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Judgment of the Court (Second Chamber) of 13 January 2005.#Commission of the European Communities v Kingdom of Spain.#Failure to fulfil obligations - Directives 93/36/EEC and 93/37/EEC - Public contracts - Award procedure for public supply and public works contracts - Scope - Definition of contracting authority - Inter-administrative cooperation agreements - Definition of contract - Use of the negotiated procedure in cases not provided for by the directive.#Case C-84/03.
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 13. Januar 2005. Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Spanien. Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG - Öffentliche Aufträge - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge - Anwendungsbereich - Begriff des öffentlichen Auftraggebers - Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen - Begriff des Auftrags - Anwendung des Verhandlungsverfahrens in Fällen, die nicht in der Richtlinie aufgeführt sind. Rechtssache C-84/03.
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 13. Januar 2005. Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Spanien. Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG - Öffentliche Aufträge - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer und Bauaufträge - Anwendungsbereich - Begriff des öffentlichen Auftraggebers - Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen - Begriff des Auftrags - Anwendung des Verhandlungsverfahrens in Fällen, die nicht in der Richtlinie aufgeführt sind. Rechtssache C-84/03.
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinien 93/36/EWG und 93/37/EWG – Öffentliche Aufträge – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge – Anwendungsbereich – Begriff des öffentlichen Auftraggebers – Kooperationsvereinbarungen zwischen Verwaltungen – Begriff des Auftrags – Anwendung des Verhandlungsverfahrens in Fällen, die nicht in der Richtlinie aufgeführt sind“
Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 13. Januar 2005
Leitsätze des Urteils
1. Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer‑ und Bauaufträge – Richtlinien 93/36 und 93/37 – Öffentliche
Auftraggeber – Einrichtung des öffentlichen Rechts – Begriff – Nationale Regelung, die privatrechtliche Einrichtungen, die
die in den Richtlinien aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, ausschließt – Unzulässigkeit
(Richtlinie 93/36 des Rates, Artikel 1 Buchstabe b, und Richtlinie 93/37 des Rates, Artikel 1 Buchstabe b)
2. Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer‑ und Bauaufträge – Richtlinien 93/36 und 93/37 – Öffentlicher
Auftrag – Begriff – Nationale Regelung, die Kooperationsvereinbarungen zwischen öffentlich‑rechtlichen Einrichtungen ausschließt
– Unzulässigkeit
(Richtlinie 93/36 des Rates, Artikel 1 Buchstabe a, und Richtlinie 93/37 des Rates, Artikel 1 Buchstabe a)
3. Rechtsangleichung – Verfahren zur Vergabe öffentlicher Liefer‑ und Bauaufträge – Richtlinien 93/36 und 93/37 – Ausnahmen von
den gemeinsamen Vorschriften – Enge Auslegung – Anwendung des Verhandlungsverfahrens – Grenzen
(Richtlinie 93/36 des Rates und Richtlinie 93/37 des Rates)
1. Eine nationale Regelung im Bereich der öffentlichen Aufträge, die die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich
der Regelung ausschließt, obwohl diese alle kumulativen Tatbestandsmerkmale im Hinblick auf die Definition des Begriffs „Einrichtung
des öffentlichen Rechts“ erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 über die Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und 93/37 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge
aufgeführt sind, setzt den genannten Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ und damit den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“
in Unterabsatz 1 dieser Bestimmung nicht ordnungsgemäß um.
Denn für die etwaige Einstufung einer privatrechtlich organisierten Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen Rechts ist
ausschließlich zu prüfen, ob die betreffende Einrichtung diese drei Tatbestandsmerkmale erfüllt, wobei die privatrechtliche
Rechtsform der Einrichtung kein Kriterium darstellt, das für sich allein deren Einstufung als öffentlicher Auftraggeber im
Sinne der genannten Richtlinien ausschließen könnte.
(vgl. Randnrn. 27-28, 31 und Tenor)
2. Es stellt eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher
Lieferaufträge und 93/37 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge dar, wenn eine nationale Regelung
im Bereich der öffentlichen Aufträge Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den übrigen öffentlichen
Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten Richtlinien sind, von
vornherein von deren Anwendungsbereich ausschließt.
Denn für einen öffentlichen Liefer‑ oder Bauauftrag im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der genannten Richtlinien genügt es
grundsätzlich, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen
wurde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft über die betreffende Person eine Kontrolle wie über
ihre eigenen Dienststellen ausübt und diese Person zugleich im Wesentlichen für die sie kontrollierende Gebietskörperschaft
oder Gebietskörperschaften tätig ist.
