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Document 62008CO0552

    Beschluss des Gerichtshofes (Sechste Kammer) vom 1. Oktober 2009.
    Agrar-Invest-Tatschl GmbH gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Rechtsmittel - Zollkodex- Art. 220 Abs. 2 Buchst. b - Nachträgliche Erhebung von Einfuhrabgaben - Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben - Hinweis für Einführer -Gutgläubigkeit.
    Rechtssache C-552/08 P.

    Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-09265

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:605

    Parteien
    Entscheidungsgründe
    Tenor

    Parteien

    In der Rechtssache C‑552/08 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 9. Dezember 2008,

    Agrar-Invest-Tatschl GmbH mit Sitz in St. Andrä im Lavanttal (Österreich), vertreten durch Rechtsanwalt O. Wenzlaff,

    Rechtsmittelführerin,

    andere Verfahrensbeteiligte:

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften , vertreten durch S. Schønberg als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt B. Wägenbaur, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Beklagte im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, des Richters K. Schiemann und der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),

    Generalanwalt: M. Poiares Maduro,

    Kanzler: R. Grass,

    nach Anhörung des Generalanwalts

    folgenden

    Beschluss

    Entscheidungsgründe

    1. Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Agrar-Invest-Tatschl GmbH (im Folgenden: Agrar-Invest-Tatschl) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 8. Oktober 2008, Agrar-Invest-Tatschl/Kommission (T‑51/07, Slg. 2008, II‑0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung K (2006) 5789 endg. vom 4. Dezember 2006 abgewiesen hat, mit der die Kommission der Europäischen Gemeinschaften u. a. entschieden hatte, dass der Verzicht auf die nachträgliche Erhebung und der Erlass von Einfuhrabgaben in einem besonderen Fall nicht gerechtfertigt seien (im Folgenden: streitige Entscheidung).

    Rechtlicher Rahmen

    2. Mit dem Beschluss 2001/868/EG vom 29. Oktober 2001 (ABl. L 330, S. 1) genehmigte der Rat der Europäischen Union die Unterzeichnung – im Namen der Gemeinschaft – und die vorläufige Anwendung des Interimsabkommens über Handel und Handelsfragen zwischen der Europäischen Gemeinschaft einerseits und der Republik Kroatien andererseits (im Folgenden: Interimsabkommen).

    3. Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Interimsabkommens werden die Einfuhrzölle der Gemeinschaft auf Ursprungserzeugnisse Kroatiens bei Inkrafttreten dieses Abkommens beseitigt.

    4. Art. 220 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) in seiner durch die Verordnung (EG) Nr. 2700/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2000 (ABl. L 311, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex) bestimmt:

    „… [Es] erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn

    b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.

    Wird der Präferenzstatus einer Ware im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit unter Beteiligung der Behörden eines Drittlands ermittelt, so gilt die Ausstellung einer Bescheinigung durch diese Behörden, falls sich diese Bescheinigung als unrichtig erweist, als ein Irrtum, der im Sinne des Unterabsatzes 1 vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte.

    Die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung stellt jedoch keinen Irrtum dar, wenn die Bescheinigung auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten seitens des Ausführers beruht, außer insbesondere dann, wenn offensichtlich ist, dass die ausstellenden Behörden wussten oder hätten wissen müssen, dass die Waren die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nicht erfüllten.

    Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit gebotener Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung erfüllt worden sind.

    Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit jedoch nicht geltend machen, wenn die Kommission in einer Mitteilung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften darauf hingewiesen hat, dass begründete Zweifel an der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelung durch das begünstigte Land bestehen.“

    5. Im elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2700/2000 wurde die Einführung der Unterabs. 2 bis 5 in Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex wie folgt begründet:

    „Es ist erforderlich, für den besonderen Fall der Präferenzbehandlung die Begriffe ‚Irrtum der Zollbehörden‘ und ‚Gutgläubigkeit des Abgabenschuldners‘ zu definieren. Der Abgabenschuldner sollte nicht für ein schlechtes Funktionieren des Systems infolge eines Irrtums von Drittlandbehörden verantwortlich gemacht werden. Die Ausstellung einer unrichtigen Bescheinigung durch Drittlandbehörden sollte indes nicht als Irrtum angesehen werden, wenn die Bescheinigung auf einem Antrag beruht, der unrichtige Angaben enthält. Ob es sich bei den vom Ausführer in seinem Antrag vorgelegten Angaben um unrichtige Angaben handelt, ist anhand aller in dem Antrag enthaltenen Fakten zu beurteilen. Der Abgabenschuldner kann Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, es sei denn, es wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Mitteilung veröffentlicht, dass begründete Zweifel bestehen.“

    6. Art. 239 des Zollkodex sieht vor:

    „(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle

    – werden nach dem Ausschussverfahren festgelegt;

    – ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind. Die Erstattung oder der Erlass kann von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden.

