es:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1.       a)      wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

         b)      im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

–        für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;

–        für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;

         c)      ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);

…“

B –    Nationales Recht

9.        § 528 Abs. 2 Nr. 2 der österreichischen Zivilprozessordnung sieht vor:

„Der Revisionsrekurs ist jedoch jedenfalls unzulässig,

2. wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist,

…“

10.      In § 23 des österreichischen Handelsvertretergesetzes heißt es:

„(1) … Hat ein Teil das Vertragsverhältnis vorzeitig gelöst, ohne dass hiefür ein wichtiger Grund vorliegt, so kann der andere Teil die Erfüllung des Vertrages oder Ersatz des ihm verursachten Schadens verlangen. …

…“

11.      § 24 Abs. 1 des österreichischen Handelsvertretergesetzes bestimmt:

„Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit

1.       er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,

2.       zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und

3.       die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

…“

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

12.      Als Klägerin tritt im Ausgangsverfahren Wood Floor mit Sitz in Amstetten (Österreich) auf, als Beklagte Silva Trade mit Sitz in Wasserbillig (Luxemburg). Aus dem Vorlagebeschluss ist ersichtlich, dass der Geschäftsführer von Wood Floor, Andreas Domberger, zunächst persönlich Handelsvertreter von Silva Trade war, später aber die Handelsvertretung über Wood Floor ausübte. Der Handelsvertretervertrag wurde in der vorliegenden Rechtssache mündlich geschlossen(6).

13.      Die Klägerin übte ihre Handelsvertretertätigkeit in Österreich, Italien, den baltischen Staaten, Polen(7) und in der Schweiz aus. Nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts hatte sie mit den Kunden vorwiegend über Telefon und E-Mail vom Büro an ihrem Sitz aus Kontakt, manchmal aber auch persönlich am Sitz oder Wohnsitz der Kunden. Die Vermittlungstätigkeit soll so zu 70 % am Sitz der Klägerin in Österreich und zu 30 % im Ausland entfaltet worden sein.

14.      Die Beklagte Silva Trade löste mit Schreiben vom 2. April 2007 den Handelsvertretervertrag einseitig auf. Da es sich dabei nach Auffassung der Klägerin (Handelsvertreterin) um eine ungerechtfertigte vorzeitige Auflösung handelte, erhob sie am 21. August 2007 beim erstinstanzlichen Gericht (Landesgericht St. Pölten) in Österreich gemäß § 23 des österreichischen Handelsvertretergesetzes Klage auf Ersatz des Schadens in Höhe von 27 864,65 Euro, der ihr wegen der vorzeitigen Auflösung des Vertrags entstanden sei. Daneben beantragte sie mit der Klage, dass ihr ein Ausgleichsanspruch nach § 24 des österreichischen Handelsvertretergesetzes in Höhe von 83 593,95 Euro zugesprochen werde. Die Klägerin berief sich zur Begründung der Zuständigkeit des österreichischen Gerichts auf Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001, da sie die Handelsvertretertätigkeit an ihrem Sitz in Österreich ausgeübt habe. In ihrer Klagebeantwortung erhob die Beklagte die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit und der fehlenden internationalen Zuständigkeit mit der Begründung, dass die Klägerin nur 24,9 % ihres Umsatzes mit Geschäften in Österreich erwirtschaftet habe, den Rest hingegen im Ausland.

15.      Das erstinstanzliche Gericht erklärte sich mit Beschluss vom 10. Oktober 2008 für örtlich und international zuständig. In der Begründung des Beschlusses führte es an, dass der Begriff der „Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 weit auszulegen sei und darunter auch die Handelsvertretertätigkeit falle. Es begründete seine Zuständigkeit damit, dass der Tätigkeitsschwerpunkt der Klägerin in Amstetten (Österreich) gelegen habe.

16.      Gegen diesen Beschluss über die Zuständigkeit erhob die Beklagte Rekurs an das vorlegende Gericht (Oberlandesgericht Wien) mit der Begründung, dass die Klägerin, falls sich die Erfüllungsorte der vertraglichen Verpflichtungen in mehreren Mitgliedstaaten befänden, nur dann hinsichtlich aller vertraglichen Verpflichtungen Klage in einem einzigen Mitgliedstaat erheben könne, wenn sich die Zuständigkeit des Gerichts nach Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001, also nach dem Wohnsitz der Beklagten, richte. Wenn die Klage nicht beim Gericht am Wohnsitz der Beklagten erhoben werde, seien im Fall mehrerer verschiedener Erfüllungsorte der vertraglichen Verpflichtungen in mehreren Mitgliedstaaten die Gerichte in jedem dieser Mitgliedstaaten nur für jenen Teil der Verpflichtungen zuständig, der in diesem Mitgliedstaat erfüllt werde.

17.      Im Zusammenhang mit der Vorlageberechtigung nach Art. 68 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 234 EG führt das vorlegende Gericht aus, es beabsichtige, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts zu bestätigen, und diese Entscheidung sei nicht mehr mit einem Rechtsmittel anfechtbar. Es müsse daher möglich sein, das vorlegende Gericht als Gericht im Sinne von Art. 68 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 234 EG anzusehen, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden könnten.

18.      Das vorlegende Gericht meint also, in der vorliegenden Rechtssache zuständig zu sein, und begründet seinen Standpunkt damit, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 autonom auszulegen sei und dabei der Ort maßgeblich sei, an dem die Dienstleistungen tatsächlich erbracht worden seien. Dabei beruft es sich auf das Urteil Color Drack(8), in dem der Gerichtshof Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 in einem Fall ausgelegt habe, in dem eine Ware in verschiedene Orte eines Mitgliedstaats geliefert worden sei. Im Urteil Color Drack habe der Gerichtshof betont, dass dieser Artikel im Licht der Entstehungsgeschichte, der Ziele und der Systematik dieser Verordnung auszulegen sei(9) und dass im Fall mehrerer Lieferorte in einem einzigen Mitgliedstaat nur ein Gericht für die Entscheidung über alle Klagen aus dem Vertrag zuständig sein solle(10). Daneben habe der Gerichtshof in diesem Urteil entschieden, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 sowohl bei einem einzigen als auch bei mehreren Lieferorten Anwendung finde(11) und dass, wenn die Waren an mehrere Orte geliefert würden, unter Erfüllungsort grundsätzlich der Ort zu verstehen sei, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht bestehe, was in der Regel der Ort der Hauptlieferung sei(12). Könne der Ort der Hauptlieferung nicht festgestellt werden, so könne der Kläger auf der Grundlage von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 vor dem Gericht des Lieferorts seiner Wahl klagen(13).

19.      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts können die Grundsätze, denen der Gerichtshof im Urteil Color Drack Geltung verschafft habe, auch auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen übertragen werden, auf deren Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht würden. In diesem Fall sei die Zuständigkeit nach der engsten Verknüpfung mit dem Ort zu bestimmen, an dem sich der Tätigkeitsschwerpunkt des Dienstleistungserbringers befinde. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts erbrachte die Klägerin die Dienstleistungen der Handelsvertretung überwiegend von ihrem Sitz in Österreich aus, der als ihr Tätigkeitsschwerpunkt anzusehen sei, weshalb in der vorliegenden Rechtssache die österreichischen Gerichte zuständig seien.

20.      Das vorlegende Gericht meint ferner, dass die Grundsätze des Urteils Besix(14) nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragen werden könnten. Das Urteil Besix habe sich auf eine geografisch unbegrenzt geltende Unterlassungspflicht bezogen, während in der vorliegenden Rechtssache die Orte der Dienstleistungserbringung geografisch eingeschränkt seien.

21.      Vor diesem Hintergrund hat das vorlegende Gericht mit Beschluss vom 23. Dezember 2008 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 68 EG in Verbindung mit Art. 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt(15):

1.       a)      Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (kurz Brüssel‑I‑Verordnung) bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen auch dann anwendbar, wenn die Dienstleistungen vereinbarungsgemäß in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden?

         Für den Fall der Bejahung dieser Frage: Ist die genannte Bestimmung dahin auszulegen, dass

         b)      der Erfüllungsort der charakteristischen Verpflichtung nach jenem Ort zu bestimmen ist, an dem sich der – nach Zeitaufwand und Bedeutung der Tätigkeit zu beurteilende – Tätigkeitsschwerpunkt des Dienstleistungserbringers befindet;

         c)      mangels Feststellbarkeit eines Tätigkeitsschwerpunkts die Klage über sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag nach Wahl des Klägers an jedem Dienstleistungsort innerhalb der Gemeinschaft eingebracht werden kann?

2.       Für den Fall der Verneinung der ersten Frage: Ist Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Brüssel‑I‑Verordnung bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen auch dann anwendbar, wenn die Dienstleistungen vereinbarungsgemäß in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

22.      Der Vorlagebeschluss ist am 15. Januar 2009 beim Gerichtshof eingegangen. Im schriftlichen Verfahren haben die Parteien des Ausgangsverfahrens, die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission Erklärungen eingereicht. In der Sitzung vom 29. Oktober 2009 haben die Vertreter der Parteien des Ausgangsverfahrens, der deutschen Regierung und der Kommission mündliche Ausführungen gemacht und Fragen des Gerichtshofs beantwortet.

V –    Vorbringen der Beteiligten

A –    Zulässigkeit

23.      Fragen der Zuständigkeit behandelt in den schriftlichen Erklärungen nur die Kommission, die ausführt, dass nach Art. 68 EG nur Vorabentscheidungsersuchen jener Gerichte zulässig seien, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden könnten. Die Entscheidung, ob es sich tatsächlich um ein letztinstanzliches Gericht handele, hänge von konkreten Umständen ab, d. h. davon, ob die Entscheidung des Gerichts im konkreten Verfahren anfechtbar sei.

24.      Nach den konkreten Umständen der vorliegenden Rechtssache sei die Entscheidung des vorlegenden Gerichts nicht anfechtbar. Der Revisionsrekurs sei nach § 528 Abs. 2 Nr. 2 der österreichischen Zivilprozessordnung unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden sei. Da das vorlegende Gericht hier beabsichtige, den Zuständigkeitsbeschluss des erstinstanzlichen Gerichts zu bestätigen, könne seine Entscheidung nicht mehr mit einem Revisionsrekurs angefochten werden. Daher sind die Vorlagefragen nach Auffassung der Kommission zulässig.

B –    Erste Vorlagefrage

1.      Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten (Frage 1a)

25.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission schlagen dem Gerichtshof als Antwort auf die erste Vorlagefrage vor, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auch auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen anwendbar sei, bei denen die Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht würden. Diese Beteiligten weisen im Wesentlichen darauf hin, dass die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Color Drack auch dann herangezogen werden könne, wenn vertragliche Verpflichtungen in mehreren Mitgliedstaaten erfüllt werden müssten. Die Ausführungen der Klägerin des Ausgangsverfahrens, der deutschen Regierung und der Kommission in der mündlichen Verhandlung lassen zudem erkennen, dass sie den Standpunkt vertreten, der Gerichtshof habe diese Vorlagefrage schon im Urteil Rehder beantwortet.

