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Judgment of the Court (First Chamber) of 10 March 2005.#Ottmar Hermann v Stadt Frankfurt am Main.#Reference for a preliminary ruling: Hessischer Verwaltungsgerichtshof - Germany.#Indirect tax - Directive 92/12/EEC - Local tax on the supply of alcoholic beverages for immediate consumption on the premises.#Case C-491/03.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 10. März 2005. Ottmar Hermann gegen Stadt Frankfurt am Main. Ersuchen um Vorabentscheidung: Hessischer Verwaltungsgerichtshof - Deutschland. Verbrauchsteuern - Richtlinie 92/12/EWG - Kommunale Steuer auf die Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle. Rechtssache C-491/03.
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 10. März 2005. Ottmar Hermann gegen Stadt Frankfurt am Main. Ersuchen um Vorabentscheidung: Hessischer Verwaltungsgerichtshof - Deutschland. Verbrauchsteuern - Richtlinie 92/12/EWG - Kommunale Steuer auf die Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle. Rechtssache C-491/03.
(Vorabentscheidungsersuchen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs)
„Verbrauchsteuern – Richtlinie 92/12/EWG – Kommunale Steuer auf die Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle“
Schlussanträge des Generalanwalts D. Ruiz‑Jarabo Colomer vom 11. Januar 2005
Urteil des Gerichtshofes (Erste Kammer) vom 10. März 2005
Leitsätze des Urteils
Steuerrecht – Harmonisierung – Verbrauchsteuern – Richtlinie 92/12 – Alkohol und alkoholische Getränke – Steuer auf die Abgabe
alkoholhaltiger Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle – Qualifizierung als Steuer nicht auf verbrauchsteuerpflichtige Waren,
sondern auf Dienstleistungen, die mit diesen im Zusammenhang stehen – Erfordernis, dass diese Steuer eine besondere Zielsetzung
verfolgt
(Richtlinie 92/12 des Rates, Artikel 3 Absätze 2 und 3)
Eine Steuer, die auf die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen
einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, ist als eine Steuer auf Dienstleistungen, die keine umsatzbezogene Steuer ist, im
Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 über
das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren anzusehen.
Um zu bestimmen, ob eine Steuer verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 oder
eher die Dienstleistungen betrifft, die im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz
3 Unterabsatz 2 der Richtlinie erbracht werden, ist das überwiegende Element des besteuerten Umsatzes zu berücksichtigen.
Die Abgabe alkoholhaltiger Getränke im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit ist durch ein Bündel von Elementen und Handlungen
gekennzeichnet, von denen die Lieferung des Gegenstands selbst nur einen Bestandteil darstellt und bei denen die Dienstleistungen
überwiegen.
Im Übrigen bezieht sich die „gleiche Voraussetzung“, von der die Steuern abhängig sind, die in den Anwendungsbereich des Artikels
3 Absatz 3 Unterabsatz 2 fallen, nur auf die in Unterabsatz 1 genannte Voraussetzung, nämlich dass „diese Steuern im Handelsverkehr
zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen“. Die Richtlinie verlangt
also nicht, dass die betreffenden Steuern die in Artikel 3 Absatz 2 aufgestellte Voraussetzung erfüllen, nämlich dass sie
eine besondere Zielsetzung verfolgen.
(vgl. Randnrn. 21, 27, 30, 33-34, Tenor 1-2)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Erste Kammer) 10. März 2005(1)
In der Rechtssache C-491/03betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland)
mit Entscheidung vom 1. Oktober 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 20. November 2003, in dem Verfahren
Ottmar Hermann als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Volkswirt Weinschänken GmbH
gegen
Stadt Frankfurt am Main
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer),
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Lenaerts (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric sowie
der Richter K. Schiemann und E. Juhász,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer, Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Dezember 2004,unter Berücksichtigung der Erklärungen
–
der Stadt Frankfurt am Main, vertreten durch J. Walter und D. Kurtz als Bevollmächtigte,
–
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und K. Gross als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Januar 2005,
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom
25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren
(ABl. L 76, S. 1).
