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Document 62005CC0429

    Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 29. März 2007.
    Max Rampion und Marie-Jeanne Godard, verehelichte Rampion gegen Franfinance SA und K par K SAS.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal d'instance de Saintes - Frankreich.
    Richtlinie 87/102/EWG - Verbraucherkredit - Berechtigung des Verbrauchers, im Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung des Vertrags, der die durch den Kredit finanzierten Waren oder Dienstleistungen zum Gegenstand hat, Rechte gegen den Kreditgeber geltend zu machen - Voraussetzungen - Angabe der finanzierten Ware oder Dienstleistung im Kreditangebot - Krediteröffnung, die eine wiederholte Nutzung des gewährten Kredits erlaubt - Befugnis des innerstaatlichen Gerichts, den Anspruch des Verbrauchers, Rechte gegen den Kreditgeber geltend zu machen, von Amts wegen zu berücksichtigen.
    Rechtssache C-429/05.

    Sammlung der Rechtsprechung 2007 I-08017

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2007:199

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    PAOLO MENGOZZI

    vom 29. März 20071(1)

    Rechtssache C‑429/05

    Max Rampion

    und

    Marie-Jeanne Godard, verehelichte Rampion,

    gegen

    Franfinance SA

    und

    K par K SAS

    (Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal d’instance de Saintes [Frankreich])

    „Richtlinie 87/102/EWG – Verbraucherkredit – Gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung oder Erbringung der finanzierten Waren oder Dienstleistungen – Voraussetzungen – Nennung der finanzierten Waren oder Dienstleistungen im Kreditvertrag – Anwendung der zur Durchführung der Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag von Amts wegen durch die nationalen Gerichte“





    I –    Einleitung

    1.        Das Tribunal d’instance de Saintes (Frankreich) hat mit Urteil vom 16. November 2005 dem Gerichtshof gemäß Art. 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit(2) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

    2.        Der Gerichtshof ist zum einen aufgerufen zu klären, ob die Art. 11 und 14 der Richtlinie 87/102 es zulassen, dass nationale Rechtsvorschriften, die zur Umsetzung der Richtlinie erlassen worden sind, Bestimmungen über die gegenseitige Abhängigkeit zwischen dem Kreditvertrag und dem Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, deren Erwerb über diesen Kreditvertrag finanziert wird, enthalten, die Anwendung dieser Bestimmungen von der Nennung der finanzierten Waren oder Dienstleistungen im erstgenannten Vertrag abhängig machen. Zum anderen soll der Gerichtshof klären, welche Zwecke die Richtlinie 87/102 hat und ob aufgrund des Gemeinschaftsrechts davon auszugehen ist, dass das nationale Gericht die besagten nationalen Rechtsvorschriften von Amts wegen anwenden kann, auch wenn diese Anwendung von Amts wegen durch nationales Recht ausgeschlossen wird.

    II – Der rechtliche Rahmen der Vorlage

    A –    Die Gemeinschaftsvorschriften

    3.        Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 Buchst. c der Richtlinie 87/102 findet diese „auf Kreditverträge Anwendung“, d. h. auf Verträge, bei denen „ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht“; ausgeschlossen sind jedoch die in Art. 2 dieser Richtlinie genannten Kreditverträge.

    4.        Art. 4 der Richtlinie 87/102 legt in Abs. 1 für Kreditverträge die Schriftform fest und bestimmt in Abs. 2 Buchst. a, dass in der Vertragsurkunde der effektive Jahreszins anzugeben ist. Art. 4 Abs. 3 bestimmt, dass „[d]ie Vertragsurkunde … auch die übrigen wesentlichen Vertragsbestimmungen enthalten [soll]“, und verweist darauf, dass sich „[i]m Anhang … als Beispiel eine Liste solcher Angaben [findet], deren Aufnahme in den schriftlichen Vertrag von den Mitgliedstaaten als wesentlich vorgeschrieben werden kann“.

    5.        Art. 11 der Richtlinie 87/102 bestimmt:

    „(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass das Bestehen eines Kreditvertrages in keiner Weise die Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Lieferanten von Waren bzw. Erbringer von Dienstleistungen beeinträchtigt, falls die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen, die mit Hilfe dieses Kreditvertrages erworben werden, nicht geliefert bzw. erbracht werden oder in anderer Weise nicht vertragsmäßig sind.

    (2) Wenn

    a)      für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen ein Kredit mit einer anderen Person als dem Lieferanten vereinbart worden ist und

    b)      zwischen dem Kreditgeber und dem Lieferanten der Waren oder Dienstleistungen eine vorherige Abmachung besteht, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des betreffenden Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden, und

    c)      der unter Buchstabe a) genannte Verbraucher seinen Kredit im Rahmen dieser vorherigen Abmachung erhält und

    d)      die unter den Kreditvertrag fallenden Waren oder Dienstleistungen nicht oder nur teilweise geliefert werden oder dem Liefervertrag nicht entsprechen und

    e)      der Verbraucher seine Rechte gegen den Lieferanten erfolglos geltend gemacht hat,

    ist der Verbraucher berechtigt, Rechte gegen den Kreditgeber geltend zu machen. Die Mitgliedstaaten bestimmen, wie weit und unter welchen Bedingungen diese Rechte geltend gemacht werden können.

    …“

    6.        Art. 14 der Richtlinie 87/102 bestimmt schließlich:

    „(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kreditverträge von den zur Anwendung dieser Richtlinie ergangenen oder dieser Richtlinie entsprechenden innerstaatlichen Vorschriften nicht zum Nachteil des Verbrauchers abweichen.

    (2) Die Mitgliedstaaten stellen ferner sicher, dass die Vorschriften, die sie gemäß dieser Richtlinie verabschieden, nicht durch eine besondere Gestaltung der Verträge, insbesondere eine Aufteilung des Kreditbetrags auf mehrere Verträge, umgangen werden.“

    B –    Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften

    7.        Im französischen Recht war der Verbraucherkredit ursprünglich im Gesetz Nr. 78-22 vom 10. Januar 1978(3) geregelt. Diese Regelung, die vor der Richtlinie 87/102 in Geltung war und in der Folge durch das Gesetz Nr. 89-421 vom 23. Juni 1989(4) ergänzt wurde, ist zuletzt in Buch III Titel I Kapitel I des Code de la consommation (Verbrauchergesetzbuch; im Folgenden: Gesetzbuch) nach Maßgabe des Gesetzes Nr. 93-949 vom 26. Juli 1993(5) und der Verordnung Nr. 97-298 vom 27. März 1997(6) aufgegangen.

    8.        Gemäß Art. L. 311-2 des Gesetzbuchs gelten die Vorschriften des Kapitels I „für Kreditgeschäfte einschließlich etwaiger mit diesen zusammenhängender Bürgschaften, die von natürlichen oder juristischen Personen entgeltlich oder unentgeltlich gewährt werden“(7).

    9.        Gemäß Art. L. 311-8 des Gesetzbuchs müssen Kreditgeschäfte im Sinne von Art. L. 311-2 des Gesetzbuchs aufgrund eines voraufgehenden Angebots an den Kreditnehmer geschlossen werden, das gemäß Art. L. 311‑10 des Gesetzbuchs neben den anderen Einzelpunkten des Kreditvertrags „gegebenenfalls den effektiven Jahreszinssatz“ angeben (Punkt 2), außer auf die anderen Bestimmungen des Gesetzbuchs „gegebenenfalls auch auf die Art. L. 311‑20 bis L. 311‑31 und L. 311‑13“ hinweisen (Punkt 3) und schließlich „gegebenenfalls die finanzierte Ware oder Dienstleistung“ angeben muss (Punkt 4).

    10.      Gemäß Art. L. 313‑13 des Gesetzbuchs ist das „voraufgehende Kreditangebot … nach Maßgabe der in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Bedingungen nach einem der Mustermodelle abzufassen, die vom Ausschuss für Bankenregulierung nach Anhörung des nationalen Verbraucherrats beschlossen worden sind“. Art. R. 311‑6 des Gesetzbuchs bestimmt seinerseits, dass „das voraufgehende Kreditangebot im Sinne des Art. L. 311‑8 die Angaben des Mustermodells enthalten [muss], das von allen im Anhang dieses Gesetzbuchs angeführten dem angebotenen Kreditgeschäft entspricht“.

    11.      Die Art. L. 311‑20 bis L. 311‑28 des Gesetzbuchs legen sodann eine besondere Regelung für „zweckgebundene Kredite“ fest, die durch eine gewisse gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Liefervertrag gekennzeichnet sind, die sowohl beim Abschluss als auch bei der Erfüllung dieser Verträge zutage tritt.

    12.      Im Einzelnen bestimmt Art. L. 311‑20 des Gesetzbuchs ausdrücklich: „Wenn in dem voraufgehenden Angebot die finanzierte Ware oder Dienstleistung genannt wird, so werden die Pflichten des Kreditnehmers erst mit dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung wirksam.“

    13.      Ferner bestimmt Art. L. 311‑21 Abs. 1 des Gesetzbuchs:

    „Bei Streit um die Erfüllung des Hauptvertrags kann das Gericht bis zur Entscheidung des Rechtsstreits die Erfüllung des Kreditvertrags aussetzen. Dieser wird von Rechts wegen aufgelöst oder aufgehoben, wenn der Vertrag, für den er abgeschlossen wurde, seinerseits gerichtlich aufgelöst oder aufgehoben wird.“

    14.      Schließlich ahndet Art. L. 311‑33 des Gesetzbuchs, der für alle Kreditgeschäfte im Sinne des Art. L. 311‑2 gilt, die Nichtbeachtung der Formalitäten im Sinne von Art. L. 311‑8 bis Art. L. 311‑13 durch den Kreditgeber mit dem Entzug des Rechts auf Zinszahlung, der die Beschränkung der Pflicht des Kreditnehmers auf die bloße Rückzahlung des Kapitals zur Folge hat, die nach dem vereinbarten Zeitplan zu erfolgen hat.

    III – Sachverhalt, Vorabentscheidungsfragen und Ablauf des Verfahrens

    15.      Im Ausgangsrechtsstreit stehen sich Herr Max Rampion und Frau Marie-Jeanne Godard, verehelichte Rampion (im Folgenden: Eheleute Rampion), einerseits und die Franfinance SA sowie die K par K SAS (im Folgenden: KpK) andererseits gegenüber.

    16.      Aufgrund einer Privaturkunde, die die Eheleute Rampion nach einem Besuch eines Vertreters von KpK am 5. September 2003 bei ihnen zuhause unterzeichneten, erwarben diese von KpK zu einem Preis von insgesamt 6 150 Euro mehrere Fenster, deren Lieferung und Einbau nach dem Liefervertrag binnen sechs bis acht Wochen nach Aufmaß durch den Vermessungstechniker erfolgen sollten. Im Liefervertrag war ferner die Möglichkeit erwähnt, von Franfinance einen Kredit zur vollständigen Finanzierung des Erwerbs zu erhalten.

    17.      Am selben Tag vereinbarten die Eheleute Rampion mit Franfinance einen Krediteröffnungsvertrag mit einem Kreditlimit von 6 150 Euro; diesem Vertrag ließ sich allerdings zwar der Lieferant KpK, nicht aber die Art der Ware oder Dienstleistung entnehmen, deren Erwerb finanziert wurde.

