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Document 62007CJ0101
Judgment of the Court (Third Chamber) of 18 December 2008.#Coop de France bétail et viande (C-101/07 P) and Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA) and Others (C-110/07 P) v Commission of the European Communities.#Appeals - Competition - Market in beef and veal - Agreement between national federations of farmers and slaughterers with the object of suspending imports of beef and veal and fixing a minimum purchase price - Fines - Regulation No 17 - Article 15(2) - Taking into account of the turnover of undertakings which are members of the federations.#Joined cases C-101/07 P and C-110/07 P.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 18. Dezember 2008.
Coop de France bétail et viande (C-101/07 P) und Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA) und andere (C-110/07 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Rindfleischmarkt - Vereinbarung zwischen nationalen Verbänden von Züchtern und Schlachthofbetreibern über die Aussetzung der Einfuhren von Rindfleisch und die Festsetzung eines Mindestankaufspreises - Geldbußen - Verordnung Nr. 17 - Art. 15 Abs. 2 - Berücksichtigung der Umsätze der Mitgliedsunternehmen eines Verbandes.
Verbundene Rechtssachen C-101/07 P und C-110/07 P.
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 18. Dezember 2008.
Coop de France bétail et viande (C-101/07 P) und Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA) und andere (C-110/07 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Rindfleischmarkt - Vereinbarung zwischen nationalen Verbänden von Züchtern und Schlachthofbetreibern über die Aussetzung der Einfuhren von Rindfleisch und die Festsetzung eines Mindestankaufspreises - Geldbußen - Verordnung Nr. 17 - Art. 15 Abs. 2 - Berücksichtigung der Umsätze der Mitgliedsunternehmen eines Verbandes.
Verbundene Rechtssachen C-101/07 P und C-110/07 P.
Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-10193
ECLI identifier: ECLI:EU:C:2008:741
Verbundene Rechtssachen C‑101/07 P und C‑110/07 P
Coop de France bétail et viande, vormals Fédération nationale de la coopération bétail et viande (FNCBV) u. a.
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
„Rechtsmittel – Wettbewerb – Rindfleischmarkt – Vereinbarung zwischen nationalen Verbänden von Züchtern und Schlachthofbetreibern über die Aussetzung der Einfuhren von Rindfleisch und die Festsetzung eines Mindestankaufspreises – Geldbußen – Verordnung Nr. 17 – Art. 15 Abs. 2 – Berücksichtigung der Umsätze der Mitgliedsunternehmen von Verbänden“
Leitsätze des Urteils
1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Mitteilung der Beschwerdepunkte – Notwendiger Inhalt – Wahrung der Verteidigungsrechte
(Verordnung Nr. 17 des Rates; Verordnung Nr. 99/63 der Kommission, Art. 4)
2. Rechtsmittel – Gründe – Unzureichende Begründung – Rückgriff des Gerichts auf eine implizite Begründung – Zulässigkeit
(Art. 225 EG; Satzung des Gerichtshofs, Art. 51; Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, Art. 64)
3. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Berücksichtigter Umsatz – Umsatz sämtlicher Mitgliedsunternehmen einer Unternehmensvereinigung – Zulässigkeit
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2)
4. Wettbewerb – Geldbußen – Entscheidung, mit der Geldbußen sowohl gegen eine Vereinigung von Berufsverbänden als auch gegen ihre Mitglieder verhängt werden – Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
(Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2)
1. Die Kommission erfüllt ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sei. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen.
Jedoch wären Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte, solange den Unternehmen keine Gelegenheit gegeben wurde, zu den gegen sie in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen, eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der Entscheidung der Kommission.
(vgl. Randnrn. 47, 49)
2. Das Gericht muss, um seine Aufgabe, den Sachverhalt des Rechtsstreits zu würdigen, korrekt zu erfüllen, alle Dokumente sorgfältig prüfen und berücksichtigen, die ihm von den Parteien vorgelegt werden, einschließlich derjenigen, die im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme im Sinne von Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts nach der mündlichen Verhandlung zu den Prozessakten genommen wurden.
Die Begründungspflicht verlangt jedoch nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt, so dass die Begründung auch implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die getroffenen Maßnahmen zu erkennen, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.
(vgl. Randnrn. 74-75)
3. Wenn die Mitglieder einer Unternehmensvereinigung aktiv an der Umsetzung einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung mitgewirkt haben, können ihre Umsätze für die Festsetzung einer Sanktion auch dann berücksichtigt werden, wenn die betreffende Vereinigung nicht über die Möglichkeit verfügt, ihre Mitglieder zu verpflichten. Eine solche Berücksichtigung ist in den Fällen gerechtfertigt, in denen die von der Vereinigung begangene Zuwiderhandlung in Handlungen ihrer Mitglieder besteht und die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, um die es geht, von der Vereinigung selbst zugunsten ihrer Mitglieder und in Zusammenarbeit mit ihnen an den Tag gelegt werden, da die Vereinigung keine objektiven, von den Interessen ihrer Mitglieder unabhängigen Interessen hat.
Jede andere Auslegung stünde im Widerspruch zu der Notwendigkeit, die abschreckende Wirkung der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft sicherzustellen. Andernfalls könnte nämlich die Berechtigung der Kommission, Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die auf die Personen abgestimmt ist, die für die Zuwiderhandlungen verantwortlich sind, leerlaufen, weil Unternehmensvereinigungen mit einem sehr niedrigen Umsatz, aber mit einer großen Zahl von Mitgliedern, die zusammen einen bedeutenden Umsatz erzielen, die sie aber nicht förmlich verpflichten können, nur mit sehr geringen Geldbußen belegt werden könnten, selbst wenn die von ihnen begangenen Zuwiderhandlungen einen spürbaren Einfluss auf die betreffenden Märkte ausgeübt haben könnten.
(vgl. Randnrn. 97-98)
4. Eine Entscheidung, mit der die Kommission sowohl gegen eine Vereinigung von Berufsverbänden als auch gegen ihre Mitglieder wegen der Beteiligung und nach Maßgabe des individuellen Grades der Beteiligung jedes Einzelnen von ihnen an einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln Geldbußen verhängt, verstößt nicht gegen den Grundsatz ne bis in idem. Der Umstand, dass diese Verbände Mitglieder der Vereinigung sind, bedeutet nicht, dass sie mehrmals für dieselbe Zuwiderhandlung mit Sanktionen belegt wurden, denn, da sie eigenständige juristische Personen sind, getrennte Budgets und Ziele haben, die nicht immer übereinstimmen, und ihre jeweiligen Aktionen zur Verteidigung ihrer eigenen besonderen Interessen durchführen, fehlt es an der Identität der Zuwiderhandelnden, die für die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem erforderlich ist.
Diese Entscheidung verstößt auch dann nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Kommission den Umsatz der Mitglieder jeder einzelnen Vereinigung für die Ermittlung der Obergrenze von 10 % des Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 berücksichtigt hat. Die unmittelbaren und mittelbaren Mitglieder der mit Sanktionen belegten Vereinigungen wurden dadurch nicht zweimal für dieselbe Zuwiderhandlung mit Geldbußen belegt, denn die Berücksichtigung dieses Umsatzes bedeutet nicht, dass den Mitgliedern der Vereinigung eine Geldbuße auferlegt wurde, noch auch nur, dass die fragliche Vereinigung verpflichtet ist, die finanzielle Last auf ihre Mitglieder abzuwälzen.
(vgl. Randnrn. 127-130)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
18. Dezember 2008(*)
„Rechtsmittel – Wettbewerb – Rindfleischmarkt – Vereinbarung zwischen nationalen Verbänden von Züchtern und Schlachthofbetreibern über die Aussetzung der Einfuhren von Rindfleisch und die Festsetzung eines Mindestankaufspreises – Geldbußen – Verordnung Nr. 17 – Art. 15 Abs. 2 – Berücksichtigung der Umsätze der Mitgliedsunternehmen eines Verbandes“
In den verbundenen Rechtssachen C‑101/07 P und C‑110/07 P
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 20. und 19. Februar 2007,
Coop de France bétail et viande, vormals Fédération nationale de la coopération bétail et viande (FNCBV), mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: M. Ponsard, avocat, Zustellungsanschrift in Luxemburg (C‑101/07 P),
Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA) mit Sitz in Paris,
Fédération nationale bovine (FNB) mit Sitz in Paris,
Fédération nationale des producteurs de lait (FNPL) mit Sitz in Paris,
Jeunes agriculteurs (JA) mit Sitz in Paris,
Prozessbevollmächtigte: V. Ledoux und B. Neouze, avocats (C‑110/07 P),
Rechtsmittelführer,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Bouquet und X. Lewis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und S. Ramet als Bevollmächtigte,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Ó Caoimh, J. N. Cunha Rodrigues, J. Klučka und U. Lõhmus (Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. April 2008,
aufgrund des Beschlusses vom 2. Oktober 2008 zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Oktober 2008
folgendes
Urteil
1 Mit ihren Rechtsmitteln beantragen die Coop de France bétail et viande (Verband der Viehzüchter und Fleischerzeuger), vormals Fédération nationale de coopération bétail et viande (im Folgenden: FNCBV) (C‑101/07 P), sowie die Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (Nationaler Verband der landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe, im Folgenden: FNSEA), die Fédération nationale bovine (Nationaler Verband der Rinderzüchter, im Folgenden: FNB), die Fédération nationale des producteurs de lait (Nationaler Verband der Milchproduzenten, im Folgenden: FNPL) und die Jeunes agriculteurs (Jungbauern, im Folgenden: JA) (C‑110/07 P) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission (T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die gegen die Rechtsmittelführer von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit Entscheidung 2003/600/EG vom 2. April 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/C.38.279/F3 – Viandes bovines françaises) (ABl. L 209, S. 12, im Folgenden: streitige Entscheidung) festgesetzte Geldbuße herabgesetzt und die Klagen auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung im Wesentlichen abgewiesen hat.
Rechtlicher Rahmen
2 Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) bestimmt:
„Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig
a) gegen Artikel [81] Absatz (1) [EG] oder Artikel [82 EG] verstoßen;
b) einer nach Artikel 8 Absatz (1) erteilten Auflage zuwiderhandeln.
Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.“
3 In Nr. 5 Buchst. c der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden“ (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien) heißt es:
„Bei Vorgängen, an denen Unternehmensvereinigungen beteiligt sind, sollten so weit wie möglich die Entscheidungen an die Mitgliederunternehmen der Vereinigungen gerichtet und die Geldbußen gegen die beteiligten Unternehmen einzeln festgesetzt werden.
