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Document 62007CC0204
Opinion of Advocate General Trstenjak delivered on 13 March 2008. # C.A.S. SpA v Commission of the European Communities. # Appeals - EEC-Turkey Association Agreement - Regulation (EEC) No 2913/92 - Community Customs Code - Repayment and remission of import duty - Fruit juice concentrate from Turkey - Movement certificates - Falsification - Special situation. # Case C-204/07 P.
Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 13. März 2008.
C.A.S. SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 - Art. 239 - Zollkodex der Gemeinschaften - Erstattung und Erlass von Einfuhrabgaben - Fruchtsaftkonzentrat aus der Türkei - Verkehrsbescheinigungen - Fälschung - Besonderer Fall.
Rechtssache C-204/07 P.
Schlussanträge der Generalanwältin Trstenjak vom 13. März 2008.
C.A.S. SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Assoziierungsabkommen EWG-Türkei - Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 - Art. 239 - Zollkodex der Gemeinschaften - Erstattung und Erlass von Einfuhrabgaben - Fruchtsaftkonzentrat aus der Türkei - Verkehrsbescheinigungen - Fälschung - Besonderer Fall.
Rechtssache C-204/07 P.
Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-06135
Identifiant ECLI: ECLI:EU:C:2008:175
Schlußanträge des Generalanwalts
Inhaltsverzeichnis
I – Einleitung
II – Rechtlicher Rahmen
III – Sachverhalt und Verfahren
A – Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits
B – Das Verfahren vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
1. Zum ersten Klagegrund
2. Zum zweiten Klagegrund
3. Zum dritten Klagegrund
4. Zu den beantragten prozessleitenden Maßnahmen und Beweisaufnahmen
C – Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien
D – Rechtsmittelgründe und Argumente der Parteien
IV – Rechtliche Würdigung
A – Einleitende Bemerkungen
1. Materiell-rechtliche Erwägungen
2. Prozessrechtliche Erwägungen
B – Prüfung der Rechtsmittelgründe
1. Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung des Grundsatzes der Aufgabenverteilung zwischen Export- und Importland
a) Zur Aufgabenverteilung zwischen Export- und Importland
b) Zur Frage bezüglich einer abweichenden Beurteilung bei missbräuchlichem Verhalten der Behörden des Ausfuhrstaats
2. Zweiter Rechtmittelgrund: Verletzung von Akteneinsichts- oder sonstigen Verteidigungsrechten
3. Dritter Rechtsmittelgrund: Darlegungs- und Beweislastverteilung
4. Vierter Rechtsmittelgrund: Verzicht auf prozessleitende Beweismaßnahmen
5. Fünfter Rechtsmittelgrund: Rechtliche Qualifizierung von Dokumenten/Tatsachen bezüglich angeblicher Pflichtverletzungen der türkischen Behörden und der Kommission
a) Zu den angeblichen Pflichtverletzungen der türkischen Behörden
i) Bewertung der fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen als Fälschungen
ii) Zur Bescheinigung A.TR.1 WVB D 437214
iii) Pflichtverletzung der türkischen Zollbehörden hinsichtlich der Stempel
iv) Pflichtverletzung der türkischen Behörden hinsichtlich der Registrierung amtlicher Dokumente
v) Pflichtverletzung der türkischen Behörden durch Mitwirkung bei der Ausstellung unrichtiger Bescheinigungen
vi) Pflichtverletzung der türkischen Behörden im Rahmen der Amtshilfe
vii) Pflichtverletzung der türkischen Behörden aufgrund anderer Umstände und der Vereitelung von Untersuchungen in Mersin
b) Zu den angeblichen Pflichtverletzungen der Kommission
i) Pflichtverletzung bei der Überwachung der Präferenzregelung gegenüber der Türkei
ii) Pflichtverletzung durch unterlassene Übersendung von Stempelabdrücken
iii) Verletzung einer Pflicht zur rechtzeitigen Warnung von Importeuren
iv) Pflichtverletzung bei der Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts bei den Ermittlungen in der Türkei
c) Zwischenergebnis
6. Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Nichtanrufung des Zollausschusses/Assoziationsrats durch die Kommission
7. Zum siebten Rechtsmittelgrund: Verkennung eines berechtigten Interesses der Rechtsmittelführerin bezüglich A.TR.1 WVB D 437214
8. Zum achten Rechtsmittelgrund: Billigkeits- und Risikoabwägung
9. Zum neunten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK
V – Ergebnis der Untersuchung
VI – Kosten
VII – Ergebnis
I – Einleitung
1. In der vorliegenden Rechtssache hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften über ein Rechtsmittel zu entscheiden, welches die Gesellschaft CAS SpA gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Februar 2007 in der Rechtssache CAS SpA/Kommission(2) eingelegt hat. Die Rechtsmittelführerin und Klägerin im ersten Rechtszug (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) begehrt die Aufhebung dieses Urteils, in dem das Gericht die Entscheidung der Kommission vom 18. Oktober 2002 (REC 10/01, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), der von der Rechtsmittelführerin beantragten Erstattung von Einfuhrabgaben in Höhe von 1 702 340,25 Euro im Hinblick auf 32 von insgesamt 48 eingereichten Einfuhrbescheinigungen nicht zuzustimmen, für rechtens erklärt und infolgedessen ihre Klage auf gerichtliche Erklärung der Teilnichtigkeit dieser Entscheidung abgewiesen hat.
II – Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftliche Regelung über den Erlass von Zöllen
2. In Bezug auf einen möglichen Erlass von Einfuhrzöllen sieht Art. 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: ZK) Folgendes vor:
„Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können in … Fällen … erlassen werden [, die sich] aus Umständen [ergeben], die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. Nach dem Ausschussverfahren wird festgelegt, in welchen Fällen diese Bestimmung angewandt werden kann und welche Verfahrensvorschriften dabei zu beachten sind …“
3. Art. 905 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1, im Folgenden: ZK-DVO) bestimmt:
„Ist die Entscheidungszollbehörde, bei der ein Antrag auf Erstattung oder Erlass nach Artikel 239 Absatz 2 [ZK] gestellt worden ist, nicht in der Lage, nach Artikel 899 zu entscheiden, und lässt die Begründung des Antrags auf einen besonderen Fall schließen, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so legt der Mitgliedstaat, zu dem diese Behörde gehört, den Fall der Kommission zur Behandlung nach dem Verfahren der Artikel 906 bis 909 vor.
…“
4. Art. 904 Buchst. c der ZK-DVO lautet:
„Die Einfuhrabgaben werden nicht erstattet oder erlassen, wenn je nach Fall die einzige für den Antrag auf Erstattung oder Erlass angeführte Begründung darin besteht, dass
…
c) gutgläubig Papiere zur Erlangung einer Zollpräferenzbehandlung für zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Waren vorgelegt worden sind, die sich später als falsch, gefälscht oder für die Gewährung dieser Zollpräferenzbehandlung ungültig erweisen.“
5. Art. 236 ZK bestimmt:
„(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erstattet, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.
Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben werden insoweit erlassen, als nachgewiesen wird, dass der Betrag im Zeitpunkt der buchmäßigen Erfassung nicht gesetzlich geschuldet war oder der Betrag entgegen Artikel 220 Absatz 2 buchmäßig erfasst worden ist.
Eine Erstattung oder ein Erlass wird nicht gewährt, wenn die Zahlung oder buchmäßige Erfassung eines gesetzlich nicht geschuldeten Betrags auf ein betrügerisches Vorgehen des Beteiligten zurückzuführen ist.
…“
6. Nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung der einer Zollschuld entsprechenden Abgaben, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat.
III – Sachverhalt und Verfahren
A – Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits
7. Die Rechtsmittelführerin ist eine Gesellschaft italienischen Rechts und eine 95,1%ige Tochtergesellschaft der Steinhauser GmbH (im Folgenden: Steinhauser), die ihren Sitz in Ravensburg (Deutschland) hat. Die wesentliche Tätigkeit der Rechtsmittelführerin besteht darin, importierte Fruchtsaftkonzentrate zu verarbeiten; daneben ist sie als Importeurin dieser Waren nach Italien tätig. Die geschäftlichen Kontakte mit ausländischen Lieferanten unterhält im Wesentlichen die Firma Steinhauser.
8. Gemäß den Sachverhaltsfeststellungen des Gerichts importierte die Rechtsmittelführerin zwischen dem 5. April 1995 und dem 20. November 1997 Apfel- und Birnensaftkonzentrate, die mit Herkunft und Ursprung in der Türkei angemeldet wurden, und überführte sie in der Gemeinschaft in den zollrechtlich freien Verkehr. Die Einfuhr dieser Art von Waren in die Gemeinschaft wurde mit Hilfe von A.TR.1-Bescheinigungen vorgenommen, so dass die entsprechenden Waren in den Genuss der von dem Assoziierungsabkommen und dem Zusatzprotokoll vorgesehenen Zollbefreiung kamen.
9. Die Zollstelle Ravenna (Italien) nahm eine nachträgliche Überprüfung der Echtheit der A.TR.1-Bescheinigung D 141591 vor, die die Rechtsmittelführerin bei einer ihrer Einfuhren innerhalb des Zeitraums vom 5. April 1995 bis zum 20. November 1997 vorgelegt hatte. Gemäß Art. 29 des Beschlusses Nr. 1/95 wurden die türkischen Behörden ersucht, diese Bescheinigung auf ihre Echtheit zu überprüfen.
10. Mit Schreiben vom 15. Mai 1998 teilten die türkischen Behörden der Zollstelle Ravenna mit, dass diese Bescheinigung ausweislich der durchgeführten Nachprüfung nicht echt sei, weil sie nicht von den türkischen Zollbehörden ausgestellt worden sei. Ferner kündigten sie weitere Prüfungen an.
11. Infolgedessen führten die italienischen Behörden eine nachträgliche Kontrolle von insgesamt 103 A.TR.1-Bescheinigungen durch, die die Rechtsmittelführerin bei diversen Einfuhren vorgelegt hatte.
12. Mit Schreiben vom 10. Juli 1998 teilte die Ständige Vertretung der Republik Türkei bei der Europäischen Union (im Folgenden: Ständige Vertretung der Türkei) der Kommission mit, dass von der Rechtsmittelführerin vorgelegte und in der Anlage zu diesem Schreiben aufgeführte A.TR.1-Bescheinigungen für Ausfuhren der türkischen Firma Akman nach Italien falsch („false“) seien. Mit Schreiben vom 20. Juli 1998 leitete die Kommission dieses Schreiben an die italienischen Behörden weiter.
13. Vom 12. bis 15. Oktober 1998 und vom 30. November bis 2. Dezember 1998 führte die Dienststelle für die Koordinierung der Maßnahmen zur Bekämpfung von Betrügereien (UCLAF, Vorläufer des OLAF) Untersuchungen in der Türkei durch.
14. Mit Schreiben vom 8. März 1999 teilte die Ständige Vertretung der Türkei der Zollstelle Ravenna mit, dass 32 von der Rechtsmittelführerin vorgelegte A.TR.1-Bescheinigungen (im Folgenden: streitige Bescheinigungen), darunter 18 im Schreiben vom 10. Juli 1998 aufgeführte Bescheinigungen, von den türkischen Behörden weder ausgestellt noch abgezeichnet worden seien.
15. Nach Ansicht der italienischen Zollbehörden ergab sich aus der gesamten Korrespondenz zwischen ihnen, der Kommission, der UCLAF und den türkischen Behörden, dass die Letztgenannten 48 A.TR.1-Bescheinigungen, darunter die streitigen Bescheinigungen, über Einfuhren nach Italien in Form von Lieferungen der türkischen Firma Akman an die Rechtsmittelführerin, für entweder falsch oder unrichtig hielten. Die 32 streitigen Bescheinigungen (entsprechend Zöllen in Höhe von insgesamt 3 296 190 371 ITL [italienische Lire], d. h. 1 702 340,25 Euro) seien gefälscht, da sie von den türkischen Zollbehörden weder ausgestellt noch abgezeichnet worden seien. Die 16 übrigen Bescheinigungen hingegen (entsprechend Zöllen in Höhe von insgesamt 1 904 763 758 ITL, d. h. 983 728,38 Euro) seien – obwohl sie von den türkischen Zollbehörden ausgestellt worden seien – ungültig, weil es sich bei den betreffenden Waren nicht um Waren mit Ursprung in der Türkei handele. Da alle 48 Bescheinigungen als gefälscht oder ungültig beurteilt worden seien, könnten die darin verzeichneten Waren nicht unter die für die Einfuhr türkischer Agrarerzeugnisse vorgesehene Präferenzregelung fallen. Die italienische Zollverwaltung forderte daher die Rechtsmittelführerin auf, die geschuldeten Zölle in Höhe von insgesamt 5 200 954 129 ITL, d. h. 2 686 068,63 Euro, zu entrichten.
16. Mit Schreiben vom 28. März 2000 beantragte die Rechtsmittelführerin bei der Zollstelle Ravenna nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b, Art. 236 und Art. 239 ZK, die nachträgliche buchmäßige Erfassung zu unterlassen bzw. die angeforderten Einfuhrabgaben zu erstatten. Sie berief sich dazu a uf ihren guten Glauben, auf die nicht erkennbaren Irrtümer der zuständigen Behörden und auf Pflichtverletzungen dieser Behörden.
17. Mit Schreiben vom 30. November 2001 ersuchte die Italienische Republik die Kommission, zu entscheiden, ob es gerechtfertigt sei, nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK keine nachträgliche buchmäßige Erfassung der von der Rechtsmittelführerin angeforderten Einfuhrabgaben vorzunehmen oder diese Abgaben nach Art. 239 ZK zu erstatten.
18. Mit Schreiben vom 3. Juni 2002 forderte die Kommission einige ergänzende Informationen von den italienischen Behörden an, die mit Schreiben vom 7. Juni 2002 antworteten.
19. Mit Schreiben vom 25. Juli 2002 teilte die Kommission der Rechtsmittelführerin mit, dass sie über den Antrag nicht in ihrem Sinne zu entscheiden gedenke. Vor dem Erlass einer endgültigen Entscheidung ersuchte sie jedoch die Rechtsmittelführerin, ihr etwaige Bemerkungen mitzuteilen, und bot ihr an, die Akte im Hinblick auf die nicht vertraulichen Dokumente einzusehen. Am 6. August 2002 nahmen die Vertreter der Rechtsmittelführerin in den Räumen der Kommission Einsicht in die Verwaltungsakte. Außerdem unterzeichneten sie eine Erklärung zur Bestätigung, dass sie Zugang zu den in der Anlage zu dieser Erklärung genannten Schriftstücken gehabt hätten.
20. Mit Schreiben vom 15. August 2002 nahm die Rechtsmittelführerin gegenüber der Kommission Stellung. Sie blieb darin insbesondere bei ihrem Standpunkt, dass die Zollbehörden aktive Fehler begangen hätten, die sie nicht habe bemerken können und die Pflichtverletzungen gleichkämen, die zu einem besonderen Fall im Sinne von Art. 239 ZK führten.
21. Am 18. Oktober 2002 erließ die Kommission die angefochtene Entscheidung, die der Rechtsmittelführerin am 21. November 2002 zugestellt wurde. Die Kommission stellte erstens fest, dass die buchmäßige Erfassung der Einfuhrabgaben, die Gegenstand des Antrags seien, gerechtfertigt sei. Zweitens zog sie indes den Schluss, dass es gerechtfertigt sei, die Einfuhrabgaben zu erstatten, soweit sich der Antrag auf die 16 ungültigen Bescheinigungen beziehe, weil für die Rechtsmittelführerin insoweit ein besonderer Fall im Sinne von Art. 239 ZK vorliege. In Bezug auf die 32 streitigen Bescheinigungen gelangte sie jedoch drittens zu dem Ergebnis, dass die von der Rechtsmittelführerin geltend gemachten Umstände keinen besonderen Fall im Sinne von Art. 239 ZK begründen könnten. Demzufolge stellte die Kommission in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung fest, dass eine Erstattung der darauf entfallenden Einfuhrabgaben in Höhe von 1 702 340,25 Euro nicht gerechtfertigt sei.
B – Das Verfahren vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
22. Mit am 29. Januar 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift verklagte die Rechtsmittelführerin die Kommission und beantragte, Art. 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären. Sie stützte ihre Anträge auf drei Klagegründe: erstens eine Verletzung der Verteidigungsrechte, zweitens einen Verstoß gegen Art. 239 ZK und drittens einen Verstoß gegen Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK.
23. Die Kommission beantragte, die Klage abzuweisen und der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
24. Das Gericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
1. Zum ersten Klagegrund
25. Mit dem ersten Klagegrund machte die Rechtsmittelführerin geltend, ihre Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren seien dadurch verletzt worden, dass sie zwar Zugang zu der Akte gehabt habe, die die Dokumente enthalte, auf die die Kommission die angefochtene Entscheidung gestützt habe, dass ihr jedoch keine Akteneinsicht in solche Unterlagen gewährt worden sei, die für die Gesamtbeurteilung des Sachverhalts durch die Kommission von entscheidender Bedeutung seien.
26. Diesen Klagegrund zurückweisend, hat das Gericht in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils entschieden, dass der Grundsatz der Wahrung der Verfahrensrechte in diesem Bereich lediglich verlange, dass der Betroffene zu den Gesichtspunkten – einschließlich der Unterlagen – sachdienlich Stellung nehmen könne, auf die die Kommission ihre beschwerende Entscheidung gestützt habe, und dass die Kommission daher nicht von Amts wegen Einsicht in sämtliche Unterlagen gewähren müsse, die möglicherweise einen Zusammenhang mit dem konkreten Fall aufwiesen, mit dem sie im Rahmen eines Erlassantrags befasst sei.
27. Das Gericht hat sodann in Randnr. 92 entschieden, dass der Umstand, dass die Dokumente, die die Rechtsmittelführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht habe einsehen können, in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich genannt worden seien, nicht ausschließe, dass einige dieser Dokumente der angefochtenen Entscheidung möglicherweise zugrunde gelegt worden seien. Dies könne nicht für die Gesamtheit des umfangreichen Schriftwechsels gelten, auf den sich die Rechtsmittelführerin beziehe, da es sich zumindest bei einigen dieser Dokumente um solche handele, die bloß den Kontext der Rechtssache beträfen. Im Hinblick auf diese „den Kontext betreffenden“ Dokumente hat das Gericht ausgeführt, dass die möglicherweise unterbliebene Übermittlung von Dokumenten, die der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde gelegt worden seien, irrelevant sei, da sich diese Dokumente so oder so nicht auf die angefochtene Entscheidung auswirken könnten. Folglich hat es den ersten Klagegrund, soweit er die fehlende Übermittlung solcher Dokumente betraf, als ins Leere gehend zurückgewiesen.
28. Hinsichtlich der von der Kommission zur Begründung der streitigen Entscheidung herangezogenen Dokumente hat das Gericht in den Randnrn. 98 bis 100 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin in den Räumen der Kommission Einsicht in die Akte genommen und eine schriftliche Erklärung unterzeichnet habe, in der sie ausdrücklich bestätigt habe, Zugang zu allen Dokumenten gehabt zu haben, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Streitsache gestanden hätten. Ferner sei dieser Erklärung eine Liste beigefügt gewesen, in der alle Dokumente aufgeführt gewesen seien, zu denen der Vertreter der Rechtsmittelführerin Zugang gehabt hätte. Auf der Grundlage dieser Liste hat das Gericht festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin tatsächlich Einsicht in verschiedene Dokumente gehabt habe, die sie ihrem Vortrag zufolge nicht habe einsehen können.