    18.      Am 27. November 2003, der für Lieferung und Einbau der Fenster bestimmt war, stellten die Eheleute Rampion fest, dass die Fensterbrüstungen und -zargen, an denen KpK die Fenster anbringen sollte, von Parasiten befallen waren. Am 5. Januar 2004 teilten sie daher KpK durch Einschreiben mit Rückschein mit, dass sie den Liefervertrag auflösen wollten.

    19.      Nachdem sie auf ihren Wunsch nach Vertragsauflösung keine ihnen befriedigend erscheinende Antwort erhalten hatten, verklagten die Eheleute Rampion mit Schriftsätzen vom 29. Oktober und vom 2. November 2004 KpK und Franfinance beim Tribunal d’instance de Saintes (im Folgenden: vorlegendes Gericht) mit dem Antrag, den genannten Liefervertrag – mit der daraus folgenden Auflösung des Kreditvertrags – für nichtig zu erklären oder hilfsweise ihn wegen Nichterfüllung seitens des Lieferanten aufzulösen.

    20.      Zum Antrag auf Nichtigerklärung des Liefervertrags machten die Eheleute Rampion unter Hinweis auf die Formulierung der Klausel über die Lieferfrist als bloßer Potestativbedingung geltend, dass dieser Vertrag wegen fehlender Angabe eines genauen Liefertermins, wie ihn Art. L. 114‑1 des Gesetzbuchs fordere, nichtig sei.

    21.      Zum Antrag auf Auflösung wegen Nichterfüllung des Liefervertrags führten die Eheleute Rampion aus, da KpK es versäumt habe, eine vorherige Prüfung der Haltbarkeit des Unterbaus durchzuführen und seinen Austausch vorzusehen, habe sie gegen die ihr obliegende Beratungspflicht („obligation de conseil“) verstoßen.

    22.      Sowohl KpK als auch Franfinance ließen sich auf die Klage ein und beantragten die Abweisung der Anträge der Kläger; sie machten im Wesentlichen Folgendes geltend:

    –        Die Angabe „sechs bis acht Wochen nach Aufmaß“ genüge den Anforderungen nach Art. L. 114‑1 des Gesetzbuchs.

    –        Der Kredit sei nicht vertraglich an den Vertrag über die Lieferung der Fenster gebunden gewesen, weil, auch wenn man davon absehe, dass der im vorliegenden Fall abgeschlossene Kreditvertrag eine Krediteröffnung gewesen sei, die Anwendung der Vorschriften des Gesetzbuchs über die gegenseitige Abhängigkeit von Liefer‑ und Kreditvertrag gemäß Art. L. 311‑20 des Gesetzbuchs von der Nennung der verkauften Ware im voraufgehenden Kreditangebot abhängig gewesen sei, an der es aber im vorliegenden Fall gefehlt habe.

    23.      Mit Zwischenurteil vom 1. Juni 2005 hat das vorlegende Gericht die Verhandlung wiedereröffnet, um die Erklärungen der Parteien zu einigen der in dieser Entscheidung von Amts wegen berücksichtigten Klagegründe nach Maßgabe der Art. L. 311‑8 ff. des Gesetzbuchs über den Verbraucherkredit und Art. L. 121‑21 ff. des Gesetzbuchs über den Haustürverkauf entgegenzunehmen.

    24.      Das vorlegende Gericht hat es nach Anhörung der Parteien mit Urteil vom 16. November 2005 (im Folgenden: Vorlageurteil) für erforderlich erklärt, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen, um den Rechtsstreit entscheiden zu können.

    25.      Erstens hat das vorlegende Gericht auf Folgendes hingewiesen:

    –        Im innerstaatlichen Recht seien die Bestimmungen des Art. 11 der Richtlinie 87/102 durch die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs umgesetzt worden.

    –        Nach einem Teil der Lehre müsse der Kreditgeber dann, wenn er Kenntnis von der Bestimmung eines Kredits zur Finanzierung des Erwerbs von Waren oder Dienstleistungen hat, dem Darlehensnehmer ein Kreditangebot unterbreiten, das den Kredit diesem Erwerb zuordne.

    –        Die Cour de cassation lege Art. L. 311‑20 des Gesetzbuchs wörtlich aus und mache die Anwendung der Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag von der Erwähnung der finanzierten Ware oder Dienstleistung im Kreditangebot abhängig.

    –        Im vorliegenden Fall bestehe, obwohl im Kreditvertrag die Verbindung mit dem Liefervertrag nicht erwähnt sei, eine Verbindung zwischen den beiden Verträgen, auch wenn Lieferer und Kreditgeber dies verneinten, allerdings nicht schlüssig dargelegt hätten, dass die Eheleute Rampion das Darlehen für andere Finanzierungen hätten verwenden wollen.

    –        Die Vereinbarung einer nicht zweckgebundenen Kreditgewährung anstelle eines persönlichen Kredits könne es dem Kreditgeber ermöglichen, die in Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs festgelegten Rechte des Verbrauchers zu umgehen und die mit der gegenseitigen Abhängigkeit von Kreditvertrag und Liefervertrag verbundenen Einschränkungen und Folgekosten zu vermeiden, aber auch höhere Zinsen als bei einem zweckgebundenen persönlichen Kredit zu verlangen, weil die Wucherschwelle nicht dieselbe sei.

    26.      Zweitens hat das vorlegende Gericht ausgeführt:

    –        Die Bestimmungen der Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung oder Erbringung der Waren oder Dienstleistungen seien von den Klägern nicht geltend gemacht worden.

    –        Die Rechtsprechung der Cour de cassation gestatte es einem Gericht nicht, solche sich aus der Regelung über den Verbraucherkredit ergebende Gründe von Amts wegen zu prüfen, da sie zwischen „zwingenden Steuerungsnormen“ – die im Allgemeininteresse festgelegt würden und vom Gericht von Amts wegen aufgegriffen werden könnten – und „zwingenden Schutznormen“ unterscheide – die im Interesse einer Personengruppe aufgestellt würden und nur von Personen aus dieser Gruppe geltend gemacht werden könnten – und davon ausgehe, dass der Verbraucherkredit zur zweiten Gruppe gehöre, da er ausschließlich am Interesse der Verbraucher ausgerichtet sei(8).

    –        Man müsse sich allerdings fragen, ob die Rechtsprechung des Gerichtshofs(9), die dem Richter die Befugnis einräume, Klauseln, die auf Vorschriften der Richtlinie 93/13/EWG(10) zurückgingen, von Amts wegen zu prüfen, nicht entgegen der Rechtsprechung der Cour de cassation(11) und entsprechend dem Vorschlag eines Teils des Schrifttums auch auf andere Regelungen zum Schutz des Verbrauchers wie etwa die über den Verbraucherkredit ausgedehnt werden müsse.

    –        Zuvor müsse eine Untersuchung der Zwecke der Richtlinie 87/102 durchgeführt werden, die klären solle, ob die Regelung des Verbraucherkredits nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers allein im Interesse der Verbraucher getroffen worden sei oder auch weiter gefasste Ziele der Marktorganisation verfolge.

    27.      Das vorlegende Gericht hat daher das bei ihm anhängige Verfahren ausgesetzt, um dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.      Sind die Art. 11 und 14 der Richtlinie 87/102/EWG dahin auszulegen, dass der Richter die Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit des Kreditvertrags und des mit diesem Kredit finanzierten Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung von Dienstleistungen anwenden kann, wenn der Kreditvertrag keine Angaben über die finanzierte Ware enthält oder in Form einer Kreditgewährung ohne Angabe der finanzierten Ware abgeschlossen worden ist?

    2.      Hat die Richtlinie 87/102/EWG eine über den bloßen Verbraucherschutz hinausgehende, sich auf die Marktorganisation erstreckende Zielsetzung, die es dem Richter erlaubt, ihre Bestimmungen von Amts wegen anzuwenden?

    28.      Schriftliche Erklärungen haben gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs Franfinance, die österreichische, die französische, die italienische, die spanische und die deutsche Regierung sowie die Kommission eingereicht.

    29.      In der Sitzung vom 8. Februar 2007 haben die Vertreter von Franfinance, der französischen Regierung und der Kommission mündliche Erklärungen abgegeben.

    IV – Rechtliche Untersuchung

    A –    Zur ersten Vorabentscheidungsfrage

    1.      Vorerwägungen

    30.      Ich weise vor allem anderen darauf hin, dass die erste dem Gerichtshof vorgelegte Frage, so wie sie das vorlegende Gericht formuliert hat, nicht klar erkennen lässt, ob die Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit des Kreditvertrags und des Vertrags über die Lieferung oder Erbringung von Waren oder Dienstleistungen, die dieses Gericht gegebenenfalls auch ohne Nennung des finanzierten Gegenstands im Kreditvertrag anwenden würde, nun die der Richtlinie selbst oder aber die nationalen Vorschriften zu deren Umsetzung sind.

    31.      Insoweit muss darauf hingewiesen werden, dass es sich im vorliegenden Fall – er betrifft einen Rechtsstreit zwischen Privatpersonen – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht um die Vorschriften der Richtlinie selbst handeln kann. Eine Richtlinie kann nämlich nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist und sogar eine klare, genaue und unbedingte Richtlinienbestimmung, nach der Privaten Rechte gewährt oder Verpflichtungen auferlegt werden sollen, im Rahmen eines Rechtsstreits, in dem sich ausschließlich Private gegenüberstehen, nicht als solche Anwendung finden kann(12).

    32.      Die erste Frage ist somit dahin zu verstehen – und nur so verstanden zulässig –, dass sie auf eine Auslegung der Art. 11 und 14 der Richtlinie 87/102 gerichtet ist, die nicht auf deren unmittelbare Anwendung im vorliegenden Fall abzielt, sondern es dem Gericht ermöglichen soll, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit‑ und Liefervertrag entsprechend den Anforderungen der genannten Artikel auszulegen und anzuwenden.

    33.      Nach ständiger Rechtsprechung obliegen nämlich die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, und die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Art. 10 EG, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten(13). Bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts muss das nationale Gericht das innerstaatliche Recht außerdem so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks dieser Richtlinie auslegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 249 Abs. 3 EG nachzukommen(14).

    34.      Die im Vorlageurteil genannten Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Kredit‑ und Liefervertrag sind die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs. Wie das vorlegende Gericht selbst angibt, setzt die Anwendung dieser Vorschriften in der Auslegung der Cour de cassation voraus, dass die finanzierte Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag angeführt wird.

    35.      Es ist daher von Nutzen, darauf hinzuweisen, dass die Pflicht des nationalen Gerichts, das innerstaatliche Recht anhand des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auszulegen, die „so weit wie möglich“ geht, also nur in den Fällen greift, in denen der Wortlaut der Regelung Raum für unterschiedliche Auslegungen lässt. Diese Pflicht geht ihrem Umfang nach demnach nicht so weit, dass sie eine Auslegung des innerstaatlichen Rechts contra legem erforderlich machen würde(15).

    36.      Somit obliegt dem vorlegenden Gericht die Prüfung, ob die besagten Vorschriften des Gesetzbuchs auch anders, als dies die Cour de cassation tut, und doch nicht contra legem ausgelegt und damit auf einen Fall wie den vorliegenden angewandt werden können, in dem es unstreitig an der Nennung des finanzierten Gegenstands im Kreditvertrag fehlt(16).

