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Document 62008TJ0576
Judgment of the General Court (Fifth Chamber) of 13 April 2011.#Federal Republic of Germany v European Commission.#Agriculture - Common organisation of the markets - Distribution of food from intervention stocks for the benefit of the most deprived persons - Regulation (EC) No 983/2008 - Plan allocating to the Member States resources to be charged to the 2009 budget year for the distribution programme - Mobilisations on the market - Actions for annulment.#Case T-576/08.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 13. April 2011.
Bundesrepublik Deutschland gegen Europäische Kommission.
Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Verteilung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an Bedürftige - Verordnung (EG) Nr. 983/2008 - Programm zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 für das Verteilungsprogramm zu verbuchen sind - Beschaffung auf dem Markt - Nichtigkeitsklage.
Rechtssache T-576/08.
Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 13. April 2011.
Bundesrepublik Deutschland gegen Europäische Kommission.
Landwirtschaft - Gemeinsame Marktorganisation - Verteilung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an Bedürftige - Verordnung (EG) Nr. 983/2008 - Programm zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 für das Verteilungsprogramm zu verbuchen sind - Beschaffung auf dem Markt - Nichtigkeitsklage.
Rechtssache T-576/08.
Sammlung der Rechtsprechung 2011 II-01578
ECLI identifier: ECLI:EU:T:2011:166
Rechtssache T-576/08
Bundesrepublik Deutschland
gegen
Europäische Kommission
„Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Verteilung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an Bedürftige – Verordnung (EG) Nr. 983/2008 – Programm zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 für das Verteilungsprogramm zu verbuchen sind – Beschaffung auf dem Markt – Nichtigkeitsklage“
Leitsätze des Urteils
1. Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Gemeinsame Einrichtungen für mehrere gemeinsame Organisationen – Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige in der Gemeinschaft – Für diese Verteilung vorgenommener Kauf von Erzeugnissen auf dem Markt
(Verordnung Nr. 1234/2007 des Rates, Art. 27; Verordnung Nr. 983/2008 der Kommission)
2. Nichtigkeitsklage – Nichtigkeitsurteil – Wirkungen – Begrenzung durch den Gerichtshof
(Verordnung Nr. 983/2008 der Kommission)
1. Aus Art. 27 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse folgt, dass im Rahmen der Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige in der Gemeinschaft ein Erzeugnis nur dann auf dem Markt angekauft werden kann, wenn seine vorübergehende Nichtverfügbarkeit in den Interventionsbeständen während der Durchführung des Jahresplans eintritt.
Insoweit ist die Kommission zwar zum Zeitpunkt der Erstellung des Programms dafür verantwortlich, dass dessen Umfang demjenigen der Interventionsbestände angepasst wird, und hierbei steht ihr nach der genannten Bestimmung ein Handlungsspielraum zu; das darf jedoch nicht zu einer Missachtung des Ausnahmecharakters dieser Bestimmung führen. Denn da die Interventionsbestände als Dauereinrichtung zu bewerten sind, bei denen sich je nach den Fluktuationen des Marktes und getätigten öffentlichen Interventionen nur der Umfang ändert, ist der Ausdruck „vorübergehend nicht verfügbar“ in dieser Bestimmung nicht dahin auszulegen, dass er sich auf eine Anzahl von Monaten oder Jahren bezieht, sondern dahin, dass er eine in Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1234/2007 vorgesehene Ausnahme von der Regel der Verteilung der Erzeugnisse aus den Interventionsbeständen bezeichnet. Der mengenmäßige Anteil der Zukäufe muss somit den Ausnahmecharakter dieser Maßnahme im Verhältnis zu den Gesamtmengen des Jahresplans widerspiegeln, da diese nur bezweckt, die Fehlmengen auszugleichen, die je nach den Lagerbeständen während der Durchführung des Programms auftreten dürften. Andernfalls würde sich das Verhältnis zwischen Regel und Ausnahme umkehren.
Da der Hauptzweck des in der Verordnung Nr. 983/2008 zur Annahme eines Programms zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 zu verbuchen sind, enthaltenen Jahresplans nicht der Absatz der Interventionsbestände, sondern die Deckung des Bedarfs ist, den die am Programm teilnehmenden Mitgliedstaaten angemeldet haben, ist diese Verordnung unter Verstoß gegen Art. 27 der Verordnung Nr. 1234/2007 erlassen worden.
(vgl. Randnrn. 119, 121, 125, 128, 137)
2. Um zu verhindern, dass durch die Rückwirkung der – nur Art. 2 und Anhang II dieser Verordnung, die einzigen Bestimmungen, die die Zahlung von Beteiligungen an die Mitgliedstaaten für den Kauf von Erzeugnissen auf dem Markt vorsehen, betreffenden – Teilnichtigerklärung der Verordnung Nr. 983/2008 zur Annahme eines Programms zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 zu verbuchen sind, eine Rückzahlungsverpflichtung für die Mitgliedstaaten entsteht, die durch diese Beteiligungen begünstigt worden sind, ist zu entscheiden, dass diese Teilnichtigerklärung die Gültigkeit der bereits vorgenommenen Beteiligungen nicht beeinträchtigt.
(vgl. Randnrn. 141-143)
URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)
13. April 2011(*)
„Landwirtschaft – Gemeinsame Marktorganisation – Verteilung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an Bedürftige – Verordnung (EG) Nr. 983/2008 – Programm zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 für das Verteilungsprogramm zu verbuchen sind – Beschaffung auf dem Markt – Nichtigkeitsklage“
In der Rechtssache T‑576/08
Bundesrepublik Deutschland, vertreten zunächst durch M. Lumma und B. Klein, sodann durch M. Lumma, B. Klein, T. Henze und N. Graf Vitzthum als Bevollmächtigte,
Klägerin,
unterstützt durch
Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk, K. Petkovska, S. Johannesson und A. Engman als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch F. Erlbacher und A. Szmytkowska als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Königreich Spanien, vertreten durch B. Plaza Cruz als Bevollmächtigte,
durch
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und B. Cabouat als Bevollmächtigte,
durch
Italienische Republik, vertreten zunächst durch I. Bruni als Bevollmächtigte, sodann durch P. Gentili, avvocato dello Stato,
und durch
Republik Polen, vertreten zunächst durch M. Dowgielewicz, sodann durch M. Szpunar und schließlich durch M. Szpunar, B. Majczyna und M. Drwiecki als Bevollmächtigte,
Streithelfer,
betreffend einen Antrag auf Teilnichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 983/2008 der Kommission vom 3. Oktober 2008 zur Annahme eines Programms zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 zu verbuchen sind (ABl. L 268, S. 3),
erlässt
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters M. Prek (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter S. Soldevila Fragoso und S. Frimodt Nielsen,
Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 2010
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1 Im zehnten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. L 299, S. 1) heißt es:
„Um die Märkte zu stabilisieren und der landwirtschaftlichen Bevölkerung einen angemessenen Lebensstandard zu sichern, ist … ein differenziertes System der Preisstützung für die verschiedenen Sektoren entwickelt worden … Diese Maßnahmen erfolgen in Form der öffentlichen Intervention oder der Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung von Erzeugnissen der Sektoren Getreide, Reis, Zucker, Olivenöl und Tafeloliven, Rindfleisch, Milch und Milcherzeugnisse, Schweinefleisch sowie Schaf- und Ziegenfleisch. In Anbetracht der Ziele dieser Verordnung ist es daher erforderlich, die Preisstützungsmaßnahmen, die in den in der Vergangenheit entwickelten Instrumenten vorgesehen waren, ohne wesentliche Änderungen im Vergleich zur vorhergehenden Rechtslage beizubehalten.“
2 Der 18. Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet:
„Mit ihren Interventionsbeständen an verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen verfügt die Gemeinschaft potenziell über die Möglichkeit, einen nennenswerten Beitrag zum Wohlbefinden der stark benachteiligten Bürger der Gemeinschaft zu leisten. Es liegt im Interesse der Gemeinschaft, dieses Potenzial durch die Einführung geeigneter Maßnahmen bis zur Zurückführung der Lagerbestände auf ein normales Maß zu nutzen. In Anbetracht dieser Erwägungen ist die Verteilung von Nahrungsmitteln durch gemeinnützige Einrichtungen bisher durch die Verordnung (EWG) Nr. 3730/87 des Rates vom 10. Dezember 1987 zur Einführung der Grundregeln für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an bestimmte Einrichtungen zur Verteilung an stark benachteiligte Personen in der Gemeinschaft … geregelt worden. Diese wichtige soziale Maßnahme, die für stark benachteiligte Personen von großem Wert sein kann, ist beizubehalten und in diese Verordnung aufzunehmen.“
3 Teil II Titel I Kapitel I Abschnitt II Unterabschnitt IV („Absatz aus der Intervention“) der Verordnung über die einheitliche GMO umfasst die Art. 25 bis 27.
4 Nach Art. 25 der Verordnung über die einheitliche GMO erfolgt „[d]er Absatz der zur öffentlichen Intervention angekauften Erzeugnisse … auf solche Weise, dass jede Marktstörung vermieden wird und allen Käufern gleicher Zugang zu den Waren und gleiche Behandlung gewährleistet werden“.
5 Art. 27 („Kostenlose Abgabe an besonders bedürftige Menschen in der Gemeinschaft“) dieser Verordnung bestimmt:
„(1) Die Erzeugnisse der Interventionsbestände werden bestimmten bezeichneten Einrichtungen zur Verfügung gestellt, damit nach einem Jahresplan Nahrungsmittel an besonders bedürftige Menschen in der Gemeinschaft verteilt werden können.
Die Verteilung erfolgt:
a) kostenlos oder
b) zu einem Preis, der auf keinen Fall höher liegt, als dies durch die der bezeichneten Einrichtung bei der Durchführung der Maßnahme entstehenden Kosten gerechtfertigt ist.
(2) Ein Erzeugnis kann auf dem Gemeinschaftsmarkt beschafft werden, wenn
a) es in den Interventionsbeständen der Gemeinschaft während der Durchführung des in Absatz 1 genannten Jahresplans vorübergehend nicht verfügbar ist, und zwar nur in dem Umfang, in dem dies zur Durchführung des Plans in einem oder mehreren Mitgliedstaaten erforderlich ist und unter der Voraussetzung, dass die Kosten im Rahmen der im Gemeinschaftshaushalt für diesen Zweck vorgesehenen Kosten bleiben, oder
b) die Durchführung des Plans zur innergemeinschaftlichen Verbringung geringer Mengen von Erzeugnissen führen würde, die in Interventionsbeständen eines anderen Mitgliedstaats als dem‑ oder denjenigen, in dem bzw. denen das Erzeugnis benötigt wird, vorhanden sind.
(3) Die betreffenden Mitgliedstaaten bezeichnen die in Absatz 1 genannten Einrichtungen und teilen der Kommission jedes Jahr rechtzeitig mit, dass sie diese Regelung anwenden möchten.