29. In Bezug auf die zwischen der Kommission und der UCLAF sowie den türkischen Behörden und den nationalen Zollbehörden der Mitgliedstaaten ausgetauschten Mitteilungen hat das Gericht entschieden, dass nichts die Annahme zulasse, dass die Kommission die angefochtene Entscheidung auf andere Dokumente als die gestützt habe, die sich in der Akte befinden, zu der die Klägerin bei der Einsichtnahme am 6. August 2002 Zugang gehabt habe.
2. Zum zweiten Klagegrund
30. Der zweite Klagegrund, der auf den Verstoß gegen Art. 239 ZK gestützt war und ebenfalls vom Gericht zurückgewiesen worden ist, gliedert sich in vier Teile. Der erste Teil betrifft die unzutreffende Beurteilung der A.TR.1-Warenverkehrsbescheinigung D 437214. Mit dem zweiten und dem dritten Teil werden die den türkischen Behörden und der Kommission vorgeworfenen groben Pflichtverstöße dargelegt, um das Vorliegen eines besonderen Falls im Sinne des Art. 239 ZK nachzuweisen. Der vierte Teil schließlich betrifft das Nichtvorliegen einer offensichtlichen Fahrlässigkeit der Rechtsmittelführerin und die Abwägung der geschäftlichen Risiken.
31. Im Hinblick auf den ersten Teil des zweiten Klagegrundes hat das Gericht zunächst daran erinnert, dass die Bestimmung des Warenursprungs auf einer Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Behörden des Ausfuhr- und denen des Einfuhrstaats beruhe, wobei Erstere den Ursprung bestimmten, und dann den Schriftwechsel zwischen der Kommission, den italienischen und den türkischen Behörden untersucht. Hierzu hat das Gericht in Randnr. 122 festgestellt, dass sich die Kommission in dem Teil der angefochtenen Entscheidung, der die gefälschten Bescheinigungen betreffe, im Wesentlichen auf das Schreiben der türkischen Behörden vom 8. März 1999 an die Zollstelle Ravenna gestützt habe. Allerdings hat das Gericht bei einem Vergleich des Inhalts dieses Schreibens mit dem der späteren Mitteilungen der türkischen Behörden festgestellt, dass die Beurteilung der Bescheinigung D 437214 nicht ganz eindeutig sei und dass die Kommission vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht ordnungsgemäß den Schluss habe ziehen können, dass die Bescheinigung D 437214 gefälscht sei (Randnrn. 124 und 128). Dies könne im Hinblick auf den Inhalt eines Schreibens vom 22. August 2003, d. h. aus der Zeit nach der streitigen Entscheidung, in dem die türkischen Behörden ihre in ihrem Schreiben vom 8. März 1999 enthaltenen Schlussfolgerungen bestätigt hätten, allerdings noch nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen, weil die Rechtsmittelführerin kein berechtigtes Interesse an der Nichtigerklärung einer Entscheidung wegen eines Formfehlers habe, wenn nach der Nichtigerklärung der Entscheidung nur erneut eine Entscheidung mit dem gleichen Inhalt wie die für nichtig erklärte Entscheidung ergehen könnte (Randnr. 133).
32. Das Gericht hat sodann den zweiten Teil des zweiten Klagegrundes untersucht, der verschiedene Behauptungen von Pflichtverletzungen der türkischen Behörden betrifft, die im Wesentlichen auf der These beruhten, dass die streitigen Bescheinigungen tatsächlich von den genannten Behörden ausgestellt und abgezeichnet worden seien.
33. In diesem Zusammenhang hat das Gericht zunächst in den Randnrn. 150 bis 152 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass zum einen die Feststellung, ob von den türkischen Behörden ausgestellte Dokumente echt oder gefälscht seien, allein Sache dieser Behörden sei und dass zum anderen diese Behörden zu dem Ergebnis gelangt seien, dass die streitigen Bescheinigungen gefälscht seien. Dann hat es das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen, dass den Stempelabdrücken und Unterschriften auf den streitigen Bescheinigungen zu entnehmen sei, dass diese offenbar von den türkischen Behörden ausgestellt und beglaubigt worden seien. Auch sei die Führung von Registern der von den türkischen Behörden ausgestellten Bescheinigungen weder im Assoziierungsabkommen noch in den Vorschriften zu seiner Durchführung ausdrücklich vorgesehen (Randnr. 161). Weiter hat das Gericht ausgeführt, dass die Vorlage von Dokumenten, die sich als falsch erwiesen, als solche nicht den Schluss auf eine Kollusion zwischen den Ausführern und den ausstellenden Zollbehörden zulasse (Randnrn. 167 und 168). Schließlich hat das Gericht entschieden, dass die türkischen Behörden nicht gegen ihre Verpflichtungen zur Amtshilfe verstoßen hätten und dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin durch keinen Beweis untermauert werde (Randnrn. 216 bis 218).
34. Anschließend hat das Gericht den dritten Teil des zweiten Klagegrundes untersucht, der eine Reihe von behaupteten Pflichtverletzungen der Europäischen Kommission betrifft.
35. In dieser Hinsicht hat das Gericht zunächst an die von der UCLAF in der Türkei durchgeführten Untersuchungen erinnert und entschieden, dass der Nachweis nicht erbracht worden sei, dass die Kommission im Rahmen der mit der Republik Türkei vereinbarten Amtshilfe auf Schwierigkeiten gestoßen sei, die eine Anrufung des Assoziationsrats oder des Gemischten Ausschusses der Zollunion gerechtfertigt hätten (Randnrn. 238 bis 240). Das Gericht war sodann der Ansicht, dass weder das Assoziierungsabkommen noch die Beschlüsse des Assoziationsrats, noch die anwendbare gemeinschaftsrechtliche Regelung eine Verpflichtung zur Übermittlung von Stempel- und Unterschriftenmustern zwischen den Vertragsparteien (Randnrn. 249 bis 257), zur Information der Importeure im Fall von Zweifeln an der Ordnungsgemäßheit der von diesen im Rahmen einer Präferenzregelung vorgenommenen Zollhandlungen (Randnr. 270) oder zur Anwendung einer bestimmten Untersuchungsmethode durch die UCLAF (Randnr. 284) vorsähen.
36. Den vierten Teil des zweiten Klagegrundes, der sich auf das Fehlen einer offensichtlichen Fahrlässigkeit der Rechtsmittelführerin bezieht, hat das Gericht als ins Leere gehend zurückgewiesen, nachdem es festgestellt hat, dass die Kommission im Abschnitt der angefochtenen Entscheidung über die gefälschten Bescheinigungen zur Frage der Sorgfalt oder der Fahrlässigkeit der Rechtsmittelführerin nicht Stellung genommen habe (Randnrn. 295 und 296).
3. Zum dritten Klagegrund
37. Das Gericht hat sodann den dritten Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK zurückgewiesen, da die Rechtsmittelführerin nicht habe nachweisen können, dass ein aktives Handeln der zuständigen Behörden zur Erstellung oder zur Annahme der streitigen Bescheinigungen, die sich als falsch herausgestellt hätten, beigetragen habe (Randnrn. 303 bis 307).
4. Zu den beantragten prozessleitenden Maßnahmen und Beweisaufnahmen
38. Schließlich hat das Gericht die Beweisangebote und die von der Rechtsmittelführerin beantragten Beweisaufnahmen als entweder gegenstandslos oder als für die Entscheidung des Rechtsstreits weder erheblich noch erforderlich zurückgewiesen (Randnrn. 314 bis 333).
C – Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Parteien
39. Die Rechtsmittelführerin hat das vorliegende Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 13. April 2007, eingetragen in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs am 16. April 2007, eingelegt.
40. Die Rechtsmittelführerin beantragt,
– das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Februar 2007 in der Rechtssache T‑23/03 aufzuheben;
– den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen stattzugeben; hilfsweise, die Rechtssache zur Entscheidung der Sache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen;
– den Anträgen auf Erlass prozessleitender Maßnahmen, den die Rechtsmittelführerin mit Schriftsätzen vom 28. Januar 2003, 4. August 2003 und 11. August 2003 gestellt hat, stattzugeben;
– der Beklagten des erstinstanzlichen Verfahrens die Kosten aufzuerlegen.
41. Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2007, eingetragen in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs am 25. Juni 2007, hat die Kommission eine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht, in der sie beantragt,
– das Rechtsmittel vollständig zurückzuweisen,
– die von der Kommission im ersten Rechtszug gestellten Anträge vollständig aufrechtzuerhalten und
– der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des ersten Rechtszugs, aufzuerlegen.
42. Mit Beschluss vom 30. Juli 2007 hat der Präsident des Gerichtshofs festgestellt, dass die Einreichung einer Erwiderung nicht erforderlich ist.
43. Nach dem schriftlichen Verfahren hat am 10. Januar 2008 eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der die Parteien mit ihren mündlichen Ausführungen gehört worden sind.
D – Rechtsmittelgründe und Argumente der Parteien
44. Einleitend weist die Kommission darauf hin, dass das Rechtsmittel mit der Prämisse stehe und falle, dass die streitigen Bescheinigungen nicht gefälscht seien. Das Gericht habe im angefochtenen Urteil festgestellt, dass die streitigen 32 A.TR.1-Bescheinigungen gefälscht und nicht von den türkischen Zollbehörden ausgestellt worden seien. Das Rechtsmittel laufe darauf hinaus, diese Tatsachenfeststellung durch das Gericht zu bestreiten, und sei daher unzulässig. Darüber hinaus erhebt die Kommission gegen bestimmte Rechtsmittelgründe verschiedene Einreden der Unzulässigkeit.
45. Die Rechtsmittelführerin macht neun Rechtsmittelgründe geltend.
46. Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund vertritt die Rechtsmittelführerin die Ansicht, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es die ausschließliche Zuständigkeit der türkischen Behörden für die Prüfung der Echtheit oder der Richtigkeit der Warenverkehrsbescheinigungen A.TR.1 angenommen habe. Insoweit hält die Rechtsmittelführerin daran fest, dass dann, wenn ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Teilnahme der zuständigen Zollbehörden eines Drittlands an den fraglichen Unregelmäßigkeiten vorlägen, oder selbst bei einem konkreten Verdacht auf ein derartiges Verhalten, die alleinige Zuständigkeit dieser Behörden ende.
47. Nach Ansicht der Kommission besteht in Anbetracht dessen, dass das Gericht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass keine Teilnahme der türkischen Behörden an der Fälschung der streitigen Bescheinigungen nachgewiesen worden sei, keine Veranlassung, an der Aufgabenverteilung zwischen den türkischen und den gemeinschaftlichen Zollbehörden zu zweifeln.
48. Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht zu Unrecht angenommen habe, dass sich das Recht auf Akteneinsicht nur auf Unterlagen beziehe, welche die Kommission ihrer streitigen Entscheidung zugrunde gelegt habe. Auch vertrauliche Unterlagen müssten Gegenstand des Akteneinsichtsrechts sein. Zumindest müsse die Kommission die Existenz vertraulicher Dokumente kennzeichnen und eine nichtvertrauliche Zusammenfassung beifügen.
49. Die Kommission erwidert, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin keine Grundlage im Gemeinschaftsrecht habe.
50. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin , dass das Gericht ihr die volle Beweislast für diejenigen tatsächlichen Umstände auferlegt habe, die einen „besonderen Fall“ im Sinne der Art. 239 ZK und 905 ZK-DVO kennzeichneten, soweit es sich um Sachverhalte in Drittländern (hier: Türkei) oder um solche im Tätigkeits- und Einflussbereich der Kommission handele. Eine derartige Beweislastverteilung verlange von der klagenden Partei etwas Unmögliches und Unzumutbares. Ihrer Nachweisverpflichtung sei sie durch die Darlegung objektiver Anhaltspunkte nachgekommen, die ernstliche Zweifel und eine gewisse Wahrscheinlichkeit im Hinblick auf die fraglichen Unregelmäßigkeiten begründeten.
51. Nach Ansicht der Kommission geht es insoweit nicht um eine Frage der Beweislastverteilung. Vielmehr stelle sich die Frage der Beweislastverteilung erst dann, wenn eine streitige Tatsachenbehauptung zumindest im Ansatz belegbar sei. Hingegen würde die Beweislastumkehr darauf hinauslaufen, sie sowie mitgliedstaatliche und drittstaatliche Zollbehörden a priori unter „Generalverdacht“ zu stellen und ihr den – vielfach unmöglichen – Gegenbeweis aufzubürden. Darüber hinaus bekräftigt die Kommission, dass es sich um bloße Vermutungen der Rechtsmittelführerin und nicht um objektive Anhaltspunkte handele.
52. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund vertritt die Rechtsmittelführerin die Ansicht, dass das Gericht mit der Nichtzulassung ihrer Beweisangebote und der von ihr beantragten Beweisaufnahmen Art. 68 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts verletzt habe. Dies gelte umso mehr, als das Gericht an sie sehr hohe Anforderungen hinsichtlich der Beweislast gestellt habe. Darüber hinaus habe das Gericht in Anbetracht dessen, dass ihr Antrag sich zum einen auf sämtliche Unterlagen in der Akte und zum anderen nur beispielhaft auf bestimmte Dokumente, wie z. B. den OLAF-Bericht vom 9. Dezember 1998, bezogen habe, zu Unrecht angenommen, dass ihr Antrag auf Vorlage von Dokumenten aus der Verwaltungsakte gegenstandslos sei (Randnr. 313).
53. Die Kommission trägt vor, dass das Gericht zu Recht die Beweisanträge und -angebote der Rechtsmittelführerin als nicht zweckdienlich und unerheblich zurückgewiesen habe, weil in der Akte bereits einschlägige und konsistente Nachweise enthalten gewesen seien.
54. Der fünfte Rechtsmittelgrund bezieht sich auf Fehler, die das Gericht bei der rechtlichen Qualifizierung von Dokumenten/Tatsachen bezüglich der Pflichtverletzungen der türkischen Behörden und der Kommission begangen haben soll.
55. Hinsichtlich der behaupteten Pflichtverletzungen der türkischen Behörden ist die Rechtsmittelführerin erstens der Ansicht, dass das Gericht die streitigen Bescheinigungen rechtlich fehlerhaft interpretiert und qualifiziert habe. Zweitens rügt sie die vom Gericht vorgenommene Interpretation der Fälschung der Bescheinigung A.TR.1 D 437214. Drittens ergebe der Vergleich der Stempelabdrücke auf den als unrichtig anerkannten Bescheinigungen mit den als gefälscht betrachteten keinen Unterschied, was zeige, dass die streitigen Bescheinigungen fehlerhaft als gefälscht qualifiziert worden seien. Viertens ist die Rechtsmittelführerin der Auffassung, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es nicht anerkannt habe, dass die Türkei zur Registrierung der ausgestellten Bescheinigungen aufgrund verschiedener Vorschriften der Beschlüsse Nr. 1/95 und Nr. 1/96 rechtlich verpflichtet sei. Darüber hinaus rügt sie die Erwägung des Gerichts, dass Fälscher jedes Interesse daran hätten, für gefälschte Bescheinigungen eine Eintragungsnummer zu verwenden, die einer ordnungsgemäßen Bescheinigung entspreche. Dabei stützt sie sich auf die Prämisse, dass eine Doppeleinfuhr unter derselben Registernummer sofort auffallen würde, zumal Einfuhrhafen Ravenna gewesen sei und nicht in einem Fall eine doppelte Registrierungsnummer festgestellt worden sei. Fünftens behauptet die Rechtsmittelführerin eine Mitwirkung der türkischen Behörden bei der Ausstellung der streitigen Bescheinigungen, da diese bei ihrer Ausfuhrabfertigung den Gebrauch gefälschter Bescheinigungen hätten verhindern können, indem sie die vorgelegten Bescheinigungen und die Ware kontrolliert hätten. Sechstens rügt die Rechtsmittelführerin die rechtliche Würdigung des Gerichts im Hinblick auf die behauptete Pflichtverletzung der türkischen Behörden im Rahmen der Amtshilfe und insbesondere die Feststellung, dass sich diese Behörden nicht widersprochen hätten. Schließlich trägt sie verschiedene Umstände vor, die ihrer Auffassung nach die Mitwirkung der türkischen Behörden bei der Ausstellung der streitigen Bescheinigungen nachweisen.
56. Einleitend vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Rechtsmittelführerin die Natur der Feststellungen des Gerichts in Bezug auf den fünften Rechtsmittelgrund verkenne. Dieser betreffe nicht Rechtsfragen, sondern beinhalte Tatsachenwürdigungen, welche nicht Gegenstand eines Revisionsverfahrens sein könnten. Darüber hinaus habe die Rechtsmittelführerin im Rahmen des fünften Rechtsmittelgrundes unzulässigerweise ihr erstinstanzliches Vorbringen erneut dargelegt. Sie sei nicht in der Lage, zu zeigen, inwiefern das Gericht diesbezüglich einen Rechtsfehler begangen habe. Ihre Behauptungen seien unsubstantiiert und ohne jeden Beweiswert. Die Führung von Registern sei weder im Assoziierungsabkommen noch in anderen hier anwendbaren Vorschriften vorgeschrieben gewesen.
57. Hinsichtlich der behaupteten Pflichtverletzungen der Kommission ist die Rechtsmittelführerin der Ansicht, dass ausreichende objektive Anhaltspunkte für systematische und bewusste Verstöße der zuständigen türkischen Behörden bestünden, die eine verstärkte Kontrolle der Präferenzregelung durch die Kommission rechtfertigen hätten müssen. Sich auf Art. 93 ZK-DVO und Art. 4 des Beschlusses 1/96 stützend, vertritt die Rechtsmittelführerin die Auffassung, dass die Republik Türkei und die Kommission auch während des fraglichen Zeitraums (1995 bis 1997) rechtlich verpflichtet gewesen seien, Muster der von den türkischen Zollbehörden verwendeten Stempel den zuständigen Zollbeamten mitzuteilen oder anzufordern. Das Gericht habe auch einen Rechtsfehler begangen, als es nicht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, die Importeure von Fruchtsaftkonzentraten spätestens Ende 1994/Anfang 1995 vor Unregelmäßigkeiten in der Türkei bei der Ausstellung von A.TR.1-Warenverkehrsbescheinigungen zu warnen. Darüber hinaus habe die UCLAF ihre Verpflichtungen aus den Art. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1073/99 zu einer ordnungsgemäßen Untersuchung in der Türkei verletzt, da sie bestimmte Untersuchungsmethoden nicht angewandt habe.