26.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens fügt hinzu, dass mit der Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf die vorliegende Rechtssache auch dem Ziel der Vorhersehbarkeit Rechnung getragen werde, da aus dem zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens geschlossenen Vertrag klar ersichtlich sei, in welchen Mitgliedstaaten die Klägerin Dienstleistungen erbringe. Das sei auch der entscheidende Unterschied zum Urteil Besix(16), in dem nicht feststellbar gewesen sei, in welchen Mitgliedstaaten die vertraglichen Verpflichtungen erfüllt werden sollten, da die vertragliche Verpflichtung in einer Unterlassung bestanden habe.

27.      Die deutsche Regierung betont überdies, dass für sämtliche Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis das Gericht zuständig sei, das die engste Verbindung zu diesem Vertragsverhältnis aufweise.

28.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs ist der Auffassung, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen unabhängig davon anwendbar sei, ob die Dienstleistungen in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten erbracht würden. Eine solche Auslegung stehe im Einklang mit dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 und entspreche folgenden Grundsätzen: Erstens sei Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 anzuwenden, wann immer dies vernünftigerweise möglich sei, zweitens müsse im Interesse der Vorhersehbarkeit leicht festzustellen sein, welches Gericht in der jeweiligen Rechtssache zuständig sei, drittens sei zu vermeiden, dass verschiedene Gerichte mit unterschiedlichen Aspekten ein und desselben Rechtsstreits befasst würden, und viertens müsse die Antwort auf die Vorlagefrage in dieser Rechtssache im Einklang mit der Auslegung stehen, die Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens durch den Gerichtshof erhalten habe(17).

29.      Die Kommission macht geltend, aus dem Wortlaut und der Systematik des Art.  5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 gehe nicht hervor, dass sich die Zuständigkeit für Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen nur dann nach dieser Norm richte, wenn die vertragliche Verpflichtung in bloß einem Mitgliedstaat erfüllt werde. Außerdem laufe eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 den Zielen dieser Verordnung zuwider. Aus den Erwägungsgründen 2, 6 und 8 dieser Verordnung sei ersichtlich, dass zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts Bestimmungen zur Vereinheitlichung der Zuständigkeitsvorschriften zu erlassen seien, wenn der Beklagte in einem Mitgliedstaat wohne und die Rechtssache einen grenzüberschreitenden Bezug habe. Nach Auffassung der Kommission wäre es mit diesem Ziel nicht vereinbar, wenn die besondere Zuständigkeit für Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen auf die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat beschränkt wäre. Außerdem würde eine solche Einschränkung des Anwendungsbereichs dieses Artikels die Wirksamkeit dieser Vorschrift erheblich beeinträchtigen, da diese Bestimmung dann, wenn nur ein kleiner Teil der Waren in einen anderen Mitgliedstaat geliefert oder nur ein Teil der Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat erbracht werde, nicht mehr anwendbar sei. Ebenso wenig stünde dies mit der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift im Einklang. Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 unterscheide sich von Art. 5 Nr. 1 des davor geltenden Brüsseler Übereinkommens dergestalt, dass für den Verkauf beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleistungen als „Erfüllungsort“ im Sinne dieses Artikels der Ort der Erbringung der vertragscharakteristischen Leistung festgelegt werde. Diese Vorschrift solle also die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach dem Ort der Erbringung der vertragscharakteristischen Leistung für die häufigsten Verträge mit grenzüberschreitendem Bezug erleichtern.

30.      Im Unterschied zu allen anderen Beteiligten ist die Beklagte des Ausgangsverfahrens der Auffassung, Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 sei auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen nicht anwendbar, wenn die Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht würden. Die Lösung des Urteils Color Drack, das sich auf einen Vertrag über die Lieferung einer beweglichen Sache in einem einzigen Mitgliedstaat bezogen habe, könne auf die vorliegende Rechtssache, in der es um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten gehe, nicht übertragen werden, weil damit dem Ziel der Vorhersehbarkeit des zuständigen Gerichts nicht genügt werde. Da die Klägerin den überwiegenden Teil des Umsatzes in anderen Mitgliedstaaten und nicht in Österreich erwirtschaftet habe (die Beklagte führt an, dass der meiste Umsatz in Polen erzielt worden sei), sei das zuständige Gericht nicht vorhersehbar. Dabei beruft sich die Beklagte auch auf die Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Color Drack(18), der der Auffassung gewesen sei, dass die Zuständigkeit, wenn sich die Erfüllungsorte der vertraglichen Verpflichtungen in mehreren Mitgliedstaaten befänden, nicht nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt werden könne(19). Außerdem bezieht sich der Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 nach Ansicht der Beklagten auf einen einzigen Erfüllungsort, weil der Begriff „Ort“ stets im Singular verwendet werde. Unter Berufung auf die Rechtssache Besix(20) führt die Beklagte weiter aus, dass die Nachteile, die sich daraus ergeben könnten, dass verschiedene Gerichte über die unterschiedlichen Aspekte ein und desselben Rechtsstreits entschieden, dadurch vermieden werden könnten, dass der Kläger an dem Ort Klage erhebe, an dem der Beklagte seinen Sitz habe.

2.      Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 (Frage 1b)

31.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens und die Kommission meinen, dass der Gerichtsstand nach dem Ort zu bestimmen sei, an dem der Dienstleistungserbringer seinen Tätigkeitsschwerpunkt habe.

32.      Die Klägerin weist zudem darauf hin, dass die Vertragsparteien den Schwerpunkt der Erbringung der Dienstleistungen leicht im Vorhinein im Vertrag festlegen könnten und dass damit die Zuständigkeitsbestimmung dem Ziel der Vorhersehbarkeit genügen würde, da der Kläger genau wüsste, bei welchen Gerichten er Klage erheben könne, und der Beklagte wiederum wüsste, vor welchen Gerichten er verklagt werden könne. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ausgeführt, dass die Handelsvertreterin auf der Grundlage des mündlich geschlossenen Vertrags Dienstleistungen erbracht habe, indem sie der Unternehmerin neue Kunden zugeführt und Kontakte mit bestehenden Kunden gepflegt, mit den Kunden vor Vertragsabschluss verhandelt, Verträge geschlossen, Reklamationen entgegengenommen und der Unternehmerin allgemeine Unterstützung beim Verkauf ihrer Produkte gewährt habe. Da sie diese Dienstleistungen großteils an ihrem Sitz in Österreich erbracht habe, müsse für die Entscheidung über den Rechtsstreit ein österreichisches Gericht zuständig sein.

33.      Nach Ansicht der Kommission entspricht die Zuständigkeitsbestimmung nach dem Tätigkeitsschwerpunkt des Dienstleistungserbringers den verschiedenen Zielen, die mit der Bestimmung der Zuständigkeit des geeigneten Gerichts verfolgt würden: Erstens entspreche sie dem Ziel, alle Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertrag vor ein und demselben Gericht zu verhandeln, zweitens werde dadurch das Ziel der Vorhersehbarkeit der Zuständigkeit erreicht, drittens genüge diese Zuständigkeitsbestimmung dem Ziel der räumlichen Nähe zwischen Vertrag und zuständigem Gericht, und viertens wahre eine solche Zuständigkeitsbestimmung auch die „Waffengleichheit“ der Parteien, weil der Kläger dadurch die Möglichkeit habe, beim Gericht des Erfüllungsorts zu klagen, und andererseits der Beklagte nur in einem einzigen Mitgliedstaat verklagt werden könne. Es sei zu prüfen, in welchen Mitgliedstaaten die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht worden seien; dabei müssten alle Umstände berücksichtigt werden, z. B. der Ort, an dem die Mehrzahl der Verträge abgeschlossen worden sei, sowie der Ort, an dem der höchste Umsatz erzielt worden sei. Im konkreten Fall liege der Ort, an dem die Dienstleistung im Schwerpunkt erbracht worden sei, in Österreich, weil die Handelsvertreterin 70 % der Handelsvertreterdienstleistungen in Österreich erbracht habe und nur 30 % im Ausland. Der Umstand, dass die Klägerin in Österreich nur 25 % des Gewinns erzielt haben solle, stehe der Zuständigkeit eines österreichischen Gerichts nicht entgegen, da die Klägerin ihre Tätigkeit von ihrem Sitz in Amstetten (Österreich) aus organisiert habe.

34.      Nach Auffassung der deutschen Regierung muss im Fall der Handelsvertretung in mehreren Mitgliedstaaten von der widerlegbaren Vermutung ausgegangen werden, dass sich der Ort, an dem die Dienstleistungen vereinbarungsgemäß erbracht worden seien und nach dem das zuständige Gericht bestimmt werde, dort befinde, wo der Handelsvertreter sein Hauptbüro habe.

35.      Die Kommission hat auf diese Ausführungen der deutschen Regierung in der mündlichen Verhandlung entgegnet, dass sie der Aufstellung einer derartigen widerlegbaren Vermutung nicht beistimme, da dies dem Zweck von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 zuwiderlaufe, in dessen Rahmen die Zuständigkeit anhand tatsächlicher Umstände bestimmt werden müsse. Eine Prüfung dieser Umstände werde das nationale Gericht erst dann vornehmen, wenn der Beklagte die Vermutung anfechte, womit ihm die Beweislast auferlegt werde. Eine widerlegbare Vermutung begünstige in übertriebenem Maße den Handelsvertreter, der immer am Ort seines Sitzes klagen und verklagt werden könne(21), für die beklagte Partei habe aber eine solche widerlegbare Vermutung die gleiche Wirkung, als richte sich die Zuständigkeit nach der allgemeinen Regel von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001.

36.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs meint, es sei nicht richtig, die Zuständigkeit nach dem Tätigkeitsschwerpunkt des Dienstleistungserbringers festzulegen. Sie verstehe dies nämlich so, dass es dabei um die Bestimmung des allgemeinen Tätigkeitsschwerpunkts des Dienstleistungserbringers gehe. Ort der Erbringung der Dienstleistungen müsse der Ort sein, an dem die Dienstleistungen tatsächlich nach dem Vertrag erbracht würden – das sei aber in der vorliegenden Rechtssache vom nationalen Gericht anhand der relevanten Tatsachen und wirtschaftlichen Faktoren zu beurteilen.

3.      Zuständigkeitsbestimmung, wenn kein Tätigkeitsschwerpunkt feststellbar ist (Frage 1c)

37.      Die Klägerin des Ausgangsverfahrens und die deutsche Regierung meinen, dass Frage 1c – also die Frage, ob die Klage in einem Fall, in dem der Tätigkeitsschwerpunkt nicht feststellbar sei, nach Wahl des Klägers an jedem Dienstleistungsort innerhalb der Gemeinschaft eingebracht werden könne – zu bejahen sei.

38.      Im Gegensatz dazu ist die Regierung des Vereinigten Königreichs der Ansicht, dass Art 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 nicht anwendbar sei, wenn die Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht würden und der Ort, an dem die Hauptdienstleistung erbracht worden sei, nicht feststellbar sei, da die Eröffnung einer Möglichkeit der Auswahl unter den Gerichten, bei denen der Kläger Klage einbringen könne, zur Zuständigkeit eines beliebigen Gerichts führen würde, womit diese Zuständigkeit für die beklagte Partei in höchstem Maße unvorhersehbar wäre.