(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Erzeugnisse werden kostenlos an die bezeichneten Einrichtungen abgegeben. Ihr Rechnungswert entspricht dem Interventionspreis, der erforderlichenfalls zur Berücksichtigung von Qualitätsunterschieden mithilfe von Koeffizienten angepasst wird.
(5) Unbeschadet des Artikels 190 werden die gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels zur Verfügung gestellten Erzeugnisse aus Mitteln der entsprechenden Haushaltslinie des EGFL innerhalb des Haushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften finanziert. …“
6 Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3149/92 der Kommission vom 29. Oktober 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft (ABl. L 313, S. 50) bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten, die die mit der Verordnung … Nr. 3730/87 eingerichtete Maßnahme zugunsten der Bedürftigen in der Gemeinschaft anzuwenden wünschen, unterrichten hierüber die Kommission alljährlich spätestens bis zum 1. Februar, der der Laufzeit des in Artikel 2 bezeichneten Jahresprogramms vorangeht.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission spätestens bis zum 31. Mai folgendes mit:
a) die … Menge jeder Erzeugnisart, die zur Programmdurchführung auf Landesebene in dem betreffenden Rechnungsjahr erforderlich ist;
…“
7 Art. 2 der Verordnung Nr. 3149/92 bestimmt:
„(1) Die Kommission beschließt jährlich bis zum 1. Oktober einen Jahresplan für die Verteilung von Nahrungsmitteln an bedürftige Personen, aufgegliedert nach einzelnen Mitgliedstaaten. Bei der Aufteilung der Haushaltsmittel auf die Mitgliedstaaten stützt sich die Kommission auf die zuverlässigsten Schätzungen über die jeweilige Anzahl der Bedürftigen. Sie berücksichtigt ferner Plandurchführung und Erzeugnisverwendung in den vorhergehenden Anwendungsjahren …
(2) Vor Erstellung des Jahresprogramms hört die Kommission die wichtigsten Organisationen an, die mit den Problemen der Bedürftigen in der Gemeinschaft vertraut sind.
(3) In dem Jahresplan werden insbesondere festgelegt:
1. für jeden Mitgliedstaat, der die Maßnahme durchführt:
a) der Höchstrahmen der zur Durchführung des Plans bereitgestellten Haushaltsmittel;
b) die aus Beständen der Interventionsstellen bereitzustellenden Mengen nach Erzeugnisart;
c) die für jeden Kauf auf dem Gemeinschaftsmarkt für den Fall vorzusehende Beteiligung, dass von dem jeweiligen Erzeugnis, wie bei der Annahme des Jahresplans festgestellt, vorübergehend keine Interventionsbestände zur Verfügung stehen.
Diese Beteiligung richtet sich bei den jeweiligen Erzeugnissen nach den in der Mitteilung gemäß Artikel 1 Absatz 2 genannten Mengen, nach den aus Interventionsbeständen nicht verfügbaren Mengen, den in den vorhergehenden Anwendungsjahren nachgefragten und zugeteilten Erzeugnissen und ihrer tatsächlichen Verwendung.
…“
8 Nach Art. 3 der Verordnung Nr. 3149/92 beginnt die Laufzeit des Programms am 1. Oktober und endet am 31. Dezember des folgenden Jahres.
9 Art. 4 Abs. 1a Unterabs. 4 dieser Verordnung lautet:
„Mit der Beschaffung eines Erzeugnisses auf dem Markt wird erst begonnen, wenn alle Lieferungen von Erzeugnismengen, die nach Artikel 2 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b aus Interventionsbeständen entnommen werden, einschließlich etwaiger Transfers nach Artikel 7, zugeteilt worden sind. Die zuständige einzelstaatliche Behörde unterrichtet die Kommission über den Beginn der Beschaffung auf dem Markt.“
Angefochtene Verordnung
10 Das Jahresprogramm zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft zuzuteilen sind, wurde für das Haushaltsjahr 2009 in der Verordnung (EG) Nr. 983/2008 der Kommission vom 3. Oktober 2008 (ABl. L 268, S. 3, im Folgenden: angefochtene Verordnung) niedergelegt.
11 Der vierte Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung lautet:
„In Artikel 2 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe c der Verordnung … Nr. 3149/92 sind Beteiligungen für den Kauf auf dem Markt von Erzeugnissen vorgesehen, von denen vorübergehend keine Interventionsbestände zur Verfügung stehen. Die derzeitigen Bestände der Interventionsstellen an Getreide für den menschlichen Verzehr sind sehr niedrig und ihr Verkauf auf dem Markt wurde bereits veranlasst. Des Weiteren verfügen die Interventionsstellen derzeit über keinerlei Bestände an Reis und Magermilchpulver, und es ist nicht damit zu rechnen, dass 2008 noch Interventionsankäufe dieser landwirtschaftlichen Grundstoffe erfolgen. Daher sind die Beteiligungen für den Kauf der Mengen Getreide, Magermilchpulver und Reis festzusetzen, die für die Durchführung des Programms im Haushaltsjahr 2009 erforderlich sind.“
12 Art. 1 dieser Verordnung bestimmt:
„Nahrungsmittellieferungen, die in Anwendung von Artikel 27 der Verordnung [über die einheitliche GMO] zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft bestimmt sind, werden im Jahr 2009 gemäß dem Verteilungsprogramm in Anhang I dieser Verordnung durchgeführt.“
13 Nach Art. 2 der angefochtenen Verordnung sind „[d]ie den Mitgliedstaaten gewährten Beteiligungen für den Kauf von Getreide, Magermilchpulver und Reis, die für das in Artikel 1 genannte Programm benötigt werden, … in Anhang II [dieser Verordnung] festgesetzt“.
14 Anhang I Buchst. a der angefochtenen Verordnung setzt den Betrag der zur Durchführung des Programms in jedem Mitgliedstaat verfügbaren Finanzmittel auf insgesamt 496 000 000 Euro fest.
15 In Anhang II dieser Verordnung werden die Beteiligungen, die den Mitgliedstaaten bis zu den in Anhang I Buchst. a der Verordnung aufgeführten Höchstbeträgen für den Kauf von Erzeugnissen auf dem Gemeinschaftsmarkt gewährt werden, auf insgesamt 431 420 891 Euro festgesetzt.
16 Der Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2009 wurde am 18. Dezember 2008 festgestellt (ABl. 2009, L 69, S. 1). Er sah Ermächtigungen in Höhe von 500 Mio. Euro für die Verteilung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen an stark benachteiligte Personen in der Gemeinschaft vor.
Verfahren und Anträge der Parteien
17 Mit Klageschrift, die am 23. Dezember 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland die vorliegende Klage erhoben.
18 Mit Schriftsatz, der am 6. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Italienische Republik beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zugelassen zu werden.
19 Mit Schriftsatz, der am 8. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.
20 Mit Schriftsatz, der am 14. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Schweden beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Bundesrepublik Deutschland zugelassen zu werden.
21 Mit Schriftsatz, der am 16. April 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Republik Polen beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.
22 Mit Schriftsatz, der am 27. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Königreich Spanien beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.
23 Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Polen und das Königreich Schweden als Streithelfer zugelassen. Diese Streithelfer haben ihre Streithilfeschriftsätze innerhalb der gesetzten Fristen eingereicht.
24 Da das Königreich Spanien seinen Streithilfeantrag nach Ablauf der in Art. 115 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vorgesehenen Frist von sechs Wochen gestellt hat, ist es durch Beschluss des Präsidenten der Fünften Kammer vom 8. September 2009 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen und ihm gestattet worden, seine Erklärungen in der mündlichen Verhandlung abzugeben.
25 Die Zusammensetzung der Fünften Kammer des Gerichts ist durch Beschluss des Präsidenten des Gerichts für das vorliegende Verfahren geändert worden.
26 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.
27 Die Parteien haben in der Sitzung vom 9. September 2010 mündlich verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.
28 Die Bundesrepublik Deutschland beantragt,
– die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären;
– die Wirkungen der Nichtigerklärung auf Art. 2 und Anhang II der angefochtenen Verordnung zu beschränken und zugleich „auszusetzen“;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
29 Das Königreich Schweden beantragt,
– der Klage der Bundesrepublik Deutschland stattzugeben;
– die Wirkungen der angefochtenen Verordnung „aufrechtzuerhalten“.
30 Die Kommission beantragt,
– sämtliche Bezugnahmen auf das Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates vom 17. Oktober 2008 „unberücksichtigt zu lassen“;
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
– subsidiär, die Wirkungen der Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung zu beschränken und „auszusetzen“;
– der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen.
31 Die Französische Republik beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen.
32 Die Italienische Republik beantragt,
– die Klage als unzulässig abzuweisen;
– hilfsweise, die Klage als unbegründet abzuweisen;
– für den Fall der Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung, festzustellen, dass alle Wirkungen dieser Verordnung als fortgeltend zu betrachten sind;
– der Bundesrepublik Deutschland die Kosten aufzuerlegen.
33 Das Königreich Spanien und die Republik Polen beantragen, die Klage abzuweisen.
Rechtliche Würdigung
Zu den von der Italienischen Republik und der Republik Polen erhobenen Einreden der Unzulässigkeit
Vorbringen der Parteien
34 Nach Ansicht der Italienischen Republik und der Republik Polen ist die vorliegende Klage unzulässig.
35 Die Italienische Republik trägt insbesondere vor, die Bundesrepublik Deutschland hätte den Teil des Gemeinschaftshaushaltsplans 2009 anfechten müssen, der die Beteiligungen für den Kauf auf den Agrarmärkten betreffe. Da die angefochtene Verordnung diese Beteiligungen nur verteile, sei eine gegen sie gerichtete Klage verspätet und damit unzulässig.
36 Die Republik Polen macht geltend, die vorliegende Klage sei in Wirklichkeit darauf gerichtet, die Grundsätze des Abgabemechanismus in der Verordnung über die einheitliche GMO, auf deren Grundlage die angefochtene Verordnung erlassen worden sei, sowie das in der Verordnung Nr. 3149/92 festgelegte Verfahren für die Erstellung der jährlichen Verteilungsprogramme in Frage zu stellen.
37 Nach Ansicht der Bundesrepublik Deutschland sind die Unzulässigkeitseinreden dieser beiden Streithelferinnen unzulässig, da sie nach der Rechtsprechung eine Einrede der Unzulässigkeit der Klage dann nicht erheben könnten, wenn die Hauptpartei dies nicht getan habe.
Würdigung durch das Gericht
38 Das Gericht stellt fest, dass die Kommission nicht beantragt hat, die Klage für unzulässig zu erklären, sondern lediglich, sie als unbegründet abzuweisen. Nach Art. 40 Abs. 4 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der nach Art. 53 Abs. 1 der Satzung auf das Verfahren entsprechend anwendbar ist, können mit den Streithilfeanträgen nur die Anträge einer Partei unterstützt werden. Der Streithelfer muss zudem nach Art. 116 § 3 der Verfahrensordnung den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der sich dieser zur Zeit des Beitritts befindet.