2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits des Ottmar Hermann, jetzt Insolvenzverwalter der Volkswirt Weinschänken
GmbH, gegen die Stadt Frankfurt am Main, bei dem es um die Rechtmäßigkeit einer von der Stadt auf alkoholhaltige Getränke
erhobenen Steuer geht.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsregelung
3
Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 92/12 bestimmt:
„Diese Richtlinie regelt die Verbrauchsteuern und die anderen indirekten Steuern, die unmittelbar oder mittelbar auf den Verbrauch
von Waren erhoben werden, mit Ausnahme der Mehrwertsteuer und der von der Gemeinschaft festgelegten Abgaben.“
4
Artikel 3 der Richtlinie 92/12 lautet:
„(1) Diese Richtlinie findet auf Gemeinschaftsebene Anwendung auf die folgenden in den einschlägigen Richtlinien definierten Waren:
– Mineralöle,
– Alkohol und alkoholische Getränke,
– Tabakwaren.
(2) Auf die in Absatz 1 genannten Waren können andere indirekte Steuern mit besonderer Zielsetzung erhoben werden, sofern diese
Steuern die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie
die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.
(3) Die Mitgliedstaaten können Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren einführen oder beibehalten, sofern diese
Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen.
Unter der gleichen Voraussetzung ist es den Mitgliedstaaten ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf Dienstleistungen,
auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt.“
Nationale Regelung
5
§ 1 der Satzung über die Erhebung einer Getränkesteuer im Gebiet der Stadt Frankfurt am Main vom 13. Dezember 1991 ( Amtsblatt der Stadt Frankfurt am Main Nr. 52 vom 24. Dezember 1991) in der durch die Satzung vom 24. Mai 1996 ( Amtsblatt der Stadt Frankfurt am Main Nr. 25 vom 18. Juni 1996) geänderten Fassung (im Folgenden: GetrStS) bestimmt: „Die Stadt Frankfurt am Main erhebt eine Getränkesteuer.“
6
§ 2 der GetrStS sieht vor:
„(1) Gegenstand der Steuer ist die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke mit Ausnahme des Apfelweins durch Unternehmer
zum unmittelbaren Verzehr.
(2) Der Eigenverbrauch des Steuerschuldners an Getränken einschließlich der Abgabe an Betriebsangehörige gilt als entgeltliche
Abgabe, soweit sein Wert 5 v. H. des Umsatzes dieser Getränke übersteigt.
(3) Als Abgabe zum unmittelbaren Verzehr gilt jede Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle.“
7
Nach § 4 GetrStS beträgt die Steuer 10 v. H. des Verkaufspreises der in § 2 GetrStS genannten Getränke. Nach diesem § 4 ist
außerdem „Verkaufspreis … der Preis, den der Endverbraucher tatsächlich zahlt, ausschließlich der Getränkesteuer“.
8
§ 5 GetrStS bestimmt:
„(1) Steuerschuldner ist, wer als Unternehmer steuerbare Getränke zum unmittelbaren Verzehr entgeltlich abgibt.
(2) Die Steuerschuld entsteht mit der Abgabe des Getränks, im Falle des § 2 Abs. 2 mit dem Verbrauch.“
9
Die GetrStS wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2000 aufgehoben ( Amtsblatt der Stadt Frankfurt am Main Nr. 17 vom 25. April 2000).
Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen
10
Die Volkswirt Weinschänken GmbH betrieb zur Zeit der Ereignisse des Ausgangsverfahrens eine Gaststätte im Gebiet der Stadt
Frankfurt. Für das dritte Quartal 1995 ergab sich für sie nach der GetrStS eine Steuerschuld von 9 135,35 DM (etwa 4 670 Euro).
11
Da diese Steuer ihrer Ansicht nach u. a. gegen die Bestimmungen der Richtlinie 92/12 verstieß, erhob sie gegen den Steuerbescheid
vom 7. November 1995 Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main.