Sollte diese Vorgehensweise nicht möglich sein (z. B. bei mehreren Tausend Mitgliedsunternehmen) und mit Ausnahme von Verfahren gemäß EGKS-Vertrag, ist gegenüber der Vereinigung eine Gesamtgeldbuße festzusetzen, die nach den vorgenannten Grundsätzen ermittelt wurde und dem Gesamtbetrag der Einzelgeldbußen entspricht, die gegenüber jedem einzelnen Mitgliedsunternehmen hätten festgesetzt werden müssen.“
4 Art. 1 der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962 zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (ABl. 1962, Nr. 30, S. 993) sieht vor, dass die Art. 81 EG bis 86 EG sowie die zu ihrer Anwendung ergangenen Bestimmungen mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung vorbehaltlich ihres Art. 2 auf alle in den Art. 81 Abs. 1 EG und 82 EG genannten Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen bezüglich der Produktion der in Anhang I des EG-Vertrags aufgeführten Erzeugnisse, darunter lebende Tiere, Fleisch und genießbarer Schlachtabfall, und den Handel mit diesen Anwendung finden.
5 Art. 2 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:
„Artikel [81] Absatz (1) [EG] gilt nicht für die in Artikel 1 genannten Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen, die wesentlicher Bestandteil einer einzelstaatlichen Marktordnung sind oder zur Verwirklichung der Ziele des Artikels [33 EG] notwendig sind. Er gilt insbesondere nicht für Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen von landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben, Vereinigungen von landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben oder Vereinigungen von solchen Erzeugervereinigungen aus einem Mitgliedstaat, soweit sie ohne Preisbindung die Erzeugung oder den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder die Benutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen für die Lagerung, Be- oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse betreffen, es sei denn, die Kommission stellt fest, dass dadurch der Wettbewerb ausgeschlossen wird oder die Ziele des Artikels [33 EG] gefährdet werden.“
Sachverhalt
6 Der den Klagen vor dem Gericht zugrunde liegende Sachverhalt, wie er von diesem im angefochtenen Urteil wiedergegeben wurde, lässt sich für die Zwecke dieses Urteils wie folgt zusammenfassen.
7 Der FNCBV, der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑101/07 P, gehören 300 Erzeugergenossenschaften von Rinder‑, Schweine‑ und Schafzuchtbetrieben sowie etwa 30 Schlacht‑ bzw. Fleischverarbeitungsbetriebe in Frankreich an.
8 Die Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑110/07 P, die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA, sind Berufsverbände französischen Rechts. Die FNSEA ist der größte französische Bauernverband. Auf der untersten Stufe besteht sie aus Ortsverbänden, die in Fédérations bzw. Unions départementales des syndicats d’exploitants agricoles (Zusammenschlüssen von Bauernverbänden auf Departementsebene, im Folgenden: FDSEA) organisiert sind. Der FNSEA gehören außerdem 33 Fachverbände an, die die spezifischen Interessen eines bestimmten Produktionszweigs vertreten, darunter die FNB und die FNPL. Die JA vertreten Landwirte unter 35 Jahren. Die Mitgliedschaft in der örtlichen Vereinigung der JA setzt die Mitgliedschaft im Ortsverband einer FDSEA voraus.
9 Nachdem ab Oktober 2000 in mehreren Mitgliedstaaten neue Fälle von spongiformer Rinderenzephalopathie (BSE, sogenannter „Rinderwahnsinn“) sowie von Maul- und Klauenseuche in britischen Schafherden festgestellt worden waren, ergriffen die Gemeinschaftsorgane eine Reihe von Maßnahmen, um auf den Vertrauensverlust seitens der Verbraucher zu reagieren, der zu einem Rückgang des Fleischkonsums geführt hatte.
10 So erweiterten sie den Anwendungsbereich der Interventionsmechanismen, die dazu dienen, bestimmte Mengen von Rindfleisch vom Markt zu nehmen, um das Angebot der Nachfrage anzupassen, und erließen eine Regelung über den Kauf lebender Tiere sowie eine Regelung über den Ankauf von Schlachtkörpern oder Schlachtkörperhälften im Rahmen von Ausschreibungen („Sonderankaufsregelung“). Außerdem ermächtigte die Kommission mehrere Mitgliedstaaten, darunter die Französische Republik, dem Rindfleischsektor Beihilfen zu gewähren.
11 Im September und Oktober 2001 waren die Beziehungen zwischen den Züchtern und Schlachthofbetreibern in Frankreich besonders gespannt, und die genannten Maßnahmen wurden von den französischen Landwirten für unzureichend gehalten. Gruppen von Züchtern hielten rechtswidrig Lastwagen an, um den Ursprung der Fleischladungen zu überprüfen, und blockierten Schlachthöfe. Bisweilen kam es bei diesen Aktionen zur Zerstörung von Material und Fleisch. Als Voraussetzung für eine Aufhebung der Blockaden der Schlachthöfe forderten die demonstrierenden Landwirte die Schlachthofbetreiber auf, sich zu einer Aussetzung der Einfuhren und zur Anwendung von Mindestpreisen zu verpflichten, die von den Berufsverbänden festgesetzt wurden (Mindestpreisschema).
12 Im Oktober 2001 fanden mehrere Sitzungen der Verbände der Rinderzüchter (FNSEA, FNB, FNPL und JA) und der Verbände der Schlachthofbetreiber (der Fédération nationale de l’industrie et des commerces en gros des viandes – Nationaler Verband der Fleischindustrie und des Fleischgroßhandels, im Folgenden: FNICGV) und der FNCBV statt. Das Treffen vom 24. Oktober 2001, das auf Vorschlag des französischen Landwirtschaftsministers abgehalten wurde, endete mit dem Abschluss einer Vereinbarung zwischen diesen sechs Verbänden, der „Vereinbarung zwischen dem Verband der Züchter und dem Verband der Schlachthofbetreiber über die Mindestpreise – schlachtreife Kühe frei Schlachtstätte“ (im Folgenden: Vereinbarung vom 24. Oktober 2001). Die Kommission richtete am 30. Oktober 2001 an die französischen Behörden ein Schreiben, in dem sie um Informationen über diese Vereinbarung bat.
13 Die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 enthielt zwei Teilaspekte. Der erste betraf eine vorübergehende Verpflichtung zur Aussetzung der Einfuhren, in der nicht nach Rindfleischarten unterschieden wurde. Der zweite betraf eine Verpflichtung zur Anwendung der Mindestankaufspreise frei Schlachtstätte beim Kauf von Schlachtkühen (d. h. von Kühen, die entweder zur Reproduktion oder zur Milchproduktion bestimmt waren) gemäß den in der Vereinbarung festgesetzten Modalitäten. So enthielt diese eine Liste mit Kilogrammpreisen für die Schlachtkörper bestimmter Kategorien von Kühen, und für die anderen Kategorien den zugrunde zu legenden Berechnungsmodus in Abhängigkeit von dem von den Gemeinschaftsbehörden festgesetzten Sonderankaufspreis. Die Vereinbarung sollte am 29. Oktober 2001 in Kraft treten und bis Ende November 2001 gelten.
14 Am 9. November 2001 beantworteten die französischen Behörden das Auskunftsersuchen der Kommission vom 30. Oktober 2001.
15 Ebenfalls am 9. November 2001 richtete die Kommission an die FNSEA, die FNB, die FNPL, die JA und die FNICGV ein Auskunftsverlangen gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17. Da der Kommission zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war, dass auch die FNCBV die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 unterzeichnet hatte, erging an diese kein entsprechendes Schreiben. Die fünf angeschriebenen Verbände beantworteten das Auskunftsverlangen am 15. bzw. 23. November 2001.
16 Der Präsident der FNICGV teilte dem Präsidenten der FNSEA am 19. November 2001 mit, er sehe sich gezwungen, das ursprünglich auf den 30. November 2001 festgesetzte Auslaufen der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 auf diesen Tag vorzuziehen.
17 Am 26. November 2001 richtete die Kommission ein Warnschreiben an die sechs Unterzeichnerverbände der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001, wies sie darauf hin, dass die ihr bekannt gewordenen Tatsachen einen Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln nahelegten, und forderte sie auf, sich hierzu bis spätestens 30. November 2001 zu äußern und Vorschläge zu machen. In diesem Schreiben heißt es: „Für den Fall, dass binnen dieser Frist keine zufriedenstellenden Vorschläge gemacht werden, ist beabsichtigt, ein Verfahren zur Feststellung dieser Verstöße einzuleiten und für den Fall der Verlängerung der Vereinbarung [vom 24. Oktober 2001] deren Abstellung anzuordnen; dieses Verfahren kann gegebenenfalls zur Verhängung von Geldbußen führen.“ Die Verbände antworteten der Kommission, dass die Vereinbarung am 30. November 2001 ablaufe und nicht verlängert werde.
18 Am 17. Dezember 2001 nahm die Kommission gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 Nachprüfungen in den Geschäftsräumen der FNSEA und der FNB in Paris sowie gemäß Art. 14 Abs. 2 dieser Verordnung in den Pariser Geschäftsräumen der FNICGV vor.
19 Am 24. Juni 2002 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an die sechs Unterzeichnerverbände der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001. Diese reichten dazu im Zeitraum vom 23. September bis 4. Oktober 2002 schriftliche Erklärungen ein. Die mündliche Anhörung der Verbände fand am 31. Oktober 2002 statt. Am 10. Januar 2003 übersandte die Kommission den Verbänden ein Auskunftsverlangen im Sinne von Art. 11 der Verordnung Nr. 17. Sie forderte sie u. a. auf, ihr für die Jahre 2001 und 2002 den Gesamtbetrag der Einkünfte jedes Verbandes nebst Aufschlüsselung nach dem Ursprung sowie die Bilanzen und für das letzte verfügbare Geschäftsjahr den Umsatz insgesamt und den Umsatz für die Rinderproduktion oder ‑schlachtung ihrer unmittelbaren und/oder mittelbaren Mitglieder anzugeben. Die Rechtsmittelführer antworteten darauf mit Schreiben vom 22., 24., 27. und 30. Januar 2003.
20 Am 2. April 2003 erließ die Kommission die streitige Entscheidung, deren Adressaten die Rechtsmittelführer und die FNICGV waren.
21 Dieser Entscheidung zufolge verletzten diese Berufsverbände Art. 81 Abs. 1 EG durch den Abschluss der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 über die Festsetzung von Mindestankaufspreisen für bestimmte Rindfleischkategorien und über einen vorläufigen Importstopp für Rindfleisch nach Frankreich und durch die Ende November und Anfang Dezember getroffene, auf denselben Zweck gerichtete und seit Ablauf der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 geltende mündliche Absprache (im Folgenden: mündliche Absprache).
