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Document 62006CJ0263

Urteil des Gerichtshofes (Vierte Kammer) vom 28. Februar 2008.
Carboni e derivati Srl gegen Ministero dell’Economia e delle Finanze und Riunione Adriatica di Sicurtà SpA.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Corte suprema di cassazione - Italien.
Gemeinsame Handelspolitik - Schutz gegen Dumpingpraktiken - Antidumpingzoll - Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs - Entscheidung Nr. 67/94/EGKS - Ermittlung des Zollwerts zum Zweck der Anwendung eines variablen Antidumpingzolls - Transaktionswert -Aufeinanderfolgende Verkäufe zu unterschiedlichen Preisen - Befugnis der Zollbehörde, den Preis eines dem Verkauf, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkaufs von Waren zugrunde zu legen.
Rechtssache C-263/06.

Sammlung der Rechtsprechung 2008 I-01077

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2008:128

Rechtssache C‑263/06

Carboni e derivati Srl

gegen

Ministero dell’Economia e delle Finanze

und

Riunione Adriatica di Sicurtà SpA

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte suprema di cassazione)

„Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingzoll – Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs – Entscheidung Nr. 67/94/EGKS – Ermittlung des Zollwerts zum Zweck der Anwendung eines variablen Antidumpingzolls – Transaktionswert – Aufeinanderfolgende Verkäufe zu unterschiedlichen Preisen – Befugnis der Zollbehörde, den Preis eines dem Verkauf, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkaufs von Waren zugrunde zu legen“

Schlussanträge des Generalanwalts J. Mazák vom 11. September 2007 

Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 28. Februar 2008 

Leitsätze des Urteils

1.     EGKS – Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingzoll

(Entscheidung Nr. 2424/88 der Kommission, Art. 1 und 2 Abs. 1)

2.     EGKS – Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Festsetzung der Antidumpingzölle – Berechnungsmethode

(Verordnung Nr. 2913/92 des Rates, Art. 31 Abs. 1; Entscheidung Nr. 67/94 der Kommission, Art. 1 Abs. 2)

1.     Aus den Art. 1 und 2 Abs. 1 der Entscheidung Nr. 2424/88 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gehörenden Ländern ergibt sich, dass die Antidumpingregelungen den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren bezwecken und dass ein Antidumpingzoll auf jede Ware erhoben werden kann, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht. Nach diesen Bestimmungen setzt die Anwendung einer Antidumpingmaßnahme daher eine Verbringung von Waren in den Markt der Gemeinschaft voraus, die eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursacht. Die Antidumpingvorschriften betreffen nicht einen Verkauf von Waren als solchen, solange diese Waren weder tatsächlich in das Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt noch in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft überführt werden. Die Antidumpingzölle sollen nämlich die Dumpingspanne neutralisieren, die sich aus der Differenz zwischen dem Ausfuhrpreis nach der Gemeinschaft und dem Normalwert der Ware ergibt, und auf diese Weise die schädlichen Folgen der Einfuhr der betreffenden Waren in die Gemeinschaft beseitigen. Das Ziel der Antidumpingregelungen erfordert somit grundsätzlich keine Erhebung eines Antidumpingzolls, der auf der Grundlage des bei einem vorausgegangenen Verkauf der betreffenden Waren vereinbarten Preises festgesetzt wird, wenn der vom Anmelder tatsächlich gezahlte oder von ihm zu zahlende Preis genauso hoch wie der in der Antidumpingmaßnahme vorgesehene Mindestpreis oder höher als dieser ist.

(vgl. Randnrn. 39-41)

2.     Nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft können die Zollbehörden den Zollwert für die Anwendung des mit dieser Entscheidung einführten Antidumpingzolls nicht auf der Grundlage des Preises ermitteln, der für die betreffenden Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn der angemeldete Preis dem vom Einführer tatsächlich gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht. Mit der Hinzufügung des Wortes „angemeldet“ zu dem Begriff Zollwert hebt diese Bestimmung nämlich hervor, dass die Grundlage für die Anwendung eines Antidumpingzolls nicht der Zollwert als solcher ist, sondern der vom Einführer angemeldete Zollwert. Daraus folgt, dass die Preise der Verkäufe, die dem Verkauf vorausgehen, dessen Preis vom Einführer für die Zollanmeldung zugrunde gelegt wird, für die Anwendung des Antidumpingzolls nicht berücksichtigt werden können.

Haben die Zollbehörden dagegen begründete Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Werts, können sie, wenn ihre Zweifel bestätigt werden, nachdem sie zusätzliche Auskünfte verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen ihre Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen, nach Art. 31 der Verordnung Nr. 2913/92 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften den Zollwert für die Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls unter Zugrundelegung des Preises berechnen, der für die betreffenden Waren bei dem früheren Verkauf, der dem Verkauf am nächsten liegt, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vereinbart wurde und in Bezug auf dessen Richtigkeit für die Zollbehörden kein objektiver Grund für Zweifel besteht. Zum einen müssen die Zollbehörden in einem solchen Zweifelsfall den Zollwert nämlich nicht auf der Grundlage des Transaktionswerts ermitteln und können den angemeldeten Preis ablehnen, sofern diese Zweifel fortbestehen, nachdem sie gegebenenfalls zusätzliche Informationen oder Dokumente verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen diese Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen. Zum anderen ist unter Berücksichtigung der Besonderheit eines variablen Antidumpingzolls die Zugrundelegung des Preises, der bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, ein im Sinne des Art. 31 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 „angemessenes“ Mittel zur Ermittlung des Zollwerts und stimmt zugleich mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln der internationalen Übereinkommen sowie der in Art. 31 Abs. 1 angeführten Vorschriften überein.

(vgl. Randnrn. 33, 49, 52, 61, 63-64 und Tenor)







URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

28. Februar 2008(*)

„Gemeinsame Handelspolitik – Schutz gegen Dumpingpraktiken – Antidumpingzoll – Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs – Entscheidung Nr. 67/94/EGKS – Ermittlung des Zollwerts zum Zweck der Anwendung eines variablen Antidumpingzolls – Transaktionswert –Aufeinanderfolgende Verkäufe zu unterschiedlichen Preisen – Befugnis der Zollbehörde, den Preis eines dem Verkauf, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkaufs von Waren zugrunde zu legen“

In der Rechtssache C‑263/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Italien) mit Entscheidung vom 30. März 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Juni 2006, in dem Verfahren

Carboni e derivati Srl

gegen

Ministero dell’Economia e delle Finanze,

Riunione Adriatica di Sicurtà SpA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský und T. von Danwitz (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–       der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von G. Albenzio, avvocato dello Stato,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Righini und J. Hottiaux als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. September 2007

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 der Entscheidung Nr. 67/94/EGKS der Kommission vom 12. Januar 1994 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft (ABl. L 12, S. 5) in Verbindung mit den Art. 29 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex der Gemeinschaften).