12
Das Verwaltungsgericht hob den Steuerbescheid mit Urteil vom 14. Mai 2002 auf.
13
Die Stadt Frankfurt legte gegen dieses Urteil Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof ein. In dieser Instanz trug die
Stadt vor, dass die GetrStS nicht die Lieferung von Gegenständen, sondern die Erbringung von Dienstleistungen besteuere. Die
Mitgliedstaaten könnten aber nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 solche Steuern weiterhin erheben.
14
Unter diesen Umständen hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof
folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1.
Eine kommunale Getränkesteuersatzung bestimmt als Gegenstand der Steuer „die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke
zum unmittelbaren Verzehr“ und als eine derartige Abgabe „jede Abgabe zum Verzehr an Ort und Stelle“. Handelt es sich bei
dieser Steuer um eine andere indirekte Steuer auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne von Artikel 3 Absätze 1 und 2 der
Richtlinie 92/12/EWG … oder um eine Steuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne
von Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 der Richtlinie 92/12/EWG?
2.
Für den Fall, dass die zweite Alternative der Frage zu 1 bejaht wird:
Bezieht sich die Tatbestandsvoraussetzung „unter der gleichen Voraussetzung“ in Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 der Richtlinie 92/12/EWG
auch bei der Besteuerung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3
Absatz 1 der Richtlinie 92/12/EWG allein auf die in Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 dieser Richtlinie aufgeführte Bedingung „sofern
diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen“,
oder muss in einem derartigen Fall auch die in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie vorgesehene „besondere Zielsetzung“ der Besteuerung
vorliegen?
Zur ersten Frage
15
Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob es sich bei einer Steuer wie der mit der GetrStS eingeführten
um eine andere indirekte Steuer auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 oder
um eine Steuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz
2 dieser Richtlinie handelt.
16
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 strenge Voraussetzungen für die Erhebung der von
den Mitgliedstaaten eingeführten indirekten Steuern auf verbrauchsteuerpflichtige Waren wie alkoholische Getränke aufstellt.
Nach dieser Bestimmung müssen andere indirekte Steuern als Verbrauchsteuern eine „besondere Zielsetzung“, d. h. andere als
reine Haushaltszwecke, verfolgen (vgl. Urteile vom 24. Februar 2000 in der Rechtssache C‑434/97, Kommission/Frankreich, Slg.
2000, I-1129, Randnr. 19, und vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-437/97, EKW und Wein & Co., Slg. 2000, I-1157, Randnr.
31), und sie haben außerdem „die Besteuerungsgrundsätze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage
sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung [zu] beachten“.
17
Nach Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie 92/12 ist es den Mitgliedstaaten weiterhin freigestellt, Steuern auf nicht verbrauchsteuerpflichtige
Waren (Unterabsatz 1) oder auf Dienstleistungen, „auch im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, … sofern es sich
nicht um umsatzbezogene Steuern handelt“ (Unterabsatz 2), einzuführen oder beizubehalten.
18
Zu der Frage, ob die mit der GetrStS eingeführte Steuer eine Steuer auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne von Artikel
3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 oder eine Steuer auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Waren im Sinne von Artikel
3 Absatz 3 Unterabsatz 2 ist, vertritt die Stadt Frankfurt die Auffassung, dass die erbrachten Dienstleistungen der überwiegende
Bestandteil des aufgrund der GetrStS besteuerten Umsatzes seien. Für den Gastwirt spielten nämlich die Kosten des Getränkes
als solches im Vergleich zu den mit dem Servieren des Getränkes verbundenen Dienstleistungskosten nur eine untergeordnete
Rolle. Somit falle die Steuer in den Anwendungsbereich des Artikels 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12.