22 Die Kommission nahm in den Randnrn. 135 bis 149 der streitigen Entscheidung an, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 und die mündliche Absprache zur Erreichung der in Art. 33 EG vorgesehenen Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik nicht notwendig gewesen seien, und lehnte die Anwendung der Ausnahme, die in der Verordnung Nr. 26 zugunsten bestimmter mit der Produktion und dem Vertrieb von Agrarerzeugnissen zusammenhängender Tätigkeiten vorgesehen ist, im vorliegenden Fall ab. Außerdem gehörten die Vereinbarung und die mündliche Absprache nicht zu den in der Verordnung (EG) Nr. 1254/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 160, S. 21) oder den zu ihrer Durchführung erlassenen Rechtsvorschriften vorgesehenen Mitteln. Schließlich seien die auf ihrer Grundlage ergriffenen Maßnahmen im Hinblick auf die angeblich verfolgten Ziele unverhältnismäßig.
23 Der streitigen Entscheidung zufolge begann die Zuwiderhandlung am 24. Oktober 2001 und dauerte mindestens bis zum 11. Januar 2002, dem Tag, an dem die letzte der Kommission bekannte lokale Vereinbarung zur Umsetzung der auf nationaler Ebene eingegangenen Verpflichtung ablief.
24 Die Zuwiderhandlung wurde sowohl aufgrund ihrer Art als auch aufgrund des räumlichen Umfangs des betreffenden Marktes als besonders schwerwiegend eingestuft. Zur Feststellung des individuellen Grades der Beteiligung jedes Rechtsmittelführers stellte die Kommission auf das Verhältnis zwischen der Höhe des vom Hauptlandwirtschaftsverband, der FNSEA, erhobenen Mitgliedsbeitrags und der Höhe der von jedem Landwirtschaftsverband erhobenen Jahresbeiträge ab. Da die Zuwiderhandlung im Übrigen nur von kurzer Dauer war, sah die Kommission insoweit von einer Erhöhung des Grundbetrags ab.
25 Die Kommission bejahte sodann im Hinblick auf die Rechtsmittelführer mehrere erschwerende Umstände:
– Sie erhöhte den Betrag der gegen die FNSEA, die FNB und die JA verhängten Geldbußen um 30 %, da ihre Mitglieder die Verbände der Schlachthofbetreiber mit Gewalt zum Abschluss der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 gedrängt hätten;
– sie bejahte für alle Rechtsmittelführer den erschwerenden Umstand der heimlichen Fortsetzung der Vereinbarung nach Erhalt des Warnschreibens vom 26. November 2001 und erhöhte die ihnen auferlegte Geldbuße um 20 %;
– sie trug der ihrer Meinung nach herausragenden Rolle der FNB bei der Vorbereitung und Durchführung der Zuwiderhandlung Rechnung und erhöhte die diesem Verband auferlegte Geldbuße um 30 %.
26 Andererseits berücksichtigte die Kommission verschiedene mildernde Umstände:
– Sie setzte den Betrag der der FNPL auferlegten Geldbuße um 30 % herab, da diese sich lediglich passiv verhalten bzw. als Mitläufer agiert habe;
– zugunsten der FNCBV berücksichtigte sie erstens, dass sich der französische Landwirtschaftsminister nachdrücklich für den Abschluss der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 ausgesprochen hatte (Herabsetzung um 30 %), und zweitens, dass die Schlachthöfe ihrer Mitglieder illegalen Blockaden seitens der Landwirte ausgesetzt waren (weitere Herabsetzung um 30 %).
27 Außerdem trug die Kommission gemäß Nr. 5 Buchst. b der Leitlinien den besonderen Umständen des vorliegenden Falles Rechnung, insbesondere dem wirtschaftlichen Zusammenhang, der durch die Krise dieses Sektors gekennzeichnet war, und setzte die sich aus der Anwendung der vorgenannten Erhöhungen und Herabsetzungen ergebenden Geldbußen um 60 % niedriger an.
28 Der verfügende Teil der streitigen Entscheidung enthält u. a. folgende Bestimmungen:
„Artikel 1
Die [FNSEA], die [FNB], die [FNPL], die [JA], die [FNICGV] und die [FNCBV] haben dadurch gegen Artikel 81 Absatz 1 [EG] verstoßen, dass sie am 24. Oktober 2001 eine Vereinbarung geschlossen haben, welche die Aussetzung der Rindfleischimporte nach Frankreich und die Festsetzung eines Mindestpreises für bestimmte Kategorien von Rindern vorsah, und Ende November/Anfang Dezember 2001 eine mündliche Absprache ähnlichen Inhalts geschlossen haben.
Der Verstoß hat am 24. Oktober 2001 begonnen und sich mindestens bis zum 11. Januar 2002 ausgewirkt.
Artikel 2
Die in Artikel 1 genannten Verbände stellen den darin erwähnten Verstoß unverzüglich ein, falls sie dies noch nicht getan haben, und enthalten sich künftig jeglicher Vereinbarung, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben könnte.
Artikel 3
Es werden folgende Geldbußen verhängt:
– FNSEA: 12 Mio. EUR,
– FNB: 1,44 Mio. EUR,
– JA: 600 000 EUR,
– FNPL: 1,44 Mio. EUR,
– FNICGV: 720 000 EUR,
– FNCBV: 480 000 EUR.“
Die Klagen vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
29 Mit Klageschriften, die am 19. und 20. Juni 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhoben die FNCBV sowie die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA zwei Klagen auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung, hilfsweise, auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbußen. Die Klage der FNICGV vom 7. Juli 2003 wies das Gericht mit Beschluss vom 9. November 2004 als unzulässig ab.
30 Die Französische Republik wurde in beiden Rechtssachen mit Beschlüssen vom 6. November 2003 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Rechtsmittelführer zugelassen. Die beiden Rechtssachen wurden mit Beschluss vom 3. April 2006 verbunden.
31 Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht
– die gegen die Klägerin in der Rechtssache T‑217/03, die FNCBV, verhängte Geldbuße auf 360 000 Euro herabgesetzt;
– die gegen die Kläger in der Rechtssache T‑245/03 verhängten Geldbußen auf 9 000 000 Euro für die FNSEA, auf 1 080 000 Euro für die FNB, auf 1 080 000 Euro für die FNPL und auf 450 000 Euro für die JA herabgesetzt;
– die Klagen im Übrigen abgewiesen;
– die Rechtsmittelführer zur Tragung ihrer eigenen Kosten für das Verfahren in der Hauptsache und drei Viertel der Kosten der Kommission für dieses Verfahren verurteilt;
– die Kommission zur Tragung eines Viertels ihrer eigenen Kosten für das Verfahren in der Hauptsache und die Gesamtheit der Kosten für die Verfahren der einstweiligen Anordnung verurteilt;
– entschieden, dass die Streithelferin, die Französische Republik, ihre eigenen Kosten trägt.
Verfahren vor dem Gerichtshof
32 Mit Entscheidung vom 29. Januar 2008 hat der Gerichtshof die beiden Rechtssachen an die Dritte Kammer in der Besetzung mit dem Präsidenten der Dritten Kammer, A. Rosas, sowie den Richtern U. Lõhmus (Berichterstatter), J. Klučka, A. Ó Caoimh und der Richterin P. Lindh verwiesen. Da keine der Parteien beantragt hat, mündliche Ausführungen machen zu können, hat der Gerichtshof beschlossen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Der Generalanwalt hat seine Schlussanträge am 17. April 2008 vorgetragen. Am Ende dieser Sitzung ist das mündliche Verfahren geschlossen worden.
33 Wegen der Verhinderung der Richterin Lindh hat die Dritte Kammer gemäß Art. 61 der Verfahrensordnung nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung angeordnet, um die Richterin Lindh in Anwendung des Art. 11e Abs. 1 der Verfahrensordnung durch einen Richter nach Maßgabe der in der Liste nach Art. 11b § 2 der Verfahrensordnung festgelegten Reihenfolge zu ersetzen, im vorliegenden Fall durch den Richter J. N. Cunha Rodrigues.
34 Am Ende der Sitzung vom 16. Oktober 2008, in der der Generalanwalt seine Schlussanträge vorgetragen hat, ist das mündliche Verfahren geschlossen worden.
Rechtsmittelanträge der Verfahrensbeteiligten
35 Die FNCBV beantragt in der Rechtssache C‑101/07 P,
– das angefochtene Urteil aufzuheben;
– die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
– hilfsweise, die mit dem angefochtenen Urteil auf 360 000 Euro reduzierte Geldbuße herabzusetzen;
– jedenfalls der Kommission die gesamten Kosten der Hauptsache vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.
36 Die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA beantragen in der Rechtssache C‑110/07 P,
– das angefochtene Urteil aufzuheben;
– die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
– hilfsweise, die Geldbußen, die mit dem angefochtenen Urteil auf 9 000 000 Euro für die FNSEA, auf 1 080 000 Euro für die FNB, auf 1 080 000 Euro für die FNPL und auf 450 000 Euro für die JA reduziert wurden, herabzusetzen;
– jedenfalls der Kommission die gesamten Kosten der Rechtsmittelführer in den Verfahren vor dem Gericht und vor dem Gerichtshof aufzuerlegen.
37 Die Französische Republik beantragt, den beiden Rechtsmitteln stattzugeben und das angefochtene Urteil aufzuheben.
38 Die Kommission beantragt, beide Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
Zu den Rechtsmitteln
39 Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten und des Generalanwalts sind die Rechtssachen C‑101/07 P und C‑110/07 P gemäß Art. 43 der Verfahrensordnung mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 18. April 2007 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden, da sie miteinander in Zusammenhang stehen.
