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Document 62007CC0428

Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 3. Februar 2009.
The Queen, auf Antrag von/der Mark Horvath gegen Secretary of State for Environment, Food and Rural Affairs.
Ersuchen um Vorabentscheidung: High Court of Justice (England & Wales), Queen’s Bench Division (Administrative Court) - Vereinigtes Königreich.
Gemeinsame Agrarpolitik - Direktzahlungen - Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 - Art. 5 und Anhang IV - Mindestanforderungen für einen guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand - Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen - Umsetzung durch einen Mitgliedstaat - Übertragung von Befugnissen auf die Regionalbehörden eines Mitgliedstaats - Gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung.
Rechtssache C-428/07.

Sammlung der Rechtsprechung 2009 I-06355

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2009:47

Schlußanträge des Generalanwalts

Schlußanträge des Generalanwalts

Inhaltsverzeichnis

I – Einführung

II – Rechtlicher Rahmen

A – Gemeinschaftsrecht

B – Nationales Recht

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

IV – Vorlagefragen

V – Verfahren vor dem Gerichtshof

VI – Wesentliche Argumente der Parteien

A – Zur ersten Frage

B – Zur zweiten Frage

VII – Rechtliche Würdigung

A – Zur ersten Frage

1. Umweltpolitische Aspekte in der Verordnung Nr. 1782/2003

a) Das Verhältnis von Landwirtschaft und Umweltschutz im Rahmen der GAP

b) Belange des Umweltschutzes in der Verordnung Nr. 1782/2003

c) Die primärrechtlichen Rechtsgrundlagen

2. Die Kompetenzen der Mitgliedstaaten zur Festlegung von Mindestanforderungen

a) Die Verordnung Nr. 1782/2003 als Regelungsermächtigung

b) Die konkrete Durchführung der Verordnung Nr. 1782/2003 in England

i) Der Begriff „Landschaft“ im Sinne der Verordnung Nr. 1782/2003

ii) Der physiognomische Landschaftsbegriff

iii) Der geografische Landschaftsbegriff

– Topografische Merkmale

– Definition des geografischen Landschaftsbegriffs

c) Maßnahme zum Zweck der „Nichtbeseitigung von Landschaftselementen“

d) Instandhaltung von öffentlichen Wegen als Maßnahme zur „Instandhaltung von Flächen“ und zur „Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003

3. Schlussfolgerungen

B – Zur zweiten Frage

1. Zur dezentralen Durchführung des Gemeinschaftsrechts

a) Dezentrale und differenzierte Rechtsetzung im Rahmen der GAP

b) Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Verteilung ihrer innerstaatlichen Kompetenzen

2. Zum Vorwurf des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot

a) Der maßgebliche Bezugsrahmen für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung

i) Entsprechende Anwendung der Kriterien zur Bestimmung der Selektivität im Beihilferecht

ii) Identifizierung der Quelle einer Diskriminierung

b) Schlussfolgerungen

VIII – Ergebnis

I – Einführung

1. Im vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren befasst der High Court of Justice (England & Wales) (im Folgenden: vorlegendes Gericht) den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit zwei Vorlagefragen zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe(2) auf mitgliedstaatlicher Ebene.

2. Die erste Vorlagefrage betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003, wobei das vorlegende Gericht im Einzelnen um Auskunft darüber ersucht, ob es einem Mitgliedstaat gestattet ist, in die darin aufgeführten Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, aufzunehmen. Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es eine unzulässige Diskriminierung darstellt, wenn in den Gebietsteilen eines Mitgliedstaats unterschiedliche Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 gelten, und zwar deshalb, weil die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen vorsehen, dass verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnisse für die verschiedenen Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen.

3. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Horvath (im Folgenden: Kläger) und dem Secretary of State for Environment, Food and Rural Affairs (Ministerium für Umwelt, Ernährung und Landwirtschaft, im Folgenden: Beklagter), in dem es um die Rechtmäßigkeit einer nationalen Durchführungsverordnung geht, die für das Gebiet von England die Mindestanforderungen für einen guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von landwirtschaftlichen Flächen festlegt.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Gemeinschaftsrecht

4. Am 29. September 2003 hat der Rat die Verordnung Nr. 1782/2003 erlassen, die am 28. Oktober 2003 in Kraft getreten ist.

5. Die Verordnung bezweckt die Schaffung einer Einkommensunterstützungsregelung für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in Form einer einheitlichen Betriebsprämie (im Folgenden: Betriebsprämienregelung). Mit der Betriebsprämienregelung soll den Betriebsinhabern ein von der Produktion „abgekoppeltes“ Mindesteinkommen garantiert werden, indem sie „Zahlungsansprüche“ erhalten, aufgrund deren sie jährliche Direktzahlungen beantragen können. Voraussetzung für den Bezug der jährlichen Direktzahlung im Rahmen der Betriebsprämienregelung – soweit vom Betriebsinhaber beantragt – ist die Einhaltung bestimmter sogenannter „anderweitiger Verpflichtungen“ (Art. 3).

6. Die anderweitigen Verpflichtungen umfassen zwei Elemente: die „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ (Art. 4), die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegt werden, und den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (Art. 5).

7. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung bestimmt Folgendes:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere diejenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden, in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand erhalten bleiben. Die Mitgliedstaaten legen auf nationaler oder regionaler Ebene entsprechend dem in Anhang IV vorgegebenen Rahmen Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand fest; sie berücksichtigen dabei die besonderen Merkmale der betreffenden Flächen, einschließlich Boden- und Klimaverhältnisse, Bewirtschaftungssysteme, Flächennutzung, Fruchtwechsel, Wirtschaftsweisen und Betriebsstrukturen. Davon unberührt bleiben die im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 geltenden Standards für die gute landwirtschaftliche Praxis und die Agrarumweltmaßnahmen, die über das Richtmaß der guten landwirtschaftlichen Praxis hinausgehen.“

8. Werden die anderweitigen Verpflichtungen nicht erfüllt, so wird gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 der Gesamtbetrag der in dem betreffenden Kalenderjahr zu gewährenden Direktzahlungen gekürzt oder ausgeschlossen.

9. Anhang IV der Verordnung lautet wie folgt:

„Erhaltung in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5

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B – Nationales Recht

10. 1998 hat das Parlament des Vereinigten Königreichs gesetzliche Vorschriften erlassen, die ein dezentralisiertes Regierungssystem für Wales, Nordirland und Schottland vorsehen. In dezentralisierten Angelegenheiten wird die Regierung des Vereinigten Königreichs im Allgemeinen nur für England tätig.

11. Das gesetzlich geregelte Verhältnis zwischen der Regierung des Vereinigten Königreichs und den dezentralisierten Verwaltungen wird ergänzt durch ein „Devolution Memorandum of Understanding“, mit dessen Hilfe dieses Verhältnis in Form einer politischen Absichtserklärung näher ausgestaltet werden soll. Gemäß den Dezentralisierungsvorschriften und dem „Memorandum of Understanding“ obliegt den dezentralisierten Verwaltungen die Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen, die dezentralisierte Angelegenheiten betreffen. Nach den Dezentralisierungsvorschriften sind den Ministern des Vereinigten Königreichs Befugnisse vorbehalten, aufgrund deren sie eingreifen können, wenn dies zur Gewährleistung der Durchführung solcher Verpflichtungen erforderlich ist. Gegen Gemeinschaftsrecht verstoßende Handlungen oder gesetzgeberische Akte einer dezentralisierten Verwaltung sind gemäß den Dezentralisierungsvorschriften rechtswidrig. Für Mängel in der Umsetzung oder Anwendung von Gemeinschaftsrecht müssen sich die dezentralisierten Verwaltungen unmittelbar vor den nationalen Gerichten in gleicher Weise verantworten wie die Regierung des Vereinigten Königreichs.

12. Grundsätzlich sind die Gemeinsame Agrarpolitik im Allgemeinen und die Durchführung der Verordnung des Rates im Besonderen dezentralisierte Angelegenheiten, für die daher jede einzelne dezentralisierte Verwaltung eigenständig verantwortlich ist. Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003 haben der Beklagte (der dabei ausschließlich für England handelt) und die einzelnen dezentralisierten Verwaltungen deshalb jeweils eigene Durchführungsverordnungen erlassen, in denen die Mindeststandards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zum Teil voneinander abweichend festgelegt sind.

13. Die relevante Durchführungsverordnung für England ist The Common Agricultural Policy Single Payment and Support Schemes (Cross Compliance) (England) Regulations 2004 (Verordnung von 2004 über Betriebsprämien‑ und Unterstützungsregelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik [Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen] [England]), SI 2004/3196 (im Folgenden: englische Durchführungsverordnung), die am 1. Januar 2005 in England in Kraft getreten ist.

14. In den Ziff. 26 bis 29 der Durchführungsverordnung hat die Beklagte Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, in die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand aufgenommen. Sie sind u. a. wie folgt definiert:

„26. Einem Betriebsinhaber ist es untersagt,

(a) ohne gültige Genehmigung oder Entschuldigungsgrund in die Oberfläche eines sichtbaren Fußwegs, eines sichtbaren Reitwegs oder eines sonstigen sichtbaren öffentlichen Wegs, der nicht aus einem Fahrweg mit Belag besteht oder einen solchen umfasst, in einer Weise einzugreifen, die die Ausübung eines öffentlichen Wegerechts beeinträchtigt, oder

(b) ohne gültige Genehmigung oder Entschuldigungsgrund die ungehinderte Fortbewegung auf einem sichtbaren öffentlichen Weg vorsätzlich zu behindern.

27. Ein Betriebsinhaber hat quer über einen sichtbaren Fuß‑ oder Reitweg verlaufende Zaunübertritte, Gatter und ähnliche Strukturen mit Ausnahme von Strukturen, auf die Section 146(5) des Highways Act 1980 (Gesetz von 1980 über öffentliche Wege) Anwendung findet, in einem sicheren Zustand so instand zu halten, dass die Rechte von Nutzern des Fuß- oder Reitwegs nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

28. (1) Hat der Betriebsinhaber in einer durch Section 134 des Highways Act 1980 gestatteten Weise in die Oberfläche eines sichtbaren Fuß- oder Reitwegs (mit Ausnahme von Feldrainwegen) eingegriffen, so hat er innerhalb der nach Maßgabe von Section 134(7) des Highways Act 1980 relevanten Frist oder der nach Maßgabe von Section 134(8) des Highways Act 1980 verlängerten Frist

(a) die Oberfläche des Fuß‑ oder Reitwegs auf wenigstens der Mindestbreite so wiederherzustellen, dass die Ausübung eines Wegerechts hinreichend unbeeinträchtigt möglich ist, und

(b) den Verlauf des Fuß‑ oder Reitwegs auf dem Boden auf mindestens der Mindestbreite so zu kennzeichnen, dass dieser für Bürger, die den Weg benutzen wollen, erkennbar ist.

(2) In dieser Ziffer hat der Begriff ‚Mindestbreite‘ bezogen auf einen öffentlichen Weg die gleiche Bedeutung wie in Schedule 12A des Highways Act 1980.

29. In den Ziff. 26, 27 und 28 dieses Schedule

haben die Begriffe ‚Reitweg‘, ‚Fahrweg‘, ‚Feldrainweg‘, ‚Fußweg‘ und ‚Fahrweg mit Belag‘ jeweils die in Section 329 Abs. 1 des Highways Act 1980 angegebene Bedeutung;

hat der Begriff ‚öffentlicher Weg‘ die in Section 328 des Highways Act 1980 angegebene Bedeutung;

bedeutet ‚sichtbar‘, dass der Weg für eine Person mit normaler Sehkraft, die ihn entlang geht oder reitet, als solcher sichtbar ist.“

15. Keine der Durchführungsverordnungen der dezentralisierten Verwaltungen enthält Vorschriften, die den Ziff. 26 bis 29 der englischen Verordnung entsprechen.

16. Das vorlegende Gericht hat die Rechtsfolgen der einschlägigen Vorschriften des Highways Act 1980 wie folgt zusammengefasst:

„Der Eingriff in die Oberfläche eines Fußwegs, Reitwegs oder sonstigen öffentlichen Wegs, der nicht aus einem Fahrweg mit Belag besteht oder einen solchen umfasst, ist gemäß Section 131A strafbar. Section 134 gestattet das Umpflügen von Fuß- und Reitwegen, die keine Feldrainwege sind, stellt jedoch die Nichtwiederherstellung innerhalb bestimmter Fristen unter Strafe. Die Beeinträchtigung der ungehinderten Fortbewegung auf einem öffentlichen Weg ist gemäß Section 137 strafbar. Nach Section 146(1) ist der Eigentümer eines Grundstücks verpflichtet, Zaunübertritte, Gatter und ähnliche Einrichtungen instand zu halten. Die Ziff. 26 bis 28 entsprechen daher im Wesentlichen den genannten Bestimmungen im Highways Act 1980, gelten allerdings nur für sichtbare Wege, an denen öffentliche Wegerechte bestehen. …“

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

17. Der Kläger ist Landwirt und geschäftsführender Teilhaber eines landwirtschaftlichen Familienbetriebs in der Grafschaft Suffolk, England. Ihm stehen Zahlungsansprüche nach der Betriebsprämienregelung zu. An seinem Land bestehen öffentliche Wegerechte gemäß den einschlägigen englischen Bestimmungen.

18. Der Kläger hat sich an das vorlegende Gericht gewandt und die richterliche Überprüfung der Ziff. 26 bis 29 der englischen Durchführungsverordnung beantragt. Er macht geltend, dass die Aufnahme von Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zum einen handele es sich bei den öffentlichen Wegen nicht um landwirtschaftliche Flächen. Zum anderen verstoße die englische Durchführungsverordnung gegen den gemeinschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, da keine der Durchführungsverordnungen der anderen dezentralisierten Verwaltungen im Vereinigten Königreich entsprechende Vorschriften enthalte.

