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Document 62006TJ0119

Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 9. September 2010.
Usha Martin Ltd gegen Rat der Europäischen Union und Europäische Kommission.
Dumping - Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in Indien - Verletzung einer Verpflichtung - Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (jetzt Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009).
Rechtssache T-119/06.

Sammlung der Rechtsprechung 2010 II-04335

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2010:369

Rechtssache T‑119/06

Usha Martin Ltd

gegen

Rat der Europäischen Union und Europäische Kommission

„Dumping – Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in Indien – Verletzung einer Verpflichtung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (jetzt Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009)“

Leitsätze des Urteils

1.      Gemeinschaftsrecht – Grundsätze – Verhältnismäßigkeit – Verordnung zur Einführung endgültiger Antidumping- und Ausgleichszölle

(Art. 5 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 384/96 des Rates)

2.      Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Preisverpflichtung – Verpflichtung zur Berichterstattung und zur Vorlage von Verpflichtungserklärungen – Verletzung durch den Wirtschaftsteilnehmer

(Art. 5 Abs. 3 EG; Verordnung Nr. 384/96 des Rates)

1.      Nach dem in Art. 5 Abs. 3 EG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziels geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist.

In einem Bereich wie dem der gemeinsamen Handelspolitik, in dem der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, ist jedoch eine erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, offensichtlich ungeeignet ist. Das weite Ermessen, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Bereich verfügt, entspricht dem weiten Ermessen, das den Gemeinschaftsorganen nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen zuerkannt wird, in denen sie in Anwendung der Grundverordnungen konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen.

Daraus folgt, dass sich die gerichtliche Überprüfung im Bereich des Schutzes gegen Dumpingmaßnahmen auf die Frage beschränken muss, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sind.

(vgl. Randnrn. 44-47)

2.      Die Kommission hat dadurch, dass sie die Annahme einer Verpflichtung widerrief, weil der betroffene Ausführer gegen seine Pflichten verstieß, vierteljährlich über die Verkäufe von nicht unter die Verpflichtung fallenden Waren zu berichten und keine Verpflichtungsrechnungen für nicht unter die Verpflichtung fallende Waren auszustellen, nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Denn es genügt jede Verletzung einer Verpflichtung oder der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der Durchführung und der Überwachung der Verpflichtung, um es der Kommission zu erlauben, ihre Annahme der Verpflichtung zu widerrufen und einen endgültigen Antidumpingzoll auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung aufzuerlegen, die zu der Verpflichtung geführt hat, sofern diese Untersuchung mit einer endgültigen Feststellung des Dumpings und der Schädigung abgeschlossen und dem betreffenden Ausführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Ferner ist die Verletzung einer Verpflichtung für sich allein ein ausreichender Grund für einen Widerruf. Außerdem gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwar für die Frage, ob die Höhe der auferlegten Antidumpingzölle zur Beseitigung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens geeignet ist, nicht aber für die Frage der Auferlegung dieser Zölle als solcher. Der Widerruf der Annahme einer Verpflichtung hat die Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die betroffenen Ausfuhren der Ausfuhrgesellschaft zur Folge. Demgemäß ist der nach Art. 8 Abs. 9 der Antidumping-Grundverordnung Nr. 384/96 auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung, die zur Verpflichtung geführt hat, festgelegte endgültige Antidumpingzoll auf die betroffenen Einfuhren dieser Gesellschaft anwendbar und entspricht damit der Auferlegung dieser Zölle als solcher. Daher kann die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung als solche nicht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt werden.

(vgl. Randnrn. 51-55)







URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

9. September 2010(*)

„Dumping – Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung u. a. in Indien – Verletzung einer Verpflichtung – Grundsatz der Verhältnismäßigkeit – Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (jetzt Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009)“

In der Rechtssache T‑119/06

Usha Martin Ltd mit Sitz in Kalkutta (Indien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt K. Adamantopoulos, J. Branton, Solicitor, sowie Rechtsanwälte V. Akritidis und Y. Melin,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.‑P. Hix und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. Berrisch,

und

Europäische Kommission, vertreten durch P. Stancanelli und T. Scharf als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 2006/38/EG der Kommission vom 22. Dezember 2005 zur Änderung des Beschlusses 1999/572/EG über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Indien (ABl. 2006, L 22, S. 54) und der Verordnung (EG) Nr. 121/2006 des Rates vom 23. Januar 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Indien (ABl. L 22, S. 1)

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richter M. Prek und V. M. Ciucă (Berichterstatter),