    (2) Die Erstattung oder der Erlass der Abgaben aus den in Absatz 1 genannten Gründen erfolgt auf Antrag; dieser ist … bei der zuständigen Zollstelle zu stellen.

    …“

    7. Die Kommission veröffentlichte am 26. Juni 2002 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einen Hinweis für Einführer betreffend Einfuhren von Zucker aus westlichen Balkanländern in die Gemeinschaft (ABl. C 152, S. 14, im Folgenden: Hinweis für Einführer). Dieser Hinweis lautet wie folgt:

    „Die Europäische Kommission teilt den Wirtschaftsbeteiligten der Gemeinschaft mit, dass begründete Zweifel bestehen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelungen für Zucker der KN-Positionen 1701 und 1702, dessen Ursprung bei der Einfuhr mit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, der Bundesrepublik Jugoslawien, einschließlich Kosovo gemäß der Definition in der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999, und der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien angegeben wird, um Zollpräferenzmaßnahmen in Anspruch zu nehmen.

    Seit Anfang 2001 ist eine bedeutende und rasche Zunahme der Präferenzeinfuhren von Zucker aus bestimmten westlichen Balkanländern in die Gemeinschaft zu beobachten, obwohl die betroffenen Länder noch in jüngster Vergangenheit ein Defizit in der Zuckererzeugung aufwiesen. Gleichzeitig sind die Zuckerausfuhren aus der Gemeinschaft in diese Region in ungefähr demselben Umfang gestiegen. Diese Entwicklung des Handels in beide Richtungen erscheint äußerst künstlich, und es gibt Hinweise auf einen möglichen Betrug.

    Die Wirtschaftsbeteiligten der Gemeinschaft, die Ursprungsnachweise vorlegen, um für Zucker der KN-Positionen 1701 und 1702 eine Präferenzbehandlung zu erwirken, werden davon in Kenntnis gesetzt, dass sie alle erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen und dass die Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr zur Entstehung einer Zollschuld und zu gegen die finanziellen Interessen der Gemeinschaft verstoßendem Betrug führen kann.“

    Im angefochtenen Urteil festgestellter Sachverhalt

    8. Agrar-Invest-Tatschl ist ein in Österreich ansässiges Unternehmen, das mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen handelt. Zwischen dem 20. September 2001 und dem 8. August 2002 führte es 76 Zuckerladungen aus Kroatien ein. Neun dieser Einfuhren fanden zwischen dem 1. Juli und dem 8. August 2002 statt (im Folgenden: streitige Einfuhren).

    9. Diese Einfuhren erfolgten auf der Grundlage des Interimsabkommens und erhielten daher gegen Vorlage einer von den kroatischen Zollbehörden ausgestellten Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 (im Folgenden: Bescheinigung EUR.1) bei den Zollbehörden des Einfuhrlands eine Präferenzbehandlung.

    10. Am 2. April 2002 teilte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) der Kommission mit, dass ein Verdacht auf Verwendung falscher Ursprungsnachweise für präferenzielle Zuckereinfuhren aus bestimmten Westbalkanländern bestehe.

    11. Daraufhin veröffentlichte die Kommission den Hinweis für Einführer. Die streitigen Einfuhren fanden nach der Veröffentlichung dieses Hinweises im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften statt.

    12. Auf Ersuchen der österreichischen Zollbehörden führten die kroatischen Zollbehörden zwischen dem 23. Juli 2002 und dem 16. September 2003 eine nachträgliche Prüfung der von Agrar-Invest-Tatschl bei den streitigen Einfuhren vorgelegten Bescheinigungen EUR.1 durch.

    13. Im Anschluss an diese Nachprüfungen bestätigte die kroatische Zollverwaltung am 18. Februar und am 16. September 2003 die Echtheit und Richtigkeit der für die streitigen Einfuhren ausgestellten Bescheinigungen EUR.1.