19. Das vorlegende Gericht hat daraufhin beschlossen, den Gerichtshof nach Art. 234 EG um die Auslegung der Verordnung Nr. 1782/2003 zu ersuchen. Gegen diesen Beschluss hat der Beklagte ein Rechtsmittel eingelegt, das der Court of Appeal zurückgewiesen hat.

IV – Vorlagefragen

20. Der Court of Appeal hat mit Beschluss vom 11. Juli 2007 die folgenden Fragen des High Court dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung übermittelt:

Wenn ein Mitgliedstaat ein dezentralisiertes Regierungssystem vorgesehen hat, in dessen Rahmen den staatlichen Zentralbehörden Befugnisse verbleiben, für das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu handeln, um sicherzustellen, dass der Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 erfüllt:

1. Darf ein Mitgliedstaat in seine Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, aufnehmen?

2. Kann es – wenn die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen eines Mitgliedstaats vorsehen, dass verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnis für verschiedenen Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen – eine unzulässige Diskriminierung darstellen, wenn in den Gebietsteilen unterschiedliche Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 gelten?

V – Verfahren vor dem Gerichtshof

21. Der Vorlagebeschluss ist am 14. September 2007 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

22. Schriftliche Erklärungen haben der Kläger des Ausgangsverfahrens, die Regierungen des Vereinigten Königreichs und der Bundesrepublik Deutschland sowie die Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht.

23. In der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2008 sind die Prozessbevollmächtigten des Klägers des Ausgangsverfahrens, der Regierungen des Vereinigten Königreichs, der Bundesrepublik Deutschland, Irlands sowie der Kommission erschienen, um Ausführungen zu machen.

VI – Wesentliche Argumente der Parteien

A – Zur ersten Frage

24. Der Kläger des Ausgangsverfahrens vertritt die Auffassung, dass die von der englischen Durchführungsverordnung vorgeschriebene Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, nicht zu den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gehöre, die ein Mitgliedstaat gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 festlegen dürfe. Dazu gehörten vielmehr die Nichtbeseitigung von Landschaftselementen, die Betriebsstrukturen und die Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen. Der Kläger bringt außerdem vor, dass Art. 43 der Verordnung Nr. 1782/2003 ausdrücklich die Wege auf landwirtschaftlichen Feldern ausschließe, wenn diese als Futterflächen verwendet werden, und schließt daraus, dass Wegerechte nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen könnten, da sie sich auf Wege bezögen. Hinzu komme, dass die Verordnung Nr. 1782/2003 gemeinsame Regelungen für die Gemeinschaft festlege, die es verbiete, dass die Mindestanforderungen von den Mitgliedstaaten entweder ignoriert oder auf bestimmte Regionen ihres Staatsgebiets erweitert würden.

25. Auch wenn die streitgegenständlichen englischen Bestimmungen als Umweltschutzbestimmungen betrachtet werden sollten, würden sie keine Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand darstellen. Da die Verordnung Nr. 1782/2003 als Rechtsgrundlage die Bestimmungen des Vertrags im Bereich der Landwirtschaft habe, dürfe das Umweltschutzelement in jenen Mindestanforderungen nicht als eine eigene, reine Umweltschutzkriterien enthaltende Bestimmung verstanden werden. Gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 1782/2003 seien allein die Gemeinschaftsorgane befugt, Grundanforderungen im Bereich der Umwelt festzulegen.

26. Nach Ansicht der Regierung des Vereinigten Königreichs muss die erste Frage positiv beantwortet werden. Sie verweist dabei auf die Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 1782/2003 und insbesondere auf die ausdrückliche Aufnahme von Umweltschutzbelangen in ihre Bestimmungen, allen voran in Art. 5.

27. Die Regierung des Vereinigten Königreichs bringt vor, dass die im Anhang IV aufgeführte Nichtbeseitigung von Landschaftselementen die Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, mitumfasse. Eine weite Auslegung dieses Begriffs sei angezeigt, da der Begriff „Landschaft“ in der Umweltgesetzgebung der Gemeinschaft u. a. vom Menschen geschaffene Elemente, aber auch Elemente von historischem, kulturellem oder archäologischem Wert umfasse, womit sie den Umstand anerkenne, dass die Landschaft ein wesentlicher Teil der Umwelt sei. Insofern sei es den Umweltschutzzielen des Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003 abträglich, wenn der Begriff der Landschaftselemente einschränkend ausgelegt werde und zwar dahin gehend, dass Wegerechte für Pfade und Reitwege ausgeschlossen würden. Darüber hinaus stünden gemäß Anhang IV diese „Standards“ in Verbindung zum „Gegenstand“ der Gewährleistung eines „Mindestmaßes an landschaftspflegerischen Instandhaltungsmaßnahmen“ und der „Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“.

28. Die Kommission trägt vor, dass die erste Frage den Umsetzungsspielraum, den Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 den Mitgliedstaaten einräume, zum Gegenstand habe. Ihrer Ansicht nach verfügen die Mitgliedstaaten über einen beträchtlichen Spielraum bei der Festlegung der Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen, so dass je nach Mitgliedstaat oder sogar je nach Region erhebliche Unterschiede in den einzelnen Mindestanforderungen bestehen könnten. Außerdem seien manche im Anhang IV enthaltene Begriffe wie „geeigneter Maschineneinsatz“ oder „Landschaftselemente“ so allgemein, dass sie den Mitgliedstaaten einen weiten Auslegungsspielraum einräumten.

29. Die Kommission erklärt, dass der Begriff „Landschaftselemente“ im Mittelpunkt des Ausgangsrechtsstreits stehe, wobei ein Mitgliedstaat durchaus die Auffassung vertreten dürfe, dass die Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, zum Schutz von Lebensräumen vor Zerstörung, was auch ein „Gegenstand“ von Anhang IV sei, geeignet sei. Ebenfalls dürfe ein Mitgliedstaat Wege als „Landschaftselemente“ ansehen. Darüber hinaus ermächtigen ihrer Ansicht nach die Worte „und ökologischen“ im Anschluss an das Wort „landwirtschaftlichen“ in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 die Mitgliedstaaten dazu, Mindestanforderungen zu rein umweltpolitischen Zwecken festzulegen. Es gebe keinen Widerspruch zwischen der Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1782/2003 und der Aufnahme umweltpolitischer Ziele in ihre Bestimmungen, da Art. 6 EG gerade die Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen bei der Definition und der Umsetzung anderer Gemeinschaftspolitiken, einschließlich der Agrarpolitik, vorsehe.

B – Zur zweiten Frage

30. Der Kläger bringt vor, dass eine Ungleichbehandlung bei gleich gelagerten Situationen innerhalb des einheitsstaatlich verfassten Vereinigten Königreichs bestehe. Dieser Umstand erhöhe den Druck auf die englischen Landwirte, die ähnlich ihren Kollegen aus anderen Landesteilen die Gesamtheit ihrer Zahlungsansprüche erhalten wollten. Eine solche Ungleichbehandlung sei nicht objektiv gerechtfertigt und verletze daher den allgemeinen Rechtsgrundsatz der Nichtdiskriminierung, den jeder Mitgliedstaat, vor allem bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht, respektieren solle, ungeachtet seiner verfassungsmäßigen nationalen Bestimmungen oder der innerstaatlichen Kompetenzverteilung im Bereich der Gesetzgebung. Ferner stehe eine solche Ungleichbehandlung im Widerspruch zu den Vertragsbestimmungen betreffend die Landwirtschaft.

31. Auch wenn, so der Kläger, Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 vorsehe, dass ein Mitgliedstaat die Mindestanforderungen auf nationaler oder regionaler Ebene festlegen dürfe, bedeute dies nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber den Regionalregierungen innerhalb der Mitgliedstaaten eine Kompetenz zur Festlegung der Mindestanforderungen zuerkenne. Ferner beziehe sich der Ausdruck „regionale Ebene“ auf Zonen, deren Einheit durch von der Verordnungsbestimmung vorgegebene Merkmale gerechtfertigt sei, und sei nicht etwa im politischen Sinne zu verstehen. Dessen ungeachtet sei, auch wenn Art. 5 Abs. 1 einem Mitgliedstaat die Entscheidung darüber überlasse, auf welcher Ebene die Mindestanforderungen festgelegt werden sollen, dieser Mitgliedstaat gehalten, jeglichen Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung in seinem Staatsgebiet zu verhindern.

32. Die Regierung des Vereinigten Königreichs schlägt vor, die zweite Vorlagefrage zu verneinen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zeige, dass die Mitgliedstaaten befugt seien, ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen durch den Erlass von Maßnahmen entweder zentral, auf regionaler oder auf örtlicher Ebene zu erfüllen. Dementsprechend sei es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 im Vereinigten Königreich auf regionaler Ebene ausgeführt werde. Indem der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung das Recht der Mitgliedstaaten anerkenne, eine Umsetzung auf regionaler Ebene zu beschließen, sei der Gerichtshof davon ausgegangen, dass eine unterschiedliche Art der Durchführung durch die regionalen Behörden keine dem Gemeinschaftsrecht widersprechende Diskriminierung darstelle. Eine Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts könne nur entstehen, wenn ein und derselbe Gesetzgeber identische Sachverhalte unterschiedlich behandle. Diese Schlussfolgerung sei logisch, da die unterschiedliche Art der Durchführung in den einzelnen Regionen im Prinzip nicht diskriminierender sei als bei der unterschiedlichen Art der Durchführung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Außerdem zeige der Umstand, dass Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 die Festlegung von Mindeststandards „auf nationaler oder regionaler Ebene“ erwähne, dass es einem Mitgliedstaat offenstehe, seine Verpflichtungen auf regionaler oder örtlicher Ebene zu erfüllen, wobei diese Möglichkeit freilich nicht von einer ausdrücklichen Erwähnung abhänge.

33. Schließlich führt die Regierung des Vereinigten Königreichs aus, dass ein solcher Ansatz mit dem Grundsatz der Subsidiarität sowie dem ihm zugrunde liegenden Prinzip, wonach Entscheidungen so bürgernah wie möglich zu treffen seien, vereinbar sei.

34. Die deutsche Regierung , deren Ausführungen sich ausschließlich auf die zweite Frage beziehen, schlägt ebenfalls vor, die zweite Frage zu verneinen. Nach ihrer Auffassung verstoßen unterschiedliche Mindestanforderungen in Gebietsteilen, die durch verschiedene dezentralisierte Stellen gesetzt werden, nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche allgemeine Diskriminierungsverbot, da bereits keine Ungleichbehandlung vorliege. Das Gemeinschaftsrecht erkenne die innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Strukturen und die Zuständigkeitsverteilung für die Durchführung von Gemeinschaftsrecht, insbesondere die Zuständigkeit regionaler Gebietskörperschaften, an. Vor diesem Hintergrund sei für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung nicht der gesamte Mitgliedstaat der richtige Bezugsrahmen, sondern vielmehr die jeweils zuständige regionale Gebietskörperschaft, die das Gemeinschaftsrecht in eigener Zuständigkeit durchführe.

35. Des Weiteren macht die deutsche Regierung geltend, dass eine eventuelle Ungleichbehandlung durch die vom nationalen Recht, insbesondere dem Verfassungsrecht, vorgesehene Verteilung der Befugnisse zwischen zentralen und dezentralen Stellen in einem Mitgliedstaat objektiv gerechtfertigt sei.

36. Die Kommission macht darauf aufmerksam, dass gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 die Mitgliedstaaten Mindestanforderungen auf nationaler oder regionaler Ebene festlegten. Es sehe nicht danach aus, als habe der Gemeinschaftsgesetzgeber einen einheitlichen Ansatz in jedem Mitgliedstaat für notwendig erachtet. Auch wenn die Auffassung vertretbar sei, dass die Regionalisierung der Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen nur unter der Voraussetzung gestattet sei, dass sie in Einklang mit den verschiedenen Zielen der Regionen stehe, sei es viel wahrscheinlicher, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber einfach jedem Mitgliedstaat die Wahl der geeigneten Regelungsebene innerhalb seines jeweiligen politischen Systems überlassen habe, um die notwendigen Normen zu erlassen.

37. Bezüglich der Frage der Diskriminierung ist die Kommission der Ansicht, dass eine Ungleichbehandlung nur zu einer solchen Diskriminierung im Sinne des Gemeinschaftsrechts führen könne, wenn sie sich einer einzigen Quelle zurechnen lasse. Insofern sei das Vorbringen der Klägerin des Ausgangsverfahrens zurückzuweisen, wonach das Vereinigte Königreich deshalb Urheber der Diskriminierung sei, weil es zum einen die Verantwortung für die Erfüllung seiner gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung habe und zum anderen eine Art der Ausführung der fraglichen Bestimmungen gewählt habe, die für eine Diskriminierung ursächlich sei. Die Kommission legt dar, dass keine Bestimmung des Vertrags die dezentrale Struktur mancher Mitgliedstaaten in Frage stelle. Es sei vielmehr so, dass jedem Mitgliedstaat das Recht zustehe, die politische Ebene zu bestimmen, auf der bestimmte Materien, einschließlich der Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht, geregelt würden, sofern das Ziel der jeweiligen Gemeinschaftsregelung gewährleistet werde. Der Umstand, dass die Minister des Vereinigten Königreichs eine Restbefugnis zum Eingriff in dezentralisierte Bereiche behielten, sei für die vorliegende Rechtssache unbeachtlich.

38. Die irische Regierung hat in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen die Position der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie der Kommission unterstützt. Zur zweiten Frage hat sie vorgebracht, die Mitgliedstaaten seien grundsätzlich befugt, selbst und in Übereinstimmung mit ihren Verfassungsbestimmungen über die Art der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts im innerstaatlichen Bereich zu entscheiden. Voraussetzung sei allerdings, dass die erlassenen Maßnahmen sich innerhalb des eingeräumten Umsetzungsspielraums befänden und die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts verwirklicht würden. Unterschiede in der konkreten Umsetzung seien daher nach Gemeinschaftsrecht zulässig und stellten keine Diskriminierung der Rechtsunterworfenen dar.