58. Nach Ansicht der Kommission beschränkt sich die Rechtsmittelführerin wiederum darauf, die Tatsachenfeststellungen und -würdigungen des Gerichts anzugreifen. Weder die Türkei noch sie seien nach den hier anwendbaren Rechtsnormen verpflichtet gewesen, Muster von Stempeln oder Unterschriften zu übermitteln. Bezüglich der Pflicht zur Warnung von Importeuren, die sie nach Auffassung der Rechtsmittelführerin habe, erinnert die Kommission daran, dass die hier streitigen Einfuhren aus dem Zeitraum April 1995 bis November 1997 datierten, während Zweifel an der Echtheit und der inhaltlichen Richtigkeit türkischer A.TR.1-Bescheinigungen erst danach, nämlich ab 1998, aufgetreten seien.
59. Die Rechtsmittelführerin macht mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund geltend, dass es das Gericht unterlassen habe, die Nichtanrufung des Zollausschusses/Assoziationsrats durch die Kommission als ein fehlerhaftes Verhalten zu qualifizieren. Sie bezieht sich insoweit auf das Urteil „Türkische Fernsehgeräte“(3) .
60. Die Kommission trägt vor, dass sie angesichts der konsistenten und fehlerfreien Kooperationsbereitschaft der türkischen Behörden keinen Grund gehabt hätte, den Zollausschuss oder den Assoziationsrat anzurufen.
61. Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund trägt die Rechtsmittelführerin vor, dass das Gericht ihr berechtigtes Interesse an einer Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung in Bezug auf die Bescheinigung A.TR.1 D437214 verkannt habe, da es angesichts der Dreijahresfrist des Art. 218 Abs. 3 ZK im Hinblick auf das Urteil des Gerichts über eine angebliche „Fälschung“ der Bescheinigung D 437214 nicht mehr zulässig gewesen wäre, den einmal erlassenen/erstatteten Zoll durch einen erneuten Bescheid zu erheben.
62. Nach Auffassung der Kommission ist die von der Rechtsmittelführerin vorgenommene Auslegung der Art. 905 ff. ZK-DVO und des Art. 218 Abs. 3 ZK unzutreffend, da die hier streitige Entscheidung innerhalb der vorgenannten Fristen erlassen und vom Gericht nicht aufgehoben worden sei.
63. Mit ihrem achten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin , dass das Gericht verkannt habe, dass es selbst bei der Annahme, dass die streitigen Bescheinigungen unecht seien, im Hinblick auf das grobe Fehlverhalten der türkischen Behörden und der Kommission angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, sie einen Schaden tragen zu lassen, der aus der streitigen Entscheidung herrühre.
64. Die Kommission erinnert daran, dass sie in der streitigen Entscheidung zur Frage der Sorgfalt oder Fahrlässigkeit der Rechtsmittelführerin nicht Stellung genommen habe und daher das diese Frage betreffende Vorbringen der Rechtsmittelführerin ins Leere gehe.
65. Mit ihrem neunten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin , dass das Gericht das aktive Mitwirken der türkischen Zollbehörden bei der Ausstellung und Verwendung der hier fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen im Sinne von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK verneint habe.
66. Hierzu trägt die Kommission vor, dass in Anbetracht dessen, dass es vorliegend um gefälschte, von den türkischen Behörden nicht ausgestellte Bescheinigungen gehe, gerade an einem „aktiven Irrtum“ der türkischen Behörden im Sinne von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK fehle.
IV – Rechtliche Würdigung
A – Einleitende Bemerkungen
1. Materiell-rechtliche Erwägungen
67. Am 22. Oktober 1992 trat die Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in Kraft, die nach ihrem Art. 253 ab dem 1. Januar 1994 gilt. Die in zahlreichen Verordnungen und Richtlinien der Gemeinschaft verstreuten Zollvorschriften wurden auf der Grundlage der Zollunion in einem Zollkodex zusammengefasst, der einschließlich der auf gemeinschaftlicher und einzelstaatlicher Ebene zu erlassenden Durchführungsvorschriften das Zollrecht enthält. Die allgemeinen Bestimmungen und Verfahrensvorschriften des Zollkodex sollten ausgehend vom Konzept des Binnenmarktes die einheitliche Anwendung aller zolltariflichen und sonstigen, auch agrar- und handelspolitischen, Maßnahmen gewährleisten, die von der Gemeinschaft hinsichtlich des Warenverkehrs zwischen ihr und Drittländern erlassen werden. Die Kodifikation des gemeinschaftlichen Zollrechts beschränkte sich nicht auf die gesetzestechnische Wiedergabe des bestehenden Zollrechts; zugleich wurden auch Änderungen vorgenommen, die das Zollrecht kohärenter machen, es vereinfachen und vorhandene Lücken schließen sollten, um so ein umfassendes gemeinschaftliches Regelwerk zu schaffen. So sieht der Zollkodex u. a. für die Nacherhebung, die Erstattung und den Erlass von Ein- und Ausfuhrabgaben neue Vorschriften vor, die teils das frühere Recht fortschrieben, teils Änderungen einführten(4) .
68. Zu den älteren Gemeinschaftsnormen, die im Zuge der Einführung des Zollkodex aufgehoben wurden, gehörte gemäß Art. 251 ZK die Verordnung (EWG) Nr. 1697/79(5), deren Art. 13 als Vorgängerbestimmung des heutigen Art. 239 ZK gilt(6) und mehrmals vom Gerichtshof ausgelegt worden ist. Wie bei dieser früheren Regelung handelt es sich bei Art. 239 ZK um eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Generalklausel(7), in deren Rahmen zwecks Verwirklichung des Vertrauensschutzes in anderen als den praktisch am häufigsten vorkommenden und ausdrücklich geregelten Fällen an sich geschuldete Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben erlassen oder erstattet werden können, sofern weder betrügerische Absicht noch offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt. Bei der Entscheidung, ob ein besonderer Fall im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, hat die Kommission im Rahmen des weiten Beurteilungsspielraums, über den sie dabei verfügt, den gesamten Sachverhalt zu würdigen sowie das Interesse der Gemeinschaft an der Beachtung der Zollbestimmungen und das Interesse des gutgläubigen Wirtschaftsteilnehmers daran abzuwägen, keine Nachteile zu erleiden, die über das normale Geschäftsrisiko hinausgehen.
69. Die Generalklausel des Art. 239 ZK findet insbesondere Anwendung, wenn es angesichts des Verhältnisses zwischen Wirtschaftsteilnehmer und Verwaltung unbillig wäre, den Wirtschaftsteilnehmer einen Schaden tragen zu lassen, den er bei rechtem Gang der Dinge nicht erlitten hätte(8) . Grundsätzlich verlangt die Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass sich der betroffene Wirtschaftsbeteiligte im Vergleich zu anderen die gleiche Tätigkeit ausübenden Wirtschaftsteilnehmern in einer „außergewöhnlichen Situation“ befindet(9) . Wann solche „besonderen Umstände“ im Sinne des Art. 239 ZK vorliegen, haben sowohl der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als auch der Gemeinschaftsgesetzgeber in der ZK-DVO präzisiert(10) .
70. Vom Gemeinschaftsrecht ausdrücklich nicht als ein solcher besonderer Umstand anerkannt ist jedenfalls gemäß Art. 904 ZK-DVO die gutgläubige Vorlage von Dokumenten bzw. Präferenzpapieren, die sich nachträglich als falsch oder gefälscht herausstellen. Durch die Aufnahme dieses Ausschlusstatbestands hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die bisherige Kasuistik des Gerichtshofs in das Zollrecht der Gemeinschaft übernommen(11) .
71. Vor dem Hintergrund, dass zum einen die Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug die Entscheidung der Kommission im Wege der Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EG im Wesentlichen mit der Begründung angefochten hat, dass in ihrem Fall ein besonderer Umstand im Sinne des Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK in Verbindung mit Art. 905 ZK-DVO vorliege und zum anderen Art. 904 ZK-DVO ihrem Begehren auf Erlass der Einfuhrabgaben zumindest auf den ersten Blick entgegenzustehen scheine, ist davon auszugehen, dass die eben genannten Vorschriften den materiell-rechtlichen Rahmen darstellen, in dem der Gerichtshof über die Zulässigkeit und Begründetheit des vorliegenden Rechtsmittels zu entscheiden haben wird.
2. Prozessrechtliche Erwägungen
72. In prozessrechtlicher Hinsicht halte ich es angesichts der ausgedehnten und detailreichen Ausführungen der Rechtsmittelführerin über den genauen Ablauf der Geschehnisse, die Anlass für diesen Rechtsstreit gegeben haben, für zwingend erforderlich, daran zu erinnern, dass das Rechtsmittel zum Gerichtshof gemäß Art. 225 Abs. 1 Unterabs. 2 EG auf Rechtsfragen beschränkt ist. Art. 58 der Satzung des Gerichtshofs präzisiert, dass mit dem Rechtsmittel die Unzuständigkeit des Gerichts, Verfahrensfehler oder die Verletzung von Gemeinschaftsrecht gerügt werden können.
73. Bei der Beurteilung, ob eine Rüge zulässigerweise im Rahmen des Rechtsmittels vorgebracht werden kann, ist daher zu beachten, dass der Zweck des Rechtsmittelverfahrens die Kontrolle der Rechtsanwendung durch das Gericht und keinesfalls die Wiederholung des erstinstanzlichen Prozesses ist. Die bloße Wiede rholung der erstinstanzlichen Klagegründe stellt keine im Rechtsmittel zulässige Rüge dar. Das Rechtsmittel muss vielmehr sowohl die beanstandeten Teile des angefochtenen Urteils als auch die Argumente, auf die sich der Antrag auf Aufhebung stützt, genau bezeichnen(12) .
B – Prüfung der Rechtsmittelgründe
1. Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung des Grundsatzes der Aufgabenverteilung zwischen Export- und Importland
a) Zur Aufgabenverteilung zwischen Export- und Importland
74. In Bezug auf die geltend gemachte Verletzung des Grundsatzes der Aufgabenverteilung zwischen den zuständigen Behörden des Exportlandes und des Importlandes bei der Beurteilung der Echtheit bzw. Richtigkeit von Warenverkehrsbescheinigungen ist festzustellen, dass die Schlussfolgerungen des Gerichts in den Randnrn. 120, 121, 150, 323 und 324 des angefochtenen Urteils, auf welche die Rechtsmittelführerin in ihrer Rechtsmittelschrift verweist, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Assoziierungsabkommens zwischen der EWG und der Republik Türkei sowie auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs getroffen wurden.
75. Art. 15 des Beschlusses Nr. 1/96 bestimmt, dass die Kontrolle der Echtheit und Richtigkeit der Bescheinigungen im Rahmen der gegenseitigen Amtshilfe gemäß Art. 29 und Anhang 7 des Beschlusses Nr. 1/95 durchgeführt wird. Diese Amtshilfe findet gemäß den Art. 3 und 4 dieses Anhangs derart statt, dass Auskünfte über festgestellte oder beabsichtigte Handlungen, die gegen das Zollrecht verstoßen oder verstoßen könnten, auf Antrag oder von Amts wegen zwischen den Behörden der Vertragsparteien ausgetauscht werden. Die Effektivität dieses Systems der administrativen Zusammenarbeit setzt zwangsläufig eine Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den beteiligten Behörden voraus, die der Gerichtshof ausdrücklich anerkennt.
76. Nach ständiger Rechtsprechung beruht die Bestimmung des Warenursprungs nämlich auf einer Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Behörden des Ausfuhr- und denen des Einfuhrstaats; während Erstere den Ursprung bestimmen, wird das Funktionieren der Regelung durch die Zusammenarbeit der beteiligten Verwaltungen beider Seiten gesichert. Diese Regelung rechtfertigt sich dadurch, dass die Behörden des Ausfuhrstaats am besten in der Lage sind, die für den Ursprung maßgebenden Tatsachen unmittelbar festzustellen(13) . Für die Bestimmung des Ursprungs der Waren hat diese Kompetenzverteilung zusätzlich den Vorteil, dass sie zu sicheren und einheitlichen Ergebnissen führt und dadurch Verkehrsverlagerungen und Wettbewerbsverzerrungen im Handel verhindert.
77. Dieser Mechanismus kann nur funktionieren, wenn die Zollverwaltung des Einfuhrstaats die von den Behörden des Ausfuhrstaats rechtmäßig vorgenommenen Beurteilungen anerkennt(14) . Wie der Gerichtshof im Urteil Les Rapides Savoyards u. a.(15) ausgeführt hat, ist im Rahmen internationaler Freihandelsabkommen, die gegenseitige Verpflichtungen zwischen der Gemeinschaft und einem Drittstaat begründen, die Anerkennung der von den Behörden dieses Drittstaats rechtmäßig getroffenen Entscheidungen durch die Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten auch notwendig, damit die Gemeinschaft ihrerseits von den Zollbehörden dieses Staates die Beachtung der von den Zollbehörden der Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen über den Ursprung der aus der Gemeinschaft nach diesem Staat ausgeführten Waren verlangen kann.
78. Die Zollbehörden des Einfuhrstaats sind durch die Vorlage eines Präferenznachweises zwar rechtlich nicht gebunden, dem Einführer die beantragte Präferenzbehandlung zu gewähren. Soweit der Präferenznachweis aber formell ordnungsgemäß ausgestellt wurde, trägt er den Rechtsschein der materiellen Richtigkeit. Daher tritt durch die Vorlage des Präferenznachweises zumindest eine Bindungswirkung in tatsächlicher Hinsicht ein, d. h. hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen der Zollbehörde im Ausfuhrstaat(16) .
79. Daraus folgt, dass die Zollbehörden des Einfuhrstaats einer Ware, die aufgrund einer rechtmäßig von den Zollbehörden des Ausfuhrstaats erteilten Bescheinigung eingeführt wurde, gemäß den Bestimmungen des Assoziierungsabkommens die Anwendung der Präferenzbehandlung nicht verweigern können.
80. Auch wenn die Zollbehörden des Einfuhrstaats begründete Zweifel am tatsächlichen Ursprung dieser Ware haben, können sie die Zollbehörden des Ausfuhrstaats lediglich um eine nachträgliche Prüfung dieses Ursprungs ersuchen(17) .
81. Dieses System der Zusammenarbeit und der Aufgabenverteilung zwischen den Zollverwaltungen führt zwangsläufig dazu, dass sie auch an die Ergebnisse dieser nachträglichen Prüfung gebunden sind, wenn die Zollbehörden des Ausfuhrstaats den Ursprung der fraglichen Waren haben bestimmen können. Nur in dem Sonderfall, dass die Zollbehörden des Ausfuhrstaats nicht in der Lage sind, die nachträgliche Überprüfung ordnungsgemäß vorzunehmen, können die Zollbehörden des Einfuhrstaats nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs selbst die streitige Bescheinigung auf ihre Echtheit und ihre Richtigkeit überprüfen und andere Beweise für den Ursprung der fraglichen Ware berücksichtigen(18) .
82. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin lässt sich die Rechtsprechung jedenfalls nicht so interpretieren, als bestünde ein Prüfungsrecht des Einfuhrstaats dergestalt, dass dieser zunächst die Rechtmäßigkeit und anschließend die Beurteilung des Ausfuhrstaats insgesamt überprüfen und in Frage stellen könnte. Vielmehr hat der Gerichtshof im Urteil Pascoal & Filhos(19) entschieden, dass die Behörden des Einfuhrstaats allein aufgrund des Umstands, dass die zuständigen Behörden des Ausfuhrmitgliedstaats nach einer nachträglichen Prüfung erklären, dass eine Bescheinigung für die tatsächlich ausgeführten Waren nicht gelte, feststellen können, dass die nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldeten Abgaben nicht angefordert worden sind, und daher diese Abgaben nachfordern können. Zudem stellte der Gerichtshof fest, dass nichts in der fraglichen Regelung die letztgenannten Behörden dazu verpflichte, die Richtigkeit des Ergebnisses der Prüfung oder den Warenursprung der Waren zu ermitteln.
83. Somit ist festzuhalten, dass die italienischen Behörden und die Kommission, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs und wie vom Gericht zutreffend in den Randnrn. 120 und 121 des angefochtenen Urteils dargelegt, grundsätzlich an die Beurteilung der türkischen Behörden bezüglich der Echtheit der fraglichen 32 Bescheinigungen gebunden waren. Es besteht kein sachlicher Grund, an der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeitsverteilung zwischen türkischen und gemeinschaftlichen Zollbehörden Änderungen vorzunehmen. Vielmehr ist der Kommission in ihrer Einschätzung zuzustimmen, wonach die gemeinschaftlichen Zollbehörden auch gar nicht in der Lage wären, selbst zu beurteilen, ob die ihnen vorgelegten Ausfuhrbescheinigungen eines Drittlandes echt oder gefälscht sind. Diese Feststellung kann daher ausschließlich von den entsprechend sachkundigen Zollbehörden des Ausfuhrstaats, hier also den türkischen Zollbehörden, vorgenommen werden.
b) Zur Frage bezüglich einer abweichenden Beurteilung bei missbräuchlichem Verhalten der Behörden des Ausfuhrstaats
84. Es braucht meines Erachtens nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob eine andere Bewertung für den Fall angezeigt ist, dass Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind, die sich letztlich in einer Mitwirkung der Zollbehörden des Drittstaats manifestiert haben, denn jedenfalls ist im vorliegenden Fall ein missbräuchliches Verhalten seitens der türkischen Behörden gemäß den Feststellungen des Gerichts nicht nachweisbar. Hinzu kommt, dass es sich hierbei um Tatsachen handelt, deren Würdigung grundsätzlich dem Gericht vorbehalten ist(20), und die vom Gerichtshof nur in sofern überprüfbar sind, als sich aus den Prozessakten ergibt, dass die Feststellungen tatsächlich falsch sind(21) . Sind Beweise ordnungsgemäß erhoben und die allgemeinen Rechtsgrundsätze sowie die Vorschriften über die Beweislast und das Beweisverfahren eingehalten worden, so ist es daher allein Sache des Gerichts, den Beweiswert der ihm vorgelegten Beweismittel zu beurteilen(22) .
85. Was die Qualifizierung der streitgegenständlichen 32 Einfuhrbescheinigungen als Fälschungen angeht, erwähnt das Gericht in Randnr. 122 des angefochtenen Urteils zunächst das Schreiben der türkischen Behörden vom 8. März 1999 an die Zollstelle Ravenna, dem eine Liste der 32 Bescheinigungen beifügt war, die die türkischen Behörden als Fälschungen ansahen. Sodann weist das Gericht in Randnr. 125 auf die Mehrdeutigkeiten hin, die aus einem Vergleich zwischen den Feststellungen in diesem Schreiben und denen im Schreiben der Ständigen Vertretung an die UCLAF vom 22. April 1999 erkennbar würden. Zu diesem Zeitpunkt bestand für die Beteiligten die Schwierigkeit darin, den schriftlichen Aussagen der türkischen Behörden zweifelsfrei entnehmen zu können, ob es sich bei den fraglichen Bescheinigungen um falsche oder lediglich unrichtige Bescheinigungen handelte. Das Gericht stellt fest, dass die verwendete Formulierung „not correct … and not issued according to the rules“ auch dahin habe ausgelegt werden können, dass die fraglichen Bescheinigungen nicht gefälscht seien. Wie vom Gericht in Randnr. 129 des angefochtenen Urteils festgestellt, konnten anhand des Schreibens der türkischen Behörden vom 22. August 2003 jedoch alle Zweifel hinsichtlich der Fälschungen beseitigt werden. Demnach durfte das Gericht angesichts der ihm vorgelegten Tatsachen rechtsfehlerfrei auf den Charakter der streitgegenständlichen 32 Einfuhrbescheinigungen als Fälschungen schließen.