(vgl. Randnrn. 38, 40 und Tenor)
3. Die Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Liefer‑ und
Bauaufträge gewährleisten sollen, sind eng auszulegen. Die Mitgliedstaaten können daher weder Tatbestände für die Anwendung
des Verhandlungsverfahrens schaffen, die in den Richtlinien 93/36 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher
Lieferaufträge und 93/37 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge nicht vorgesehen sind, noch
die ausdrücklich in den Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten
Verfahrens erleichtern, da sie sonst die praktische Wirksamkeit der betreffenden Richtlinien beseitigen würden.
(vgl. Randnrn. 48, 58 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer) 13. Januar 2005(1)
In der Rechtssache C-84/03betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 26. Februar 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner und G. Valero Jordana als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch S. Ortiz Vaamonde als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer),
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, J. Makarczyk (Berichterstatter),
G. Arestis und J. Klučka,
Generalanwältin: J. Kokott, Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien
gegen seine Verpflichtungen aus dem EG‑Vertrag und den Richtlinien 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1) sowie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) verstoßen hat, indem es diese Richtlinien nicht ordnungsgemäß
in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere
–
die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster,
zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien aufgeführt sind, vom Anwendungsbereich der Ley de Contratos de las Administraciones
Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000, in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni
2000 gebilligten Fassung (BOE Nr. 148 vom 21. Juni 2000, S. 21775, im Folgenden: neugefasstes Gesetz) durch Artikel 1 Absatz
3 dieses Gesetzes ausgeschlossen hat,
–
in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des neugefassten Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung
und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten
Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und
–
in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei
in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
2
Nach Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/37
„gelten als ‚öffentliche Auftraggeber‘: der Staat, Gebietskörperschaften, Einrichtungen des öffentlichen Rechts und Verbände,
die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen bestehen.
Als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ gilt jede Einrichtung,
–
die zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art
sind, und
–
die Rechtspersönlichkeit besitzt und
–
die überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird
oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs‑, Leitungs- oder Aufsichtsorgan
mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, den Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen
Rechts ernannt worden sind.
...“
3
Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie 93/36 ist im Wesentlichen gleich.
4
Artikel 6 Absätze 2 bis 4 der Richtlinie 93/36 lautet:
„(2) Die öffentlichen Auftraggeber können Lieferaufträge im Verhandlungsverfahren vergeben, wenn im Rahmen eines offenen oder nicht
offenen Verfahrens nicht ordnungsgemäße Angebote oder nur Angebote abgegeben worden sind, die nach den innerstaatlichen, mit
Abschnitt IV zu vereinbarenden Vorschriften unannehmbar sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend
geändert werden. Die öffentlichen Auftraggeber veröffentlichen in diesen Fällen eine Vergabebekanntmachung, es sei denn, sie
beziehen in das betreffende Verhandlungsverfahren alle [Lieferanten] ein, die die Kriterien der Artikel 20 bis 24 erfüllen
und die im Verlauf des vorangegangenen offenen oder nicht offenen Verfahrens Angebote unterbreitet haben, die den formalen
Voraussetzungen für das Angebotsverfahren entsprechen.
(3) Die öffentlichen Auftraggeber können in folgenden Fällen Lieferaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche
Vergabebekanntmachung vergeben:
a)
wenn nach Durchführung eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine Angebote bzw. keine geeigneten Angebote abgegeben
worden sind, sofern die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden und unter der Voraussetzung,
dass der Kommission ein Bericht vorgelegt wird;
b)
wenn es sich um Erzeugnisse handelt, die nur zum Zweck von Forschungen, Versuchen, Untersuchungen oder Entwicklungen hergestellt
werden, wobei unter diese Bestimmung nicht eine Serienfertigung zum Nachweis der Marktfähigkeit des Produkts oder zur Deckung
der Forschungs- und Entwicklungskosten fällt;
c)
wenn der Gegenstand der Lieferung wegen seiner technischen oder künstlerischen Besonderheiten oder aufgrund des Schutzes eines
Ausschließlichkeitsrechts nur von einem bestimmten Lieferanten hergestellt oder geliefert werden kann;
d)
soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die der betreffende
öffentliche Auftraggeber nicht voraussehen konnte, es nicht zulassen, die in den offenen, den nicht offenen oder den Verhandlungsverfahren
gemäß Absatz 2 vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Die angeführten Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit
dürfen auf keinen Fall dem öffentlichen Auftraggeber zuzuschreiben sein;
e)
bei zusätzlichen, vom ursprünglichen Unternehmer durchgeführten Lieferungen, die entweder zur teilweisen Erneuerung von gelieferten
Waren oder Einrichtungen oder zur Erweiterung von Lieferungen oder bestehenden Einrichtungen bestimmt sind, wenn ein Wechsel
des Unternehmers dazu führen würde, dass der öffentliche Auftraggeber Material unterschiedlicher technischer Merkmale kaufen
müsste und dies eine technische Unvereinbarkeit oder unverhältnismäßige technische Schwierigkeiten bei Gebrauch und Wartung
mit sich bringen würde. Die Laufzeit dieser Aufträge sowie der Daueraufträge darf in der Regel drei Jahre nicht überschreiten.