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Carboni e derivati Srl (im Folgenden: Carboni) einerseits und dem Ministero dell’Economia e delle Finanze (Ministerium für Wirtschaft und Finanzen, im Folgenden: Ministero) sowie der Riunione Adriatica di Sicurtà SpA (im Folgenden: RAS) andererseits wegen der Ermittlung des Zollwerts einer Partie von in die Gemeinschaft eingeführtem Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs zum Zweck der Anwendung eines mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten variablen Antidumpingzolls.

 Rechtlicher Rahmen

 Die Antidumping-Grundregelung und die besondere Antidumpingregelung

3       Die Entscheidung Nr. 2424/88/EGKS der Kommission vom 29. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gehörenden Ländern (ABl. L 209, S. 18, im Folgenden: Grundentscheidung) bestimmt in ihren Art. 1, 2 und 13:

Artikel 1

Anwendungsbereich

Diese Entscheidung enthält Vorschriften über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl gehörenden Ländern.

Artikel 2

Dumping

A. GRUNDSATZ

(1)       Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht.

(2)      Eine Ware gilt als Gegenstand eines Dumpings, wenn ihr Ausfuhrpreis nach der Gemeinschaft niedriger ist als der Normalwert der gleichartigen Ware.

Artikel 13

Allgemeine Bestimmungen über Zölle

(2)      Diese Maßnahmen geben insbesondere Aufschluss über den Betrag und die Art des festgesetzten Zolls, die betroffene Ware, das Ursprungs‑ oder Ausfuhrland, den Namen des Lieferanten, soweit dies durchführbar ist, sowie die Gründe, auf die sie sich stützen.

(3)      Die betreffenden Zölle dürfen nicht die vorläufig ermittelte oder endgültig festgestellte Dumpingspanne oder die vorläufig ermittelte oder endgültig festgestellte Höhe der Subvention übersteigen. Sie sollten niedriger sein, wenn ein geringerer Zoll ausreicht, um die Schädigung zu beseitigen.

…“

4       Am 12. Januar 1994 erließ die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Entscheidung Nr. 67/94 auf der Grundlage von Art. 11 der Grundentscheidung, der insbesondere die Befugnis, vorläufige Antidumpingzölle einzuführen, vorsieht. Die Erwägungsgründe 64, 65, 66 und 67 der Entscheidung Nr. 67/94 haben folgenden Wortlaut:

„(64) Zu diesem Zweck wurde der Preis berechnet, zu dem die betreffenden Einfuhren dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft keinen erheblichen Schaden mehr zufügen. …

(65)      Die Kommission ist der Auffassung, dass die Maßnahmen nicht nur zur Wiederherstellung lauterer Wettbewerbsbedingungen auf dem Hämatit-Roheisenmarkt beitragen, sondern gleichzeitig die Exportländer in die Lage versetzen, höhere Erlöse aus ihren Ausfuhren der betreffenden Ware zu erzielen.

(66)      Dies lässt sich nach Auffassung der Kommission in diesem Sonderfall am ehesten mit der Einführung eines Mindestpreises erreichen.

(67)      Die Kommission stellte fest, dass der vorläufige Antidumpingzoll nach Artikel 13 Absatz 3 der Entscheidung Nr. 2424/88/EGKS die festgestellten Dumpingspannen nicht übersteigen sollte, da der Mindesteinfuhrpreis, der zur Beseitigung der schadenverursachenden Auswirkungen des Dumping erforderlich ist, in jedem Fall niedriger ist als der für das betreffende Unternehmen festgestellte Normalwert.“

5       Art. 1 der Entscheidung Nr. 67/94 bestimmt:

„(1)      Auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen des KN-Codes 7201 10 19 mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine wird ein vorläufiger Antidumpingzoll eingeführt.

(2)      Der Zoll entspricht der Differenz zwischen dem Preis von 149 ECU/t (cif, unverzollt) und dem angemeldeten Zollwert in all den Fällen, in denen der angemeldete Zollwert niedriger ist als der Mindesteinfuhrpreis.

(3)      Für die Erhebung dieses Zolls sind die geltenden Zollvorschriften maßgebend.

…“

6       Der vorläufige Antidumpingzoll wurde durch die Entscheidung Nr. 1751/94/EGKS der Kommission vom 15. Juli 1994 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Hämatit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft (ABl. L 182, S. 37) bestätigt. Art. 1 Abs. 2 dieser Entscheidung bestimmt:

„Der Zoll entspricht der Differenz zwischen dem Preis von 149 ECU/t und dem anerkannten Zollwert (frei Grenze der Gemeinschaft) in all den Fällen, in denen dieser Wert niedriger ist als der vorgenannte Preis.“

 Der Zollkodex der Gemeinschaften und seine Durchführungsvorschriften

7       Der Zollkodex der Gemeinschaften bestimmt in seinen Art. 28 bis 31 Folgendes:

Artikel 28

Dieses Kapitel regelt die Ermittlung des Zollwerts für die Anwendung des Zolltarifs der Europäischen Gemeinschaften sowie anderer als zolltariflicher Maßnahmen, die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften im Warenverkehr eingeführt worden sind.

Artikel 29

(1)      Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass

d)      der Käufer und der Verkäufer nicht miteinander verbunden sind oder, wenn sie miteinander verbunden sind, der Transaktionswert gemäß Absatz 2 für Zollzwecke anerkannt werden kann.