    14. Nach der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer untersuchte das OLAF in Griechenland Zucker angeblich kroatischen Ursprungs, wobei sich herausstellte, dass der untersuchte Zucker aus einer Mischung von Rohr- und Rübenzucker bestand, was einen kroatischen Ursprung eindeutig ausschloss. Am 28. Oktober 2002 unterrichtete das OLAF die Mitgliedstaaten davon.

    15. Im Juni 2003 führte das OLAF eine Untersuchung bei dem kroatischen Zuckerhersteller IPK Tvornica Šećera Osijek d.o.o. durch und stellte fest, dass dieses Unternehmen, bei dem Agrar-Invest-Tatschl Zucker gekauft hatte, bei der Produktion auch eingeführten Rohrzucker verwendete, ohne dass dabei zwischen den einzelnen Zuckermengen differenziert werden konnte.

    16. Daraufhin widerriefen die kroatischen Behörden sämtliche zwischen dem 14. September 2001 und dem 17. September 2002 ausgestellten Bescheinigungen EUR.1. Am 30. Juni 2004 setzten die österreichischen Zollbehörden die betroffenen Importeure von dem Widerruf in Kenntnis.

    17. Infolge dieses Widerrufs richteten die österreichischen Zollbehörden am 9. August 2004 einen Nacherhebungsbescheid in Höhe von 916 807,21 Euro an Agrar-Invest-Tatschl.

    18. Diese legte gegen den Bescheid Berufung vor dem zuständigen österreichischen Gericht ein und beantragte gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex, von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung des in dem Nacherhebungsbescheid angegebenen Abgabenbetrags abzusehen, hilfsweise, auf der Grundlage des Art. 239 des Zollkodex diesen Betrag zu erlassen.

    19. Mit Schreiben vom 1. Juni 2005 ersuchte die Republik Österreich die Kommission, gemäß den genannten Artikeln des Zollkodex zu entscheiden, ob es im Fall der Agrar-Invest-Tatschl gerechtfertigt sei, von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgaben abzusehen, und hilfsweise, ob der Erlass dieser Abgaben gerechtfertigt sei.

    20. Die Kommission führte in der streitigen Entscheidung aus, dass hinsichtlich der vor der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer erfolgten Einfuhren von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zölle abzusehen sei. Für die streitigen Einfuhren lehnte sie dies hingegen ab, ebenso wie einen Erlass dieser Abgaben, die insgesamt 110 937,60 Euro betrugen.

    21. Die Kommission begründete dies im Wesentlichen damit, dass die zuständigen kroatischen Behörden gewusst hätten oder zumindest hätten wissen müssen, dass die Ware die Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung nach dem Interimsabkommen nicht erfüllt habe, und dass ihnen deshalb ein Irrtum im Sinne von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex unterlaufen sei. Jedoch habe sich Agrar-Invest-Tatschl nach der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer in Bezug auf die nach dieser Veröffentlichung getätigten Einfuhren nicht mehr auf Gutgläubigkeit berufen können. Dass die kroatischen Behörden die Gültigkeit bestimmter Bescheinigungen EUR.1 nach der Veröffentlichung dieses Hinweises bestätigt hätten, sei insoweit unerheblich. Denn Agrar-Invest-Tatschl habe zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die streitigen Einfuhren getätigt habe, um die Risiken, die sie eingegangen sei, gewusst, und die Bestätigung der Gültigkeit der betreffenden Bescheinigungen habe nachträglich kein berechtigtes Vertrauen begründen können, weil Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex sonst seinen Sinn verlieren würde.

    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    22. Mit Klageschrift, die am 22. Februar 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, reichte Agrar-Invest-Tatschl eine Klage ein, mit der sie u. a. die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung begehrte, soweit ihre Anträge auf Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zölle für die streitigen Einfuhren bzw. auf Erlass dieser Zölle abgelehnt worden waren.

    23. Zur Stützung ihrer Klage machte Agrar-Invest-Tatschl u. a. geltend, die Veröffentlichung des Hinweises für Einführer bedeute nicht, dass sie nicht als gutgläubig im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex angesehen werden könne, da die Bestätigung der Echtheit der Bescheinigungen EUR. 1 durch die kroatischen Zollbehörden, die nach den streitigen Einfuhren erfolgt sei, auf ein gerade infolge dieser Veröffentlichung ergangenes Ersuchen der österreichischen Behörden erlangt worden sei.