86. Zum Vorwurf der Rechtsmittelführerin bezüglich einer angeblichen Mitwirkung der türkischen Behörden hat das Gericht in Randnr. 167 ausgeführt, dass die Vorlage von Dokumenten, die sich als falsch erwiesen, als solche nicht den Schluss auf eine Kollusion zwischen den Ausführern und den ausstellenden Zollbehörden zulasse. Das Gericht hat somit, ohne dadurch einen Rechtsfehler zu begehen, auf das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Beteiligung der türkischen Behörden an den Fälschungen hingewiesen.
87. Nicht gefolgt werden kann ferner dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, die Ausstellung von unrichtigen Bescheinigungen stelle eine erhebliche Unregelmäßigkeit dar, die die Aberkennung der seitens der türkischen Behörden vorgenommenen Beurteilung rechtfertige. Dieses Vorbringen läuft nämlich darauf hinaus, die vom Gerichtshof anerkannte Aufgabenverteilung zwischen Export- und Importland bei der Prüfung von Bescheinigungen im Hinblick auf ihre Echtheit bzw. Richtigkeit in Frage zu stellen. Darüber hinaus verbietet es sich, die Ausstellung unrichtiger Bescheinigungen durch die zuständigen Zollbehörden aufgrund eines Irrtums mit der strafrechtlich relevanten Fälschung von Bescheinigungen pauschal gleichzusetzen.
88. Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
2. Zweiter Rechtmittelgrund: Verletzung von Akteneinsichts- oder sonstigen Verteidigungsrechten
89. Die Rechtsmittelführerin macht die Verletzung ihres Rechts auf Akteneinsicht geltend. Sofern sie den Gerichtshof um Überprüfung des Umfangs ihrer Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren ersucht, handelt es sich dabei um eine das Verfahrensrecht betreffende Rechtsfrage und damit um einen zulässigen Rechtsmittelgrund.
90. Sie beklagt, Einsicht ausschließlich in solche Unterlagen gehabt zu haben, auf welche die Kommission die angefochtene Entscheidung gestützt habe. Dagegen sei ihr keine Akteneinsicht in sogenannte Kontext‑Unterlagen sowie vertrauliche Dokumente gewährt worden, zu denen die Kommission auch die Berichte der UCLAF bzw. des OLAF zähle.
91. Unter Berufung auf seine eigene Rechtsprechung(23) hat das Gericht in Randnr. 88 des angefochtenen Urteils zunächst ausgeführt, dass der Grundsatz der Wahrung der Verfahrensrechte im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren betreffend den Erlass von Zöllen lediglich verlange, dass der Betroffene zu den Gesichtspunkten – einschließlich der Unterlagen – sachdienlich Stellung nehmen könne, auf die die Kommission ihre beschwerende Entscheidung stütze. Die Kommission müsse also nicht von Amts wegen Einsicht in sämtliche Unterlagen gewähren, die möglicherweise einen Zusammenhang mit dem konkreten Fall aufwiesen, mit dem sie im Rahmen eines Erlassantrags befasst sei. Sei der Betroffene der Auffassung, dass solche Unterlagen nützlich seien, um zu belegen, dass bei ihm besondere Umstände und/oder keine offensichtliche Fahrlässigkeit oder betrügerische Absicht vorlägen, obliege es ihm, entsprechend den von den Gemeinschaftsorganen auf der Grundlage des Art. 255 EG erlassenen Vorschriften Einsicht in diese Unterlagen zu beantragen.
92. Das Gericht hat ferner in Randnr. 89 darauf hingewiesen, dass die Kommission auf Antrag des Betroffenen Einsicht in alle nicht vertraulichen Verwaltungspapiere geben müsse, die die angefochtene Entscheidung beträfen. In Ermangelung eines solchen Antrags gebe es daher keinen automatischen Zugang zu den im Besitz der Kommission befindlichen Unterlagen(24) .
93. Diese Ausführungen des Gerichts sind unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlichen Ausprägungen zu untersuchen, die das Recht auf Zugang zu Dokumenten in der heutigen Zeit sowohl im Recht der Mitgliedstaaten als auch im Gemeinschaftsrecht selbst erfahren hat. Zum einen steht dieses Recht untrennbar mit jenen Verfahrensgarantien im Rahmen des Verwaltungsverfahrens in Verbindung, die dem Verwaltungsadressaten in Umsetzung des Grundsatzes rechtsstaatlichen Handelns gewährt werden. Zum anderen kann dieses Recht als Ausdruck des Rechts der Öffentlichkeit auf Information verstanden werden, das von allen Organen und sonstigen Einrichtungen des Staates eine transparente, der demokratischen Kontrolle unterworfene Tätigkeit verlangt(25) .
94. Art. 255 EG konkretisiert das in Art. 1 Abs. 2 EU normierte Transparenzprinzip und verwirklicht zugleich die in Art. 42 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgte Informationsfreiheit der Unionsbürger(26) . Im vorliegenden Rechtsstreit stellte sich allerdings in erster Linie die Frage hinsichtlich der Wahrung der Rechte des Individuums im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens, an dessen Ende die Kommission über den Erlass von Einfuhrzöllen gemäß Art. 239 ZK zu entscheiden hatte. Folglich durfte die Rechtsmittelführerin auf die Möglichkeit eines Antrags gemäß Art. 255 EG aufgrund der spezifischen Funktion dieser Anspruchsgrundlage nur verwiesen werden, sofern ihr keine speziellen Bestimmungen zu deren Schutz zur Seite standen. Indes standen der Rechtsmittelführerin jedenfalls ein von der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte anerkanntes Anhörungsrecht(27) sowie das Recht auf Akteneinsicht im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vor der Kommission zu.
95. Wie der Gerichtshof mehrmals betont hat, gehören die Verteidigungsrechte als Grundrechte zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, deren Wahrung er zu sichern hat(28), wobei er sich von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen leiten lässt, die völkerrechtliche Verträge wie die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind(29) .
96. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bedeutet das Recht auf Akteneinsicht als Ausfluss des Grundsatzes der Wahrung der Verteidigungsrechte, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind(30) . Zu ihnen gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen(31) .
97. Indem es den Zugang nicht auf jene Unterlagen beschränkt, auf die die Kommission ihre beschwerende Entscheidung gestützt hat, sondern vielmehr auf alle Schriftstücke ausweitet, die möglicherweise für eine Verteidigung des Verwaltungsadressaten in Frage kommen, erweist sich das Recht auf Akteneinsicht im Sinne dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs als weitreichender als die Auslegung, die das Gericht seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Nicht zu beanstanden ist hingegen die Behandlung von als vertraulich eingestuften Schriftstücken, die als solche der Einsicht entzogen werden müssen.
98. Das Gericht hat meiner Meinung nach das Recht auf Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren betreffend den Erlass von Zöllen in unzulässiger Weise restriktiv aufgefasst, was grundsätzlich als ein Rechtsfehler zu bewerten wäre.
99. Allerdings bin ich der Ansicht, dass eine divergierende Auffassung über die normative Tragweite dieses allgemeinen Rechtsgrundsatzes eine Aufhebung des angefochtenen Urteils für sich genommen nicht zu rechtfertigen vermag. Vielmehr gebieten der Gedanke der Prozessökonomie sowie die Schutzfunktion der Verfahrensgarantien für den Betroffenen, genau zu prüfen, ob das Gericht zu einer anderen Schlussfolgerung gekommen wäre, wenn es der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts Rechnung getragen hätte.
100. Wie der Gerichtshof in dem Urteil Hercules Chemicals(32) im Zusammenhang mit dem Recht auf Akteneinsicht nämlich festgestellt hat, liegt kein Rechtsfehler vor, wenn das Gericht der Ansicht ist, auch die Gewährung von Einsicht in alle anderen Schriftstücke hätte nicht zur Nichtigkeitserklärung der streitgegenständlichen Entscheidung der Kommission geführt, und infolgedessen das Vorbringen der Rechtsmittelführerin betreffend eine Verletzung von Verteidigungsrechten zurückweist.
101. Diese Rechtsprechung knüpft an einen wesentlichen Grundsatz des allgemeinen Verwaltungsrechts und des Verwaltungsprozessrechts der Gemeinschaft(33) an, wonach ein Verfahrensfehler die gerichtliche Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung nur dann begründet, wenn sie sich auf den Inhalt der Entscheidung selbst auswirkt.
102. Wie Generalanwalt Mischo in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache PVC(34) zutreffend dargelegt hat, stellt die Akteneinsicht keinen Zweck an sich dar, sondern soll dem Betroffenen Gelegenheit bieten, seine Verteidigungsrechte wirksam auszuüben. Daraus folge zwangsläufig, dass Unregelmäßigkeiten bei der Akteneinsicht nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung führen können, wenn sie sich auf die Ausübung dieser Rechte nicht ausgewirkt haben.
103. In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Aalborg Portland(35) hat Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer im Hinblick auf die eben genannte Schutzfunktion des Rechts auf Akteneinsicht erklärt, dass Verfahrensfehler keine Relevanz hätten, wenn dem Betroffenen trotzdem angemessene Verteidigungsmittel zur Verfügung gestanden hätten. Eine Nichtigerklärung der Entscheidung könne somit nur dann erfolgen, wenn festzustellen sei, dass das Ergebnis, wenn der Verfahrensweg sorgfältigst eingehalten worden wäre, günstiger für den Betroffenen hätte sein können, oder wenn gerade wegen dieses Formfehlers nicht zu ermitteln sei, ob die Entscheidung eine andere gewesen wäre.
104. Das Gericht bediente sich im Wesentlichen dieser Argumentation, als es in Randnr. 94 des angefochtenen Urteils den Vorwurf einer Verletzung des Rechts auf Akteneinsicht mit der Begründung zurückwies, dass die möglicherweise unterbliebene Übermittlung von Dokumenten, die der angefochtenen Entscheidung nicht zugrunde gelegt worden seien, jedenfalls irrelevant sei, da sich diese Dokumente so oder so nicht auf die angefochtene Entscheidung hätten auswirken können. Diese Schlussfolgerung gehört zur Tatsachenwürdigung des Gerichts und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
105. In Bezug auf jene Schriftstücke, die die Kommission der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht den Umstand nicht unberücksichtigt ließ, dass der Vertreter der Rechtsmittelführerin anlässlich der am 6. August 2002 in den Räumen der Kommission vorgenommenen Einsicht in die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Akte eine schriftliche Erklärung unterschrieben hatte, in der er ausdrücklich bestätigte, Zugang zu allen Dokumenten gehabt zu haben, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Streitsache stünden. Dieser Erklärung war eine Liste beigefügt, in der alle Dokumente aufgeführt waren, zu denen der genannte Vertreter Zugang hatte. Wie das Gericht in den Randnrn. 99 und 100 des angefochtenen Urteils ausdrücklich festgestellt hat, befanden sich darunter der Missionsbericht der UCLAF vom 9. Dezember 1998 sowie das Schreiben der Kommission/UCLAF vom selben Tag an die Ständige Vertretung der Türkei, dessen Nichtvorlage die Rechtsmittelführerin im Rechtsmittelverfahren erneut rügt. Folglich durfte das Gericht berechtigterweise davon ausgehen, dass der Rechtsmittelführerin, entgegen ihren Behauptungen, Einsicht in jene Schriftstücke gewährt worden war.
106. Was jenen Antrag auf Akteneinsicht betrifft, den die Rechtsmittelführerin nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung und der Klageerhebung gestellt hatte, hat das Gericht in Randnr. 102 des angefochtenen Urteils darauf verwiesen, dass dieser für die Beurteilung einer möglichen Verletzung der Verteidigungsrechte der Klägerin im Verwaltungsverfahren irrelevant sei und sich auf die Rechtmäßigkeit der genannten Entscheidung nicht habe auswirken können.
107. Die Ausführungen des Gerichts zeigen, dass es untersucht hat, ob die betreffenden Schriftstücke auch nur den geringsten Nutzen für die Rechtsmittelführerin hätten haben können. Es hat sich daher nicht auf die Frage beschränkt, ob die Nichtübermittlung der betreffenden Schriftsätze sich auf den Inhalt der abschließenden Entscheidung ausgewirkt hat.
108. Die Ausführungen des Gerichts zeigen nämlich im Wesentlichen, dass die betreffenden Schriftstücke nicht nur der Rechtsmittelführerin kein Argument an die Hand gegeben hätten, sondern entweder wegen ihrer Art und ihres Gegenstands von der Rechtsmittelführerin nicht hätten geltend gemacht werden können oder aufgrund ihres Inhalts die Feststellungen der Kommission bestätigt hätten oder jedenfalls nicht das geringste Gegenargument hätten liefern können.
109. Ich bin daher der Ansicht, dass das Gericht seine Untersuchungsmethode im Wesentlichen an der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgerichtet hat und dass seine Schlussfolgerungen richtig sind.
110. Schließlich sind die Ausführungen des Gerichts zum teilweise inkohärenten Verhalten der Rechtsmittelführerin bei der Ausübung des ihr zustehenden Rechts auf Akteneinsicht zu würdigen. Zu Recht hat das Gericht nämlich in Randnr. 102 des angefochtenen Urteils auf den Umstand aufmerksam gemacht, dass die Klägerin während des Verwaltungsverfahrens von sich aus keinen weiteren Antrag auf Zugang zu anderen Bestandteilen der Akte gestellt und auch vom am 10. Juli 2003 unterbreiteten Angebot der Kommission auf Zugang zu den erwünschten Unterlagen keinen Gebrauch gemacht hatte. Vor diesem Hintergrund erscheint es widersprüchlich, wenn die Rechtsmittelführerin trotz Kenntnis dieser Versäumnisse bei der Wahrnehmung ihrer Verteidigungsrechte im ersten Rechtszug die Verletzung derselben rügt und im Rechtsmittelverfahren die rechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils angreift.
111. Der zweite Rechtsmittelgrund ist demnach zurückzuweisen.
3. Dritter Rechtsmittelgrund: Darlegungs- und Beweislastverteilung
112. Die Feststellung des Vorliegens von „Umständen“ im Sinne des Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK bzw. eines „besonderen Falles“ im Sinne des Art. 905 Abs. 1 der ZK-DVO setzt die Darlegung, den Beweis und die Bewertung bestimmter Tatsachen und Umstände voraus. Streitig zwischen den Parteien ist indes die Frage der konkreten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast, wobei die Rechtsmittelführerin eine Beweislastumkehr bzw. Beweislasterleichterung für sich beansprucht. Indem die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen dem Gericht letztendlich vorwirft, die prozessrechtlichen Grundsätze der Beweislast missachtet zu haben, macht sie die fehlerhafte Anwendung von Gemeinschaftsrecht und damit einen zulässigen Rechtsmittelgrund geltend(36) .
113. Die Behandlung dieses Rechtsmittelgrundes erfordert zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Beweislastverteilung im Rahmen des Verfahrens, gerichtet auf die Erstattung bzw. den Erlass von Einfuhrabgaben.
114. Vorab ist zu beachten, dass nach den allgemein anerkannten Regeln des Verfahrensrechts in aller Regel derjenige, der sich auf die Voraussetzungen einer Vorschrift beruft, die Pflicht hat, deren Vorliegen zu beweisen(37) . Folgerichtig obliegt es in aller Regel dem Einführer, darzulegen und zu beweisen, dass ein „besonderer Umstand“ im Sinne des Art. 239 ZK vorliegt, der einen Erlass von Einfuhrabgaben rechtfertigt(38) . Gleiches gilt etwa für den Nachweis des Ursprungs von Waren, wenn von der Klärung dieser Frage die Entscheidung abhängt, ob eine Erstattung von Einfuhrabgaben zu erfolgen hat oder nicht(39) .
115. Umgekehrt obliegt es der Kommission im Rahmen ihrer Entscheidung, ob ein „besonderer Umstand“ vorliegt, bei der ihr ein entsprechender Beurteilungsspielraum zusteht(40), darzulegen und zu beweisen, dass die vom Einführer vorgelegten Bescheinigungen falsch bzw. gefälscht sind. Nicht zu beweisen hat sie hingegen, dass kein besonderer Umstand vorliegt, wenn die Voraussetzungen des Art. 904 Buchst. c ZK-DVO erfüllt sind, denn diese Bestimmung enthält bereits eine für die Kommission verbindliche Wertung des Gemeinschaftsgesetzgebers dahin gehend, dass ein eventueller guter Glaube des Einführers im Verfahren gemäß Art. 239 ZK nicht als schutzwürdig erachtet werden kann.
116. Wie ich bereits in meinen einleitenden Bemerkungen zu dieser Rechtssache ausgeführt habe(41), hat der Gemeinschaftsgesetzgeber durch die Fassung dieses Ausschlusstatbestands die bisherige ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs übernommen, nach der es keine besonderen Umstände darstellt, die einen Erlass der Einfuhrabgaben rechtfertigen, dass gutgläubig Papiere zur Erlangung einer Zollpräferenzbehandlung für zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldete Waren vorgelegt worden sind, die sich später als gefälscht erweisen. Begründet wurde diese Rechtsprechung seit dem grundlegenden Urteil Van Gend & Loos(42) u. a. damit, dass die Gemeinschaft nicht die nachteiligen Folgen von Zuwiderhandlungen zu tragen hat. Der Gerichtshof stellte fest, dass der Empfang von ungültigen Ursprungszeugnissen grundsätzlich zu den Berufsrisiken gerechnet werden kann, denen ein Wirtschaftsteilnehmer dem Wesen seiner Tätigkeit nach ausgesetzt ist, und es diesem freisteht, Klage auf Schadensersatz gegen den Urheber der Fälschung zu erheben.
117. Ausnahmen von dieser Regel hat das Gericht lediglich in jenen Fälschungsfällen anerkannt, die über das normale Geschäftsrisiko des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers hinausgehen, etwa bei Verstößen der Kommission gegen ihre Aufsichtspflicht(43) oder im Falle der Beteiligung von Zollbediensteten bei Zuwiderhandlungen(44) . Dieser erstinstanzlichen Rechtsprechung ist uneingeschränkt zuzustimmen, da sie dem Umstand Rechnung trägt, dass der betroffene Wirtschaftsteilnehmer, abgesehen von jenen Verfahrensabläufen, die seine Beteiligung erfordern, in der Regel nur geringe Einflussmöglichkeiten auf den Ablauf des Zollverfahrens besitzt und dieser sich daher auf die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung seitens der zuständigen Behörden im Rahmen eines Systems der administrativen Zusammenarbeit verlassen muss. Insofern wäre es unbillig, ihn einen Schaden tragen zu lassen, der eigentlich auf Zuwiderhandlungen der Verwaltungsorgane zurückzuführen ist.