39.      Angesichts ihrer Antwort auf die Fragen 1a und 1b antwortet die Kommission auf Frage 1c nicht.

C –    Zweite Vorlagefrage

40.      Nach Auffassung der Klägerin des Ausgangsverfahrens und der Kommission erübrigt sich eine Beantwortung der zweiten Vorlagefrage wegen der Bejahung der ersten Frage.

41.      Die Beklagte des Ausgangsverfahrens ist der Ansicht, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 in der vorliegenden Sache nicht anwendbar sei, da es mit der Zuständigkeitsbestimmung nach Buchst. a – ähnlich wie nach Buchst. b dieses Artikels – nicht möglich sei, Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit bei der Zuständigkeitsbestimmung zu gewährleisten.

42.      Die Regierung des Vereinigten Königreichs meint, dass in einem Fall, in dem Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 mangels Feststellbarkeit des Dienstleistungsorts nicht anwendbar sei, Buchst. a dieses Artikels zur Anwendung komme. Sie beruft sich in ihrer Argumentation auf Art. 5 Nr. 1 Buchst. c, der bestimme, dass bei Nichtanwendbarkeit von Buchst. b Buchst. a dieses Artikels gelte.

43.      Die deutsche Regierung bezieht zur zweiten Vorlagefrage nicht Stellung.

VI – Würdigung durch die Generalanwältin

A –    Einleitung

44.      Der Gerichtshof hat in der vorliegenden Rechtssache Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 im Zusammenhang mit einem Handelsvertretervertrag(22) auszulegen, bei dem der Handelsvertreter die Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbringt. Der Gerichtshof wird also Gelegenheit haben, die Frage der Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten zu entscheiden, auf die bereits seit einiger Zeit in der Literatur hingewiesen wurde(23). Diese Frage stellte sich übrigens im Zusammenhang mit dem Beförderungsvertrag bereits im Urteil Rehder(24), in dem allerdings die Tatsache, dass Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht wurden, keine besonderen Probleme aufwarf, weil die Zahl der möglichen Orte der Dienstleistungserbringung auf zwei beschränkt war – auf den Abflugs- und den Landeort. Die vorliegende Rechtssache ist also die erste, in der der Gerichtshof zur Frage der Zuständigkeit im Fall der Erbringung von Dienstleistungen an zahlreichen Orten in verschiedenen Mitgliedstaaten Stellung beziehen müssen wird.

45.      Die vorliegende Rechtssache ist jedoch nicht die einzige beim Gerichtshof anhängige Rechtssache mit einer solchen Problemstellung. Ich möchte darauf hinweisen, dass derzeit eine weitere Rechtssache mit ähnlicher Problematik beim Gerichtshof anhängig ist, nämlich die Rechtssache Hölzel(25), in der es ebenso um die Frage der Zuständigkeitsbestimmung im Fall der Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten geht. Die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache wird auch Einfluss auf die Entscheidung in der Rechtssache Hölzel haben.

46.      Hinweisen möchte ich auch darauf, dass die Verträge, bei denen sich wegen der Möglichkeit der Erbringung der Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten die Frage der Zuständigkeitsbestimmung stellen kann, sehr unterschiedlich sind. Eine solche Frage kann sich z. B. auch in Bezug auf den Mandatsvertrag zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten stellen(26). Wenn etwa eine Anwaltskanzlei mit Sitz in Luxemburg einen Mandanten aus Deutschland in einer Verhandlung in Frankreich vertritt und es zwischen dem Mandanten und der Anwaltskanzlei zu einem Rechtsstreit kommt, wird sich genauso die Frage stellen, welches Gericht für die Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständig ist. Ähnlich schwierig kann die Zuständigkeitsbestimmung auch beim Maklervertrag sein, wenn der Makler für den Auftraggeber in mehreren Mitgliedstaaten tätig wird. Der Gerichtshof wird daher bei der Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache auch eventuelle Folgen dieser Entscheidung für andere Arten von Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten zu berücksichtigen haben.

B –    Zulässigkeit

47.      Nach Art. 68 Abs. 1 EG in Verbindung mit Art. 234 EG kann nur das Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, Fragen nach der Auslegung von Titel IV des EG-Vertrags (Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr) oder nach der Gültigkeit oder der Auslegung der auf der Grundlage dieses Titels erlassenen Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane zur Vorabentscheidung vorlegen(27). Die Verordnung Nr. 44/2001, die auf der Grundlage der Art. 61 Buchst. c EG und 67 Abs. 1 EG erlassen wurde, fällt unter die auf der Grundlage dieses Titels erlassenen Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane.

48.      In der vorliegenden Rechtssache hängt die Antwort auf die Frage, ob das vorlegende Gericht als Gericht anzusehen ist, „dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“, eigentlich von der Entscheidung ab, die in dem Rechtsmittelverfahren gegen den Zuständigkeitsbeschluss gefällt werden wird, das beim vorlegenden Gericht anhängig ist(28). Wie aus § 528 Abs. 2 Nr. 2 der österreichischen Zivilprozessordnung hervorgeht, wird die Entscheidung des vorlegenden Gerichts mit keinem Rechtsmittel (Revisionsrekurs) anzufechten sein, wenn dieses Gericht den erstrichterlichen Beschluss hinsichtlich der Zuständigkeit bestätigt. E contrario bedeutet dies, dass, wenn das vorlegende Gericht den erstinstanzlichen Beschluss nicht bestätigt, ein Rechtsmittel (Revisionsrekurs) gegen diese Entscheidung eingelegt werden kann.

49.      Das vorlegende Gericht führt aus, dass es beabsichtige, die erstrichterliche Entscheidung hinsichtlich der Zuständigkeit zu bestätigen, und dass daher gegen seine Entscheidung kein Rechtsmittel eingelegt werden könne(29). Jedoch möchte ich darauf hinweisen, dass der Inhalt dieser Entscheidung nicht von der Beurteilung des vorlegenden Gerichts abhängt, sondern vor allem von der Beantwortung der Vorlagefragen durch den Gerichtshof. Deckt sich die Antwort des Gerichtshofs inhaltlich mit der österreichischen erstrichterlichen Entscheidung, wird gegen die Entscheidung des vorlegenden Gerichts kein Rechtsmittel eingelegt werden können; entscheidet der Gerichtshof aber anders, wird ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des vorlegenden Gerichts möglich sein, und in diesem Fall wird es sich nicht um ein Gericht handeln, „dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“.

50.      Trotzdem sind die Vorlagefragen in der vorliegenden Rechtssache meines Erachtens zulässig. Als Hauptargument dafür sind die Folgen anzuführen, die entstünden, wenn die Fragen als unzulässig angesehen würden. In diesem Fall würde das vorlegende Gericht allein entscheiden und die erstrichterliche Entscheidung bestätigen. Infolgedessen wäre das vorlegende Gericht ein Gericht, „dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können“. Wenn wir die Vorlagefragen als unzulässig ansähen, würde außerdem der materiell-rechtlichen Entscheidung des Gerichtshofs – und folglich der des vorlegenden Gerichts – in der vorliegenden Rechtssache vorgegriffen, da letztlich vermutet würde, dass der Gerichtshof – und folglich das vorlegende Gericht – anders entscheiden würde als das erstinstanzliche österreichische Gericht. Zwar steht in der vorliegenden Rechtssache lediglich die Möglichkeit im Raum, dass das vorlegende Gericht die letzte Instanz ist, jedoch muss diese Möglichkeit für die Zulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen genügen, da wir in der Phase der Zulässigkeitsprüfung noch nicht wissen können, wie über die Begründetheit entschieden werden wird. Daher bin ich der Auffassung, dass in favorem der Zulässigkeit zu entscheiden ist und dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung zu geben sind, die es für die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache braucht.

51.      Demzufolge sind die Vorlagefragen in der vorliegenden Rechtssache meines Erachtens zulässig.

C –    Erste Vorlagefrage

52.      Die erste Vorlagefrage gliedert sich in mehrere Teile. Frage 1a bezieht sich darauf, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge anwendbar ist, auf deren Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, wie der Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache. Frage 1b bezieht sich auf die Zuständigkeitsbestimmung beim Handelsvertretervertrag, wenn die Dienstleistungen der Handelsvertretung in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden; genauer gesagt geht es um die Frage, ob sich der Erfüllungsort der charakteristischen Vertragsverpflichtung nach dem Ort bestimmt, an dem der Dienstleistungserbringer seinen Tätigkeitsschwerpunkt hat. Frage 1c dreht sich hingegen darum, ob in einem Fall, in dem der Tätigkeitsschwerpunkt nicht feststellbar ist, die Klage über sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag nach Wahl des Klägers an jedem Dienstleistungsort innerhalb der Gemeinschaft eingebracht werden kann.

53.      Im Rahmen der Prüfung werden zunächst die wesentlichen Merkmale des Handelsvertretervertrags vorgestellt, der ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 ist; anschließend gehe ich zur Beantwortung der Frage des vorlegenden Gerichts über.

1.      Einleitend zum Handelsvertretervertrag

a)      Merkmale des Handelsvertretervertrags

54.      Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Handelsvertretervertrags wurden hinsichtlich der wesentlichen Merkmale dieses Vertrags durch die Richtlinie 86/653/EWG zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter(30) (im Folgenden: Richtlinie 86/653) aufeinander abgestimmt.

55.      Nach der Richtlinie 86/653 ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig(31) damit betraut ist, für eine andere Person (Unternehmer) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen(32). Der Handelsvertreter muss sich in angemessener Weise für die Vermittlung und gegebenenfalls den Abschluss der ihm anvertrauten Geschäfte einsetzen, dem Unternehmer die erforderlichen ihm zur Verfügung stehenden Informationen übermitteln und den vom Unternehmer erteilten angemessenen Weisungen nachkommen(33). Bei der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Handelsvertreter die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen und sich nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten(34).

56.      Der Unternehmer hat hingegen nach der Richtlinie 86/653 die Pflicht, dem Handelsvertreter die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die sich auf die betreffenden Waren beziehen, und ihm die für die Ausführung des Handelsvertretervertrags erforderlichen Informationen zu geben; im Übrigen hat er ihn zu benachrichtigen, wenn er feststellt, dass der Umfang der Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der Handelsvertreter normalerweise hätte erwarten können(35). Der Unternehmer hat sich gegenüber dem Handelsvertreter nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten(36).

57.      Der Handelsvertreter hat für seine Tätigkeit Anspruch auf Provision(37). Für gewöhnlich wird die Höhe der Provision zwischen den Vertragsparteien vereinbart; wenn aber keine solche Vereinbarung getroffen wurde, hat der Handelsvertreter unbeschadet der Anwendung der verbindlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten über die Höhe der Vergütungen Anspruch auf eine Vergütung, die an dem Ort, an dem er seine Tätigkeit ausübt, üblich ist(38).