    37.      Insoweit darf auch darauf hingewiesen werden, dass nach Auffassung des Gerichtshofs der Grundsatz der gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts zwar in erster Linie die zur Umsetzung der fraglichen Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Bestimmungen betrifft, sich jedoch nicht auf die Auslegung dieser Bestimmungen beschränkt, sondern verlangt, dass das nationale Gericht das gesamte nationale Recht berücksichtigt, um zu beurteilen, inwieweit es so angewendet werden kann, dass es nicht zu einem der Richtlinie widersprechenden Ergebnis führt(17). Ermöglicht es das nationale Recht durch die Anwendung seiner Auslegungsmethoden, eine innerstaatliche Bestimmung unter bestimmten Umständen so auszulegen, dass eine Kollision mit einer anderen Norm innerstaatlichen Rechts vermieden wird, oder die Reichweite dieser Bestimmung zu diesem Zweck einzuschränken und sie nur insoweit anzuwenden, als sie mit dieser Norm vereinbar ist, so ist das nationale Gericht verpflichtet, die gleichen Methoden anzuwenden, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen(18).

    38.      Da feststeht, dass die Art. 11 und 14 der Richtlinie 87/102 im vorliegenden Fall nicht unmittelbar angewandt werden können und die Entscheidung im Ausgangsverfahren nach der nationalen Regelung zu treffen ist, die so weit wie möglich in Übereinstimmung mit Wortlaut und Zweck der Richtlinie 87/102 auszulegen ist, könnte die Vorabentscheidungsfrage, die unter dem Blickwinkel einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts zulässig ist(19), wie folgt umformuliert werden:

    Verlangen die Art. 11 und 14 der Richtlinie 87/102, dass die nationalen Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung oder Erbringung von Waren oder Dienstleistungen, die zur Umsetzung des Art. 11 dieser Richtlinie erlassen wurden, auch dann angewandt werden können müssen, wenn im Kreditvertrag die Ware oder die Dienstleistung, deren Erwerb finanziert wird, nicht genannt ist?

    2.      Zur Beantwortung der Frage

    39.      Die schriftlichen Erklärungen, die von den einzelnen am Verfahren beteiligten Regierungen und der Kommission eingereicht worden sind, sprechen sich alle für eine Bejahung dieser Frage aus. Diese Beteiligten weisen darauf hin, dass Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102 das Recht des Verbrauchers, gegen den Kreditgeber vorzugehen, von einer Reihe von Voraussetzungen abhängig mache, zu denen die Nennung der finanzierten Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag nicht gehöre, und dass Art. 14 Abs. 2 derselben Richtlinie die Auslegung stütze, wonach Art. 11 Abs. 2 die Mitgliedstaaten nicht ermächtige, eine solche Voraussetzung einzuführen, die es ermöglichen würde, die Vorschriften des Verbraucherschutzes über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag zu umgehen.

    40.      Franfinance geht das Problem von einer anderen Seite an. Ihrer Meinung nach wirft die erste Frage das Problem der Anwendbarkeit der Bestimmungen des Art. 11 der Richtlinie 87/102 über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag auf einen Krediteröffnungsvertrag wie den im vorliegenden Fall auf(20). Diese Frage müsse verneint werden, weil der besagte Art. 11 ebenso wie Art. 7 derselben Richtlinie(21) nur die zweckgebundenen Kredite oder diejenigen betreffe, in denen der Verbraucher nur einen Erwerb vollziehe und diesen mit einem Kredit finanziere; diese Fallgestaltung müsse klar von derjenigen unterschieden werden, bei der der Verbraucher anlässlich eines Erwerbs einen Dauerkredit erhalte, der es ihm erlaube, bei dem Lieferanten oder anderen diesem angeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern weitere Erwerbsvorgänge durchzuführen (begleitende Krediteröffnung für mehrere Erwerbsvorgänge). Die Benutzung des in der Einzahl stehenden Ausdrucks „Liefervertrag“ (Anm. des Übers.: in der italienischen Fassung wörtlich: „betreffenden Liefervertrag“) in Art. 11 Abs. 2 Buchst. d sei kennzeichnend dafür, dass es einen den Bestimmungen dieses Artikels unterworfenen zweckgebundenen Kredit nach dieser Vorschrift nur geben könne, wenn der Kredit einen einzigen Erwerbsvorgang finanzieren solle.

    41.      Die fehlende Nennung der finanzierten Ware oder Dienstleistung in einem Krediteröffnungsvertrag wie dem im vorliegenden Fall wäre angesichts der Natur dieses Vertrags vollkommen folgerichtig, die einer bestimmten Entscheidung und einem bestimmten Bedürfnis des Verbrauchers entspräche, der den Kredit in den Grenzen des getilgten Betrags erneut verwenden könnte. Es würde sich dann, wie sich übrigens aus Art. II der auf der Rückseite des voraufgehenden Angebots abgedruckten Bedingungen ergebe, um die Eröffnung eines Kontokorrentkredits handeln.

    42.      Franfinance ergänzt, dass im französischen Recht die Nennung der finanzierten Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag eine Voraussetzung dafür sei, den Kredit als zweckgebunden behandeln und auf ihn die Regeln der Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 über die gegenseitige Abhängigkeit anwenden zu können. Es handele sich um ein Tatbestandsmerkmal, das der nationale Gesetzgeber in Ausübung der ihm durch Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 87/102 übertragenen Befugnis festgelegt habe, der zufolge insbesondere bestimmt werden könne, „unter welchen Bedingungen“ das Recht des Verbrauchers, gegen den Kreditgeber vorzugehen, ausgeübt werden könne; diese Bedingungen könnten vom Gerichtshof nur beanstandet werden, wenn sie geeignet seien, den Vorschriften der Richtlinie ihre Substanz zu nehmen, was jedoch mit Bezug auf den vorliegenden Sachverhalt nicht festgestellt werden könne.

    43.      Bei der Beantwortung der ersten Frage ist es meines Erachtens angezeigt, zunächst die Frage der Einstufung des von den Eheleuten Rampion unterzeichneten Kreditvertrags und der Erheblichkeit des Art. 14 der Richtlinie 87/102, dann die Frage des Anwendungsbereichs des Art. 11 derselben Richtlinie und schließlich die Auslegung zu behandeln, die die Bestimmungen eben dieses Art. 11 in Bezug auf die erwähnte Nennung der finanzierten Ware oder Dienstleistung zu erfahren haben.

    a)      Rechtsnatur des fraglichen Kreditvertrags und Art. 14 der Richtlinie 87/102

    44.      Franfinance legt Nachdruck darauf, dass der von ihr mit den Eheleuten Rampion geschlossene Vertrag sich nicht auf einen zweckgebundenen Kredit, sondern auf die Eröffnung eines Kredits beziehe, dass er einem der Modellvertragstypen der Art. L. 313‑13 und R. 311‑6 des Gesetzbuchs entspreche und dass er nicht den Regeln der Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs über die gegenseitige Abhängigkeit unterliege.

    45.      Das vorlegende Gericht stellt in seinem Vorlageurteil fest, dass sich KpK und Franfinance auf die Form des Kreditvertrags (Art. L. 311‑20) berufen, um jedwede Verbindung zwischen Kredit- und Liefervertrag im vorliegenden Fall abzustreiten. Das vorlegende Gericht unterstreicht jedoch zur Bestätigung des Vorliegens einer offensichtlichen Verbindung der beiden Verträge, dass der Kreditvertrag am selben Tag wie der Liefervertrag unterzeichnet worden sei, mit einer dem Kaufpreis entsprechenden Betragsobergrenze und einer Ausnutzung des Restbetrags nach Abzug der Anzahlung auf den Kaufpreis, wenn diese erbracht ist, dass das Kreditangebot die Person des Lieferanten benenne und dass im Liefervertrag festgelegt sei, dass Franfinance die Anzahlung von 10 % des Lieferpreises vom Bankkonto der Eheleute Rampion abbuchen werde, um sie an KpK weiterzuleiten. Das vorlegende Gericht weist ferner darauf hin, dass die Beklagten keinen Nachweis für irgendeine Absicht der Kläger erbracht hätten, den Kredit für andere Finanzierungen zu verwenden, sobald das geliehene Kapital durch Rückzahlungen zumindest teilweise wieder getilgt gewesen wäre. Außerdem entziehe die verwendete Form des Kreditvertrags diesen zum Nachteil des Verbrauchers der Anwendung der Bestimmungen des Gesetzbuchs über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag und gestatte die Anwendung eines höheren Zinssatzes.

    46.      Mehrere beteiligte Regierungen stellen heraus, dass die in der vorstehenden Nummer dargestellten Umstände des konkreten Falles eine klare Verbindung der beiden von den Eheleuten Rampion unterzeichneten Verträge miteinander belegten, auch wenn die finanzierte Ware und Dienstleistung im Kreditvertrag nicht genannt sei.

    47.      Die vorstehenden Erwägungen sind für mich Anlass, darauf hinzuweisen, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, die korrekte Einstufung des hier in Rede stehenden Kreditvertrags vorzunehmen. Für diese Einstufung ist das vorlegende Gericht zuständig, das sie nach den einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts einschließlich derjenigen über seine Befugnisse vornehmen wird. Die letztgenannten werden vom nationalen Gericht entsprechend den ihm gemäß den Art. 10 EG und 249 EG obliegenden Pflichten konform mit dem in Art. 14 der Richtlinie 87/102 vorgeschriebenen Ergebnis ausgelegt werden, wonach vermieden werden muss, dass von den zur Anwendung der Richtlinie ergangenen oder der Richtlinie entsprechenden nationalen Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen wird (Abs. 1) oder diese durch eine besondere Gestaltung der Verträge umgangen werden (Abs. 2).

    48.      Insbesondere müssen die nationalen Vorschriften über die richterlichen Befugnisse so weit wie möglich in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie dem Richter aufgrund des Vertragsinhalts und der wirklichen Absichten der Vertragspartner eine Neueinstufung des Krediteröffnungsvertrags als zweckgebundenen Vertrag gestatten, um die Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften des Gesetzbuchs zu ermöglichen. Zum anderen haben Franfinance in ihren schriftlichen Erklärungen und die französische Regierung in der Sitzung auf neuere Urteile der Cour de cassation verwiesen, die die Befugnis des nationalen Richters anerkannt haben sollen, einen von den Parteien in ein anderes Gewand eingekleideten Kreditvertrag als zweckgebundenen Kredit neu einzustufen. Ich weise ferner darauf hin, dass die wörtliche Fassung der ersten Vorabentscheidungsfrage den Gedanken nahelegt, dass das vorlegende Gericht die Möglichkeit nicht ausschließt, den in Rede stehenden Kreditvertrag anders denn als Krediteröffnung einzustufen. Die offensichtliche Redundanz der doppelten Fallgestaltung im letzten Teil der Frage („wenn der Kreditvertrag keine Angaben über die finanzierte Ware enthält oder in Form einer Kreditgewährung ohne Angabe der finanzierten Ware abgeschlossen worden ist“) kann genau in dieser Blickrichtung erklärt werden.