118. Dabei ist aber zu bedenken, dass es sich bei diesen richterrechtlich entwickelten Tatbeständen nur um punktuelle Anpassungen der s tändigen Rechtsprechung handeln kann, um der materiellen Gerechtigkeit im Einzelfall Genüge zu tun. Als Ausnahmeregelungen dürfen sie nur restriktiv angewandt werden(45) . Dies entspricht im Übrigen der bisherigen Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte, wonach der Erlass von Einfuhrabgaben nur unter bestimmten Voraussetzungen und in besonders vorgesehenen Fällen gewährt werden kann, so dass als Ausnahmen von der sonstigen normalen Regelung für Einfuhren die entsprechenden Vorschriften eng auszulegen sind(46) . Ihrer Anwendung muss daher eine strenge Prüfung des Sachverhalts unter Würdigung der angebotenen Beweismittel vorangehen. Entsprechend den allgemein anerkannten Regeln des Verfahrensrechts und angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Gerichtshofs seit dem Urteil Van Gend & Loos halte ich es für konsequent, die Rechtsmittelführerin die Darlegungs- und Beweislast auch für das Auftreten jener Unregelmäßigkeiten tragen zu lassen, die einen „besonderen Umstand“ im Sinne des Art. 239 ZK eventuell zu begründen vermögen.
119. Die von der Rechtsmittelführerin vorgebrachten Argumente zugunsten einer Umkehr der Beweislastverteilung können nicht überzeugen.
120. Wie die Kommission zutreffend dartut, geht es in der vorliegenden Rechtssache entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht vorrangig um eine Frage der Beweislastverteilung. Vielmehr stellt sich die Frage der Beweislastverteilung erst dann, wenn eine streitige Tatsachenbehauptung zumindest im Ansatz belegbar ist. Indes entbehren die Ausführungen der Rechtsmittelführerin jeglicher Grundlage, denn das Gericht hat keine Anhaltspunkte für ihre These gefunden, der zufolge die türkischen Behörden sich einer Pflichtverletzung bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens sowie einer Verletzung der Amtshilfevorschriften schuldig gemacht hätten. Vielmehr geht aus Randnr. 194 des angefochtenen Urteils hervor, dass die Missionen von UCLAF auf türkischem Staatsgebiet innerhalb angemessener Fristen nach der Entdeckung der ersten Fälschung durchgeführt wurden. Im Übrigen verweist das Gericht in Randnr. 195 darauf, dass die von den türkischen Behörden vorgenommenen Überprüfungen eine sehr große Zahl von Bescheinigungen betrafen, dass die Liste der von ihnen als gefälscht angesehenen Bescheinigungen der Zollstelle Ravenna aber gleichwohl verhältnismäßig schnell übermittelt wurde. Schließlich wies das Gericht in Randnr. 196 auf den enormen Umfang des Schriftwechsels zwischen den Gemeinschaftsbehörden und den türkischen Behörden zu den streitigen Bescheinigungen hin. Vor diesem Hintergrund ist die Schlussfolgerung des Gerichts, die Behauptung der Rechtsmittelführerin, die türkischen Behörden, insbesondere die Ständige Vertretung der Türkei, hätten ab dem Jahr 2000 eine Zusammenarbeit mit der Kommission verweigert, sei durch keinen Beweis gestützt, nicht zu beanstanden.
121. Erst recht nicht bestanden nach den Tatsachenfeststellungen des Gerichts irgendwelche Hinweise auf eine vermeintliche Mitwirkung der türkischen Behörden an der Fälschung der fraglichen Einfuhrbescheinigungen, so dass der Versuch der Rechtsmittelführerin, eine Parallele zwischen dem Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits und jenem der Rechtssache Kaufring u. a. zu ziehen, fehlgeht. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin lässt die Vorlage von Dokumenten, die sich als falsch erwiesen, als solche nicht zwangsläufig den Schluss auf eine Kollusion zwischen den Ausführern und den ausstellenden Zollbehörden zu, denn andernfalls wäre die in Art. 904 Buchst. c ZK-DVO enthaltene Regelung überflüssig.
122. Abgesehen von der unzureichenden Schlüssigkeit ihrer Argumentation bin ich der Auffassung, dass eine Umkehr der Beweislastverteilung dem Begehren der Rechtsmittelführerin kaum förderlich wäre, denn offensichtlich haben die Kommission und UCLAF/OLAF von Amts wegen alles Erforderliche getan, einschließlich der Durchführung von Untersuchungsmissionen vor Ort, um im Einvernehmen mit den türkischen Behörden den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits aufzuklären. Es ist somit mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die Kommission und die türkischen Behörden die rechtlichen Möglichkeiten der Amtshilfe ausgeschöpft haben, die ihnen das Assoziierungsabkommen einräumte. Es ist in diesem Zusammenhang ausdrücklich daran zu erinnern, dass der Kommission in Drittländern wie der Türkei keine eigenständigen Ermittlungsbefugnisse zustehen, sondern dass sie auf die Kooperation dieser Drittstaaten angewiesen ist und im Fall der Verweigerung der Kooperation allenfalls entsprechende Rückschlüsse ziehen kann(47) . Sofern ihre Bemühungen weder Hinweise auf die Urheberschaft der Fälschungen noch irgendwelche Verdachtsmomente für ein pflichtwidriges Verhalten der zuständigen Behörden ergaben, ist nicht einzusehen, welcher Nutzen eine Umkehr der Beweislastverteilung für die Beteiligten hätte. Gleiches gilt für die von der Rechtsmittelführerin beanspruchte verminderte Nachweispflicht, da die Kommission schließlich verpflichtet ist, das Ergebnis ihrer Untersuchungen dem Gericht zur Verfügung zu stellen. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse kommen daher auch der Rechtsmittelführerin zugute. Die Anfechtung der vom Gericht festgelegten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kann daher nur zum Ziel haben, die rechtsfehlerfrei vorgenommenen Tatsachenfeststellungen des Gerichts im Nachhinein grundlos in Frage zu stellen. Vor dem Hintergrund, dass neben der Feststellung auch die Würdigung der Tatsachen durch das Gericht der Kontrolle durch den Gerichtshof grundsätzlich entzogen ist, ist dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
4. Vierter Rechtsmittelgrund: Verzicht auf prozessleitende Beweismaßnahmen
123. Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin die Zurückweisung der nach den Art. 64 § 4 und 65 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragten prozessleitenden Maßnahmen und damit eine fehlerhafte Anwendung von Verfahrensrecht, die grundsätzlich vom Gerichtshof nachprüfbar ist. Gleichwohl bleibt dem Gericht die Entscheidung hinsichtlich der Sachdienlichkeit der prozessleitenden Maßnahmen im Hinblick auf die Beilegung des Rechtsstreits vorbehalten(48) .
124. Die von der Rechtsmittelführerin gerügten Verfahrensverstöße erweisen sich vor diesem Hintergrund als unbegründet.
125. Was die angeblich unterlassene Vorlage der Missionsberichte der UCLAF vom 9. und 23. Dezember 1998 angeht, ist festzustellen, dass das Gericht zu Recht in Randnr. 99 des angefochtenen Urteils annahm, die Rechtsmittelführerin habe Einsicht in diese Schriftstücke gehabt(49) . Dem weiter gehenden Vorwurf der fehlenden Vollständigkeit der vorgelegten Berichte ist entgegenzuhalten, dass die Rechtsmittelführerin in Randnr. 88 ihrer Rechtsmittelschrift selbst einräumt, den fehlenden Teil dieser Berichte am 12. Oktober 2005 erhalten zu haben, so dass sie zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2005 vom vollständigen Inhalt dieser Schriftstücke Kenntnis hatte. Folglich war ihr Antrag auf Vorlage von in der Akte enthaltenen Unterlagen zu Recht als gegenstandslos zurückzuweisen.
126. Zudem hat das Gericht in Randnr. 324 des angefochtenen Urteils darauf verwiesen, dass die türkischen Behörden die streitigen Bescheinigungen eindeutig als Fälschungen identifiziert hätten. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass angesichts des Akteninhalts und der von der Rechtsmittelführerin erhobenen Rügen entsprechende Maßnahmen zum Nachweis dessen, dass es sich um echte Dokumente handelte, weder erheblich noch erforderlich seien, um über den vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden. Das Gericht hat daher in Ausübung seines ihm zustehenden Beurteilungsspielraums beschlossen, diese Maßnahmen nicht anzuordnen. Diese Entscheidung ist rechtlich nicht zu beanstanden.
127. Folglich ist auch dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
5. Fünfter Rechtsmittelgrund: Rechtliche Qualifizierung von Dokumenten/Tatsachen bezüglich angeblicher Pflichtverletzungen der türkischen Behörden und der Kommission
128. Einleitend ist darauf hinweisen, dass die Rechtsmittelführerin mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund überwiegend Tatsachenfeststellungen und Tatsachenwürdigungen des Gerichts angreift, die grundsätzlich nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein können. Deren Prüfung ist nur zulässig, soweit es um die Kontrolle ihrer rechtlichen Qualifizierung und der Rechtsfolgen geht, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, um das Vorliegen eines „besonderen Umstands“ im Sinne des Art. 239 ZK zu verneinen(50) .
129. Ergänzend ist anzumerken, dass, sofern die Rechtsmittelführerin bei ihren Ausführungen von einer anderen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ausgeht, als sie vom Gericht zugrunde gelegt wurde(51), diese Rechtsansicht in Anbetracht meiner Schlussfolgerungen zum dritten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist.
130. Im Folgenden werde ich auf die angeblichen Pflichtverletzungen der türkischen Behörden und der Kommission eingehen, auf welche die Rechtsmittelführerin ihre Argumentation zum Vorliegen eines „besonderen Umstands“ stützt. Um Wiederholungen möglichst zu vermeiden, werde ich meine Ausführungen auf jene Aspekte konzentrieren, die mir besonders relevant erscheinen, und nur kurz auf solche Bezug nehmen, die bereits Gegenstand meiner rechtlichen Würdigung waren.
a) Zu den angeblichen Pflichtverletzungen der türkischen Behörden
i) Bewertung der fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen als Fälschungen
131. In Bezug auf die Bewertung der fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen als Fälschungen genügt der Hinweis, dass das Gericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, dass die Echtheit türkischer Bescheinigungen aufgrund der gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen Kompetenzverteilung nur von den zuständigen türkischen Behörden festzustellen war(52) . Diese hatten, wie vom Gericht zutreffend erkannt, die Unechtheit jener Bescheinigungen bestätigt(53) .
ii) Zur Bescheinigung A.TR.1 WVB D 437214
132. Wie vom Gericht in den Randnrn. 129 ff. zutreffend festgestellt, hatten die türkischen Behörden mit ihrem Schreiben vom 22. August 2003 auch alle Zweifel hinsichtlich der Fälschung der Bescheinigung D 437214 beseitigt.
133. Gleichwohl vermag der Charakter der fraglichen Bescheinigungen als Fälschungen für sich allein den Vorwurf einer Pflichtverletzung, geschweige denn den einer Mitwirkung der türkischen Behörden nicht zu rechtfertigen. Demnach ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin bezüglich einer Pflichtverletzung bei der Bewertung der fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen als Fälschungen zurückzuweisen.
iii) Pflichtverletzung der türkischen Zollbehörden hinsichtlich der Stempel
134. Zurückzuweisen ist ferner das Vorbringen der Rechtsmittelführerin betreffend eine Pflichtverletzung der türkischen Zollbehörden in Bezug auf die Stempel, da sie nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit dargelegt hat, inwieweit das Gericht einen revisiblen Rechtsfehler begangen haben soll. An sich rechtfertigt bereits dieser Umstand eine Zurückweisung dieses Vorbringens als unzulässig.
135. Rein vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass, sofern die Rechtsmittelführerin aus der vermeintlichen Ähnlichkeit zwischen den Stempelabdrücken auf den fraglichen Bescheinigungen und jenen auf als ordnungsgemäß beurteilten Bescheinigungen darauf schließen will, dass die fraglichen Bescheinigungen nicht gefälscht, sondern nur unrichtig sind, dem entgegenzuhalten ist, dass dieser Befund in rechtlicher Hinsicht die eindeutige Beurteilung der türkischen Behörden aus den bereits dargelegten Gründen nicht ersetzen kann.
iv) Pflichtverletzung der türkischen Behörden hinsichtlich der Registrierung amtlicher Dokumente
136. Dem Gericht ist zuzustimmen, dass weder dem Assoziierungsabkommen noch den Vorschriften zu seiner Durchführung eine Pflicht der türkischen Behörden zur Führung entsprechender Register zu entnehmen ist. Gleichwohl ist der Rechtsmittelführerin ebenfalls in ihrer Einschätzung in Randnr. 136 ihrer Rechtsmittelschrift beizupflichten, dass die Registrierung amtlicher Dokumente eine gängige Praxis einer organisierten Behörde und damit eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Die Registrierung ist, wie die Rechtsmittelführerin anmerkt, zugleich die Grundlage für die ordnungsgemäße Erfüllung einer Amtshilfe.
137. Dennoch vermag dieser Befund für sich allein die Argumentation der Rechtsmittelführerin nicht zu stützen, es handele sich bei den fraglichen Bescheinigungen um echte Bescheinigungen. Diesem Vorbringen stehen die eindeutigen Feststellungen der türkischen Behörden entgegen. Vielmehr verdient die Argumentation des Gerichts den Vorzug, wonach Fälscher jedes Interesse daran haben, für gefälschte Bescheinigungen eine Eintragungsnummer zu verwenden, die einer ordnungsgemäßen Bescheinigung entspricht. Ein Rechtsfehler ist darin nicht zu erkennen.
v) Pflichtverletzung der türkischen Behörden durch Mitwirkung bei der Ausstellung unrichtiger Bescheinigungen
138. Wie bereits ausgeführt, ist das Gericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der bloße Umstand, dass die hier streitigen Bescheinigungen gefälscht waren, als solcher keinen Rückschluss auf eine Beteiligung türkischer Behörden an diesen Fälschungen erlaubte.
vi) Pflichtverletzung der türkischen Behörden im Rahmen der Amtshilfe
139. Das Gericht hatte in den Randnrn. 194 bis 206 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kooperation seitens der türkischen Behörden uneingeschränkt korrekt war. Es hat dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass die Kontrolle der fraglichen Bescheinigungen von den türkischen Behörden selbst veranlasst worden sei und dass diese Behörden mehrere hundert Bescheinigungen binnen angemessener Frist überprüft, ihre Untersuchungsergebnisse den Gemeinschaftsbehörden mitgeteilt und zudem mehrere Missionen der Kommission vor Ort in der Türkei ermöglicht hätten. Diese Feststellungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
140. Die von der Rechtsmittelführerin unterstellten Verschleierungs- oder Vereitelungsversuche der türkischen Behörden im Rahmen der Ermittlungen lassen auch nicht den Schluss zu, dass das Gericht in rechtlich fehlerhafter Weise die ihm vorgetragenen Tatsachen gewürdigt hätte, zumal diese Ausführungen weder hinreichend substantiiert noch durch irgendwelche Beweise untermauert sind.
141. Soweit sich die Rechtsmittelführerin auf die von ihr angeführten Verfahren vor dem Zollkriminalamt Köln bzw. dem Finanzgericht Hamburg bezieht, ist anzumerken, dass es sich hierbei um Verfahren handelt, die mit dem hier streitigen Erstattungsverfahren offenbar nichts zu tun haben und der Kommission auch im Erstattungsverfahren von der Rechtsmittelführerin nicht zur Akte mitgeteilt wurden. Insofern ist dieses Vorbringen als unerheblich zurückzuweisen.
142. Ebenso unerheblich sind die Ausführungen der Rechtsmittelführerin zu den Bescheinigungen D 141591 und D 412662, da keine von ihnen Gegenstand der angefochtenen Entscheidung der Kommission war. In Randnr. 199 des angefochtenen Urteils weist das Gericht darauf hin, dass die Bescheinigung D 141591 nicht zu den im vorliegenden Fall in Streit stehenden Bescheinigungen gehöre, weil die Rechtsmittelführerin weder gegen die auf die Feststellung der Fälschung folgende Erhebung von Zöllen Klage erhoben noch die Erstattung der erhobenen Zölle beantragt und damit implizit anerkannt habe, dass die fragliche Bescheinigung nicht echt sei.
vii) Pflichtverletzung der türkischen Behörden aufgrund anderer Umstände und der Vereitelung von Untersuchungen in Mersin
143. Zurückzuweisen sind die sonstigen Ausführungen der Rechtsmittelführerin bezüglich einer vermeintlichen Pflichtverletzung der türkischen Behörden. Diese Ausführungen laufen nämlich darauf hinaus, die Tatsachenfeststellungen des Gerichts in Frage zu stellen, ohne jedoch eindeutig aufzuzeigen, worin ein Rechtsfehler zu erkennen sein soll.
144. Zu Recht hatte das Gericht den Hinweis der Rechtsmittelführerin auf deren Gespräche mit dem Wirtschaftsbüro des türkischen Premierministers und auf die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen ihren Exporteur Akman für ebenso irrelevant erklärt wie deren nicht substantiierte Behauptungen, dass die türkischen Behörden trotz mehrerer Missionen der UCLAF vor Ort die Untersuchungen der Kommission in der Türkei vereitelt hätten. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelführerin wirken sie sich nicht auf die Tatsachenwürdigung aus. Jedenfalls lassen sie weder den Schluss auf die bloße Unrichtigkeit der Bescheinigungen noch auf eine Pflichtverletzung der türkischen Behörden zu.
b) Zu den angeblichen Pflichtverletzungen der Kommission
145. Die Rechtsmittelführerin hat der Kommission insgesamt vier Pflichtverletzungen vorgeworfen, die ihrer Ansicht nach „besondere Umstände“ im Sinne des Art. 239 ZK darstellen sollen. Das Gericht ist im angefochtenen Urteil jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission keinerlei Pflichten verletzt habe. Dieser Einschätzung ist, wie im Folgenden aufzuzeigen sein wird, uneingeschränkt zuzustimmen.
i) Pflichtverletzung bei der Überwachung der Präferenzregelung gegenüber der Türkei
146. Das Gericht hat zunächst zutreffend festgestellt, dass der Vorwurf von Verstößen bei der Überwachung und der Kontrolle der Anwendung des Assoziierungsabkommens anhand der sich aus Art. 211 EG und dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebenden Verpflichtung der Kommission zu prüfen war, eine ordnungsgemäße Anwendung des Assoziierungsabkommens sicherzustellen(54) . Das Gericht verwies darauf, dass diese Verpflichtung sich auch aus dem Assoziierungsabkommen selbst und den verschiedenen Beschlüssen des Assoziationsrats ergibt(55) .
147. Es hat nach Würdigung aller Tatumstände des Sachverhalts festgestellt, dass die Kommission das Erforderliche getan habe, um die ordnungsgemäße Anwendung des Assoziierungsabkommens mit der Türkei sicherzustellen. Es hat zu Recht in Randnr. 238 des angefochtenen Urteils die Tatsache hervorgehoben, dass die Kommission seit dem Auftauchen der ersten Indizien für eine Fälschung von Verkehrsbescheinigungen Untersuchungen auf türkischem Staatsgebiet durchgeführt habe.