    24. Agrar-Invest-Tatschl vertrat daher die Auffassung, dass die genannte Vorschrift des Zollkodex, selbst wenn sie ihre Gutgläubigkeit hinsichtlich der Echtheit und Richtigkeit der bei den streitigen Einfuhren vorgelegten ursprünglichen Nachweise beseitigen sollte, nicht ausschließe, dass ihre Gutgläubigkeit durch eine von den Behörden des Einfuhr- und des Ausfuhrstaats gemeinsam durchgeführte Nachprüfung „wiederhergestellt“ worden sei.

    25. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht die von Agrar-Invest-Tatschl erhobene Klage in vollem Umfang abgewiesen und ihr die Kosten auferlegt.

    26. Was die Beurteilung der Voraussetzung der Gutgläubigkeit des Einführers betrifft, die Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex für das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Zollabgaben verlangt, hat das Gericht in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, der Wortlaut des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex sei klar und eindeutig. So könne der Einführer zum einen seine Gutgläubigkeit nicht geltend machen, wenn die Kommission in einem Hinweis für Einführer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften auf das Bestehen begründeter Zweifel hingewiesen habe, und zum anderen sei es ihm nicht möglich, seine Gutgläubigkeit nachzuweisen, indem er weitere Schritte unternehme, um die Echtheit und Richtigkeit der Bescheinigungen sicherzustellen, die Voraussetzung für eine Präferenzbehandlung seien.

    27. Das Gericht hat in Randnr. 43 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der völlige Ausschluss der Gutgläubigkeit nach der Veröffentlichung eines solchen Hinweises ein sehr hohes Maß an Rechtssicherheit gewährleiste. In diesem Zusammenhang hat es allerdings in Randnr. 44 des Urteils festgestellt, dass der im vorliegenden Fall von der Kommission veröffentlichte Hinweis, in dem nicht auf Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex verwiesen worden sei, in Bezug auf seine rechtlichen Folgen nicht sehr deutlich sei.

    28. In Randnr. 45 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hervorgehoben, die Kommission habe in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie nic ht ausschließe, dass sie unter außergewöhnlichen Umständen eine differenziertere Haltung in Bezug auf die uneingeschränkte Wirkung eines Hinweises für Einführer einnehmen könnte, wenn ein Einführer nach der Veröffentlichung eines solchen Hinweises, aber vor den Einfuhren weitere Schritte unternommen habe, die zur Bestätigung des Ursprungs der Erzeugnisse geführt hätten.

    29. Das Gericht hat in Randnr. 48 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass Agrar-Invest-Tatschl nichts zu derartigen Schritten vorgetragen habe, die sie vor oder spätestens im Zeitpunkt der streitigen Einfuhren eventuell unternommen habe. In Randnr. 46 des Urteils hat es festgestellt, dass eine solche etwaige Ausnahme jedenfalls nicht geprüft zu werden brauche, da Agrar-Invest-Tatschl im vorliegenden Fall nicht gutgläubig gehandelt habe.

    30. Indem Agrar-Invest-Tatschl geltend gemacht habe, die Bestätigung durch die kroatischen Zollbehörden habe ihre Gutgläubigkeit „wiederhergestellt“, habe sie nämlich implizit eingeräumt, im Zeitpunkt der streitigen Einfuhren nicht gutgläubig gewesen zu sein. Der für die Berücksichtigung der Gutgläubigkeit des Abgabenschuldners maßgebliche Zeitpunkt sei der Zeitpunkt der Einfuhr der Waren; außerdem sehe Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex in keiner Weise vor, dass Nachprüfungen, die die Echtheit von Bescheinigungen bestätigten, auf die Beurteilung der Gutgläubigkeit des Einführers im Zeitpunkt, in dem er die Einfuhren getätigt habe, zurückwirken könnten.

    31. Hinsichtlich der Argumente von Agrar-Invest-Tatschl gegen die streitige Entscheidung, soweit ihr der Erlass der Zollabgaben im Sinne des Art. 239 des Zollkodex verwehrt wird, hat das Gericht in Randnr. 56 des angefochtenen Urteils entschieden, dass Agrar-Invest-Tatschl sich in ihren Schriftsätzen nicht darauf beschränken könne, auf ihre Ausführungen in dem Teil ihrer Klage zu verweisen, der die Weigerung betreffe, von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zollabgaben abzusehen.

