Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62007CJ0068

    Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 29. November 2007.
    Kerstin Sundelind Lopez gegen Miguel Enrique Lopez Lizazo.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Högsta domstolen - Schweden.
    Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 - Art. 3, 6 und 7 - Gerichtliche Zuständigkeit - Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung - Zuständigkeit in Ehescheidungssachen - Antragsgegner, der die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats hat und sich in einem Drittstaat aufhält - Nationale Zuständigkeitsvorschriften, die einen zu weit gehenden Gerichtsstand vorsehen.
    Rechtssache C-68/07.

    Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-10403

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:740

    Rechtssache C-68/07

    Kerstin Sundelind Lopez

    gegen

    Miguel Enrique Lopez Lizazo

    (Vorabentscheidungsersuchen des Högsta domstol)

    „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 – Art. 3, 6 und 7 – Gerichtliche Zuständigkeit – Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung – Zuständigkeit in Ehescheidungssachen – Antragsgegner, der die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats hat und sich in einem Drittstaat aufhält – Nationale Zuständigkeitsvorschriften, die einen exorbitanten Gerichtsstand vorsehen“

    Urteil des Gerichtshofs (Dritte Kammer) vom 29. November 2007 

    Leitsätze des Urteils

    Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung – Verordnung Nr. 2201/2003 – Zuständigkeit in Ehescheidungssachen

    (Verordnung Nr. 2201/2003 des Rates, Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, Art. 6, Art. 7 Abs. 1 und Art. 17)

    Die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung sind dahin auszulegen, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, wenn der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzt, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag nicht aus ihrem nationalen Recht herleiten können, wenn die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 3 dieser Verordnung zuständig sind.

    Nach dem klaren Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nämlich nur dann nach dem nationalen Recht, wenn sich aus den Art. 3 bis 5 der Verordnung keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt. Im Übrigen hat nach Art. 17 der Verordnung das Gericht eines Mitgliedstaats, das in einer Sache angerufen wird, für die es nach der Verordnung keine Zuständigkeit hat, sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund der Verordnung zuständig ist.

    Diese Auslegung wird durch Art. 6 der Verordnung nicht in Frage gestellt, da die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 und Art. 17 der Verordnung nicht von Umständen abhängt, die beim Antragsgegner vorliegen, sondern allein davon, ob ein Gericht eines Mitgliedstaats nach Maßgabe der Art. 3 bis 5 der Verordnung zuständig ist, mit der einheitliche Vorschriften über die internationale Zuständigkeit für Scheidungen eingeführt werden sollen, um einen möglichst umfassenden freien Personenverkehr zu gewährleisten. Daher findet die Verordnung auch auf Angehörige von Drittstaaten Anwendung, bei denen eine hinreichend enge Verbindung zu dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß den in der Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitskriterien gegeben ist, die von dem Grundsatz ausgehen, dass zwischen dem Verfahrensbeteiligten und dem Mitgliedstaat, der die Zuständigkeit wahrnimmt, eine tatsächliche Beziehung bestehen muss.

    (vgl. Randnrn. 18-19, 21, 25-26, 28 und Tenor)







    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

    29. November 2007(*)

    „Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 – Art. 3, 6 und 7 – Gerichtliche Zuständigkeit – Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung – Zuständigkeit in Ehescheidungssachen – Antragsgegner, der die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats hat und sich in einem Drittstaat aufhält – Nationale Zuständigkeitsvorschriften, die einen exorbitanten Gerichtsstand vorsehen“

    In der Rechtssache C‑68/07

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Art. 68 EG und 234 EG, eingereicht vom Högsta domstol (Schweden) mit Entscheidung vom 7. Februar 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Februar 2007, in dem Verfahren

    Kerstin Sundelind Lopez

    gegen

    Miguel Enrique Lopez Lizazo

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J. Klučka, A. Ó Caoimh (Berichterstatter) und A. Arabadjiev,

    Generalanwältin: E. Sharpston,

    Kanzler: R. Grass,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    –       der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,

    –       der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,

    –       der finnischen Regierung, vertreten durch J. Himmanen als Bevollmächtigte,

    –       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Wilderspin und P. Dejmek als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3, 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2116/2004 des Rates vom 2. Dezember 2004 (ABl. L 367, S. 1) in Bezug auf Verträge mit dem Heiligen Stuhl geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2201/2003).