Die für die Aufhebung des angefochtenen Urteils vorgetragenen Gründe
40 Für ihr Rechtsmittel führt die FNCBV fünf auf die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung gerichtete Gründe an, von denen einige aus mehreren Teilen bestehen:
– Den ersten Rechtsmittelgrund stützt sie auf einen Rechtsfehler, den das Gericht dadurch begangen habe, dass es eine Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte verneint habe (Randnrn. 217 bis 225 des angefochtenen Urteils);
– mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe bestimmte Beweise verfälscht, und zwar
– die handschriftlichen Notizen des Direktors der FNB über die Sitzung vom 29. November 2001 (Randnrn. 169 bis 174 des angefochtenen Urteils);
– die Äußerungen des Vizepräsidenten der FNB gegenüber der Vendée agricole vom 4. Dezember 2001 (Randnr. 176 des angefochtenen Urteils);
– die aktuelle Notiz des Erzeugerverbandes im Departement Vendée vom 5. Dezember 2001 (Randnr. 177 des angefochtenen Urteils);
– das Mitteilungsblatt der FNPL vom 10. Dezember 2001 (Randnr. 179 des angefochtenen Urteils),
– bestimmte Passagen der handschriftlichen Notizen des Direktors der FNB über die Sitzung vom 5. Dezember 2001 (Randnr. 180 des angefochtenen Urteils);
– der dritte Rechtsmittelgrund betrifft einen Rechtsfehler, der dem Gericht bei der Würdigung des Beweises für die Beteiligung der FNCBV an der mündlichen Absprache unterlaufen sei, und zwar dadurch,
– dass seine rechtliche Einordnung der Beteiligung der FNCBV an der mündlichen Absprache rechtsfehlerhaft sei und
– dass es in der Begründung des angefochtenen Urteils einen offensichtlichen Widerspruch gebe zwischen der Bejahung einer solchen Beteiligung und der Ausübung von Gewalt gegen diesen Verband;
– hilfsweise wird als vierter Rechtsmittelgrund vorgetragen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 und die mündliche Absprache nicht wettbewerbswidrig seien, so dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 als wettbewerbswidrig angesehen und die Folgen ihrer Fortführung nicht berücksichtigt habe;
– als fünften Rechtsmittelgrund macht die FNCBV die rechtsfehlerhafte Anwendung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 durch das Gericht geltend, da
– es seine Begründungspflicht verletzt habe und
– die Begründung widersprüchlich sei.
41 Die FNCBV trägt zusätzlich einen sechsten Rechtsmittelgrund vor, der auf die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und auf die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße gerichtet ist und sich auf einen Rechtsfehler des Gerichts bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 stützt.
42 Die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA führen für ihr Rechtsmittel die folgenden vier Rechtsmittelgründe an:
– Der erste Rechtsmittelgrund betrifft eine Verfälschung von Beweisen, weil das Gericht zwei entscheidende Beweisstücke nicht berücksichtigt habe, die belegten, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 nicht über den 30. November 2001 hinaus fortgeführt worden sei (Randnrn. 159 bis 190 des angefochtenen Urteils);
– mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügen die Rechtsmittelführer eine Verletzung der Verteidigungsrechte, da das Gericht die Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Kommission für hinreichend klar und präzise erachtet habe (Randnrn. 217 bis 225 des angefochtenen Urteils);
– mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird eine Verletzung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 geltend gemacht, da das Gericht für die Annahme, dass die von der Kommission verhängten Geldbußen die in dieser Bestimmung festgelegte Obergrenze nicht überstiegen, die kumulierten Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer berücksichtigt habe (Randnrn. 312 bis 334 des angefochtenen Urteils);
– der vierte Rechtsmittelgrund beruht auf der Rüge, das Gericht habe den Grundsatz des Verbots der Mehrfachbestrafung sowie das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Sanktionen dadurch verletzt, dass es gegen jeden Verband jeweils eine gesonderte Geldbuße verhängt und dabei die kumulierten Umsätze von Mitgliedern berücksichtigt habe, die mehreren Verbänden angehörten (Randnrn. 340 bis 346 des angefochtenen Urteils).
Zum ersten Rechtsmittelgrund der FNCBV und zum zweiten Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA, die beide einen Rechtsfehler betreffen, der dem Gericht dadurch unterlaufen sei, dass es eine Verletzung der Verteidigungsrechte durch die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte verneint habe
43 Mit ihrem ersten bzw. zweiten Rechtsmittelgrund machen die FNCBV sowie die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA geltend, dass sich die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf beschränkt habe, die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der mutmaßlichen Zuwiderhandlung sowie deren vorsätzliche oder fahrlässige Begehung anzuführen. Anders als das Gericht entschieden habe, hätte sie aber erwähnen müssen, dass die eventuelle Geldbuße unter Berücksichtigung der Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer berechnet würde.
44 Diese beiden Rechtsmittelgründe können keinen Erfolg haben.
45 Aus Randnr. 219 des angefochtenen Urteils ergibt sich nämlich, dass das Argument, die Kommission hätte in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeben müssen, dass die eventuelle Geldbuße unter Berücksichtigung der Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer berechnet würde, bereits vor dem Gericht vorgetragen und von diesem in Randnr. 224 seines Urteils zu Recht auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die es in den Randnrn. 222 und 223 in Erinnerung gerufen hatte, zurückgewiesen worden ist.
46 So hat das Gericht in Randnr. 221 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission im Stadium des Erlasses der streitigen Entscheidung die Umsätze der Basismitglieder der Rechtsmittelführer berücksichtigt habe, um zu prüfen, ob hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldbuße nicht die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % überschritten werde.
47 Wie das Gericht ausgeführt hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass Angaben zur Höhe der in Aussicht genommenen Geldbußen im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte, solange den Unternehmen keine Gelegenheit gegeben wurde, zu den gegen sie in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen, eine nicht sachgerechte Vorwegnahme der Entscheidung der Kommission wären (Urteil vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Randnr. 21).
48 Die FNCBV sowie die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA stützen ihren Rechtsmittelgrund auch darauf, dass die Verpflichtung der Kommission, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte anzugeben, wie die eventuelle Geldbuße berechnet werde, umso augenfälliger sei, als die Kommission von ihrer üblichen Methode für die Berechnung der Geldbuße abgewichen sei, was das Gericht in Randnr. 237 des angefochtenen Urteils anerkannt habe. Da die Rechtsmittelführer nicht die Möglichkeit gehabt hätten, einen solchen Methodenwechsel vorherzusehen, und sich daher nicht dagegen hätten zur Wehr setzen können, hätte das Gericht befinden müssen, dass die Kommission die Verteidigungsrechte in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte verletzt habe.
49 Nach ständiger Rechtsprechung, die das Gericht in Randnr. 218 des angefochtenen Urteils angeführt hat, erfüllt die Kommission jedoch ihre Verpflichtung zur Wahrung des Anhörungsrechts der Unternehmen, wenn sie in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte ausdrücklich darauf hinweist, dass sie prüfen werde, ob gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen festzusetzen seien, und die für die etwaige Festsetzung einer Geldbuße wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte wie die Schwere und Dauer der vermuteten Zuwiderhandlung sowie den Umstand anführt, ob diese vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sei. Damit macht sie gegenüber den Unternehmen die Angaben, die diese für ihre Verteidigung nicht nur gegen die Feststellung einer Zuwiderhandlung, sondern auch gegen die Festsetzung einer Geldbuße benötigen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 428).
50 Zur Berücksichtigung der Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer bei der Berechnung der Geldbußen genügt die Feststellung, dass eine solche Praxis der Kommission nicht neu und von den Gemeinschaftsgerichten anerkannt ist (vgl. u. a. Urteil vom 16. November 2000, Finnboard/Kommission, C‑298/98 P, Slg. 2000, I‑10157, Randnr. 66, und Urteil des Gerichts vom 23. Februar 1994, CB und Europay/Kommission, T‑39/92 und T‑40/92, Slg. 1994, II‑49, Randnr. 139). Entgegen den Behauptungen der Rechtsmittelführer hat es auf Seiten der Kommission keinen Methodenwechsel gegeben, der eine besondere Erwähnung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte rechtfertigte.
51 Das Gericht hat also keinen Rechtsfehler begangen, als es zu dem Ergebnis gekommen ist, die Kommission habe die Verteidigungsrechte der FNCBV sowie der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA nicht dadurch verletzt, dass sie ihre Absicht, für die Überprüfung der Einhaltung der in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzten Obergrenze von 10 % die Umsätze ihrer Mitglieder zu berücksichtigen, in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht angegeben habe.
52 Daher sind der erste Rechtsmittelgrund der FNCBV und der zweite Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Rechtsmittelgrund der FNCBV, das Gericht habe bestimmte Beweise verfälscht
53 Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt die FNCBV, dass die Tatsachenfeststellungen des Gerichts sachlich falsch seien, da es ganz offensichtlich den Sinn, den Inhalt und die Bedeutung der ihm vorgelegten Beweise entstellt habe. Eine umfassende, kontextbezogene Prüfung der Akten hätte das Gericht zu der Annahme veranlassen müssen, dass sie – die FNCBV – nicht an der heimlichen mündlichen Verlängerung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 über deren Ablauf hinaus beteiligt gewesen sei.
54 Folgende Dokumente seien vom Gericht verfälscht worden:
– die handschriftlichen Notizen des Direktors der FNB über die Sitzung vom 29. November 2001 (Randnrn. 169 bis 174 des angefochtenen Urteils);
– andere Dokumente, die bestätigen sollten, dass sich die Rechtsmittelführer mündlich abgesprochen hätten, nämlich die Äußerungen des Vizepräsidenten der FNB gegenüber der Vendée agricole vom 4. Dezember 2001 und eine aktuelle Notiz des Erzeugerverbands im Departement Vendée vom 5. Dezember 2001 (Randnrn. 176 und 177 des angefochtenen Urteils);
– Passagen des Mitteilungsblatts der FNPL vom 10. Dezember 2001 (Randnr. 179 des angefochtenen Urteils);
– Passagen der handschriftlichen Notizen des Direktors der FNB über die Sitzung vom 5. Dezember 2001 (Randnr. 180 des angefochtenen Urteils).
55 Für jedes dieser Dokumente wirft die FNCBV dem Gericht im Wesentlichen vor, dessen Sinn entstellt und damit die Tatsachen des vorliegenden Falles falsch gewürdigt zu haben.
56 Nach Ansicht der Kommission versucht die FNCBV mit ihrem Rechtsmittelgrund, die Beweiskraft in Zweifel zu ziehen, die das Gericht den Dokumenten beigemessen habe.
57 In ihrer Erwiderung bestreitet die FNCBV, die Tatsachenfeststellungen des Gerichts in Frage gestellt zu haben, und führt aus, dass „die Tatsachenfeststellung die Tatsachen als solche oder ihre Würdigung betrifft, während die Verfälschung in einer Änderung des Beweisinhalts, in der fehlenden Berücksichtigung wesentlicher Aspekte der Beweise oder in der fehlenden Berücksichtigung ihres Kontextes besteht“.
58 Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung aus Art. 225 EG und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs folgt, dass allein das Gericht für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und für ihre Würdigung zuständig ist. Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, so ist der Gerichtshof gemäß Art. 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt (vgl. u. a. Urteile vom 6. April 2006, General Motors/Kommission, C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnr. 51, und vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, Randnr. 72).
59 Damit ist der Gerichtshof nicht für die Feststellung der Tatsachen zuständig und grundsätzlich nicht befugt, die Beweise zu prüfen, auf die das Gericht seine Feststellungen gestützt hat. Sind diese Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, ist es nämlich allein Sache des Gerichts, den Wert der ihm vorgelegten Beweise zu beurteilen. Diese Beurteilung ist somit, sofern die Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (vgl. u. a. Urteile General Motors/Kommission, Randnr. 52, und Evonik Degussa/Kommission, Randnr. 73).