(2)      a)     Bei der Feststellung, ob der Transaktionswert im Sinne des Absatzes 1 anerkannt werden kann, ist die Verbundenheit von Käufer und Verkäufer allein kein Grund, den Transaktionswert als unannehmbar anzusehen. Falls notwendig, sind die Begleitumstände des Kaufgeschäfts zu prüfen und ist der Transaktionswert anzuerkennen, wenn die Verbundenheit den Preis nicht beeinflusst hat. Sofern Zollbehörden jedoch aufgrund der vom Anmelder oder auf andere Art beigebrachten Informationen Grund zu der Annahme haben, dass die Verbundenheit den Preis beeinflusst hat, teilen sie dem Anmelder ihre Gründe mit und geben ihm ausreichende Gelegenheit zur Gegenäußerung. Auf Antrag des Anmelders sind ihm die Gründe schriftlich mitzuteilen.

Artikel 30

(1)      Kann der Zollwert nicht nach Artikel 29 ermittelt werden, so ist er in der Reihenfolge des Absatzes 2 Buchstaben a) bis d) zu ermitteln …

(2)      Der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert ist einer der folgenden Werte:

a)      der Transaktionswert gleicher Waren, …

b)      der Transaktionswert gleichartiger Waren, …

c)      der Wert auf der Grundlage des Preises je Einheit, zu dem die eingeführten Waren oder eingeführte gleiche oder gleichartige Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an Personen verkauft werden, die mit den Verkäufern nicht verbunden sind;

d)      der errechnete Wert, …

Artikel 31

(1)      Kann der Zollwert der eingeführten Waren nicht nach den Artikeln 29 und 30 ermittelt werden, so ist er auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln, die übereinstimmen mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln

–       des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens,

–       des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens

sowie

–       der Vorschriften dieses Kapitels.

(2)      Der nach Absatz 1 ermittelte Zollwert darf nicht zur Grundlage haben:

b)      ein Verfahren, nach dem jeweils der höhere von zwei Alternativwerten für die Zollbewertung heranzuziehen ist;

g)      willkürliche oder fiktive Werte.“

8       Die Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung) enthält einen Anhang 23 mit der Überschrift „Erläuternde Anmerkungen zur Ermittlung des Zollwerts“. Punkt 2 der in diesem Anhang enthaltenen Anmerkungen zu Art. 31 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften bestimmt:

„Als Bewertungsmethoden nach Artikel 31 Absatz 1 [dieses Zollkodex] sollen die in den Artikeln 29 und 30 Absatz 2 [dieses Zollkodex] festgelegten Methoden herangezogen werden, doch steht eine angemessene Flexibilität bei der Anwendung solcher Methoden in Einklang mit den Zielsetzungen und Bestimmungen des Artikels 31 Absatz 1.“

9       Mit dieser Durchführungsverordnung hat die Kommission ein Regelwerk zur Durchführung des Zollkodex der Gemeinschaften eingeführt. So bestimmte insbesondere Art. 147 Abs. 1 der Verordnung, wie er im Juni 1994, dem Zeitpunkt der dem nationalen Vorlageverfahren zugrunde liegenden Einfuhr der Partie Hämatit-Roheisen mit Ursprung in Russland, lautete:

„Für die Anwendung des Artikels 29 des Zollkodex [der Gemeinschaften] wird die Tatsache, dass Waren, die Gegenstand eines Verkaufs sind, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft angemeldet werden, als ausreichendes Indiz dafür angesehen, dass sie zum Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden. Dies gilt auch bei aufeinanderfolgenden Verkäufen vor der Bewertung, wobei vorbehaltlich der Artikel 178 bis 181 jeder bei einem solchen Verkauf erzielte Preis für die Bewertung herangezogen werden kann.“

10     Die Art. 178 bis 181 der Durchführungsverordnung betreffen Angaben und vorzulegende Unterlagen zur Ermittlung des Zollwerts. Die Verordnung (EG) Nr. 3254/94 der Kommission vom 19. Dezember 1994 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ABl. L 346, S. 1) fügte der Durchführungsverordnung einen Art. 181a hinzu; dieser bestimmt:

„(1)      Die Zollbehörden müssen den Zollwert von eingeführten Waren nicht auf der Grundlage des Transaktionswertes ermitteln, wenn sie unter Einhaltung des in Absatz 2 genannten Verfahrens wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis gemäß Artikel 29 des Zollkodex [der Gemeinschaften] entspricht.

(2)      In den Fällen, in denen die Zollbehörden Zweifel im Sinne von Absatz 1 haben, können sie gemäß Artikel 178 Absatz 4 zusätzliche Auskünfte verlangen. Bestehen die Zweifel fort, sollen die Zollbehörden der betroffenen Person vor einer endgültigen Entscheidung auf Verlangen schriftlich die Gründe für ihre Zweifel mitteilen und ihr eine angemessene Antwortfrist gewähren. Die abschließende mit Gründen versehene Entscheidung ist der betroffenen Person schriftlich mitzuteilen.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

11     Im Mai 1994 erwarb Carboni von der Firma Commercio Materie Prime CMP SpA (im Folgenden: CMP) mit Sitz in Genua (Italien) eine Partie Hämatit-Roheisen russischen Ursprungs, die CMP ihrerseits von der in Limassol (Zypern) ansässigen Firma OME‑DTECH Electronics Ltd (im Folgenden: OME‑DTECH) erworben hatte. Im Juni 1994 reichte die Zollagentin von Carboni, die SPA-MAT Srl, für deren Rechnung beim Zoll von Molfetta die Einfuhranmeldung für diese mit einem Wert auf der Grundlage von 151 ECU/t angemeldete Partie Hämatit-Roheisen ein, die in diesem Hafen nach Zahlung der Zölle am 14. Juni 1994 abgefertigt wurde.

12     Mit Ermittlungsprotokoll vom 16. Juli 1994 teilten die Zollbehörden Carboni durch die Zollagentin SPA-MAT mit, dass der erhobene Betrag gemäß der Entscheidung Nr. 67/94 um einen Antidumpingzoll in Höhe der Differenz zwischen dem Preis von 149 ECU/t und dem Zollwert erhöht werden müsse, da die Zollbehörden bezweifelten, dass der angemeldete Wert wahrheitsgemäß sei.

13     Carboni erbrachte durch RAS als Bürgen die Sicherheitsleistung in Höhe des verlangten Antidumpingzolls, erhob aber Klage beim Tribunale di Bari (Gericht Bari) gegen das Ministero und RAS; sie bestritt die Begründetheit der Forderung eines Antidumpingzolls und folglich die Notwendigkeit, eine Sicherheit zu leisten.