    32. In Randnr. 58 des angefochtenen Urteils hat das Gericht u. a. darauf hingewiesen, dass Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex zwar tatsächlich dasselbe Ziel verfolge wie Art. 239, jedoch nicht mit diesem übereinstimme. Die Zielsetzung der erstgenannten Vorschrift sei nämlich insoweit enger als die der letztgenannten, als sie lediglich das berechtigte Vertrauen des Abgabenpflichtigen in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte schützen solle, die in die Entscheidung über die nachträgliche buchmäßige Erfassung der Zölle eingingen. Art. 239 des Zollkodex stelle hingegen eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel dar.

    33. Aufgrund der Erwägung, dass es sich bei Art. 220 Abs. 2 Buchst. b und Art. 239 des Zollkodex um zwei verschiedene Vorschriften handele, deren Tatbestandsmerkmale unterschiedlich seien, ist das Gericht in Randnr. 59 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass Agrar-Invest-Tatschl sich nach Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung nicht darauf habe beschränken können, auf die Ausführungen zu Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex zu verweisen, um ihre Anträge in Bezug auf Art. 239 des Zollkodex zu begründen.

    34. Daher hat das Gericht in Randnr. 60 des angefochtenen Urteils entschieden, dass der Antrag auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, soweit ein Erlass der Zölle gemäß Art. 239 des Zollkodex abgelehnt worden sei, als unzulässig abzuweisen sei. Infolgedessen hat es die Klage in Randnr. 61 des Urteils insgesamt abgewiesen.

    Zum Rechtsmittel

    35. Agrar-Invest-Tatschl beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, ihren im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben und der Kommission die Kosten aufzuerlegen. Die Kommission beantragt hingegen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

    36. Gemäß Art. 119 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof ein Rechtsmittel, das offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, zurückweisen.

    Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    37. Agrar-Invest-Tatschl stützt ihr Rechtsmittel hauptsächlich darauf, dass das Gericht bei der Auslegung des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex einen Rechtsfehler begangen habe, als es entschieden habe, dass die Veröffentlichung eines Hinweises für Einführer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zur Folge habe, dass sich ein Wirtschaftsbeteiligter im Hinblick auf das Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der geschuldeten Zölle nicht auf Gutgläubigkeit berufen könne, und zwar selbst dann nicht, wenn die bei den streitigen Einfuhren vorgelegten Ursprungsnachweise Gegenstand einer von den Zollbehörden des Ausfuhrdrittstaats auf Ersuchen der Zollbehörden des Einfuhrmitgliedstaats durchgeführten Nachprüfung gewesen seien, durch die ihre Echtheit bestätigt werde.

    38. Es bestehe kein Zweifel, dass sich ein sorgloser Einführer, der jegliche Schritte unterlasse, um sich der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelung zu vergewissern, nicht auf Gutgläubigkeit berufen könne. Anders verhalte es sich jedoch, wenn, wie im vorliegenden Fall, die Zollbehörden des Einfuhrmitgliedstaats die Zollbehörden des Ausfuhrdrittstaats nach der Veröffentlichung der Hinweise für Einführer ersuchten, eine Nachprüfung der Echtheit und Richtigkeit der Ursprungsnachweise vorzunehmen. Bestätigten die Zollbehörden des Ausfuhrdrittstaats auf solche Nachprüfungen hin die Echtheit, werde der Schutz des berechtigten Vertrauens des Einführers nämlich insoweit wiederhergestellt, als er berechtigterweise davon ausgehen dürfe, dass das Ergebnis dieser Nachprüfungen die Zweifel und Verdachtsmomente ausgeräumt habe, die die Veröffentlichung des Hinweises für Einführer notwendig gemacht hätten.

    39. Agrar-Invest-Tatschl meint daher, unter Umständen wie denen des vorliegenden Falls diene Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex dem Schutz des guten Glaubens des Einführers hinsichtlich der Nachprüfung der Ursprungsnachweise und nicht dem Schutz seines guten Glaubens bezüglich ihrer Richtigkeit in dem Zeitpunkt, in dem die streitigen Einfuhren erfolgten, d. h. im Zeitpunkt der Vorlage der geforderten Dokumente beim Zoll. Daher bewirke die Veröffentlichung des Hinweises für Einführer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften , dass gegen die Wirtschaftsbeteiligten eine Vermutung der Bösgläubigkeit spreche, die jedoch durch den Nachweis widerlegt werden könne, dass Maßnahmen zur nachträglichen Überprüfung der Einfuhren wie z. B. Nachprüfungen der Zollbehörden des Ausfuhrdrittstaats durchgeführt worden seien.