39. Die irische Regierung äußert sich ferner besorgt darüber, dass eine gegenteilige Auslegung durch den Gerichtshof die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich in Angelegenheiten, die in die Kompetenz der Behörden Nordirlands fallen, etwa im Bereich der Landwirtschaft und des Umweltschutzes, gefährden könnte.

VII – Rechtliche Würdigung

A – Zur ersten Frage

40. Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die in der englischen Durchführungsverordnung vorgesehene Verpflichtung der Landwirte, für die Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, zu sorgen, von der Verordnung Nr. 1782/2003 gedeckt ist. Dazu müsste sie den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne des Art. 5 Abs. 1 zugerechnet werden.

41. Ein weiterer Hauptstreitpunkt im vorliegenden Verfahren, der meines Erachtens zuerst zu behandeln ist, betrifft die Frage, ob die Verordnung Nr. 1782/2003 die nationalen Behörden auch zum Erlass von umweltpolitischen Maßnahmen ermächtigt. Während die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission diese Kompetenz bejahen, wird sie vom Kläger des Ausgangsverfahrens(3) grundsätzlich in Frage gestellt.

42. Die Beantwortung dieser Fragen setzt eine Auslegung der Verordnung Nr. 1782/2003 voraus, wobei sie zum besseren Verständnis ihres Regelungszwecks erst einmal in ihrem Gesamtkontext als gesetzgeberische Maßnahme zur Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) betrachtet werden muss. Beleuchtet werden müssen daher zunächst die historisch-politischen Hintergründe ihrer Entstehung. Anschließend ist auf die relevanten Bestimmungen der Verordnung sowie auf ihre primärrechtlichen Rechtsgrundlagen einzugehen.

1. Umweltpolitische Aspekte in der Verordnung Nr. 1782/2003

a) Das Verhältnis von Landwirtschaft und Umweltschutz im Rahmen der GAP

43. Die Landwirtschaft besaß lange Zeit eine Vorreiterrolle im europäischen Integrationsprozess. Die GAP war einer der ersten Bereiche, in denen die Mitgliedstaaten zugunsten der Gemeinschaft auf einen Teil ihrer nationalen Hoheitsgewalt verzichtet und den weitaus größten Teil des Gemeinschaftshaushalts durch Ausgaben gebunden haben. Diese Vorreiterrolle erklärt sich aus der besonderen Situation in den Nachkriegsjahren und ihrer Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung: Die GAP wurde ursprünglich entwickelt, um den Forderungen nach einer Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung, einer Stabilisierung der Märkte und einem angemessenen Lebensstandard der landwirtschaftlichen Bevölkerung nachzukommen(4) .

44. Während die GAP in den sechziger Jahren wegen ihres Integrationsvorsprungs noch als Motor der Integration galt, hat sie sich, bedingt durch verschiedene Fehlentwicklungen, teilweise zu einer Belastung für die Gemeinschaft entwickelt. So haben der technische Fortschritt, die intensive Produktionsweise sowie die damit verbundene Erwirtschaftung von Überschüssen zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Umwelt geführt. Angesichts dieser neuen Umweltgefährdungen richteten sich die Bemühungen der Gemeinschaft zur Neuorientierung und Reform der GAP u.a. auf ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Umweltschutz(5) .

45. Von besonderer Bedeutung auf dem Weg zu einem Agrarumweltrecht der Gemeinschaft war die auf dem Europäischen Rat vom 26. März 1999 in Berlin verabschiedete „Agenda 2000“(6), die ein neues europäisches Landwirtschaftsmodell vorgab, in dem Umweltbelange eine größere Rolle spielen sollten. Erwähnenswert ist ferner die am 10. Juli 2002 von der Kommission vorgestellte Halbzeitbewertung der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik(7), die von den Staats- und Regierungschefs zur „Agenda 2000“ vereinbart worden war, und in der sie die gesamtbetriebliche Bindung der produktionsunabhängigen, betriebsbezogenen Einheitszahlungen an die Einhaltung verpflichtender „Cross-Compliance“-Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie Tierschutz empfahl.

46. Ein entsprechender Ansatz war bereits mit der horizontalen Verordnung (EG) Nr. 1259/1999(8) eingeführt worden, deren Art. 3 den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auferlegte, Umweltmaßnahmen zu ergreifen(9) . Darin waren die Direktzahlungen vereinheitlicht und an Umweltschutzauflagen gebunden worden. Diese Verordnung berücksichtigte, wie die später erlassene Verordnung Nr. 1782/2003 auch, die Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens ist, bereits Aspekte des Bodenschutzes. Stand den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung Nr. 1259/1999 allerdings noch ein Ermessensspielraum hinsichtlich der Anwendung von Schutzauflagen zu, so sind nach der Verordnung Nr. 1782/2003 nunmehr alle Bezieher von Direktzahlungen dieser Maßnahme unterworfen(10) .

b) Belange des Umweltschutzes in der Verordnung Nr. 1782/2003

47. Aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr. 1782/2003 geht hervor, dass eine stärkere Gewichtung umweltpolitischer Belange als im ursprünglichen Kommissionsvorschlag(11) vorgesehen gewollt war. So wurde die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, gemäß Art. 5 Abs. 1 sicherzustellen, dass alle landwirtschaftlichen Flächen „in gutem ökologischen Zustand“ erhalten bleiben, erst nachträglich im Verlauf des Rechtsetzungsverfahrens eingefügt. Dasselbe gilt für die in Art. 3 der Verordnung Nr. 1782/2003 im Wesentlichen gleich formulierte Verpflichtung eines Direktzahlungen beziehenden Betriebsinhabers, dem die Umsetzung der mitgliedstaatlichen Vorgaben vor Ort obliegt.

48. Dieser Zusatz neben der Verpflichtung zum Erhalt von landwirtschaftlichen Flächen „in gutem landwirtschaftlichen Zustand“ hat weitreichende Folgen für die Auslegung der Verordnung Nr. 1782/2003, da er darauf schließen lässt, dass aus der Sicht des Gemeinschaftsgesetzgebers beide Zielsetzungen als gleichrangig zu betrachten sind.

49. Hervorzuheben ist dabei die Tatsache, dass Art. 2 Buchst. c der Verordnung Nr. 1782/2003 eine Legaldefinition des Begriffs „landwirtschaftliche Tätigkeit“ enthält, die neben klassischen Tätigkeiten ausdrücklich „die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Artikel 5“ umfasst.

50. Zudem ist festzustellen, dass die Verpflichtung zum Erhalt in gutem ökologischen Zustand ausnahmslos für „alle landwirtschaftlichen Flächen, insbesondere für diejenigen, die nicht mehr für die Erzeugung genutzt werden“, gilt. Begründet wird diese Regelung im dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003, aus dem hervorgeht, dass ihr legislatives Ziel darin besteht, einer Aufgabe landwirtschaftlicher Flächen vorzubeugen. Der Sinn dieser Regelung liegt folglich im Erhalt der potenziellen Nutzbarkeit einer Fläche zu landwirtschaftlichen Zwecken für die Zukunft. Es ist somit erkennbar, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber sich dabei des engen Zusammenhangs zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft bewusst war.

51. Bezeichnend für die oben dargestellte Reform der GAP, die dem Umweltschutz zentrale Bedeutung einräumt(12), ist ferner die in der Verordnung Nr. 1782/2003 zum Ausdruck kommende politische Konditionalität im Sinne einer Koppelung von Direktbeihilfen an die Einhaltung verbindlicher Vorschriften, die grundlegende Anforderungen des Umweltschutzes einbeziehen. Darauf wird im zweiten Erwägungsgrund ausdrücklich hingewiesen. Gleiches gilt für die im 24. Erwägungsgrund unterstrichene Notwendigkeit, die einheitliche Betriebsprämie an die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen u.a. im Bereich des Umweltschutzes zu knüpfen.

52. Dass die Verordnung Nr. 1782/2003 teilweise auch rein umweltpolitische Ziele verfolgt und die Mitgliedstaaten zum Ergreifen entsprechender Maßnahmen ermächtigt, beweist schließlich die in Anhang IV aufgeführte Notwendigkeit der „Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“ sowie der „Nichtbeseitigung von Landschaftselementen“, die eher umweltpolitischen als agrarpolitischen Charakter haben.

53. Aus den vorstehenden Feststellungen wird ersichtlich, dass die GAP sich zu einer Gemeinschaftspolitik entwickelt hat, die den Umweltschutz im Blickfeld hat. Die Verordnung Nr. 1782/2003 spiegelt diese Politik insofern wider, als sie ungeachtet der Schwerpunktsetzung auf landwirtschaftliche Aspekte auch umweltpolitische Ziele verfolgt(13) . Infolgedessen werden die Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV auch zum Handeln im Interesse des Umweltschutzes ermächtigt.

c) Die primärrechtlichen Rechtsgrundlagen

54. Dieser Befund steht auch in Einklang mit den Vorgaben des Primärrechts. Der Rat hat die Verordnung Nr. 1782/2003 gestützt auf den Vertrag, insbesondere auf die Art. 36 EG, 37 EG und 299 Abs. 2 EG, und damit auf die Bestimmungen betreffend die Agrarpolitik erlassen.

55. Dies schließt jedoch eine Einbeziehung umweltpolitischer Inhalte nicht aus, zumal der durch den Vertrag von Amsterdam als Querschnittsklausel geschaffene Art. 6 EG bestimmt, dass die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung sämtlicher Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen einbezogen werden müssen. Diese Bestimmung entspricht dem Grundsatz, dass alle Gemeinschaftsmaßnahmen den Erfordernissen des Umweltschutzes gerecht werden müssen. Sie setzt voraus, dass eine Gemeinschaftsmaßnahme nicht allein deswegen zur Umweltpolitik der Gemeinschaft gehört, weil sie deren Anforderungen berücksichtigt(14) .

56. Mit dem Instrument des Art. 6 EG soll vor allem die Erreichung der Ziele der Art. 2 EG, 3 EG und 174 Abs. 1 EG sichergestellt werden(15) . Nicht ausgeschlossen ist somit, dass in bestimmten Situationen aufgrund dieser Vertragsbestimmung der Schutz der Umwelt gegenüber den anderen Zielen der GAP überwiegen kann(16) .

2. Die Kompetenzen der Mitgliedstaaten zur Festlegung von Mindestanforderungen

a) Die Verordnung Nr. 1782/2003 als Regelungsermächtigung

57. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat im Bereich der GAP seine Regelungskompetenzen selten dergestalt erschöpfend wahrgenommen, dass den Mitgliedstaaten keinerlei Regelungsbefugnis mehr verblieb. Ohnehin verlangt der Vertrag nicht, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber agrarpolitische Materien abschließend regelt. Der Gemeinschaftsgesetzgeber kann es für bestimmte Materien oder einzelne Regelungsgegenstände grundsätzlich auch bei nationalen Regelungen belassen(17), zumal den Mitgliedstaaten eine zentrale Rolle bei der legislativen und administrativen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zukommt.

58. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Die Verordnung Nr. 1782/2003 ist nämlich als Regelungsermächtigung(18) ausgestaltet, die ausdrücklich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen enthält. Gemäß Art. 5 Abs. 1 legen diese nämlich „Mindestanforderungen“ entsprechend dem in Anhang IV vorgegebenen „Rahmen“ fest, der sich seinerseits aus einer Reihe von „Gegenständen“ und „Standards“ zusammensetzt. Beide Kategorien umfassen sowohl Zielsetzungen als auch Kriterien, die bei der Um setzung der Vorgaben zu berücksichtigen sind. Die Verordnung Nr. 1782/2003 beschränkt sich also darauf, einen allgemeinen Regelungsrahmen vorzugeben(19), wobei sie, wie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission zu Recht anführen, den Mitgliedstaaten einen beträchtlichen Ausgestaltungsspielraum einräumt(20) . Ihnen obliegt damit die Pflicht, den vorgegebenen Regelungsrahmen in eigener Verantwortung innerhalb der eigenen Rechtsordnung zu konkretisieren.

59. Hinzu kommt ein weiter Auslegungsspielraum, der aus der Verwendung von generalklauselartigen Tatbeständen und auslegungsbedürftigen Begriffen, wie etwa betreffend die „Geeignetheit“ der jeweiligen mitgliedstaatlichen Maßnahmen oder der einzusetzenden Maschinen, resultiert. Insoweit ist dem Vorbringen der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission zuzustimmen.

b) Die konkrete Durchführung der Verordnung Nr. 1782/2003 in England

60. Dies entbindet die Mitgliedstaaten allerdings nicht von der Pflicht, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen, die im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehen. Die Verordnung Nr. 1782/2003 stellt den rechtlichen Maßstab dar, an dem die mitgliedstaatlichen Durchführungsmaßnahmen zu messen sind(21) .

61. Zu der zentralen Frage, ob die Verpflichtung der Landwirte, für die Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, zu sorgen, den Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne des Art. 5 Abs. 1 zugerechnet werden kann, führt die Regierung des Vereinigten Königreichs aus, eine solche Tätigkeit lasse sich dem im Anhang IV aufgeführten Standard der „Nichtbeseitigung von Landschaftselementen“ zuordnen. Dies wird indes vom Kläger des Ausgangsverfahrens bestritten.

i) Der Begriff „Landschaft“ im Sinne der Verordnung Nr. 1782/2003

62. Es stellt sich daher die Frage, was unter dem Begriff „Landschaftselement“ zu verstehen ist. Da die Verordnung Nr. 1782/2003 selbst keine Legaldefinition dieses Begriffs enthält, unterliegt er der Auslegungskompetenz des Gerichtshofs. Dabei sind der natürliche Sprachgebrauch sowie der Kontext, in dem der Begriff in der Regel verwendet wird, zu berücksichtigen.