39 Daraus folgt, dass die Italienische Republik und die Republik Polen zur Erhebung einer Einrede der Unzulässigkeit nicht befugt sind und das Gericht somit die von ihnen geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe nicht zu prüfen braucht (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnrn. 20 bis 22, und Urteil des Gerichts vom 27. November 1997, Kaysersberg/Kommission, T‑290/94, Slg. 1997, II‑2137, Randnr. 76). Die von der Italienischen Republik und der Republik Polen erhobenen Einreden der Unzulässigkeit sind daher zurückzuweisen.
Zum Antrag der Kommission, die Bezugnahmen auf das Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates der Europäischen Union vom 17. Oktober 2008 unberücksichtigt zu lassen
40 Die Kommission macht geltend, die Vorlage des fraglichen Gutachtens, das den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Verordnung über die einheitliche GMO betreffe, sei weder vom Rat genehmigt noch vom Gericht angeordnet worden. Nach ständiger Rechtsprechung dürfe daher keine der in der Klageschrift enthaltenen Bezugnahmen auf das Gutachten vom Gericht berücksichtigt werden.
41 Die Bundesrepublik Deutschland gibt zu bedenken, dass dieses Gutachten, das für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht von grundlegender Bedeutung sei, bereits Gegenstand öffentlicher Berichterstattung gewesen und sein Ergebnis in der Klageschrift nur grob skizziert worden sei.
42 Es ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung dem öffentlichen Interesse daran, dass die Organe in der Lage sein müssen, auf die in völliger Unabhängigkeit abgegebenen Stellungnahmen ihres Juristischen Dienstes zurückzugreifen, zuwiderliefe, wenn zugelassen würde, dass solche internen Dokumente von anderen Personen als den Dienststellen, auf deren Ersuchen sie erstellt wurden, in einem Rechtsstreit vor dem Gericht vorgelegt werden könnten, ohne dass ihre Vorlage von dem betroffenen Organ genehmigt oder vom Gericht angeordnet worden wäre (Beschluss des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2002, Österreich/Rat, C‑445/00, Slg. 2002, I‑9151, Randnr. 12, Urteil des Gerichts vom 8. November 2000, Ghignone u. a./Rat, T‑44/97, Slg. ÖD 2000, I‑A‑223 und II‑1023, Randnr. 48, sowie Beschluss des Gerichts vom 10. Januar 2005, Gollnisch u. a./Parlament, T‑357/03, Slg. 2005, II‑1, Randnr. 34).
43 Demgemäß ist dem Antrag der Kommission, die Bezugnahmen in der Klageschrift auf das Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates vom 17. Oktober 2008 unberücksichtigt zu lassen, stattzugeben.
Zur Begründetheit
Vorbringen der Parteien
44 Die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich Schweden, führt einen einzigen Klagegrund an, mit dem sie geltend macht, dass die angefochtene Verordnung unter Verstoß gegen Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO – der im Licht des 18. Erwägungsgrundes dieser Verordnung auszulegen sei, wonach es im Interesse der Gemeinschaft liege, landwirtschaftliche Erzeugnisse bis zur Zurückführung der Lagerbestände auf ein normales Maß zu nutzen – sowie die Art. 33 EG und 37 EG erlassen worden sei. Die angefochtene Verordnung habe sich von „jedem Bezug [zur gemeinsamen Agrarpolitik] gelöst“ und sei in Wirklichkeit Teil der Sozialpolitik.
45 Als Erstes trägt die Bundesrepublik Deutschland vor, Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO, der zu deren Teil II Titel I Kapitel I Abschnitt II Unterabschnitt IV („Absatz aus der Intervention“) gehöre, lasse den zusätzlichen Ankauf auf dem Nahrungsmittelmarkt nur in den Fällen zu, in denen ein Erzeugnis in den Interventionsbeständen während der Durchführung des Jahresplans vorübergehend nicht verfügbar sei, und auch nur in dem Umfang, in dem dies zur Durchführung dieses Plans in einem oder mehreren Mitgliedstaaten erforderlich sei.
46 Erstens betreffe aber die angefochtene Verordnung nicht den Ankauf von Waren, die „in den Interventionsbeständen [nur] vorübergehend nicht verfügbar“ seien. Denn nach dieser Bedingung seien zunächst die vorhandenen Interventionsbestände zu verteilen und dürften zusätzliche Ankäufe nur vorübergehend und ausnahmsweise vorgenommen werden; tatsächlich habe sich aber das Verhältnis zwischen Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen und zugekauften Nahrungsmitteln umgekehrt, da der Anteil Letzterer am Gesamtvolumen des Programms von 18,06 % im Jahr 2006 über 85,35 % im Jahr 2008 auf 86,98 % im Jahr 2009 gestiegen sei. Dieser Zustand werde sich überdies nach den Prognosen der Kommission über die Entwicklung der Interventionsbestände auf Dauer verfestigen.
47 Die für die Durchführung des Programms im Jahr 2009 zugeteilten Haushaltsmittel seien auf 500 Mio. Euro aufgestockt worden, ohne dass dieser Zuwachs mit dem Anstieg der Preise der vom Programm erfassten Erzeugnisse begründet werden könne. Zweifelhaft sei auch, ob das Verfahren der Annahme des Programms mit der Verordnung Nr. 3149/92 in Einklang stehe, da die Kommission die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der angekündigten Erhöhung der Haushaltsmittel für das Programm nach Ablauf der insoweit vorgesehenen Frist aufgefordert habe, etwaige Nachfragen nach Erzeugnissen zur Durchführung des Programms noch einmal zu überprüfen.
48 Zweitens müsse der Mangel der Verfügbarkeit von Erzeugnissen in den Interventionsbeständen „während der Durchführung des Jahresplans“ auftreten. Diese Bedingung sei so zu verstehen, dass ein Zukauf für den Fall vorgesehen werden könne, dass im Laufe eines Programmjahrs eine Verknappung von Erzeugnissen eintrete oder dass bei Aufstellung des Jahresplans festgestellt werde, dass die vorhandenen Interventionsbestände wahrscheinlich oder sicher nicht ausreichten. In der angefochtenen Verordnung seien jedoch Mittel für den Kauf von Erzeugnissen zugeteilt worden, bei denen bereits zum Zeitpunkt der Aufstellung des Programms keine Interventionsbestände im betreffenden Jahr vorhergesehen gewesen seien.
49 Drittens beruhe das festgelegte Programm nicht auf den Mengen vorhandener oder zu erwartender Interventionsbestände, sondern ausschließlich auf dem von den teilnehmenden Mitgliedstaaten angemeldeten Bedarf; das Programm entspreche daher nicht dem, was zu seiner Durchführung „erforderlich“ sei. Das Programmvolumen sei an die Interventionsbestände gebunden. So ermächtige Art. 43 Buchst. g der Verordnung über die einheitliche GMO die Kommission zur Ausarbeitung eines Jahresplans nur nach Maßgabe des Art. 27 Abs. 1, der die Abgabe von Erzeugnissen aus Interventionsbeständen vorsehe.
50 Als Zweites macht die Bundesrepublik Deutschland geltend, das mit der angefochtenen Verordnung angenommene Programm verfolge keines der Ziele des Art. 33 EG. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müsse sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehörten. Die fragliche Regelung beziehe sich aber nicht auf die Produktion und die Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und sei keine im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik getroffene Maßnahme.
51 Entgegen der Auffassung der Kommission habe sich nämlich das fragliche Programm „von jedem Bezug [zur gemeinsamen Agrarpolitik] gelöst“, insbesondere von dem Ziel der Marktstabilisierung im Sinne des Art. 33 Abs. 1 Buchst. c EG. Da die Interventionsbestände derart stark zurückgegangen seien und das Programm hauptsächlich auf dem Ankauf von Erzeugnissen beruhe, sei dieses nicht mehr Teil des Agrarmarkts, sondern diesem nachgelagert. Es sei von den Art. 33 EG und 37 EG lediglich als Annex zum Interventionsmechanismus miterfasst, und sein vorrangiges Ziel sei sozialer Natur. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stoße der Anwendungsbereich der gemeinsamen Agrarpolitik jedoch an Grenzen, wenn ein Rechtsakt bestimmte Auswirkungen auf die Landwirtschaft habe, die sich nur beiläufig gegenüber dem Hauptziel ergäben.
52 Entgegen der Auffassung der Kommission trage das gemeinschaftliche Nahrungsmittelhilfsprogramm auch nicht dazu bei, im Sinne des Art. 33 Abs. 1 Buchst. e EG für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen. Da die Nahrungsmittel nämlich an Bedürftige verschenkt würden, sei das Ziel eines angemessenen Preises überhaupt nicht erreichbar. Die Angemessenheit von Preisen sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht mit möglichst niedrigen Preisen gleichzusetzen.
53 Bestätigt würden die Schlussfolgerungen der Bundesrepublik Deutschland durch den Vorschlag der Kommission vom 17. September 2008 zur Änderung der Verordnung über die einheitliche GMO, wonach insbesondere die Begrenzung der Zukäufe auf Fälle vorübergehender Nichtverfügbarkeit von Interventionsbeständen entfallen solle. Diese Änderung komme der Notwendigkeit nach, das Sekundärrecht den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen, was auch die Kommission bestätigt habe.
54 Was die Verordnung Nr. 3149/92 angehe, so sei diese nicht als solche unionsrechtswidrig, sie müsse aber im Licht der Normen des höherrangigen Rechts ausgelegt werden und könne diese Normen keinesfalls abbedingen.
55 Das Königreich Schweden fügt als Erstes hinzu, dass die Verordnung über die einheitliche GMO grundsätzlich nur die Verwendung der Interventionsbestände vorsehe und dass ein Zukauf von Erzeugnissen auf dem Gemeinschaftsmarkt in größerem Umfang eine „Umgehung“ dieser Verordnung darstelle. Die in deren Art. 27 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen für den Zukauf von Erzeugnissen seien eng auszulegen, da sie Ausnahmen darstellten.
56 Hinsichtlich des Zeitpunkts, von dem an die Käufe getätigt werden könnten, bestünden offenbar gewisse Unterschiede im Wortlaut der verschiedenen Sprachfassungen des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO. Nach der schwedischen Fassung müsse die Nichtverfügbarkeit eines Erzeugnisses während der Durchführung des Programms eintreten; in diesem Fall würde es genügen, Änderungen des Jahresprogramms zu beschließen. Diese Auslegung werde bestätigt durch den Kontext und den Zweck dieser Vorschrift, der im sinnvollen Einsatz der Interventionsbestände und nicht in erster Linie in der Unterstützung von Bedürftigen bestehe. Außerdem könne nach Art. 4 der Verordnung Nr. 3149/92 mit der Beschaffung eines Erzeugnisses auf dem Markt erst begonnen werden, wenn die Lieferungen von lebensnotwendigen Erzeugnissen bereits aus den Interventionsbeständen und durch Transfer aus anderen Mitgliedstaaten zugeteilt worden seien.