19
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften weist darauf hin, dass bei der Frage, ob ein Vorgang eine Lieferung von Gegenständen
oder eine Dienstleistung darstelle, sein prägender Schwerpunkt zu berücksichtigen sei. Sie bezieht sich dafür auf das Urteil
vom 2. Mai 1996 in der Rechtssache C-231/94 (Faaborg-Gelting Linien, Slg. 1996, I‑2395, Randnrn. 12 bis 14). Beim Verkauf
alkoholischer Getränke in Bars, Cafés und Restaurants sei der Anteil der vom Wirt erbrachten Dienstleistungen im Rahmen des
gesamten gewerblichen Umsatzes weniger bedeutend. Diese Dienstleistungen bestünden im Wesentlichen darin, dem Gast das Getränk
im geeigneten Gefäß und in der angemessenen Form zu präsentieren. Anders als beim Verkauf von Speisen, deren Preis im Wesentlichen
von den Kosten der Dienstleistung geprägt werde, stehe beim Getränkeverkauf der Einkaufspreis des Produktes im Vordergrund.
Nach Auffassung der Kommission stellt somit die aufgrund der GetrStS erhobene Steuer eine Steuer auf die Lieferung einer verbrauchsteuerpflichtigen
Ware im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/12 dar (vgl. Urteil EKW und Wein & Co.).
20
Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass nach § 2 GetrStS die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren
Verzehr an Ort und Stelle den Steuertatbestand darstellt. Anders als in der Rechtssache EKW und Wein & Co., in der das nationale
Gericht dem Gerichtshof eine Frage nach der Auslegung von Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 92/12 im Zusammenhang mit
einer Steuer auf die „entgeltliche Lieferung von … alkoholhaltigen Getränken“ (Urteil EKW und Wein & Co., Randnr. 18) vorgelegt
hatte, erfasst der Steuertatbestand im Ausgangsverfahren nicht die bloße Lieferung solcher Getränke, sondern bezieht sich
auf einen Umsatz, zu dem eine Dienstleistung gehört.
21
Um zu bestimmen, ob die mit der GetrStS erhobene Steuer verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der
Richtlinie 92/12 oder eher die Dienstleistungen betrifft, die im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne
von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie erbracht werden, ist das überwiegende Element des besteuerten Umsatzes
zu berücksichtigen (vgl. analog Urteil Faaborg-Gelting Linien, Randnrn. 12 bis 14).
22
Da die Vermarktung eines Gegenstands immer mit einer minimalen Dienstleistung, wie dem Darbieten der Waren in Regalen, dem
Ausstellen einer Rechnung usw., verbunden ist, können bei der Beurteilung des Dienstleistungsanteils an der Gesamtheit eines
komplexen Geschäftes, zu dem auch die Lieferung eines Gegenstands gehört, nur die Dienstleistungen berücksichtigt werden,
die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung eines Gegenstands verbunden sind.
23
Auch wenn die aufgrund der GetrStS erhobene Steuer an den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle und damit an ein dienstleistungsbezogenes
Element anknüpft, das sich von den Vorgängen unterscheidet, die notwendig mit der Vermarktung alkoholhaltiger Getränke verbunden
sind, so lässt sich doch nicht allgemein sagen, dass bei allen in den Anwendungsbereich dieser Steuer fallenden Vorgängen
das Dienstleistungselement immer überwiegen wird.
24
Demnach ist für jeden besteuerten Umsatz festzustellen, welches das überwiegende Element ist.
25
Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass die Volkswirt Weinschänken GmbH eine Gaststätte betreibt, in der sie Speisen und
Getränke serviert.
26
Die Abgabe alkoholhaltiger Getränke an Kunden im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit geht mit einer Reihe von Dienstleistungen
einher, die sich von den Vorgängen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung solcher Waren verbunden sind. Es handelt
sich um die Zurverfügungstellung einer Infrastruktur, die einen möblierten Speisesaal mit Nebenräumen (Garderobe, Toiletten
usw.) umfasst, um die Beratung und Information der Kunden hinsichtlich der servierten Getränke, um die Darbietung der Getränke
in einem geeigneten Gefäß, um die Bedienung bei Tisch und schließlich um das Abdecken der Tische und die Reinigung nach dem
Verzehr (vgl. in diesem Sinne Urteil Faaborg-Gelting Linien, Randnr. 13).