(4) In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Lieferaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren.“
5
Artikel 7 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 93/37 lautet:
„(3) Die öffentlichen Auftraggeber können in den folgenden Fällen Bauaufträge im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung
einer Vergabebekanntmachung vergeben:
a)
wenn im Rahmen eines offenen oder nicht offenen Verfahrens keine oder keine geeigneten Angebote abgegeben worden sind, sofern
die ursprünglichen Bedingungen des Auftrags nicht grundlegend geändert werden. Der Kommission muss ein Bericht vorgelegt werden,
wenn sie dies wünscht;
b)
wenn die Arbeiten aus technischen oder künstlerischen Gründen oder aufgrund des Schutzes von Ausschließlichkeitsrechten nur
von einem bestimmten Unternehmen ausgeführt werden können;
c)
soweit dies unbedingt erforderlich ist, wenn dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit Ereignissen, die die betreffenden
öffentlichen Auftraggeber nicht voraussehen konnten, es nicht zulassen, die in den offenen, den nicht offenen oder den Verhandlungsverfahren
gemäß Absatz 2 vorgeschriebenen Fristen einzuhalten. Die angeführten Umstände zur Begründung der zwingenden Dringlichkeit
dürfen auf keinen Fall den öffentlichen Auftraggebern zuzuschreiben sein;
d)
bei zusätzlichen Bauarbeiten, die weder in dem der Vergabe zugrunde liegenden Entwurf noch im zuerst geschlossenen Vertrag
vorgesehen sind, die aber wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses zur Ausführung der darin beschriebenen Bauleistung erforderlich
sind, sofern der Auftrag an den Unternehmer vergeben wird, der diese Bauleistung ausführt:
–
wenn sich diese Arbeiten in technischer oder wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne wesentlichen Nachteil für den öffentlichen
Auftraggeber vom Hauptauftrag trennen lassen oder
–
wenn diese Arbeiten zwar von der Ausführung des ersten Vorhabens getrennt werden können, aber für dessen Verbesserung unbedingt
erforderlich sind.
Der Gesamtbetrag der Aufträge für die zusätzlichen Bauarbeiten darf jedoch 50 v. H. des Wertes des Hauptauftrags nicht überschreiten;
e)
bei neuen Bauarbeiten, die in der Wiederholung gleichartiger Bauleistungen bestehen, die durch den gleichen öffentlichen Auftraggeber
an den Unternehmer vergeben werden, der den ersten Auftrag erhalten hat, sofern sie einem Grundentwurf entsprechen und dieser
Entwurf Gegenstand des ersten Auftrags war, der nach den in Absatz 4 genannten Verfahren vergeben wurde.
Die Möglichkeit der Anwendung dieses Verfahrens muss bereits bei der Ausschreibung des ersten Bauabschnitts angegeben werden;
der für die Fortsetzung der Bauarbeiten in Aussicht genommene Gesamtauftragswert wird vom öffentlichen Auftraggeber für die
Anwendung von Artikel 6 berücksichtigt. Dieses Verfahren darf jedoch nur binnen drei Jahren nach Abschluss des ersten Auftrags
angewandt werden.
(4) In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber seine Bauaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren.“
Nationales Recht
6
Der persönliche Anwendungsbereich der spanischen Regelung der öffentlichen Auftragsvergabe wird in Artikel 1 des neugefassten
Gesetzes definiert und erfasst alle Territorialverwaltungen, sowohl auf der staatlichen Ebene als auch auf der Ebene der Autonomen
Gemeinschaften und auf der örtlichen Ebene.