    40. Darüber hinaus habe das Gericht mit der Feststellung, dass für die Beurteilung der Gutgläubigkeit eines Einführers im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex der Zeitraum vor den oder während der streitigen Einfuhren maßgeblich sei, zu Unrecht den Umfang der Bemühungen außer Acht gelassen, die Agrar-Invest-Tatschl nach der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer unternommen habe, um sich zu vergewissern, dass ihre Einfuhren den Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung entsprächen. Die kroatischen Zollbehörden hätten die Bescheinigungen EUR.1, nachdem sie ihre Echtheit bestätigt hätten, später wegen des Verdachts widerrufen, dass der eingeführte Zucker Rohrzucker aus Lateinamerika gewesen sei. Agrar-Invest-Tatschl weist jedoch darauf hin, dass es sich bei den streitigen Einfuhren um Rübenzucker gehandelt habe.

    41. Schließlich scheint Agrar-Invest-Tatschl dem Gericht vorzuwerfen, im angefochtenen Urteil nicht ausreichend berücksichtigt zu haben, dass der Hinweis für Einführer nicht auf die Einfuhren habe zurückwirken können, die vor seiner Veröffentlichung getätigt worden seien.

    42. Die Kommission beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Sie weist darauf hin, dass Agrar-Invest-Tatschl das angefochtene Urteil nur unter dem Gesichtspunkt der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgaben beanstande und somit das übrige Vorbringen aus dem ersten Rechtszug, insbesondere bezüglich der Ablehnung des Erlasses der Einfuhrabgaben im Sinne des Art. 239 des Zollkodex, nicht weiterverfolge.

    43. Die Kommission ist der Ansicht, Agrar-Invest-Tatschl versuche mit ihrer Argumentation, den unmissverständlichen Wortlaut des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex zu umgehen, indem sie sich auf ihre Gutgläubigkeit im Hinblick auf die nach den streitigen Einfuhren von den kroatischen Zollbehörden durchgeführten Überprüfungen berufe. Die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers sei aber hinreichend klar, da er entschieden habe, dass sich ein Wirtschaftsbeteiligter nach der Veröffentlichung eines Hinweises für Einführer nicht mehr auf seine Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der von diesem Hinweis betroffenen Einfuhren berufen könne. Im Übrigen räume Agrar-Invest-Tatschl mit ihrem Vorbringen, die Bestätigung der Echtheit der Bescheinigungen durch die genannten Behörden habe ihr berechtigtes Vertrauen im Zeitpunkt der streitigen Einfuhren rückwirkend „wiederhergestellt“, implizit ein, dass dieser Zeitpunkt für die Beurteilung der Gutgläubigkeit im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex maßgebend sei.

    44. Außerdem zielten einige der von Agrar-Invest-Tatschl vorgebrachten Argumente darauf ab, die Sachverhaltsfeststellungen des Gerichts in Frage zu stellen, und seien daher unzulässig.

    45. Was schließlich die von Agrar-Invest-Tatschl in Gang gesetzte Diskussion über die Rückwirkung des Hinweises für Einführer auf die vor seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vorgenommenen Einfuhren betrifft, weist die Kommission darauf hin, dass diese Frage vor dem Gericht nicht behandelt worden sei; im vorliegenden Fall sei gerade in Bezug auf die vor dieser Veröffentlichung erfolgten Einfuhren von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zollabgaben abgesehen worden, während ein Absehen von dieser Erfassung nur in Bezug auf die streitigen Einfuhren, die nach dem Hinweis erfolgt seien, abgelehnt worden sei. Daher gehe es in der vorliegenden Rechtssache keinesfalls um eine Rückwirkung einer solchen Veröffentlichung auf zuvor erfolgte Einfuhren, so dass Zweifel an der Zulässigkeit einer derartigen Argumentation im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels angebracht seien.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    46. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsmittel, wie sich aus Art. 225 EG und Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs ergibt, auf Rechtsfragen beschränkt ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist deshalb allein das Gericht für die Tatsachenfeststellung, sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind, und für die Würdigung der Tatsachen zuständig. Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweismittel nicht verfälscht werden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (Urteil vom 3. März 2005, Biegi Nahrungsmittel und Commonfood/Kommission, C‑499/03 P, Slg. 2005, I‑1751, Randnr. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    47. Folglich ist das Vorbringen von Agrar-Invest-Tatschl zum Nachweis, dass sie, anders als das Gericht in Randnr. 12 des angefochtenen Urteils festgestellt und in dessen Randnrn. 56 und 57 nach Zurückweisung der Beweisangebote des Unternehmens entschieden hat, nur Rübenzucker und keinen Rohrohrzucker eingeführt habe, als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