60 Ferner muss sich eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (vgl. u. a. Urteile General Motors/Kommission, Randnr. 54, und Evonik Degussa/Kommission, Randnr. 74).
61 Im vorliegenden Fall trägt die FNCBV nicht vor, dass das Verständnis des Gerichts der verschiedenen von ihr angeführten Dokumente tatsächlich falsch sei. Sie wirft dem Gericht u. a. vor, die wesentlichen Aspekte dieser Dokumente nicht berücksichtigt und sie nicht in ihren Kontext eingeordnet zu haben. Es ist festzustellen, dass die FNCBV unter der Bezeichnung „Verfälschung“ in Wahrheit die Würdigung des Inhalts der Dokumente durch das Gericht rügt.
62 Ferner ergibt sich aus den angegriffenen Randnummern des angefochtenen Urteils eindeutig, dass das Gericht dort nicht den Inhalt der betreffenden Dokumente analysiert, sondern sie interpretiert. In den Randnrn. 169 bis 180 des angefochtenen Urteils, die von der FNCBV angezweifelt werden, prüft das Gericht nämlich die verschiedenen Dokumente und Indizien, ordnet sie in ihren Kontext ein, legt sie aus und beurteilt die Beweiskraft jedes einzelnen von ihnen. In Randnr. 185 des angefochtenen Urteils kommt es zu dem Ergebnis, dass die Kommission angesichts dieser Beweislage rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 weiterhin angewandt worden sei.
63 Da allein das Gericht für die Auslegung der Beweise und die Beurteilung ihrer Beweiskraft zuständig ist, ist der Rechtsmittelgrund unzulässig.
Zum dritten Rechtsmittelgrund der FNCBV, mit dem sie einen Rechtsfehler bei der Würdigung des Beweises für ihre Beteiligung an der mündlichen Absprache rügt
64 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund, der drei Teile hat, macht die FNCBV geltend, dass dem Gericht in Randnr. 185 des angefochtenen Urteils ein Rechtsfehler unterlaufen sei, als es als erwiesen angesehen habe, dass sie an der mündlichen Absprache beteiligt gewesen sei. Sie ist der Ansicht, dass das Gericht sie wegen einer Beteiligung an dieser Absprache nicht auf eine Vermutung hin hätte verurteilen dürfen, sondern zweifelsfrei hätte nachweisen müssen, dass sie an einer Übereinkunft mit den Züchtern beteiligt gewesen sei und die Züchter einseitig erklärt hätten, dass sie das Mindestpreisschema als Verbandsforderung anwenden wollten.
65 Mit dem ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes wirft die FNCBV dem Gericht vor, die Beweise dafür, dass sie die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 habe fortsetzen wollen, rechtsfehlerhaft ausgelegt zu haben. Diese bewiesen nicht ihren tatsächlichen Willen, das Mindestpreisschema nach Auslaufen der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 weiter anzuwenden und die Einfuhren weiterhin auszusetzen. Die FNCBV bezieht sich auf
– die handschriftlichen Notizen des Direktors der FNB über die Sitzungen vom 29. November und 5. Dezember 2001 (Randnrn. 172 und 180 des angefochtenen Urteils);
– die E-Mail eines Vertreters der bretonischen Fédération régionale des syndicats d’exploitants agricoles (Regionaler Zusammenschluss der Verbände landwirtschaftlicher Erzeugerbetriebe) an die Präsidenten der FDSEA seiner Region vom 6. Dezember 2001 (Randnr. 178 des angefochtenen Urteils);
– das Mitteilungsblatt der FNPL vom 10. Dezember 2001 (Randnr. 179 des angefochtenen Urteils);
– eine Notiz der FDSEA des Departements Vendée vom 18. Dezember 2001 (Randnr. 182 des angefochtenen Urteils) und
– Schriftstücke über lokale Aktionen (Randnrn. 183 und 184 des angefochtenen Urteils).
66 Soweit die FNCBV die Tatsachenwürdigung des Gerichts in Frage stellen möchte, indem sie im Wesentlichen bestreitet, dass die in den Randnrn. 169 bis 184 des angefochtenen Urteils geprüften Belege ausreichten, um ihre Beteiligung an der Fortsetzung der Anwendung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 über Ende November 2001 hinaus nachzuweisen, ist der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes für unzulässig zu erklären, weil er auf eine Überprüfung der Tatsachenwürdigung abzielt, zu der der Gerichtshof, wie in den Randnrn. 58 und 59 des vorliegenden Urteils festgestellt, im Rahmen eines Rechtsmittels nicht befugt ist.
67 Mit dem zweiten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes rügt die FNCBV einen Widerspruch in der Begründung des angefochtenen Urteils, weil das Gericht angenommen habe, dass sie an der mündlichen Absprache beteiligt gewesen sei, und es gleichzeitig als erwiesen angesehen habe, dass das ihr vorgeworfene Verhalten Ergebnis des durch die Züchter einseitig ausgeübten Drucks gewesen sei. Mit letzterer Feststellung habe das Gericht in den Randnrn. 279 und 289 des angefochtenen Urteils anerkannt, dass die gewalttätigen Aktionen nur von den Züchtern ausgegangen seien.
68 Auch dieser zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes der FNCBV ist zurückzuweisen, denn er stützt sich auf ein Verständnis des angefochtenen Urteils, das den Kontext außer Acht lässt, in dem die entsprechenden Würdigungen des Gerichts zu sehen sind, nämlich der Annahme erschwerender Umstände durch die Kommission, die zu einer Erhöhung der gegen einige Züchterverbände wie die FNSEA, die FNB und die JA verhängten Geldbußen führte.
69 Dem Gericht kann nämlich nicht vorgeworfen werden, im vorliegenden Fall das angefochtene Urteil widersprüchlich begründet zu haben, da die in den Randnrn. 279 und 289 genannten erschwerenden Umstände erst berücksichtigt wurden, nachdem der Grad und die Umstände der Beteiligung des jeweiligen Verbandes an der mündlichen Absprache anhand der Beweise belegt worden waren, die das Gericht in den Randnrn. 169 bis 184 des angefochtenen Urteils geprüft hat und die Gegenstand des ersten Teils des vorliegenden Rechtsmittelgrundes sind, der in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils zurückgewiesen worden ist. Wie der Generalanwalt in Nr. 92 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, konnte das Gericht angesichts dieser Beweise widerspruchsfrei feststellen, dass im vorliegenden Fall eine Absprache vorgelegen habe, und dabei im Übrigen annehmen, dass die Züchter Druck oder Zwang ausgeübt hätten.
70 Daher ist der dritte Rechtsmittelgrund der FNCBV als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.
Zum ersten Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA, mit dem sie die Verfälschung von Beweisen rügen, da das Gericht zwei entscheidende Beweisstücke nicht berücksichtigt habe, die belegten, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 nicht über den 30. November 2001 hinaus fortgeführt worden sei, sowie eine mangelhafte Begründung in dieser Frage
71 Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund tragen die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA vor, das Gericht habe Beweise verfälscht, die belegten, dass, als die Mindestankaufspreise in die lokalen Vereinbarungen aus der Zeit nach dem 30. November 2001 aufgenommen wurden, dies nicht Folge einer Willenseinigung zwischen den Unterzeichnerverbänden an der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 gewesen sei, sondern des auf lokaler Ebene durch die Bauernverbände auf die Schlachthofbetreiber ausgeübten Drucks.
72 Dies treffe auf ein Fax vom 11. Dezember 2001, das ein Direktor der FNB an den Verband eines Departements übermittelt habe und das das Mindestpreisschema mit dem Vermerk „Vorsicht, dieses Schema beruht nicht auf einer Vereinbarung“ enthalten habe, sowie auf eine Mitteilung der bretonischen Fédération régionale des syndicats d’exploitants agricoles vom 12. Dezember 2001 zu, in der es heiße, dass „die bretonischen FDSEA, weil sie die derzeitige Preisentwicklung bei ausgewachsenen Rindern nicht für akzeptabel halten, die Züchter davon in Kenntnis setzen, dass sie als Verband auf die Käufer Druck ausgeübt haben, um die Preise wieder dem Niveau von November anzupassen“.
73 Dass diese beiden in der vorstehenden Randnummer erwähnten Dokumente, die die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA dem Gerichtshof nach der Sitzung vom 17. Mai 2006 übermittelt hätten, im angefochtenen Urteil nicht erwähnt seien, zeige, dass das Gericht sie überhaupt nicht berücksichtigt habe. Diese beiden Dokumente belegten, dass die Erzeugerverbände der Auffassung gewesen seien, dass die Verbände der Schlachthofbetreiber nicht mehr durch die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 gebunden gewesen seien und die Erzeuger daher die Preise des mit dieser Vereinbarung angenommenen Mindestpreisschemas nur durch von den Berufsverbänden lokal ausgeübten Druck erzielen könnten. Das Gericht habe dadurch, dass es die beiden fraglichen Dokumente nicht geprüft habe, gegen seine Begründungspflicht verstoßen, so dass das Urteil in dieser Hinsicht nichtig sei.
74 Es trifft zu, dass das Gericht, um seine Aufgabe, den Sachverhalt des Rechtsstreits zu würdigen, korrekt zu erfüllen, alle Dokumente sorgfältig prüfen und berücksichtigen muss, die ihm von den Parteien vorgelegt werden, einschließlich derjenigen, die – wie im vorliegenden Fall – im Rahmen einer prozessleitenden Maßnahme im Sinne von Art. 64 der Verfahrensordnung des Gerichts nach der mündlichen Verhandlung zu den Prozessakten genommen wurden. Es trifft ebenfalls zu, dass das Gericht die beiden streitigen Dokumente, also das Fax vom 11. Dezember 2001 und die Mitteilung vom 12. Dezember 2001, im angefochtenen Urteil nicht erwähnt hat.
75 Jedoch verlangt nach ständiger Rechtsprechung die Begründungspflicht nicht, dass das Gericht bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend behandelt, so dass die Begründung auch implizit erfolgen kann, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe für die getroffenen Maßnahmen zu erkennen, und dem zuständigen Gericht ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit es seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat, C‑120/99, Slg. 2001, I‑7997, Randnr. 28, und Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2001, I‑123, Randnr. 372).