7
Artikel 1 Absatz 3 des neugefassten Gesetzes bestimmt außerdem:
„Ebenso unterliegen diesem Gesetz die Auftragsvergabe der autonomen Einrichtungen in jedem Fall und die der anderen mit einer
öffentlichen Verwaltung verbundenen oder von dieser abhängigen Einrichtungen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit
dann, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
a) Sie wurden zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher
Art sind;
b) es handelt sich um Einrichtungen, die überwiegend von der öffentlichen Verwaltung oder anderen Einrichtungen des öffentlichen
Rechts finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-,
Leitungs- oder Aufsichtsorgane mehrheitlich aus Mitgliedern bestehen, die von der öffentlichen Verwaltung oder anderen Einrichtungen
des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.“
8
Nach dem Sechsten Nachtrag zum neugefassten Gesetz mit dem Titel „Grundsätze der öffentlich-rechtlichen Auftragsvergabe“ gilt:
„Gewerbliche Unternehmen, an deren Kapital die öffentliche Verwaltung, deren autonome Einrichtungen oder Einrichtungen des
öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich beteiligt sind, beachten bei der Auftragsvergabe die Grundsätze
der Veröffentlichung und des Wettbewerbs, es sei denn, die Art des durchzuführenden Auftrags ist mit diesen Grundsätzen unvereinbar.“
9
Nicht unter das neugefasste Gesetz fallen nach dessen Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c „die Kooperationsvereinbarungen, die
die allgemeine Staatsverwaltung mit der Sozialversicherung, den Autonomen Gemeinschaften, den Gebietskörperschaften, deren
autonomen Einrichtungen und allen anderen öffentlichen Einrichtungen schließt oder die diese Einrichtungen untereinander schließen“.
10
Nach den Artikeln 141 Buchstabe a (über Bauaufträge) und 182 Buchstabe a (über Lieferaufträge) des neugefassten Gesetzes ist
das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung zulässig, wenn ein Auftrag nicht in einem offenen oder nicht offenen
Verfahren vergeben werden konnte oder die Bewerber nicht zum Vergabeverfahren zugelassen wurden, sofern die ursprünglichen
Bedingungen des Auftrags bis auf den Preis, der nicht um mehr als 10 % erhöht werden darf, nicht geändert wurden.
11
Nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes kann das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung in Verfahren
angewandt werden, die Güter betreffen, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich
erklärt wurde, sofern der Mustertyp der betreffenden Güter zuvor völlig unabhängig aufgrund einer Ausschreibung nach den Bestimmungen
dieses Titels ausgewählt wurde.
Das Vorverfahren
12
Da die Kommission der Ansicht war, dass mehrere Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 in spanisches
Recht teilweise mit den genannten Richtlinien unvereinbar seien, richtete sie am 17. September 1997 ein Mahnschreiben und
am 24. Juli 2000 ein ergänzendes Schreiben an das Königreich Spanien.
13
Nachdem der Kommission von den spanischen Behörden das neugefasste Gesetz übermittelt worden war, betrachtete sie einige Streitpunkte
der Umsetzung als erledigt.
14
Da die Kommission jedoch der Ansicht war, dass die Richtlinien 93/36 und 93/37 immer noch nicht ordnungsgemäß in spanisches
Recht umgesetzt worden seien, richtete sie am 24. Januar 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme und am 31. Januar 2002
eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme an das Königreich Spanien, in der sie den Mitgliedstaat aufforderte, die
erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Stellungnahmen binnen zwei Monaten vom Zugang der Letzteren nachzukommen.
15
Da die Kommission die Antwort des Königreichs Spanien auf die ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme für unzureichend
hielt, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Begründetheit
16
Die Kommission stützt ihre Klage auf drei Rügen.
17
Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich
des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese auch Einrichtungen des öffentlichen Rechts im Sinne von Artikel
1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.
18
Mit ihrer zweiten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die zwischen den Einrichtungen des öffentlichen Rechts
geschlossenen Kooperationsvereinbarungen vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes ausgeschlossen zu haben, obwohl diese
Vereinbarungen öffentliche Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.
19
Mit ihrer dritten Rüge wirft die Kommission dem Königreich Spanien vor, die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei von
den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zugelassen zu haben, nämlich für die Auftragsvergabe nach einem
für erfolglos erklärten Verfahren und für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter.
Zur ersten Rüge: Ausschluss von privatrechtlichen Einrichtungen, die die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster, zweiter
und dritter Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 genannten Voraussetzungen erfüllen, vom Anwendungsbereich des neugefassten
GesetzesVorbringen der Parteien
20
Nach Ansicht der Kommission stimmt der persönliche Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes nicht mit dem der Richtlinien
93/36 und 93/37 überein, da die nationale Regelung nur für Einrichtungen gelte, die im Sinne des spanischen Rechts einer öffentlich-rechtlichen
Regelung unterworfen seien, obwohl die juristische Form der betreffenden Einrichtung nichts mit der in diesen Richtlinien
festgelegten Definition der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ zu tun habe.
21
Unter Berufung auf das Urteil vom 15. Januar 1998 in der Rechtssache C‑44/96 (Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Slg. 1998,
I‑73, Randnrn. 17 bis 35) erinnert die Kommission an die Feststellung des Gerichtshofes, dass unter „Einrichtung des öffentlichen
Rechts“ eine Einrichtung zu verstehen sei, die die drei in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 genannten
Voraussetzungen gleichzeitig erfülle.