Kanzler: K. Pocheć, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2010

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

1        Die Antidumping-Grundverordnung besteht in der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: Grundverordnung) (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern [ABl. L 343, S. 51, Berichtigung in ABl. 2010, L 7, S. 22]). Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Grundverordnung (jetzt Art. 8 Abs. 1, 7 und 9 der Verordnung Nr. 1225/2009) bestimmt:

„(1)      Wurde im Rahmen der vorläufigen Sachaufklärung das Vorliegen von Dumping und Schädigung festgestellt, kann die Kommission zufrieden stellende freiwillige Verpflichtungsangebote annehmen, in denen sich ein Ausführer verpflichtet, seine Preise zu ändern oder die Ausfuhren zu Dumpingpreisen zu unterlassen, sofern sie, nach besonderen Konsultationen im Beratenden Ausschuss, davon überzeugt ist, dass die schädigenden Auswirkungen des Dumpings auf diese Weise beseitigt werden. In diesem Fall gelten von der Kommission gemäß Artikel 7 Absatz 1 eingeführte vorläufige Zölle bzw. vom Rat gemäß Artikel 9 Absatz 4 eingeführte endgültige Zölle während der Geltungsdauer dieser Verpflichtungen nicht für die Einfuhren der betroffenen Ware, die von den Unternehmen hergestellt werden, die in dem Beschluss der Kommission zur Annahme des Verpflichtungsangebots und jeder etwaigen späteren Änderung dieses Beschlusses aufgeführt sind. Preiserhöhungen aufgrund solcher Verpflichtungen dürfen nur so hoch sein, wie dies zum Ausgleich der Dumpingspanne erforderlich ist, und sie sollten niedriger als die Dumpingspanne sein, wenn diese Erhöhungen ausreichen, um die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zu beseitigen.

(7)      Die Kommission verlangt von jedem Ausführer, von dem eine Verpflichtung angenommen wurde, dass er in regelmäßigen Abständen Informationen über die Einhaltung dieser Verpflichtung erteilt und die Überprüfung der diesbezüglichen Angaben gestattet. Kommt der Ausführer diesem Verlangen nicht nach, so wird dies als eine Verletzung der Verpflichtung angesehen.

(9)      Wird eine Verpflichtung von einer Partei verletzt oder zurückgenommen, oder widerruft die Kommission die Annahme der Verpflichtung, so wird die Annahme der Verpflichtung, nach Konsultationen, durch einen Beschluss oder eine Verordnung der Kommission widerrufen, und es gilt ohne weiteres der vorläufige Zoll, den die Kommission gemäß Artikel 7 eingeführt hat, oder der endgültige Zoll, den der Rat gemäß Artikel 9 Absatz 4 eingeführt hat, sofern der betroffene Ausführer Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat, es sei denn, er hat die Verpflichtung selbst zurückgenommen.

Jede betroffene Partei und jeder Mitgliedstaat können Informationen vorlegen, die Anscheinsbeweise dafür enthalten, dass eine Verpflichtung verletzt wurde. Die anschließende Prüfung, ob eine Verletzung der Verpflichtung vorliegt, wird normalerweise innerhalb von sechs Monaten, keinesfalls aber später als neun Monate nach der Stellung eines ordnungsgemäß begründeten Antrags abgeschlossen. Die Kommission kann die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten um Unterstützung bei der Überwachung der Verpflichtungen ersuchen.“

 Dem Rechtsstreit zugrunde liegender Sachverhalt

2        Die Klägerin, die Usha Martin Ltd, ist eine Gesellschaft indischen Rechts, die Seile aus Stahl herstellt und u. a. in die Europäische Union exportiert. Die Klägerin und das Unternehmen Wolf gründeten das Gemeinschaftsunternehmen Brunton Wolf Wire & Ropes mit Sitz in Dubai (Vereinigte Arabische Emirate). Brunton Wolf Wire & Ropes stellt ebenfalls Kabel und Seile aus Stahl her, die es in die Union exportiert.

3        Am 12. August 1999 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine, zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Antidumpingzolls auf diese Einfuhren und zur Einstellung des Antidumpingverfahrens gegenüber den Einfuhren mit Ursprung in der Republik Korea (ABl. L 217, S. 1).