    2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, das von Frau Sundelind Lopez gegen Herrn Lopez Lizazo angestrengt wurde.

     Rechtlicher Rahmen

     Gemeinschaftsrecht

    3       Die Erwägungsgründe 4, 8 und 12 der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten (ABl. L 160, S. 19), die durch die Verordnung Nr. 2201/2003 mit Wirkung zum 1. März 2005 aufgehoben wurde, lauten:

    „(4)      Die Unterschiede zwischen bestimmten einzelstaatlichen Zuständigkeitsregeln und bestimmten Rechtsvorschriften über die Vollstreckung von Entscheidungen erschweren sowohl den freien Personenverkehr als auch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher gerechtfertigt, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung von Entscheidungen und deren Vollstreckung zu vereinfachen.

    (8)      In der vorliegenden Verordnung sind kohärente und einheitliche Maßnahmen vorzusehen, die einen möglichst umfassenden Personenverkehr ermöglichen. Daher muss die Verordnung auch auf Staatsangehörige von Drittstaaten Anwendung finden, bei denen eine hinreichend enge Verbindung zu dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß den in der Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitskriterien gegeben ist.

    (12)      Die Zuständigkeitskriterien gehen von dem Grundsatz aus, dass zwischen dem Verfahrensbeteiligten und dem Mitgliedstaat, der die Zuständigkeit wahrnimmt, eine tatsächliche Beziehung bestehen muss. Die Auswahl dieser Kriterien ist darauf zurückzuführen, dass sie in verschiedenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen bestehen und von den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden.“

    4       Art. 3 („Allgemeine Zuständigkeit“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt:

    „(1)      Für Entscheidungen über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig,

    a)      in dessen Hoheitsgebiet

    –       beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder

    –       die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

    –       der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

    –       im Fall eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

    –       der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder

    –       der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und entweder Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, dort sein ‚domicile‘ hat;

    b)      dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen, oder, im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands, in dem sie ihr gemeinsames ‚domicile‘ haben.“

    5       Die Art. 4 und 5 der Verordnung Nr. 2201/2003 regeln die Zuständigkeit für Gegenanträge bzw. die Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung.

    6       Art. 6 dieser Verordnung („Ausschließliche Zuständigkeit nach den Artikeln 3, 4 und 5“) bestimmt:

    „Gegen einen Ehegatten, der

    a)      seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder

    b)      Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist oder im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands sein ‚domicile‘ im Hoheitsgebiet eines dieser Mitgliedstaaten hat,

    darf ein Verfahren vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur nach Maßgabe der Artikel 3, 4 und 5 geführt werden.“

    7       Art. 7 der Verordnung („Restzuständigkeit“) lautet:

    „(1)      Soweit sich aus den Artikeln 3, 4 und 5 keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt, bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach dem Recht dieses Staates.

    (2)      Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat, kann die in diesem Staat geltenden Zuständigkeitsvorschriften wie ein Inländer gegenüber einem Antragsgegner geltend machen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt oder im Fall des Vereinigten Königreichs und Irlands sein ‚domicile‘ nicht im Hoheitsgebiet eines dieser Mitgliedstaaten hat.“

    8       Art. 17 der Verordnung („Prüfung der Zuständigkeit“) sieht vor:

    „Das Gericht eines Mitgliedstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, für die es nach dieser Verordnung keine Zuständigkeit hat und für die das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung zuständig ist.“

     Nationales Recht

    9       Das Gesetz über bestimmte zwischenstaatliche Rechtsverhältnisse betreffend Ehe und Vormundschaft (Lag [1904:26, S. 1] om vissa internationella rättsförhållanden rörande äktenskap och förmynderskap, SFS 2005, Nr. 431) bestimmt in Kapitel 3 § 2 Nr. 2, dass Ehesachen bei einem schwedischen Gericht anhängig gemacht werden können, wenn der Kläger schwedischer Staatsangehöriger ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Schweden hat oder früher dort gehabt hat, nachdem er das 18. Lebensjahr vollendet hat.

     Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

    10     Frau Sundelind Lopez, eine schwedische Staatsangehörige, ist mit Herrn Lopez Lizazo, einem kubanischen Staatsangehörigen, verheiratet. Zur Zeit ihres Zusammenlebens wohnten die Eheleute in Frankreich. Während Frau Sundelind Lopez noch in Frankreich wohnt, hält sich ihr Mann nunmehr in Kuba auf.