63. Dem Wort „Landschaft“, der diesem Begriff in der englischen Sprachfassung ( „landscape features“ )(22) innewohnt, scheint neben der Bedeutung für die Kunst eine rein physiognomische sowie eine geografische Bedeutung zuzukommen(23) . Meines Erachtens kommt es im vorliegenden Fall auf eine Untersuchung der beiden letzten Kategorien an.

ii) Der physiognomische Landschaftsbegriff

64. Der physiognomische Landschaftsbegriff bezeichnet nichts anderes als „einen aus einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Richtung sichtbaren Teil einer Landfläche“(24) . Wege, an denen erkennbar öffentliche Wegerechte bestehen, und die von einem Ort mit einem Blick erfasst werden könnten, müssten nach dieser Definition vom Landschaftsbegriff mit umfasst sein.

iii) Der geografische Landschaftsbegriff

– Topografische Merkmale

65. Der Begriff „Landschaftselemente“ in Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 weist jedoch gewisse semantische Unterschiede in den einzelnen Sprachfassungen auf. So ist etwa in der französischen Sprachfassung von „particularités topographiques“ (25) die Rede, was auf den geografischen Landschaftsbegriff Bezug nimmt, zumal die Topografie ein Begriff aus der Geografie ist.

66. In enger Anlehnung an den griechischen Ursprung des Wortes „Topografie“(26) bedeutet der heutige wissenschaftliche Begriff zum einen „Ortskunde“, „Lagebeschreibung“, „Landesaufnahme“. Zum anderen wird er aber auch gebraucht, um die Konfiguration bzw. Struktur eines Ortes selbst zu bezeichnen. Der Begriff „Topografie“ bezieht sich also nicht nur auf die Technik, eine bestimmte Konfiguration eines Ortes bzw. die Struktur der Erdoberfläche auf einer Karte darzustellen, sondern auch auf die abzubildenden Gegebenheiten. Diese Gegebenheiten bzw. die topografischen Merkmale können sowohl aus der Natur als auch von menschlichen Einflüssen herrühren(27) . Zu den von Menschenhand geschaffenen Gegebenheiten zählen neben verschiedenen Bauten und Infrastrukturen auch Straßen(28) .

67. Unter diesen Umständen bereitet es keine Schwierigkeiten, Wege, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, als topografische Merkmale zu bezeichnen.

– Definition des geografischen Landschaftsbegriffs

68. Dessen ungeachtet schließt der geografische Landschaftsbegriff auch topografische Merkmale ein. Dieser bezeichnet nach einer Definition „einen bestimmten Teil der Erdoberfläche, der nach seinem äußeren Erscheinungsbild und durch das Zusammenwirken der hier herrschenden Geofaktoren (einschließlich der menschlichen Tätigkeit) eine charakteristische Prägung besitzt und sich dadurch vom umgebenden Raum abhebt“(29) . Nach einer weiteren Definition wird unter „Landschaft“ im geografischen Sinne „ein Teil eines Landes oder einer Region mit seinen charakteristischen topografischen Merkmalen, so wie er durch (für gewöhnlich natürliche) Prozesse oder Agentien geformt oder verändert wird“ (30), bezeichnet.

69. Nach diesen Definitionen können Wege, an denen erkennbar öffentliche Wegerechte bestehen, „Landschaftselemente“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 darstellen. Die erste der oben genannten Definitionen, die den geografischen Landschaftsbegriff umschreiben, spricht nämlich ausdrücklich davon, dass ein Teil der Erdoberfläche auch von menschlicher Tätigkeit – wie dem Anlegen von Wegen – geprägt sein kann. Die zweite Landschaftsdefinition scheint solche menschlichen Einflüsse zumindest nicht vollkommen auszuschließen, auch wenn sie davon ausgeht, dass das abgrenzbare Land hauptsächlich von natürlichen Faktoren geprägt sein wird.

70. Das Auslegungsergebnis, dass Wege, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, vom Begriff „Landschaft“ mit umfasst sind, wird ferner durch die Tatsache gestützt, dass menschliche Eingriffe in die Natur keinesfalls stets nur als schädlich angesehen werden müssen, sondern durchaus auch als wertvoller Faktor der Umweltgestaltung, etwa im Rahmen des Landschaftsbaus und der Landschaftsgestaltung, anerkannt sind. Dementsprechend wird heutzutage zwischen „ursprünglicher Naturlandschaft“ und durch menschliche Einwirkung erschaffener „Kulturlandschaft“ unterschieden(31) .

71. Infolgedessen wird nach heutigem Verständnis darauf verwiesen, dass Landschaften durch natürliche Elemente wie „Bäume, Büsche, Sträucher, Hecken, Blumen, Gräser, Gewässer und Felsen“, aber auch durch künstliche Objekte wie „Decks, Terrassen, Plätze, Pflaster, Pavillons und Brunnen“ gestaltet werden können(32) . Dies alles spricht dafür, dass auch Elemente, die von menschlicher Hand herrühren wie z. B. angelegte Wander- und Feldwege als Teil der Landschaft im oben beschriebenen geografischen Sinne anzusehen sind.

72. Folglich ist festzuzustellen, dass auch Wege, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, als „Landschaftselemente“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 anzusehen sind.

c) Maßnahme zum Zweck der „Nichtbeseitigung von Landschaftselementen“

73. Indem Landwirten die Verpflichtung zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, auferlegt wird, erfüllt der Mitgliedstaat seine gemeinschaftsrechtliche Pflicht nach Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003, dafür zu sorgen, dass Landschaftselemente nicht beseitigt bzw. erhalten werden.

74. Die englische Durchführungsverordnung zielt nämlich darauf ab, den Bestand solcher öffentlichen Wege zu gewährleisten. Sie enthält Vorschriften, die einen Betriebsinhaber zum Schutz von öffentlichen Wegen anhalten sollen. Zum einen untersagen sie ihm unter Androhung von Strafe, Eingriffe in die Oberfläche eines sichtbaren Fußwegs, eines sichtbaren Reitwegs oder eines sonstigen öffentlichen Wegs vorzunehmen. Zum anderen verpflichten sie ihn im Fall der Zuwiderhandlung zur Wiederherstellung des beschädigten Fuß- oder Reitwegs, damit sichergestellt wird, dass die Ausübung eines Wegerechts hinreichend unbeeinträchtigt ermöglicht wird.

75. Die in der englischen Durchführungsverordnung vorgesehenen Maßnahmen sind also durchaus geeignet, den Erhalt von Landschaftselementen zu gewährleisten.

d) Instandhaltung von öffentlichen Wegen als Maßnahme zur „Instandhaltung von Flächen“ und zur „Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003

76. Eine solche Maßnahme müsste zugleich dem „Gegenstand“ der „Instandhaltung von Flächen“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 zugeordnet werden können. Dieser umfasst sowohl ein „Mindestmaß an landschaftspflegerischen Instandhaltungsmaßnahmen“ als auch „die Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“.

77. Geht man, wie hier vertreten, von einem weiten Landschaftsbegriff aus, der auch öffentliche Wege als Landschaftselemente umfasst, so spricht nichts dagegen, die zu deren Erhaltung bestimmten Maßnahmen, wie sie in der englischen Durchführungsverordnung vorgesehen sind, als „landschaftspflegerische Instandhaltungsmaßnahmen“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen.

78. Davon abgesehen besteht aus meiner Sicht kein Zweifel daran, dass öffentlichen Wegen eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Erhaltung von menschlichen Lebensräumen in ländlichen Gebieten zukommt, zumal bereits im römischen Recht die Bedeutung von Wegerechten für die wirtschaftliche Entfaltung der Menschen anerkannt war(33) . In erster Linie ermöglichen Wegerechte den Landwirten den Zugang zu den von ihnen bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen.

79. Zum anderen fördern öffentliche Wege, wie auch aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht(34), die Mobilität der Bewohner des ländlichen Raums sowie die der Besucher aus anderen Landesteilen. Gerade in landschaftlich ansprechenden Regionen können Fuß- und Wanderwege die Zugangsmöglichkeiten der Öffentlichkeit zur Natur verbessern und damit Gelegenheit für Tages- und Langzeitausflüge bieten, was wiederum der Erholung von Land- und Stadtbevölkerung zugutekommt(35) . Die Erholungsfunktion der Umwelt, die durch das Vorhandensein von öffentlichen Wegen gefördert wird, birgt ihrerseits wirtschaftliche Vorteile für die ländliche Bevölkerung, deren Existenz nicht selten auch vom Tourismus abhängt, da sie einen bedeutenden Wertschöpfungsfaktor schafft.

80. Öffentliche Wege dienen zugleich dem Schutz der Umwelt, indem sie die für die Tier- und Pflanzenwelt sicheren Wanderrouten für Besucher markieren und dadurch gewährleisten, dass sich die von Menschen verursachten Umweltbeeinträchtigungen in Grenzen halten. Dadurch helfen sie, Lebensräume von Tieren und Pflanzen zu erhalten. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass Wanderer und Trekkingtouristen auf den besonders gekennzeichneten Wegen bleiben und die eventuell angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Felder nicht unbefugt betreten und Schäden für den dortigen Anbau verursachen.

81. Insofern besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse daran, dass öffentliche Wege regelmäßig instand gehalten und vor Zerstörungen geschützt werden. Da die Verpflichtung zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, diesem Zweck dient, lässt sie sich ebenfalls als eine Maßnahme zur „Vermeidung einer Zerstörung von Lebensräumen“ im Sinne von Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 einordnen.

3. Schlussfolgerungen

82. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 den Mitgliedstaaten einen weiten Ausgestaltungsspielraum bei der Festlegung der Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen einräumen(36) .

83. Zu den Mindestanforderungen im Sinne dieser Vorschrift gehören auch jene, die überwiegend einem umweltpolitischen Ziel dienen. In diese Kategorie von Mindestanforderungen lässt sich die Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, einordnen, zumal zum einen aus Anhang IV hervorgeht, dass zu den vorgegebenen Standards die Nichtbeseitigung, d. h. der Erhalt, von Landschaftselementen zählt. Öffentliche Wege stellen, wie bereits gezeigt, Landschaftselemente im Sinne dieser Bestimmung dar(37) .

84. Zum anderen gewährleistet eine gesetzliche Verpflichtung, wie sie die englische Durchführungsverordnung vorsieht, ein Mindestmaß an Instandhaltung von Flächen im Sinne von Anhang IV, da sie sowohl ein Mindestmaß an landschaftspflegerischen Instandhaltungsmaßnahmen sicherstellt als auch die Zerstörung von Lebensräumen vermeidet(38) .

85. Die Instandhaltung öffentlicher Wege als eine auf regionaler Ebene festgelegte Mindestanforderung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1782/2003 entspricht damit dem in Anhang IV vorgegebenen Rahmen. Im Übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Maßnahme an sich außer Verhältnis zum angestrebten Ziel stünde, alle landwirtschaftlichen Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten. Die im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1782/2003 vorgeschriebene Anwendung von „verhältnismäßigen, objektiven und abgestuften Kriterien“ betrifft die vom Mitgliedstaat im Einzelfall zu treffende Entscheidung hinsichtlich der Entziehung der Beihilfe, über deren Rechtmäßigkeit gegebenenfalls das zuständige nationale Gericht zu entscheiden hat. Es sei schließlich darauf hingewiesen, dass gemäß dem zweiten Erwägungsgrund zu dieser Verordnung eine solche Entziehung Sanktionen nach anderen Gemeinschafts- oder einzelstaatlichen Vorschriften unberührt lässt.

86. Insoweit befindet sich die englische Durchführungsverordnung innerhalb des Regelungsrahmens, den die Verordnung Nr. 1782/2003 festlegt.

87. Aus diesem Grund ist die erste Vorlagefrage dahin gehend zu beantworten, dass ein Mitgliedstaat in seine Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, aufnehmen darf.

B – Zur zweiten Frage

88. Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob das gemeinschaftsrechtliche allgemeine Diskriminierungsverbot einer regional divergierenden Durchführung von Gemeinschaftsrecht in einem Mitgliedstaat entgegensteht, die – wenn die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen des Mitgliedstaats vorsehen, dass verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnis für verschiedene Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen – in den Gebietsteilen unterschiedliche Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 vorsieht.

1. Zur dezentralen Durchführung des Gemeinschaftsrechts

89. Bevor ich auf den vom Kläger des Ausgangsverfahrens geltend gemachten Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche allgemeine Diskriminierungsverbot eingehe, halte ich es für zwingend, darauf hinzuweisen, dass das Gemeinschaftsrecht einer dezentralen Durchführung auf mitgliedstaatlicher sowie auf regionaler Ebene nicht entgegensteht. Dies erklärt sich zum einen mit den Bedürfnissen der GAP nach einer dezentralen und differenzierten Umsetzung, aber auch mit der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannten verfassungsmäßigen Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Verteilung ihrer innerstaatlichen Kompetenzen.

a) Dezentrale und differenzierte Rechtsetzung im Rahmen der GAP

90. Zu den Leitlinien der mit der „Agenda 2000“ eingeleiteten Reform der GAP gehört die Dezentralisierung der Zuständigkeiten von der Gemeinschaft zur lokalen Ebene und eine flexible Programmgestaltung durch eine ganze Auswahl von Maßnahmen, die je nach den spezifischen Bedürfnissen der Mitgliedstaaten umgesetzt werden können(39) . Mit anderen Worten, Dezentralisierung und Differenzierung stellen seitdem die tragenden Elemente der heutigen GAP dar(40) .