    49.      Funktion des Art. 14 der Richtlinie 87/102 ist es, die Mitgliedstaaten zum Erlass von Maßnahmen gegen das Vertragsgebaren Einzelner zu verpflichten, das geeignet wäre, die Ziele der Richtlinie zu vereiteln, Maßnahmen also, die zum einen zwingende Verbindlichkeit für die innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorsehen, die die anderen Vorschriften der Richtlinie umsetzen oder ihnen entsprechen (Abs. 1), und zum anderen sicherstellen, dass diese Vorschriften bei der Abfassung der Verträge nicht durch missbräuchliche Gestaltungen umgangen werden (Abs. 2). Dieser Artikel soll somit die effektive Anwendung dieser innerstaatlichen Vorschriften sicherstellen, und mir scheint es für die Ermittlung des Inhalts nicht von Bedeutung zu sein, dass diese Bestimmungen den anderen Vorschriften der Richtlinie entsprechen müssen, da ihr Inhalt allein von der Auslegung der Letztgenannten abhängt.

    50.      Damit halte ich fest, dass Art. 14 die Mitgliedstaaten nicht hindert, das Recht des Verbrauchers, bei Nichterfüllung des Liefervertrags gegen den Kreditgeber vorzugehen, davon abhängig zu machen, dass die finanzierte Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag genannt wird. Ob die Mitgliedstaaten berechtigt sind oder nicht, die Anwendung von Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Kredit‑ und Liefervertrag von der besagten Erwähnung abhängig zu machen, ist eine Frage, bei der Art. 14 meines Erachtens unergiebig ist und die allein auf der Grundlage des Art. 11 der Richtlinie 87/102 zu lösen ist.

    b)      Fällt der betreffende Kreditvertrag in den Anwendungsbereich des Art. 11 der Richtlinie 87/102?

    51.      Für den Fall, dass das vorlegende Gericht in Erwägung ziehen sollte, dass der betreffende Kreditvertrag, wie von Franfinance vertreten, nicht neu als zweckgebundener Kredit eingestuft werden dürfe, sondern eine echte Eröffnung eines Kontokorrentkredits darstelle, ist zu prüfen, ob der Einwand von Franfinance berechtigt ist, dass Art. 11 der Richtlinie keinerlei Bedeutung zukomme, weil er eine solche Vertragsgestaltung nicht betreffe.

    52.      Ich mache einen Schritt zurück und weise mit der Kommission darauf hin, dass die Definition des „Kreditvertrags“ in Art. 1 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 87/102 weit genug ist, um auch auf die Eröffnung eines Kontokorrentkredits zuzutreffen.

    53.      Außerdem ergibt sich aus Anhang I der Richtlinie – der eine Auflistung der Punkte enthält, deren Aufnahme in den Kreditvertrag die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie als wesentlich vorschreiben können – dass „Kreditverträge, die die Finanzierung des Erwerbs von bestimmten Waren oder Dienstleistungen betreffen“ (Anhang Nr. 1), nur eine der Arten von Kreditverträgen sind, die neben „Kreditverträgen, die mittels Kreditkarten abgewickelt werden“ (Anhang Nr. 2), „Kontokorrent-Kreditverträgen, die nicht von anderen Bestimmungen der Richtlinie erfasst werden“ (Anhang Nr. 3), und „anderen unter die Richtlinie fallenden Kreditverträgen“ (Anhang Nr. 4)(22) der Richtlinie unterliegen.

    54.      Die Eröffnung eines Kontokorrentkredits bleibt daher als solche nicht ohne weiteres außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 87/102.

    55.      Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass zu den Krediten, die gemäß Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie – vorbehaltlich indessen der Anwendung der Bestimmungen des Art. 6(23) – von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen sind, gemäß Buchst. e die Verträge gehören, „aufgrund deren Kredite durch ein Kredit‑ oder Geldinstitut in Form von Überziehungskrediten auf laufenden Konten gewährt werden, mit Ausnahme der Kreditkartenkonten“, oder, um die gleichbedeutende Formulierung des Art. 6 zu verwenden, „die Gewährung eines Kredits in Form eines Überziehungskredits auf einem laufenden Konto, außer einem Kreditkartenkonto“.

    56.      Den Verfahrensakten ist nicht leicht zu entnehmen, ob für das von Franfinance zugunsten der Eheleute Rampion eröffnete Kontokorrent eine Kreditkarte vorgesehen war(24). Es handelt sich allerdings um eine Feststellung, die Sache des vorlegenden Gerichts ist, das davon auszugehen scheint, dass für dieses Konto tatsächlich eine Kreditkarte vorgesehen war, denn auf Seite 5 des Vorlagebeschlusses hat es ausgeführt, dass der von Franfinance verwendete Mustervertrag mit „Voraufgehendes Angebot der Eröffnung eines Kaufverträge begleitenden Kredits“ überschrieben gewesen sei, „der in Teilbeträgen und mit einer Kreditkarte abgerufen werden kann“.

    57.      Damit muss man sich fragen – wobei von der Problematik des Vorhandenseins einer Kreditkarte in Verbindung mit dem von Franfinance zugunsten der Eheleute Rampion eröffneten Kontokorrent abgesehen sei –, ob Art. 11 der Richtlinie 87/102 für eine Anwendung(25) auf Eröffnungen von Kontokorrentkrediten geeignet erscheint.

    58.      Der Wortlaut dieses Artikels scheint in keinem Punkt für das Gegenteil zu sprechen. Der Hinweis von Franfinance auf das Wort „Liefervertrag“ in Abs. 2 Buchst. d ist völlig bedeutungslos. Dieses Wort bedeutet nämlich nicht, dass für die Anwendung des Abs. 2 die Finanzierung eines einzigen Liefervertrags durch einen Kreditvertrag vorausgesetzt wird. Das Wort „relativo“ (betreffenden) verbindet grammatikalisch den „Liefervertrag“ nicht mit dem „Kreditvertrag“, sondern mit den unter den Kreditvertrag „fallenden Waren oder Dienstleistungen“. Andererseits ist die in diesem Buchst. d gebrauchte Wendung „unter den Kreditvertrag fallende Waren oder Dienstleistungen“ nicht notwendig so aufzufassen, dass eine Nennung dieser Waren oder Dienstleistungen im Kreditvertrag erfolgt sein müsste, sondern kann meines Erachtens auch im Sinne von „Waren oder Dienstleistungen, deren Erwerb durch den Kreditvertrag finanziert wurde“ verstanden werden. Ich weise ferner darauf hin, dass Art. 11 Abs. 2 Buchst. a, soweit er sich auf einen Kredit bezieht, der „für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen“ vereinbart wurde, auch Kreditverträge einzubeziehen scheint, die für eine Mehrheit von Waren oder Dienstleistungen abgeschlossen wurden.

    59.      Vom sprachlichen Befund abgesehen lässt sich nicht sagen, dass ein Schutz des Verbrauchers im Hinblick auf die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Kredit- und Liefervertrag für den Fall, dass der Kreditvertrag sich als Eröffnung eines Kontokorrentkredits darstellt, ungerechtfertigt wäre.

    60.      Nach dem Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 87/102, mit dem der Grund für die Einführung der Regelung des Art. 11 erläutert werden soll, sollte der Verbraucher „[falls er] Waren oder Dienstleistungen im Rahmen eines Kreditvertrags erworben [hat], … zumindest in den nachstehend genannten Fällen Rechte gegenüber dem Kreditgeber geltend machen können, die zusätzlich zu den ihm nach dem Vertrag zustehenden üblichen Rechten gegenüber dem Lieferanten der Waren oder dem Erbringer der Dienstleistungen bestehen“. Nach demselben Erwägungsgrund gilt dies „in den Fällen, in denen zwischen diesen Personen eine vorherige Abmachung besteht, wonach Kredite an Kunden dieses Lieferanten zum Zwecke des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des betreffenden Lieferanten ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber bereitgestellt werden“.

    61.      Es handelt sich mithin um einen zusätzlichen Schutz des Verbrauchers gegenüber dem Kreditgeber, der nicht der Lieferant ist (Art. 11 Abs. 2 Buchst. a), und für den Fall, dass „die unter den Kreditvertrag fallenden Waren oder Dienstleistungen nicht oder nur teilweise geliefert werden oder dem Liefervertrag nicht entsprechen“ (Art. 11 Abs. 2 Buchst. d); dieser Schutz muss „zumindest“ dann gelten, wenn zwischen dem Kreditgeber und dem Lieferanten eine vorherige Abmachung mit dem genannten Zweck besteht, in deren Rahmen der Verbraucher seinen Kredit erhält (Art. 11 Abs. 2 Buchst. b und c), greift freilich nur ein, wenn „der Verbraucher seine Rechte gegen den Lieferanten erfolglos geltend gemacht hat“ (Art. 11 Abs. 2 Buchst. e).

    62.      Dieser zusätzliche Schutz des Verbrauchers bei Nichterfüllung des Vertrags durch den Lieferanten in Form des Rechts, gegen den Kreditgeber vorzugehen, soll einen Ausgleich für die Schwächung des Schutzes des Verbrauchers bieten (im Vergleich zu einer Kreditgewährung unmittelbar durch den Lieferanten), die sonst eine Folge dieser „Verdoppelung“ seines Vertragspartners wäre, die mit dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen aufgrund des Kredits eines mit dem Lieferanten nicht identischen Dritten verbunden ist und die es dem Verbraucher unmöglich machen würde, bei Ausbleiben der Lieferung die Rückzahlung des Kredits zu verweigern.

    63.      Ganz offensichtlich bestehen nun die Risiken einer solchen Schwächung des Verbraucherschutzes, der Art. 11 begegnen soll, auch dann, wenn der Kredit nicht nur für einen Erwerb, sondern für mehrere Erwerbe verwendet werden kann.

    64.      Ich glaube daher, dass es keinen Grund für die Annahme gibt, dass die Eröffnung eines Kontokorrentkredits, mit dem eine unbestimmte Zahl von Waren oder Dienstleistungen finanziert werden soll, wegen ihrer Natur dem Anwendungsbereich des Art. 11 der Richtlinie 87/102 entzogen sein sollte.

    65.      Das bedeutet im Übrigen nicht, dass der Schutz, der dem Verbraucher gemäß diesem Artikel geboten werden muss, nicht differenziert abgewandelt werden könnte, um der Besonderheit eines solchen Kredits im Vergleich zu einem Kredit für einen einzigen Erwerb Rechnung tragen zu können.

    66.      Art. 11 Abs. 2 ist im Übrigen so gestaltet, dass er den Mitgliedstaaten erlaubt, eine Schutzregelung zu treffen, die den Besonderheiten jeder Kreditart angepasst ist. Er legt nämlich nicht fest, worin dieser zusätzliche Schutz des Verbrauchers bestehen soll oder was genau der Inhalt der dem Verbraucher einzuräumenden Rechte ist, die dieser „gegen den Kreditgeber geltend machen“ kann. Diese Festlegung ist den Mitgliedstaaten überlassen, denen Abs. 2 die Entscheidung auferlegt, „wie weit und unter welchen Bedingungen diese Rechte geltend gemacht werden können“(26).