22
Unter Berufung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (insbesondere die Urteile vom 20. September 1988 in der Rechtssache
31/87, Beentjes, Slg. 1988, 4635, und vom 10. November 1998 in der Rechtssache C‑360/96, BFI Holding, Slg. 1998, I‑6821) trägt
die Kommission vor, dass der in Artikel 1 der Richtlinien 93/36 und 93/37 definierte Begriff des öffentlichen Auftraggebers
funktionell auszulegen sei.
23
Überdies macht sie geltend, dass die von der spanischen Regierung vorgenommene Auslegung des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen
Rechts“ dem Gemeinschaftsbegriff, der in der gesamten Gemeinschaft einheitlich auszulegen sei, seine Selbständigkeit nehme.
24
Die spanische Regierung spricht sich für eine wörtliche Auslegung des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ aus.
Sie ist der Ansicht, dass dieser Begriff in den Richtlinien 93/36 und 93/37 von der öffentlichen Hand kontrollierte gewerbliche
Unternehmen nicht erfasse. Zur Begründung beruft sie sich auf die Richtlinie 93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung
der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie‑ und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor
(ABl. L 199, S. 84), die zwischen dem Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, der mit dem in den Richtlinien über öffentliche
Aufträge identisch sei, und dem des „öffentlichen Unternehmens“ unterscheide, dessen Definition dem öffentlichen gewerblichen
Unternehmen entspreche.
25
Außerdem lehnt die spanische Regierung jede verallgemeinernde Lösung ab. Sie ist der Ansicht, dass eine echte Abgrenzung des
Begriffs „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ erst möglich sei, wenn der Begriff „im Allgemeininteresse liegende Aufgaben“
und vor allem der der „nicht gewerblichen Art“ dieser Aufgaben durch eine eingehende Prüfung jeder Einrichtung bestimmt worden
seien.
26
Die Kommission erwidert, dass die Richtlinie 93/38 eine Sonderregelung sei und wegen ihres Ausnahmecharakters nicht zur Auslegung
allgemeiner Vorschriften, im vorliegenden Fall der Richtlinien 93/36 und 93/37, herangezogen werden könne.
Würdigung durch den Gerichtshof
27
Nach ständiger Rechtsprechung wird der Begriff „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, der als Begriff des Gemeinschaftsrechts
in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen ist, durch die ausschließliche Berücksichtigung der drei in
Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 kumulativ aufgeführten Tatbestandsmerkmale funktionell
bestimmt (Urteile Mannesmann Anlagenbau Austria u. a., Randnrn. 20 und 21, vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-470/99,
Universale-Bau u. a., Slg. 2002, I‑11617, Randnrn. 51 bis 53, vom 15. Mai 2003 in der Rechtssache C-214/00, Kommission/Spanien,
Slg. 2003, I‑4667, Randnrn. 52 und 53, und vom 16. Oktober 2003 in der Rechtssache C-283/00, Kommission/Spanien, Slg. 2003,
I‑11697, Randnr. 69).
28
Daraus folgt, dass für die etwaige Einstufung einer privatrechtlich organisierten Einrichtung als Einrichtung des öffentlichen
Rechts ausschließlich zu prüfen ist, ob die betreffende Einrichtung die drei kumulativen Tatbestandsmerkmale von Artikel 1
Buchstabe b Unterabsatz 2 der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt, wobei die privatrechtliche Rechtsform der Einrichtung kein
Kriterium darstellt, das für sich allein deren Einstufung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne dieser Richtlinien ausschließen
könnte (Urteil vom 15. Mai 2003, Kommission/Spanien, Randnrn. 54, 55 und 60).
29
Der Gerichtshof hat darüber hinaus klargestellt, dass diese Auslegung nicht einer Verneinung des gewerblichen Charakters der
im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, die die betreffende Einrichtung wahrnimmt, gleichkommt, da dieser Gesichtspunkt
bei der Prüfung berücksichtigt werden muss, ob die Einrichtung die Voraussetzung des Artikels 1 Buchstabe b Unterabsatz 2
erster Gedankenstrich der Richtlinien 93/36 und 93/37 erfüllt (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 75).
30
Im Übrigen kann diese Schlussfolgerung auch nicht dadurch entkräftet werden, dass in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht
ausdrücklich auf die besondere Gruppe der „öffentlichen Unternehmen“ Bezug genommen wird, die dagegen in der Richtlinie 93/38
aufgeführt wird (Urteil vom 16. Oktober 2003, Kommission/Spanien, Randnr. 76).
31
Aus alledem ergibt sich, dass die spanische Regelung den Begriff „öffentlicher Auftraggeber“ in Artikel 1 Buchstabe b der
Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, da sie die privatrechtlichen Einrichtungen vom Anwendungsbereich
der Regelung ausschließt, obwohl diese alle Voraussetzungen erfüllen können, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster,
zweiter und dritter Gedankenstrich dieser Richtlinien aufgeführt sind.