91. Die Verordnung Nr. 1782/2003 setzt dieses politische Konzept um, indem sie die Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 Abs. 1 ausdrücklich dazu ermächtigt, Mindestanforderungen „auf nationaler oder regionaler Ebene“ festzulegen. Dies lässt darauf schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber einen einheitlichen Regulierungsansatz innerhalb jedes Mitgliedstaats nicht für notwendig hielt, sondern vielmehr jedem Mitgliedstaat die Wahl der geeigneten Regelungsebene innerhalb seines jeweiligen politischen Systems überlassen wollte.

92. Die dezentrale Ausgestaltung des Agrarrechts trägt dem Umstand Rechnung, dass regionale Differenzierungen durchaus geboten sind. So fordert Art. 33 Abs. 2 Buchst. a EG gerade, bei der Gestaltung der GAP und der hierfür anzuwendenden besonderen Methode den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete Rechnung zu tragen. Der Ausgestaltungsspielraum, den die Verordnung Nr. 1782/2003 den nationalen und regionalen Entscheidungsträgern bei der Durchführung einräumt, trägt zusätzlich zu einer den Bedürfnissen jeder Region entsprechenden Differenzierung bei(41) .

93. Auch dürften weitere Erwägungen, wie etwa die größere Sach- und Bürgernähe nationaler, regionaler und sogar lokaler Entscheidungsträger(42), die Rechtsvereinfachung sowie die Verwaltungsentlastung für eine dezentrale Ausgestaltung des Agrarrechts sprechen, sofern die Gemeinschaftsziele im Rahmen der GAP stets eingehalten werden.

94. Eine dezentrale Ausgestaltung des Agrarrechts trägt nicht zuletzt der größeren Bedeutung der Regionen innerhalb der Europäischen Union Rechnung, die etwa in der vertraglichen Verankerung des Subsidiaritätsgrundsatzes durch den Vertrag von Maastricht, der Schaffung des Ausschusses der Regionen, der Verantwortung der Regionen für die Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und der Möglichkeit einer Vertretung im Rat nach Art. 203 EG zum Ausdruck kommt. Sie berücksichtigt außerdem die heutigen Dezentralisierungsbestrebungen in den Mitgliedstaaten wie etwa im Fall des Vereinigten Königreichs, die politisch einer weitgehend ähnlichen Logik folgen(43), was auf eine Konvergenz in der Entwicklung auf Gemeinschaftsebene sowie auf der Ebene der Mitgliedstaaten schließen lässt(44) .

b) Autonomie der Mitgliedstaaten bei der Verteilung ihrer innerstaatlichen Kompetenzen

95. Die dezentrale Durchführung von Gemeinschaftsrecht steht schließlich im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs(45), wonach es jedem Mitgliedstaat freisteht, die Kompetenzen, einschließlich der Gesetzgebungsbefugnisse, innerstaatlich so zu verteilen, wie er es für zweckmäßig hält, und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte mittels Maßnahmen durchzuführen, die von den regionalen oder örtlichen Behörden getroffen werden, sofern diese Zuständigkeitsverteilung eine ordnungsgemäße Durchführung der betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte ermöglicht. Die Frage, welche Stelle innerhalb der Mitgliedstaaten etwa eine Richtlinie umsetzt, richtet sich demnach nicht nach Gemeinschaftsrecht, sondern nach den jeweiligen innerstaatlichen Kompetenzvorschriften(46) .

96. Die Kehrseite dieser Neutralität der Gemeinschaftsrechtsordnung gegenüber dem organisatorischen Aufbau der Mitgliedstaaten besteht wiederum darin, dass im selben Maße, wie ein Mitgliedstaat berechtigt ist, seine innerstaatlichen Kompetenzen so zu verteilen, wie er es für zweckmäßig hält und seine Verfassungsordnung es vorschreibt, es ihm verwehrt ist, sich auf innerstaatliche Vorgänge zu berufen, um sich seinen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen(47) .

97. Der Vertrag sieht ein System der dezentralen Umsetzung bzw. Durchführung des Gemeinschaftsrechts zwar in Art. 249 Abs. 3 EG nur für die Rechtsform der Richtlinie ausdrücklich vor, gleichwohl gilt dieses System auch im Fall der Umsetzung bzw. Durchführung anderer Gemeinschaftsrechtsakte, wie etwa einer Verordnung, die der Konkretisierung mittels mitgliedstaatlicher Rechtsetzungsakte bedarf(48) . Die Verordnung Nr. 1782/2003 ist, wie bereits festgestellt(49), in diese Kategorie von Gemeinschaftsrechtsakten einzureihen.

98. Dementsprechend läuft es dem Gemeinschaftsrecht nicht zuwider, wenn die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen eines Mitgliedstaats vorsehen, dass verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnisse für verschiedenen Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen und diese Verwaltungen kraft der ihnen verliehenen Rechtsetzungsbefugnisse selbst die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 festlegen.

2. Zum Vorwurf des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot

99. Das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot in Art. 34 Abs. 2 EG, auf das sich der Kläger des Ausgangsverfahrens offenbar beruft(50), ist ein spezifischer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, der zu den Grundprinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört und nach dem vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht g leich behandelt werden dürfen, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist(51) .

100. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen die Mitgliedstaaten den in Art. 34 Abs. 2 EG niedergelegten Grundsatz bei der Umsetzung einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung und insbesondere auch dann beachten, wenn diese Regelung ihnen die Wahl zwischen mehreren Anwendungsmodalitäten oder Optionen lässt(52) . Das Diskriminierungsverbot als objektive Rechtsnorm gilt daher nicht nur für den Gemeinschaftsgesetzgeber, an den es sich in erster Linie wendet, sondern auch für die Mitgliedstaaten, soweit diese, z.B. aufgrund einer Ermächtigung durch oder in Ausführung einer Gemeinschaftsverordnung, tätig werden(53) .

101. Die Anwendbarkeit des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots setzt rechtlich zunächst das Vorliegen einer Ungleichbehandlung voraus, wobei sich hier die Frage nach dem maßgeblichen Bezugsrahmen stellt. Zu diesem Bezugsrahmen gehört u.a. der Kreis jener Personen, die in den Vergleich einbezogen werden können(54) .

a) Der maßgebliche Bezugsrahmen für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung

i) Entsprechende Anwendung der Kriterien zur Bestimmung der Selektivität im Beihilferecht

102. Wie die deutsche Regierung zu Recht anführt, muss der Bezugsrahmen für die Beurteilung einer Ungleichbehandlung im konkreten Fall nicht zwangsläufig in den Grenzen des Staatsgebiets eines Mitgliedstaats festgelegt werden, sondern kann sich auf einen Teil dieses Staatsgebiets beschränken.

103. Dies hat der Gerichtshof bereits für den Bereich des Beihilferechts, und zwar in dem Urteil in der Rechtssache Portugal/Kommission(55), festgestellt, in der es um die Prüfung der Frage ging, ob regional beschränkte Steuersenkungen als staatliche Beihilfen „zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG anzusehen sind, d.h. selektiven Charakter haben.

104. Wie der Gerichtshof darin erklärt hat, verlangt Art. 87 Abs. 1 EG zur Beurteilung des Merkmals der Selektivität, das zum Begriff der staatlichen Beihilfe gehört, die Feststellung, ob eine nationale Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen zu begünstigen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden(56) . Nach Auffassung des Gerichtshofs bedarf es einer solchen Feststellung auch bei einer Maßnahme, die nicht vom nationalen Gesetzgeber, sondern von einer unterhalb der nationalstaatlichen Ebene angesiedelten Behörde erlassen wurde, da eine von einer Gebietskörperschaft und nicht vom Zentralstaat erlassene Maßnahme eine Beihilfe darstellen kann, wenn die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG erfüllt sind(57) .

105. Dabei hat der Gerichtshof darauf abgestellt, ob eine unterhalb der nationalstaatlichen Ebene angesiedelte Einrichtung aufgrund ihrer rechtlichen und tatsächlichen Stellung gegenüber der Zentralregierung eines Mitgliedstaats so autonom ist, dass sie – und nicht die Zentralregierung – durch die von ihr erlassenen Maßnahmen eine grundlegende Rolle bei der Festlegung des politischen und wirtschaftlichen Umfelds spielt, in dem die Unternehmen tätig sind(58) . In einem solchen Fall bildet das Zuständigkeitsgebiet der unterhalb der nationalstaatlichen Ebene angesiedelten Einrichtung, die die Maßnahme erlassen hat, und nicht das gesamte Staatsgebiet den maßgebenden Kontext für die Prüfung der Frage, ob eine Maßnahme einer solchen Einrichtung bestimmte Unternehmen gegenüber anderen Unternehmen begünstigt, die sich im Hinblick auf das mit ihr oder der betreffenden rechtlichen Regelung verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden(59) .

106. Eine Übertragung eines solchen Ansatzes auf die vorliegende Situation erscheint mir sinnvoll, da die vom Gerichtshof verwendeten Kriterien Hilfestellung bei der Beurteilung des Vorliegens einer Situation liefern, die ungeachtet der bereichsspezifischen Terminologie – im Fall des Beihilferechts die sogenannte Selektivität – letztendlich nichts anderes darstellt als eine Ungleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern.

107. Wendet man diesen Ansatz auf die vorliegende Situation entsprechend an, so müsste sich der maßgebliche Bezugsrahmen für die Beurteilung des diskriminierenden Charakters der fraglichen Regelung auf das jeweilige Teilgebiet eines Mitgliedstaats beschränken, dessen Verwaltungsorgane kraft der jeweils geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen eigene Rechtsetzungsbefugnisse besitzen.

108. Im konkreten Fall wäre der Bezugsrahmen auf England als Teilgebiet des Vereinigten Königreichs festzulegen, zumal die Regierung des Vereinigten Königreichs, wie eingangs erwähnt(60), in dezentralisierten Angelegenheiten entsprechend den Dezentralisierungsvorschriften und dem „Memorandum of Understanding“ im Allgemeinen nur für England tätig wird. Gemäß den innerstaatlichen Regelungen ist sie für die Festlegung der Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen in Durchführung von Art. 5 der Verordnung Nr. 1782/2003 zuständig. Insofern übt sie im Bereich der Landwirtschaft gleichsam die Befugnisse einer Regionalregierung aus, vergleichbar der der anderen Regionalregierungen in anderen Teilgebieten des Vereinigten Königreichs.

ii) Identifizierung der Quelle einer Diskriminierung

109. In spezifischen Diskriminierungsfällen wendet der Gerichtshof zum Zweck der Bestimmung des maßgeblichen Bezugsrahmens einen im Wesentlichen auf denselben Überlegungen beruhenden Ansatz an, indem er auf die Quelle der Diskriminierung abstellt. Danach scheidet eine Diskriminierung aus, wenn die festgestellten Unterschiede, aus denen eine Ungleichbehandlung resultiert, sich nicht auf ein und dieselbe Quelle zurückführen lassen. Nach Ansicht des Gerichtshofs fehlt in einem solchen Fall nämlich eine Einheit, die für die Ungleichbehandlung verantwortlich ist und gegebenenfalls die Gleichbehandlung wiederherstellen könnte(61) .

110. Dieser Ansatz hat vorwiegend auf Konstellationen Anwendung gefunden, in denen sich Individuen auf den in Art. 141 EG verankerten Grundsatz des gleichen Entgelts zwischen Männern und Frauen beriefen. So hat der Gerichtshof im Urteil Allonby(62) einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot in einem Fall verneint, in dem eine weibliche Lehrkraft von ihrem Arbeitgeber, einer Agentur, die Dienstleistungen für ein College erbrachte, das gleiche Entgelt verlangte wie männliche Arbeitnehmer dieses College. Der Gerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass die Agentur als vermittelndes Unternehmen nicht eine Einheit mit dem eigentlichen Auftraggeber, dem College, bildete. Die Entschädigungen für die erbrachten Leistungen flossen demzufolge nicht aus der gleichen Finanzquelle(63) . Da die Unterschiede beim Entgelt sich nicht auf ein und dieselbe Quelle zurückführen ließen, war eine Berufung auf Art. 141 EG nicht möglich.

111. Dieser Ansatz ist meines Erachtens gleichwohl auch auf den Fall der mitgliedstaatlichen Umsetzung bzw. Durchführung des Gemeinschaftsrechts, um den es in der vorliegenden Rechtssache geht, übertragbar, denn er beruht auf der Grundüberlegung, dass bloße Zustände der Ungleichheit allein nicht Gegenstand eines Diskriminierungsvorwurfs sein können. Vielmehr setzt Diskriminierung begrifflich voraus, dass die Ungleichheit einem und demselben Akteur zugerechnet werden kann(64) . Daraus folgt zwingend, dass als Quelle einer Diskriminierung grundsätzlich nur der jeweilige Hoheitsträger(65) gelten kann, der innerhalb seines territorialen Hoheitsbereichs Umsetzungs- bzw. Durchführungsmaßnahmen mit Wirkung für die dortigen Rechtsunterworfenen erlässt. Eventuelle Ungleichbehandlungen unter den Adressaten einer bestimmten mitgliedstaatlichen Regelung lassen sich nur auf diesen Hoheitsträger zurückführen und auch nur von diesem beseitigen.

112. Aus diesem Grund stellen Unterschiede der verschiedenen nationalen Vorschriften keine Diskriminierungen dar, da sie nicht auf das Verhalten desselben Hoheitsträgers zurückzuführen sind(66) . Diese sind vielmehr frei, in den Bereichen, die in ihrer Kompetenz liegen, Recht zu setzen, so dass allein die unterschiedliche Regelung einer Frage in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten keinen Verstoß gegen den Diskriminierungsgrundsatz darstellen kann.

113. Dies ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs seit Langem anerkannt(67) . Dementsprechend hat der Gerichtshof zum ersten Mal im Urteil Van Dam en Zonen u. a.(68) klargestellt, dass die Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften nicht allein deshalb als Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung angesehen werden kann, weil angeblich einzelne Mitgliedstaaten weniger strenge Vorschriften anwenden.