    67.      Insoweit sind verschiedene Formen des Schutzes vorstellbar; als Beispiel nenne ich die Befugnis, dem Kreditgeber die ausgebliebene Vertragserfüllung des Lieferanten als Einwand entgegenzuhalten, um die Rückzahlung des Kredits zu verweigern oder auszusetzen; das Verlangen der Herabsetzung des Kredits oder der Auflösung des Kreditvertrags, verbunden mit der Erstattung bereits geleisteter Tilgungsbeträge durch den Kreditgeber; das Verlangen ordentlicher Erfüllung des Liefervertrags auf Kosten des Kreditgebers, wenn es um vertretbare Sachen geht; und schließlich die Forderung nach Ersatz der Schäden durch den Kreditgeber, die wegen Nichterfüllung des Vertrags durch den Lieferanten entstanden sind(27). In Frankreich sehen die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs vor: Wirksamwerden der Pflichten des Kreditnehmers erst mit dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung, was in der Praxis zu bedeuten scheint, dass dem Kreditgeber die Einrede des nicht erfüllten Vertrags entgegengehalten werden kann, wenn die Nichterfüllung in der unterlassenen Lieferung oder Erbringung besteht; gerichtliche Aussetzung der Erfüllung des Kreditvertrags bei Streit um die Erfüllung des Liefervertrags und Auflösung oder Aufhebung des Kreditvertrags von Rechts wegen bei gerichtlicher Auflösung oder Aufhebung des Liefervertrags.

    68.      Es ist vorstellbar, dass bei Nichtlieferung einer der verschiedenen Waren oder Dienstleistungen durch den Lieferanten, die der Verbraucher seinerzeit unter Inanspruchnahme einer echten Eröffnung eines Kontokorrentkredits auf Kredit erworben hat, der dem Verbraucher zu Gebot stehende Rechtsbehelf gegen den Kreditgeber darin besteht, dass er die Nichtlieferung einwenden kann, um sich vorübergehend oder auf Dauer von den Pflichten zu befreien, die im Rahmen des Kreditvertrags zulasten des Verbrauchers in Bezug auf diese bestimmte Lieferung entstehen, nicht aber notwendig in der Befugnis, diesen Vertrag insgesamt auflösen zu lassen.

    69.      Nachdem geklärt ist, dass ein Vertrag über die Eröffnung eines Kontokorrentkredits, der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 87/102 fällt, auch Art. 11 dieser Richtlinie unterliegt, wird das vorlegende Gericht, wenn es davon ausgeht, dass der von den Eheleuten Rampion im vorliegenden Fall geschlossene Kreditvertrag in dieser Richtung einzustufen ist, zu ermitteln haben, in welchem Umfang die Vorschriften des nationalen Rechts, die diesen Artikel umsetzen sollen oder ihm entsprechen, auch auf einen solchen Vertrag angewandt werden können(28), um nicht zu einem anderen Ergebnis zu gelangen, als es der Richtlinie entspricht.

    c)      Auslegung des Art. 11 der Richtlinie und Erfordernis der Nennung der Güter oder Dienstleistungen im Kreditvertrag

    70.      Somit bleibt zu prüfen, ob Art. 11 es zulässt, dass eine zu seiner Umsetzung ergangene innerstaatliche Rechtsvorschrift die Anerkennung der Befugnis des Verbrauchers, gegen den Kreditgeber vorzugehen, davon abhängig macht, dass die finanzierte Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag genannt wird.

    71.      Insoweit teile ich den Standpunkt der Kommission und der beteiligten Regierungen, dass eine solche Voraussetzung nicht mit Art. 11 vereinbar ist. Entgegen dem Vorbringen von Franfinance wird die Festlegung einer solchen Voraussetzung von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 nicht getragen. Diese Vorschrift, die es den Mitgliedstaaten nicht nur überlässt, zu bestimmen, „wie weit“, sondern auch „unter welchen Bedingungen“ Rechte zum Vorgehen gegen den Kreditgeber „geltend gemacht werden können“, soll offensichtlich nicht die Voraussetzungen für die Entstehung dieses Rechts in Frage stellen, das in Art. 11 Abs. 2 Satz 1 abschließend geregelt ist; sie ermächtigt vielmehr die Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für die Ausübung der Rechte festzulegen(29).

    72.      Art. 11 der Richtlinie ist mithin dahin auszulegen, dass ein Verbraucher, der von einer anderen Person als dem Lieferanten aufgrund einer vorherigen Abmachung zwischen dieser und dem Lieferanten, die die Merkmale des Art. 11 Abs. 2 Buchst. b aufweist, einen Kredit zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen erhält, bei ausbleibender, nur teilweiser oder fehlerhafter Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung das Recht hat, gegen den Kreditgeber vorzugehen, nachdem er erfolglos gegen den Lieferanten vorgegangen ist, und dies unabhängig davon, ob diese Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag genannt ist.

    73.      Natürlich ist es Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, inwieweit die einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts so angewandt werden können, dass sie nicht zu einem Ergebnis führen, das dem widerspricht, was mit dem in dieser Weise ausgelegten Art. 11 der Richtlinie angestrebt wird.

    74.      Schließlich scheint mir angesichts der Hinweise sowohl des vorlegenden Gerichts als auch einiger beteiligter Regierungen auf das Vorliegen einer offensichtlichen Verbindung zwischen Kredit- und Liefervertrag im vorliegenden Fall die Klarstellung angebracht, dass Art. 11 die Befugnis des Verbrauchers, bei Nichterfüllung des Vertrags durch den Lieferanten gegen den Kreditgeber vorzugehen, hiervon nicht abhängig macht. Was dieser Artikel verlangt, ist vielmehr, dass dieses Recht dem Verbraucher zumindest dann zugestanden wird, wenn zwischen Kreditgeber und Lieferant eine vorherige Absprache besteht, wonach Kredite ausschließlich von dem betreffenden Kreditgeber an Kunden dieses Lieferanten für den Erwerb von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen des betreffenden Lieferanten bereitgestellt werden, und der Verbraucher seinen Kredit im Rahmen dieser vorherigen Abmachung erhält (Erwägungsgrund 21 und Art. 11 Abs. 2 Buchst. b und c der Richtlinie).

    75.      Ich schlage daher vor, wie folgt auf die erste Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts zu antworten:

    Art. 11 der Richtlinie 87/102 fordert, dass die zur Durchführung dieses Artikels ergangenen oder ihm entsprechenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung oder Erbringung von Waren oder Dienstleistungen auch dann angewandt werden können, wenn die Waren und Dienstleistungen, deren Erwerb finanziert wird, im Kreditvertrag nicht genannt sind.

    B –    Zur zweiten Vorabentscheidungsfrage

    1.      Vorerwägungen zur Zulässigkeit

    76.      Aus dem Vorlageurteil geht klar hervor, dass das vorlegende Gericht sich fragt, ob es nicht etwa die Vorschriften der Richtlinie (die, wie ich erwähnt habe, in einem Rechtsstreit zwischen Einzelnen keine unmittelbare Anwendung finden können), sondern einige Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die zur Durchführung von Bestimmungen der Richtlinie ergangen sind oder ihnen entsprechen, von Amts wegen anwenden darf.

    77.      Während das vorlegende Gericht im Tatbestand seines Vorlageurteils darauf hinweist, dass es im Laufe des Ausgangsverfahrens mit Zwischenurteil vom 1. Juni 2005 von Amts wegen Gründe aus Artikeln des Gesetzbuchs über den Haustürverkauf und Art. L. 311‑10 des Gesetzbuchs aufgeworfen habe, soweit dieser die Nennung der Vorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit im Sinne der Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs im Kreditvertrag verbindlich vorschreibt, erwägt es in den Gründen seines Vorlageurteils zur zweiten Vorabentscheidungsfrage lediglich die Anwendung von Amts wegen der letztgenannten Vorschriften, die die Art. 11 und 14 der Richtlinie umsetzen sollen(30).

    78.      Trotz ihrer weiten Formulierung sollte die zweite Vorabentscheidungsfrage daher meines Erachtens im Lichte der Begründung des Vorlageurteils so verstanden werden, dass sie die Frage anspricht, ob das vorlegende Gericht die Bestimmungen über die gegenseitige Abhängigkeit von Kredit- und Liefervertrag in den Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs, soweit diese Art. 11 der Richtlinie 87/102 umsetzen, anwenden darf.

    79.      Das vorlegende Gericht verweist darauf, dass nach den Verfahrensregeln der eigenen Rechtsordnung, wie sie von der Cour de cassation verstanden würden, nur im Allgemeininteresse festgelegte „zwingende Steuerungsnormen“ – und nicht auch „zwingende Schutznormen“, die im Interesse einer Personengruppe aufgestellt worden seien, vom Gericht von Amts wegen aufgegriffen werden dürften. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Rechtsprechung der Cour de cassation, insofern als danach die Regelung des Verbraucherkredits im alleinigen Interesse des Verbrauchers erlassen worden sei und mithin nicht zu den zwingenden Steuerungsnormen gehöre, der Anwendung der Vorschriften der Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs von Amts wegen entgegenstehe.

    80.      Um die Richtigkeit dieser Auffassung der Cour de cassation zu prüfen, ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Klärung, ob die Richtlinie 87/102 über den bloßen Verbraucherschutz hinausgehende Zwecke hat, die die Organisation des Verbraucherkreditmarkts betreffen. Es scheint davon auszugehen, dass es im Fall der Bejahung befugt wäre, die Art. L. 311‑20 ff. des Gesetzbuchs als zwingende Steuerungsnormen von Amts wegen anzuwenden.

    81.      Die Klärung der Zwecke der Richtlinie 87/102 durch den Gerichtshof wird demnach anscheinend vom vorlegenden Gericht im Wesentlichen gewünscht, um Begriffe und Regeln des innerstaatlichen Prozessrechts heranziehen zu können, die es in die Lage versetzen, die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 von Amts wegen anzuwenden. Unter diesem Blickwinkel würde es sich daher um eine Anwendung dieser Bestimmungen von Amts wegen im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht und nicht kraft des Gemeinschaftsrechts handeln.

    82.      Ich halte gleichwohl fest, dass der Gerichtshof die hier zu prüfende Vorabentscheidungsfrage in einer weiteren Perspektive angehen sollte, d. h. so, dass dem vorlegenden Gericht Auskunft darüber gegeben wird, inwieweit die Anwendung der besagten Vorschriften des Gesetzbuchs von Amts wegen möglicherweise vom Gemeinschaftsrecht selbst und damit unabhängig von der Anwendung der genannten Begriffe und Regeln des innerstaatlichen Prozessrechts im Lichte der Zwecke der Richtlinie 87/102 gestattet wird.

    83.      Franfinance zieht indessen die Zulässigkeit der zweiten Vorabentscheidungsfrage in Zweifel, da sie für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich sei. Entgegen den Ausführungen im Vorlageurteil hätten die Eheleute Rampion in ihrer Klageschrift ausdrücklich die Frage der gegenseitigen Abhängigkeit des Kreditvertrags und des Liefervertrags, die sie unterzeichnet hätten, aufgeworfen, insbesondere indem sie beantragt hätten, die Auflösung des erstgenannten Vertrags „infolge“ der Feststellung der Nichtigkeit des zweitgenannten Vertrags auszusprechen. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, Vorschriften von Amts wegen anzuwenden, die von den Klägern geltend gemacht worden seien.

    84.      Hierzu weise ich darauf hin, dass nach Aktenlage die Eheleute Rampion die gerichtliche Auflösung des mit Franfinance geschlossenen Kreditvertrags „infolge“ der in erster Linie von ihnen begehrten Feststellung der Nichtigkeit des mit KpK geschlossenen Liefervertrags beantragt haben. Gleichwohl lässt sich nicht erkennen, dass sie sich zur Stützung des Antrags auf Auflösung des Kreditvertrags auf die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs berufen hätten. Obwohl es mir nicht unvernünftig erscheint, davon auszugehen, wie dies im Kern Franfinance tut, dass diese Artikel von den Eheleuten Rampion anscheinend zumindest stillschweigend angeführt wurden, weise ich doch darauf hin, dass das vorlegende Gericht der entgegengesetzten Auffassung zu sein scheint und dass es Sache dieses Gerichts und nicht des Gerichtshofs ist, sich zu diesem Punkt zu äußern, da es sich um eine Frage rein innerstaatlichen Prozessrechts handelt. Überdies hat es nicht den Anschein, dass die Eheleute Rampion darum ersucht haben, den Kreditvertrag auch infolge der hilfsweise beantragten gerichtlichen Auflösung des Liefervertrags gerichtlich aufzulösen.