14     Carboni machte insbesondere geltend, dass der auf der von CMP erteilten Rechnung angegebene Preis von 151 ECU/t höher als der Mindesteinfuhrpreis (149 ECU/t) sei, so dass kein Antidumpingzoll zu erheben sei.

15     Das Ministero machte seinerseits geltend, dass der Einfuhranmeldung ein ungültiges Ursprungszeugnis beigefügt und der auf der Pro-forma-Rechnung von CMP angegebene Preis wenig glaubwürdig sei. Hierzu legte es dar, dass die von OME-DTECH ausgestellte Rechnung über den vorausgegangenen Verkauf einen Verkaufspreis an CMP in Höhe von 130,983 ECU/t ausweise, woraus sich eine Negativdifferenz zu dem in der Entscheidung Nr. 67/94 festgesetzten Mindesteinfuhrpreis ergebe.

16     Das Tribunale di Bari wies die Klage von Carboni mit Urteil vom 30. September 2000 u. a. mit der Begründung ab, dass der Schutz des europäischen Marktes durch die Anwendung eines Antidumpingzolls bei Verbringung in die Gemeinschaft, d. h. beim ersten Erwerb durch einen Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft, erfolgen müsse.

17     Carboni legte gegen dieses Urteil bei der Corte d’appello di Bari (Berufungsgerichtshof Bari) Berufung ein, die diese als unbegründet zurückwies. Dieses Gericht war der Auffassung, dass unter der „Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr“ im Sinne von Art. 201 des Zollkodex der Gemeinschaften die Verbringung der Ware in den Markt der Gemeinschaft zu verstehen sei, wofür auf das Handelsstadium des Erwerbs der Ware durch den ersten Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft abzustellen sei. Andernfalls könne die Antidumpingregelung leicht umgangen werden.

18     Gegen dieses Urteil erhob Carboni eine Kassationsbeschwerde bei der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof). Im Rahmen dieser Kassationsbeschwerde machte Carboni u. a. geltend, dass die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr erst zu dem Zeitpunkt erfolge, zu dem die Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft gelange, und nicht, wenn sie lediglich von einem Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft in einem Drittland erworben werde. Die Funktion des Antidumpingzolls bestehe nämlich nicht darin, das Erzeugungsland zu bestrafen, indem ihm die Ausfuhr zu einem bestimmten Preis untersagt werde, sondern darin, zu verhindern, dass eine Ware unter dem Selbstkostenpreis auf den Markt der Gemeinschaft gelange und dadurch negative Auswirkungen auf den Wettbewerb entstünden.

19     Außerdem bezog sich Carboni auf Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1751/94 und auf Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften, nach dessen Einleitung „[d]er Zollwert eingeführter Waren … der Transaktionswert [ist], das heißt der für die Waren … tatsächlich gezahlte … Preis“. Da kein Zweifel an der Echtheit der von CMP ausgestellten Rechnung über den Erwerb bestehe, sei folglich der von CMP gezahlte Betrag nicht maßgeblich, denn die Preisdifferenz zwischen den beiden Verkäufen sei durch verschiedene Faktoren gerechtfertigt, nämlich die Vergütung der Zwischenhändlertätigkeit, die Beförderungskosten und die Gefahrübernahme.

20     Nach Auffassung des Ministero ist der ratio legis der Antidumpingregelung zu entnehmen, dass die dem Markt der Gemeinschaft zugefügte Schädigung nicht nur zu dem Zeitpunkt eintrete, zu dem die unter dem Selbstkostenpreis verkauften Waren tatsächlich in das Gemeinschaftsgebiet gelangten, sondern auch dann, wenn ein Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft diese Waren zu einem Preis erwerbe, der niedriger sei als der, den andere Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft zu zahlen hätten.

21     Die Corte suprema di cassazione fragt sich, ob die Zollbehörden als Grundlage für die Anwendung eines Antidumpingzolls den Wert wählen könnten, der dem Preis entspreche, der für die Ware bei einem Verkauf festgesetzt worden sei, der dem als Grundlage für die Zollanmeldung dienenden Verkauf vorausgegangen sei, ob also, mit anderen Worten, der maßgebliche Zeitpunkt derjenige des zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft abgeschlossenen Verkaufs sei, unabhängig von der Gestellung.

22     Die Corte suprema di cassazione ist nämlich der Auffassung, es sei zu prüfen, ob der Freiheit des Wirtschaftsteilnehmers, für die Ermittlung des Zollwerts den Preis zu wählen, der für die betreffenden Waren bei einem dem Geschäft, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung erfolgt sei, vorausgehenden Geschäft gezahlt worden sei, die gleiche Befugnis der Zollverwaltung gegenüberstehe.

23     Nach der Feststellung, dass die im Rahmen des Ausgangsverfahrens aufgeworfene Rechtsfrage vom Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei, hat die Corte suprema di cassazione beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Kann die Zollbehörde nach den Grundsätzen des Zollrechts der Gemeinschaft zum Zweck der Anwendung eines Antidumpingzolls wie des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten den Preis eines dem Verkauf, auf dessen Grundlage die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkaufs derselben Waren zugrunde legen, wenn der Käufer ein Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft ist oder jedenfalls der Verkauf zur Einfuhr in die Gemeinschaft erfolgt ist?

 Zur Vorlagefrage

24     Mit der Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Zollvorschriften es den Zollbehörden für die Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls erlauben, den Zollwert auf der Grundlage des Preises zu ermitteln, der für dieselben Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde.

25     Zur Beantwortung dieser Frage ist, erstens, festzustellen, ob die Zollbehörden für die Anwendung des mit dieser Entscheidung eingeführten Antidumpingzolls allgemein den Preis zugrunde legen dürfen, der für dieselben Waren bei einem früheren Verkauf vereinbart wurde, auch wenn der angemeldete Preis dem tatsächlich vom Einführer gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht. Würde dies verneint, wäre, zweitens, zu prüfen, ob die Zollbehörden diese Befugnis zumindest im Einzelfall haben, wenn sie die Richtigkeit des in der Zollanmeldung angegebenen Preises anzweifeln.