58.       Die Richtlinie 86/653 bestimmt nicht ausdrücklich, dass der Handelsvertretervertrag in schriftlicher Form geschlossen werden muss, jedoch haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, vorzuschreiben, dass ein Vertretungsvertrag nur in schriftlicher Form gültig ist(39). Außerdem kann nach der Richtlinie jede Partei von der anderen Partei eine von dieser unterzeichnete Urkunde verlangen, die den Inhalt des Vertrags einschließlich der Änderungen oder Ergänzungen wiedergibt(40). Nach der Richtlinie kann dieser Anspruch nicht ausgeschlossen werden(41).

b)      Der Handelsvertretervertrag als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen

59.       Für die vorliegende Rechtssache ist festzustellen, dass der Handelsvertretervertrag ein Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Richtlinie Nr. 44/2001 ist(42). Wie der Gerichtshof im Urteil Falco erläutert hat, bedeutet der Begriff Dienstleistungen „zumindest, dass die Partei, die sie erbringt, eine bestimmte Tätigkeit gegen Entgelt durchführt“(43). Diese Voraussetzung ist in der vorliegenden Rechtssache erfüllt, da die Handelsvertreterin der Unternehmerin neue Kunden zuführte und Kontakte mit bestehenden Kunden pflegte, mit den Kunden vor Vertragsabschluss verhandelte, Verträge schloss, Reklamationen entgegennahm und der Unternehmerin allgemeine Unterstützung beim Verkauf ihrer Produkte gewährte(44). Diese Dienstleistungen erbrachte sie gegen Entgelt, da sie für ihre Tätigkeit eine Provision erhielt. Daher ist die Voraussetzung des Vorliegens eines Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen in der vorliegenden Rechtssache unzweifelhaft erfüllt.

2.      Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten (Frage 1a)

60.      Mit Frage 1a möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, wie den Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, auf dessen Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, anwendbar ist.

61.      Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt, dass der Erfüllungsort der Verpflichtung (an dem eine Person verklagt werden kann, obwohl sie ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat(45)), wenn nichts anderes vereinbart wurde, für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat ist, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Anhand des Wortlauts dieses Artikels lässt sich meines Erachtens nicht feststellen, ob er nur auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in einem einzigen Mitgliedstaat oder auch auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten anwendbar ist. Dabei kann auch die Verwendung des Begriffs „Mitgliedstaat“ im Singular nicht ausschlaggebend sein(46).

62.      Trotzdem ist diese Frage meines Erachtens zu bejahen. Diese Antwort ergibt sich nämlich aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, genauer gesagt, aus den Urteilen Color Drack(47) und Rehder(48). Das Urteil Color Drack hat sich zwar nicht auf einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen bezogen, sondern auf einen Vertrag über den Verkauf einer beweglichen Sache, ist aber für die vorliegende Rechtssache bedeutsam, da der Gerichtshof die darin aufgestellten Grundsätze später im Urteil Rehder auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen ausgedehnt hat.

63.      Der Gerichtshof hat im Urteil Color Drack über die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Fälle entschieden, in denen bewegliche Sachen auf der Grundlage eines Vertrags in verschiedene Orte ein und desselben Mitgliedstaats geliefert wurden. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass diese Bestimmung im Fall mehrerer Lieferorte in einem Mitgliedstaat anwendbar und in einem solchen Fall für die Entscheidung über sämtliche Klagen aus einem Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen das Gericht zuständig ist, in dessen Sprengel sich der Ort der nach wirtschaftlichen Kriterien zu bestimmenden Hauptlieferung befindet(49). Lässt sich dieser Ort nicht feststellen, so kann der Kläger den Beklagten vor dem Gericht des Lieferorts seiner Wahl verklagen(50). Der Gerichtshof hat in diesem Urteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich diese Erwägungen auf den Fall mehrerer Lieferorte in einem einzigen Mitgliedstaat beschränken und einer Entscheidung im Fall mehrerer Lieferorte in verschiedenen Mitgliedstaaten nicht vorgreifen(51).

64.      Generalanwalt Bot hat zwar in der Rechtssache Color Drack den Standpunkt vertreten, dass sich die Zuständigkeit bei Lieferorten in verschiedenen Mitgliedstaaten nicht nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmen ließe, da das Ziel der Vorhersehbarkeit nicht erreicht würde(52). In diesem Fall richte sich die Zuständigkeit auch nicht nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001, sondern sei gemäß Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 das Gericht am Wohnsitz des Beklagten zuständig(53).

65.      Der Gerichtshof hat jedoch in der vor Kurzem entschiedenen Rechtssache Rehder(54), in der das Urteil verkündet worden ist, nachdem das vorlegende Gericht in der vorliegenden Rechtssache seine Vorabentscheidungsfragen gestellt hatte, bereits die Frage beantwortet, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 anwendbar ist, wenn Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden. Er hat entschieden, dass die Erwägungen des Urteils Color Drack „auch bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen [gelten], und zwar auch in Fällen, in denen die Dienstleistungen nicht nur in einem Mitgliedstaat erbracht werden“(55). Der Gerichtshof hat weiter darauf hingewiesen, dass die in der Verordnung Nr. 44/2001 für Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleistungen vorgesehenen besonderen Zuständigkeitsregeln „dieselbe Entstehungsgeschichte [haben], … dasselbe Ziel [verfolgen] und … denselben Platz in dem mit dieser Verordnung errichteten System ein[nehmen]“(56). Außerdem kann nach Auffassung des Gerichtshofs „[f]ür die Ziele der räumlichen Nähe und der Vorhersehbarkeit, die mit der Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeit an dem Ort, an dem nach dem entsprechenden Vertrag die Dienstleistungen zu erbringen sind, und mit der Festlegung einer einheitlichen gerichtlichen Zuständigkeit für alle auf diesen Vertrag gestützten Forderungen verfolgt werden, … keine andere Betrachtungsweise gelten“, wenn die fraglichen Dienstleistungen an mehreren Orten in verschiedenen Mitgliedstaaten zu erbringen sind(57). Eine solche Differenzierung fände nach den Ausführungen des Gerichtshofs „nicht nur keine Grundlage in den Bestimmungen der Verordnung Nr. 44/2001“, sondern stünde auch im Widerspruch zum Zweck dieser Verordnung(58).

66.      Der Gerichtshof hat im Urteil Rehder also bereits die Frage beantwortet, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten anwendbar ist. Es sei erwähnt, dass auch in der Literatur die Ansicht vertreten wird, dieser Artikel gelte für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten(59).

67.      Daher muss meines Erachtens Frage 1a des vorlegenden Gerichts dahin gehend beantwortet werden, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 auf einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, wie den Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, auf dessen Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, anwendbar ist.

3.      Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 (Frage 1b)

68.      Mit Frage 1b möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 dahin gehend auszulegen ist, dass bei der Bestimmung der Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten der Ort, an dem im Sinne dieses Artikels die Dienstleistungen erbracht wurden, nach dem Ort zu bestimmen ist, an dem der Dienstleistungserbringer seinen Tätigkeitsschwerpunkt hat.

69.      Zunächst möchte ich im Zusammenhang mit dieser Frage darauf hinweisen, dass der Gerichtshof bei der Zuständigkeitsbestimmung in der vorliegenden Rechtssache zwei Grundsätze berücksichtigen muss.

70.       Erstens ist zu beachten, dass die Zuständigkeit des Gerichts vorhersehbar(60) sein muss, was Ausdruck des Grundsatzes der Rechtssicherheit ist(61). Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, verfolgt die Verordnung Nr. 44/2001 einen Zweck der Rechtssicherheit, der darin besteht, den Rechtsschutz der in der Europäischen Gemeinschaft ansässigen Personen in der Weise zu verbessern, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und ein Beklagter vorhersehen kann, vor welchem Gericht er verklagt werden kann(62).

71.      Zweitens ist die Zuständigkeit des Gerichts nach dem Ort zu bestimmen, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht(63).

72.      Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Antwort auf Frage 1b bereits aus der bisherigen Rechtsprechung abzuleiten ist.

73.      Im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 hat der Gerichtshof im Urteil Rehder bereits entschieden, dass bei Erbringung der Dienstleistungen an mehreren Orten in verschiedenen Mitgliedstaaten der Ort zu ermitteln ist, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht(64). Das ist nach Auffassung des Gerichtshofs insbesondere der Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist(65).

74.      Zu berücksichtigen ist, dass der Gerichtshof im Urteil Rehder nicht festgestellt hat, dass der Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung erbracht werden muss, das einzig mögliche Kriterium für die Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 darstellt. Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass der Ort zu suchen ist, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht, insbesondere der Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist(66). Das wesentliche Kriterium ist also die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht; diese Verknüpfung besteht insbesondere an dem Ort, an dem nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist.

75.      Meines Erachtens sind die Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil Rehder auch auf die vorliegende Rechtssache übertragbar. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in der vorliegenden Rechtssache im Handelsvertretervertrag nicht festgelegt wurde, an welchem Ort oder in welchen Mitgliedstaaten die Dienstleistungen hauptsächlich zu erbringen sind. Im mündlich(67) geschlossenen Vertrag wurden nur die Mitgliedstaaten bestimmt, in denen der Handelsvertreter Dienstleistungen der Handelsvertretung erbringen muss(68). Daher ist in der vorliegenden Rechtssache auf die Entscheidung in der Rechtssache Rehder dergestalt aufzubauen, dass sich die Zuständigkeit, wenn nicht feststellbar ist, wo nach dem Vertrag die Dienstleistungen hauptsächlich zu erbringen sind, nach dem Ort bestimmt, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden(69).

76.      Deshalb bin ich der Auffassung, dass in der vorliegenden Rechtssache das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem der Handelsvertreter die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht hat. Diese Beurteilung muss das vorlegende Gericht anhand von Tatsachen vornehmen, der Gerichtshof hingegen hat die Kriterien zu definieren, die das vorlegende Gericht bei seiner Beurteilung berücksichtigen muss. Wenn ein solcher Ort nicht feststellbar ist, muss der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht subsidiär andere Kriterien für die Bestimmung des zuständigen Gerichts an die Hand geben, die genauso den Grundsätzen der Vorhersehbarkeit und engsten Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht genügen.

77.      In der vorliegenden Rechtssache ist also zunächst zu definieren, anhand welcher Kriterien der Ort bestimmt wird, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden.

78.      Meines Erachtens werden für die Zuständigkeitsbestimmung im Fall des Handelsvertretervertrags die nachfolgenden Kriterien wesentlich sein: der Aufwand bzw. die Mühe des Handelsvertreters, die für die einzelnen Dienstleistungen benötigte Zeit, die Dauer der Unterhandlungen mit den einzelnen Kunden, die Auslagen, die der Handelsvertreter im Zusammenhang mit der Vermittlung für den Unternehmer hatte, der Ort, von dem aus der Handelsvertreter seine Tätigkeit organisierte, und der Umsatz, den der Handelsvertreter erzielte. Genauer gesagt wird das vorlegende Gericht beachten müssen, an welchem Ort der Handelsvertreter konkrete Dienstleistungen, z. B. die Kontaktaufnahme mit potenziellen Käufern, das Versenden von Material, das persönliche Aufsuchen von Käufern, Verhandlungen, das Vorbereiten von Vertragstexten bei schriftlichen Verträgen, den Abschluss von Verträgen und die Entgegennahme eventueller Reklamationen, erbracht hat. Es wird auch berücksichtigen müssen, dass die Pflichten des Handelsvertreters sehr unterschiedlich sein können und dass dieser die Vermittlung auf unterschiedliche Art und Weise erledigen kann: auf dem Postweg, über Telefon, Fax, E-Mail oder andere moderne Kommunikationsmittel, aber auch persönlich entweder an seinem Sitz oder am Sitz des Kunden oder an einem anderen Ort. Außerdem wird das vorlegende Gericht beachten müssen, dass es sich im Fall des Handelsvertretervertrags um ein Dauervertragsverhältnis handelt(70); es geht also nicht um die Vermittlung oder den Abschluss bloß eines Vertrags zwischen dem Unternehmer und dem Kunden, sondern um die Vermittlung oder den Abschluss mehrerer Verträge zwischen dem Unternehmer und den Kunden. Daher wird das vorlegende Gericht zu berücksichtigen haben, wo der Handelsvertreter während eines längeren Zeitraums Dienstleistungen erbracht hat.