4        Bei der von der Verordnung Nr. 1796/1999 betroffenen Ware handelt es sich um alle Kabel und Seile aus Stahl, einschließlich verschlossener Seile, ausgenommen Kabel und Seile aus nichtrostendem Stahl, mit einer größten Querschnittsabmessung von mehr als 3 mm. Da alle Kabel und Seile aus Stahl trotz der bestehenden Unterschiede zwischen Kabeln und Seilen aus Stahl des oberen und des unteren Endes des Typenspektrums die gleichen grundlegenden materiellen und technischen Eigenschaften sowie Verwendungen haben, zogen die Gemeinschaftsorgane den Schluss, dass alle Waren der Angebotspalette eine einzige Ware bilden, soweit Typen von Kabeln und Seilen aus Stahl angrenzender Warengruppen konkurrieren.

5        Der der Klägerin in Erwägungsgrund 86 und in Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 zugewiesene unternehmensspezifische Antidumpingzoll betrug 23,8 %. Nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 waren Kabel und Seile aus Stahl, die von Unternehmen ausgeführt wurden, deren Verpflichtungsangebote von der Europäischen Kommission angenommen worden waren, darunter die Klägerin, von den betreffenden Antidumpingzöllen befreit.

6        In ihrem Verpflichtungsangebot nach Art. 8 Abs. 1 der Grundverordnung verpflichtete sich die Klägerin u. a., die festgelegten Mindestpreise für Ausfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl in die Union einzuhalten, um sicherzustellen, dass die schädigenden Auswirkungen des Dumpings beseitigt werden.

7        Die Klägerin verpflichtete sich außerdem, bei jedem Verkauf der betroffenen Ware eine Verpflichtungsrechnung vorzulegen, d. h. eine Rechnung mit den in Anhang VI der Verpflichtung genannten Informationen (Punkt 4.1 der Verpflichtung). Nach Punkt 4.2 der Verpflichtung verpflichtete sich die Klägerin, keine Verpflichtungsrechnungen für „nicht unter die Verpflichtung fallende Waren“ auszustellen. Nach Punkt 4.3 der Verpflichtung ist der Klägerin „bekannt, dass die Kommission, sollte sich herausstellen, dass sie Verpflichtungserklärungen ausstellt, die gegen die Klauseln [der] Verpflichtung verstoßen, berechtigt ist, die von [ihr] auf der Rechnung angebrachte Konformitätserklärung für ungültig zu erklären und folglich die zuständigen Zollbehörden der Mitgliedstaaten darüber zu informieren, unbeschadet der Möglichkeit der Gemeinschaftsinstitutionen, jede [in Punkt] 8 [der] Verpflichtung vorgesehene Maßnahme zu ergreifen“.

8        Die Klägerin verpflichtete sich auch, der Kommission für jedes Quartal in einem detaillierten Bericht nach Maßgabe der erforderlichen technischen Spezifikationen alle von ihr vorgenommenen Verkäufe von Kabeln und Seilen aus Stahl in die Union einschließlich der Kabel und Seile aus Stahl, die nicht unter die Verpflichtung fallen, förmlich mitzuteilen und mit der Kommission in der Weise zusammenzuarbeiten, dass sie ihr alle Informationen übermittelt, die sie als notwendig ansieht, um sich über die Einhaltung der Verpflichtung zu vergewissern (Punkt 5 und Anhänge II, III, IV und V der Verpflichtung).

9        Ferner verpflichtete sich die Klägerin gemäß Punkt 6 der Verpflichtung, die Bestimmungen der Verpflichtung nicht zu umgehen, also z. B. weder unmittelbar noch mittelbar Ausgleichsvereinbarungen mit Kunden in der Union zu schließen.

10      In Punkt 8 „Verstöße und Widerruf“ der Verpflichtung heißt es schließlich:

„Der [Klägerin] ist bekannt, dass unbeschadet [des Punkts] 8.3

–      eine Umgehung dieser Verpflichtung oder eine mangelnde Zusammenarbeit mit der … Kommission bei der Überwachung dieser Verpflichtung als Verstoß gegen diese angesehen wird. Das gilt auch – außer im Fall höherer Gewalt – für die Nichteinreichung der Berichte nach [Punkt] 5 innerhalb der vorgeschriebenen Fristen;

–      die … Kommission gemäß Art. 8 Abs. 10 der Grundverordnung berechtigt ist, umgehend einen Antidumpingzoll auf der Grundlage der besten verfügbaren Informationen zu verhängen, falls sie Grund zu der Annahme hat, dass die Verpflichtung verletzt worden ist;

–      gemäß Art. 8 Abs. 9 der Grundverordnung dann, wenn die Verpflichtung verletzt oder von der … Kommission oder [der Klägerin] widerrufen wird, ein endgültiger Antidumpingzoll auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung eingeführt werden kann, die zu der Verpflichtung geführt hat, sofern [der Klägerin] Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, es sei denn, sie selbst hat die Verpflichtung widerrufen.“

11      Nach Punkt 1 dritter Gedankenstrich der Verpflichtung gelten die Bestimmungen und Klauseln der Verpflichtung nicht nur für die Klägerin, sondern auch für alle mit dieser verbundenen Unternehmen weltweit.