 Zur Befugnis der Zollbehörden, für die Zwecke der Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls auf einen früheren Verkauf Bezug zu nehmen, wenn der angemeldete Preis dem tatsächlich vom Einführer gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht

26     Um die Frage zu beantworten, ob die Zollbehörden für die Zwecke der Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls den Preis zugrunde legen dürfen, der für die betreffenden Waren bei einem früheren Verkauf vereinbart wurde, auch wenn der angemeldete Preis dem vom Einführer tatsächlich gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht, ist der Ausdruck „angemeldeter Zollwert“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 auszulegen.

27     Zunächst ist festzustellen, dass der Begriff „Zollwert“ dem Zollwert der eingeführten Waren entspricht, wie dieser im Zollrecht definiert ist (vgl. entsprechend Urteil vom 29. Mai 1997, ICT, C‑93/96, Slg. 1997, I‑2881, Randnr. 14). Unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens ist Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex heranzuziehen, in dem dieser Ausdruck definiert wird als „Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis“, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den anderen einschlägigen Bestimmungen des Zollkodex der Gemeinschaften.

28     Dieser Art. 29 Abs. 1 führt aus, dass der Zollwert nur die „zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft“ verkauften Waren betrifft. Daraus folgt, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs feststehen muss, dass die Waren mit Ursprung aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden sollen (vgl. entsprechend zu Art. 3 Abs. 1 der Verordnung [EWG] Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren [ABl. L 134, S. 1] Urteil vom 6. Juni 1990, Unifert, C‑11/89, Slg. 1990, I‑2275, Randnr. 11).

29     Nach Art. 147 Abs. 1 Satz 1 der Durchführungsverordnung wird die Tatsache, dass Waren, die Gegenstand eines Verkaufs sind, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft angemeldet werden, als ausreichendes Indiz dafür angesehen, dass die oben genannte Voraussetzung erfüllt ist. Satz 2 von Art. 147 Abs. 1 in der zu dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung präzisierte, dass dieses Indiz auch bei aufeinanderfolgenden Verkäufen vor der Bewertung gilt.

30     Somit können bei aufeinanderfolgenden Verkäufen die Preise, die auf nach der Ausfuhr, aber vor der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft getätigte Verkäufe entfallen, berücksichtigt werden, um den „Transaktionswert“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften zu ermitteln (vgl. entsprechend Urteil Unifert, Randnr. 13).

31     Daraus folgt, dass es dem Einführer bei aufeinanderfolgenden Verkäufen von Waren zum Zweck ihrer Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft freisteht, unter den für jeden der Verkäufe vereinbarten Preisen denjenigen auszuwählen, den er der Ermittlung des Zollwerts der betreffenden Waren zugrunde legen will, vorausgesetzt, er ist in der Lage, den Zollbehörden für den von ihm ausgewählten Preis alle Angaben und erforderlichen Unterlagen zu liefern (vgl. entsprechend Urteil Unifert, Randnrn. 16 und 21).

32     Nach diesen Erläuterungen zur Bedeutung des Begriffs „Zollwert“, der auf das Zollrecht verweist und dem Einführer somit die in der vorstehenden Randnummer beschriebene Wahlmöglichkeit eröffnet, ist nunmehr die Bedeutung des in diesem Ausdruck enthaltenen Zusatzes „angemeldet“ zu klären, um auf die Frage der Corte suprema di cassazione zu antworten, ob die Zollverwaltung ebenfalls über eine Wahlmöglichkeit dahin verfügt, als Grundlage für die Anwendung eines Antidumpingzolls den Preis eines früheren Verkaufs heranzuziehen.

33     Mit der Hinzufügung des Wortes „angemeldet“ hebt Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 hervor, dass die Grundlage für die Anwendung eines Antidumpingzolls nicht der Zollwert als solcher ist, sondern der vom Einführer angemeldete Zollwert. Aus dieser Bestimmung ergibt sich mithin, dass die Preise der Verkäufe, die dem Verkauf vorausgehen, dessen Preis vom Einführer für die Zollanmeldung zugrunde gelegt wird, für die Anwendung des Antidumpingzolls nicht berücksichtigt werden können. Damit zeigt sich, dass schon der Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 einer Befugnis der Zollbehörden entgegensteht, den Preis des ersten Verkaufs auszuwählen, um ihn als Grundlage des Zollwerts für die Bestimmung eines Antidumpingzolls heranzuziehen.

34     Die italienische Regierung macht jedoch geltend, dass die Zollbehörden im Ausgangsverfahren den Zoll auf der Grundlage des Verkaufs von Hämatit-Roheisen von OME-DTECH an CMP hätten ermitteln dürfen, da CMP selbst ein Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft sei. Die Kommission räumt zwar ein, dass der Wortlaut der Entscheidung Nr. 67/94 keine Möglichkeit lasse, einen variablen Zoll anders als auf der Grundlage des Preises des letzten in der Zollanmeldung ausgewiesenen Geschäfts zu berechnen, weist jedoch darauf hin, dass das Ziel einer Antidumpingmaßnahme, die auf der Festsetzung eines Mindesteinfuhrpreises beruhe, leicht umgangen werden könne und dass eine „gewisse Spannung“ in der Verwendung des beim letzten Verkauf vereinbarten Preises für die Zwecke des Zollrechts auf der einen und von variablen auf einen Mindesteinfuhrpreis gestützten Antidumpingzöllen auf der anderen Seite liege.

35     Hierzu ist daran zu erinnern, dass Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 seinem Wortlaut nach ausdrücklich und unmissverständlich vorsieht, dass der Bezugspunkt für die Bestimmung eines Antidumpingzolls der angemeldete Zollwert ist. Daher ist zunächst zu prüfen, ob die von der italienischen Regierung und der Kommission vorgetragenen Argumente begründet sind und gegebenenfalls ob sie das Ergebnis, das der Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 vorgibt, in Frage stellen können.

36     Was, erstens, das Argument der italienischen Regierung hinsichtlich des Wortlauts von Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1751/94 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls betrifft, ist festzustellen, dass die Wendung „anerkannter Zollwert“ in dieser Bestimmung die schlichte Selbstverständlichkeit zum Ausdruck bringen soll, dass der vom Anmelder angegebene Preis nicht als solcher für die Ermittlung eines Antidumpingzolls verbindlich ist.

37     Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex sieht nämlich vor, dass der Zollwert, d. h. der Transaktionswert, gegebenenfalls gemäß den Art. 32 und 33 des Zollkodex berichtigt wird. Außerdem sind, wie sich z. B. aus Art. 29 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 des Zollkodex ergibt, die Zollbehörden ermächtigt, den vom Anmelder angegebenen Preis zu überprüfen und ihn gegebenenfalls abzulehnen. Daher enthält der Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1751/94 nichts, was das vom Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 vorgegebene Ergebnis in Frage stellt.