79.      Zum Umsatz als Kriterium für die Zuständigkeitsbestimmung sei hinzugefügt, dass das vorlegende Gericht beachten müssen wird, dass der Umsatz zwar tatsächlich darauf hindeuten kann, wo der Handelsvertreter die Dienstleistungen der Handelsvertretung erbracht hat, aber immer in Verbindung mit anderen Kriterien zu sehen ist. Der Umsatz kann also nicht das einzige und entscheidende Kriterium für die Zuständigkeitsbestimmung sein, das die anderen Kriterien überwiegt. Die Höhe des Umsatzes ist nämlich äußerst unvorhersehbar, da sie sich mit dem Abschluss eines Vertrags zwischen dem Unternehmer und einem Kunden schnell ändern kann. Sollte das vorlegende Gericht z. B. feststellen, dass der Handelsvertreter den Großteil seiner Arbeit in einem Mitgliedstaat erledigt hat, wurde aber der höchste Umsatz in einem anderen Mitgliedstaat erzielt, kann die Höhe des Umsatzes nicht in dem Maße ausschlaggebend sein, dass deswegen die Gerichte in jenem Mitgliedstaat zuständig wären, in dem der höchste Umsatz erzielt wurde. Das vorlegende Gericht muss alle Kriterien berücksichtigen und auf der Grundlage einer solchen Gesamtbeurteilung den Ort ermitteln, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden.

80.      Aufgrund der Ausführungen in den Nrn. 69 bis 79 der vorliegenden Schlussanträge ist meines Erachtens auf Frage 1b zu antworten, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 dahin gehend auszulegen ist, dass bei der Bestimmung der Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten, wie dem Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, der Ort, an dem im Sinne dieses Artikels die Dienstleistungen erbracht wurden, nach dem Ort zu bestimmen ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden. Diese Beurteilung hat das nationale Gericht vorzunehmen.

4.      Zuständigkeitsbestimmung, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden (Frage 1c)

81.      Mit Frage 1c möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, wie das zuständige Gericht bestimmt wird, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden. Das vorlegende Gericht fragt in diesem Zusammenhang, ob in diesem Fall die Klage über sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag nach Wahl des Klägers an jedem Dienstleistungsort innerhalb der Gemeinschaft eingebracht werden kann.

82.      Obwohl das vorlegende Gericht im Vorlagebeschluss bereits seinen Standpunkt dazu anführt, an welchem Ort die Dienstleistungen des Handelsvertreters hauptsächlich erbracht wurden(71), bin ich der Auffassung, dass auf diese Frage zu antworten ist. Es ist nämlich nicht völlig ausgeschlossen, dass das vorlegende Gericht bei der Anwendung der Kriterien, die ihm der Gerichtshof an die Hand geben wird, zu einer anderen Lösung kommt. Daher muss der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können.

83.      Sollte das zuständige Gericht nicht nach dem Ort feststellbar sein, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, kommen in der vorliegenden Rechtssache mehrere Lösungen für die Zuständigkeitsbestimmung in Betracht.

84.      Die erste Möglichkeit ist die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Lösung, wonach für sämtliche Ansprüche nach Wahl des Klägers die Gerichte in jedem Mitgliedstaat zuständig sind, in dem ein Teil der Dienstleistungen erbracht wurde. Diese Lösung würde zwar bedeuten, dass die Rechtsprechung des Urteils Rehder auf die vorliegende Rechtssache erstreckt und in diesem Sinn logisch fortgesetzt wird, jedoch ist sie meines Erachtens in der vorliegenden Rechtssache aus mehreren Gründen nicht sachgerecht. Erstens entspricht diese Lösung nicht dem Ziel der Vorhersehbarkeit, da sie (zu) viele Gerichtsstände ermöglicht(72). Zweitens begünstigt diese Lösung in übertriebenem Maße den Kläger, der die Möglichkeit hat, den Ort der Klageerhebung zu wählen, und bringt damit eine große Gefahr des forum shopping mit sich(73). Drittens hat sich die Lösung, die der Gerichtshof im Urteil Rehder gefunden hat, auf einen spezifischen Sachverhalt bezogen, nämlich auf die Dienstleistungen der Beförderung im Luftverkehr von einem Mitgliedstaat in den anderen. In der Rechtssache Rehder bestand keine Gefahr des forum shopping, da der Kläger nur über zwei Orte verfügte, an denen er Klage erheben konnte, während es in der vorliegenden Rechtssache mehrere solcher Orte gibt.

85.      Die zweite Lösung besteht darin, dass die Gerichte in jedem Mitgliedstaat, in dem ein Teil der Dienstleistungen erbracht wurde, zuständig sind, jedoch nur für den Teil der Dienstleistungen, der in diesem Mitgliedstaat erbracht wurde(74). Diese Lösung scheint vielleicht auf den ersten Blick dogmatisch richtig, ist aber genauso umstritten, da sie die Zuständigkeit zu sehr aufsplittert und es dem Kläger unverhältnismäßig schwer macht, der in diesem Fall eine sehr große Zahl an Klagen in verschiedenen Mitgliedstaaten erheben müsste. Außerdem bringt diese Möglichkeit die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu ein und demselben Vertragsverhältnis mit sich(75).

86.      Die dritte mögliche Lösung für die Zuständigkeitsbestimmung besteht darin, dass nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. c der Buchst. a dieses Artikels zur Anwendung kommt(76). Meines Erachtens ist jedoch auch diese Lösung nicht sachgerecht. Buchst. a gilt nämlich nur für Verträge, die nicht den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben(77), oder wenn sich der Erfüllungsort der vertraglichen Verpflichtung nicht in einem der Mitgliedstaaten(78) (mit Ausnahme Dänemarks, für das nach wie vor das Brüsseler Übereinkommen gilt(79)) befindet. Bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen – was der Handelsvertretervertrag unzweifelhaft ist(80) – muss die Zuständigkeit nach dem zweiten Gedankenstrich des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b bestimmt werden und nicht nach Buchst. a dieses Artikels.

87.      Die vierte Möglichkeit der Zuständigkeitsbestimmung, wenn diese nicht nach dem Ort erfolgen kann, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, besteht darin, von der Anwendung des Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ganz abzusehen und die Zuständigkeit nach Art. 2 dieser Verordnung im Einklang mit dem Urteil Besix(81) zu bestimmen. Im Urteil Besix hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens entschieden, dass sich die Zuständigkeit nicht nach dieser Vorschrift richtet, wenn der Erfüllungsort der Verpflichtung deshalb nicht bestimmt werden kann, weil diese eine geografisch unbegrenzt geltende Unterlassungspflicht ist und damit durch eine Vielzahl von Orten gekennzeichnet wird, an denen sie erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre(82). In diesem Fall richtet sich die Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens. Eine Zuständigkeitsbestimmung im Einklang mit der Entscheidung in der Rechtssache Besix und damit nach Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 ist jedoch in der vorliegenden Rechtssache meines Erachtens ebenfalls nicht sachgerecht.

88.      Zunächst würde eine Zuständigkeitsbestimmung im Einklang mit dem Urteil Besix die Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 für zahlreiche Handelsvertreterverträge, auf deren Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, unmöglich machen. Das würde dem Zweck des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zuwiderlaufen, der in diese Verordnung insbesondere deswegen eingefügt wurde, damit für zwei Vertragsarten – Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen und Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen – der Erfüllungsort der Verpflichtung autonom bestimmt wird(83), es würde aber auch im Allgemeinen dem Zweck des Art. 5 Nr. 1 widersprechen, der in der Festlegung einer besonderen Zuständigkeit für vertragliche Streitigkeiten besteht(84).

89.      Des Weiteren stünde die Übertragung der Rechtsprechung des Urteils Besix auf die vorliegende Rechtssache im Widerspruch zur Systematik des Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001. Auch wenn man annähme, dass Buchst. b dieses Artikels nicht anwendbar ist, wenn der Erfüllungsort der charakteristischen Verpflichtung nicht festgestellt werden kann(85), würde sich nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. c die Zuständigkeit nach Buchst. a dieses Artikels richten(86). Nur wenn die Zuständigkeitsbestimmung nach Buchst. a dieses Artikels nicht möglich wäre, könnte man zur Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 übergehen. Mit der Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 2 würde man diesen Zwischenschritt auslassen sowie Art. 5 Nr. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 44/2001 und damit gleichzeitig die Systematik dieses Artikels völlig übergehen.

90.      Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass die Art der vertraglichen Verpflichtungen in der vorliegenden Rechtssache nicht vergleichbar mit jener im Urteil Besix ist. Im Urteil Besix bezog sich der Sachverhalt auf einen Vertrag, dessen Gegenstand eine geografisch unbegrenzt geltende Unterlassungspflicht war(87). Bei diesem Vertrag ging es also nicht um einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen wie in der vorliegenden Rechtssache. Wäre die Rechtssache Besix nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 44/2001 entschieden worden, wäre der Unterlassungsvertrag nicht als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich dieser Verordnung(88) angesehen, sondern die Zuständigkeit nach Buchst. a dieses Artikels beurteilt worden, der das Pendant zu Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens, dem Auslegungsgegenstand im Urteil Besix, darstellt. Daher bin ich der Auffassung, dass die Entscheidung in der Rechtssache Besix nicht auf die vorliegende Rechtssache übertragbar ist.

91.      Die fünfte Lösung, die in Betracht kommt, wenn kein Ort festgestellt werden kann, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, besteht darin, die Zuständigkeit nach dem Ort festzulegen, an dem der Handelsvertreter, also der Vertragspartner, der die für den Vertrag charakteristische Leistung erfüllt, seinen Sitz hat. Diese Lösung ist meines Erachtens aus mehreren Gründen die geeignetste.

92.      Erstens entspricht diese Lösung sowohl dem Ziel der Vorhersehbarkeit als auch dem Ziel einer engen Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht. Diese Lösung bietet Vorhersehbarkeit, da der Ort des zuständigen Gerichts – das Gericht am Ort des Sitzes des Handelsvertreters – eindeutig ist und da dieses Gericht über sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit ein und demselben Handelsvertretervertrag entscheidet. Eine enge Verknüpfung liegt vor, da das Beweismaterial in der Regel auch am Ort des Sitzes des Handelsvertreters zur Verfügung steht.