12      Mit ihrem Beschluss 1999/572/EG vom 13. August 1999 über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Ungarn, Indien, der Republik Korea, Mexiko, Polen, Südafrika und der Ukraine (ABl. L 217, S. 63) nahm die Kommission u. a. das Verpflichtungsangebot der Klägerin an.

13      Im Rahmen einer Untersuchung zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung nach Punkt 5.1 und Punkt 5.4 der Verpflichtung suchte die Kommission im Januar und Februar 2005 die Geschäftsräume der Klägerin in Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf.

14      Mit Schreiben vom 12. Mai 2005 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie aufgrund der Untersuchung davon ausgehe, dass diese drei Verstöße gegen die Verpflichtung begangen habe, und sie deshalb beabsichtige, die Annahme der Verpflichtung zu widerrufen.

15      Mit Schreiben vom 20. Mai, vom 29. August und vom 6. September 2005 nahm die Klägerin zur Feststellung eines Verstoßes gegen die Verpflichtung und zu dem von der Kommission beabsichtigten Widerruf Stellung.

16      Am 8. November 2005 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1858/2005 vom 8. November 2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China, Indien, Südafrika und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung (ABl. L 299, S. 1). Mit der Verordnung Nr. 1858/2005 beschloss der Rat, die mit der Verordnung Nr. 1796/1999 für die Einfuhren der betroffenen Ware mit Ursprung u. a. in Indien eingeführten Antidumpingmaßnahmen um weitere fünf Jahre zu verlängern.

17      Mit Beschluss 2006/38/EG der Kommission vom 22. Dezember 2005 zur Änderung des Beschlusses 1999/572 über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Indien (ABl. 2006, L 22 S. 54, im Folgenden: angefochtener Beschluss) entschied die Kommission, die Annahme der von der Klägerin angebotenen Verpflichtung bezüglich der Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl zu widerrufen und folglich den Beschluss 1999/572 über die Annahme von Verpflichtungen im Rahmen der Antidumpingverfahren betreffend Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Indien zu ändern. Zugleich legte die Kommission dem Rat am 23. Dezember 2005 einen Vorschlag für eine Verordnung zum Widerruf der Verpflichtung und zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls gegen die Klägerin vor (Dokument KOM[2005] 541 endg.).

18      In dem angefochtenen Beschluss stellte die Kommission drei Verstöße gegen die Verpflichtung fest. Erstens habe die Prüfung der Bücher der Klägerin ergeben, dass bedeutende Mengen der nicht unter die Verpflichtung fallenden betroffenen Ware entgegen den Bestimmungen in Punkt 5.2 und in Anhang IV Abs. 1 der Verpflichtung nicht in den der Kommission von der Klägerin vorgelegten Vierteljahresberichten angegeben worden seien. Zweitens stellte die Kommission fest, dass die fraglichen Waren unter Verstoß gegen die Punkte 4.2 und 4.3 der Verpflichtung von der Klägerin an die mit ihr verbundenen Einführer im Vereinigten Königreich und in Dänemark verkauft worden und dafür Verpflichtungsrechnungen ausgestellt worden seien. Drittens habe die Überprüfung in den Geschäftsräumen von Brunton Wulf Wire & Ropes in Dubai ergeben, dass bestimmte Kabel und Seile aus Stahl aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in die Union ausgeführt und als Ursprungserzeugnisse der Vereinigten Arabischen Emirate angemeldet worden seien, obwohl sie tatsächlich indischen Ursprungs gewesen seien.

19      So erließ der Rat am 23. Januar 2006 die Verordnung (EG) Nr. 121/2006 zur Änderung der Verordnung Nr. 1858/2005 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kabeln und Seilen aus Stahl mit Ursprung in unter anderem Indien (ABl. L 22, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung). Gemäß Art. 1 der angefochtenen Verordnung wurde die Klägerin von der Liste der von endgültigen Antidumpingzöllen befreiten Unternehmen genommen. Folglich wurde der endgültige Antidumpingzoll von 23,8 %, der der Klägerin nach Erwägungsgrund 86 und nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1796/1999 auferlegt und durch Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1858/2005 verlängert worden war, auf die Einfuhren der von der Klägerin hergestellten und in die Union ausgeführten betroffenen Ware eingeführt.