57 Der Unionsgesetzgeber habe nie ein Dauerhilfsprogramm vorsehen wollen. Nach dem 18. Erwägungsgrund der Verordnung über die einheitliche GMO führe vielmehr der Rückgang der Interventionsbestände zu einer Verringerung des Umfangs des Programms. Dagegen gingen aus den Art. 1 und 2 der Verordnung Nr. 3149/92 deutlich die sozialpolitischen Ziele hervor.
58 Als Zweites macht das Königreich Schweden geltend, Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO verfolge nicht das Ziel, für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen, wie dies in Art. 33 Abs. 1 EG vorgesehen sei. Was das Ziel der Stabilisierung der Märkte betreffe, umfasse dieses nach ständiger Rechtsprechung auch das Bemühen um den Abbau von Überschüssen in der Gemeinschaft. Die in der angefochtenen Verordnung festgelegte Verteilung der Erzeugnisse weise jedoch nicht den erforderlichen Bezug zu den darauf gerichteten Interventionskäufen auf. Eine entgegengesetzte Auslegung könnte dazu führen, dass für alle Rechtsvorschriften, aufgrund deren Lebensmitteleinkäufe subventioniert werden sollten, Art. 37 EG als Rechtsgrundlage herangezogen werde.
59 Nach ständiger Rechtsprechung sei außerdem ein Gemeinschaftsrechtsakt dann, wenn seine Prüfung ergebe, dass er zwei Zielsetzungen habe oder zwei Komponenten umfasse, und wenn sich eine von ihnen als die hauptsächliche oder überwiegende ausmachen lasse, auf diese zu stützen. Nach Ansicht des Königreichs Schweden könnte ein Rechtsakt wie die angefochtene Verordnung auf der Grundlage des Art. 308 EG erlassen werden.
60 Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik und die Republik Polen, macht geltend, dass die angefochtene Verordnung mit der Verordnung über die einheitliche GMO und der Verordnung Nr. 3149/92 in Einklang stehe.
61 Als Erstes sieht die Kommission das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland zur Auslegung des Art. 33 EG als nicht relevant an. Gegenüber der Rüge, dass die angefochtene Verordnung nicht die Ziele dieses Artikels verfolge, verweist die Kommission vielmehr auf die Rechtsprechung, wonach eine Regelung dann dem Bereich der Landwirtschaft und damit Art. 37 EG zuzuordnen sei, wenn die von ihr betroffenen Erzeugnisse in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführt seien und diese Regelung zur Verwirklichung eines oder mehrerer Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik beitrage, was bei den von Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO betroffenen Erzeugnissen der Fall sei.
62 Ziel des Art. 33 EG sei es nämlich, die Märkte durch den Absatz und den vorübergehenden Kauf von Erzeugnissen auf dem Gemeinschaftsmarkt zu stabilisieren und für die Belieferung der Verbraucher, zu denen auch die Bedürftigen gehörten, zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen, indem diesen Personen landwirtschaftliche Erzeugnisse zu erschwinglichen Preisen angeboten würden. Das soziale Ziel des Verteilungsprogramms sei in den grundlegenden Bestimmungen und den Art. 2 EG und 3 EG, in deren Licht die gemeinsame Agrarpolitik auszulegen sei, immer deutlich gemacht worden. Dieses Programm habe seinen Bezug zur gemeinsamen Agrarpolitik bewahrt.
63 Als Zweites macht die Kommission zum behaupteten Verstoß gegen Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO geltend, dass die Voraussetzung der Nichtverfügbarkeit von Beständen „während der Durchführung des Jahresplans“ erfüllt sei, wenn die Interventionsbestände während des Vollzugs des Jahresplans nicht verfügbar seien. Außerdem ergebe sich aus der Verordnung Nr. 3149/92 sowie der Systematik und dem Zweck des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO, dass die Verfügbarkeit der Lagerbestände bei Erlass des Jahresplans zu prüfen sei. Nach der Verordnung Nr. 3149/92 erfolge die Planung der Verteilung ab Mai des vorangehenden Jahres (Mitteilung des Bedarfs der Mitgliedstaaten) im Hinblick auf einen Erlass des Programms vor dem 1. Oktober, dem Tag, an dem die Durchführung des Programms beginne. Nach Art. 2 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. c dieser Verordnung werde die Beteiligung nämlich den Mitgliedstaaten für den Fall angeboten, dass ein Erzeugnis nach der bei Annahme des Jahresplans getroffenen Feststellung vorübergehend nicht verfügbar sei. Auch die hierzu von der Bundesrepublik Deutschland in der Erwiderung gemachten Ausführungen gingen offenbar in diese Richtung.
64 Was die „vorübergehende Nichtverfügbarkeit“ der Interventionsbestände angeht, teilt die Kommission die Ansicht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Subsidiarität der Zukäufe gegenüber den Interventionsbeständen. Sie macht jedoch geltend, dass diese Voraussetzung, da sie nicht definiert sei, im Licht des Zwecks der Verordnung über die einheitliche GMO zu bestimmen sei, wobei zu berücksichtigen sei, dass öffentliche Interventionen ein dauerhaftes Instrument zur Marktintervention im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik seien, der angemessene Absatzmöglichkeiten zur Verfügung stehen müssten, was von der Bundesrepublik Deutschland nicht bestritten werde. Die betreffenden Zukäufe seien zur Wahrung dieser Möglichkeiten nicht nur zulässig, sondern auch geboten. Daher sei die Kommission, solange eine Anhäufung von Interventionsbeständen bestimmter Erzeugnisse rechtlich möglich und tatsächlich hinreichend wahrscheinlich sei, verpflichtet, den Zukauf dieser Erzeugnisse vorzusehen.
65 Außerdem sei der Begriff „vorübergehende Nichtverfügbarkeit“ im Sinne einer mehrjährigen Gesamtbetrachtung zu verstehen. So müsse die Kommission nach Art. 2 der Verordnung Nr. 3149/92 bei Erlass des Programms die Mittelverwendung in den vorhergehenden Anwendungsjahren berücksichtigen. In Anbetracht des ihr dabei zustehenden weiten Beurteilungsspielraums seien diese Zukäufe nämlich nur untersagt, wenn der Interventionsmechanismus für ein Erzeugnis abgeschafft oder langfristig ausgesetzt werde.
66 Dies sei aber bei der angefochtenen Verordnung nicht der Fall gewesen. Denn um dem Erfordernis des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO zu genügen, sei die Kommission verpflichtet, die Prüfung der Verfügbarkeit für jedes Erzeugnis getrennt und nicht für die Gesamtheit der Interventionsbestände vorzunehmen. Erstens kämen aber nach dieser Verordnung die vom Programm betroffenen Erzeugnisse für Aufkäufe zur Intervention in Betracht. Zweitens sei der Umfang der Interventionsbestände bei den verschiedenen Erzeugnissen nicht gleichbleibend, sondern ändere sich im Laufe der Jahre. Drittens seien die 2009 zu beschaffenden Erzeugnisse nur für einen kurzen Zeitraum nicht verfügbar gewesen. Außerdem könnten die sich derzeit bildenden Lagerbestände einen Großteil des Jahresprogramms 2010 decken. Folglich sei die Kommission zu Recht davon ausgegangen, dass die Nichtverfügbarkeit dieser Bestände nur vorübergehend sei und sie die Beschaffung dieser Erzeugnisse auf dem Gemeinschaftsmarkt vorsehen dürfe.
67 Nach Ansicht der Kommission ist das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland in diesem Punkt widersprüchlich und beantwortet nicht die Frage, ab welchem Umfang der vorhandenen Interventionsbestände sie zusätzliche Ankäufe anordnen darf. Das von der Bundesrepublik Deutschland angeführte quantitative Element ergebe sich nicht aus der betreffenden Bestimmung der Verordnung über die einheitliche GMO. Es widerspreche auch dem Zweck der Bestimmung und führe zu Rechtsunsicherheit bei ihrer Anwendung. Jedenfalls sei die Argumentation der Bundesrepublik Deutschland nicht geeignet, die von der Kommission vertretene Auslegung dieser Bestimmung zu widerlegen oder die Rechtmäßigkeit der auf dieser Auslegung beruhenden angefochtenen Verordnung in Frage zu stellen. Das von der Bundesrepublik Deutschland vorgelegte halbjährlich erscheinende Dokument betreffe langfristige Prognosen, die der Entscheidung der Kommission zur Umsetzung der Jahrespläne nicht zugrunde gelegt werden sollten. Jedenfalls komme es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung nur auf die Rechtslage bei deren Erlass an.
68 Zur Voraussetzung der Erforderlichkeit weist die Kommission darauf hin, dass sich der Jahresplan für das Haushaltsjahr 2009 nach der Vorschrift des Art. 27 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung über die einheitliche GMO auf die im Haushaltsplan der Union für diesen Zweck vorgesehenen Kosten beschränke. Nach dieser Vorschrift sei die Erforderlichkeit nicht nach dem Verhältnis zwischen dem Programmvolumen und den Interventionsbeständen zu beurteilen, sondern auf der Grundlage der Aufkäufe, die notwendig seien, um das Programm in den teilnehmenden Mitgliedstaaten durchzuführen. Deshalb sei in den Haushaltsjahren, in denen sehr große Interventionsbestände vorhanden gewesen seien, nur ein kleiner Teil dieser Bestände über das Programm abgesetzt worden. Der Jahresplan verfolge nämlich – im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel – das Ziel, den von den Mitgliedstaaten angemeldeten Bedarf unter Berücksichtigung ihrer zuverlässigsten Schätzungen über die Anzahl der Bedürftigen zu befriedigen.
69 In diesem Zusammenhang tritt die Kommission dem Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland zur Erhöhung der Haushaltsmittel entgegen und trägt vor, diese würden nicht abstrakt, sondern auf der Grundlage der Kosten für den Ankauf einer bestimmten Menge von Erzeugnissen zu Marktpreisen festgelegt, die im Jahr 2008 stark gestiegen seien und deutlich über den Interventionspreisen gelegen hätten.
70 Eine kurzfristige Kürzung oder Streichung des Programms wegen eines vorübergehenden Rückgangs der Interventionsbestände im Allgemeinen und der Nichtverfügbarkeit bestimmter Erzeugnisse im Besonderen wäre mit dem Zweck des Programms nicht vereinbar. Dies würde nämlich den Rückzug der vom Programm abhängigen karitativen Einrichtungen aus diesem sowie den Verlust der an das Absatzinstrument gebundenen Infrastruktur in den folgenden, durch eine Erhöhung der Bestände gekennzeichneten Jahren bewirken. Dadurch würden die mit dem Programm verfolgten Ziele der Stabilisierung des Marktes und der Gewährleistung eines hohen Maßes an sozialem Schutz gefährdet.