93.      Zweitens ist diese Lösung sachgerecht, da die Zuständigkeit weiterhin nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt wird. Zugegebenermaßen entfernt sich diese Lösung teilweise von Wortlaut und Zweck des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001, wonach sich die Zuständigkeit nach dem Ort bestimmt, an dem Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Dabei handelt es sich nämlich um den Ort, an dem die Dienstleistungen tatsächlich erbracht wurden, was bedeutet, dass dieser Artikel für die Zuständigkeitsbestimmung ein Kriterium verwendet, das von tatsächlichen Umständen abhängt(89). Die vorgeschlagene Lösung bedeutet in Wirklichkeit, dass ein konkretes Kriterium durch ein abstraktes ersetzt wird. Die auf dem abstrakten Kriterium beruhende Lösung kommt jedoch nur dann zur Anwendung, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden(90). Daher bin ich der Auffassung, dass diese Lösung trotzdem die sachgerechteste ist.

94.      Meines Erachtens ist deshalb auf Frage 1c des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, bei einem Handelsvertretervertrag der Ort des Sitzes des Handelsvertreters als Ort der Erbringung der Dienstleistungen gilt.

D –    Zweite Vorlagefrage

95.      Mit der zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob – bei Verneinung von Frage 1a – Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten, wie den Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, anwendbar ist.

96.      Die zweite Vorlagefrage stellt das vorlegende Gericht nur für den Fall, dass Frage 1a verneint wird, dass also Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich so auszulegen ist, dass er nicht auf Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen, wie den Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, auf dessen Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, anwendbar ist.

97.      Wie aus Nr. 67 der vorliegenden Schlussanträge hervorgeht, ist meines Erachtens Frage 1a zu bejahen, so dass die nur für den Fall der Verneinung gestellte zweite Vorlagefrage nicht beantwortet zu werden braucht.

E –    Ergebnis

98.      Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist meines Erachtens Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 im Fall eines Handelsvertretervertrags, bei dem der Handelsvertreter die Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbringt, anwendbar und dahin gehend auszulegen, dass sich die Zuständigkeit nach dem Ort bestimmt, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden. Da es um eine Beurteilung anhand von Tatsachen geht, muss sie das nationale Gericht vornehmen. Ist kein Ort feststellbar, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, gilt beim Handelsvertretervertrag meines Erachtens der Ort des Sitzes des Handelsvertreters als Ort der Erbringung der Dienstleistungen.

VII – Entscheidungsvorschlag

99.      Aufgrund der dargelegten Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Wien wie folgt zu beantworten:

1.         Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist auf einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, wie den Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, auf dessen Grundlage Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten erbracht werden, anwendbar.

2.         Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin gehend auszulegen, dass bei der Bestimmung der Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten, wie dem Handelsvertretervertrag in der vorliegenden Rechtssache, der Ort, an dem im Sinne dieses Artikels die Dienstleistungen erbracht wurden, nach dem Ort zu bestimmen ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden. Diese Beurteilung hat das nationale Gericht vorzunehmen.

3.         Ist kein Ort feststellbar, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden, gilt bei einem Handelsvertretervertrag wie dem in der vorliegenden Rechtssache der Ort des Sitzes des Handelsvertreters als Ort der Erbringung der Dienstleistungen.


1 – Originalsprache: Slowenisch.


2 – Urteil vom 3. Mai 2007, Color Drack (C‑386/05, Slg. 2007, I‑3699).


3 – Urteil vom 23. April 2009, Falco Privatstiftung und Rabitsch (C‑533/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


4 – Urteil vom 9. Juli 2009, Rehder (C‑204/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


5 – ABl. 2001, L 12, S. 1.


6 – Die Tatsache, dass der Handelsvertretervertrag mündlich geschlossen wurde, geht nicht aus dem Vorlagebeschluss hervor, sondern aus den Ausführungen der Klägerin des Ausgangsverfahrens in der mündlichen Verhandlung. Vgl. Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


7 – Die Tatsache, dass die Handelsvertreterin auch in Polen Handelsvertretung betrieb, geht nicht aus dem Vorlagebeschluss hervor, sondern aus den Ausführungen der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Vgl. Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge.


8 – Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt).


9 – Ebd. (Randnr. 18).


10 – Ebd. (Randnr. 38).


11 – Ebd. (Randnr. 28).


12 – Ebd. (Randnr. 40).


13 – Ebd. (Randnr. 42).


14 – Urteil vom 19. Februar 2002, Besix (C‑256/00, Slg. 2002, I‑1699).


15 – [Diese Fußnote betrifft nur die slowenische Fassung der Schlussanträge.]


16 – Urteil Besix (in Fn. 14 angeführt).


17 – Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der durch das Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und – geänderter Wortlaut – S. 77), das Übereinkommen vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland (ABl. L 388, S. 1), das Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1) und das Übereinkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden (ABl. 1997, C 15, S. 1) geänderten Fassung.


18 – Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 15. Februar 2007 in der Rechtssache Color Drack (C‑386/05, Urteil vom 3. Mai 2007, Slg. 2007, I‑3699).


19 – Ebd. (Fn. 30).


20 – Urteil Besix (in Fn. 14 angeführt).


21 – Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung nicht den Ausdruck „Hauptbüro“, sondern den Begriff „Niederlassung“ bzw. „Hauptniederlassung“ verwendet.


22 – Der Gerichtshof hat Fragen der Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus Handelsvertreterverträgen übrigens bereits im Rahmen der Auslegung von Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens im Urteil vom 5. Oktober 1999, Leathertex (C‑420/97, Slg. 1999, I‑6747), behandelt. Dieses Urteil ist jedoch für die vorliegende Rechtssache nicht relevant, da die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens anders bestimmt wird als die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001. Das Pendant zu Art. 5 Nr. 1 des Brüsseler Übereinkommens ist der jetzige Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001; für die Zuständigkeitsbestimmung nach diesem Artikel richtet sich der Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, nach dem auf das Vertragsverhältnis anzuwendenden Recht (lex causae); dieses wiederum bestimmt das nationale Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, nach den Kollisionsnormen seiner Rechtsordnung. Zur Zuständigkeitsbestimmung nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 vgl. auch Fn. 76 der vorliegenden Schlussanträge.


23 – Auf diese Frage machen in der Literatur z. B. Gaudemet-Tallon, H., Compétence et exécution des jugements en Europe. Règlement n° 44/2001, Conventions de Bruxelles et de Lugano, 3. Aufl., Librairie générale de droit et de jurisprudence, Paris 2002, S. 159, Randnr. 199, Mankowski, P., in: Magnus, U., Mankowski, P. (Hrsg.), Brussels I Regulation, Sellier. European Law Publishers, München 2007, S. 147, Randnrn. 120 f., und Leible, S., „Zuständiges Gericht für Entschädigungsansprüche von Flugpassagieren“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Nr. 16/2009, S. 573, aufmerksam.


24 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt).


25 – Rechtssache Hölzel (C‑147/09); die Vorlagefragen wurden im ABl. 2009, C 153, S. 27, veröffentlicht. In der Rechtssache Hölzel erteilte die Klägerin mit Wohnsitz in Österreich dem Beklagten mit Wohnsitz in Tschechien zunächst die Vollmacht zur Erledigung verschiedener Geschäfte (z. B. Bankgeschäfte, Einrichtung einer Pflegehilfe, Altenheimplatz) und später die Generalvollmacht zur Vertretung in allen Angelegenheiten. Das vorlegende Gericht führt aus, es könne nicht festgestellt werden, ob der Beklagte den überwiegenden Teil der Geschäftsbesorgungen für die Klägerin in Österreich oder in Tschechien verrichtet habe. Zum Sachverhalt vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts Wien (Österreich) vom 27. Februar 2009.


26 – So auch Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 147, Randnr. 120.


27 – Es sei darauf hingewiesen, dass der Vertrag von Lissabon, unterzeichnet in Lissabon am 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1), der den Vertrag über die Europäische Union und den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ändert, in Nr. 67 seines Art. 2 den bisherigen Art. 68 EG aufhebt. Das bedeutet, dass mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 alle Gerichte in den Mitgliedstaaten und nicht nur die Gerichte, deren Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, Fragen im Zusammenhang mit diesem Gebiet zur Vorabentscheidung vorlegen können. Da die Zulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen nach dem Datum der Vorlage beim Gerichtshof zu beurteilen ist, wird diese Bestimmung des Vertrags von Lissabon in der vorliegenden Rechtssache noch nicht berücksichtigt.


28 – Es sei unterstrichen, dass die Beurteilung der Frage, ob es sich um ein Gericht handelt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, nicht abstrakt, sondern konkret zu erfolgen hat und davon abhängt, ob in der konkreten Rechtssache Rechtsmittel zur Verfügung stehen. So hat der Gerichtshof auf der Grundlage der Beurteilung konkreter Umstände z. B. in seinen Beschlüssen vom 31. März 2004, Georgescu (C‑51/03, Slg. 2004, I‑3203, Randnrn. 29 bis 32), und vom 10. Juni 2004, Warbecq (C‑555/03, Slg. 2004, I‑6041, Randnrn. 12 bis 15), Vorabentscheidungsersuchen als unzulässig eingestuft. In der Lehre vgl. zur konkreten Beurteilung des Begriffs des Gerichts, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, z. B. Rossi, M., in: Calliess, C., Ruffert, M. (Hrsg.), EUV/EGV. Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Europäischer Grundrechtecharta. Kommentar, 3. Aufl., Beck, München 2007, S. 951, Randnr. 4.


29 – Es sei hinzugefügt, dass in der österreichischen Literatur die Frage der Zulässigkeit im Rahmen des Art. 68 Abs. 1 EG im Zusammenhang mit § 528 Abs. 2 Nr. 2 der österreichischen Zivilprozessordnung von Tarko, I., in: Mayer, H., Kommentar zu EU- und EG-Vertrag, Manz’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 2003, Kommentar zu Art. 68 EG, Randnr. 8, behandelt wird, der erläutert, das nationale Rekursgericht könne in einem Fall wie dem hier vorliegenden eine Vorabentscheidungsfrage nur stellen, wenn es den erstrichterlichen Beschluss zu bestätigen beabsichtige und daher der Revisionsrekurs unzulässig sei; dies wäre nach Meinung des Autors im Vorlagebeschluss auszuführen.


30 – Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. L 382, S. 17). Wie im zweiten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ausgeführt wird, ist sie u. a. deswegen erlassen worden, weil die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Handelsvertretungen den Abschluss und die Durchführung von Handelsvertreterverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Handelsvertreter, die in verschiedenen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, erschweren. Es sei erwähnt, dass die Richtlinie z. B. in österreichisches Recht durch das Handelsvertretergesetz, in belgisches Recht durch die Loi relative au contrat d’agence commerciale, in französisches Recht durch den Code de commerce (Art. L 134-1 bis L 134-17), in italienisches Recht durch den Codice Civile (Art. 1742 bis 1753), in deutsches Recht durch das Handelsgesetzbuch (§§ 84 bis 92c), in slowenisches Recht durch den Obligacijski zakonik (Art. 807 bis 836) und in das Recht des Vereinigten Königreichs durch das Statutory Instrument 1993 No. 3053 – The Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993 umgesetzt wurde.