 Verfahren und Anträge der Parteien

20      Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 19. April 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

21      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts wurde der Berichterstatter der Fünften Kammer zugeteilt, der folglich die vorliegende Rechtssache zugewiesen worden ist.

22      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. In der Sitzung vom 25. März 2010 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

23      Die Klägerin beantragt,

–        den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft und die Annahme einer zuvor geltenden Mindestpreisverpflichtung widerruft;

–        die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären, soweit sie die Klägerin betrifft und den angefochtenen Beschluss umsetzt;

–        dem Rat und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

24      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

25      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

26      Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend, nämlich erstens eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und zweitens einen Rechtsfehler, einen Begründungsmangel und einen Ermessensmissbrauch hinsichtlich des Ursprungs der betroffenen Waren.

 Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes

 Vorbringen der Parteien

27      Im Rahmen ihres ersten Klagegrundes rügt die Klägerin im Wesentlichen, dass die beiden von der Kommission festgestellten Unregelmäßigkeiten, nämlich erstens das Versäumnis, einen Bericht über nicht unter die Verpflichtung fallende Verkäufe vorzulegen, und zweitens die Verwendung von Verpflichtungsrechnungen keine schwerwiegenden Verstöße gegen die Verpflichtung darstellten, die es der Kommission erlaubten, gegen die Klägerin eine so drastische Sanktion wie den Widerruf der Annahme der Verpflichtung zu verhängen. Die Kommission hätte auf Sanktionen zurückgreifen können, die für die Klägerin weniger einschneidend gewesen wären, wie etwa eine Anweisung, denselben Fehler zukünftig nicht noch einmal zu begehen.

28      Nach Art. 5 EG dürften Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele des Vertrags Erforderliche hinausgehen. Folglich müssten die von den Gemeinschaftsorganen angewandten Mittel nach dem im EG-Vertrag vorgesehenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in einem angemessenen Verhältnis zum erstrebten Ziel stehen. Die Rechtsprechung gehe außerdem davon aus, dass nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als allgemeinem Grundsatz des Gemeinschaftsrechts die Handlungen der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürften, was zur Erreichung der mit der fraglichen Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich sei. Dabei sei, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stünden, die am wenigsten belastende zu wählen, und die damit verbundenen Nachteile dürften nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen.

29      Nach Ansicht der Klägerin kommt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im vorliegenden Fall umso größere Bedeutung zu, als die Kommission bei ihrer Entscheidung, ihre Annahme der Verpflichtung nach Art. 8 der Grundverordnung zu widerrufen, über einen erheblichen Ermessensspielraum verfüge, bei dessen Ausübung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten sei.

30      Insoweit sei offenkundig, dass der Widerruf der Annahme einer Verpflichtung eine schwerwiegende Maßnahme darstelle, die die Tätigkeit des betroffenen Unternehmens in hohem Maße beeinträchtige, und somit eine offensichtlich unangemessene Handlung vorliege, da keinerlei schwerwiegender Verstoß gegen die Verpflichtung festgestellt worden sei.

31      Im vorliegenden Fall sei hinsichtlich des ersten von der Kommission festgestellten Verstoßes unstreitig, dass die Ausfuhren, für die der vierteljährliche Bericht nicht übermittelt worden sei, nicht unter die Verpflichtung fielen. Folglich habe dieses Unterlassen den Interessen des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft keinen spürbaren Schaden zugefügt. In Anbetracht dessen, dass der Zweck einer Verpflichtung darin bestehe, einem Ausführer einen potenziellen Vorteil zu verschaffen und dabei zugleich einen minimalen Schutz des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft zu gewährleisten, könne der fragliche Verstoß nicht als schwerwiegende Zuwiderhandlung gewertet werden.

32      In diesem Zusammenhang beruft sich die Klägerin insbesondere darauf, dass der Verstoß gegen die Verpflichtung zur Erstellung eines Berichts über die nicht unter die Verpflichtung fallenden Verkäufe nicht die Wahrung des Hauptziels der Verpflichtung in Frage stelle, nämlich die Einhaltung des Mindesteinfuhrpreises. Dieser Hauptpflicht sei sie stets nachgekommen. Dies gelte umso mehr, als die Angaben in den vierteljährlichen Berichten zu allen Verkäufen, ob unter die Verpflichtung fallend oder nicht, aufzeigten, was ein bestimmtes Unternehmen angebe, ausgeführt zu haben, und nicht das, was es tatsächlich ausgeführt habe. Die Angaben hätten somit nur Indizcharakter. Hinzu komme, dass das menschliche Versagen, das im kurzzeitigen Unterlassen der Erstellung eines Berichts über bestimmte nicht unter die Verpflichtung fallende Verkäufe bestehe, nicht das „ordnungsgemäße Funktionieren der Verpflichtung“ gefährde.