76 Um zu beurteilen, ob die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 in heimlicher mündlicher Absprache über den 30. November 2001 hinaus verlängert wurde, hat das Gericht in den Randnrn. 164 bis 184 des angefochtenen Urteils die Dokumente detailliert im Licht des Vorbringens der Rechtsmittelführer geprüft, auf die sich die Kommission für den Erlass der streitigen Entscheidung gestützt hat und deren Beweiskraft die Rechtsmittelführer angezweifelt haben. Insbesondere hat das Gericht festgestellt, es sei aufgrund des Wortlauts der in den Randnrn. 169 bis 184 des angefochtenen Urteils geprüften Dokumente zu der Überzeugung gelangt, dass, wie die Kommission vorgetragen habe, in den Sitzungen vom 29. November und 5. Dezember 2001 die Verlängerung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 entschieden worden sei.
77 Das Gericht hat in den Randnrn. 186 und 187 des angefochtenen Urteils ferner ausgeführt, dass die Züchterverbände die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 heimlich fortgeführt und dabei die Kommunikationsstrategie verfolgt hätten, öffentlich zu verkünden, dass die Vereinbarung nicht fortgeführt werde, und gleichzeitig die Anwendung der Mindestpreise in Form einer Verbandsforderung zu verlangen.
78 Unter diesen Umständen ist der erste Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA als unbegründet zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund der FNCBV, die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 und die mündliche Absprache seien nicht wettbewerbswidrig
79 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund, den sie hilfsweise vorträgt, macht die FNCBV geltend, das Gericht hätte feststellen müssen, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 aufgrund ihrer wirtschaftlichen Begleitumstände nicht wettbewerbswidrig gewesen sei, und es hätte die etwaigen Auswirkungen der Verlängerung der Vereinbarung prüfen müssen.
80 Nach Ansicht der FNCBV hätte das Gericht für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 die wirtschaftlichen Begleitumstände berücksichtigen müssen. Die Angelegenheit sei deshalb so besonders gewesen, weil sich der betreffende Sektor in einer wirtschaftlichen Ausnahmesituation befunden habe, die die Gemeinschaftsbehörden dazu veranlasst habe, ein Interventionssystem zu errichten, um Schlachtkörper anzukaufen und so die Existenz der Züchter zu sichern.
81 Das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es angenommen habe, dass die Kommission die Verlängerung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 nicht anhand einer Prüfung ihrer Auswirkungen auf die während des betreffenden Zeitraums praktizierten Preise habe nachweisen müssen. Der Gerichtshof möge feststellen, dass die Verlängerung keine Auswirkungen gehabt habe, weil die verschiedenen Schlachthofbetreiber in den Regionen das Mindestpreisschema gar nicht eingehalten hätten. Die FNCBV legt hierfür Tabellen vor, in denen die von den Schlachthofbetreibern der verschiedenen Regionen Frankreichs praktizierten Preise enthalten seien und die zeigten, dass sich die tatsächlich praktizierten Preise von einer Region zur anderen unterschieden hätten und mehrheitlich niedriger gewesen seien als nach der Aussetzung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 im Schema vorgesehen.
82 Dieser Rechtsmittelgrund kann keinen Erfolg haben, denn er beruht auf einem unzutreffenden Verständnis der Randnrn. 81 bis 93 des angefochtenen Urteils.
83 In Randnr. 82 hat das Gericht nämlich zunächst festgestellt, dass die in der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 vorgesehene Verpflichtung zur Aussetzung der Einfuhren bezweckt habe, den nationalen französischen Markt abzuschotten und somit den Wettbewerb im einheitlichen Markt einzuschränken. In den Randnrn. 84 und 85 hat das Gericht angenommen, dass sich die an der Vereinbarung beteiligten Verbände über Mindestankaufspreise geeinigt hätten, zu deren Einhaltung sie sich verpflichtet hätten, wodurch sie den Spielraum für die kaufmännischen Verhandlungen zwischen den Züchtern und den Schlachthofbetreibern eingeschränkt und die Preisbildung auf den fraglichen Märkten verfälscht hätten.
84 Als Nächstes hat das Gericht in den Randnrn. 86 bis 92 die Begleitumstände des Abschlusses der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 untersucht. Dabei hat das Gericht sowohl den Besonderheiten der Agrarmärkte, auf die die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft mit gewissen Ausnahmen Anwendung finden, als auch den tatsächlichen und rechtlichen Umständen der Umsetzung dieser Vereinbarung in einer Krisensituation des Rindfleischsektors Rechnung getragen.
85 So hat das Gericht ausgeführt, dass die festgesetzten Preise für einen erheblichen Teil der Kühe wesentlich höher gewesen seien als die von der Kommission festgesetzten Interventionspreise. Das Gericht hat ebenfalls angenommen, dass die Verordnung (EG) Nr. 2790/1999 der Kommission vom 22. Dezember 1999 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (ABl. L 336, S. 21), auf die sich die Rechtsmittelführer berufen hatten, im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, da die Produktion der Mitglieder der Züchterverbände die Obergrenze von 30 % des relevanten Marktes, oberhalb deren nach dieser Verordnung die zugunsten von vertikalen Vereinbarungen vorgesehene Gruppenfreistellung nicht in Anspruch genommen werden könne, weit überschritten habe.
86 Aus dieser Prüfung des angefochtenen Urteils ist ersichtlich, dass das Gericht entgegen den Behauptungen der FNCBV die wirtschaftlichen Begleitumstände der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 für die Beurteilung ihrer Wettbewerbswidrigkeit berücksichtigt hat.
87 Aus einer gefestigten Rechtsprechung ergibt sich zudem, dass bei der Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung nicht berücksichtigt zu werden brauchen, wenn diese eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322, 390 f., und vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 491).
88 Da das Gericht im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der wettbewerbswidrige Zweck der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 nachgewiesen sei, hat es in Randnr. 93 des angefochtenen Urteils zutreffend entschieden, dass die Kommission nicht verpflichtet gewesen sei, zu prüfen, ob die in dieser Vereinbarung beschlossenen Maßnahmen konkrete Auswirkungen auf den Wettbewerb gehabt hätten. Da auch die Verlängerung dieser Vereinbarung über den 30. November 2001 hinaus mit Hilfe von schriftlichen Indizien nachgewiesen wurde, ist dem Gericht mit der Annahme, diese Verlängerung habe nicht auch noch durch die Prüfung ihrer Auswirkungen auf die während des in Rede stehenden Zeitraums praktizierten Preise nachgewiesen werden müssen, kein Rechtsfehler unterlaufen.
89 Der vierte Rechtsmittelgrund der FNCBV ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA und zum fünften Rechtsmittelgrund der FNCBV, die einen Rechtsfehler des Gerichts bei der Anwendung von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 betreffen
90 Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund machen die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA mit Unterstützung der Französischen Republik geltend, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, indem es entschieden habe, dass die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 vorgesehene Obergrenze für Geldbußen unter Berücksichtigung der Umsätze ihrer Mitglieder habe berechnet werden können und nicht anhand des Umsatzes des jeweiligen Verbandes habe berechnet werden müssen. Dies stelle eine radikale Änderung zu dem von der Rechtsprechung aufgestellten präzisen, objektiven und gerechtfertigten Erfordernis dar, dass die Berücksichtigung der Umsätze der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung für die Berechnung dieser Obergrenze voraussetze, dass die Vereinigung ihre Mitglieder kraft ihrer Satzung verpflichten könne. Die Französische Republik fügt hilfsweise hinzu, da die Rechtsmittelführer nicht die Befugnis besäßen, ihre Mitglieder zu verpflichten, hätte das Gericht die Berücksichtigung der Umsätze der Mitglieder bei der Berechnung der in der genannten Bestimmung festgesetzten Obergrenze für die Geldbuße nicht zulassen dürfen, ohne zu untersuchen, ob die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 tatsächlich einen Einfluss auf den Rindfleischmarkt gehabt habe.
91 Die FNCBV trägt mit dem ersten Teil ihres fünften Rechtsmittelgrundes vor, dass eine solche Rechtsprechungsänderung ohne ausreichende Begründung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße, da die betroffenen Unternehmen nicht unterscheiden könnten, wann die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % nach dem Umsatz einer Unternehmensvereinigung und wann nach der Summe der Umsätze der Mitglieder dieser Vereinigung beurteilt werde.
92 Es ist festzustellen, dass der dritte Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA und der erste Teil des fünften Rechtsmittelgrundes der FNCBV auf einer falschen Prämisse aufbauen, die das Gericht in den Randnrn. 316 bis 319 des angefochtenen Urteils zu Recht verworfen hat.
93 Es trifft nämlich zu, dass die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % – wie das Gericht in Randnr. 317 des angefochtenen Urteils in Erinnerung gerufen hat – nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Umsätze aller Mitgliedsunternehmen einer Unternehmensvereinigung berechnet werden kann, jedenfalls soweit die Vereinigung ihre Mitglieder verpflichten kann. Wie das Gericht in der darauffolgenden Randnummer des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, schließt diese Rechtsprechung jedoch nicht aus, dass in besonderen Fällen eine solche Berücksichtigung selbst dann möglich ist, wenn die betreffende Unternehmensvereinigung nicht formal die Befugnis besitzt, ihre Mitglieder zu verpflichten.
94 Die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA machen allerdings geltend, dass der Gerichtshof in der neueren Rechtsprechung, nämlich in Randnr. 66 des Urteils Finnboard/Kommission, die Heranziehung der Umsätze der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung klar ausgeschlossen habe, wenn diese nicht die Möglichkeit habe, ihre Mitglieder zu verpflichten.
95 Diesem Verständnis des Urteils Finnboard/Kommission kann nicht gefolgt werden.
96 Wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ergibt sich nämlich aus dem Kontext der Randnr. 66 dieses Urteils, dass die Mitgliedsunternehmen der Vereinigung, gegen die die Kommission eine Geldbuße verhängt hatte, nicht an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen waren. Unter diesen Umständen hat der Gerichtshof entschieden, dass im Fall der Verhängung einer Geldbuße gegen eine Unternehmensvereinigung, deren eigener Umsatz nicht ihrer Größe und Marktmacht entspricht, die Kommission für die Festsetzung einer abschreckenden Sanktion die Umsätze der Mitgliedsunternehmen dieser Vereinigung heranziehen kann, dass aber hierfür erforderlich ist, dass die Vereinigung kraft ihrer Satzung ihre Mitglieder verpflichten kann.