114. Dies ist ohne Weiteres einleuchtend, da eine gegenteilige Auslegung zu einer schwer vertretbaren Beeinträchtigung des legislativen Handlungsspielraums der Mitgliedstaaten führen würde.

115. Entsprechendes muss gelten, wenn die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen eines Mitgliedstaats vorsehen, dass verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnisse für verschiedene Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen(69), zumal das Gemeinschaftsrecht, wie bereits gesehen, einer dezentralen Umsetzung bzw. Durchführung auf regionaler bzw. lokaler Ebene nicht nur nicht entgegensteht(70), sondern im Fall der Verordnung Nr. 1782/2003 zum Zweck einer differenzierten Umsetzung der GAP sogar fordert(71) . In einem solchen Fall kann also nur der Hoheitsträger im jeweiligen Gebietsteil gegebenenfalls die Quelle einer Ungleichbehandlung sein.

b) Schlussfolgerungen

116. Insofern führt auch dieser Ansatz zu der Schlussfolgerung, dass vorliegend der maßgebliche Bezugsrahmen sich auf England als Gebietsteil des Vereinigten Königreichs beschränken muss. Dies bedeutet hinsichtlich eines Falls wie des vorliegenden, dass in den einzelnen Gebietsteilen des Vereinigten Königreichs zwar Zustände der Ungleichheit herrschen mögen, diese jedoch nicht auf eine Ungleichbehandlung zurückzuführen sind, die einem gemeinsamen Hoheitsträger zurechenbar wäre, womit es an einer entscheidenden Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des Diskriminierungsverbots nach Art. 34 Abs. 2 EG fehlt.

117. Infolgedessen kann sich der Adressat einer von einem regionalen Hoheitsträger erlassene Durchführungsmaßnahme unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht auf einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 34 Abs. 2 EG berufen, weil angeblich einzelne Teilgebiete weniger strenge Vorschriften anwenden.

118. Nach alledem komme ich zu dem Ergebnis, dass es keine unzulässige Diskriminierung darstellt, wenn in den Gebietsteilen eines Mitgliedstaats – sofern die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen vorsehen, dass die verschiedenen dezentralisierten Verwaltungen Rechtsetzungsbefugnis für verschiedene Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen – unterschiedliche Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 gelten.

VIII – Ergebnis

119. Im Hinblick auf die vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des High Court of Justice (England & Wales) wie folgt zu antworten:

1. Ein Mitgliedstaat darf in seine Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 Anforderungen zur Instandhaltung von Wegen, an denen öffentliche Wegerechte bestehen, aufnehmen.

2. Es stellt keine unzulässige Diskriminierung dar, wenn in den Gebietsteilen eines Mitgliedstaats – sofern die nationalen verfassungsrechtlichen Regelungen vorsehen, dass die verschiedene dezentralisierte Verwaltungen Rechtssetzungsbefugnis für verschiedenen Gebietsteile des Mitgliedstaats besitzen – unterschiedliche Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand gemäß Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 1782/2003 gelten.

(1) .

(2)  – Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (ABl. L 270, S. 1).

(3)  – Siehe Randnr. 49 des Schriftsatzes des Klägers.

(4)  – Schwartz, W., Kommentar zu EU- und EG-Vertrag (hrsg. von Heinz Mayer), Art. 32, Randnr. 6, S. 17, erklärt, dass die Einbeziehung des Agrarsektors in den Gemeinsamen Markt anfangs aus militärischen und politischen Gründen heftig umstritten war. Vor diesem Hintergrund könne die Entscheidung der Gründungsstaaten der EWG, auch den Agrarsektor zu vergemeinschaften, gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie sei nach den traumatischen Erfahrungen der beiden Weltkriege und den Hungerjahren danach eine dauerhaft friedensstiftende Maßnahme von der gleichen Qualität, wie es die Zusammenfassung der nationalen Bergbau- und Stahlindustrien in der Montanunion selbst war. Priebe, R./Mögele, R., „Agrarrecht“, in: M. Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts , Band 1, Teil G, Randnr. 2, S. 3, legen dar, dass die gegenwärtige Situation der europäischen Landwirtschaftspolitik nur vor dem Hintergrund der bei Gründung der Gemeinschaft bestehenden Ausgangslage verstanden werden könne. Die Landwirtschaft in Europa Ende der fünfziger Jahre sei weitgehend von dem Ziel der Versorgungssicherheit sowie einem relativen Entwicklungs- und Einkommensrückstand gegenüber anderen Wirtschaftszweigen geprägt gewesen.

(5)  – Laut Heuser, I., „Bodenschutz als Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik“, Jahrbuch des Agrarrechts (hrsg. von C. Calliess u. a.), Köln 2006, S. 187, ist die Landwirtschaft gegenwärtig immer noch dadurch geprägt, dass technischer Fortschritt, intensive Produktionsweise sowie die damit verbundene Erwirtschaftung von Überschüssen mit einer zunehmenden Belastung der Umweltmedien einhergingen.

(6)  – Vgl. die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 26. März 1999 in Berlin zum Inhalt der GAP-Reform. Darin heißt es: „Mit dem Inhalt dieser Reform wird sichergestellt, dass die Landwirtschaft multifunktional, nachhaltig und wettbewerbsfähig ist und sich über den gesamten europäischen Raum (einschließlich der Regionen mit besonderen Schwierigkeiten) verteilt, dass sie in der Lage ist, die Landschaft zu pflegen, die Naturräume zu erhalten und einen wesentlichen Beitrag zur Vitalität des ländlichen Raums zu leisten, und dass sie den Anliegen und Erwartungen der Verbraucher in Bezug auf die Qualität und die Sicherheit der Lebensmittel, den Umweltschutz und den Tierschutz gerecht wird“.

(7)  – Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 10. Juli 2002, KOM(2002) 394 endg., S. 22.

(8)  – Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 160, S. 113).

(9)  – Art. 3 der Verordnung Nr. 1259/1999, der die Überschrift „Erfordernisse des Umweltschutzes“ trägt, sieht in Abs. 1 Folgendes vor: „Was die landwirtschaftliche Tätigkeit im Rahmen dieser Verordnung anbelangt, so ergreifen die Mitgliedstaaten die Umweltmaßnahmen, die sie angesichts der Situation der landwirtschaftlichen Flächen oder der betreffenden Erzeugung nach Maßgabe der potenziellen ökologischen Auswirkungen für geeignet halten. Diese Maßnahmen können Folgendes umfassen: – Beihilfen für Umweltschutzverpflichtungen in der Landwirtschaft, – allgemeine Umweltauflagen, – spezifische Umweltauflagen als Voraussetzung für Direktzahlungen“. Schwartz, W., a. a. O. (Fn. 4), Art. 34, Randnr. 13, S. 31, versteht diese Bestimmung als eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten, geeignete Umweltmaßnahmen zu ergreifen. Adam, V., La réforme de la politique agricole commune de l’Union , Band I, Paris 2001, S. 266, hebt die Bedeutung der umweltorientierten politischen Konditionalität durch die Aufnahme der oben wiedergegebenen Klausel hervor. Die Autorin bezeichnet sie als einen beträchtlichen Fortschritt in der Umweltpolitik innerhalb der GAP.

(10)  – Vgl. Bianchi, D., La Politica Agricola Comune (PAC) , Guezzano 2007, S. 46, der auf die Ausweitung der umweltpolitischen Konditionalität seit der Reform vom Jahr 1999 hinweist.

(11)  – Vorschlag der Kommission vom 21. Januar 2003 für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und Förderregeln für Erzeuger bestimmter Kulturpflanzen, KOM(2003) 23 endg.

(12)  – Siehe Nrn. 43 bis 46 dieser Schlussanträge.

(13)  – Dubois, L./Blumann, C., Droit matériel de l’Union européenne , 3. Aufl., S. 315 f., weisen auf die Neuerungen hin, die die neue gemeinsame Agrarpolitik gebracht hat. Dazu zählen der Schutz der Verbraucher, der Landwirtschaft und der Umwelt sowie die Preisstabilität. Ferner verweisen sie auf die verstärkte Anwendung der umweltpolitischen Konditionalität durch den Erlass der Verordnung Nr. 1782/2003.

(14)  – Vgl. Urteil vom 29. März 1990, Griechenland/Rat (C‑62/88, Slg. 1990, I‑1527, Randnr. 20). Ungeachtet dessen liegt im Fall der Verordnung Nr. 1782/2003 der Schwerpunkt der Gemeinschaftstätigkeit eindeutig im Bereich der Landwirtschaft.

(15)  – Art. 6 EG bezieht sich auf die in Art. 3 genannten Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen. Art. 3 EG listet die Tätigkeiten der Gemeinschaft auf, die die in Art. 2 EG genannten Vertragsziele, d. h. u. a. auch eine nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Maß an Umweltschutz und eine Verbesserung der Umweltqualität, umsetzen sollen. Damit ist klargestellt, dass die Querschnittsklausel sich auf das gesamte Gemeinschaftshandeln bezieht. Besondere Umweltrelevanz kommt dabei der gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft (Art. 3 Buchst. e), der gemeinsamen Politik auf dem Gebiet des Verkehrs (Art. 3 Buchst. f), dem Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze (Art. 3 Buchst. o) und den Maßnahmen in den Bereichen Energie und Tourismus (Art. 3 Buchst. u) zu (in diesem Sinne auch Jahns-Böhm, J., EU-Kommentar [hrsg. von J. Schwarze], Art. 6 EGV, Randnr. 10, S. 277).

(16)  – Nach Ansicht von Heuser, I., a. a. O. (Fn. 5), S. 201, kann der Schutz der Böden aufgrund der umweltrechtlichen Querschnittsklausel des Art. 6 EG in bestimmten Situationen auch gegenüber den anderen Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik überwiegen.

(17)  – In diesem Sinne Priebe, R., „Differenzierung und Dezentralisierung in der gemeinsamen Agrarpolitik“, Tradition und Weltoffenheit des Rechts: Festschrift für Helmut Steinberger , 2002, S. 1350. Siehe auch Adam, V., a. a. O. (Fn. 9), S. 178, die darauf hinweist, dass bestimmte Verordnungen im Bereich der GAP eine Regelungsermächtigung an die Mitgliedstaaten enthalten. Dies stelle weder die ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft noch die unmittelbare Geltung einer Verordnung in Frage. Die Autorin legt dar, dass viele Verordnungen den Mitgliedstaaten einen großen Ausgestaltungsspielraum einräumten, was keinesfalls den Schluss auf eine Renationalisierung der GAP zulasse. Diese Einschätzung wird auch von Priebe, R./Mögele, R., a. a. O. (Fn. 4), Randnr. 19, geteilt. Thiele, G., Das Recht der Gemeinsamen Agrarpolitik der EG , Berlin 1997, S. 76, unterscheidet zwischen Verordnungen, die den Mitgliedstaaten keinen inhaltlichen Gestaltungsspielraum mehr beließen und daher unmittelbar angewendet werden könnten, und solchen Verordnungen, die den Mitgliedstaaten entweder ausdrücklich die Kompetenz einräumten, Inhaltliches zu regeln oder keine abschließenden Regelungen treffen, so dass den Mitgliedstaaten aus diesem Grund ein Gestaltungsspielraum offenstehe.

(18)  – Dazu zählen solche Verordnungen, die durch Durchführungsmaßnahmen des Gemeinschafts- oder des nationalen Gesetzgebers aufgrund ausdrücklicher oder impliziter Ermächtigung bzw. Verpflichtung vervollständigt werden müssen (vgl. Schroeder, W., in: EUV/EGV Kommentar [hrsg. von R. Streinz], Art. 249 EGV, Randnr. 61; Ruffert, M., in: EUV/EGV Kommentar [hrsg. von C. Calliess/M. Ruffert], Art. 249, Randnr. 43, S. 2133). Der Gerichtshof hat entschieden, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht daran gehindert ist, in einer Verordnung einen Mitgliedstaat zum Erlass von Durchführungsmaßnahmen zu ermächtigen (vgl. Urteile vom 11. November 1992, Teulie, C‑251/91, Slg. 1992, I‑5599, Randnr. 13, und vom 27. September 1979, Eridania Zuccherifici, 230/78, Slg. 1979, 2749, Randnr. 34).

(19)  – So auch Borghi, P., „Il regolamento N° 1782/2003 e le norme dell’organizzazione mondiale del commercio (OMC/WTO)“, Rivista di diritto agrario , 2005, S. 100, nach dessen Verständnis der Anhang IV lediglich ein Schema (bestehend aus den Zielen sowie den Instrumenten, die angewandt werden müssen, um diese zu verwirklichen) zur Verfügung stellt, an welches sich die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Mindestanforderungen für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand halten müssen. Ähnlich auch Bianchi, D., a. a. O. (Fn. 10), S. 228, nach dessen Ansicht der Gemeinschaftsgesetzgeber lediglich einen allgemeinen Regelungsrahmen geschaffen hat. Damit habe er den Mitgliedstaaten einen weiten Ausgestaltungsspielraum einräumen und zugleich eine große Verantwortung übertragen wollen.

(20)  – Priebe, R., a. a. O. (Fn. 17), S. 1360, erklärt, dass das gemeinschaftliche Agrarrecht ganz überwiegend von den Mitgliedstaaten vollzogen werde. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in die gemeinschaftliche Agrargesetzgebung Ausgestaltungs- und Differenzierungsspielräume der Mitgliedstaaten eingeführt worden seien. Diese zeigten sich in Gestalt von generalklauselartigen Tatbeständen.