32
Daher ist der ersten Rüge der Kommission stattzugeben.
Zur zweiten Rüge: Ausschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vom Anwendungsbereich
des neugefassten GesetzesVorbringen der Parteien
33
Die Kommission stellt fest, dass das neugefasste Gesetz die Kooperationsvereinbarungen, die die allgemeine Staatsverwaltung
mit der Sozialversicherung, den Autonomen Gemeinschaften, den Gebietskörperschaften, deren autonomen Einrichtungen und allen
anderen öffentlichen Einrichtungen schließe oder die diese Einrichtungen untereinander schlössen, vom Anwendungsbereich des
Gesetzes ausnehme. Dieser absolute Ausschluss stelle eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37 dar,
da einige dieser Vereinbarungen von gleicher Art wie die unter die Richtlinien fallenden öffentlichen Aufträge sein könnten.
34
Dieser Ausschluss sei in den Richtlinien 93/36 und 93/37 nicht vorgesehen.
35
Die Kommission beruft sich auf die Definition des Auftrags in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 und auf
die Rechtsprechung des Gerichtshofes, nach der zum Nachweis eines Auftrags zu prüfen sei, ob eine Vereinbarung zwischen zwei
verschiedenen Personen getroffen worden sei (Urteil vom 18. November 1999 in der Rechtssache C‑107/98, Teckal, Slg. 1999,
I‑8121, Randnr. 49). Sie vertritt daher unter Berücksichtigung der genannten Gesichtspunkte die Meinung, dass Kooperationsvereinbarungen
zwischen Verwaltungen Aufträge im Sinne der Richtlinien 93/36 und 93/37 sein könnten.
36
Die spanische Regierung trägt vor, dass die Vereinbarungen die normale Form der Beziehungen zwischen Einrichtungen des öffentlichen
Rechts seien. Diese Beziehungen beträfen den Markt am Rande. Im Übrigen sei fraglich, ob das Urteil Teckal richtig sei. Der
Grundsatz in Artikel 6 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe
öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) sei in den anderen Richtlinien über öffentliche Aufträge implizit
enthalten.
Würdigung durch den Gerichtshof
37
Nach den Definitionen in Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinien 93/36 und 93/37 setzt ein öffentlicher Liefer‑ oder Bauauftrag
einen schriftlichen entgeltlichen Vertrag über den Kauf von Waren oder die Ausführung einer bestimmten Art von Arbeiten zwischen
einem Lieferanten oder Unternehmer und einem öffentlichen Auftraggeber im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b der genannten Richtlinien
voraus.
38
Nach Artikel 1 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 genügt es grundsätzlich, dass der Vertrag zwischen einer Gebietskörperschaft
und einer rechtlich von dieser verschiedenen Person geschlossen wurde. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die Gebietskörperschaft
über die betreffende Person eine Kontrolle wie über ihre eigenen Dienststellen ausübt und diese Person zugleich im Wesentlichen
für die sie kontrollierende Gebietskörperschaft oder Gebietskörperschaften tätig ist (Urteil Teckal, Randnr. 50).
39
Aufgrund der Übereinstimmung, die zwischen den Definitionsmerkmalen eines Auftrags – abgesehen von dessen Gegenstand – in
den Richtlinien 93/36 und 93/37 besteht, ist die im Urteil Teckal gefundene Lösung auf die von der Richtlinie 93/37 erfassten
Vereinbarungen zwischen Verwaltungen anzuwenden.
40
Daher stellt die spanische Regelung im vorliegenden Fall eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinien 93/36 und 93/37
dar, da sie die Beziehungen, gleich welcher Art, zwischen den öffentlichen Verwaltungen, ihren öffentlichen Einrichtungen
und ganz allgemein den Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die nicht gewerblicher Art sind, von vornherein vom Anwendungsbereich
des neugefassten Gesetzes ausschließt.
41
Unter diesen Umständen ist der zweiten Rüge der Kommission stattzugeben.
Zur dritten Rüge: Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei nicht in den Richtlinien 93/36 und 93/37 aufgeführten Fällen
42
Die Kommission ist der Ansicht, dass das neugefasste Gesetz die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei in den Richtlinien
93/36 und 93/37 nicht aufgeführten Fällen zulasse: für die Auftragsvergabe nach einem für erfolglos erklärten Verfahren und
für die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter.