33      In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung sechs Jahre lang angewandt worden sei und die Kommission bei ihrer Untersuchung einen Zeitraum von 24 Monaten berücksichtigt habe. Für diesen Zeitraum von 24 Monaten habe die Kommission nur festgestellt, dass Geschäftsvorgänge mit einem Volumen von ungefähr 150 Tonnen nicht in einen vierteljährlichen Bericht aufgenommen worden seien. Der erste Verstoß sei somit lediglich für ein Quartal in sechs Jahren festgestellt worden.

34      Den zweiten von der Kommission festgestellten Verstoß, nämlich die fehlerhafte Aufnahme von nicht der Verpflichtung unterfallenden Verkäufen der betroffenen Ware in die Verpflichtungsrechnungen, hält die Klägerin ebenfalls für geringfügig. Insoweit könne die Tatsache, dass Unklarheit bezüglich der Erstellung von Verpflichtungsrechnungen für nicht unter die Verpflichtung fallende Waren habe bestehen können, nicht in Frage stellen, dass die Verpflichtung eingehalten worden sei.

35      Die Klägerin weist insbesondere darauf hin, dass die Antidumpingzölle auf die betreffenden Einfuhren vollständig entrichtet worden seien und sie nicht versucht habe, die Zahlung zu vermeiden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin dazu weiter ausgeführt, sie habe der Kommission mittels zweier Telefaxe vom 14. und 30. März 2005 die Zahlung der betreffenden Antidumpingzölle nachgewiesen. Dass die Antidumpingzölle gezahlt worden seien, sei im Verwaltungsverfahren zwischen den Parteien unstreitig gewesen und von der Kommission und dem Rat erstmals in ihren Gegenerwiderungen bestritten worden.

36      Folglich gehe die Klägerin davon aus, dass die Verpflichtung in allen wesentlichen Punkten eingehalten worden sei, da die Mindestpreise für die unter die Verpflichtung fallenden Waren eingehalten und die Antidumpingzölle für die nicht unter die Verpflichtung fallenden Waren entrichtet worden seien.

37      Aus ihrer Sicht handle es sich bei den von der Kommission festgestellten und von ihr eingeräumten Verstößen betreffend die vierteljährlichen Berichte und die Verpflichtungsrechnungen lediglich um formale Verstöße von geringer Schwere. Außerdem weist sie darauf hin, dass sie nicht eingeräumt habe, dass diese Verstöße schwerwiegende Zuwiderhandlungen darstellten, und trägt weiter vor, dass der Grad der Schwere des Verstoßes bei der Festlegung der Sanktion zu berücksichtigen sei.

38      Die drastische Maßnahme des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung mit all ihren Konsequenzen aufgrund eines so geringfügigen verwaltungstechnischen menschlichen Irrtums wie im vorliegenden Fall sei demnach nicht verhältnismäßig, sondern eine offensichtlich unangemessene Reaktion, die gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße. Eine weniger einschneidende Maßnahme hätte ausgereicht, um die gesteckten Ziele zu erreichen.

39      Außerdem stehe die Unangemessenheit des Widerrufs der Annahme der Verpflichtung auch im Widerspruch zu Art. 15 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 (ABl. L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumpingkodex), der eine Verpflichtung zulasten der Industrieländer wie den Mitgliedern der Europäischen Union dahin gehend vorsehe, dass diese, „wenn sie Antidumpingmaßnahmen aufgrund dieses Übereinkommens erwägen, die spezifische Lage der Entwicklungsland-Mitglieder besonders berücksichtigen müssen“. Art. 15 des Antidumpingkodex bedeute, dass der Abschluss von Verpflichtungen mit Entwicklungsland-Mitgliedern besonders zu berücksichtigen sei. Diese sich aus Art. 15 des Antidumpingkodex ergebende Verpflichtung müsse sich über den Abschluss von Verpflichtungen hinaus erstrecken, nämlich auch auf die Überwachung dieser Verpflichtungen.