148. Entsprechend den allgemein anerkannten Regeln des Verfahrensrechts hat das Gericht der Rechtsmittelführerin die Darlegungs- und Beweislast für den Nachweis einer etwaigen Pflichtverletzung der Kommission auferlegt. Es hat in diesem Zusammenhang die allgemeinen Behauptungen und Verdächtigungen der Rechtsmittelführerin ebenso zurückgewiesen wie deren Versuch, eine Analogie zu dem dem Urteil Kaufring u. a. zugrunde liegenden Sachverhalt herzustellen. Das Gericht war nämlich der Ansicht, dass jener Sachverhalt mit dem in der vorliegenden Rechtssache geprüften nicht vergleichbar sei, denn im Urteil Kaufring u. a. habe das Gericht festgestellt, dass die türkischen Behörden schwerwiegende Pflichtverletzungen begangen, insbesondere Bestimmungen des Assoziierungsabkommens nicht umgesetzt hätten, die alle Ausfuhren von Fernsehgeräten aus der Türkei betroffen hätten. Diese Verstöße hätten zum Auftreten von Unregelmäßigkeiten bei Ausfuhren beigetragen und für die Exporteure einen besonderen Fall im Sinne von Art. 239 ZK begründet. Dagegen waren solche Pflichtverletzungen nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall in Bezug auf die streitigen Bescheinigungen nicht nachgewiesen worden.
149. Tatsächlich bestanden zur Zeit der Geschehnisse, die Anlass zu diesem Rechtsstreit gegeben haben, keine Anhaltspunkte für systematische Verstöße gegen die Bestimmungen des Assoziierungsabkommens, die der Kommission Grund zu erhöhter Wachsamkeit bei der Überwachung der Präferenzregelung gegenüber der Türkei hätten geben können. Mithin war ihr keine Pflichtverletzung vorzuwerfen. Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts begangen.
ii) Pflichtverletzung durch unterlassene Übersendung von Stempelabdrücken
150. Zu Recht ist das Gericht im angefochtenen Urteil zu dem Ergebnis gekommen, dass weder die Türkei noch die Kommission nach den hier anwendbaren Vorschriften verpflichtet gewesen seien, Muster von Stempeln bzw. Unterschriften zu übermitteln. Das Unterlassen einer Übersendung von Stempelabdrücken durch die Kommission an die italienischen Zollbehörden konnte daher keine Pflichtverletzung darstellen.
151. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin ergab sich eine Pflicht zur Übermittlung von Stempelabdrücken insbesondere auch nicht aus Art. 93 ZK-DVO. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut bezieht sich diese Vorschrift nicht auf die hier streitigen A.TR.1-Bescheinigungen, sondern lediglich auf die Vordrucke „APR“ und Ursprungszeugnisse nach „Formblatt A“, die sich wiederum nur auf die Einfuhr von Waren mit Ursprung in Entwicklungsländern beziehen(56) .
152. Entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin wurde Art. 93 ZK-DVO auch nicht durch Beschlüsse nach Maßgabe des Assoziierungsabkommens zwischen der Gemeinschaft und der Türkei für entsprechend anwendbar erklärt. Dies gilt auch für Art. 4 des Beschlusses Nr. 1/96. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin erklärt diese Vorschrift Art. 93 ZK-DVO keineswegs für vorliegend anwendbar. Die Rechtsmittelführerin verkennt, dass die Vorschriften des gemeinschaftlichen Zollrechts im Anwendungsbereich des Assoziierungsabkommens mit der Türkei nur dann und nur soweit anwendbar sind, wie dies im Assoziierungsabkommen bzw. den danach erlassenen Beschlüssen ausdrücklich vorgesehen ist. Eine Einbeziehung von Art. 93 ZK-DVO in den Anwendungsbereich des Assoziierungsabkommens ist indes zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Dementsprechend kann auch die Rechtsmittelführerin keine einzige Norm zitieren, aufgrund deren Art. 93 ZK-DVO für vorliegend entsprechend anwendbar erklärt worden wäre.
153. Demnach steht fest, dass Art. 93 ZK-DVO vorliegend weder nach seinem Wortlaut anwendbar war noch auch nur im Rahmen des Assoziierungsabkommens mit der Türkei für anwendbar erklärt worden war.
iii) Verletzung einer Pflicht zur rechtzeitigen Warnung von Importeuren
154. Die Verletzung einer Pflicht zur rechtzeitigen Warnung von Importeuren setzt begrifflich voraus, dass eine entsprechende gemeinschaftsrechtliche Pflicht der Kommission besteht. Gleichwohl hat das Gericht in Randnr. 270 des angefochtenen Urteils unter Berufung auf die Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte(57) zutreffend festgestellt, dass die Kommission durch keine Bestimmung des Gemeinschaftsrechts ausdrücklich verpflichtet werde, die Importeure zu informieren, wenn sie Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der von diesen im Rahmen einer Präferenzregelung vorgenommenen Zollhandlungen habe.
155. Dies schließt jedoch nicht aus, dass die Kommission aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht unter Umständen zu einer allgemeinen Unterrichtung der Gemeinschaftsimporteure verpflichtet sein kann. Eine entsprechende Hinweispflicht kann allerdings nur entstehen, wenn die Kommission ernsthafte Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit einer großen Zahl von im Rahmen eines Präferenzsystems vorgenommenen Ausfuhren hat(58) .
156. Wie das Gericht in Randnr. 273 festgestellt hat, war die Rechtsmittelführerin nicht in der Lage, den Nachweis zu führen, dass die türkischen Behörden schwerwiegende Verstöße begangen hätten, die alle Ausfuhren von Fruchtsaftkonzentraten betroffen und zum Verkehr gefälschter Bescheinigungen beigetragen hätten. Somit konnte keine Analogie zu dem dem Urteil Kaufring u. a. zugrunde liegenden Sachverhalt hergestellt werden.
157. Die Ausführungen der Rechtsmittelführerin im vorliegenden Rechtsmittelverfahren lassen keine abweichende Bewertung zu, denn ihr Vorwurf in den Randnrn. 225 und 226 der Rechtsmittelschrift bezieht sich ausdrücklich auf die Ausstellung „unrichtiger“, jedoch nicht „gefälschter“ Verkehrsbescheinigungen, so dass sie weiterhin den Gegenbeweis für eine Mitwirkung der türkischen Behörden an den Fälschungen schuldig geblieben ist. Im Übrigen stützt sich die Rechtsmittelführerin auf unzulässiges Vorbringen, denn ihre Ausführungen laufen ausdrücklich auf eine erneute Feststellung des Sachverhalts und nicht ausschließlich auf eine rechtliche Überprüfung der Begründungserwägungen des Gerichts hinaus, was nicht in die Kompetenz des Gerichtshofs als Rechtsmittelinstanz fällt.
158. Dessen ungeachtet ist festzuhalten, dass das Gericht in Randnr. 274 des angefochtenen Urteils berücksichtigt hat, dass die hier streitigen Einfuhren der Rechtsmittelführerin aus dem Zeitraum April 1995 bis November 1997 datieren, während Zweifel an der Echtheit bzw. inhaltlichen Richtigkeit türkischer A.TR.1-Bescheinigungen erst danach, nämlich ab 1998, aufgetreten sind. Folglich war sich die Kommission der Existenz der gefälschten Bescheinigungen erst bewusst, nachdem die italienischen Behörden die erste gefälschte Bescheinigung entdeckt hatten und ein Untersuchungsverfahren eingeleitet worden war. Hieraus ist zu folgern, dass selbst wenn die Kommission ab 1998 verpflichtet gewesen sein sollte, die gemeinschaftlichen Importeure zu warnen, dies keine Auswirkungen auf die hier streitigen Einfuhren der Jahre 1995 bis 1997 gehabt hätte.
159. Demzufolge hat das Gericht eine Pflicht der Kommission zur rechtzeitigen Warnung von Importeuren zu Recht verneint.
iv) Pflichtverletzung bei der Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts bei den Ermittlungen in der Türkei
160. Bezüglich der Rüge der Pflichtverletzung bei der Aufklärung und Würdigung des Sachverhalts bei den Ermittlungen in der Türkei hat das Gericht in Randnr. 284 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin ihr Vorbringen nicht auf Beweise habe stützen können. Zu Recht war es bei der Würdigung des Sachverhalts zu dem Schluss gekommen, dass die Kommission den gesamten relevanten Sachverhalt durch Missionen ordnungsgemäß untersucht und anschließend gewürdigt hatte.
161. Sofern die Rechtsmittelführerin mit diesem Rechtsmittelgrund erneut eine rechtsirrige Verteilung der Beweislast rügt, ist dieses Vorbringen in Anbetracht meiner Ausführungen zum dritten Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
162. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin ihren Rechtsmittelgrund zudem auf unzulässiges Vorbringen stützt, denn ihre Ausführungen laufen ausdrücklich auf eine erneute Würdigung des Sachverhalts und nicht ausschließlich auf eine rechtliche Überprüfung der Begründungserwägungen des Gerichts hinaus. Insbesondere vermag sie nicht hinreichend klar darzulegen, inwiefern das Gericht einen Rechtsfehler begangen haben soll. Da es nicht den prozessualen Anforderungen an eine Rechtsmittelbegründung genügt, ist auch dieses Vorbringen zurückzuweisen.
c) Zwischenergebnis
163. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass vorliegend weder die türkischen Behörden noch die Kommission ihnen obliegende Pflichten verletzt haben und daher insoweit kein „besonderer Fall“ im Sinne von Art. 239 ZK und Art. 905 ZK-DVO vorliegt. Folglich ist auch der fünfte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
6. Zum sechsten Rechtsmittelgrund: Nichtanrufung des Zollausschusses/Assoziationsrats durch die Kommission
164. Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund beanstandet die Rechtsmittelführerin die Tatsache, dass die Kommission sich nicht an den Zollausschuss bzw. den Assoziationsrat gewandt hat, um die auftretenden Unregelmäßigkeiten im Handelsverkehr zwischen der Gemeinschaft und der Türkei zu unterbinden. Ihrer Ansicht nach liegt ein Rechtsfehler des angefochtenen Urteils darin, dass das Gericht sich darauf beschränkt habe, die vertraglich festgelegten Pflichten des Assoziationsrats sowie des Gemischten Zollausschusses zu beschreiben, ohne jedoch eine rechtliche Qualifizierung dieser Vorschriften, bezogen auf den konkreten Fall, vorzunehmen. Außerdem habe es nicht die gebotenen rechtlichen Folgerungen für das notwendige Verhalten der Kommission aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts gezogen(59) .
165. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden, da das Gericht in Randnr. 239 des angefochtenen Urteils die Tatumstände des Ausgangsrechtsstreits sehr wohl daraufhin untersucht hat, ob die Voraussetzungen für eine Einschaltung des Gemischten Zollausschusses im konkreten Fall gegeben waren.
166. Als Rechtsgrundlage für ein Tätigwerden dieses Gremiums auf Initiative der Kommission wäre Art. 52 Abs. 2 des Beschlusses Nr. 1/95 heranzuziehen gewesen, wonach die Vertragsparteien in diesem Ausschuss über alle Fragen beraten, welche die Durchführung dieses Beschlusses betreffen und die für eine von ihnen Schwierigkeiten aufwerfen. Dieser Ausschuss wäre bei Auftreten derartiger Schwierigkeiten gemäß Art. 52 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/95 befugt gewesen, entsprechende Empfehlungen für das ordnungsgemäße Funktionieren der Zollunion an den Assoziationsrat abzugeben. Gleichwohl lagen offenbar keine Anhaltspunkte für nennenswerte Schwierigkeiten vor. Vielmehr ist davon auszugehen, dass angesichts der Kooperationsbereitschaft der türkischen Behörden eine Anrufung dieser Gremien weder erforderlich noch gerechtfertigt war.
167. So hat das Gericht in Randnr. 239 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Kommission im Rahmen der mit der Republik Türkei vereinbarten Amtshilfe auf Schwierigkeiten gestoßen war, die eine Erörterung des Erlasses besonderer Maßnahmen zu ihrer Behebung in den genannten Gremien gerechtfertigt hätten.
168. Zu Recht war das Gericht deshalb der Ansicht, dass eine Analogie zu dem dem Urteil Kaufring u. a. zugrunde liegenden Sachverhalt nicht herzustellen sei, zumal ähnliche Pflichtverletzungen seitens der türkischen Behörden, die einen besonderen Fall begründet hätten, nicht in Bezug auf die streitigen Verkehrsbescheinigungen nachgewiesen worden seien(60) .
169. Die Kommission war daher nicht verpflichtet, sich an den Zollausschuss bzw. den Assoziationsrat zu wenden. Folglich ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
7. Zum siebten Rechtsmittelgrund: Verkennung eines berechtigten Interesses der Rechtsmittelführerin bezüglich A.TR.1 WVB D 437214
170. Sofern die Rechtsmittelführerin sich im Zusammenhang mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund offenbar auf die dreijährige Verjährungsfrist des Art. 221 Abs. 3 ZK beruft(61), um sich ihrer Pflicht zur Zahlung von Einfuhrabgaben zu entziehen, ist darauf zu erwidern, dass dieses Vorbringen auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts gründet.
171. Es verkennt zum einen, dass es im vorliegenden Rechtsstreit um den Erlass bzw. die Erstattung von Abgaben gemäß Art. 239 ZK und nicht, wie von der Rechtsmittelführerin wohl angenommen, um den Fall des Absehens von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK geht, auf den Art. 221 Abs. 3 ZK anwendbar ist(62) . Es handelt sich hierbei um zwei verschiedene Verfahrensarten mit unterschiedlichen formellen und materiellen Voraussetzungen, die unabhängig voneinander zu prüfen sind(63) . Insofern sind hypothetische Erwägungen zur eventuellen Anwendbarkeit dieser Vorschrift im Fall einer anderslautenden Entscheidung des Gerichts als unerheblich zurückzuweisen.
172. Zum anderen beruhen diese Erwägungen auf der rechtsirrigen Auffassung, dass das Gericht die angefochtene Entscheidung aus formellen Gründen hätte aufheben müssen. Wie das Gericht jedoch in Randnr. 133 des angefochtenen Urteils zutreffend dargelegt hat, hätte auch im Fall einer Teilnichtigkeitserklärung nur erneut eine Entscheidung mit dem gleichen Inhalt ergehen können. Zwar trifft es zu, dass die Kommission, wie vom Gericht in Randnr. 128 des angefochtenen Urteils festgestellt, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, d. h. am 18. Dezember 2002, angesichts der nicht eindeutigen Aussagen der türkischen Behörden nicht ordnungsgemäß den Schluss hätte ziehen können, dass die Bescheinigung D 437214 gefälscht war. Gleichwohl erwies sich diese Schlussfolgerung im Ergebnis als objektiv richtig, wie das Schreiben der türkischen Behörden 22. August 2003 schließlich bestätigte. Nach der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte besteht aber kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung einer Entscheidung wegen eines Formfehlers, wenn nach der Aufhebung der Entscheidung nur erneut eine Entscheidung mit dem gleichen Inhalt wie die aufgehobene Entscheidung ergehen könnte(64) . Die Entscheidung des Gerichts ist somit rechtlich nicht zu beanstanden.
173. Folglich ist auch dieser Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
8. Zum achten Rechtsmittelgrund: Billigkeits- und Risikoabwägung
174. Wie das Gericht in Randnr. 295 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, hatte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zur Frage der Sorgfalt oder Fahrlässigkeit der Rechtsmittelführerin nicht Stellung genommen. Aufgrund dessen hat das Gericht festgestellt, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, wonach sie nicht offensichtlich fahrlässig gehandelt habe, ins Leere gehe und daher zurückzuweisen sei.
175. Soweit die Rechtsmittelführerin vorbringt, dass das Gericht insoweit fehlerhaft eine Billigkeits- und Risikoabwägung unterlassen habe, kann ihrem Vorbringen nicht gefolgt werden, da das Gericht dazu keinesfalls rechtlich verpflichtet war.
176. Wie die Rechtsmittelführerin in den Randnrn. 257 und 258 ihrer Rechtsmittelbegründung selbst erkennt, ist das Vertrauen von Wirtschaftsteilnehmern in die Gültigkeit von Einfuhrlizenzen, die sich später als gefälscht herausstellen, vom Gemeinschaftsrecht in der Regel nicht geschützt, sondern wird dem allgemeinen Geschäftsrisiko zugerechnet(65) . Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat mit Art. 904 Buchst. c ZK-DVO bereits eine eindeutige Risikoabwägung getroffen, an welche die Gemeinschaftsgerichte bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts gebunden sind.
177. Sofern die Rechtsmittelführerin aus der Rechtsprechung der Gemeinschaftsgerichte ableitet, dass die Kommission eine allgemeine Billigkeits- und Risikoabwägung hätte vornehmen müssen, kann sie sich auf die von ihr dafür angeführte Rechtsprechung gerade nicht stützen. In dem von ihr angeführten Urteil Bonn Fleisch(66) lag ein Fehlverhalten sowohl der mitgliedstaatlichen Zollbehörden als auch der Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflichten vor, für das vorliegend jeder Anhaltspunkt fehlt(67) . Dasselbe gilt für das angeführte Urteil Eyckeler & Malt(68) .
178. Mithin ist auch dieser Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.
9. Zum neunten Rechtsmittelgrund: Verletzung von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK
179. Mit ihrem neunten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin eine Verletzung von Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK geltend, der die nachträgliche buchmäßige Erfassung (Nacherhebung) aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit beschränkt(69) . Diese Vorschrift soll das berechtigte Vertrauen des Zollschuldners in die Richtigkeit aller Gesichtspunkte schützen, die bei der Entscheidung darüber, ob Abgaben nacherhoben werden oder nicht, Berücksichtigung finden(70) .
180. Nach dieser Bestimmung dürfen die nationalen Behörden von der Nacherhebung nur dann absehen, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt, hat der Abgabenschuldner einen Anspruch darauf, dass von einer Nacherhebung abgesehen wird(71) . Erstens muss die Nichterhebung auf einem Irrtum der zuständigen Behörden beruhen. Zweitens muss deren Irrtum so geartet sein, dass er vom gutgläubigen Schuldner trotz seiner Berufserfahrung und der von ihm aufgewandten Sorgfalt nicht erkannt werden konnte. Drittens muss der Abgabenschuldner alle geltenden Bestimmungen über die Zollerklärung beachtet haben(72) .
181. Streitig zwischen den Parteien des Rechtsstreits ist im Wesentlichen der Begriff des „Irrtums“, wobei die Rechtsmittelführerin vom Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung im konkreten Fall ausgeht. Sie wirft dem Gericht vor, das aktive Mitwirken der türkischen Zollbehörden bei der Ausstellung und Verwendung der hier fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen nicht berücksichtigt zu haben.
182. Diesem Vorbringen kann aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen nicht gefolgt werden.
183. Zunächst ist zu beachten, dass die gutgläubige Vorlage von Fälschungen amtlicher Dokumente, insbesondere bei gefälschten Präferenznachweisen möglich, rechtlich gesehen nicht zu einem „Irrtum“ im Sinne des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK führen kann(73) . Die Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt für die Annahme eines solchen „Irrtums“ nämlich ein Handeln der Zollbehörden und die Ursächlichkeit dieses Handelns für ihren Irrtum(74) .
184. Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist es aus meiner Sicht vertretbar, den Rechtsbegriff des „Irrtums“ gegenüber dem der „Fälschung“ so abzugrenzen, dass Ersterer zwingend ein (wenn auch objektiv fehlerhaftes) Handeln der Zollbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit voraussetzt(75), während eine „Fälschung“ grundsätzlich ein vorsätzliches Handeln durch unbefugte Dritte impliziert(76) . Daran wird deutlich, dass mit beiden Begriffen grundlegend verschiedene Sachverhalte verbunden sind.
185. Infolgedessen können Zollschuldner, die sich gutgläubig auf gefälschte Präferenznachweise berufen, die nicht von den zuständigen drittstaatlichen Behörden ausgestellt worden sind, keinen Vertrauensschutz nach dieser Vorschrift erhalten(77) . Diese Auffassung deckt sich mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Erlass bzw. zur Erstattung von Einfuhrabgaben nach Art. 239 ZK ist es ebenfalls im Rahmen der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art. 220 ZK anerkannt, dass gefälschte Präferenznachweise Teil des Geschäftsrisikos sind, gegen das der Einführer die notwendigen Vorkehrungen selbst treffen muss(78) . Der Umstand, dass der Einführer gutgläubig ist, entbindet ihn nicht von seiner Verantwortlichkeit in Bezug auf die Begleichung der Zollschuld, da er der Anmelder der eingeführten Ware ist. Für die Zahlung der Abgaben und die Ordnungsmäßigkeit der von ihm den Zollbehörden vorgelegten Papiere hat der Einführer selbst einzustehen, selbst wenn er seinen Schaden nicht mehr abwälzen kann(79) . Eine eventuelle Insolvenz resultierend aus dem Nichterlass von Zöllen hat somit grundsätzlich allein der Einführer zu verantworten. Die Höhe der Schuld, deren Erlass beantragt wird, ist als solche auch kein Kriterium, das die Beurteilung der Voraussetzungen für den Erlass beeinflussen kann(80) . Dagegen kann der Gemeinschaft nicht zugemutet werden, die nachteiligen Folgen des rechtswidrigen Verhaltens von Dritten tragen zu lassen.
186. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall zu übertragen. Es ist in diesem Zusammenhang auf die rechtsfehlerfrei zustande gekommenen Tatsachenfeststellungen des Gerichts zu verweisen, denen zufolge es sich bei den fraglichen 32 A.TR.1-Bescheinigungen um Fälschungen handelt, die ohne Mitwirkung der türkischen Behörden hergestellt worden sind. Angesichts der unzureichenden Nachweise der Rechtsmittelführerin bestand für das Gericht keinen Anlass, ein aktives Handeln der zuständigen Behörden bei der Erstellung der Fälschungen anzunehmen. Insofern durfte das Gericht den dritten Klagegrund zu Recht als unbegründet zurückweisen.
187. Da Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK durch das angefochtene Urteil nicht verletzt wurde, ist auch der neunte Rechtsmittelgrund als offenkundig unbegründet zurückzuweisen.
V – Ergebnis der Untersuchung
188. Nach alledem ist das Rechtsmittel unbegründet. Es ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen.
VI – Kosten
189. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß deren Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
VII – Ergebnis
190. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor,
– das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen und
– der Rechtsmittelführerin die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des ersten Rechtszugs, aufzuerlegen.
(1) .
(2) – Urteil vom 6. Februar 2007 (T‑23/03, Slg. 2007, II‑0000, im Folgenden: angefochtenes Urteil).
(3) – Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2001, Kaufring u. a. (T‑186/97, T‑187/97, T‑190 bis T‑192/97, T‑210/97, T‑211/97, T‑216 bis T‑218/97, T‑279/97, T‑280/97, T‑293/97 und T‑147/99, Slg. 2001, II‑1337).
(4) – Vgl. Dollen, M., „Nacherhebung, Erstattung und Erlass von Abgaben nach dem neuen Zollkodex“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht , Heft 24/1993, S. 754, 755; Berr, C./Trémeau, H., Le droit douanier , 4. Auflage, Paris 1997, S. 219.
(5) – Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 betreffend die Nacherhebung von noch nicht vom Abgabenschuldner angeforderten Eingangs- oder Ausfuhrabgaben für Waren, die zu einem Zollverfahren angemeldet worden sind, das die Verpflichtung zur Zahlung derartiger Abgaben beinhaltet.
(6) – Siehe Müller-Eiselt, P., „Nacherhebung – Erlass – Erstattung – Gedanken zum Vertrauensschutz in die Zollerhebung“, Vertrauensschutz in der Europäischen Union , Köln 1998, S. 106.
(7) – Urteile vom 12. März 1987, Cerealmangimi und Italgrani/Kommission (244/85 und 245/85, Slg. 1987, 1303, Randnr. 10), und vom 18. Januar 1996, SEIM (C‑446/93, Slg. 1996, I‑73, Randnr. 41). Sack, J., Zollrecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts , Band 1, C. II, Randnr. 82, S. 27, erwähnt nur Art. 905 ZK‑DVO als die für die Praxis enorm wichtige allgemeine Billigkeitsregelung, offenbar weil diese Bestimmung die Tatbestandsvoraussetzung des „besonderen Falls“ selbst enthält. Andere Autoren wie Müller-Eiselt, P., a. a. O. (Fn. 6), S. 106, erwähnen allein oder überwiegend Art. 239 ZK als maßgebende Vorschrift. Richtiger wäre es, Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK in Verbindung mit Art. 905 ZK‑DVO als Rechtsgrundlage für den Erlass bzw. die Erstattung von Einfuhrabgaben aufgrund besonderer Umstände heranzuziehen.
(8) – Urteil vom 26. März 1987, Coopérative agricole d’approvisionnement des Avirons (58/86, Slg. 1987, 1525, Randnr. 22).
(9) – Urteile des Gerichtshofs vom 25. Februar 1999, Trans-Ex-Import (C‑86/97, 1999, I‑1041, Randnr. 21), und vom 7. September 1999, De Haan Beheer (C‑61/98, Slg. 1999, I‑5003, Randnr. 52); Urteil des Gerichts vom 10. Mai 2001, Kaufring u. a. (in Fn. 3 angeführt, Randnr. 218).
(10) – Nach Ansicht von Huchatz, W., Lehrbuch des Europäischen Zollrechts (Hrsg. Witte, P./Wolffgang, H.‑M.), Hamm 2007, S. 414, ist die Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs durch Gerichtshof und Kommission vorgezeichnet. Art. 239 ZK verfolgt zweierlei Ziele. Zum einen erweitert er die in den Art. 236, 237 und 238 enthaltenen Fallgruppen um einen in der ZK‑DVO festgelegten Katalog von Einzelfällen (Art. 900 ZK‑DVO), in denen Erstattung bzw. Erlass ebenfalls möglich ist. Dass dieser Katalog in die ZK‑DVO verwiesen wurde, ermöglicht der Kommission im Rahmen ihrer delegierten Rechtsetzungskompetenzen gemäß Art. 202 dritter Gedankenstrich EG weitere Einzelfälle, z. B. aufgrund von Vorschlägen der nationalen Zollverwaltungen oder aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs, in diese Gruppe aufzunehmen. Zum zweiten wird die nationale Verwaltung ermächtigt, über alle in Art. 236 bis 238 und in Art. 900 ZK‑DVO genannten Fälle hinaus in „besonderen“ Einzelfällen eine Erstattung oder einen Erlass zu gewähren, wenn Umstände vorliegen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind (Art. 899 Abs. 2 ZK‑DVO). Die im ZK und der ZK‑DVO aufgezählten Erstattungsfälle sind jedoch nicht abschließend, da es darüber hinaus erstattungswürdige Sachverhalte gibt. Auf diesem Wege können Billigkeitsgesichtspunkte zum Zuge kommen und die Einzelfallgerechtigkeit erreicht werden. Auch hier spielt die Kasuistik der Gemeinschaftsgerichte eine besondere Rolle. So weist Huchatz, W., Zollkodex (Hrsg. Witte, P.), 4. Auflage, München 2006, Art. 239, Randnr. 30, darauf hin, dass zur Ausfüllung des Begriffs der „besonderen Umstände“ im Sinne des Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK und des Art. 905 ZK‑DVO auf die Rechtsprechung, vor allem des Gerichtshofs, (auch zum früheren Recht) zurückgegriffen werden kann.
(11) – Siehe das grundlegende Urteil vom 13. November 1984, Van Gend & Loos/Kommission (98/83 und 230/83, Slg. 1984, 3763, Randnrn. 15 bis 17), in dem der Empfang von ungültigen Ursprungszeugnissen nicht als ein besonderer Umstand anerkannt wurde mit der Begründung, dass ein solcher Umstand zu den Berufsrisiken gerechnet werden könne, denen eine Zollspedition dem Wesen ihrer Tätigkeit nach ausgesetzt sei. Siehe ferner Urteile vom 11. Dezember 1980, Acampora (827/79, Slg. 1980, 3731, Randnr. 8), vom 27. Juni 1991, Mecanarte (C‑348/89, Slg. 1991 Seite I‑3277, Randnr. 24), und vom 17. Juli 1997, Pascoal & Filhos (C‑97/95, Slg. 1997, I‑4209, Randnrn. 57 bis 60).
(12) – Rengeling, H.-W./Middeke, A./Gellermann, M., Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Uni on, München 2003, § 28, Randnrn. 22 und 24, S. 500, 501. Urteile vom 6. März 2003, Interporc/Kommission (C‑41/00 P, Slg. 2003, I‑2125, Randnr. 15), und vom 29. April 2004, Kommission/CAS Succhi di Frutta (C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 48).
(13) – Urteile des Gerichtshofs vom 12. Juli 1984, Les Rapides Savoyards u. a. (218/83, Slg. 1984, 3105, Randnr. 26), betreffend das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972, vom 7. Dezember 1993, Huygen u. a. (C‑12/92, Slg. 1993, I‑6381, Randnrn. 24 und 25), betreffend das Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Österreich vom 22. Juli 1972, und vom 5. Juli 1994, Anastasiou u. a. (C‑432/92, Slg. 1994, I‑3087, Randnr. 38), betreffend das Abkommen vom 19. Dezember 1972 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Republik Zypern. Siehe auch Urteil vom 14. Mai 1996, Faroe Seafood u. a. (C‑153/94 und C‑204/94, Slg. 1996, I‑2465, Randnr. 19).
(14) – Urteile Faroe Seafood u. a. (in Fn. 13 angeführt, Randnr. 20) und vom 9. Februar 2006, Sfakianakis (C‑23/04 bis C‑25/04, Slg. 2006, I‑1265, Randnr. 23).
(15) – In Fn. 13 angeführt, Randnr. 27.
(16) – Prieß, H.-J., Zollkodex, a. a. O. (Fn. 10), Art. 27, Randnr. 41.
(17) – Siehe die Schlussanträge von Generalanwalt Léger vom 20. Oktober 2005, Sfakianakis (Urteil in Fn. 14 angeführt, Nr. 33).
(18) – Urteil Huygen u. a. (in Fn. 13 angeführt, Randnr. 27).
(19) – In Fn. 11 angeführt, Randnr. 37.
(20) – Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u.a. (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 48), und vom 2. Oktober 2003, Thyssen Stahl/Kommission (C‑194/99 P, Slg. 2003, I‑10821, Randnr. 33). Lenaerts, K./Arts, D./Maselis, I., Procedural Law of the European Union , 2. Auflage, London 2006, S. 453, Randnr. 16-003, weisen darauf hin, dass der Gerichtshof nicht für Tatsachenfeststellungen zuständig ist. Der Umstand, dass ein Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt ist, bedeutet, dass das Gericht die alleinige Zuständigkeit hierfür besitzt. Daraus folgt, dass ein Rechtsmittelführer weder die Tatsachenfeststellungen des Gerichts in Frage stellen noch Tatsachen vorbringen darf, die nicht vom Gericht im ersten Rechtszug festgestellt wurden.
(21) – Urteil Aalborg Portland u. a. (in Fn. 20 angeführt, Randnr. 48).
(22) – Siehe die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vom 11. Februar 2003, Aalborg Portland u. a. (Urteil in Fn. 20 angeführt, Nr. 38); Urteile vom 21. Juni 2001, Moccia Irme u. a./Kommission (verbundene Rechtssachen C‑280/99 P bis C‑282/99 P, Slg. 2001, I‑4717, Randnr. 78), und vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission (C‑185/95 P, Slg. 1998, I‑8417, Randnr. 24).
(23) – Urteile des Gerichts vom 11. Juli 2002, Hyper/Kommission (T‑205/99, Slg. 2002, II‑3141, Randnr. 63), und vom 27. Februar 2003, Bonn Fleisch Ex- und Import/Kommission (T‑329/00, Slg. 2003, II‑287, Randnr. 46).
(24) – Urteile des Gerichts vom 19. Februar 1998, Eyckeler & Malt/Kommission (T‑42/96, Slg. 1998, II‑401, Randnr. 81), vom 17. September 1998, Primex Produkte Import-Export u. a./Kommission (T‑50/96, Slg. 1998, II‑3773, Randnr. 64), und Bonn Fleisch Ex- und Import/Kommission (in Fn. 23 angeführt, Randnr. 46).
(25) – In seinen Schlussanträgen vom 28. November 1995 unterscheidet Generalanwalt Tesauro, Niederlande/Rat (C‑58/94, Slg. 1996, I‑2169, Nrn. 13 bis 15), ebenfalls zwischen der Funktion des Zugang zu öffentlichen Dokumenten zur Wahrung der Rechte des Individuums im Rahmen des Verwaltungsverfahrens und dem allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit auf Information bezüglich der Tätigkeit des Staates.
(26) – Broberg, M., „Access to documents: a general principle of Community law?“, European Law Review (2002), S. 196, 197, weist darauf hin, dass der erste wirkliche Schritt zur Gewährung des Rechts auf Einsicht in im Besitz der Gemeinschaftsorgane stehende Dokumente mit der Unterzeichnung der Schlussakte zum Maastrichter Vertrag am 7. Februar 1992 getan wurde. In der Erklärung Nr. 17 dieser Schlussakte unterstrichen die Mitgliedstaaten die enge Verbindung zwischen der Transparenz der Entscheidungsfindungsverfahren und dem demokratischen Charakter der Gemeinschaftsorgane. Als Antwort auf die Erklärung Nr. 17 führten der Rat und die Kommission gemeinsam einen Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten (ABl. L 340, S. 41) ein. Gleichwohl wurden die Konzepte von Offenheit und Zugang zu Dokumenten erst mit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags in das Gemeinschaftsrecht übernommen. Seitdem besagt Art. 1 Abs. 2 EU, dass die Entscheidungen in der Union „möglichst offen“ getroffen werden sollen. Der neu in den Vertrag aufgenommene Art. 255 EG garantiert das Recht jedes Unionsbürgers sowie jeder natürlichen und juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. Dieses Recht ist ebenfalls in Art. 42 der am 7. Dezember 2000 proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000/C 364/01) verankert. Eine nähere Ausgestaltung auf der Ebene des sekundären Gemeinschaftsrechts hat dieses Recht schließlich durch die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) erfahren.
(27) – In dem Urteil vom 6. Juli 1993, CT Control (Rotterdam) und JCT Benelux/Kommission (C‑121/91 und C‑122/91, Slg. 1993, I‑3873, Randnr. 48), hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass das Verfahren im Rahmen des Art. 13 der Verordnung Nr. 1430/79, das dem Erlass von Entscheidungen der Kommission über Erstattung oder Erlass von Eingangsabgaben vorausgeht, verschiedene Stadien umfasst, von denen sich einige auf innerstaatlicher (Einreichung des Antrags durch das betroffene Unternehmen, erste Prüfung durch die Zollbehörden) und andere auf Gemeinschaftsebene abspielen (Vorlegung des Antrags an die Kommission, Untersuchung der Vorlage durch den Ausschuss für Zollfreistellungen, Anhörung einer Gruppe von Sachverständigen, Entscheidung der Kommission, Bekanntgabe an den beteiligten Mitgliedstaat). Ferner hat der Gerichtshof festgestellt, dass wenn dieses Verfahren gemäß dem Gemeinschaftsrecht abläuft, es den Betroffenen alle erforderlichen Rechtsgarantien bietet, namentlich die Garantie des rechtlichen Gehörs.
(28) – Urteile vom 28. März 2000, Krombach (C‑7/98, Slg. 2000, I‑1935, Randnrn. 25 und 26), und vom 15. Oktober 2002, PVC II (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I‑8375, Randnr. 316).
(29) – Vgl. Urteil vom 6. März 2001, Connolly/Kommission (C‑274/99 P, Slg. 2001, I‑1611, Randnrn. 37 und 38).
(30) – In diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay (T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, Randnr. 81), und des Gerichtshofs vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission (C‑199/99 P, Slg. 2003, I‑11177, Randnrn. 125 bis 128).
(31) – Vgl. Urteile vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission (85/76, Slg. 1979, 461, Randnrn. 9 und 11), vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission (C‑51/92 P, Slg. 1999, I-4235, Randnr. 75), und vom 15. Oktober 2002, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission (C‑238/99 P, C‑244/99 P, C‑245/99 P, C‑247/99 P, C‑250/99 P bis C‑252/99 P und C‑254/99 P, Slg. 2002, I-8375, Randnr. 315).
(32) – In Fn. 31 angeführt, Randnrn. 80 bis 82.
(33) – So ist für die Begründetheit einer Nichtigkeitsklage die Verletzung einer „wesentlichen“ Formvorschrift erforderlich, wobei nicht etwa zwischen „wesentlichen“ und „unwesentlichen“ Formvorschriften unterschieden wird, sondern es auf die „Wesentlichkeit“ des Verstoßes ankommt. Ob eine wesentliche Formverletzung gegeben ist, beurteilt sich nach der Lage im Einzelfall, da die Verletzung ein und derselben Norm je nach den Umständen gravierender oder weniger gravierend sein kann. Allgemein wird die Wesentlichkeit einer Formvorschrift dann bejaht, wenn der Formfehler Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung des Rechtsakts gehabt haben könnte oder wenn die Formvorschrift gerade zum Schutz des Betroffenen erlassen wurde (Rengeling, H.-W./Middeke, A./Gellermann, M., a. a. O. (Fn. 12), § 7, Randnrn. 98, S. 139). Der Gerichtshof hat in den Urteilen vom 10. Juli 1980, Distillers Company/Kommission (30/78, Slg. 1980, 2229, Randnr. 26), und Thyssen Stahl/Kommission (in Fn. 20 angeführt, Randnr. 31) festgestellt, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte vorliegt, wenn aufgrund eines von der Kommission begangenen Fehlers die Möglichkeit besteht, dass das von ihr durchgeführte Verwaltungsverfahren zu einem anderen Ergebnis hätte führen können.
(34) – Schlussanträge von Generalanwalt Mischo vom 25. Oktober 2001, PVC (C‑244/99 P und C‑251/99 P, Urteil vom 15. Oktober 2002, Slg. 2002 I‑8375, Nr. 331).
(35) – In Fn. 22 angeführt, Nrn. 28 bis 30.