Zum ersten Teil der dritten Rüge: Auftragsvergabe nach einem erfolglosen Verfahren Vorbringen der Parteien
43
Nach Ansicht der Kommission verstoßen die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes durch die
Zulassung einer Erhöhung des ursprünglichen Angebotspreises um 10 % im Vergleich zum vorangegangenen offenen oder nicht offenen
Verfahren gegen die Richtlinien 93/36 und 93/37, da sie eine grundlegende Änderung einer der ursprünglichen Bedingungen des
Auftrags, nämlich des Preises, erlaubten.
44
Die Liste der Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren angewandt werden könne, sei abschließend. Daher müsse der Begriff
der nicht grundlegenden Änderung restriktiv ausgelegt werden.
45
Die spanische Regierung wirft der Kommission vor, sie habe nicht angegeben, welche Änderung des Preises als grundlegend zu
betrachten sei und welche Erhöhung nicht so zu qualifizieren sei. Aus Gründen der Rechtssicherheit habe der spanische Gesetzgeber
den unbestimmten Begriff „grundlegende Änderung der ursprünglichen Bedingungen des Vertrages“ konkret ausgefüllt.
46
Die Kommission wendet dagegen ein, dass sie im Rahmen einer Vertragsverletzungsklage weder die Grenzen des Verstoßes bestimmen
noch die Maßnahmen angeben müsse, die die beanstandete Vertragsverletzung beseitigen könnten. Überdies dürfe das vom nationalen
Gesetzgeber verfolgte Ziel der Klarstellung der in den Richtlinien enthaltenen Begriffe nicht zu deren Nichtanwendung führen.
Würdigung durch den Gerichtshof
47
Wie sich insbesondere aus der zwölften Begründungserwägung der Richtlinie 93/36 und der achten Begründungserwägung der Richtlinie
93/37 ergibt, hat das Verhandlungsverfahren Ausnahmecharakter und darf nur in bestimmten, genau festgelegten Fällen zur Anwendung
gelangen. Aus diesem Grund bestimmen die Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der
Richtlinie 93/37 abschließend die Fälle, in denen das Verhandlungsverfahren ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung
angewandt werden kann.
48
Nach der Rechtsprechung sind die Ausnahmen von den Vorschriften, die die Wirksamkeit der Rechte nach dem Vertrag im Bereich
der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteile vom 18. Mai 1995 in der Rechtssache C-57/94, Kommission/Italien,
Slg. 1995, I‑1249, Randnr. 23, und vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-318/94, Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I‑1949,
Randnr. 13). Die Mitgliedstaaten können daher weder Tatbestände für die Anwendung des Verhandlungsverfahrens schaffen, die
in den genannten Richtlinien nicht vorgesehen sind, noch die ausdrücklich in diesen Richtlinien vorgesehenen Tatbestände um
neue Bestimmungen ergänzen, die die Anwendung des genannten Verfahrens erleichtern, da sie sonst die praktische Wirksamkeit
der betreffenden Richtlinien beseitigen würden.
49
Im vorliegenden Fall lässt sich nicht abstreiten, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes,
soweit sie die Anwendung des Verhandlungsverfahrens zulassen, wenn ein Auftrag nicht in einem offenen oder nicht offenen Verfahren
vergeben werden konnte oder die Bewerber nicht zum Vergabeverfahren zugelassen wurden, und die ursprünglichen Bedingungen
des Auftrags bis auf den Preis, der nicht um mehr als 10 % erhöht werden darf, nicht geändert wurden, die genannten Vorschriften
der Richtlinien 93/36 und 93/37 um eine neue Bestimmung ergänzen, die sowohl die Tragweite als auch den Ausnahmecharakter
beeinträchtigt. Denn eine solche Bestimmung kann nicht als unwesentliche Änderung der ursprünglichen Bedingungen der Aufträge
im Sinne der Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 betrachtet
werden.
50
Somit ist festzustellen, dass die Artikel 141 Buchstabe a und 182 Buchstabe a des neugefassten Gesetzes die Artikel 6 Absatz
3 Buchstabe a der Richtlinie 93/36 und 7 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 93/37 nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben.
Zum zweiten Teil der dritten Rüge: Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter Vorbringen der Parteien
51
Die Kommission trägt vor, dass das Verfahren nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes gegen Artikel 6 Absätze
2 und 3 der Richtlinie 93/36 verstoße, in dem die Anwendungsfälle des Verhandlungsverfahrens aufgezählt seien.
52
Im vorliegenden Fall sehe das spanische Recht die Anwendung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Veröffentlichung bei
Gütern vor, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt worden sei.
Die Anwendung dieses Verfahrens sei möglich, sofern der Mustertyp der Güter zuvor völlig unabhängig aufgrund einer Ausschreibung
ausgewählt worden sei.