40      Die Kommission habe in den Erwägungsgründen 34 und 35 des angefochtenen Beschlusses die Anwendung von Art. 15 des Antidumpingkodex zu Unrecht deshalb ausgeschlossen, weil es sich im vorliegenden Fall um eine multinationale Unternehmensgruppe gehandelt habe. Die Struktur des Unternehmens ändere nichts daran, dass Indien ein Entwicklungsland im Sinne der genannten Vorschrift sei, und Art. 15 des Antidumpingkodex sei insbesondere aufgrund des Orts der Niederlassung der Klägerin in Indien anwendbar.

41      Die Klägerin vertritt die Ansicht, dass der Widerruf der Verpflichtung aufgrund eines harmlosen verwaltungstechnischen Versehens dem Wesensgehalt von Art. 15 des Antidumpingkodex gänzlich zuwiderlaufe. Es genüge, die Verpflichtung zu lesen, um zu erkennen, dass diese nur schwerlich bis ins letzte Detail beachtet werden könne. Es sei zwar nachvollziehbar, dass ein wesentlicher Verstoß gegen eine Verpflichtung deren Widerruf zur Folge haben könne, nicht aber, dass ein schlichtes verwaltungstechnisches Versehen dieselbe Konsequenz haben könne. In Anbetracht dessen, dass kein schwerwiegender Verstoß gegen die Verpflichtung vorliege, sie über viele Jahre hinweg stetig ihren guten Willen gegenüber der Kommission unter Beweis gestellt habe und immer bereit gewesen sei, sich überprüfen zu lassen, sehe sie keine Rechtfertigung für den Widerruf der Annahme der Verpflichtung. In einer solchen Situation, in der die Ausübung des Ermessens durch die Kommission für den Ausführer eines Entwicklungslands ein großes Risiko darstelle, sei es aus Sicht der Klägerin unverhältnismäßig, eine Verpflichtung aufgrund von Verstößen zu beenden, die sie als geringfügig einschätze.

42      In ihrer Erwiderung tritt die Klägerin den Ausführungen der Kommission und des Rates entgegen, wonach zum einen jeder Verstoß gegen das Verpflichtungsschreiben einen hinreichenden Grund für den Widerruf der Annahme darstelle und zum anderen nicht nach der Schwere des Verstoßes unterschieden werde. Die Rechtsprechung, auf die die Gemeinschaftsorgane diese Auffassung stützten, beziehe sich auf völlig andere Umstände als die hier vorliegenden. Für die Klägerin gehe es im Rahmen des ersten Klagegrundes vielmehr um die Frage, welcher Grad der Schwere eines Verstoßes den Widerruf der Annahme einer Verpflichtung rechtfertige.

43      Der Rat und die Kommission treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

 Würdigung durch das Gericht

44      Nach dem in Art. 5 Abs. 3 EG verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt die Rechtmäßigkeit einer Gemeinschaftsregelung voraus, dass die gewählten Mittel zur Erreichung des mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziels geeignet sind und das Maß des hierzu Erforderlichen nicht übersteigen, wobei von mehreren geeigneten Maßnahmen grundsätzlich die am wenigsten belastende zu wählen ist (Urteile des Gerichts vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T‑162/94, Slg. 1996, II‑427, Randnr. 69, vom 29. September 2000, International Potash Company/Rat, T‑87/98, Slg. 2000, II‑3179, Randnr. 39, und vom 4. Juli 2002, Arne Mathisen/Rat, T‑340/99, Slg. 2002, II‑2905, Randnr. 112).

45      In einem Bereich wie dem der gemeinsamen Handelspolitik, in dem der Gemeinschaftsgesetzgeber über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm der Vertrag zuweist, ist jedoch eine erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, mit dessen Verfolgung das zuständige Organ betraut ist, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteil NMB France u. a./Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnrn. 70 und 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Das weite Ermessen, über das der Gemeinschaftsgesetzgeber in diesem Bereich verfügt, entspricht dem weiten Ermessen, das den Gemeinschaftsorganen nach ständiger Rechtsprechung in den Fällen zuerkannt wird, in denen sie in Anwendung der Grundverordnungen konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen (Urteil des Gerichts NMB France u. a./Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 72; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom 4. Oktober 1983, Fediol/Kommission, 191/82, Slg. 1982, 2913, Randnr. 30, und Urteil des Gerichts vom 2. Mai 1995, NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, T‑163/94 und T‑165/94, Slg. 1995, II‑1381, Randnrn. 70 und 113).

47      Daraus folgt, dass sich die gerichtliche Überprüfung im Bereich des Schutzes gegen Dumpingmaßnahmen auf die Frage beschränken muss, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sind (Urteile NMB France u. a./Kommission, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 73, und Arne Mathisen/Rat, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 115).