31 – Es ist zu betonen, dass es bei Handelsvertreterverträgen um Dauervertragsverhältnisse geht, was bereits aus dem Wortlaut der Richtlinie 86/653 ersichtlich ist. Die Dauerhaftigkeit des Vertragsverhältnisses ergibt sich auch aus dem Wortlaut der Vorschriften einiger Mitgliedstaaten, die diese Richtlinie in nationales Recht umsetzen. So heißt es z. B. in § 1 Abs. 1 des österreichischen Handelsvertretergesetzes: „Handelsvertreter ist, wer von einem anderen mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften … ständig betraut ist …“. Im belgischen Recht bestimmt Art. 1 der Loi relative au contrat d’agence commerciale: „Le contrat d’agence commerciale est le contrat par lequel … l’agent commercial est chargée de façon permanente … de la négociation et éventuellement de la conclusion d’affaires … du commettant“. Im französischen Recht sieht Art. L 134‑1 des Code de commerce vor: „L’agent commercial est un mandataire qui … est chargé, de façon permanente, de négocier et, éventuellement, de conclure des contrats …“. Im italienischen Recht bestimmt Art. 1742 des Codice Civile: „Col contratto di agenzia una parte assume stabilmente l’incarico di promuovere, per conto dell’altra … la conclusione di contratti …“. Im deutschen Recht sieht § 84 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs vor: „Handelsvertreter ist, wer … ständig damit betraut ist, für einen anderen … Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen …“. Im slowenischen Recht bestimmt Art. 807 des Obligacijski zakonik: „S pogodbo o trgovskem zastopanju se zastopnik zaveže, da bo ves čas skrbel za to, da bodo tretje osebe sklepale pogodbe z njegovim naročiteljem …“. Im Recht des Vereinigten Königreichs heißt es in Art. 2 Abs. 1 der Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993: „‚[C]ommercial agent‘ means a self-employed intermediary who has continuing authority to negotiate the sale or purchase of goods on behalf of another person …“. Hervorhebungen nur hier.


32 – Vgl. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 86/653.


33 – Vgl. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 86/653. Art. 5 der Richtlinie sieht übrigens ausdrücklich vor, dass die Parteien keine Vereinbarungen treffen dürfen, die von den Art. 3 und 4 der Richtlinie abweichen, die die Rechte und Pflichten des Handelsvertreters und des Unternehmers bestimmen.


34 – Vgl. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 86/653.


35 – Vgl. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 86/653.


36 – Vgl. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 86/653.


37 – Die Richtlinie 86/653 bestimmt in Art. 7 Abs. 1 und 2, dass ein Handelsvertreter für ein während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenes Geschäft Anspruch auf die Provision hat, wenn der Geschäftsabschluss auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist oder wenn das Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen wurde, den er bereits vorher für Geschäfte gleicher Art als Kunden geworben hatte, aber auch, wenn ihm ein bestimmter Bezirk oder Kundenkreis zugewiesen ist oder wenn er die Alleinvertretung für einen bestimmten Bezirk oder Kundenkreis hat. In bestimmten Ausnahmefällen hat aber der Handelsvertreter auch für ein erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geschlossenes Geschäft Anspruch auf Provision (vgl. Art. 8 der Richtlinie 86/653).


38 – Vgl. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 86/653.


39 – Vgl. Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 86/653.


40 – Vgl. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 86/653. Es sei angemerkt, dass z. B. der französische, der italienische, der deutsche und der slowenische Gesetzgeber von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben; die Vorschriften in diesen Mitgliedstaaten bestimmen nicht ausdrücklich, dass der Handelsvertretervertrag in schriftlicher Form abzuschließen ist, sondern nur, dass eine Vertragspartei von der anderen die Ausfertigung einer unterzeichneten Urkunde mit dem Inhalt des Vertrags verlangen kann. Zum belgischen Recht vgl. Art. 5 der Loi relative au contrat d’agence commerciale, zum italienischen Recht Art. 1742 des Codice Civile, zum französischen Recht Art. L 134-2 des Code de commerce, zum deutschen Recht § 85 des Handelsgesetzbuchs und zum slowenischen Recht Art. 808 des Obligacijski zakonik.


41 – Vgl. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 86/653.


42 – Diesen Standpunkt vertritt auch die Literatur; vgl. z. B. Gaudemet-Tallon, H., „Du 5 octobre 1999. – Cour de justice des Communautés européennes … [Kommentierung des Urteils Leathertex]“, Revue critique de droit international privé, Nr. 1/2000, S. 88; Emde, R., „Heimatgerichtsstand für Handelsvertreter und andere Vertriebsmittler?“, Kommunikation & Recht, Nr. 7/2003, S. 508; Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 131, Randnr. 89; Fach Gómez, K., „El Reglamento 44/2001 y los contratos de agencia comercial internacional: aspectos jurisdiccionales“, Revista de derecho comunitario europeo, Nr. 14/2003, S. 208; Berlioz, P., „La notion de fourniture de services au sens de l’article 5‑1 b) du règlement «Bruxelles I»“, Journal du droit international (Clunet), Nr. 3/2008, Randnr. 45.


43 – Vgl. Urteil Falco (in Fn. 3 angeführt, Randnr. 29). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 27. Januar 2009 in der Rechtssache Falco Privatstiftung und Rabitsch (C‑533/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nr. 57) und die dort angeführte Literatur.


44 – Vgl. auch die Ausführungen der Klägerin in Nr. 32 der vorliegenden Schlussanträge.


45 – Vgl. einleitenden Absatz von Art. 5 der Verordnung Nr. 44/2001.


46 – Auf der Grundlage einer sehr streng grammatikalischen Auslegung könnte man vielleicht argumentieren, die Verwendung des Begriffs „Mitgliedstaat“ im Singular weise darauf hin, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 nur auf die Fälle anwendbar sei, in denen die Dienstleistungen in einem einzigen Mitgliedstaat erbracht würden, jedoch liefe das meines Erachtens dem Zweck dieses Artikels zuwider, der darin liegt, hinsichtlich aller Arten von Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen die Zuständigkeit zu bestimmen. Die grammatikalische Auslegung kann nur den Ausgangspunkt für die Auslegung bilden und muss vor allem durch die teleologische und die systematische Auslegung ergänzt werden. Zur Bedeutung der unterschiedlichen Auslegungsarten im Gemeinschaftsrecht vgl. z. B. Riesenhuber, K., in: Riesenhuber, K. (Hrsg.), Europäische Methodenlehre. Handbuch für Ausbildung und Praxis, De Gruyter Recht, Berlin 2006, S. 250 ff. Vgl. auch Delnoy, P., Éléments de méthodologie juridique, 2. Aufl., Larcier, Brüssel 2006, S. 93, der betont, dass auch ein klarer Wortlaut auszulegen sei, woraus wir den Schluss ziehen können, dass die rein grammatikalische Auslegung für das richtige Verständnis des Wortlauts nicht ausreicht.


47 – Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt).


48 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt).


49 – Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 45). Zur Kommentierung dieses Urteils vgl. z. B. Huber‑Mumelter, U., Mumelter, K. H., „Mehrere Erfüllungsorte beim forum solutionis: Plädoyer für eine subsidiäre Zuständigkeit am Sitz des vertragscharakteristisch Leistenden“, Juristische Blätter, Nr. 130/2008, S. 566 ff.; Mankowski, P., „Mehrere Lieferorte beim Gerichtsstand des Erfüllungsortes unter Art. 5 Nr. 1 lit. B EuGVVO“, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts, Nr. 5/2007, S. 409 ff.; Gardella, A., „The ECJ in Search of Legal Certainty for Jurisdiction in Contract: The Color Drack Decision“, Yearbook of private international law, 2007, S. 445 ff.; Do, T. U., „Libre circulation des marchandises. Arrêt « Color Drack »“, Revue du droit de l’Union Européenne, Nr. 2/2007, S. 471.


50 – Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 45).


51 – Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 16). Es sei hinzugefügt, dass sich nach dem Erlass des Urteils Color Drack deswegen die Frage stellte, ob die Zuständigkeit bei Lieferorten in nur einem Mitgliedstaat anders bestimmt wird als bei Lieferorten in verschiedenen Mitgliedstaaten. In der Literatur vgl. z. B. Leible, S., a. a. O. (Fn. 23), S. 572.


52 – Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Color Drack (in Fn. 18 angeführt, Nr. 30).


53 – Ebd.


54 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt).


55 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt, Randnr. 36).


56 – Ebd.


57 – Ebd. (Randnr. 37).


58 – Ebd.


59 – Vgl. z. B. Leible, S., a. a. O. (Fn. 23), S. 572. Implizit – zur Bestimmung der Zuständigkeit für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 – vgl. z. B. auch Gaudemet-Tallon, a. a. O. (Fn. 23), S. 159, Randnr. 199; Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 147 f., Randnrn. 120 und 121.


60 – Vgl. den elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001, wo ausgeführt wird, dass die Zuständigkeitsvorschriften in hohem Maße vorhersehbar sein müssten. Zur Rechtsprechung vgl. z. B. Urteil Falco (in Fn. 3 angeführt, Randnr. 21) und das Urteil vom 11. Oktober 2007, Freeport (C‑98/06, Slg. 2007, I‑8319, Randnr. 36). In der Literatur vgl. z. B. Gsell, B., „Autonom bestimmter Gerichtsstand am Erfüllungsort nach der Brüssel I‑Verordnung“, Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts, Nr. 6/2002, S. 488 f.; Kropholler, J., Europäisches Zivilprozeßrecht. Kommentar zu EuGVO und Lugano-Übereinkommen, 7. Aufl., Verlag Recht und Wirtschaft, Heidelberg 2002, S. 125, Randnr. 1. Im Zusammenhang mit dem Brüsseler Übereinkommen – das wir wegen der Kontinuität der Auslegung zwischen diesem Übereinkommen und der Verordnung Nr. 44/2001 beachten können – vgl. z. B. Hill, J., „Jurisdiction in Matters Relating to a Contract under the Brussels Convention“, International and Comparative Law Quarterly, Nr. 3/1995, S. 605.


61 – Über die Vorhersehbarkeit der Zuständigkeit als Ausdruck des Grundsatzes der Rechtssicherheit vgl. z. B. Urteile vom 13. Juli 2006, Gesellschaft für Antriebstechnik (C‑4/03, Slg. 2006, I‑6509, Randnr. 28), vom 13. Juli 2006, Roche Nederland u. a. (C‑539/03, Slg. 2006, I‑6535, Randnr. 37), vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, Slg. 2005, I‑1383, Randnr. 41), und Besix (in Fn. 14 angeführt, Randnrn. 24 bis 26). Diese Rechtsprechung bezieht sich zwar auf das Brüsseler Übereinkommen, muss aber wegen der Kontinuität der Auslegung zwischen diesem Übereinkommen und der Verordnung Nr. 44/2001 auch bei der Auslegung der Verordnung berücksichtigt werden.


62 – Vgl. Urteil vom 13. Juli 2006, Reisch Montage (C‑103/05, Slg. 2006, I‑6827, Randnrn. 24 und 25), Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 20) und Urteil Falco (in Fn. 3 angeführt, Randnr. 22). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mazák vom 24. September 2009 in der Rechtssache Car Trim (C‑381/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nr. 34).