97 Folglich durfte das Gericht, wie die Kommission vorgetragen hat, annehmen, dass, wenn wie im vorliegenden Fall die Mitglieder einer Unternehmensvereinigung aktiv an der Umsetzung einer wettbewerbswidrigen Vereinbarung mitgewirkt hätten, ihre Umsätze für die Festsetzung einer Sanktion auch dann berücksichtigt werden könnten, wenn die betreffende Vereinigung, anders als in der Situation in Randnr. 66 des Urteils Finnboard/Kommission, nicht über die Möglichkeit verfüge, ihre Mitglieder zu verpflichten. Daher hat das Gericht in Randnr. 319 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass eine solche Berücksichtigung in den Fällen gerechtfertigt sei, „in denen die von der Vereinigung begangene Zuwiderhandlung in Handlungen ihrer Mitglieder besteht und die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, um die es geht, von der Vereinigung selbst zugunsten ihrer Mitglieder und in Zusammenarbeit mit ihnen an den Tag gelegt werden, da die Vereinigung keine objektiven, von den Interessen ihrer Mitglieder unabhängigen Interessen hat“.
98 Jede andere Auslegung stünde zudem im Widerspruch zu der Notwendigkeit, die abschreckende Wirkung der Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft sicherzustellen. Wie das Gericht in Randnr. 318 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, könnte andernfalls nämlich die Berechtigung der Kommission, Geldbußen in einer Höhe festzusetzen, die auf die Personen abgestimmt ist, die für die Zuwiderhandlungen verantwortlich sind, leerlaufen, weil Unternehmensvereinigungen mit einem sehr niedrigen Umsatz, aber einer großen Zahl von Mitgliedern, die zusammen einen bedeutenden Umsatz erzielen, die sie aber nicht förmlich verpflichten können, nur mit sehr geringen Geldbußen belegt werden könnten, selbst wenn die von ihnen begangenen Zuwiderhandlungen einen spürbaren Einfluss auf die betreffenden Märkte ausgeübt haben könnten.
99 Entgegen dem Vorbringen der FNCBV ergibt sich klar aus den Randnrn. 318 bis 325 des angefochtenen Urteils, dass das Gericht das Urteil insoweit rechtlich hinreichend begründet hat.
100 Die Rechtsmittelführer rügen außerdem, dass das Gericht in den Randnrn. 320 bis 323 des angefochtenen Urteils, um die Heranziehung der ständigen Rechtsprechung zu den Fällen, in denen die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % nach den Umsätzen aller Mitgliedsunternehmen einer Vereinigung zu berechnen sei, im vorliegenden Fall auszuschließen, vier Kriterien auf den vorliegenden Sachverhalt angewandt habe, die es als „besondere Umstände“ bezeichnet habe. Es handele sich dabei um die Fallgruppen, in denen die betroffene Unternehmensvereinigung die vorrangige Aufgabe habe, die Interessen ihrer Mitglieder zu verteidigen und zu vertreten, die fragliche wettbewerbswidrige Vereinbarung die Tätigkeit der Mitglieder betreffe und nicht die der Vereinigung selbst, die Vereinbarung zugunsten der Mitglieder der Vereinigung abgeschlossen worden sei und diese an den fraglichen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen mitgewirkt hätten.
101 Nach Ansicht der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA liegen aber drei dieser Kriterien bei einer Unternehmensvereinigung naturgemäß vor. Außerdem bewiesen die in Randnr. 323 des angefochtenen Urteils erwähnten lokalen Vereinbarungen und Aktionen bestimmter Gruppen von Züchtern nicht die Beteiligung aller auf dem Rindfleischmarkt aktiven Mitglieder der Vereinigungen, sondern nur die Beteiligung einiger von ihnen. Damit sei die Schlussfolgerung des Gerichts nicht durch einen objektiven Zusammenhang zwischen diesen Verbänden und allen ihren Mitgliedern gerechtfertigt und beruhe nicht auf einer indirekten Beteiligung dieser Mitglieder an den im vorliegenden Rechtsstreit fraglichen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen.
102 Dieses Vorbringen beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Urteils und kann keinen Erfolg haben.
103 In Randnr. 319 hat das Gericht nämlich neue besondere Umstände beschrieben, die bei Zuwiderhandlungen durch Unternehmensvereinigungen anwendbar seien und zu den bereits von der Rechtsprechung anerkannten Umständen hinzukämen. In den Randnrn. 320 bis 323 hat das Gericht hingegen geprüft, ob bei den Rechtsmittelführern im vorliegenden Fall besondere Umstände vorlagen, um entscheiden zu können, ob die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % anhand der Umsätze der Mitglieder statt anhand der Umsätze der Rechtsmittelführer zu bestimmen war.
104 Es ist festzustellen, dass zum einen die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA die sie betreffenden Feststellungen des Gerichts in den Randnrn. 320 bis 322 des angefochtenen Urteils nicht bestreiten und dass zum anderen, wie in Randnr. 59 des vorliegenden Urteils ausgeführt, die Tatsachen- und Beweiswürdigung, sofern die Tatsachen und Beweise nicht verfälscht werden, keine Rechtsfrage darstellt, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt (vgl. Urteile vom 19. September 2002, DKV/HABM, C‑104/00 P, Slg. 2002, I‑7561, Randnr. 22, und vom 13. März 2008, Kommission/Infront WM, C‑125/06 P, Slg. 2008, I‑1451, Randnr. 57). Eine Verfälschung der Tatsachen wird aber im vorliegenden Fall vor dem Gerichtshof nicht geltend gemacht.
105 Nach Ansicht der FNCBV sind zwei der vier vom Gericht aufgestellten kumulativen Kriterien in ihrem Fall nicht erfüllt. Erstens sei die Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 für ihre Mitglieder nicht von Interesse gewesen, weil diese die Einigung über Mindestrichtpreise für den Ankauf von Rindern zum Gegenstand gehabt und damit gegen ihre Interessen verstoßen habe. Durch die Unterzeichnung der Vereinbarung habe außerdem die Blockade der Schlachthöfe nicht aufgehoben werden können, denn wie den Akten der Kommission zu entnehmen sei, hätten die Blockaden fortgedauert. Das fehlende Interesse ihrer Mitglieder an der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 werde im Übrigen dadurch bestätigt, dass sich die Kommission nur auf eine sehr geringe Zahl von lokalen Vereinbarungen berufen habe.
106 Zweitens ergebe sich die Eigenständigkeit ihrer Interessen im Verhältnis zu den Interessen ihrer Mitglieder nicht nur daraus, dass sie nicht die Befugnis besitze, diese zu verpflichten, sondern auch aus der begrenzten Zahl lokaler Vereinbarungen nach der Unterzeichnung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001.
107 Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
108 Da nämlich die Tatsachenwürdigung in die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts fällt, ist der Gerichtshof nicht befugt, zu überprüfen, ob das Gericht in Randnr. 322 des angefochtenen Urteils zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 unmittelbar zugunsten der Basismitglieder der FNCBV abgeschlossen worden sei, und in Randnr. 323 des angefochtenen Urteils, dass diese Vereinbarung u. a. durch den Abschluss von lokalen Vereinbarungen zwischen den Verbänden auf Departementsebene und den Ortsverbänden sowie den Schlachthöfen umgesetzt worden sei.
109 Die FNCBV trägt ferner vor, dass weder die Kommission noch das Gericht dargetan hätten, dass es nicht möglich gewesen sei, die Entscheidungen der Kommission an die Mitgliedsunternehmen der Rechtsmittelführer zu richten, so dass die Geldbußen gegen diese einzeln festgesetzt worden wären. Aus Nr. 5 Buchst. c der Leitlinien ergebe sich, dass die Kommission erst dann, wenn es nicht möglich sei, die Geldbußen gegen die Mitgliedsunternehmen einer Unternehmensvereinigung einzeln festzusetzen, gegenüber der Vereinigung selbst eine Geldbuße festsetzen dürfe, die dem Gesamtbetrag der Geldbußen entspreche, die sie gegen deren Mitglieder festgesetzt hätte. Da die Kommission und das Gericht nicht versucht hätten, die Heranziehung der kumulierten Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer für die Berechnung der Höhe der gegen die Rechtsmittelführer festgesetzten Geldbußen zu begründen, sei das angefochtene Urteil rechtswidrig und müsse aufgehoben werden.
110 Es ist festzustellen, dass die FNCBV einen Verstoß gegen Nr. 5 Buchst. c der Leitlinien erstmals im Rechtsmittelverfahren gerügt hat. Nach Art. 42 Abs. 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf Rechtsmittel Anwendung findet, handelt es sich somit um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel, das unzulässig ist, da es nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt wird, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.
111 Daher sind der dritte Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA und der erste Teil des fünften Rechtsmittelgrundes der FNCBV als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet zurückzuweisen.
112 Mit dem zweiten Teil ihres fünften Rechtsmittelgrundes macht die FNCBV geltend, dass es einen Widerspruch zwischen den Ausführungen zur Anwendung des Grundsatzes des Verbots der Mehrfachbestrafung in den Randnrn. 320 ff. des angefochtenen Urteils und in den Randnrn. 341 ff. des angefochtenen Urteils gebe.
113 In Randnr. 341 habe das Gericht nämlich den Akzent auf die Unterzeichnung, die Beteiligung, die Verantwortung, die individuelle Rolle und sogar die Umsetzung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 durch die Rechtsmittelführer gelegt, um zu rechtfertigen, dass die Sanktion gegen sie und nicht gegen ihre Mitglieder verhängt worden sei. In den Randnrn. 320 ff. sei der Akzent hingegen darauf gelegt worden, dass die Vereinbarung nicht die Tätigkeit der Rechtsmittelführer betroffen habe, dass die getroffenen Maßnahmen sie nicht beeinträchtigten, dass die Vereinbarung unmittelbar zugunsten ihrer Mitglieder abgeschlossen worden sei und dass sie von ihren Mitgliedern umgesetzt worden sei.
114 Das Gericht habe damit zwei widersprüchliche Begründungen geliefert, im ersten Fall für die Annahme, dass die Rechtsmittelführer eine direkte und aktive Rolle beim Abschluss und bei der Umsetzung der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 gespielt hätten, und im zweiten Fall für die Feststellung, dass die Rechtsmittelführer nur das Vehikel für die Aktionen ihrer Mitglieder gewesen seien.
115 Mit der Feststellung der persönlichen Beteiligung der Rechtsmittelführer an den mit der streitigen Entscheidung geahndeten Zuwiderhandlungen in Randnr. 341 des angefochtenen Urteils habe das Gericht implizit anerkannt, dass die Berücksichtigung der Umsätze ihrer Mitglieder bei der Berechnung der in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzten Obergrenze von 10 % des Umsatzes im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt gewesen sei.
116 Die Französische Republik vertritt die Auffassung, dass die Feststellung des Gerichts in Randnr. 343 des angefochtenen Urteils, in der streitigen Entscheidung sei gegen die Basismitglieder der Rechtsmittelführer keine Sanktion verhängt worden, im Widerspruch dazu zu stehen scheine, dass es in Randnr. 319 die Berücksichtigung der Umsätze dieser Mitglieder bei der Berechnung der genannten Obergrenze von 10 % damit begründet habe, dass die Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 unmittelbar zugunsten der Mitglieder und in Zusammenarbeit mit ihnen abgeschlossen worden sei.