71 Schließlich macht die Kommission geltend, ihr Vorschlag zur Änderung der Verordnung über die einheitliche GMO habe keine verbindlichen Rechtswirkungen und könne daher nicht Gegenstand der Klage sein.
72 In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Schweden tritt die Kommission der Auslegung entgegen, dass Zukäufe auf dem Markt nur zulässig seien, wenn die Nichtverfügbarkeit der Erzeugnisse in den Interventionsbeständen während der Durchführung des Programms eingetreten sei. Die weit überwiegende Zahl der Sprachfassungen des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO entspreche eher der Auslegung der Kommission. Außerdem gehe aus dem 18. Erwägungsgrund dieser Verordnung nicht hervor, dass der Gesetzgeber eine Kürzung des Programmumfangs für den Fall eines Rückgangs der verfügbaren Interventionsbestände vorgesehen habe.
73 Die Italienische Republik vertritt die Auffassung, das Urteil vom 4. April 2000, Kommission/Rat (C‑269/97, Slg. 2000, I‑2257), in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass die Art. 33 EG und 37 EG die Rechtsgrundlage für den Erlass einer Maßnahme darstellen könnten, die auch und möglicherweise in erster Linie auf den Gesundheitsschutz gerichtet sei, sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch gehe aus den Bestimmungen der Art. 2 EG, 136 EG und 137 EG hervor, dass die Art. 33 EG und 37 EG die ausschließliche Rechtsgrundlage für den Erlass von Maßnahmen darstellen könnten, die auch und sogar überwiegend einem sozialen Zweck dienten, sofern dabei Mittel zur Regelung der Agrarmärkte und zur Intervention auf diesen eingesetzt würden; dies sei bei der angefochtenen Verordnung der Fall.
74 Die Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209, S. 1) sehe vor, dass durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) die Stabilisierung der Agrarmärkte finanziert werden solle. Da Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO dem EGFL die Aufgabe der Finanzierung der fraglichen Zukäufe zuweise, stellten nach Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3730/87 des Rates vom 10. Dezember 1987 zur Einführung der Grundregeln für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen an bestimmte Einrichtungen zur Verteilung an stark benachteiligte Personen in der Gemeinschaft (ABl. L 352, S. 1) auch diese Zukäufe in den Grenzen der von der Haushaltsbehörde hierfür zugelassenen Ausgaben Kosten für die Stabilisierung der Agrarmärkte dar.
75 Aus dem ersten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 2535/95 des Rates vom 24. Oktober 1995 zur Änderung der Verordnung Nr. 3730/87 (ABl. L 260, S. 3) gehe hervor, dass der Unionsgesetzgeber trotz der schrittweisen Zurückführung des Systems der Interventionsbestände das fragliche Programm habe beibehalten wollen, indem er den Ankauf auf dem Markt „ersatzweise“, d. h. als gleichwertige Maßnahme vorgesehen habe, die gegenüber der Entnahme aus den Lagerbeständen weder subsidiär noch untergeordnet sei und nach wie vor den Zielsetzungen der gemeinsamen Agrarpolitik entspreche. Auf der Grundlage der Feststellung der Nichtverfügbarkeit eines Erzeugnisses sei daher die Handlungsfreiheit, die zwischen der Entnahme aus den Beständen und den Zukäufen auf dem Markt bestehe, nur durch die Verpflichtung begrenzt, die Bestände zu verwenden, bevor Zukäufe getätigt würden. Diese Schlussfolgerung werde zudem bestätigt durch den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 3730/87, den dritten Erwägungsgrund und Art. 4 der Verordnung Nr. 3149/92, den dritten und den vierten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 267/96 der Kommission vom 13. Februar 1996 zur Änderung der Verordnung Nr. 3149/92 (ABl. L 36, S. 2) und den fünften Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1127/2007 der Kommission vom 28. September 2007 zur Änderung der Verordnung Nr. 3149/92 (ABl. L 255, S. 18).
76 Die Italienische Republik sieht alle Zukäufe zur Deckung des im Programm festgestellten Bedarfs, der nicht vorher durch Inanspruchnahme der Interventionsbestände befriedigt werden könne, als erforderlich an. Diese Voraussetzung sei jedoch nicht daran gebunden, dass eine Mindestmenge verwendbarer Bestände vorhanden sei, und erst recht nicht daran, dass dieser Mindestbestand größer als die auf dem Markt zugekaufte Menge sei.
77 Zur Nichtverfügbarkeit eines Erzeugnisses während der Durchführung des Programms trägt die Italienische Republik vor, Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO sei deshalb in dieser Weise formuliert, weil erst zu diesem Zeitpunkt die notwendigen Zukäufe auf dem Markt getätigt werden müssten, was auch in Einklang mit Art. 3 der Verordnung Nr. 3149/92 stehe. Die Zukäufe würden somit nur dann vorgenommen, wenn sich die mangelnde Verfügbarkeit der Bestände während der Durchführung des Programms bestätige. Dieser Hinweis auf den Zeitraum der Durchführung des Programms sei jedoch kein Hinderungsgrund dafür, im Voraus zu beurteilen, ob die Bestände unzureichend sein würden, da dies für die Festlegung der für die Zukäufe bestimmten Beteiligung im Haushaltsplan unerlässlich sei. Das werde durch den ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 267/96 bestätigt.
78 Die Französische Republik hebt hervor, dass es das Ziel der angefochtenen Verordnung sei, für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen, was von der Bundesrepublik Deutschland in Abrede gestellt werde. Diese Verordnung ziele gerade darauf ab – gleich, ob gegen Zahlung eines Geldbetrags oder unentgeltlich –, den Preis sicherzustellen, der als einziger als für Bedürftige angemessen betrachtet werden könne, insbesondere wenn dieser Preis insgesamt den Preisen gegenübergestellt werde, die von diesen Personen für im gewöhnlichen Handel gekaufte Nahrungsmittel gezahlt würden.
79 Außerdem gehöre die gemeinsame Agrarpolitik zu den in Art. 3 Abs. 1 EG aufgeführten gemeinschaftlichen Maßnahmen, deren Durchführung gemäß Art. 2 EG insbesondere ein hohes Maß an sozialem Schutz in der gesamten Gemeinschaft fördern solle. Der Gerichtshof habe befunden, dass bei der Verfolgung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, insbesondere im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen, von Erfordernissen des Allgemeininteresses wie etwa des Verbraucherschutzes oder des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen und Tieren nicht abgesehen werden dürfe. Auch die Hilfe für Bedürftige sei ein Erfordernis des Allgemeininteresses.
80 Hinsichtlich des Kriteriums der vorübergehenden Nichtverfügbarkeit der Interventionsbestände weist die Französische Republik darauf hin, dass der Rückgriff auf die Interventionsbestände nur in den letzten beiden Jahren, d. h. ab dem Haushaltsjahr 2008, erheblich zurückgegangen sei.
81 Die Republik Polen macht geltend, die Kommission verfüge hinsichtlich der Voraussetzungen für die Vornahme von Zukäufen von Nahrungsmitteln auf dem Markt über ein weites Ermessen, da die in Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO enthaltenen Wendungen nicht näher bestimmt und sehr allgemein gehalten seien. Jedenfalls sei nur die in der Verordnung Nr. 3149/92 enthaltene Auslegung dieses Artikels zutreffend. Wenn dagegen der Argumentation der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des in der angefochtenen Verordnung festgelegten Anteils der Zukäufe auf dem Markt zu folgen wäre, würde damit eine neue Voraussetzung für den Abgabemechanismus eingeführt, die in der Verordnung über die einheitliche GMO bisher nicht vorgesehen sei. Außerdem könne die Rechtmäßigkeit einer im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik getroffenen Maßnahme angesichts des der Kommission in diesem Bereich zustehenden weiten Ermessens nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme offensichtlich ungeeignet sei.
82 Die Voraussetzung der vorübergehenden Nichtverfügbarkeit der Erzeugnisse beziehe sich nicht auf die Vergangenheit der betreffenden Maßnahme, sondern auf deren „absehbare Zukunft“. Da nicht sicher sei, dass sich die Bestände in „absehbarer Zukunft“ nicht wieder auffüllten, bleibe diese Voraussetzung somit weiterhin erfüllt.
83 Diese Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik seien nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter Berücksichtigung der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Ziele der Union im Sinne des Art. 2 EG sowie der aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Lage und der sich ständig wandelnden Gegebenheiten auszulegen. Die von der Bundesrepublik Deutschland vorgeschlagene Auslegung genüge diesen Kriterien jedoch nicht. Insbesondere berücksichtige sie nicht die grundlegende Veränderung der Situation der Landwirtschaft seit den letzten Erweiterungen der Union.
84 Die in Art. 33 Abs. 1 EG aufgeführten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik ließen sich in zwei Gruppen einteilen, von denen die erste auf die Gewährleistung der Entwicklung der Landwirtschaft und die Aufrechterhaltung einer angemessenen Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung und die zweite, die sich in erster Linie an die Verbraucher von Nahrungsmitteln wende, auf die Gewährleistung der Versorgungssicherheit und angemessener Preise gerichtet sei. Hierbei setze die Bundesrepublik Deutschland den Begriff des angemessenen Preises fälschlich dem des Marktpreises gleich, denn Ersterer sei unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls auszulegen und entspreche daher nicht immer Letzterem. Außerdem habe die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff des angemessenen Preises unzutreffend ausgelegt, da diese nicht die spezifische Verbraucherkategorie der Bedürftigen betreffe.
85 Schließlich vertritt die Republik Polen die Ansicht, dass die im Rahmen des Abgabemechanismus verwendeten landwirtschaftlichen Erzeugnisse unabhängig von ihrer Herkunft den Überschuss von im Markt vorhandenen Erzeugnissen verringerten, was zu dessen Stabilisierung und zur Steigerung der Einkommen der in der Landwirtschaft tätigen Personen beitrage.
86 In der mündlichen Verhandlung hat das Königreich Spanien das Erfordernis der Stabilität der Maßnahme der Abgabe von Nahrungsmitteln an Bedürftige unterstrichen und betont, dass Zukäufe für die Aufrechterhaltung und das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Maßnahme über mehrere Jahre unerlässlich seien. Der Einsatz sächlicher und personeller Mittel bei der Durchführung des Programms wäre nämlich aus finanzieller und funktionaler Sicht viel zu schwerfällig, wenn er nur in den Jahren erfolgte, die durch überschüssige Bestände gekennzeichnet seien. Außerdem habe diese Maßnahme nicht nur sozialen Charakter, denn sie könne nicht allein bedürftigen Personen, sondern auch dem Agrarnahrungsmittelmarkt insgesamt zugutekommen.