(21)  – Wie der Gerichtshof im Urteil Eridania Zuccherifici (oben in Fn. 18 angeführt, Randnr. 34) festgestellt hat, bewirkt die unmittelbare Geltung des Rechtsakts, der den Mitgliedstaat zum Erlass der fraglichen nationalen Maßnahmen ermächtigt, dass die nationalen Gerichte die Übereinstimmung dieser Maßnahmen mit dem Inhalt der Gemeinschaftsverordnung überprüfen können.

(22)  – Ähnlich auch in der deutschen („Landschaftselemente“ ), italienischen („elementi caratteristici del paesaggio“ ), niederländischen ( „landschapselementen“ ), portugiesischen („ características das paisagens“ ) und schwedischen ( „landskapselement“) Sprachfassung.

(23)  – So eindeutig unterschieden in Meyers Enzyklopädisches Lexikon , 9. Aufl., 1971-1984, Band 14, S. 598.

(24)  – Gemäß einer Definition des Shorter Oxford English Dictionary , 5. Aufl., 2002, Band 1, S. 1536, ist unter dem Begriff „Landschaft“ („landscape “) in der englischen Sprache „an expanse of terrain or district which is visible from a particular place or direction; an expanse of (country) scenery“ zu verstehen. Sie stimmt mit der Definition desselben Begriffs in der französischen Sprache („paysage“ ) überein, die nach Le Nouveau Petit Robert , 2007, S. 1836 „étendue de terre qui s'offre à la vue“ lautet.

(25)  – Ähnlich auch in der spanischen Sprachfassung ( „particularidades topográficas“ ).

(26)  – Der Begriff „Topografie“ ist griechischen Ursprungs und eine Kombination der griechischen Worte „τόπος“ (topos), was Ort bedeutet, und „γραφειν“ (graphein), schreiben. „Topographein“ heißt folglich wörtlich „einen Ort beschreiben“.

(27)  – Vgl. den Eintrag zum Begriff „Topographie“ in The New Encyclopaedia Britannica, 15. Aufl., 1975-, Band 11, S. 848, und in Webster's Ninth New Collegiate Dictionary , 1987, S. 1244.

(28)  – So der Eintrag zum Begriff der topografischen Karte ( „topographic map“ ) in The New Encyclopaedia Britannica (Fn. 27), Band 11, S. 848, wonach darin natürliche sowie vom Menschen geschaffene Gegebenheiten abgebildet werden. Zur letzteren Kategorie gehören Städte und Dörfer, Straßen, Eisenbahnlinien, Kanäle, Dämme, Brücken, Tunnel, Parks und andere Gegebenheiten.

(29)  – Siehe Meyers Enzyklopädisches Lexikon (Fn. 23), Band 14, S. 598.

(30)  – Im Shorter Oxford Dictionary (Fn. 24), Band 1, S. 1536, wird der englische Begriff für „Landschaft“ als Begriff der Geografie definiert, und zwar wie folgt: „ a tract or region of land with its characteristic topographical features, especially as shaped or modified by (usually natural) processes and agents“ .

(31)  – Siehe Meyers Enzyklopädisches Lexikon (Fn. 23), Band 14, S. 598.

(32)  – Siehe hierzu nur den ausführlichen Eintrag zum Begriff „ landscape architecture “ in The New Encyclopaedia Britannica (Fn. 27), Band 7, S. 139 f.

(33)  – Laut Monier, R., Manuel élémentaire de droit romain , 6. Aufl., Paris 1947, S. 432, waren Grunddienstbarkeiten, zu denen auch Wegerechte gehörten, dazu bestimmt, einer optimalen wirtschaftlichen Nutzung eines Grundstücks zu dienen. Im römischen Recht unterschied man innerhalb der Grunddienstbarkeiten zwischen Felddienstbarkeiten (servitutes praediorum rusticorum) und Gebäudedienstbarkeiten (servitutes praediorum urbanorum) . Für diese Unterscheidung kam es nicht darauf an, wo die betreffenden Grundstücke lagen, sondern darauf, welchen Zweck das Servitut hatte. Zu den Felddienstbarkeiten gehörten das Recht, über ein Grundstück zu gehen (iter) , das Recht, darüber zu fahren (via) , das Recht, Vieh darüber zu treiben (actus) und das Recht, Wasser darüber zu leiten (acquae ductus) . Bei diesen vier Dienstbarkeiten dürfte es sich um die ältesten handeln, die das römische Recht kannte. Das Wegerecht (iter) berechtigte auch zum Reiten. Im Recht auf via waren das Recht zu gehen, zu fahren und die Viehtrift mitenthalten. Das Servitut des acquae ductus konnte auch die Entnahme von Wasser aus einer Quelle einschließen. Zu den anderen Arten von Felddienstbarkeiten gehörte die Duldung der Viehtränke, des Wasserschöpfens, des Weidens von Vieh und der Suche nach Mineralien (vgl. Mayer-Maly, T., Römisches Recht , 2. Aufl., 1999, S. 97 f.).

(34)  – Der Vorlagebeschluss gibt bestimmte Passagen der Vorschriftenfolgenprüfung ( Regulatory Impact Assessment , im Folgenden: RIA) wieder. Darin wird auf die wirtschaftlichen Folgen, die Umweltfolgen, die allgemeinen ländlichen Folgen sowie auf die regionalen Folgen der englischen Durchführungsverordnung hingewiesen.

(35)  – Vgl. Ditt, K., „Vom Natur- zum Umweltschutz? England 1949 bis 1990“, Natur- und Umweltschutz nach 1945 – Konzepte, Konflikte, Kompetenzen (hrsg. von Franz-Josef Brüggemeier und Jens Ivo Engels), 2005, S. 39, der darauf hinweist, dass die Gesetzgebung für England und Wales zum Schutz der Natur während der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bereits zwischen einem strengen Naturschutz für wissenschaftliche Zwecke sowie einem Natur- und Landschaftsschutz für ästhetisch-touristische Zwecke unterschied. Für den ästhetisch-touristischen Natur- und Landschaftsschutz erließ das Parlament am 18. März 1949 den National Parks and Access to the Countryside Act . Das Gesetz sah u. a. vor, dass die County Councils freies, landwirtschaftlich nicht genutztes La nd durch Abkommen mit den Eigentümern für die erholungssuchende Bevölkerung öffnen, alte Wegerechte garantieren und neue Wegerechte schaffen sollten. Neben der Einrichtung von Naturparks sollten sogenannte Areas of Outstanding Natural Beauty (AONB) eingerichtet werden. Aufgrund des wachsenden Interesses an der Nutzung von Natur und Landschaft in der Nachkriegszeit erließ die Regierung schließlich am 3. August 1968 den Countryside Act . Er eröffnete den County Councils die Möglichkeit, gegen weitgehende Erstattung der Kosten durch den Staat für die erholungssuchende Bevölkerung Country Parks zu schaffen. Der derzeit geltende Countryside and Rights of Way Act 2000 regelt den Zugang der Öffentlichkeit zu den ländlichen Gebieten, wobei das Gesetz ausweislich der Begründungserwägungen auch umweltpolitische Ziele wie den „Erhalt der natürlichen Schönheit einer Region“, den „Erhalt der Natur“ und den „Schutz der Tierwelt“ verfolgt.

(36)  – Siehe Nr. 57 dieser Schlussanträge.

(37)  – Siehe Nr. 72 dieser Schlussanträge.

(38)  – Siehe Nrn. 77 und 81 dieser Schlussanträge.

(39)  – Vgl. die Informationsbroschüre der Kommission „Agenda 2000 - Stärkung und Erweiterung der Europäischen Union“, S. 7 (erhältlich unter http://ec.europa.eu/agenda2000/index_de.htm). Ferner heißt es in der Begründung der „Agenda 2000“: „Die Landwirtschaft weist in den 15 Ländern der Union in Bezug auf ihre natürlichen Ressourcen, ihre Anbaumethoden, ihre Wettbewerbsfähigkeit und das Einkommen sowie ihre Traditionen eine große Vielfalt auf. Dies ist eine Stärke der europäischen Landwirtschaft, macht ihre Besonderheit und ihren Rang aus. Um aber besseren Nutzen daraus zu ziehen, verlangt diese Vielfalt, dass entsprechende Konsequenzen für die Agrarpolitik gezogen werden - die derzeitige Funktionsweise und die Verwaltung der GAP war für eine Gemeinschaft von Sechs konzipiert und ist seitdem kaum verändert worden. Sie wird den Bedürfnissen einer Union von 15, die sich auf die Aufnahme neuer Mitglieder vorbereitet, nicht gerecht. Sie schafft Komplexität, Bürokratie und letztendlich Unverständnis bei den Landwirten. Daher muss ein neues dezentralisierteres Modell entwickelt werden, das den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, bestimmte Fragen unter besserer Berücksichtigung der Besonderheit der jeweiligen Sektoren oder der jeweiligen lokalen Gegebenheiten selbst zu regeln“, KOM(1998) 158 endg., S. 3.

(40)  – So auch Priebe, R., a. a. O. (Fn. 17), S. 1351, und Adam, V., a. a. O. (Fn. 9), S. 239.

(41)  – Boch, C., „Devolution and Community law“, A true European , 2005, S. 54, weist darauf hin, dass dezentralisierte Entscheidungsträger es zunehmend mit Materien zu tun haben, in denen der Gemeinschaftsgesetzgeber die wesentlichen politischen Zielsetzungen vorgebe. Dies treffe auch auf Situationen zu, in denen den dezentralisierten Entscheidungsträgern ein Ausgestaltungsspielraum eingeräumt werde. Nichtsdestoweniger versetze dieser Ausgestaltungsspielraum sie in die Lage, regionalen oder lokalen Unterschieden Rechnung zu tragen.

(42)  – Dies entspricht zumindest dem Gedanken der Subsidiarität, ohne dass damit eine Anwendbarkeit von Art. 5 Abs. 2 EG bejaht wäre, zumal der Grundsatz der Subsidiarität nach dieser Bestimmung nicht im Fall einer ausschließlichen Kompetenz der Gemeinschaft Anwendung findet. Es ist in der Rechtslehre umstritten, inwiefern im Bereich der Landwirtschaft eine ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft besteht (siehe dazu Schwartz, W., a. a. O. [Fn. 4], Art. 37, Randnr. 7, S. 38). Selbst wenn man von konkurrierenden Zuständigkeiten zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten ausgeht (vgl. Urteil vom 17. Mai 1990, Weingut Dietz-Matti, C‑158/89, Slg. 1990, I‑2013), haben die im Landwirtschaftsbereich bestehende und stets zunehmende Regelungsdichte und der Umstand, dass nahezu alle generellen Regelungen in diesem Bereich durch Verordnung erfolgen, den einzelnen Mitgliedstaaten kaum noch Handlungsspielräume offengelassen. Andererseits ist der Gedanke der Subsidiarität, wie Lenaerts, K./Van Nuffel, P., Constitutional Law of the European Union , 2. Aufl., London 2005, Randnr. 5-029, S. 102, zutreffend darlegen, als politisches Prinzip älter als die Bestimmung in Art. 5 Abs. 2 EG und hat deshalb bereits vor seiner Verankerung im Vertrag mehrere Politikbereiche der Gemeinschaft, darunter auch die GAP, beeinflusst.

(43)  – Vgl. Leyland, P., „La devolution britannica: integrazione, responsabilità e controlli“, Unione europea e autonomie regionali – Prospettive per una Costituzione europea , Turin 2003, S. 91 ff., der erklärt, dass die als „devolution“ bezeichnete Neuverteilung von Kompetenzen unter den Regionen im Vereinigten Königreich im Wesentlichen auf eine Modernisierung des Verwaltungsstaats abziele, die den Bürger näher an den Ort bringe, an dem die wichtigen Entscheidungen getroffen werden. Ferner wolle diese Entwicklung sicherstellen, dass die Besonderheiten jeder Region berücksichtigt werden.

(44)  – Torre, A., „Uno Stato a geometria variabile. Asimmetrie della politica, delle istituzioni e dei diritti nella devolution del Regno Unito“, Unione europea e autonomie regionali – Prospettive per una Costituzione europea , Turin 2003, S. 144 ff., spricht von einer Konvergenz zwischen der „devolution“ im Vereinigten Königreich und dem Konstitutionalisierungsprozess der Europäischen Union, der die Autonomie der großen regionalen Gebietskörperschaften fördert. Birkinshaw, P., „Devolution in the United Kingdom: Processes, problems and consequences for the UK constitution“, L’Europa tra federalismo e regionalismo , Mailand 2003, S. 67, unterstreicht den Umstand, dass die „devolution“ im Vereinigten Königreich sich zu einer Zeit vollzog, in der die Regionen innerhalb der Europäischen Union an Bedeutung gewannen.

(45)  – Urteile vom 12. Juni 2003, Kommission/Luxemburg (C‑97/01, Slg. 2003, I‑5797, Randnr. 37), vom 13. September 2001, Kommission/Spanien (C‑417/99, Slg. 2001, I‑6015, Randnr. 37), vom 10. November 1992, Hansa Fleisch (C‑156/91, Slg. 1992, I‑5567, Randnr. 23), vom 28. Februar 1991, Kommission/Deutschland (C‑131/88, Slg. 1991, I‑825, Randnr. 71), vom 14. Januar 1988, Kommission/Belgien (227 bis 230/85, Slg. 1988, 1, Randnr. 9), und vom 25. Mai 1982, Kommission/Niederlande (97/81, Slg. 1982, 1819, Randnr. 12, und 96/81, Slg. 1982, 1791, Randnr. 12). Vgl. ferner die Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston vom 28. Juni 2007, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon (C‑212/06, Slg. 2008, I‑0000, Nr. 101), sowie die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vom 10. Dezember 2002, Kommission/Deutschland (C‑103/01, Slg. 2003, I‑5369, Nr. 27).

(46)  – In diesem Sinne Ruffert, M., a. a. O. (Fn. 18), Art. 249, Randnr. 63, S. 2140.