    48. Hinsichtlich der rechtlichen Folgen der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Bezug auf die Einfuhren, die vor dieser Veröffentlichung erfolgten, ist festzustellen, dass diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Gericht war, dass dieses sich hierzu nicht geäußert hat und dass die Kommission den Antrag auf Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zollabgaben in der streitigen Entscheidung im Übrigen nur für die streitigen Einfuhren, d. h. für diejenigen, die nach der Veröffentlichung erfolgt sind, aufgrund dieser Veröffentlichung abgelehnt hat.

    49. Nach Art. 113 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand jedoch nicht verändern. Die Befugnisse des Gerichtshofs sind im Rahmen des Rechtsmittels nämlich auf die Beurteilung der rechtlichen Entscheidung über das im ersten Rechtszug erörterte Vorbringen beschränkt (vgl. Beschluss vom 13. Februar 2008, Indorata-Serviços e Gestão/HABM, C‑212/07 P, Randnr. 49, und Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Département du Loiret, C‑295/07 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnrn. 94 und 95).

    50. Daher muss die Argumentation von Agrar-Invest-Tatschl, mit der dem Gericht offenbar vorgeworfen wird, nicht ausreichend berücksichtigt zu haben, dass die Veröffentlichung des Hinweises für Einführer im Amtsblatt nicht auf die Einfuhren vor dieser Veröffentlichung zurückwirken könne, ebenfalls als offensichtlich unzulässig zurückgewiesen werden.

    51. Was schließlich die von Agrar-Invest-Tatschl geltend gemachten Rechtsfehler bei der Beurteilung ihrer Gutgläubigkeit im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex angeht, ist daran zu erinnern, dass nach Unterabs. 1 dieser Vorschrift keine nachträgliche buchmäßige Erfassung erfolgt, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.

    52. Die in den Art. 220 und 239 des Zollkodex vorgesehenen Verfahren verfolgen das gleiche Ziel, nämlich die Nachzahlung von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben auf Fälle zu beschränken, in denen eine solche Zahlung gerechtfertigt und mit einem so wesentlichen Grundsatz wie dem des Vertrauensschutzes vereinbar ist (vgl. Urteile vom 1. April 1993, Hewlett Packard France, C‑250/91, Slg. 1993, I‑1819, Randnr. 46, und vom 20. November 2008, Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading, C‑375/07, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 57).

    53. Die Erstattung oder der Erlass von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, die nur unter bestimmten Voraussetzungen und in den eigens dafür vorgesehenen Fällen gewährt werden können, stellen eine Ausnahme vom gewöhnlichen Einfuhr- und Ausfuhrsystem dar, so dass die Vorschriften, die eine solche Erstattung oder einen solchen Erlass vorsehen, eng auszulegen sind. Da die „Gutgläubigkeit“ unabdingbare Voraussetzung der Erstattung oder des Erlasses von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben ist, muss dieser Begriff folglich so ausgelegt werden, dass die Anzahl der Fälle, in denen die Abgaben erstattet oder erlassen werden, begrenzt bleibt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. November 1999, Söhl & Söhlke, C‑48/98, Slg. 1999, I‑7877, Randnr. 52, und vom 20. November 2008, Heuschen & Schrouff Oriëntal Foods Trading/Kommission, C‑38/07 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 60).

    54. Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall einen Hinweis für Einführer im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht hat.

    55. Zwar kann der Abgabenschuldner gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 4 des Zollkodex Gutgläubigkeit geltend machen, wenn er darlegen kann, dass er sich während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts mit gebotener Sorgfalt vergewissert hat, dass alle Voraussetzungen für eine Präferenzbehandlung erfüllt worden sind.

    56. Aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 5 des Zollkodex geht jedoch, wie das Gericht in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt hat, ausdrücklich hervor, dass der Abgabenschuldner Gutgläubigkeit nicht geltend machen kann, wenn die Kommission in einem Hinweis für Einführer im Amtsblatt auf das Bestehen begründeter Zweifel hinsichtlich der ordnungsgemäßen Anwendung der Präferenzregelungen durch den begünstigten Drittstaat hingewiesen hat.