    85.      Es ist daher durchaus nicht offensichtlich, dass die mit der zweiten Vorabentscheidungsfrage geforderte Auslegung des Gemeinschaftsrechts keine Beziehung zum wirklichen Ausgangsverfahren oder dessen Zweck hätte oder das aufgeworfene Problem hypothetischer Natur wäre. Die Zulässigkeit dieser Frage scheint mir daher nicht in Zweifel gezogen werden zu können.

    2.      Zur Beantwortung der Frage

    86.      Zu den Zielen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber mit dem Erlass der Richtlinie 87/102 verfolgt hat, ergibt sich aus deren Erwägungsgründen, dass diese Richtlinie die Unterschiede zwischen den Regelungen der Mitgliedstaaten im Bereich des Verbraucherkredits mit dem doppelten Ziel beseitigen sollte, die Schaffung eines gemeinsamen Verbraucherkreditmarkts sicherzustellen (dritter und fünfter Erwägungsgrund) und die Verbraucher zu schützen, die solche Kredite in Anspruch nehmen (sechster, siebter und neunter Erwägungsgrund)(31). Darauf weisen die Kommission sowie die französische, die italienische und die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen hin.

    87.      Zum ersten Ziel insbesondere geht aus den Erwägungsgründen der Richtlinie hervor, dass „[d]ie unterschiedlichen Rechtsvorschriften … zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kreditgebern auf dem Gemeinsamen Markt führen [können]“ (zweiter Erwägungsgrund), dass sie „die Möglichkeiten für den Verbraucher [begrenzen], in einem anderen Mitgliedstaat Kredit aufzunehmen“, und „das Volumen und die Art der in Anspruch genommenen Kredite sowie den Erwerb von Gütern und Leistungen [berühren]“ (dritter Erwägungsgrund) und dass sie infolgedessen „den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen [beeinflussen], die der Verbraucher sich auf Kredit beschaffen kann, und … somit unmittelbar das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes [beeinträchtigen]“ (vierter Erwägungsgrund), weshalb „die Errichtung eines gemeinsamen Verbraucherkreditmarktes Verbrauchern, Kreditgebern, Herstellern, Groß‑ und Einzelhändlern sowie Dienstleistungserbringern gleichermaßen zugutekommen [würde]“ (fünfter Erwägungsgrund).

    88.      Es besteht deshalb kein Zweifel, dass die mit der Richtlinie 87/102 angestrebte Harmonisierung der innerstaatlichen Regelungen für den Verbraucherkredit nicht nur ein Mindestniveau des Verbraucherschutzes in jedem Mitgliedstaat sicherstellen, sondern auch und in erster Linie die Schaffung stärker übereinstimmender Wettbewerbsbedingungen für den Verbraucherkredit im Gemeinschaftsgebiet fördern soll, indem die Hauptursachen für die Behinderung oder die Verzerrung des freien Wettbewerbs zwischen Kreditgebern in den Rechtsvorschriften beseitigt werden und damit Vorteile der wirtschaftlichen Effizienz sowohl auf dem Verbraucherkreditmarkt als auch auf den Märkten für auf Kredit zu erwerbende Waren und Dienstleistungen erzielt werden.

    89.      Nicht vertretbar scheint damit eine Auslegung zu sein, der zufolge die Bestimmungen der Richtlinie 87/102 und damit die nationalen Rechtsvorschriften zu ihrer Umsetzung ausschließlich unter dem Blickwinkel des Verbraucherschutzes erlassen worden wären. Gleichwohl ist es im Anschluss daran Sache des vorlegenden Gerichts und nicht des Gerichtshofs zu prüfen, ob im Lichte der dargestellten Zwecke der Richtlinie 87/102 die nationalen Rechtsvorschriften zu ihrer Umsetzung, darunter die Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs, als „zwingende Steuerungsnormen“ einzustufen sind (was mir doch nahezuliegen scheint), um sie im Sinne des innerstaatlichen Prozessrechts von Amts wegen anwenden zu können.

    90.      Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass sich die Antwort auf die zweite Vorabentscheidungsfrage auf die vorstehenden Erwägungen beschränken darf. Meines Erachtens wirft diese Frage, wenn man sie im Lichte der Gründe des Vorlageurteils liest, das Problem der Anwendbarkeit der Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs in weiterem Umfang auf. Mit der Frage, inwieweit die vom Gerichtshof in den Urteilen Océano Grupo Editorial und Salvat Editores sowie Cofidis erarbeiteten Lösungen auf die Regelung des Verbraucherkredits übertragen werden können(32), ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof im Kern auch um Klärung, ob die Anwendung der Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs ihm auch dann kraft Gemeinschaftsrechts gestattet ist, wenn das innerstaatliche Prozessrecht sie ausschließt.

    91.      Ich pflichte daher dem Hinweis der Kommission bei, dass bei der Beantwortung der zweiten Vorabentscheidungsfrage zu prüfen ist, ob der Schutz, den die Richtlinie 87/102 für den Verbraucher sicherstellen soll, auch bedeutet, dass das nationale Gericht eine nationale Verbraucherschutzvorschrift, die Art. 11 Abs. 2 dieser Richtlinie umsetzen soll, von Amts wegen anwenden darf(33).

    92.      Für eine Bejahung dieser Frage haben sich die Kommission sowie die italienische und die spanische Regierung ausgesprochen, und zwar aufgrund der Bejahung der Erheblichkeit auch für den hier geprüften Bereich der Gründe, die den Gerichtshof in den Urteilen Océano Grupo Editorial und Salvat Editores sowie Cofidis zu der Feststellung bewogen haben, dass ein wirksamer Schutz der Rechte, die die Richtlinie 93/13 den Verbrauchern habe übertragen wollen, nur erreicht werden könne, wenn dem nationalen Gericht die Möglichkeit eingeräumt werde, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen.

    93.      Dieser Standpunkt wird von der österreichischen und der französischen Regierung nicht geteilt. Erstere verweist darauf, dass es ausschließlich Sache der Mitgliedstaaten sei, die Modalitäten des gerichtlichen Schutzes der Rechte festzulegen, die mit der Richtlinie 87/102 dem Verbraucher hätten übertragen werden sollen, und dass die nationalen Gerichte zwar verpflichtet seien, die Effektivität dieses Schutzes sicherzustellen, dies aber nicht notwendig ihre Pflicht oder Befugnis begründe, die Vorschriften zum Schutz der Verbraucher von Amts wegen anzuwenden. Auch die französische Regierung beruft sich auf die prozessuale Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten, die für diesen Bereich durch Art. 11 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 87/102 in besonderer Weise bekräftigt werde, und meint, dass die Rechtsprechung der Cour de cassation, die dem Richter nicht gestatte, einen aus der gegenseitigen Abhängigkeit von Kredit‑ und Liefervertrag abgeleiteten Klagegrund von Amts wegen aufzuwerfen, nicht gegen die Grundsätze der Gleichwertigkeit und der Effektivität verstoße, die nach der Gemeinschaftsrechtsprechung diese prozessuale Eigenständigkeit begrenzten. Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Effektivität des Schutzes unterstreicht die französische Regierung, dass diese Rechtsprechung es dem Verbraucher weder ungebührlich schwer noch praktisch unmöglich mache, vom Gericht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschriften feststellen zu lassen, zumal diese Feststellung vom Verbraucher nach keiner Vorschrift des Gesetzbuchs innerhalb einer bestimmten Frist zu beantragen sei. Schließlich seien die Urteile Océano Grupo Editorial und Salvat Editores sowie Cofidis in der vorliegenden Rechtssache nicht erheblich, weil die dort gefundenen Lösungen sich auf Vorschriften der Richtlinie 93/13 stützten, die in der Richtlinie 87/102 keine Entsprechungen hätten.

    94.      Ich möchte für mein Teil mit dem Hinweis beginnen, dass es nach ständiger Rechtsprechung Aufgabe der nationalen Gerichte ist, aufgrund ihrer Mitwirkungspflicht aus Art. 10 EG den Rechtsschutz sicherzustellen, der sich für die Einzelnen aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergibt. Deshalb sind die Bestimmung der zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus unmittelbar wirkenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts erwachsenden Rechte sicherstellen sollen, mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten. Jedoch dürfen diese Verfahren nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen, und dürfen die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren(34).

    95.      Es handelt sich um die bekannten Grundsätze der „prozessualen Eigenständigkeit“ der Mitgliedstaaten und der entsprechenden Grenzen, wie sie die Einhaltung der Bedingungen der „Gleichwertigkeit“ und der „Effektivität“ darstellt. Diese Grundsätze, die in Bezug auf den gerichtlichen Schutz der Rechte anerkannt sind, die den Einzelnen aus Vorschriften des Gemeinschaftsrechts mit unmittelbarer Wirkung erwachsen, gelten in der gleichen Weise als auf den gerichtlichen Schutz der Rechte anwendbar, der den Einzelnen kraft innerstaatlicher Rechtsvorschriften zusteht, die zur Umsetzung von Vorschriften einer Gemeinschaftsrichtlinie ergangen sind oder ihnen entsprechen. Im einen wie im anderen Fall handelt es sich nämlich stets um Rechte mit „Gemeinschaftsursprung“, so dass es völlig unangemessen wäre anzunehmen, dass die Grenzen der prozessualen Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Einrichtung des gerichtlichen Schutzes dieser Rechte weniger zwingend sein könnten, wenn eine Richtlinie umgesetzt worden ist, als wenn sie nicht umgesetzt worden wäre.

    96.      Prinzipiell lässt sich festhalten, dass der Grundsatz der Effektivität des Schutzes dann gewahrt ist, wenn die Verfahrensmodalitäten für die gerichtlichen Klagen, die den Schutz der Rechte mit Gemeinschaftsursprung sicherstellen sollen, dem Einzelnen eine angemessene Möglichkeit bieten, diese Rechte gerichtlich durchzusetzen(35). Zu kurze Fristen oder zu hohe Beweisanforderungen z. B. können die Ausübung der Rechte vor Gericht durch ihren Inhaber übertrieben schwierig gestalten oder praktisch unmöglich machen.

    97.      Zweifellos gehören zum Bereich der besagten Verfahrensmodalitäten auch die Regeln und Grundsätze des innerstaatlichen Prozessrechts, die die Initiativrechte des Gerichts betreffen. Wenn es nun auch zutrifft, dass ein Verbot für das nationale Gericht, Rechtsvorschriften, die Rechte mit Gemeinschaftsursprung begründen, von Amts wegen anzuwenden, die Möglichkeit des Inhabers des Rechts nicht beeinträchtigt, dieses selbst gerichtlich geltend zu machen, so ist doch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass ein wirksamer Schutz der Rechte mit Gemeinschaftsursprung unter bestimmten Voraussetzungen auf jeden Fall die Möglichkeit eines Eingreifens des nationalen Gerichts erforderlich machen kann.