(47)  – Darin lässt die Gemeinschaftsrechtsordnung ihre – auch vom Gerichtshof anerkannte – völkerrechtliche Herkunft erkennen (vgl. Urteile vom 5. Februar 1963, Van Gend en Loos, 26/62, Slg. 1963, 25, und vom 15. Juli 1964, Costa/ENEL, 6/64, Slg. 1964, 1269). Das Völkerrecht regelt allein die Beziehungen von Staaten zueinander, ohne in ihre inneren Angelegenheiten einzugreifen. Insofern ist es, bedingt durch den Grundsatz der Souveränität der Staaten, indifferent in Bezug auf Aspekte, die das Staatsorganisationsrecht betreffen. Dementsprechend entspricht es einem Rechtssatz des Völkergewohnheitsrechts, der in Art. 27 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge kodifiziert wurde, dass eine Vertragspartei sich nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen kann, um die Nichterfüllung eines völkerrechtlichen Vertrags zu rechtfertigen. Wie Boch, C., a. a. O. (Fn. 41), S. 54, zu Recht erklärt, stellen die EU/EG-Verträge, formal betrachtet, internationale Abkommen dar, die für die Mitgliedstaaten verbindlich seien. Der Umstand, dass diese die Vertragsparteien seien, bedeute für die Union, dass die jeweilige innerstaatliche Verfassungsordnung eines Mitgliedstaats unerheblich sein müsse. Innere Angelegenheiten gingen die Union nichts an, die im Wesentlichen „blind“ angesichts der innerstaatlichen Verteilung von Kompetenzen bleiben müsse.

(48)  – Vgl. Urteile vom 17. Dezember 1970, Scheer (30/70, Slg. 1970, 1197, Randnr. 10), und vom 20. Oktober 1981, Kommission/Belgien (137/80, Slg. 1981, 2393, Randnrn. 3 bis 9). In diesem Sinne auch Lenaerts, K./Van Nuffel, P., a. a. O. (Fn. 42), Randnr. 14-047, S. 607.

(49)  – Siehe Nr. 58 dieser Schlussanträge.

(50)  – Der Kläger des Ausgangsverfahrens beruft sich in seinem Schriftsatz zwar nur auf die allgemeinen Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Gleichheit, verweist jedoch auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu Art. 34 Abs. 2 EG. Auf den vorliegenden Fall anwendbar ist allerdings allein Art. 34 Abs. 2 EG, der ein spezifisches Diskriminierungsverbot enthält, das nicht nur für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte, sondern für die gesamte GAP gilt (in diesem Sinne auch Schwartz, W., a. a. O. [Fn. 4], Art. 34, Randnr. 30, S. 34).

(51)  – Vgl. die Urteile vom 23. Oktober 2007, Polen/Rat (C‑273/04, Slg. 2007, I‑8925, Randnr. 86), vom 22. Juni 2006, Belgien/Kommission (C‑182/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnr. 170), vom 30. März 2006, Spanien/Rat (C‑87/03 und C‑100/03, Slg. 2006, I‑2915, Randnr. 48), vom 6. März 2003, Niemann (C‑14/01, Slg. 2003, I‑2279, Randnr. 49), vom 13. April 2000, Karlsson u. a. (C‑292/97, Slg. 2000, I‑2737, Randnr. 39), vom 10. März 1998, Kommission/Deutschland (C‑122/95, Slg. 1998, I‑973, Randnr. 62), vom 17. April 1997, EARL de Kerlast (C‑15/95, Slg. 1997, I‑1961, Randnr. 35), vom 17. Oktober 1995, Fishermen’s Organisations u. a. (C‑44/94, Slg. 1995, I‑3115, Randnr. 46), vom 10. Januar 1992, Kühn (C-177/90, Slg. 1992, I-35, Randnr. 18), vom 20. September 1988, Spanien/Rat (203/86, Slg. 1988, 4563, Randnr. 25), vom 25. November 1986, Klensch (201 und 202/85, Slg. 1986, 3477, Randnr. 9), vom 27. März 1980, Salumi u. a. (66/79, 127/79 und 128/79, Slg. 1980, 1237, Randnr. 14), vom 19. Oktober 1977, Ruckdeschel und Ströh (117/76 und 16/77, Slg. 1977, 1753, Randnr. 7) und Moulins et Huileries de Pont-à-Mousson und Providence agricole de la Champagne (124/76 und 20/77, Slg. 1977, 1795, Randnr. 16), vom 25. Oktober 1978, Koninklijke Scholten-Honig und De Bijenkorf (125/77, Slg. 1978, 1991, Randnr. 26) und Royal Scholten-Honig und Tunnel Refineries (103/77 und 145/77, Slg. 1978, 2037, Randnr. 26), sowie meine Schlussanträge vom 4. September 2008, Kommission/Spanien (C‑338/06, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Nr. 57).

(52)  – Urteile Klensch (oben in Fn. 51 angeführt, Randnr. 10) und vom 14. Juli 1994, Graff (C‑351/92, Slg. 1994, I‑3361, Randnrn. 17 und 18).

(53)  – In diesem Sinne Van Rijn, T., Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – Kommentar (hrsg. von von der Groeben/Schwarze), Band 1, 6. Aufl., Art. 34 EG, Randnr. 59.

(54)  – Urteile vom 6. Dezember 2007, Voß (C‑300/06, Slg. 2007, I‑10573, Randnr. 40), und vom 13. Januar 2004, Allonby (C‑256/01, Slg. 2004, I‑873, Randnrn. 61 und 73).

(55)  – Urteil vom 6. September 2006, Portugal/Kommission (C‑88/03, Slg. 2006, I‑7115, Randnr. 57).

(56)  – Urteile Portugal/Kommission (oben in Fn. 55 angeführt, Randnr. 54), vom 3. März 2005, Heiser (C‑172/03, Slg. 2005, I‑1627, Randnr. 40), vom 29. April 2004, GIL Insurance u. a. (C‑308/01, Slg. 2004, I‑4777, Randnr. 68), und vom 8. November 2001, Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke (C‑143/99, Slg. 2001, I‑8365, Randnr. 41).

(57)  – Urteile Portugal/Kommission (oben in Fn. 55 angeführt, Randnr. 55) und vom 14. Oktober 1987, Deutschland/Kommission (248/84, Slg. 1987, 4013, Randnr. 17).

(58)  – Urteil Portugal/Kommission (oben in Fn. 55 angeführt, Randnr. 62). Zu prüfen ist also, ob eine Dezentralisierung tatsächlich vorliegt. Eisenmann, C., Centralisation et décentralisation – Esquisse d’une théorie générale , Paris 1948, S. 86 f., unterscheidet wiederum zwischen einer reinen bzw. vollendeten und einer unvollendeten bzw. relativen Dezentralisierung. Die erste Variante liege vor, wenn eine bestimmte hoheitliche Handlung ausschließlich von dezentralen Organen vorgenommen werde. Die zweite Variante setze eine Beteiligung sowohl von zentralen als auch von dezentralen Organen voraus, wobei Letzteren eine Vorrangstellung zukomme.

(59)  – Urteil Portugal/Kommission (oben in Fn. 55 angeführt, Randnr. 66).

(60)  – Siehe Nrn. 10 bis 13 dieser Schlussanträge. Loughlin, J., „The European Dimension of UK Devolution“, La Costituzione britannica/The British Constitution , 2005, Band 1, S. 483, geht nicht auf die Durchführungsbefugnisse der Regierung des Vereinigten Königreichs, sondern auf die Rolle der regionalen Gesetzgeber ein. Dabei weist er darauf hin, dass mit Ausnahme von England alle anderen Teilgebiete des Vereinigten Königreichs (Schottland, Wales und Nordirland) über eigene politische Organe verfügen. England verfügt somit über kein eigenes Parlament bzw. Ratsversammlung. Stattdessen fungiert das britische Parlament zugleich als Parlament des Vereinigten Königreichs und Englands.

(61)  – Urteile Allonby (oben in Fn. 54 angeführt, Randnr. 46) und vom 17. September 2002, Lawrence u. a. (C‑320/00, Slg. 2002, I‑7325, Randnr. 18).

(62)  – Urteil Allonby (oben in Fn. 54 angeführt, Randnr. 46).

(63)  – Nach Ansicht von Evtimov, E., „Anmerkung zum Urteil Allonby“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht , Heft 2004, S. 214, ist dieser der entscheidende Grund, warum eine Diskriminierung in jener Fallkonstellation ausgeschlossen war.

(64)  – In diesem Sinne Plötscher, S., Der Begriff der Diskriminierung im Europäischen Gemeinschaftsrecht , Berlin 2003, S. 48, dessen Ansicht nach Diskriminierung voraussetzt, dass die Ungleichheit einem Akteur zurechenbar sei. Bloße Umstände der Ungleichheit allein könnten nicht Gegenstand des Diskriminierungsvorwurfs sein. Solange sich nicht feststellen lasse, dass die innerhalb einer Gruppe von Vergleichsobjekten (Personen, Waren usw.) bestehenden ungleichen Zustände, z. B. unterschiedliche Wettbewerbspositionen, auf das Verhalten eines Rechtssubjekts zurückzuführen seien, könne auch nicht von einer Diskriminierung gesprochen werden. Diskriminierung setze mithin voraus, dass die Ungleichheit einem Adressante zurechenbar sei. Nach Ansicht von Zerr, H., Der Begriff der Diskriminierung im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl , Heidelberg 1961, S. 4, ist es, um von einer ungleichen Behandlung zu sprechen, notwendig, dass mindestens zwei Verhaltensäußerungen ein und derselben Person gegeben sind.

(65)  – Von Bogdandy, A., in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union , München 2008, Band I, Art. 12, Randnr. 9, weist darauf hin, dass eine Diskriminierung nach herrschendem Verständnis nur möglich sei, wenn die beiden zu vergleichenden Sachverhalte vom selben Hoheitsträger geregelt würden. Eine Verletzung des Diskriminierungsverbots scheide danach bei Ungleichbehandlungen aus, die sich aus dem Zusammentreffen der Regelungen unterschiedlicher Hoheitsträger, insbesondere der Union und einem Mitgliedstaat, ergeben. Die gegenteilige Auslegung würde zu einer schwer vertretbaren Beeinträchtigung des legislativen Handlungsspielraums der Mitgliedstaaten führen.

(66)  – So auch Epiney, A., in: EUV/EGV Kommentar (hrsg. von C. Calliess/M. Ruffert), Art. 12, Randnr. 9, S. 480, und Holoubek, M., EU-Kommentar, a. a. O. (Fn. 15), Art. 12, Randnr. 43, S. 342 f.

(67)  – Vgl. die Urteile vom 13. Februar 1969, Walt Wilhelm (14/68, Slg. 1969, 1, Randnr. 13), vom 28. Juni 1978, Kenny (1/78, Slg. 1978, 1489, Randnr. 18), vom 30. November 1978, Bussone (31/78, Slg. 1978, 2429, Randnrn. 38 f.), vom 7. April 1979, Auer (136/78, Slg. 1979, 437, Randnrn. 23 bis 26), vom 3. Juli 1979, Van Dam en Zonen u. a. (185 bis 204/78, Slg. 1979, 2345, Randnr. 10), vom 14. Juli 1981, Oebel (155/80, Slg. 1981, 1993, Randnr. 9), vom 25. Januar 1983, Smit (126/82, Slg. 1983, 73, Randnr. 27), vom 7. Mai 1992, Wood und Cowie (C‑251/90 und C‑252/90, Slg. 1992, I‑2873, Randnr. 19), vom 24. November 1993, Keck und Mithouard (C‑267/91 und C‑268/91, Slg. 1993, I‑6097, Randnr. 8), vom 14. Februar 1995, Schumacker (C‑279/93, Slg. 1995, I‑225, Randnr. 21), und vom 1. Februar 1996, Perfili (C‑177/94, Slg. 1996, I‑161, Randnr. 17).

(68)  – Urteil Van Dam en Zonen u. a. (oben in Fn. 67 angeführt, Randnr. 10). Diese Rechtsprechung wurde in den sämtlich in Fn. 67 angeführten Urteilen Oebel (Randnr. 9), Smit (Randnr. 27), Wood und Cowie (Randnr. 19) und Perfili (Randnr. 17) fortgesetzt.

(69)  – Vgl. das abweichende Votum von Richter Matscher zu dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 22. Oktober 1981, Dudgeon/Vereinigtes Königreich (Individualbeschwerde Nr. 7525/76), in dem dieser erklärte, dass die Vielfalt von innerstaatlichen Regelungen, die charakteristisch für einen Bundesstaat sei, selbst nie eine Diskriminierung darstellen könne. Es bestehe auch keine Notwendigkeit, diese Vielfalt zu rechtfertigen. Etwas anderes zu behaupten, würde bedeuten, das Wesen des Föderalismus völlig außer Acht zu lassen.

(70)  – Siehe Nr. 98 dieser Schlussanträge. Boch, C., a. a. O. (Fn. 41), S. 57, kommt zu derselben Schlussfolgerung. Die Autorin ist der Ansicht, dass, wenn das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten einen Ausgestaltungsspielraum einräume und das Verfassungsrecht dieses Mitgliedstaats eine Umsetzung bzw. Durchführung durch dezentralisierte Organe vorsehe, nichts dagegen spreche, dass diese Organe ihr Ermessen unabhängig voneinander ausüben könnten. Im Zusammenhang mit der „devolution“ im Vereinigten Königreich meint die Autorin, dass die Regionen dieses Mitgliedstaats durchaus befugt seien, gemeinschaftsrechtliche Verpflichtungen auf unterschiedliche Weise zu erfüllen, was bereits im Rahmen der GAP geschehen sei.

(71)  – Siehe Nrn. 90 und 93 dieser Schlussanträge.

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