38     Zweitens macht die italienische Regierung geltend, dass den Zielen der Antidumpingregelungen Rechnung zu tragen sei und zu diesem Zweck sämtliche Etappen einer Folge von Verkäufen berücksichtigt werden müssten, wobei ein zu formalistischer Ansatz zu vermeiden sei. Bei aufeinanderfolgenden Verkäufen, die zur Überführung einer Ware in den zollrechtlich freien Verkehr führten, seien die verschiedenen Verkäufe, die im Hinblick auf die Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft erfolgt seien, als dieser Einfuhr vorgeschaltete Stadien anzusehen, so dass der Zeitpunkt, auf den für die Ermittlung des Zollwerts für die Anwendung eines Antidumpingzolls abzustellen sei, notwendigerweise dem Zeitpunkt des ersten Erwerbs der Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft entspreche, da dies der Zeitpunkt sei, zu dem diese Ware in den „Gemeinschaftskreislauf“ eintrete.

39     Wie der Generalanwalt zutreffend in den Nrn. 56 bis 58 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, ergibt sich aus den Art. 1 und 2 Abs. 1 der Grundentscheidung, dass die Antidumpingregelungen den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren bezwecken und dass ein Antidumpingzoll auf jede Ware erhoben werden kann, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht.

40     Nach diesen Bestimmungen setzt die Anwendung einer Antidumpingmaßnahme daher eine Verbringung von Waren in den Markt der Gemeinschaft voraus, die eine Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft verursacht. Die Antidumpingvorschriften betreffen nicht einen Verkauf von Waren als solchen, wie im Ausgangsverfahren den ersten Verkauf von Hämatit-Roheisen von OME-DTECH an CMP, solange diese Waren weder tatsächlich in das Zollgebiet der Gemeinschaft ausgeführt noch in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft überführt werden. Die Antidumpingzölle sollen die Dumpingspanne neutralisieren, die sich aus der Differenz zwischen dem Ausfuhrpreis nach der Gemeinschaft und dem Normalwert der Ware ergibt, und auf diese Weise die schädlichen Folgen der Einfuhr der betreffenden Waren in die Gemeinschaft beseitigen. Wie sich aus den Erwägungsgründen 64 und 67 der Entscheidung Nr. 67/94 ergibt, stellt bei Hämatit-Roheisen der Mindestpreis von 149 ECU/t das Preisniveau dar, bei dem diese Einfuhren dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft keinen erheblichen Schaden mehr zufügen.

41     Das Ziel der Antidumpingregelungen erfordert somit grundsätzlich keine Erhebung eines Antidumpingzolls, der auf der Grundlage des bei einem vorausgegangenen Verkauf der betreffenden Waren vereinbarten Preises festgesetzt wird, wenn der vom Anmelder tatsächlich gezahlte oder von ihm zu zahlende Preis genauso hoch wie der in der Antidumpingmaßnahme vorgesehene Mindestpreis oder höher als dieser ist.

42     Die italienische Regierung führt jedoch ergänzend aus, dass sich aus der Zielsetzung der Entscheidung Nr. 67/94 ergebe, dass bei aufeinanderfolgenden Verkäufen im Hinblick auf die Einfuhr in das Gebiet der Gemeinschaft, die zur Überführung einer Ware in den zollrechtlich freien Verkehr führten, der erste Erwerb der Ware durch einen Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft für die Anwendung des Antidumpingzolls maßgeblich sei. Die dem Markt der Gemeinschaft zugefügte Schädigung ergebe sich nicht nur aus der konkreten Verbringung von Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft zu einem unredlich niedrigen Preis, sondern auch daraus, dass ein Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsteilnehmern der Gemeinschaft dadurch begünstigt werde, dass er diese Waren zu einem Preis erwerbe, der niedriger als der von diesen anderen gezahlte sei.

43     Diese Argumentation setzt voraus, dass die von der Entscheidung Nr. 67/94 verfolgte Zielsetzung bei aufeinanderfolgenden Verkäufen umgangen werden könnte, selbst wenn, wie im Ausgangsverfahren, der Preis des letzten Verkaufs, in dessen Stadium die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr erfolgt, höher als der Mindesteinfuhrpreis ist.

44     Hierzu ist zu bemerken, dass allein der Umstand, dass ein Wirtschaftsteilnehmer der Gemeinschaft im Verhältnis zu anderen Wirtschaftsteilnehmern der Gemeinschaft dadurch bevorzugt sein könnte, dass er Waren zu einem Preis erwirbt, der niedriger als der von diesen anderen gezahlte ist, die Zielsetzung der Entscheidung Nr. 67/94 nicht berührt. Diese besteht nämlich nicht darin, eventuelle Gewinne der Einführer abzuschöpfen, sondern, wie sich aus ihrem 64. Erwägungsgrund ergibt, darin, zu vermeiden, dass der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft, d. h. die Erzeuger, einen erheblichen Schaden erleidet.

45     Drittens und letztens macht die italienische Regierung, unterstützt durch die Kommission, geltend, dass der von der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführte variable Antidumpingzoll leicht umgangen werden könne, insbesondere dadurch, dass ein horizontaler Preisausgleich unter Einbeziehung anderer Waren erfolge oder dass künstlich erhöhte Preise angemeldet würden.