63 – Vgl. in diesem Sinne Urteile Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 40) und Rehder (in Fn. 4 angeführt, Randnr. 38). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mazák in der Rechtssache Car Trim (in Fn. 62 angeführt, Nr. 35). In der Literatur vgl. z. B. Lynker, T., Der besondere Gerichtsstand am Erfüllungsort in der Brüssel I‑Verordnung (Art. 5 No. 1 EuGVVO), Lang, Frankfurt 2006, S. 141.


64 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt, Randnr. 38). Im Vergleich siehe zur Zuständigkeit für die Lieferung beweglicher Sachen nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 das Urteil Color Drack (in Fn. 2 angeführt, Randnr. 40), in dem der Gerichtshof darauf hingewiesen hat, dass die Zuständigkeit „grundsätzlich durch die besonders enge Verknüpfung von Vertrag und zur Entscheidung berufenem Gericht gerechtfertigt“ ist.


65 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt, Randnr. 38).


66 – Urteil Rehder (in Fn. 4 angeführt, Randnr. 38, Hervorhebung nur hier). Zum Vergleich sei angeführt, dass der Gerichtshof bereits im Urteil Color Drack – allerdings im Zusammenhang mit der Zuständigkeit für die Lieferung beweglicher Sachen nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 – der Auffassung war, dass der Ort, an dem die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht, im Allgemeinen der Ort der Hauptlieferung ist (vgl. Urteil Color Drack, in Fn. 2 angeführt, Randnr. 40, Hervorhebung nur hier). Der Gerichtshof wollte also mit dem Ausdruck „im Allgemeinen“ darauf hinweisen, dass es auch andere Orte geben kann, an denen die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht besteht.


67 – Dazu, dass der Vertrag mündlich geschlossen wurde, vgl. Nrn. 12 und 32 der vorliegenden Schlussanträge.


68 – Zu den Mitgliedstaaten, in denen der Handelsvertreter die Dienstleistungen der Handelsvertretung erbrachte, vgl. Nr. 13 der vorliegenden Schlussanträge.


69 – In der Literatur vgl. z. B. ausdrücklich Takahashi, K., „Jurisdiction in matters relating to contract: Article 5(1) of the Brussels Convention and Regulation“, European Law Review, Nr. 5/2002, S. 539; Fach Gómez, a. a. O. (Fn. 42), S. 211; Rauscher, T. (Hrsg.), Europäisches Zivilprozeβrecht. Kommentar, 2. Aufl., Sellier. European Law Publishers, München 2006, S. 183, Randnr. 55; Gaudemet-Tallon, H., a. a. O. (Fn. 23), S. 88.


70 – Vgl. Fn. 31 der vorliegenden Schlussanträge. Zur Dauerhaftigkeit des Handelsvertretervertrags vgl. z. B. auch in der italienischen Lehre Comba, D., Samarotto, P., „Il contrato internazionale di agenzia“, Il Sole 24 Ore, Mailand 1999; in der slowenischen Lehre Zabel, B., in: Juhart, M., Plavšak, N. (Hrsg.), Obligacijski zakonik (posebni del) s komentarjem, GV Verlag, Ljubljana 2004, Einleitender Kommentar zum Kapitel über den Handelsvertretervertrag, S. 421; in der spanischen Lehre Fach Gómez, a. a. O. (Fn. 42), S. 206.


71 – Vgl. Nrn. 13 und 19 der vorliegenden Schlussanträge.


72 – Vgl. in diesem Sinne z. B. Kropholler, a. a. O. (Fn. 60), S. 141, Randnr. 42; Rauscher, a. a. O. (Fn. 69), S. 183, Randnr. 55.


73 – Auf die Gefahr des forum shopping in derartigen Fällen weist in der Literatur Leible, S., a. a. O. (Fn. 23), hin. Auf die übermäßige Bevorzugung des Klägers macht Mankowski, a. a. O., Fn. 23, S. 148, Randnr. 121, aufmerksam.


74 – Diese Lösung wird in der Lehre manchmal „Mosaiktheorie“ bzw. „Mosaiklösung“ genannt. Vgl. z. B. Rauscher, a. a. O. (Fn. 69), S. 183, Randnr. 55, und Kropholler, a. a. O. (Fn. 60), S. 141, Randnr. 42.


75 – So Rauscher, a. a. O. (Fn. 69), S. 183, Randnr. 55.


76 – Diese Lösung vertritt in der Lehre z. B. Gaudemet-Tallon, a. a. O. (Fn. 23), S. 159, Randnr. 199. Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 147 und 148, Randnrn. 120 und 121, führt diese Lösung nur als eine der Möglichkeiten an, lehnt sie aber ab. Es sei hinzugefügt, dass die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 in drei Schritten bestimmt wird. Das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht muss zunächst feststellen, welche vertragliche Verpflichtung den Gegenstand des Rechtsstreits zwischen den Vertragsparteien bildet. Dann muss es nach den Kollisionsnormen seiner Rechtsordnung das Sachrecht ermitteln, das auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar ist (lex causae). Zuletzt muss es auf der Grundlage des Sachrechts den Erfüllungsort der streitigen vertraglichen Verpflichtung ermitteln. Vgl. Urteile vom 6. Oktober 1976, De Bloos (14/76, Slg. 1976, 1497, Randnr. 13), und vom 6. Oktober 1976, Industrie Tessili Italiana Como (12/76, Slg. 1976, 1473, Randnr. 13). Vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 27. Januar 2009 in der Rechtssache Falco Privatstiftung und Rabitsch (in Fn. 43 angeführt, Nr. 81).


77 – Ein Beispiel für einen Vertrag, der nicht den Verkauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat und für den sich die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt, ist der Vertrag, mit dem der Inhaber eines Immaterialgüterrechts seinem Vertragspartner das Recht zur Nutzung dieses Rechts gegen Entgelt einräumt (vgl. Urteil Falco, in Fn. 3 angeführt, Randnr. 58). In der Literatur vgl. Berlioz, a. a. O. (Fn. 42), Randnrn. 85 bis 95. Takahashi, a. a. O. (Fn. 69), S. 534, führt aus, dass sich z. B. für den Tauschvertrag die Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 richte.


78 – Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 setzt nämlich voraus, dass der Erfüllungsort der Verpflichtung (Lieferung beweglicher Sachen oder Erbringung von Dienstleistungen) ein Ort in einem Mitgliedstaat ist. E contrario kommt, wenn sich der Erfüllungsort nicht in einem Mitgliedstaat befindet, Art. 5 Nr. 1 Buchst. a dieser Verordnung zur Anwendung. In der Literatur vgl. z. B. Micklitz, H.-W., Rott, P., „Vergemeinschaftung des EuGVÜ in der Verordnung (EG) Nr. 44/2001“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Nr. 11/2001, S. 329, und Takahashi, a. a. O. (Fn. 69), S. 540.


79 – Wie im 21. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 ausgeführt, beteiligte sich Dänemark gemäß den Art. 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark nicht bindend und ihm gegenüber nicht anwendbar ist. Wie im 22. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001 steht, ist in den Beziehungen zwischen Dänemark und den durch diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten weiterhin das Brüsseler Übereinkommen anzuwenden. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 sieht vor, dass in dieser Verordnung der Begriff „Mitgliedstaat“ jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme des Königreichs Dänemark bedeutet.


80 – Vgl. Nr. 59 der vorliegenden Schlussanträge.


81 – Urteil Besix (in Fn. 14 angeführt).


82 – Urteil Besix (in Fn. 14 angeführt, Randnr. 55).


83 – Zu diesem Zweck des Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 vgl. z. B. Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 27. Januar 2009 in der Rechtssache Falco Privatstiftung und Rabitsch (in Fn. 43 angeführt, Nr. 85).


84 – In der Lehre vgl. z. B. Kropholler, a. a. O. (Fn. 60), S. 141, Randnr. 42, der sich gegen die Möglichkeit ausspricht, für Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen oder über die Erbringung von Dienstleistungen in mehreren Mitgliedstaaten die Zuständigkeitsbestimmung nach den besonderen Zuständigkeitsregeln für vertragliche Streitigkeiten, also nach Art. 5 Nr. 1, auszuschließen.


85 – Wie ich in Nr. 86 der vorliegenden Schlussanträge erklärt habe, bin ich der Auffassung, dass dieser Standpunkt nicht vertretbar ist und die Zuständigkeit auch dann nach Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 44/2001 zu bestimmen ist, wenn kein Ort feststellbar ist, an dem die Dienstleistungen hauptsächlich erbracht wurden.


86 – Die Missachtung der Systematik von Art. 5 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 bei dieser Lösung kritisiert auch Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 148, Randnr. 121.


87 – Urteil Besix (in Fn. 14 angeführt, Randnrn. 7 und 8). Wie aus der Sachverhaltsbeschreibung in den Randnrn. 7 und 8 dieses Urteils hervorgeht, schlossen die Vertragsparteien einen Vertrag, mit dem sie sich zur Abgabe eines gemeinsamen Angebots für einen öffentlichen Auftrag, zur ausschließlichen Zusammenarbeit untereinander sowie zur Nichteingehung einer Bindung mit anderen Partnern verpflichteten.


88 – Wie ich in Nr. 59 der vorliegenden Schlussanträge ausgeführt habe, bedeutet nach dem Urteil Falco der Begriff Dienstleistungen „zumindest, dass die Partei, die sie erbringt, eine bestimmte Tätigkeit gegen Entgelt durchführt“ (vgl. Urteil Falco, in Fn. 3 angeführt, Randnr. 29, Hervorhebung nur hier). Bei einer Unterlassung hingegen führt die Person, die sich dazu verpflichtet, keine Tätigkeiten durch, daher kann meines Erachtens der Unterlassungsvertrag nicht als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 angesehen werden. Zur Definition des Begriffs „Dienstleistung“ vgl. auch die Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 27. Januar 2009 in der Rechtssache Falco Privatstiftung und Rabitsch (in Fn. 43 angeführt, Nr. 57) und die dort angeführte Literatur.


89 – In der Literatur vgl. z. B. Mankowski, a. a. O. (Fn. 23), S. 134, Randnr. 96. Vgl. auch Micklitz, H.-W., Rott, P., a. a. O. (Fn. 78), S. 328.


90 – Aus diesem Blickwinkel ist diese Lösung sachgerechter als die von der deutschen Regierung vorgeschlagene Lösung, wonach im Fall des Handelsvertretervertrags kategorisch von der widerlegbaren Vermutung ausgegangen werden müsse, dass sich der Ort, an dem die Dienstleistungen vereinbarungsgemäß erbracht worden seien und nach dem das zuständige Gericht bestimmt werde, dort befinde, wo der Handelsvertreter sein „Hauptbüro“ habe (vgl. Nr. 34 der vorliegenden Schlussanträge). Die von der deutschen Regierung vorgeschlagene Lösung beruht auf einem abstrakten Kriterium und berücksichtigt das konkrete Kriterium nur im Fall der Widerlegung der Vermutung. Außerdem trägt nach der von der deutschen Regierung vorgeschlagenen Lösung der Beklagte das Beweisrisiko, wenn die Vermutung nicht widerlegt worden ist.

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