87 Die Bundesrepublik Deutschland führt aus, im Gegensatz zu der Rechtssache, in der das oben in Randnr. 73 angeführte Urteil Kommission/Rat ergangen sei, auf das sich die Italienische Republik in der vorliegenden Rechtssache beziehe, habe die angefochtene Verordnung nicht die Produktion und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zum Ziel, sondern betreffe ganz unabhängig von Instrumentarien der gemeinsamen Agrarpolitik zu 90 % den Ankauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Es treffe nicht zu, dass die Nahrungsmittelhilfe, wie die Italienische Republik vortrage, ein festes Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik geworden sei, da dies mit dem Grundsatz der Abgrenzung der Befugnisse zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten unvereinbar wäre. Außerdem könne die Zuordnung einer Maßnahme zur gemeinsamen Agrarpolitik nicht damit begründet werden, dass sie sich von Rechts wegen aus der entsprechenden Mittelzuordnung zum EGFL ergebe.
88 Die Verordnung Nr. 2535/95 sei für die vorliegende Rechtssache nicht einschlägig, und die Schlussfolgerung der Italienischen Republik erstrecke sich nicht auf den letzten Teil des ersten Erwägungsgrundes dieser Verordnung. Weiter könne die Verordnung Nr. 1127/2007 nicht die Auslegung höherrangiger Rechtsvorschriften beeinflussen. Die Verordnung Nr. 3730/87 schließlich sei nicht so auszulegen, dass sie bereits eine Erweiterung der Maßnahmen im Rahmen des Nahrungsmittelhilfsprogramms vorhergesehen habe.
89 Zum Vorbringen der Französischen Republik betreffend die Verfolgung der Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik durch die angefochtene Verordnung bemerkt die Bundesrepublik Deutschland, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs entspreche das Ziel der Marktstabilisierung der Herstellung eines Marktgleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, so dass die fraglichen Maßnahmen zum Funktionieren des Gemeinsamen Marktes beitragen müssten, was bei den in der angefochtenen Verordnung vorgesehenen Zukäufen nicht der Fall sei. Auch richte sich der Höchstpreis, der für die Nahrungsmittelverteilung verlangt werden dürfe, ausschließlich nach den Selbstkosten und könne daher ebenfalls nicht das Ziel verfolgen, für angemessene Preise Sorge zu tragen. Im Übrigen werde dieses Ziel weder explizit noch implizit in irgendeinem der Rechtsakte erwähnt, die die Rechtsgrundlage der angefochtenen Verordnung bildeten.
90 Die Bundesrepublik Deutschland tritt weiter der von der Französischen Republik vorgenommenen Beurteilung der Frage der vorübergehenden Nichtverfügbarkeit der Bestände mit dem Argument entgegen, dass bereits ein Anteil der Marktzukäufe von 20 % bis 30 % als beträchtlich anzusehen sei, so dass Lieferengpässe schon seit mindestens vier Jahren bestünden.
91 Das nach der von der Republik Polen angeführten Rechtsprechung bestehende weite Ermessen der Kommission beziehe sich nicht auf die Auslegung der Ziele einer Maßnahme und betreffe somit auch nicht die vorliegende Rechtssache.
92 Zum Tatbestandsmerkmal der vorübergehenden Nichtverfügbarkeit der Erzeugnisse führt die Bundesrepublik Deutschland aus, zwischen dieser Nichtverfügbarkeit und dem Wertanteil der Zukäufe bestehe ein Zusammenhang, da Zukäufe, die über einen längeren Zeitraum immer weiter zugenommen und in den letzten beiden Jahren praktisch die gesamten Lieferungen ausgemacht hätten, das Verteilungsprogramm nicht tragen könnten. Es sei völlig angemessen, bei der Bewertung dieses vorübergehenden Charakters die zurückliegenden Verhältnisse zu berücksichtigen.
93 Die Bundesrepublik Deutschland verweist auf den Sonderbericht Nr. 6/2009 des Rechnungshofs der Europäischen Gemeinschaften mit dem Titel „Nahrungsmittelhilfe der Europäischen Union für Bedürftige: Bewertung der Ziele, Mittel und angewandten Methoden“, in dem der Rechnungshof die Ansicht vertreten habe, dass ein Nahrungsmittelhilfsprogramm zwar als Sozialmaßnahme politisch wünschenswert, aber mit den Bestimmungen der gemeinsamen Agrarpolitik und deren Finanzierung nicht vereinbar sei. Er habe auch Zweifel am Beitrag dieses Programms zur Marktregulierung geäußert.
Würdigung durch das Gericht
94 Zunächst ist es angebracht, den Zusammenhang zwischen der Verordnung über die einheitliche GMO, der Verordnung Nr. 3149/92 und der angefochtenen Verordnung zu klären.
95 Erstens ergibt sich aus den Bezugsvermerken der angefochtenen Verordnung, dass diese auf der Grundlage der Verordnung über die einheitliche GMO, insbesondere ihres Art. 43 Buchst. g in Verbindung mit Art. 4, ergangen ist, wobei diese Artikel auf den Erlass von Durchführungsvorschriften für die Ausarbeitung des Jahresplans gemäß Art. 27 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO durch die Kommission sowie das von dieser zu befolgende Verfahren Bezug nehmen.
96 Weiter geht aus Art. 1 der angefochtenen Verordnung hervor, dass die nach Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO vorgenommenen Nahrungsmittellieferungen an Bedürftige in der Gemeinschaft gemäß diesem jährlichen Programm durchgeführt werden.
97 Was zweitens den Zusammenhang zwischen der angefochtenen Verordnung und der Verordnung Nr. 3149/92 angeht, ist zu beachten, dass sich die Kommission mit dieser Verordnung eine Reihe von Regeln für die Ausübung ihrer Befugnisse aus der Verordnung über die einheitliche GMO gesetzt hat.
98 So war die Kommission beim Erlass des jährlichen Programms auch zur Beachtung der Verordnung Nr. 3149/92 verpflichtet. Insoweit ist auf den ersten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung hinzuweisen, der wie folgt lautet:
„Gemäß Artikel 2 der Verordnung … Nr. 3149/92 … beschließt die Kommission ein Verteilungsprogramm, das aus den für das Haushaltsjahr 2009 verfügbaren Mitteln zu finanzieren ist. In diesem Programm werden für jeden Mitgliedstaat, der die Maßnahme durchführt, insbesondere der Höchstrahmen der zur Durchführung des Programms bereitgestellten Haushaltsmittel und die aus Beständen der Interventionsstellen bereitzustellenden Mengen nach Erzeugnisarten festgelegt.“
99 Daraus folgt, dass die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung unter Berücksichtigung zum einen der Verordnung über die einheitliche GMO, die ihre Rechtsgrundlage darstellt, und zum anderen der Verordnung Nr. 3149/92 zu beurteilen ist.
100 Im Fall einer Kollision zwischen den Bestimmungen dieser beiden Verordnungen ist zu beachten, dass nach dem Grundsatz der Beachtung der Normenhierarchie eine Durchführungsverordnung nicht von den in dem Rechtsakt, der mit ihr durchgeführt wird, enthaltenen Bestimmungen abweichen kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2007, Spanien/Kommission, T‑219/04, Slg. 2007, II‑1323, Randnr. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).
101 Im vorliegenden Fall tragen die Parteien allerdings nicht vor, dass die Verordnung über die einheitliche GMO und die Verordnung Nr. 3149/92 in irgendeiner Weise miteinander unvereinbar wären, sondern sie vertreten unterschiedliche Auslegungen des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO.
102 Der Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hängt demnach davon ab, welcher Auslegung des Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO der Vorzug zu geben ist.
103 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine auslegungsbedürftige Bestimmung des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts nach Möglichkeit so auszulegen, dass sie mit den Vorschriften des Vertrags vereinbar ist. Außerdem ist eine Durchführungsverordnung, wenn möglich, so auszulegen, dass sie mit den Bestimmungen der Grundverordnung vereinbar ist (Urteile des Gerichtshofs vom 24. Juni 1993, Dr. Tretter, C‑90/92, Slg. 1993, I‑3569, Randnr. 11, und vom 10. September 1996, Kommission/Deutschland, C‑61/94, Slg. 1996, I‑3989, Randnr. 52).
104 Die Verordnung über die einheitliche GMO ist somit in Übereinstimmung mit den einschlägigen Bestimmungen des EG-Vertrags über die gemeinsame Agrarpolitik auszulegen, zu der sie gehört.
105 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung bei der Auslegung einer Unionsvorschrift nicht nur deren Wortlaut, sondern auch der Zusammenhang, in dem sie steht, und die Ziele, die mit der Regelung verfolgt werden, zu der sie gehört, zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. Juni 2005, VEMW u. a., C‑17/03, Slg. 2005, I‑4983, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).
106 Wenn die wörtliche und die historische Auslegung einer Verordnung, insbesondere einer ihrer Bestimmungen, nicht die Beurteilung ihrer genauen Bedeutung ermöglichen, ist für die Auslegung der betreffenden Regelung sowohl auf deren Zielsetzung als auch ihre Systematik abzustellen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 31. März 1998, Frankreich u. a./Kommission, C‑68/94 und C‑30/95, Slg. 1998, I‑1375, Randnr. 168, und Urteil des Gerichts vom 25. März 1999, Gencor/Kommission, T‑102/96, Slg. 1999, II‑753, Randnr. 148).
107 Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.
– Zum einzigen Klagegrund, der darauf gestützt wird, dass die angefochtene Verordnung unter Verstoß gegen die Verordnung über die einheitliche GMO, insbesondere deren Art. 27, erlassen worden sei
108 Nach dem zehnten Erwägungsgrund der Verordnung über die einheitliche GMO stellen Interventionskäufe ein Instrument der gemeinsamen Agrarpolitik zur Stabilisierung der Agrarmärkte und zur Sicherung eines angemessenen Lebensstandards der landwirtschaftlichen Bevölkerung dar. Die öffentliche Intervention wird gegenwärtig durch die Bestimmungen in Teil II Titel I Kapitel I der Verordnung über die einheitliche GMO geregelt. Eines der Mittel zum Absatz der danach gebildeten Interventionsbestände ist gemäß Art. 27 dieser Verordnung ihre Abgabe an besonders bedürftige Menschen.