46     In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass nach Art. 13 Abs. 2 der Grundentscheidung die Maßnahmen, mit denen ein Antidumpingzoll eingeführt wird, insbesondere Aufschluss über den Betrag und die Art des festgesetzten Zolls sowie über bestimmte andere Faktoren geben. Daraus folgt, dass die Organe innerhalb der Grenzen ihres Ermessens frei zwischen den verschiedenen Arten von Zöllen wählen können (vgl. Urteil vom 11. Juli 1990, Neotype Techmashexport/Kommission und Rat, C‑305/86 und C‑ 160/87, Slg. 1990, I‑2945, Randnr. 58). Daher verfügte die Kommission im Fall von Hämatit-Roheisen mit Ursprung in den von der Entscheidung Nr. 67/94 erfassten Ländern über die Befugnis, einen weniger leicht zu umgehenden spezifischen Zoll − eventuell in Verbindung mit einem variablen Zoll − einzuführen (vgl. in Bezug auf die Verordnung [EWG] Nr. 3068/92 des Rates vom 23. Oktober 1992 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Russland, der Ukraine und Weißrussland [ABl. L 308, S. 41] in der durch die Verordnung [EG] Nr. 643/94 des Rates vom 21. März 1994 [ABl. L 80, S. 1] geänderten Fassung Urteil des Gerichts vom 29. September 2000, International Potash Company/Rat, T‑87/98, Slg. 2000, II‑3179, Randnrn. 43 bis 48). Wie der 66. Erwägungsgrund der Entscheidung Nr. 67/94 zeigt, hat die Kommission von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und beschlossen, dass sich in dem von dieser Entscheidung erfassten Fall die mit ihr verfolgten Ziele „am ehesten mit der Einführung eines Mindestpreises erreichen [lassen]“.

47     Da ein variabler Zoll leicht umgangen und dies durch die Einführung eines spezifischen Zolls oder eine Kombination eines variablen Zolls mit einem spezifischen Zoll verhindert werden kann, kann der Umstand, dass die Kommission beschlossen hat, sich mit der Entscheidung Nr. 67/94 gleichwohl eines variablen Zolls zu bedienen, es allein nicht rechtfertigen, allgemein zum Nachteil der Einführer von der Bestimmung eines Antidumpingzolls auf der Grundlage des angemeldeten Zollwerts, wie in dieser Entscheidung vorgesehen, abzusehen.

48     Nach alledem können die von der italienischen Regierung und der Kommission vorgetragenen Argumente das ausdrücklich und eindeutig vom Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 vorgegebene Ergebnis nicht in Frage stellen (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Dezember 2005, EZB/Deutschland, C‑220/03, Slg. 2005, I‑10595, Randnr. 31).

49     Daher ist davon auszugehen, dass die Zollbehörden nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 den Zollwert für die Anwendung des mit dieser Entscheidung einführten Antidumpingzolls nicht auf der Grundlage des Preises ermitteln können, der für die betreffenden Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn der angemeldete Preis dem vom Einführer tatsächlich gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht.

 Zur Befugnis der Zollbehörden, sich für die Anwendung des durch die Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls auf einen früheren Verkauf zu beziehen, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit des in der Zollanmeldung angegebenen Preises haben

50     Um festzustellen, ob die Zollbehörden für die Anwendung eines Antidumpingzolls nach der Entscheidung Nr. 67/94 den Preis zugrunde legen dürfen, der bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn diese Behörden die Richtigkeit des in der Anmeldung angegebenen Preises bezweifeln, sind die einschlägigen Bestimmungen der Durchführungsverordnung und die Art. 29 bis 31 des Zollkodex unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines variablen Antidumpingzolls zu prüfen.

51     Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 1 Abs. 3 der Entscheidung Nr. 67/94 die geltenden Zollvorschriften maßgebend sind.

52     In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der durch die Verordnung Nr. 3254/94 eingeführte Art. 181a der Durchführungsverordnung vorsieht, dass die Zollbehörden, wenn sie begründete Zweifel daran haben, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis entspricht, den Zollwert nicht auf der Grundlage des Transaktionswerts ermitteln müssen und den angemeldeten Preis ablehnen können, sofern diese Zweifel fortbestehen, nachdem sie gegebenenfalls zusätzliche Informationen oder Dokumente verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen diese Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen.

53     Zwar war diese Bestimmung der Durchführungsverordnung noch nicht in Kraft, als die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Waren angemeldet wurden; sie kodifiziert nach den Angaben der Kommission jedoch eine auf internationaler wie auch auf Gemeinschaftsebene gängige Zollpraxis, so wie sie zu dem im Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt bestand. Außerdem sieht Art. 29 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex der Gemeinschaften dieselben Verfahrenserfordernisse vor, wenn die Zollbehörden Grund zu der Annahme haben, dass die Verbundenheit zwischen dem Käufer und dem Verkäufer den Preis beeinflusst hat. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass diese Verfahrenserfordernisse dem Bewertungssystem immanent sind.

54     Unter Hinweis auf Art. 181a der Durchführungsverordnung und die oben erwähnte zollrechtliche Praxis ist die Kommission der Auffassung, dass die italienischen Zollbehörden berechtigt gewesen seien, den Preis zugrunde zu legen, der bei einem dem Verkauf, auf dessen Grundlage der Zollwert angemeldet worden sei, vorausgegangenen Verkauf vereinbart worden sei.

55     Art. 181a der Durchführungsverordnung beschränkt sich auf die Aussage, dass die Zollbehörden „den Zollwert … nicht auf der Grundlage des Transaktionswerts ermitteln [müssen]“, bestimmt aber nicht, welcher andere Wert in diesem Fall an die Stelle des Transaktionswerts treten muss.

56     Nach den Art. 30 und 31 des Zollkodex der Gemeinschaften, die auf den mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzoll gemäß ihrem Art. 1 Abs. 3 anwendbar sind, ist der Zollwert der eingeführten Waren, wenn er nicht gemäß Art. 29 des Zollkodex der Gemeinschaften ermittelt werden kann, erst nach Art. 30 und dann nach Art. 31 zu bestimmen.

57     Daher stellt sich die Frage, ob, falls bei der in Randnr. 52 des vorliegenden Urteils erwähnten Untersuchung der reale Transaktionswert, d. h. der tatsächlich im Rahmen des Geschäfts, für das die Zollanmeldung eingereicht wurde, gezahlte oder zu zahlende Preis, nicht ermittelt werden kann, die Zollbehörden gemäß den Art. 30 und 31 des Zollkodex der Gemeinschaften den Preis eines früheren Verkaufs zugrunde legen dürfen.

58     Was zum einen Art. 30 des Zollkodex der Gemeinschaften betrifft, bezweckt dieser Artikel im Wesentlichen, den Zollwert nach einem für die betreffende Ware im Allgemeinen praktizierten Preis zu ermitteln. Die Besonderheit von Dumpingfällen besteht aber gerade in der Verbringung einer Ware auf den Markt der Gemeinschaft zu einem Preis, der niedriger ist als der auf diesem Markt praktizierte Preis. Ferner besteht die spezielle Eigenschaft eines variablen Antidumpingzolls darin, dass dieser Zoll nach Maßgabe der Differenz zwischen dem Mindesteinfuhrpreis und dem für die betreffende Ware konkret vereinbarten Preis berechnet wird. Somit kann der gemäß Art. 30 durch Bezugnahme auf allgemein gezahlte oder zu zahlende Preise ermittelte Zollwert nicht für die Anwendung eines variablen Antidumpingzolls herangezogen werden.