48      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Klägerin die fragliche Verpflichtung in zweifacher Hinsicht missachtete, indem sie erstens gegen ihre Pflicht verstieß, vierteljährlich über die Verkäufe von nicht unter die Verpflichtung fallenden betroffenen Waren zu berichten (Punkt 5.2 und Anhang IV Abs. 1 der Verpflichtung), und zweitens gegen ihre Pflicht verstieß, keine Verpflichtungsrechnungen für nicht unter die Verpflichtung fallende Waren auszustellen (Punkte 4.1 und 4.2 der Verpflichtung).

49      Hierzu trägt die Klägerin im Rahmen ihres ersten Klagegrundes vor, dass die beiden von der Kommission festgestellten Unregelmäßigkeiten keine bedeutenden Verstöße gegen die Verpflichtung darstellten, die es der Kommission erlaubten, gegen die Klägerin eine so drastische Sanktion wie den Widerruf der Annahme der Verpflichtung zu verhängen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hätte die Kommission auf Sanktionen zurückgreifen können, die für die Klägerin weniger schwerwiegend gewesen wären, wie etwa eine Anweisung, denselben Fehler zukünftig nicht noch einmal zu begehen, was die Klägerin der Kommission im Übrigen auch zugesichert habe.

50      Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.

51      Erstens ergibt sich aus Art. 8 Abs. 7 und 9 der Grundverordnung, dass jede Verletzung einer Verpflichtung oder der Pflicht zur Zusammenarbeit im Rahmen der Durchführung und der Überwachung der Verpflichtung genügt, um es der Kommission zu erlauben, ihre Annahme der Verpflichtung zu widerrufen und einen endgültigen Antidumpingzoll auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung aufzuerlegen, die zu der Verpflichtung geführt hat, sofern diese Untersuchung mit einer endgültigen Feststellung des Dumpings und der Schädigung abgeschlossen und dem betreffenden Ausführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde (vgl. in diesem Sinne Urteil Arne Mathisen/Rat, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 118). Die Klägerin bestreitet nicht, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

52      Ferner ist die Verletzung einer Verpflichtung nach der Rechtsprechung für sich allein ein ausreichender Grund für einen Widerruf (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 30. März 2000, Miwon/Rat, T‑51/96, Slg. 2000, II‑1841, Randnr. 52, und Arne Mathisen/Rat, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 57).

53      Zweitens gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwar für die Frage, ob die Höhe der auferlegten Antidumpingzölle zur Beseitigung des der Gemeinschaftsindustrie entstandenen Schadens geeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. April 1993, Findling Wälzlager, C‑136/91, Slg. 1993, I‑1793, Randnr. 13), nicht aber für die Frage der Auferlegung dieser Zölle als solcher (Urteil Arne Mathisen/Rat, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 121).

54      Der Widerruf der Annahme der Verpflichtung hat jedoch die Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die betroffenen Ausfuhren der Klägerin zur Folge. So wurde im vorliegenden Fall mit der angefochtenen Verordnung zum einen mittels einer Änderung der Verordnung Nr. 1858/2005 der fragliche Widerruf der Verpflichtung umgesetzt und zum anderen die Klägerin von der Liste der von den endgültigen Antidumpingzöllen befreiten Unternehmen genommen. Folglich ist der nach Art. 8 Abs. 9 der Grundverordnung auf der Grundlage der Feststellungen im Rahmen der Untersuchung, die zur Verpflichtung geführt hat, auf 23,8 % festgelegte endgültige Antidumpingzoll auf die betroffenen Einfuhren der Klägerin anwendbar und entspricht damit der Auferlegung dieser Zölle als solcher.

55      Daher kann die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Annahme einer Verpflichtung als solche nicht nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Arne Mathisen/Rat, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 122).

56      Nach alledem ist der erste Klagegrund eines Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler, Begründungsmangel und Ermessensmissbrauch in Bezug auf den Ursprung der betroffenen Waren

57      Der zweite Klagegrund betrifft nach Ansicht der Klägerin den dritten von den Gemeinschaftsorganen festgestellten Verstoß gegen die Verpflichtung, der den Ursprung der in Dubai hergestellten Waren betrifft, nicht aber die im Rahmen des ersten Klagegrundes genannten Verstöße. Aus der Prüfung des ersten Klagegrundes ergibt sich jedoch, dass die Kommission ihre Annahme der Verpflichtung ohne Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerrufen durfte.

58      Da der zweite Klagegrund folglich ins Leere geht, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

59      Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates und der Kommission die Kosten des Rates und der Kommission aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Usha Martin Ltd trägt die Kosten.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2010.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.

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