(36) – Laut Rengeling, H./Middeke, A./Gellermann, M., a. a. O. (Fn. 12), § 28, S. 502 bis 504, zählen zu den Verfahrensnormen, auf deren Verletzung das Rechtsmittel gestützt werden kann, neben den Verfahrensvorschriften der Verträge, der Satzungen und der Verfahrensordnung des Gerichts auch die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, die das Verfahren betreffen. So kann mit dem Rechtsmittel die Verletzung des rechtlichen Gehörs der Verfahrensbeteiligten ebenso gerügt werden wie Verstöße gegen die Grundsätze der Beweislast oder des Beweisverfahrens. Zur Nachprüfbarkeit der korrekten Anwendung der Vorschriften über die Beweislast durch das Gericht siehe Urteile vom 8. Juli 1999, Anic (C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 96), vom 6. Januar 2004, BAI und Kommission/Bayer (C‑2/01 P und C‑3/01 P, Slg. 2004, I‑23, Randnrn. 47, 61 und 117), vom 6. April 2006, General Motors/Kommission (C‑551/03 P, Slg. 2006, I‑3173, Randnrn. 51 und 52), und vom 25. Januar 2007, Sumitomo Metal Industries und Nippon Steel/Kommission (C‑403/04 P und C‑405/04 P, Slg. 2007, I‑729, Randnr. 39).
(37) – So auch Generalanwältin Kokott in ihren Schlussanträgen vom 8. September 2005, Beemsterboer Coldstore Services (C‑293/04, Slg. 2006, I‑2263, Nr. 47).
(38) – So auch Alexander, S., Zollkodex, a. a. O. (Fn. 10), Vor Art. 220, Randnr. 4, wonach der Zollschuldner für die den Erstattungsantrag begründenden Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast trägt.
(39) – Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 6. Juli 1993, CT Control (in Fn. 27 angeführt, Randnr. 39), wonach es dem Importeur, der die Erstattung der Einfuhrabgaben erreichen will, und nicht der Kommission den Beweis dafür zu erbringen obliegt, dass das eingeführte Erzeugnis aus einem AKP-Staat stammt, für den die Gemeinschaft Präferenzregelungen vorsieht.
(40) – So muss die Kommission nach der Rechtsprechung, um zu beurteilen, ob nach Lage des Falles besondere Umstände vorliegen, die weder offensichtliche Fahrlässigkeit noch eine betrügerische Absicht des Betroffenen im Sinne des Art. 239 Abs. 1 ZK einschließen, sämtliche relevanten Tatsachen berücksichtigen (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1986, Oryzomyli Kavallas u. a./Kommission, 160/84, Slg. 1986, 1633, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 9. November 1995, France-aviation/Kommission, T‑346/94, Slg. 1995, II‑284, Randnrn. 34 und 36).
(41) – Siehe oben, Nr. 70.
(42) – In Fn. 11 angeführt, Randnrn. 15 bis 17.
(43) – Urteile Eyckeler & Malt/Kommission (in Fn. 24 angeführt, Randnrn. 189 bis 191) und Kaufring u. a. (in Fn. 9 angeführt, Randnr. 218).
(44) – Im Urteil Kaufring u. a. (in Fn. 9 angeführt, Randnr. 231) hat das Gericht festgestellt, dass lediglich solche Irrtümer, die auf ein aktives Handeln der zuständigen Behörden zurückzuführen sind und die ein verständiger Abgabenpflichtiger nicht erkennen konnte, einen Anspruch darauf begründen, dass von der Nacherhebung abgesehen wird. Im Mittelpunkt dieser Rechtssache standen eine Reihe von Unregelmäßigkeiten bei der Umsetzung des Assoziierungsabkommens und des daraus abgeleiteten Assoziationsrechts seitens der türkischen Behörden sowie die von der Kommission begangenen schwerwiegenden Pflichtverletzungen bei der Überwachung der Durchführung dieser Bestimmungen. Im Urteil vom 7. Juni 2001, Rotermund (T‑330/99, Slg. 2001, II‑1619, Randnr. 58), bestand der „besondere Umstand“ im Sinne des Art. 239 ZK darin, dass es betrügerische Machenschaften gab, die sich vernünftigerweise nur durch die aktive Beteiligung eines Bediensteten der Bestimmungszollstelle erklären ließen, so dass das Gericht zu dem Ergebnis kam, dass die Kommission sich nicht darauf beschränken durfte, von der Klägerin den förmlichen und abschließenden Beweis für eine solche Beteiligung zu verlangen. Diese Rechtsprechung fand ebenfalls Erwähnung im Urteil vom 14. Dezember 2004, Nordspedizionieri (T‑332/02, Slg. 2004, II‑4405, Randnr. 58).
(45) – Gemäß dem Grundsatz „ exceptio est strictissimae interpretationis “. Zur engen Auslegung von Ausnahmebestimmungen durch den Gerichtshof siehe etwa Urteile vom 13. September 2007, Del Cerro Alonso u.a. (C‑307/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 39), vom 23. Februar 2006, Atzeni u.a. (C‑346/03 und C‑529/03, Slg. 2006, I‑1875, Randnr. 79), und vom 1. April 2004, Bellio Fratelli (C‑286/02, Slg. 2004, I‑3465, Randnr. 46).
(46) – Urteil des Gerichtshofs vom 11. November 1999, Söhl & Söhlke (C‑48/98, Slg. 1999, I‑7877, Randnr. 52); Urteil des Gerichts Bonn Fleisch Ex- und Import/Kommission (in Fn. 23 angeführt, Randnr. 63).
(47) – Alexander, S., Zollkodex, a. a. O. (Fn. 10), Art. 220, Randnr. 72, erinnert daran, dass der Umfang der von einer Gemeinschaftsmission vorzunehmenden Ermittlungen nur vom Untersuchungsgegenstand und der Duldung der Ermittlungen durch das jeweilige Drittland abhängt. Dass die Duldung von Gemeinschaftsmissionen möglicherweise im Rahmen der Amtshilfe nach Art. 81 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK-DVO verlangt werden kann oder dass die Gemeinschaft an Ermittlungen drittstaatlicher Behörden nach Art. 94 Abs. 6 Satz 2 ZK-DVO mitwirken kann, ändere nichts daran, Gemeinschaftsmissionen mit eigenen Ermittlungen nicht als einem System der administrativen Zusammenarbeit zugehörig anzusehen. Siehe zum Vergleich die Befugnisse von OLAF innerhalb der Europäischen Union, Weitendorf, S., „Die interne Betrugsbekämpfung in den Europäischen Gemeinschaften durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)“, Europäisches und internationales Integrationsrecht , Band 15, Hamburg 2006, S. 243, sowie Kuhl, L., „Les pouvoirs d´enquête de l’OLAF“, La protection des intérêts financiers de l’Union et le rôle de l’OLAF vis-à-vis de la responsabilité pénale des personnes morales et des chefs d’entreprises et admissibilité mutuelle des preuves , Brüssel 2005, S. 90, wobei die Autoren darauf hinweisen, dass das Amt auch im Rahmen von Kontrollen in den Mitgliedstaaten auf die vollständige Mithilfe der dortigen Behörden angewiesen ist. So bedarf die Durchführung von Ermittlungen vor Ort der vorherigen Zustimmung und der Aufsicht der nationalen Behörden.
(48) – Gemäß Art. 49 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht in jedem Verfahrensstadium nach Anhörung des Generalanwalts eine prozessleitende Maßnahme oder eine Beweisaufnahme beschließen. Prozessleitende Maßnahmen sollen die Vorbereitung der Entscheidungen, den Ablauf der Verfahren und die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten unter den bestmöglichen Bedingungen gewährleisten. Nach ständiger Rechtsprechung hat das Gericht zu prüfen, ob Maßnahmen der Beweisaufnahme für die Entscheidung des Rechtsstreits zweckdienlich sind. Vgl. Urteile des Gerichts vom 22. Februar 2000, ACAV u. a./Rat (T‑138/98, Slg. 2000, II‑341, Randnr. 72), und vom 16. Mai 2001, Toditec (T‑68/99, Slg. 2001, II‑1443, Randnr. 40). Das Gericht besitzt insofern einen Beurteilungsspielraum innerhalb der Grenzen, die ihm die Verfahrensordnung setzt.
(49) – Siehe oben, Nr. 105.
(50) – Hat das Gericht die Tatsachen festgestellt oder gewürdigt, so ist der Gerichtshof gemäß Art. 225 EG zur Kontrolle der rechtlichen Qualifizierung dieser Tatsachen und der Rechtsfolgen, die das Gericht aus ihnen gezogen hat, befugt (in diesem Sinne Lenaerts, K./Arts, D./Maselis, I., a. a. O. [Fn. 20], S. 457, Randnr. 16-007). Wie der Gerichtshof mehrfach entschieden hat, handelt es sich bei dieser Qualifizierung nämlich um eine Rechtsfrage, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels dem Gerichtshof zur Überprüfung vorgelegt werden kann Vgl. Urteile vom 3. März 2005, Biegi Nahrungsmittel und Commonfood/Kommission (C‑499/03 P, Slg. 2005, I‑1751, Randnr. 41), vom 19. Oktober 1995, Rendo u. a./Kommission (C‑19/93 P, Slg. 1995, I‑3319, Randnr. 26), und vom 29. April 2004, Parlament/Ripa di Meana u. a. (C‑470/00 P, Slg. 2004, I‑4167, Randnr. 41).
(51) – Randnr. 108 der Rechtsmittelschrift.
(52) – Siehe oben, Nr. 83.
(53) – Siehe oben, Nr. 85.
(54) – Urteile Kaufring u. a. (in Fn. 9 angeführt, Randnr. 257) und Eyckeler & Malt/Kommission (in Fn. 24 angeführt, Randnr. 165); Urteil des Gerichtshofs vom 15. Januar 1986, Krohn/Kommission (175/84, Slg. 1986, 753, Randnr. 17).
(55) – Urteil Kaufring u. a. (in Fn. 9 angeführt, Randnr. 258).
(56) – Dies folgt aus Art. 67 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 80 Buchst. a ZK-DVO, die auf die Zollpräferenzregelungen für Entwicklungsländer Bezug nehmen. Siehe ferner die Übersicht präferenzieller Ursprungs- und Freiverkehrsnachweise in Lux, M., Das Zollrecht der EG , Köln 2003, S. 136. Präferenznachweise für Waren aus der Türkei weisen die Abkürzung „A.TR“ auf, während „Form A“ (Formblatt A) für Waren aus Entwicklungsländern verwendet wird, denen das Allgemeine Präferenzsystem (APS) als autonomes Handelsinstrument der Gemeinschaft mit Drittstaaten zugutekommt.
(57) – Urteil des Gerichtshofs vom 7. September 1999, De Haan Beheer (C‑61/98, Slg. 1999, I‑5003, Randnr. 36), Urteil Hyper/Kommission (in Fn. 23 angeführt, Randnr. 126).
(58) – Vgl. Urteil Hyper/Kommission (in Fn. 23 angeführt, Randnr. 128).
(59) – Randnr. 240 der Rechtsmittelschrift.
(60) – Siehe oben, Nr. 148.
(61) – In Randnr. 254 ihrer Rechtsmittelschrift verweist die Rechtsmittelführerin auf die „3-Jahres-Frist des Art. 218 Abs. 3 ZK“, die jedoch, anders als von ihr angedeutet, keine Verjährungsfrist ist. Vielmehr legt diese Bestimmung eine spezielle Frist fest, innerhalb deren die buchmäßige Erfassung des einer Zollschuld entsprechenden Betrags zu erfolgen hat. Sie gilt für sonstige Fälle als für den Regelfall der Entstehung der Zollschuld und somit auch für die von der Rechtsmittelführerin offenbar gemeinte Nacherhebung von Abgaben nach Art. 220 ZK (vgl. Alexander, S., Zollkodex , a. a. O., Fn. 10, Art. 218, Randnr. 6).
(62) – Siehe etwa Galera Rodrigo, S., Derecho aduanero español y comunitario , Madrid 1995, S. 312; Bleihauer, H.‑J., Lehrbuch des Europäischen Zollrechts, a. a. O. (Fn. 10), S. 416. Letzterer geht davon aus, dass eine nachträgliche buchmäßige Erfassung gemäß Art. 220 ZK im Anschluss an eine (den Abgabenschuldner begünstigende) Entscheidung über den Erlass bzw. die Erstattung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 239 ZK erst dann in Frage kommt, wenn die Zollschuld gemäß Art. 242 ZK wiederauflebt, etwa weil der Erlass bzw. die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist. Eine solche Kons tellation liegt im vorliegenden Fall jedoch eindeutig nicht vor, da vor der Entscheidung der Kommission keine begünstigende Entscheidung über einen Erlass bzw. eine Erstattung gemäß Art. 239 ZK im Hinblick auf die streitigen Warenverkehrsbescheinigungen ergangen ist. Ebenso wenig liegen die Konstellationen vor, in denen nach Auffassung von Huchatz, W., Lehrbuch des Europäischen Zollrechts, a. a. O. (Fn. 10), S. 379, 380, eine nachträgliche buchmäßige Erfassung gemäß Art. 220 ZK allgemein in Betracht kommt. Dies sei zum einen der Fall, wenn der Abgabenbetrag von der Verwaltung nicht innerhalb der Erfassungsfristen der Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst wurde, zum anderen, wenn der Abgabenbetrag mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst wurde.
(63) – Vgl. Alexander, S., Zollkodex, a. a. O. (Fn. 10), Vor Art. 220, Randnr. 8, der auf die unterschiedlichen Voraussetzungen eines Erlasses oder einer Erstattung nach Art. 239 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich ZK und eines Absehens von der Nacherhebung nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK hinweist. Dieser Umstand mache die Durchführung paralleler Verfahren notwendig.
(64) – Urteil des Gerichtshofs vom 6. Juli 1983, Geist/Kommission (117/81, Slg. 1983, 2191, Randnr. 7); Urteile des Gerichts vom 18. Dezember 1992, Díaz García/Parlament (T‑43/90, Slg. 1992, II‑2619, Randnr. 54), vom 20. September 2000, Orthmann/Kommission (T‑261/97, Slg. ÖD 2000, I‑A-181 und II‑829, Randnrn. 33 und 35), und vom 3. Dezember 2003, Audi/HABM (T‑16/02, Slg. 2003, II‑5167, Randnrn. 97 und 98).
(65) – Siehe oben, Nrn. 70, 112 bis 115.
(66) – In Fn. 23 angeführt, Randnrn. 115 bis 117.
(67) – Siehe oben, Nrn. 163 und 169.
(68) – In Fn. 24 angeführt.
(69) – Urteile des Gerichtshofs vom 16. Juni 1992, Belovo (C‑187/91, Slg. 1992, I‑4937, Randnr. 14), und vom 5. Oktober 1988, Padovani (210/87, Slg. 1988, 6177, Randnr. 6).
(70) – Urteile Mecanarte (in Fn. 11 angeführt, Randnr. 19) und vom 14. November 2002, Ilumitrónica (C‑251/00, Slg. 2002, I‑10433, Randnr. 39).
(71) – Urteile des Gerichtshofs vom 1. April 1993, Hewlett Packard France (C‑250/91, Slg. 1993, I‑1819, Randnr. 12), Faroe Seafood u. a. (in Fn. 13 angeführt, Randnr. 84) und vom 19. Oktober 2000, Sommer (C‑15/99, Slg. 2000, I‑8989, Randnr. 35).
(72) – Urteile Hewlett Packard France (in Fn. 71 angeführt, Randnr. 13), vom 14. Mai 1996, Faroe Seafood u. a. (in Fn. 13 angeführt, Randnr. 83), vom 26. November 1998, Covita (C‑370/96, Slg. 1998, I‑7711, Randnrn. 25 bis 28), und vom 11. Oktober 2001, William Hinton & Sons (C‑30/00, Slg. 2001, I‑7511, Randnrn. 68, 69, 71 und 72).
(73) – In diesem Sinne auch Alexander, S., Zollkodex, a. a. O. (Fn. 10), Art. 220, Randnrn. 18, 65.
(74) – Siehe Urteile Mecanarte (in Fn. 11 angeführt, Randnr. 23) und Ilumitrónica (in Fn. 70 angeführt, Randnr. 42); Beschluss des Gerichtshofs vom 9. Dezember 1999, CPL Imperial 2 und Unifrigo/Kommission (C‑299/98 P, Slg. 1999, I‑8683, Randnr. 32).
(75) – Nach Auffassung des Gerichtshofs beschränkt sich der Begriff des Irrtums nicht auf bloße Schreib- oder Rechenfehler der zuständigen Behörden, sondern erfasst jedweden Irrtum, der die getroffene Entscheidung fehlerhaft macht, was insbesondere bei einer unrichtigen Auslegung oder Anwendung der anwendbaren Rechtsvorschriften der Fall ist (Urteil Mecanarte, in Fn. 11 angeführt, Randnr. 20).
(76) – Wobei das vorsätzliche unbefugte Handeln Dritter in der Herstellung einer unechten oder in der Änderung einer bereits existierenden echten Urkunde zwecks Täuschung im Rechtsverkehr hinsichtlich ihrer Urheberschaft besteht.
(77) – Urteil Pascoal & Filhos (in Fn. 11 angeführt, Randnrn. 59 ff.). Sack, J., a. a. O. (Fn. 7), Band 1, C. II, Randnr. 79, S. 26, weist darauf hin, dass im Rahmen der Nacherhebung auf falsche oder gefälschte Dokumente kein Vertrauen gewährt wird, weil andernfalls praktisch nie eine Nacherhebung in diesen Fällen stattfinden könnte und der Anreiz zur Verwendung solcher Dokumente enorm erhöht würde. Ferner verweist er auf die Regelung in Art. 904 Buchst. c ZK‑DVO.
(78) – Beschluss CPL Imperial 2 und Unifrigo/Kommission (in Fn. 74 angeführt, Randnrn. 37 ff.); Urteil des Gerichts vom 9. Juni 1998, CPL Imperial 2 und Unifrigo/Kommission (T‑10/97 und T‑11/97, Slg. 1998, II‑2231, Randnrn. 62 ff.).
(79) – Urteil Van Gend & Loos (in Fn. 11 angeführt, Randnrn. 16 und 17). Laut Dolfen, M., „Nacherhebung, Erstattung und Erlass von Abgaben nach dem neuen Zollkodex“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht , Heft 24/1993, S. 759, trägt allein der Abgabenschuldner das Risiko, dass sich ein Handelsdokument, beispielsweise zum Warenursprung bei einer späteren Prüfung als falsch erweist.
(80) – Der Betrag der der Rechtsmittelführerin auferlegten Zollschuld hängt mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Waren zusammen, insbesondere mit dem Betrag der Abgaben, die auf diesen Waren lasten. Dass der geforderte Betrag der Einfuhrabgaben hoch sein kann, gehört zur Kategorie der Berufsrisiken, denen sich der Wirtschaftsteilnehmer aussetzt (vgl. in diesem Sinne Urteil Faroe Seafood u. a., in Fn. 13 angeführt, Randnr. 115). Die Höhe der Schuld, deren Erlass beantragt wird, ist daher als solche kein Kriterium, das die Beurteilung der Voraussetzungen für den Erlass beeinflussen kann (Urteil des Gerichts vom 13. September 2005, Ricosmos/Kommission, T‑53/02, Slg. 2005, II‑3171, Randnr. 161).