109 Insoweit ist der historische Kontext zu beachten, in dem diese Bestimmung steht.
110 Die Maßnahme der Abgabe von Nahrungsmitteln an besonders bedürftige Menschen in der Gemeinschaft wurde durch die Verordnung Nr. 3730/87 eingeführt. So hieß es im dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung: „Mit ihren Interventionsbeständen an verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen verfügt die Gemeinschaft potenziell über die Möglichkeit, einen nennenswerten Beitrag zum Wohlbefinden der stark benachteiligten Bürger der Gemeinschaft zu leisten. Es liegt im Interesse der Gemeinschaft und entspricht den Zielsetzungen der Gemeinsamen Agrarpolitik, dieses Potenzial durch die Einführung geeigneter Maßnahmen bis zur Zurückführung der Lagerbestände auf ein normales Maß zu nutzen.“
111 Aufgrund einer Reihe von Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik wurden die Interventionsbestände schrittweise zurückgeführt, und es ergaben sich immer öfter Zeiträume, in denen es nur geringe oder gar keine Bestände gab. Die Verordnung Nr. 3730/87 wurde deshalb durch die Verordnung Nr. 2535/95 geändert. Mit dieser Verordnung wurde die Möglichkeit eingeführt, einige Erzeugnisse unter bestimmten Bedingungen auf dem Markt zu beschaffen.
112 Der erste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2535/95 lautet:
„Die mit der Verordnung … Nr. 3730/87 … festgelegte Regelung … beruht auf der Verfügbarkeit öffentlicher Bestände infolge von Ankäufen der Interventionsstellen …. Die Annahme und die Durchführung des Jahresplans der Nahrungsmittellieferungen können dadurch erschwert werden, dass einige Grunderzeugnisse im Laufe des Jahres in den Interventionsbeständen zeitweise nicht verfügbar sind. Diese Gefahr kann sich angesichts der Maßnahmen zur besseren Marktregulierung und der Anpassung der Erzeugung an den Bedarf noch vergrößern. Um die Annahme und die Durchführung der Lieferprogramme nicht zu gefährden, ist unter solchen Umständen ersatzweise auf die betreffenden Erzeugnisse des Gemeinschaftsmarktes zurückzugreifen, allerdings unter Bedingungen, die weder den Grundsatz in Frage stellen, dass die Erzeugnisse aus Interventionsbeständen geliefert werden, noch den Rahmen der hierfür im Gemeinschaftshaushalt vorgesehenen Mittelbindung übersteigen.“
113 Die aus den Verordnungen Nrn. 3730/87 und 2535/95 hervorgegangene Bestimmung wurde in Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO übernommen, in deren 18. Erwägungsgrund es heißt, dass „[die Gemeinschaft m]it ihren Interventionsbeständen an verschiedenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen … potenziell über die Möglichkeit [verfügt], einen nennenswerten Beitrag zum Wohlbefinden der stark benachteiligten Bürger der Gemeinschaft zu leisten. Es liegt im Interesse der Gemeinschaft, dieses Potenzial durch die Einführung geeigneter Maßnahmen bis zur Zurückführung der Lagerbestände auf ein normales Maß zu nutzen.“ Derselbe Erwägungsgrund verweist darauf, dass die Verordnung Nr. 3730/87 in Anbetracht dieser Erwägungen die „soziale Maßnahme“ der Verteilung von Nahrungsmitteln an die stark benachteiligten Bürger eingeführt habe und dass diese Maßnahme beizubehalten und in die Verordnung über die einheitliche GMO aufzunehmen sei.
114 Wie bereits oben in Randnr. 3 ausgeführt worden ist, gehört Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO zu deren Teil II Titel I Kapitel I Abschnitt II Unterabschnitt IV („Absatz aus der Intervention“). Dieser Artikel mit dem Titel „Kostenlose Abgabe an besonders bedürftige Menschen in der Gemeinschaft“ bestimmt in Abs. 1, dass die Erzeugnisse der Interventionsbestände bestimmten bezeichneten Einrichtungen nach einem Jahresplan zur Verfügung gestellt werden. In Abs. 2 Buchst. a sieht er vor, dass ein Erzeugnis u. a. dann auf dem Gemeinschaftsmarkt beschafft werden kann, wenn „es in den Interventionsbeständen der Gemeinschaft während der Durchführung des in Absatz 1 genannten Jahresplans vorübergehend nicht verfügbar ist, und zwar nur in dem Umfang, in dem dies zur Durchführung des Plans in einem oder mehreren Mitgliedstaaten erforderlich ist und unter der Voraussetzung, dass die Kosten im Rahmen der im Gemeinschaftshaushalt für diesen Zweck vorgesehenen Kosten bleiben“.
115 Diese Bestimmung ist daher so auszulegen, dass sie eine Maßnahme der sinnvollen Nutzung der Interventionsbestände vorsieht.
116 Es ist festzustellen, dass der vorliegende Rechtsstreit die Anwendung einer zwei Phasen umfassenden Regelung betrifft. Die Hauptphase der öffentlichen Intervention auf dem Markt verfolgt eindeutig die in Art. 33 Abs. 1 EG dargestellten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, und zwar insbesondere dasjenige der Stabilisierung der Märkte. Die anschließende Phase betrifft den Absatz der danach gebildeten Interventionsbestände, wobei die Verteilung der Erzeugnisse an Bedürftige eine der Absatzmodalitäten darstellt. Diese Verteilung verfolgt ein soziales Ziel, das gegenüber den Hauptzielen der gemeinsamen Agrarpolitik nur zweitrangig und in gewisser Weise nur untergeordnet sein kann, und sie kann daher grundsätzlich nur in den Grenzen überschüssiger Lagerbestände und nach der Maßgabe erfolgen, dass es „den Zielsetzungen der Gemeinsamen Agrarpolitik [entspricht], dieses Potenzial … bis zur Zurückführung der Lagerbestände auf ein normales Maß zu nutzen“.
117 Hinsichtlich der Möglichkeit von Zukäufen heißt es im ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2535/95, dass diese Maßnahme deshalb getroffen worden sei, weil „[d]ie Annahme und die Durchführung des Jahresplans der Nahrungsmittellieferungen … dadurch erschwert werden [können], dass einige Grunderzeugnisse im Laufe des Jahres in den Interventionsbeständen zeitweise nicht verfügbar sind“, und dass, „[u]m die Annahme und die Durchführung der Lieferprogramme nicht zu gefährden, … unter solchen Umständen ersatzweise auf die betreffenden Erzeugnisse des Gemeinschaftsmarktes zurückzugreifen“ sei. Im selben Erwägungsgrund heißt es jedoch, dass dies zu geschehen habe „unter Bedingungen, die weder den Grundsatz in Frage stellen, dass die Erzeugnisse aus Interventionsbeständen geliefert werden, noch den Rahmen der hierfür im Gemeinschaftshaushalt vorgesehenen Mittelbindung übersteigen“.
118 Aus diesen Ausführungen geht somit klar hervor, dass diese Maßnahme ihre Existenzberechtigung im Vorhandensein von Interventionsbeständen und im Jahresplan für deren Verteilung an Bedürftige findet. Folglich kann es entgegen der Auffassung der Kommission nicht das Ziel des Jahresplans und der in diesem festgelegten Zukäufe sein, den Bedarf zu decken, den die am Programm teilnehmenden Mitgliedstaaten angemeldet haben, sondern vielmehr, die vorhandenen Mengen an Interventionsbeständen an Bedürftige zu verteilen.
119 Demgemäß bestimmt Art. 27 Abs. 1 der Verordnung über die einheitliche GMO, dass „Erzeugnisse der Interventionsbestände“ zur Verfügung gestellt werden, und sein Abs. 2 Buchst. a, dass ein Erzeugnis auf dem Markt beschafft werden kann, wenn es „in den Interventionsbeständen … während der Durchführung des … Jahresplans vorübergehend nicht verfügbar ist“. Dies zeigt, dass Zukäufe solcher Erzeugnisse als Ausnahme von der Regel der Verteilung von Erzeugnissen aus den Interventionsbeständen vorgesehen sind. Als Ausnahme ist diese Maßnahme daher eng auszulegen. Keinesfalls kann sie zur Regel erhoben werden.
120 Eine einschränkende Auslegung der Wendung „während der Durchführung des … Jahresplans vorübergehend nicht verfügbar“ ist auch aufgrund der zusätzlichen Klarstellung in Art. 27 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung über die einheitliche GMO geboten, wonach ein Erzeugnis „nur in dem Umfang [auf dem Markt beschafft werden kann], in dem dies zur Durchführung des [Jahresplans] … erforderlich ist und unter der Voraussetzung, dass die Kosten im Rahmen der im Gemeinschaftshaushalt für diesen Zweck vorgesehenen Kosten bleiben“.
121 Aus dieser Bestimmung folgt, dass ein Erzeugnis nur dann auf dem Markt angekauft werden kann, wenn seine vorübergehende Nichtverfügbarkeit während der Durchführung des Jahresplans eintritt. Sie setzt zudem voraus, dass vor einer etwaigen Beschaffung ein Jahresplan und das Budget für dessen Durchführung beschlossen wurden.
122 Es trifft zu, dass die Kommission, wie sie darlegt, aus Gründen der praktischen Durchführung und eben um das Programm und das zu seiner Durchführung vorgesehene Budget beschließen zu können, bei Erlass des Programms wissen können muss, welche Erzeugnismengen wegen der mangelnden Verfügbarkeit in den Interventionsbeständen hinzuzukaufen sein werden. Diese Vorgehensweise ist nämlich die einzig mögliche und die einzige, die den maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung Nr. 3149/92 gerecht wird.
123 Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 3149/92 teilen die teilnehmenden Mitgliedstaaten der Kommission ihren Bedarf spätestens bis zum 31. Mai, der der Laufzeit des Programms vorausgeht, mit. Nach Art. 2 dieser Verordnung beschließt die Kommission bis zum 1. Oktober desselben Jahres den Jahresplan mit der Festlegung der „für jeden Kauf auf dem Gemeinschaftsmarkt für den Fall vorzusehende[n] Beteiligung, dass von dem jeweiligen Erzeugnis, wie bei der Annahme des Jahresplans festgestellt, vorübergehend keine Interventionsbestände zur Verfügung stehen“.
124 Diese Bestimmungen sind jedoch keineswegs so zu verstehen, dass sie die Kommission ermächtigten, das Programm unabhängig von den vorhandenen und/oder für das betreffende Jahr geschätzten Mengen der Interventionsbestände zu erstellen. So muss sie zwar bei der Bestimmung der Beteiligungen die von den Mitgliedstaaten angeforderten Mengen, die aus Interventionsbeständen nicht verfügbaren Mengen und die in den vorhergehenden Anwendungsjahren nachgefragten, zugeteilten und tatsächlich verwendeten Erzeugnisse berücksichtigen (Art. 2 Abs. 3 Buchst. c Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 3149/92), sie darf jedoch nicht die Grenzen überschreiten, die in der höherrangigen Rechtsnorm, d. h. der Verordnung über die einheitliche GMO, gesetzt worden sind.