    98.      Im Urteil Peterbroeck(36) hat der Gerichtshof nämlich für Recht erkannt, dass das Gemeinschaftsrecht der Anwendung einer nationalen Verfahrensvorschrift entgegensteht, die es einem im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufenen nationalen Gericht unter Voraussetzungen, wie sie durch das im Ausgangsrechtsstreit maßgebliche Verfahren vorgegeben werden, verbietet, von Amts wegen die Vereinbarkeit eines innerstaatlichen Rechtsakts mit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts zu prüfen, wenn sich kein Verfahrensbeteiligter innerhalb einer bestimmten Frist auf die letztgenannte Vorschrift berufen hat. In demselben Urteil hat der Gerichtshof erklärt, dass „jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Gemeinschaftsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen [ist]“(37).

    99.      Im Urteil Océano Grupo Editorial und Salvat Editores hat der Gerichtshof, wenn auch ohne ausdrücklichen Hinweis auf seine in Nr. 94 erwähnte Rechtsprechung, in Bezug auf eine Gerichtsstandsklausel in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden im Sinne der Richtlinie 93/13 entschieden, dass ein wirksamer Schutz des Verbrauchers nur erreicht werden könne, wenn das nationale Gericht die Befugnis habe, die Missbräuchlichkeit dieser Klausel im Sinne der Richtlinie von Amts wegen zu berücksichtigen. Zu diesem Ergebnis ist der Gerichtshof bereits allein aufgrund der folgenden Erwägungen in der Randnr. 26 dieses Urteils gelangt:

    „Das Ziel des Art. 6 der Richtlinie [93/13], nach dem die Mitgliedstaaten vorsehen, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind, könnte nicht erreicht werden, wenn die Verbraucher die Missbräuchlichkeit solcher Klauseln selbst geltend machen müssten. In Rechtsstreitigkeiten mit niedrigem Streitwert könnten die Rechtsanwaltsgebühren höher sein als der streitige Betrag, was den Verbraucher davon abhalten könnte, sich gegen die Anwendung einer missbräuchlichen Klausel zu verteidigen. Zwar räumen die Verfahrensordnungen vieler Mitgliedstaaten dem einzelnen in solchen Rechtsstreitigkeiten das Recht ein, sich selbst zu verteidigen, doch besteht die nicht zu unterschätzende Gefahr, dass der Verbraucher die Missbräuchlichkeit der ihm entgegengehaltenen Klausel vor allem aus Unkenntnis nicht geltend macht(38). Infolgedessen kann ein wirksamer Schutz des Verbrauchers nur erreicht werden, wenn dem nationalen Gericht die Möglichkeit eingeräumt wird, eine solche Klausel von Amts wegen zu prüfen.“

    100. Der Gerichtshof hat somit die Notwendigkeit der Gestattung eines möglichen Eingreifens des Gerichts von Amts wegen, durch die die von der Richtlinie gewollte Effektivität des Schutzes des Verbrauchers sicherzustellen ist, daraus abgeleitet, dass das Missverhältnis zwischen dem Streitwert und den entstehenden Rechtsanwaltsgebühren den Verbraucher davon abhalten könnte, die eigenen Rechte gerichtlich durchzusetzen, oder ihn bewegen könnte, sie, wenn er hierzu von der nationalen Rechtsordnung ermächtigt wird, selbst und damit unzureichend zu verteidigen.

    101. Diese Erwägungen hat der Gerichtshof in dem späteren Urteil Cofidis(39) mit der Erklärung bekräftigt, dass eine Verfahrensbestimmung, die es dem nationalen Gericht nach Ablauf einer Ausschlussfrist verwehrt, von Amts wegen oder auf eine von einem Verbraucher erhobene Einrede hin die Missbräuchlichkeit einer Klausel festzustellen, zu deren Durchsetzung der Gewerbetreibende Klage erhoben hat, geeignet ist, in Rechtsstreitigkeiten, in denen der Verbraucher Beklagter ist, die Gewährung des Schutzes, den die Richtlinie dem Verbraucher zukommen lassen will, übermäßig zu erschweren(40).

    102. Ich gehe daher wie die Kommission und die spanische Regierung auch davon aus, dass die besagten Erwägungen auch in Bezug auf den Schutz der aus der Richtlinie 87/102 abgeleiteten Verbraucherrechte durchaus gelten. Ich möchte sogar sagen, dass sie für diesen zweiten Bereich noch eher gelten, weil der Verbraucher, der Waren oder Dienstleistungen auf Kredit erwirbt, dies nur deshalb tut, weil er selbst nur über beschränkte Finanzmittel verfügt; aus diesem Grund ist auch das Risiko konkreter, dass die für einen Rechtsbeistand anfallenden Ausgaben ihn dazu bringen, auf die Durchsetzung oder jedenfalls auf eine angemessene Durchsetzung seiner Rechte vor Gericht zu verzichten.

    103. Im Übrigen scheint es mir nicht in die andere Richtung zu weisen, dass in der Richtlinie 87/102, wie die französische Regierung herausstellt, Vorschriften fehlen, die denen in den Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 entsprächen.

    104. Was Art. 6 der letztgenannten Richtlinie angeht, von dem die Begründung des Gerichtshofs in Randnr. 26 des Urteils Océano Grupo Editorial und Salvat Editores ihren Ausgang nimmt (vgl. Nr. 99 dieser Schlussanträge), so glaube ich nicht, dass seine wörtliche Aussage entscheidende Bedeutung im Rahmen dieser Begründung hat. Schließlich umschreibt dieser Artikel, wenn er den Mitgliedstaaten aufgibt, dafür zu sorgen, „dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind“, lediglich den Kern des Schutzes, den die Richtlinie 93/13 auf der Ebene des materiellen Rechts dem Verbraucher gegen Vertragsklauseln bieten will, die nicht von Fall zu Fall ausgehandelt worden sind und im Sinne der Richtlinie als missbräuchlich eingestuft werden können; demgegenüber konzentriert sich die besagte Begründung des Gerichtshofs im Wesentlichen auf die besonderen Bedingungen, die mit der Natur der Auseinandersetzung und dem zu ihrer Klärung erforderlichen Verfahren sowie mit dem möglichen Hindernis zusammenhängen, das diese für einen effektiven Schutz der materiellen Rechtsstellung vor Gericht darstellen, die diese Richtlinie dem Verbraucher verleihen wollte.

    105. Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102 zielt, auch wenn er nicht festlegt, „wie weit“ der Verbraucher Rechte gegen den Kreditgeber geltend machen kann, und die Bestimmung insoweit den Mitgliedstaaten überlässt, gleichwohl darauf ab, dass dieses Recht dem Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen von den nationalen Rechtsordnungen zugestanden wird, und die Gemeinschaftsrechtsordnung verlangt in allgemeinerem Maß, dass für dieses Recht – das dem Verbraucher vom nationalen materiellen Recht zugestanden wird, aber doch dem Gemeinschaftsrecht entspringt – ein effektiver Schutz durch das nationale Prozessrecht sichergestellt wird. Dieser aber läuft Gefahr, falls ein Eingreifen des Gerichts von Amts wegen nicht erlaubt ist, durch eben diese besonderen Bedingungen in Zusammenhang mit der Natur der Auseinandersetzung und des Verfahrens zu deren Klärung, auf die der Gerichtshof in Randnr. 26 des Urteils Océano Grupo Editorial und Salvat Editores aufmerksam gemacht hat, beeinträchtigt zu werden.

    106. Was Art. 7 der Richtlinie 93/13 betrifft, hat zwar der Gerichtshof in den Randnrn. 27 und 28 des genannten Urteils ausgeführt, dass die Möglichkeit, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel zu prüfen, auch als ein geeignetes Mittel anzusehen ist, das Ziel – das die Mitgliedstaaten nach diesem Artikel zu verwirklichen haben – zu erreichen, dass der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verträgen zwischen einem Gewerbetreibenden und Verbrauchern ein Ende gesetzt wird. Mir scheint indessen, dass diese Ausführung im Aufbau dieses Urteils lediglich eine zusätzliche Begründung für die Entscheidung des Gerichtshofs für die Notwendigkeit der Möglichkeit eines Eingreifens des Gerichts von Amts wegen ist; zu dieser Entscheidung aber war der Gerichtshof, wie ich bereits unterstrichen habe, bereits am Ende der Begründung in Randnr. 26 dieses Urteils gelangt, die ausschließlich auf die Umstände abgestellt war, die geeignet sein könnten, den Verbraucher an einer angemessenen Verteidigung der ihm durch die Richtlinie 93/13 verliehenen Rechtsstellung zu hindern.

    107. Unter einem anderen Blickwinkel weise ich sodann darauf hin, dass der Umstand, dass das beim vorlegenden Gericht anhängige Verfahren von den Eheleuten Rampion angestrengt worden ist und diese von einem Rechtsbeistand vertreten werden, während in den Ausgangsverfahren, die zu den Urteilen Océano Grupo Editorial und Salvat Editores sowie Cofidis geführt haben, die beklagten Verbraucher sich nicht auf das Verfahren eingelassen hatten, im vorliegenden Fall, soweit es um die Möglichkeit eines Eingreifens des Gerichts von Amts wegen für einen effektiven Schutz der Verbraucherrechte geht, keine andere Schlussfolgerung rechtfertigt, als sie der Gerichtshof in diesen Urteilen gezogen hat. Das Problem ist nämlich auf einer allgemeinen Ebene zu lösen, d. h. im Lichte der Natur der Auseinandersetzung und der Merkmale des zu deren Klärung erforderlichen Verfahrens. Zum anderen sehe ich nicht, wie man es zulassen könnte, dass ein und dieselbe Vorschrift des Verbraucherschutzes gegenüber dem einen Verbraucher von Amts wegen anwendbar sein sollte, einem anderen Verbraucher gegenüber indessen nicht, bloß weil der eine keine Vorkehrungen getroffen hat, sich im Verfahren mit Unterstützung eines Rechtsanwalts zu verteidigen, der andere hingegen wohl.

    108. Ich schlage daher vor, auf die zweite Vorabentscheidungsfrage wie folgt zu antworten:

    Mit der Richtlinie 87/102 wird nicht nur das Ziel verfolgt, Verbraucher, die einen Verbraucherkredit in Anspruch nehmen, zu schützen, sondern auch und in erster Linie das Ziel, einen gemeinsamen Markt für den Verbraucherkredit zu schaffen.

    Ein effektiver Schutz der Rechte, die Art. 11 der Richtlinie 87/102 den Verbrauchern übertragen möchte, setzt voraus, dass das nationale Gericht die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die zur Umsetzung dieses Artikels ergangen sind oder ihm entsprechen, von Amts wegen anwenden kann.

    V –    Ergebnis

    109. Demgemäß schlage ich vor, die vom Tribunal d’instance de Saintes mit Urteil vom 16. November 2005 zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:

    1.         Art. 11 der Richtlinie 87/102 fordert, dass die zur Durchführung dieses Artikels ergangenen oder ihm entsprechenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung oder Erbringung von Waren oder Dienstleistungen auch dann angewandt werden können, wenn die Waren und Dienstleistungen, deren Erwerb finanziert wird, im Kreditvertrag nicht genannt sind.

    2.         Mit der Richtlinie 87/102 wird nicht nur das Ziel verfolgt, die Verbraucherkredit erhaltenden Verbraucher zu schützen, sondern auch und vor allem das Ziel, die Verwirklichung eines gemeinsamen Marktes für Verbraucherkredite zu sichern.