27
Die Abgabe alkoholhaltiger Getränke im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit ist durch ein Bündel von Elementen und Handlungen
gekennzeichnet, von denen die Lieferung des Gegenstands selbst nur einen Bestandteil darstellt und bei denen die Dienstleistungen
überwiegen.
28
Folglich ist eine Steuer, die in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens auf die Abgabe alkoholhaltiger Getränke im Rahmen
einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, als eine Steuer auf Dienstleistungen „im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen
Waren“ im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 anzusehen.
29
Schließlich ist festzustellen, dass es sich bei einer derartigen Steuer nicht „um [eine] umsatzbezogene Steuer“ im Sinne der
vorgenannten Bestimmung handelt, weil sie nur für eine bestimmte Warengruppe, nämlich alkoholhaltige Getränke, gilt (vgl.
u. a. Urteile vom 3. März 1988 in der Rechtssache 252/86, Bergandi, Slg. 1988, 1343, Randnrn. 15 und 16, EKW und Wein & Co.,
Randnrn. 22 und 23, und vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-308/01, GIL Insurance u. a., noch nicht in der amtlichen Sammlung
veröffentlicht, Randnrn. 33 und 35).
30
Auf die erste Frage ist daher zu antworten, dass eine Steuer, die auf die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum
unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, als eine Steuer auf Dienstleistungen,
die keine umsatzsteuerbezogene Steuer ist, im Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz
3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 anzusehen ist.
Zur zweiten Frage
31
Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob eine Steuer auf Dienstleistungen im Sinne
von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 von der Voraussetzung abhängt, dass sie eine besondere Zielsetzung
im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 verfolgt.
32
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Mitgliedstaaten nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Richtlinie indirekte Steuern
auf nicht verbrauchsteuerpflichtige Waren einführen oder beibehalten können, „sofern diese Steuern im Handelsverkehr zwischen
Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen“. Nach Unterabsatz 2 ist es den Mitgliedstaaten
„[u]nter der gleichen Voraussetzung“ ebenfalls weiterhin freigestellt, Steuern auf „Dienstleistungen, auch im Zusammenhang
mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, zu erheben, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt“.
33
Die Befugnis nach Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie ist nur von der in Unterabsatz 1 genannten Voraussetzung
abhängig, nämlich dass „diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen
Formalitäten nach sich ziehen“. Die Richtlinie verlangt also nicht, dass die Steuern, die in den Anwendungsbereich ihres Artikels
3 Absatz 3 fallen, die in Absatz 2 aufgestellte Voraussetzung erfüllen, nämlich dass sie eine besondere Zielsetzung verfolgen.
34
Auf die zweite Frage ist daher zu antworten, dass sich die „gleiche[] Voraussetzung“, von der die Steuern abhängig sind, die
in den Anwendungsbereich des Artikels 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12 fallen, nur auf die in Unterabsatz 1 genannte
Voraussetzung bezieht, nämlich dass „diese Steuern im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt
verbundenen Formalitäten nach sich ziehen“.
Kosten
35
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von
Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:
1.
Eine Steuer, die auf die entgeltliche Abgabe alkoholhaltiger Getränke zum unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle im Rahmen
einer Bewirtungstätigkeit erhoben wird, ist als eine Steuer auf Dienstleistungen, die keine umsatzbezogene Steuer ist, im
Zusammenhang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren im Sinne von Artikel 3 Absatz 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 92/12/EWG des
Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger
Waren anzusehen.
2.
Die „gleiche[] Voraussetzung“, von der die Steuern abhängig sind, die in den Anwendungsbereich des Artikels 3 Absatz 3 Unterabsatz
2 der Richtlinie 92/12 fallen, bezieht sich nur auf die in Unterabsatz 1 genannte Voraussetzung, nämlich dass „diese Steuern
im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen“.