125 Tatsächlich ist die Kommission nämlich zum Zeitpunkt der Erstellung des Programms dafür verantwortlich, dass dessen Umfang demjenigen der Interventionsbestände angepasst wird. Hierbei steht ihr zwar nach Art. 27 Abs. 2 der Verordnung über die einheitliche GMO ein Handlungsspielraum zu; das darf jedoch nicht zu einer Missachtung des Ausnahmecharakters dieser Bestimmung führen. Denn da die Interventionsbestände als Dauereinrichtung zu bewerten sind, bei denen sich je nach den Fluktuationen des Marktes und getätigten öffentlichen Interventionen nur der Umfang ändert, ist der Ausdruck „vorübergehend nicht verfügbar“ nicht dahin auszulegen, dass er sich auf eine Anzahl von Monaten oder Jahren bezieht, sondern dahin, dass er eine Ausnahme von der Regel der Verteilung der Erzeugnisse aus den Interventionsbeständen bezeichnet. Der mengenmäßige Anteil der Zukäufe muss somit den Ausnahmecharakter dieser Maßnahme im Verhältnis zu den Gesamtmengen des Jahresplans widerspiegeln, da diese nur bezweckt, die Fehlmengen auszugleichen, die je nach den Lagerbeständen während der Durchführung des Programms auftreten dürften. Andernfalls würde sich das Verhältnis zwischen Regel und Ausnahme umkehren.
126 Diese Schlussfolgerung läuft keiner der Bestimmungen der Verordnung Nr. 3149/92 zuwider. Sie entspricht auch dem Wortlaut des die Möglichkeit von Zukäufen einführenden ersten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 2535/95, wonach diese Möglichkeit vorzusehen war, um die Annahme und die Durchführung der Lieferprogramme nicht zu gefährden.
127 Im vorliegenden Fall hat die Kommission mit der angefochtenen Verordnung den Jahresplan für die Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige für das Haushaltsjahr 2009 festgelegt, in dessen Rahmen sie – in Anhang II der Verordnung – den Mitgliedstaaten zu gewährende Beteiligungen für den Kauf von Erzeugnissen auf dem Markt im Umfang von insgesamt 431 420 891 Euro vorgesehen hat, was ungefähr 89,98 % des Gesamtvolumens des Programms in Höhe von 496 Mio. Euro (Anhang I Buchst. a der angefochtenen Verordnung) entspricht.
128 Es ist daher festzustellen, dass der Hauptzweck des in der angefochtenen Verordnung enthaltenen Jahresplans nicht der Absatz der Interventionsbestände, sondern die Deckung des Bedarfs war, den die am Programm teilnehmenden Mitgliedstaaten angemeldet hatten.
129 Im Übrigen geht aus den Anlagen zur Erwiderung hervor, dass die Kommission im Anschluss an die Erklärung des Präsidenten der Kommission zur Erhöhung der für das Programm zur Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige vorgesehenen Haushaltsmittel um zwei Drittel die Mitgliedstaaten aufgefordert hat, ihre Bedarfsanmeldungen für das Haushaltsjahr 2009 zu revidieren und ihr ihren Bedarf bis Ende August 2008, d. h. nach Ablauf der Frist des Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3149/92, mitzuteilen.
130 Unter diesen Umständen kann der Jahresplan für das Haushaltsjahr 2009 nicht als mit Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO, wie dieser vorstehend ausgelegt worden ist, vereinbar angesehen werden.
131 Diese Schlussfolgerung kann durch keines der von der Kommission, dem Königreich Spanien, der Französischen Republik, der Italienischen Republik oder der Republik Polen geltend gemachten Argumente entkräftet werden.
132 Die Kommission, das Königreich Spanien, die Französische Republik und die Republik Polen tragen u. a. vor, eine kurzfristige Kürzung oder Streichung des Programms wegen eines vorübergehenden Rückgangs oder der Nichtverfügbarkeit bestimmter Erzeugnisse in den Interventionsbeständen wäre mit dem Zweck des Programms nicht vereinbar, da dies den Rückzug der vom Programm abhängigen karitativen Einrichtungen aus diesem sowie den Verlust der an das Absatzinstrument gebundenen Infrastruktur in den folgenden, durch eine Erhöhung der Lagerbestände gekennzeichneten Jahren bewirken würde. Dies würde den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik zuwiderlaufen und den Beitrag des Programms zum Ziel der Gewährleistung eines hohen Maßes an sozialem Schutz vereiteln.
133 Dieses Vorbringen kann nicht durchgreifen. Erstens ist festzustellen, dass die Einführung des Jahresplans für die Verteilung von Nahrungsmitteln an Bedürftige im Rahmen der vorliegenden Klage als solche nicht in Frage gestellt wird. Nach Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO ist das Hauptziel dieses Plans die Verteilung von Erzeugnissen aus den Interventionsbeständen und nicht die Stabilität der Deckung des Bedarfs der am Programm teilnehmenden karitativen Einrichtungen. Zweitens ist den Akten sowie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen, dass das mit der angefochtenen Verordnung für das Haushaltsjahr 2009 festgelegte Programm nicht nur von den verfügbaren Mengen der Interventionsbestände abgekoppelt worden ist, sondern dass es Beteiligungen für zusätzliche Käufe im Rahmen viel umfangreicherer Haushaltsmittel als derjenigen der drei vorangegangenen Jahre vorgesehen hat. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass die angefochtene Verordnung die Gewährleistung der Stabilität des betreffenden Programms bezweckt hätte.
134 Das Vorbringen der Kommission, der Französischen Republik, der Italienischen Republik und der Republik Polen, wonach mit Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO und der angefochtenen Verordnung die Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, wie sie in Art. 33 Abs. 1 EG festgelegt seien, verfolgt würden, ist, selbst wenn man seine Richtigkeit unterstellt, nicht geeignet, die Schlussfolgerung zu widerlegen, dass die angefochtene Verordnung, wie sich aus den vorstehenden Darlegungen ergibt, gegen Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO verstößt, dessen Rechtmäßigkeit jedenfalls im Rahmen der vorliegenden Klage nicht in Frage gestellt wird.
135 In diesem Kontext ist die von der Kommission, der Italienischen Republik, der Republik Polen und der Bundesrepublik Deutschland angeführte Rechtsprechung zur Bestimmung der angemessenen Rechtsgrundlage einer Maßnahme im Hinblick auf die mit dieser verfolgten Ziele nicht einschlägig. Die vorliegende Rechtssache betrifft nämlich nicht die Frage der Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts.
136 Schließlich kann die Auslegung von Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO durch das Gericht auch nicht durch die verschiedenen Passagen der Erwägungsgründe der Verordnungen, die bei der vorstehend vorgenommenen Auslegung dieses Artikels nicht berücksichtigt worden sind, in Frage gestellt werden; hierbei geht es um die Verordnungen Nrn. 267/96 und 1127/2007 zur Änderung der Verordnung Nr. 3149/92, auf die sich die Italienische Republik mit der Begründung bezieht, sie ließen erkennen, dass Voraussetzung für Zukäufe nur die Nichtverfügbarkeit des betreffenden Zeugnisses in abnehmenden Interventionsbeständen sei. Für die Auslegung von Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO können nämlich nicht Bestimmungen von Verordnungen niedrigeren Ranges, die zu ihrer Durchführung erlassen worden sind, bestimmend sein.
137 Aufgrund dessen ist festzustellen, dass die angefochtene Verordnung unter Verstoß gegen Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO erlassen worden ist.
– Zu den Folgen des Verstoßes gegen Art. 27 der Verordnung über die einheitliche GMO
138 Für den Fall, dass der Klage stattgegeben wird, beantragt die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich Schweden, das Gericht möge von seiner Befugnis Gebrauch machen, zu entscheiden, dass die Wirkungen der Nichtigerklärung auf Art. 2 und Anhang II der angefochtenen Verordnung zu beschränken sind, und diese „auszusetzen“, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung die Durchführung des Programms für die karitativen Einrichtungen im Haushaltsjahr 2009 oder – falls das Gericht nach Ablauf des Programmjahrs entscheidet – nachträglich beeinträchtigt wird.
139 Gleiches beantragt auch die Kommission, unterstützt durch die Italienische Republik und die Republik Polen.
140 Als Erstes ist festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland, unterstützt durch das Königreich Schweden, mit diesem Antrag in Wirklichkeit eine Teilnichtigerklärung der angefochtenen Verordnung, und zwar die Nichtigerklärung ihres Art. 2 und Anhangs II, begehrt.
141 Im vorliegenden Fall ist nämlich zu beachten, dass nicht die Rechtmäßigkeit des Mechanismus der Bewilligung von Mitteln zugunsten Bedürftiger selbst in Frage gestellt wird, sondern gerügt wird, dass das mit der angefochtenen Verordnung für das Haushaltsjahr 2009 beschlossene Programm auf Zukäufen von Erzeugnissen auf dem Markt beruht. Angesichts der oben in Randnr. 137 gezogenen Schlussfolgerung sind daher nur die Bestimmungen für nichtig zu erklären, die Beteiligungen für diese Käufe vorsehen, d. h. Art. 2 und Anhang II der angefochtenen Verordnung.
142 Als Zweites ist klarzustellen, dass die Teilnichtigerklärung der angefochtenen Verordnung zu einem Zeitpunkt eintritt, zu dem alle Beteiligungen grundsätzlich bereits gezahlt worden sind. Unter diesen Umständen hat das Gericht, um zu verhindern, dass für die Mitgliedstaaten, die durch diese Beteiligungen begünstigt worden sind, durch die Rückwirkung der Nichtigerklärung eine Rückzahlungsverpflichtung entsteht, von seiner Befugnis Gebrauch zu machen, diejenigen Wirkungen des für nichtig erklärten Rechtsakts zu bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.
143 Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles sind daher Art. 2 und Anhang II der angefochtenen Verordnung für nichtig zu erklären und ist zu entscheiden, dass diese Teilnichtigerklärung die Gültigkeit der bereits vorgenommenen Beteiligungen nicht beeinträchtigt.
Kosten
144 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten der Bundesrepublik Deutschland gemäß deren Antrag aufzuerlegen.
145 Im Übrigen tragen nach Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Polen und das Königreich Schweden haben daher ihre eigenen Kosten zu tragen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Art. 2 und Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 983/2008 der Kommission vom 3. Oktober 2008 zur Annahme eines Programms zur Bewilligung von Mitteln, die den Mitgliedstaaten für die Lieferung von Nahrungsmitteln aus Interventionsbeständen zur Verteilung an Bedürftige in der Gemeinschaft zuzuteilen und im Haushaltsjahr 2009 zu verbuchen sind, werden für nichtig erklärt.
2. Die Nichtigerklärung von Art. 2 und Anhang II der Verordnung Nr. 983/2008 beeinträchtigt nicht die Gültigkeit der bereits vorgenommenen Beteiligungen.
3. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Bundesrepublik Deutschland.
4. Das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Polen und das Königreich Schweden tragen ihre eigenen Kosten.
Prek |
Soldevila Fragoso |
Frimodt Nielsen |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. April 2011.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Deutsch.