117 Der angenommene Widerspruch in der Begründung beruht auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Urteils. Daher ist der zweite Teil des fünften Rechtsmittelgrundes der FNCBV zurückzuweisen.
118 Es ist nämlich festzustellen, dass das Gericht, um zu entscheiden, ob die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % nach dem Umsatz aller Mitglieder der Rechtsmittelführer zu berechnen ist, in den Randnrn. 320 bis 323 des angefochtenen Urteils geprüft hat, ob für die Rechtsmittelführer die besonderen Umstände vorlagen, die vorher in Randnr. 319 dargelegt worden waren, ob also die von den Rechtsmittelführern begangene Zuwiderhandlung in Handlungen ihrer Mitglieder bestand und ob die fraglichen wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen von den Rechtsmittelführern unmittelbar zugunsten ihrer Mitglieder und in Zusammenarbeit mit ihnen an den Tag gelegt wurden. Im Rahmen dieser Prüfung war das Gericht veranlasst, sich mit der Aufgabe der Rechtsmittelführer auseinanderzusetzen, die von der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 erfasste Tätigkeit und die von ihr Begünstigten festzustellen sowie die Modalitäten ihrer Umsetzung zu untersuchen.
119 In den Randnrn. 341 bis 345 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hingegen die Rüge zurückgewiesen, die Kommission habe gegen den Grundsatz des Verbots der Mehrfachbestrafung verstoßen. Hierzu hat das Gericht zum einen festgestellt, dass jeder Rechtsmittelführer wegen seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung und der jeweiligen eigenen Verantwortung dafür mit einer Sanktion belegt worden sei, da sie alle, wenn auch mit verschiedener Intensität und in verschiedenem Maße, daran teilgenommen hätten. Zum anderen hat das Gericht angenommen, dass mit der streitigen Entscheidung nicht gegen dieselben Einheiten oder Personen mehrmals wegen derselben Handlungen eine Sanktion verhängt worden sei, weil sie nicht die unmittelbaren oder mittelbaren Basismitglieder der Rechtsmittelführer mit Sanktionen belegt habe.
120 Das Gericht hat also das angefochtene Urteil nicht widersprüchlich begründet, als es in Randnr. 324 aus seiner Argumentation gefolgert hat, dass es gerechtfertigt gewesen sei, bei der Berechnung der in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzten Zehnprozentgrenze die Umsätze der Basismitglieder der Rechtsmittelführer zu berücksichtigen, und in Randnr. 344, dass es an der Identität der Zuwiderhandelnden fehle, da die streitige Entscheidung nicht mehrmals dieselben Einheiten oder dieselben Personen für dieselben Handlungen mit Sanktionen belegt habe.
121 Der zweite Teil des fünften Rechtsmittelgrundes der FNCBV ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
122 Somit sind der dritte Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA und der fünfte Rechtsmittelgrund der FNCBV in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum vierten Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA, der auf der Rüge beruht, das Gericht habe den Grundsatz des Verbots der Mehrfachbestrafung sowie das Gebot der Verhältnismäßigkeit der Sanktionen dadurch verletzt, dass es gegen jeden dieser Verbände jeweils eine gesonderte Geldbuße verhängt und dabei die kumulierten Umsätze ihrer gemeinsamen Mitglieder berücksichtigt habe
123 Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund machen die FNSEA, die FNB, die FNPL und die JA geltend, das Gericht habe nicht gegen die FNSEA und jeden ihrer drei Unterverbände, deren auf dem Rindfleischmarkt aktive Mitglieder mehreren Verbänden angehörten, eine gesonderte Geldbuße verhängen können, ohne gegen das Verbot der Mehrfachbestrafung und das Gebot der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen und ohne sich zu widersprechen. Das Gericht hätte feststellen müssen, dass keiner der vier Verbände Interessen gehabt habe, die sich von den Interessen ihrer gemeinsamen Mitglieder und der anderen drei Verbände unterschieden hätten, und es hätte die Berechnungsmethode für die Höhe der Geldbußen nicht bestätigen dürfen, die die Kommission auf jeden Verband angewandt habe und die auf die kumulierten Umsätze dieser Mitglieder abgestellt habe.
124 Das Gericht habe, um die Mehrfachahndung zu rechtfertigen, jeden der vier betreffenden Rechtsmittelführer im allgemeinen Kontext berücksichtigt, d. h. als gesonderte Rechtspersönlichkeiten mit eigenem Budget und eigenen Interessen. Um zu begründen, dass die Obergrenze nicht überschritten sei, habe es hingegen jeden Verband einzeln und in dem besonderen Kontext des Abschlusses der Vereinbarung vom 24. Oktober 2001 betrachtet, d. h. als Verbände, die alle vier in ein- und demselben Interesse gehandelt hätten, nämlich im Interesse ihrer auf dem Rindfleischmarkt aktiven gemeinsamen Mitglieder. Nur gegen einen einzigen Verband, entweder die FNSEA oder die FNB, in denen jeweils alle gemeinsamen Mitglieder organisiert seien, habe eine Sanktion verhängt werden können, bei der die finanzielle Leistungskraft dieser Mitglieder habe berücksichtigt werden können; bei der gegen die drei anderen Verbände verhängten Sanktion hätten nur deren eigene Einkünfte berücksichtigt werden dürfen.
125 Die Französische Republik trägt vor, da die Basismitglieder der vier betreffenden Rechtsmittelführer mehreren von ihnen angehören könnten, habe das Gericht die Wirtschaftskraft der Rechtsmittelführer überbewertet. Deshalb führe die Berücksichtigung der Umsätze aller Mitglieder jedes einzelnen der vier Rechtsmittelführer bei der Berechnung der Obergrenze der gegen sie verhängten Geldbußen notwendigerweise dazu, dass ihnen eine unverhältnismäßige Geldbuße auferlegt werde.
126 Diese Argumente wurden von den Rechtsmittelführern bereits in der ersten Instanz vorgetragen und sind vom Gericht in den Randnrn. 340 bis 346 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen worden.
127 Das Gericht hat nämlich zunächst die Rechtsprechung in Erinnerung gerufen, nach der die Anwendung des Grundsatzes ne bis in idem, der es verbiete, dieselbe Person mehr als einmal wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens zum Schutz desselben Rechtsguts mit einer Sanktion zu belegen, von der dreifachen Voraussetzung der Identität des Sachverhalts, des Zuwiderhandelnden und des geschützten Rechtsguts abhängt, und festgestellt, dass die Kommission im vorliegenden Fall den Rechtsmittelführern wegen der Beteiligung und nach Maßgabe des individuellen Grades der Beteiligung jedes einzelnen von ihnen an der Zuwiderhandlung Sanktionen auferlegt habe.
128 Als Nächstes hat das Gericht angenommen, der Umstand, dass die FNB, die FNPL und die JA Mitglieder der FNSEA seien, bedeute nicht, dass diese Verbände mehrmals für dieselbe Zuwiderhandlung mit Sanktionen belegt worden seien, da sie eigenständige juristische Personen seien, getrennte Budgets und Ziele hätten, die nicht immer übereinstimmten, und ihre jeweiligen Aktionen zur Verteidigung ihrer eigenen besonderen Interessen durchführten.
129 Schließlich hat das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsprechung, wonach der Umstand, dass der Umsatz der Mitglieder einer Unternehmensvereinigung bei der Ermittlung der Obergrenze von 10 % berücksichtigt wird, weder bedeutet, dass ihnen eine Geldbuße auferlegt wird, noch auch nur, dass die fragliche Vereinigung verpflichtet ist, die finanzielle Last auf ihre Mitglieder abzuwälzen (vgl. Urteil des Gerichts CB und Europay/Kommission, Randnr. 139), in Randnr. 343 des angefochtenen Urteils den Schluss gezogen, dass, da die einzelnen landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe, die indirekte Mitglieder der Rechtsmittelführer seien, durch die streitige Entscheidung nicht mit Sanktionen belegt worden seien, der Umstand, dass die Basismitglieder der FNB, der FNPL und der JA zugleich Mitglieder der FNSEA seien, die Kommission nicht daran gehindert habe, jeden dieser Verbände einzeln mit einer Sanktion zu belegen.
130 Daher durfte das Gericht in Randnr. 344 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis kommen, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem vorgelegen habe, da es an der Identität der Zuwiderhandelnden gefehlt habe, und auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt worden sei, weil die unmittelbaren und mittelbaren Mitglieder der Rechtsmittelführer nicht zweimal für dieselbe Zuwiderhandlung mit Geldbußen belegt worden seien.
131 Folglich ist der vierte Rechtsmittelgrund der FNSEA, der FNB, der FNPL und der JA als unbegründet zurückzuweisen.
Zum sechsten Rechtsmittelgrund der FNCBV, der auf die Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße gerichtet ist
132 Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund wirft die FNCBV dem Gericht vor, dadurch gegen Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 verstoßen zu haben, dass es die gegen sie verhängte Geldbuße auf 360 000 Euro festgesetzt habe, denn dies mache fast 20 % ihres Umsatzes (bezogen auf ihre Einnahmen) aus, obwohl diese Bestimmung die Obergrenze der zu verhängenden Geldbuße auf 10 % des Umsatzes der zuwiderhandelnden Unternehmen festsetze.
133 Da sich dieser Rechtsmittelgrund jedoch auf die Prämisse stützt, dass es der Kommission für die Prüfung, ob die Höhe der verhängten Geldbuße die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 festgesetzte Obergrenze von 10 % des Umsatzes überschreite, nicht gestattet gewesen sei, die Umsätze der Mitglieder der Rechtsmittelführer zu berücksichtigen, ist er zurückzuweisen, denn diese Prämisse ist aus den in den Randnrn. 92 bis 111 des vorliegenden Urteils dargelegten Gründen fehlerhaft.
134 Da die Rechtsmittelführer mit ihrem gesamten Vorbringen unterlegen sind, ist das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.
Kosten
135 Nach Art. 122 Abs. 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
136 Da die Kommission die Verurteilung der Rechtsmittelführer zur Tragung der Kosten beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten aufzuerlegen.
137 Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
2. Die Coop de France bétail et viande, vormals Fédération nationale de la coopération bétail et viande (FNCBV), die Fédération nationale des syndicats d’exploitants agricoles (FNSEA), die Fédération nationale bovine (FNB), die Fédération nationale des producteurs de lait (FNPL) und die Jeunes agriculteurs (JA) tragen die Kosten.
3. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Französisch.