    11     Unter Berufung auf die schwedische Regelung erhob Frau Sundelind Lopez eine Scheidungsklage beim Stockholms tingsrätt (erstinstanzliches Gericht Stockholm). Diese Klage wurde mit Entscheidung vom 2. Dezember 2005 mit der Begründung abgewiesen, dass nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2201/2003 nur die französischen Gerichte zuständig seien und dass demnach Art. 7 dieser Verordnung der Anwendung der schwedischen Zuständigkeitsvorschriften entgegenstehe.

    12     Mit Beschluss vom 7. März 2006 wies das Svea hovrätt (Berufungsgericht von Svealand) die Berufung gegen diese Entscheidung zurück.

    13     Frau Sundelind Lopez legte gegen diesen Beschluss Rechtsmittel beim Högsta domstol (Oberster Gerichtshof) ein. Mit ihrem Rechtsmittel macht sie geltend, dass Art. 6 der Verordnung Nr. 2201/2003, der die Ausschließlichkeit der Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten nach Maßgabe der Art. 3 bis 5 dieser Verordnung vorsehe, wenn der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat habe oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sei, damit implizit zum Ausdruck bringe, dass die ausschließliche Zuständigkeit dieser Gerichte dann nicht gelte, wenn für den Antragsgegner beides nicht zutreffe. Folglich könne das nationale Recht im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der schwedischen Gerichte begründen.

    14     In seiner Vorlageentscheidung führt der Högsta domstol aus, dass die schwedischen Gerichte in der vorliegenden Rechtssache ihre Zuständigkeit im Gegensatz zu den französischen Gerichten nicht auf Art. 3 der Verordnung Nr. 2201/2003 stützen könnten, sondern nur auf ihr nationales Recht. Die Auslegung von Art. 7 dieser Verordnung wirke sich daher unmittelbar auf die Entscheidung im Ausgangsverfahren aus. Der Gerichtshof habe diese Bestimmungen allerdings noch nicht ausgelegt.

    15     Vor diesem Hintergrund hat der Högsta domstol beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Kann, wenn der Antragsgegner in einer Ehescheidungssache weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzt, über die Scheidungsklage ein Gericht in einem Mitgliedstaat, das nicht nach Art. 3 der Verordnung Nr. 2201/2003 zuständig ist, entscheiden, auch wenn ein Gericht in einem anderen Mitgliedstaat nach einer der Zuständigkeitsvorschriften dieses Art. 3 zuständig sein kann?

     Zur Vorlagefrage

    16     Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen sind, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, wenn der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzt, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag aus ihrem nationalen Recht herleiten können, auch wenn die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 3 dieser Verordnung zuständig sind.

    17     Im Ausgangsverfahren ist es unstreitig, dass entsprechend Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 2201/2003 die französischen Gerichte nach dieser Verordnung für die Entscheidung über den Antrag von Frau Sundelind Lopez zuständig sind, und zwar entweder gemäß dem zweiten Gedankenstrich dieser Bestimmung als Gerichte des Ortes des letzten gewöhnlichen Aufenthalts der Eheleute, da Frau Sundelind Lopez noch in Frankreich wohnt, oder gemäß dem fünften Gedankenstrich dieser Bestimmung als Gerichte des Ortes ihres gewöhnlichen Aufenthalts, da sie sich in Frankreich mindestens ein Jahr unmittelbar vor der Einreichung ihres Scheidungsantrags aufgehalten hat.

    18     Nach dem klaren Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nur dann nach dem nationalen Recht, wenn sich aus den Art. 3 bis 5 dieser Verordnung keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt.

    19     Im Übrigen hat nach Art. 17 der Verordnung Nr. 2201/2003, dessen Wortlaut ebenfalls unzweideutig ist, das Gericht eines Mitgliedstaats, das in einer Sache angerufen wird, für die es nach dieser Verordnung keine Zuständigkeit hat, sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung zuständig ist.

    20     Da die französischen Gerichte gemäß den Kriterien in Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 2201/2003 für die Entscheidung über den Antrag im Ausgangsverfahren zuständig sind, können die schwedischen Gerichte demnach ihre Zuständigkeit für eine Entscheidung über diesen Antrag nicht nach Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung auf der Grundlage der Vorschriften ihres nationalen Rechts bejahen, sondern müssen sich nach Art. 17 der Verordnung von Amts wegen zugunsten der französischen Gerichte für unzuständig erklären.