59     Zum anderen sieht Art. 31 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften vor, dass der Zollwert unter den in dieser Bestimmung ausgeführten Voraussetzungen auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden, die mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln der dort genannten internationalen Übereinkommen übereinstimmen, zu ermitteln ist.

60     Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung mit der gemeinschaftlichen Zollwertregelung ein gerechtes, einheitliches und neutrales System errichtet werden soll, das die Anwendung von willkürlichen oder fiktiven Zollwerten ausschließt (Urteile Unifert, Randnr. 35, vom 19. Oktober 2000, Sommer, C‑15/99, Slg. 2000, I‑8989, Randnr. 25, und vom 16. November 2006, Compaq Computer International Corporation, C‑306/04, Slg. 2006, I‑10991, Randnr. 30), und dass diese Zielsetzung den Erfordernissen der Handelspraxis Rechnung trägt (Urteil vom 25. Juli 1991, Hepp, C‑299/90, Slg. 1991, I‑4301, Randnr. 13). Nach Punkt 2 der im Anhang 23 der Durchführungsverordnung enthaltenen erläuternden Anmerkungen zur Ermittlung des Zollwerts zu Art. 31 Abs. 1 des Zollkodex sind die gemäß Art. 31 Abs. 1 heranzuziehenden Bewertungsmethoden die in den Art. 29 und 30 Abs. 2 dieses Zollkodex festgelegten Methoden, doch steht eine „angemessene Flexibilität“ bei der Anwendung dieser Methoden im Einklang mit den Zielsetzungen und den Bestimmungen des Art. 31 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften.

61     Unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, zur Anwendung eines variablen Antidumpingzolls einen Zollwert zu ermitteln, und der in Punkt 2 dieser Anmerkungen erwähnten „angemessenen Flexibilität“ kann der Preis, der bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, als eines der in der Gemeinschaft verfügbaren Daten angesehen werden, das der Ermittlung des Zollwerts gemäß Art. 31 Abs. 1 des Zollkodex der Gemeinschaften zugrunde gelegt werden kann. Angesichts der in Randnr. 58 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Besonderheit eines variablen Antidumpingzolls ist die Zugrundelegung dieses Preises nämlich ein im Sinne des Art. 31 Abs. 1 „angemessenes“ Mittel zur Ermittlung dieses Werts und stimmt zugleich mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln der internationalen Übereinkommen sowie der in Art. 31 Abs. 1 angeführten Vorschriften überein.

62     Gemäß Art. 31 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex der Gemeinschaften darf der nach Abs. 1 ermittelte Zollwert kein Verfahren zur Grundlage haben, nach dem jeweils der höhere von zwei Alternativwerten für die Zollbewertung heranzuziehen ist. Bezogen auf einen Kontext, in dem es um einen variablen Antidumpingzoll geht, schließt diese Bestimmung ein Verfahren aus, das die Annahme des geringsten Werts vorsieht. Im Übrigen schließt Art. 31 Abs. 2 Buchst. g des Zollkodex der Gemeinschaften aus, dass der Zollwert willkürliche oder fiktive Werte zur Grundlage hat.

63     Daher ist klarzustellen, dass der für die Ermittlung eines variablen Antidumpingzolls maßgebliche Zollwert dem Preis entspricht, der bei dem früheren Verkauf, der dem Verkauf am nächsten liegt, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vereinbart wurde und in Bezug auf dessen Richtigkeit für die Zollbehörden kein objektiver Grund für Zweifel besteht.

64     Nach alledem ist auf die Frage zu antworten, dass die Zollbehörden nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94 den Zollwert für die Anwendung des durch diese Entscheidung eingeführten variablen Antidumpingzolls nicht auf der Grundlage des Preises ermitteln können, der für die betreffenden Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung abgegeben wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn der angemeldete Preis dem tatsächlich vom Einführer gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht. Haben die Zollbehörden begründete Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Werts, können sie, wenn ihre Zweifel bestätigt werden, nachdem sie zusätzliche Auskünfte verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen ihre Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen, nach Art. 31 des Zollkodex der Gemeinschaften den Zollwert für die Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls unter Zugrundelegung des Preises berechnen, der für die betreffenden Waren bei dem früheren Verkauf, der dem Verkauf am nächsten liegt, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vereinbart wurde und in Bezug auf dessen Richtigkeit für die Zollbehörden kein objektiver Grund für Zweifel besteht.

 Kosten

65     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

Nach Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 67/94/EGKS der Kommission vom 12. Januar 1994 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von H[ä]matit-Roheisen mit Ursprung in Brasilien, Polen, Russland und der Ukraine in die Gemeinschaft können die Zollbehörden den Zollwert für die Anwendung des mit dieser Entscheidung eingeführten Antidumpingzolls nicht auf der Grundlage des Preises ermitteln, der für die betreffenden Waren bei einem dem Verkauf, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vorausgegangenen Verkauf vereinbart wurde, wenn der angemeldete Preis dem vom Einführer tatsächlich gezahlten oder von ihm zu zahlenden Preis entspricht.

Haben die Zollbehörden begründete Zweifel an der Richtigkeit des angemeldeten Werts, können sie, wenn ihre Zweifel bestätigt werden, nachdem sie zusätzliche Auskünfte verlangt und der betroffenen Person angemessen Gelegenheit gegeben haben, zu den Gründen, auf denen ihre Zweifel beruhen, Stellung zu nehmen, nach Art. 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften den Zollwert für die Anwendung des mit der Entscheidung Nr. 67/94 eingeführten Antidumpingzolls unter Zugrundelegung des Preises berechnen, der für die betreffenden Waren bei dem früheren Verkauf, der dem Verkauf am nächsten liegt, für den die Zollanmeldung eingereicht wurde, vereinbart wurde und in Bezug auf dessen Richtigkeit für die Zollbehörden kein objektiver Grund für Zweifel besteht.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Italienisch.

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