    Ein effektiver Schutz der Rechte, die Art. 11 der Richtlinie 87/102 den Verbrauchern übertragen möchte, setzt voraus, dass das nationale Gericht die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die gegenseitige Abhängigkeit von Kreditvertrag und Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, die zur Umsetzung dieses Artikels ergangen sind oder ihm entsprechen, von Amts wegen anwenden kann.


    1 – Originalsprache: Italienisch.


    2 – ABl. 1987, L 42, S. 48. Diese Richtlinie ist zunächst durch die Richtlinie 90/88/EWG des Rates vom 22. Februar 1990 (ABl. L 61, S. 14), dann durch die Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 (ABl. L 101, S. 17) geändert worden.


    3 – Loi relative à l’information et à la protection des consommateurs dans le domaine de certaines opérations de crédit (Gesetz zur Information und zum Schutz der Verbraucher für den Bereich bestimmter Kreditgeschäfte, bekannt als „Loi Scrivener“, JORF vom 11. Januar 1978, S. 299).


    4 – Loi relative à l’information et à la protection des consommateurs ainsi qu’à diverses pratiques commerciales (Gesetz zur Information und zum Schutz der Verbraucher und über bestimmte Handelspraktiken, JORF vom 29. Juni 1989, S. 8047).


    5 – Loi instaurant le Code de la consommation – Partie législative (Gesetz zur Einführung des Verbrauchergesetzbuchs – Gesetzesteil) (JORF vom 27. Juli 1993, S. 10538).


    6 – Décret relatif au Code de la consommation – Partie réglementaire (Dekret zum Verbrauchergesetzbuch – Verordnungsteil) (JORF vom 3. April 1997, S. 78).


    7 – Wie bei allen in diesen Schlussanträgen angeführten innerstaatlichen Rechtsvorschriften ist die Übersetzung nicht amtlich.


    8 – Insbesondere Cass. Civ., 10. Juli 2002, Bull. I, Nr. 195, S. 149; in diesem Urteil soll entschieden worden sein, dass die Verletzung der in den Art. L. 311‑2, L. 311‑8 und L. 311‑10 des Gesetzbuchs festgelegten – selbst zwingenden – Pflichten nur auf Antrag der Person berücksichtigt werden dürfe, die diese Bestimmungen schützen sollten.


    9 – Urteile vom 27. Juni 2000, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores (C‑240/98 bis C‑244/98, Slg. 2000, I‑4941), und vom 21. November 2002, Cofidis (C‑473/00, Slg. 2002, I‑10875).


    10 – Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).


    11 – Cass. Civ., 23. November 2004, Bull. I, Nr. 287, S. 241.


    12 – Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I‑8835, Randnrn. 108 und 109 sowie die dort zitierte Rechtsprechung).


    13 – Ebd., Randnr. 110.


    14 – Ebd., Randnr. 113.


    15 – In diesem Sinne u. a. Urteil vom 17. September 1997, Dorsch Consult (C‑54/96, Slg. 1997, I‑4961, Randnr. 45).


    16 – Ich erlaube mir hier den Hinweis, dass in der innerstaatlichen Rechtsvorschrift über die gegenseitige Abhängigkeit, die im vorliegenden Fall konkret in Betracht kommt, nämlich diejenige, die die Auflösung oder die Aufhebung des Kreditvertrags von Rechts wegen bei Auflösung oder Aufhebung des Liefervertrags durch das Gericht festlegt (Art. L. 311‑21 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzbuchs), nicht ausdrücklich von der Nennung der finanzierten Ware oder Dienstleistung im Kreditvertrag die Rede ist.


    17 – Urteil Pfeiffer u. a. (angeführt in Fn. 12, Randnr. 115).


    18 – Ebd., Randnr. 116.


    19– In diesem Sinne hat sich die Kommission in den Nrn. 18 und 19 ihrer schriftlichen Erklärungen geäußert. Ich erinnere weiter daran, dass der Gerichtshof, wie er bereits dargelegt hat, im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft entscheidet, ohne dass es darauf ankommt, ob diese unmittelbar anwendbar sind oder nicht (Urteil vom 10. Juli 1997, Palmisani, C‑261/95, Slg. 1997, I‑4025, Randnr. 21).


    20 – Franfinance trägt vor, dass Art. II‑1 des voraufgegangenen Kreditangebots, das von den Eheleuten Rampion unterzeichnet worden sei, festlege, dass diese „befugt [sind], über ihr Franfinance-Konto bis zum Höchstbetrag der genehmigten Kreditlinie zu verfügen, um die Bezahlung für [ihren] Erwerb bei [KpK] oder den mit dieser verbundenen Unternehmen zu finanzieren“.


    21 – Art. 7 der Richtlinie 87/102 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten legen für den Fall des Kredits zum Erwerb einer Ware die Bedingungen fest, unter denen die Ware zurückgenommen werden kann, insbesondere für Fälle, in denen der Verbraucher seine Einwilligung nicht erteilt hat. Sie tragen ferner dafür Sorge, dass in den Fällen, in denen der Kreditgeber die Ware wieder an sich nimmt, die Abrechnung zwischen den Parteien in der Weise erfolgt, dass die Rücknahme nicht zu einer unberechtigten Bereicherung führt.“


    22 – Nicht zufällig sieht der betreffende Anhang nur in Punkt 1, d. h. nur für „Kreditverträge, die die Finanzierung des Erwerbs von bestimmten Waren oder Dienstleistungen betreffen“, die „Beschreibung der Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind“, als Vertragsbestandteil vor, der als wesentlich festgelegt werden kann.


    23 – Art. 6 legt für diesen Vertragstyp Informationspflichten zulasten des Kredit‑ oder Finanzinstituts und zugunsten des Verbrauchers fest.


    24 – Mustertyp Nr. 6 im Anhang des Gesetzbuchs in der Fassung zur maßgeblichen Zeit. Hervorhebung nur hier.


    25 – Es bedarf kaum der Erwähnung, dass ich hier keine unmittelbare Anwendung meine.


    26 – Die Frage, mit der geklärt werden soll, ob Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 87/102 bezüglich der Natur der Rechte, die dem Verbraucher einzuräumen sind, hinreichend genau und bedingungsfrei ist, geht über die Problematik hinaus, wie sie das Vorlageurteil des Tribunal d’instance umrissen hat; ich werde sie daher an dieser Stelle nicht behandeln. Vgl. insoweit (bejahend) die Schlussanträge von Generalanwalt Lenz vom 7. Dezember 1995 in der Rechtssache C‑192/94, die mit Urteil vom 7. März 1996, El Corte Inglés, entschieden wurde (Slg. 1996, I‑1281, Nrn. 11 bis 13); er entnimmt Art. 11 der Richtlinie 87/102 „ein[en] gewissen Mindeststandard bei der Geltendmachung seiner Rechte“, der dem Verbraucher zuzugestehen ist.


    27 – Die nationale Regelung, die den Umfang des Schutzes des Verbrauchers gegenüber dem Kreditgeber am weitesten ausdehnt, scheint die im Vereinigten Königreich geltende zu sein. Section 75 des Consumer Credit Act 1974 geht nämlich so weit, für einen Kredit, der dem Act unterliegt und dem Verbraucher aufgrund einer vorherigen Vereinbarung zwischen dem Kreditgeber und dem Lieferanten gewährt wurde, festzulegen, dass bei falschen Angaben („misrepresentation“) oder Nichterfüllung des Lieferanten dem Verbraucher gegen den Kreditgeber ein Anspruch von der Art („a like claim“) erwächst, wie er ihm gegen den Lieferanten zusteht. Es handelt sich um eine gesamtschuldnerische Haftung („joint and several liability“) von Kreditgeber und Lieferanten (mithin ohne die Pflicht zur Vorausklage gegen den Lieferanten), die sogar die Haftung für Schaden infolge Nichterfüllung des Lieferanten umfassen soll.


    28 – Ich denke etwa an eine analoge Anwendung der Art. L. 311‑20 und L. 311‑21 des Gesetzbuchs, die nur für „zweckgebundene Kredite“ vorgesehen ist.


    29 – Diese Modalitäten können meines Erachtens auch die Festlegung der Bedingung nach Art. 11 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie oder der vorherigen Initiative umfassen, die dem Verbraucher gegenüber dem säumigen Lieferanten zu ergreifen obliegt, bevor er sein Recht gegen den Kreditgeber ausüben kann; genügen kann z. B. eine ergebnislose Inverzugsetzung oder, falls erforderlich, die fruchtlose Erhebung einer Klage bei Gericht.


    30 – Die zweite Vorabentscheidungsfrage wäre übrigens für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens nicht von Bedeutung, wenn man sie in Zusammenhang mit der etwaigen Anwendung von Amts wegen – wie sie das vorlegende Gericht im Zwischenurteil vom 1. Juli 2005 erwogen hat – von Vorschriften des Gesetzbuchs über den Haustürverkauf, die nicht die Richtlinie 87/102 umsetzen, sondern die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. L 372, S. 31), oder aber der Anwendung des Art. L. 311‑10 Abs. 3 des Gesetzbuchs sieht, der die Aufnahme der Bestimmungen über die gegenseitige Abhängigkeit der Art. L. 311‑20 ff. in den Kreditvertrag vorsieht, ohne dass allerdings diese Aufnahme von der Richtlinie 87/102gefordert wäre.


    31 – Urteile vom 23. März 2000, Berliner Kindl Brauerei (C‑208/98, Slg. 2000, I‑1741, Randnr. 20), und vom 4. März 2004, Cofinoga (C‑264/02, Slg. 2004, I‑2157, Randnr. 25).


    32 – Vgl. Nr. 26 dieser Schlussanträge.


    33 – Vgl. die schriftlichen Erklärungen der Kommission, Nr. 33.


    34 – Vgl. insbesondere Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe (33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5), und Comet (45/76, Slg. 1976, 2043, Randnrn. 12 bis 16), vom 9. November 1983, San Giorgio (199/82, Slg. 1983, 3595, Randnr. 12), und vom 14. Dezember 1995, Peterbroeck (C‑312/93, Slg. 1995, I‑4599, Randnr. 12).


    35 – Generalanwalt Jacobs hat es in seinen Schlussanträgen vom 15. Juni 1995 in den Rechtssachen Van Schijndel und Van Veen, die mit Urteil vom 14. Dezember 1995 (C‑430/93 und C‑431/93, Slg. 1995, I‑4705) entschieden wurden, für eine Beachtung des Grundsatzes der Effektivität als „ausreichend“ erachtet (Nr. 25), dass „für die Einzelnen nach den nationalen Verfahrensvorschriften eine wirksame Gelegenheit zur Durchsetzung ihrer Rechte besteht“.


    36 – Urteil Peterbroeck (zitiert in Fn. 34, Randnr. 21).


    37 – Ebd., Randnr. 14. Das gleiche Kriterium für die Prüfung ist später vom Gerichtshof auch im Urteil Cofidis (zitiert in Fn 9, Randnr. 37) herangezogen worden.


    38 –      Urteil Océano Grupo Editorial und Salvat Editores (zitiert in Fn. 9, Randnr. 26).


    39 – Urteil Cofidis (zitiert in Fn. 9, Randnrn. 33 und 34).


    40 – Ebd., Randnr. 36.

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