    21     Entgegen dem Vorbringen der italienischen Regierung wird diese Auslegung durch Art. 6 der Verordnung Nr. 2201/2003 nicht in Frage gestellt.

    22     Es trifft zu, dass diese Vorschrift, die vorsieht, dass gegen einen Antragsgegner, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat oder Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, ein Verfahren vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats wegen der Ausschließlichkeit der in den Art. 3 bis 5 der Verordnung Nr. 2201/2003 festgelegten Zuständigkeiten nur nach Maßgabe dieser Bestimmungen geführt werden darf – die die Zuständigkeitsvorschriften des nationalen Rechts also verdrängen –, es andererseits nicht verbietet, dass ein Verfahren gegen einen Antragsgegner, der weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat noch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats hat, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats gemäß den im nationalen Recht dieses Staates vorgesehenen Zuständigkeitsvorschriften geführt wird.

    23     Entsprechend Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 kann dieser Fall eintreten, wenn kein Gericht eines Mitgliedstaats nach Maßgabe der Art. 3 bis 5 dieser Verordnung zuständig ist, da Art. 7 Abs. 2 der Verordnung für eine solche Situation vorsieht, dass ein Antragsteller, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat, dort gegenüber einem solchen Antragsgegner die in diesem letztgenannten Staat geltenden Zuständigkeitsvorschriften wie ein Inländer geltend machen kann.

    24     Daraus lässt sich allerdings nicht herleiten, dass Art. 6 der Verordnung Nr. 2201/2003 die allgemeine Regel aufstellt, dass die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats für die Entscheidung über die Ehescheidung im Fall eines Antragsgegners, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat hat und nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, unter allen Umständen nach nationalem Recht zu bestimmen ist, auch dann, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats nach Maßgabe der Art. 3 bis 5 dieser Verordnung zuständig ist.

    25     Eine solche Auslegung ließe nämlich den klaren Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 und Art. 17 der Verordnung Nr. 2201/2003 außer Acht, deren Anwendung, wie sich aus den Randnrn. 18 bis 20 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht von Umständen abhängt, die beim Antragsgegner vorliegen, sondern allein davon, ob ein Gericht eines Mitgliedstaats nach Maßgabe der Art. 3 bis 5 der Verordnung Nr. 2201/2003 zuständig ist.

    26     Die entsprechende Auslegung stünde überdies im Widerspruch zu dem Ziel dieser Verordnung. Wie sich aus dem vierten und dem achten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1347/2000 – deren Bestimmungen über die Zuständigkeit für Entscheidungen über die Ehescheidung im Wesentlichen in die Verordnung Nr. 2201/2003 übernommen wurden – ergibt, sollen mit ihr einheitliche Vorschriften über die internationale Zuständigkeit für Scheidungen eingeführt werden, um einen möglichst umfassenden freien Personenverkehr zu gewährleisten. Demzufolge findet die Verordnung Nr. 2201/2003 auch auf Angehörige von Drittstaaten Anwendung, bei denen eine hinreichend enge Verbindung zu dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats gemäß den in dieser Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitskriterien gegeben ist, die nach dem zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1347/2000 von dem Grundsatz ausgehen, dass zwischen dem Verfahrensbeteiligten und dem Mitgliedstaat, der die Zuständigkeit wahrnimmt, eine tatsächliche Beziehung bestehen muss.

    27     Im Ausgangsverfahren ergibt sich aus der Anwendung der Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 2201/2003, dass eine solche Verbindung zu Frankreich und nicht zu Schweden besteht.

    28     Damit ist auf die vorgelegte Frage zu antworten, dass die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen sind, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, wenn der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzt, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag nicht aus ihrem nationalen Recht herleiten können, wenn die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 3 dieser Verordnung zuständig sind.

     Kosten

    29     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

    Die Art. 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2116/2004 des Rates vom 2. Dezember 2004 in Bezug auf Verträge mit dem Heiligen Stuhl geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats, wenn der Antragsgegner in einem Ehescheidungsverfahren weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats besitzt, ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über den entsprechenden Antrag nicht aus ihrem nationalen Recht herleiten können, wenn die Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 3 dieser Verordnung zuständig sind.

    Unterschriften


    * Verfahrenssprache: Schwedisch.

    Top