    57. Diese Auslegung findet darüber hinaus eine Stütze im elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2700/2000, durch die u. a. der Unterabs. 5 des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex eingeführt wurde. Aus diesem Erwägungsgrund geht nämlich hervor, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit dem Ziel, den Begriff „Gutgläubigkeit“ für den besonderen Fall der Präferenzbehandlung zu definieren, dem Abgabenschuldner die Möglichkeit einräumen wollte, Gutgläubigkeit geltend zu machen, wenn er darlegen kann, dass er mit der gebotenen Sorgfalt gehandelt hat, „es sei denn, es wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Mitteilung veröffentlicht, dass begründete Zweifel bestehen“.

    58. Somit hat das Gericht in Randnr. 42 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass der Abgabenschuldner Gutgläubigkeit nicht geltend machen kann, wenn die Kommission einen Hinweis für Einführer im Amtsblatt veröffentlicht hat, so dass die Argumentation von Agrar-Invest-Tatschl hierzu als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden muss.

    59. Aus den gleichen Gründen kann auch ihre Argumentation keinen Erfolg haben, nach der die Bestätigung der Echtheit der Bescheinigungen EUR.1 durch die kroatischen Zollbehörden, die diese Bescheinigungen später zurückgenommen haben, ihre Gutgläubigkeit im Zeitpunkt der streitigen Einfuhren rückwirkend „wiederhergestellt“ habe.

    60. Zu den Einwänden von Agrar-Invest-Tatschl gegen die vom Gericht in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils vorgenommene Auslegung, nach der die Gutgläubigkeit des Wirtschaftsbeteiligten im Rahmen des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex im Hinblick auf den Zeitraum vor oder während der Einfuhren beurteilt werden muss, ist festzustellen, dass aus Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 4 des Zollkodex ausdrücklich hervorgeht, dass sich die Darlegung der Gutgläubigkeit des Wirtschaftsbeteiligten, sofern sie zulässig ist, auf dessen Verhalten „während der Zeit des betreffenden Handelsgeschäfts“ bezieht.

    61. Folglich bleibt dem Gerichtshof nur festzustellen, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat, als es in Randnr. 47 des angefochtenen Urteils entschieden hat, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Berücksichtigung der Gutgläubigkeit des Abgabenschuldners der Zeitpunkt der Einfuhren ist.

    62. Daher ist auch die Argumentation von Agrar-Invest-Tatschl zu diesem Punkt als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    63. Was schließlich ihr Vorbringen betrifft, dass sich auf die von der Kommission in der Sitzung vor dem Gericht eingeräumte Möglichkeit bezieht, dass weitere Schritte, die der Einführer nach der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer, aber vor oder während der streitigen Einfuhren unternehme, die Kommission unter außergewöhnlichen Umständen dazu veranlassen könnten, die Gutgläubigkeit des Einführers anzuerkennen, ist festzustellen, dass das Gericht in Randnr. 46 des angefochtenen Urteils ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es sich nicht zu dieser Frage äußern werde, da die Rechtsmittelführerin im vorliegenden Fall jedenfalls nicht gutgläubig gehandelt habe.

    64. Da sich das Gericht zu dieser Frage nicht geäußert hat, ist die Argumentation von Agrar-Invest-Tatschl zu diesem Punkt den Ausführungen in Randnr. 49 des vorliegenden Beschlusses entsprechend als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

    65. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass Agrar-Invest-Tatschl, wie sich aus Randnr. 48 des angefochtenen Urteils ergibt, vor dem Gericht jedenfalls in keiner Weise dargelegt hat, dass sie zum Zeitpunkt der streitigen Einfuhren infolge der Veröffentlichung des Hinweises für Einführer solche weiteren Schritte unternommen hätte. Tatsächlich handelt es sich bei den angeblichen weiteren Schritten, auf die sie sich in ihrem Rechtsmittel beruft, um diejenigen der zuständigen Behörden des Einfuhrmitgliedstaats und des Ausfuhrdrittstaats, die zudem nach den streitigen Einfuhren erfolgten.

    66. Nach alledem ist das Rechtsmittel als teilweise offensichtlich unzulässig und teilweise offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

    Kosten

    67. Gemäß Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung von Agrar-Invest-Tatschl beantragt hat und diese mit ihren Rechtsmittelgründen unterlegen ist, ist Agrar-Invest-Tatschl zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

    Tenor

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) beschlossen:

    1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

    2. Die Agrar-Invest-Tatschl GmbH trägt die Kosten.

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