53
Die spanische Regierung trägt vor, dass die Ausschreibungen, die den Mustertyp der einheitlichen Güter bestimmen sollten,
Rahmenverträgen ähnlich seien.
54
Zudem unterschieden sich die betreffenden Ausschreibungen in keiner Weise von der Vergabe nach einer Vereinbarung oder einem
Rahmenvertrag gemäß einem anderen Artikel des neugefassten Gesetzes, zu denen die Kommission nicht Stellung genommen habe.
Daher stimme der Artikel mit den Richtlinien über öffentliche Aufträge überein.
55
Unter Hinweis auf die Definition der Rahmenverträge trägt die Kommission vor, dass diese Verträge nicht unter die Richtlinie
93/36 fielen.
Würdigung durch den Gerichtshof
56
Was die Vergabe von Lieferaufträgen für einheitliche Güter nach Artikel 182 Buchstabe g des neugefassten Gesetzes betrifft,
so darf das Verhandlungsverfahren nur in den in Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 abschließend aufgezählten Fällen
zur Anwendung gelangen. Absatz 4 dieses Artikels bestimmt im Übrigen: „In allen anderen Fällen vergibt der öffentliche Auftraggeber
seine Lieferaufträge im offenen oder nicht offenen Verfahren.“
57
Die vom spanischen Gesetzgeber eingeführte Bestimmung, um die es hier geht, entspricht weder dem in Artikel 6 Absatz 2 der
Richtlinie 93/36 genannten Fall noch einem der fünf in Absatz 3 dieses Artikels aufgezählten Fälle, in denen die Anwendung
des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige öffentliche Vergabebekanntmachung ausdrücklich zugelassen ist. Im Übrigen fällt
der Begriff „Rahmenvereinbarung“ unter diese Ausnahmen.
58
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Bestimmungen, die Ausnahmen von den Vorschriften zulassen, die die Wirksamkeit der
Rechte nach dem Vertrag im Bereich der öffentlichen Bauaufträge gewährleisten sollen, eng auszulegen (Urteil vom 17. November
1993 in der Rechtssache C‑71/92, Kommission/Spanien, Slg. 1993, I‑5923, Randnr. 36). Es obliegt demnach den Mitgliedstaaten,
nachzuweisen, dass ihre Rechtsvorschriften eine getreue Umsetzung der in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Tatbestände
darstellen. Im vorliegenden Fall hat die spanische Regierung einen solchen Beweis nicht erbracht.
59
Soweit die betreffenden Rechtsvorschriften das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Veröffentlichung in Verfahren, die Güter
betreffen, deren Einheitlichkeit für die allgemeine Verwendung durch die Verwaltung für erforderlich erklärt wurde, zulassen,
sofern der Mustertyp der Güter, um die es sich handelt, zuvor aufgrund einer Ausschreibung festgestellt worden ist, haben
sie Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 93/36 nicht ordnungsgemäß umgesetzt.
60
Somit ist der dritten Rüge der Kommission stattzugeben.
61
Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen seine Verpflichtungen aus den
Richtlinien 93/36 und 93/37 verstoßen hat, indem es die Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umgesetzt
hat, insbesondere
–
die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster,
zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinien aufgeführt sind, vom Anwendungsbereich des neugefassten Gesetzes durch
dessen Artikel 1 Absatz 3 ausgeschlossen hat,
–
in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des neugefassten Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung
und den übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne dieser
Richtlinien sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und
–
in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses neugefassten Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens
in zwei in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.
Kosten
62
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da
die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien in die Kosten beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen
ist, sind ihm die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1.
Das Königreich Spanien hat gegen seine Verpflichtungen aus den Richtlinien 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung
der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge verstoßen, indem es die genannten Richtlinien nicht ordnungsgemäß in seine
nationale Rechtsordnung umgesetzt hat, insbesondere
–
die privatrechtlichen Einrichtungen, die alle Voraussetzungen erfüllen, die in Artikel 1 Buchstabe b Unterabsatz 2 erster,
zweiter und dritter Gedankenstrich der Richtlinie angeführt sind, vom Anwendungsbereich der Ley de Contratos de las Administraciones
Públicas (Gesetz über öffentliche Aufträge) vom 16. Juni 2000 in der durch das Real Decreto Legislativo 2/2000 vom 16. Juni
2000 gebilligten Fassung durch Artikel 1 Absatz 3 dieses Gesetzes ausgeschlossen hat,
–
in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c dieses Gesetzes Kooperationsvereinbarungen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den
übrigen öffentlichen Einrichtungen und damit auch solche Vereinbarungen, die öffentliche Aufträge im Sinne der genannten Richtlinien
sind, vom Anwendungsbereich des Gesetzes vollkommen ausgeschlossen hat und
–
in den Artikeln 141 Buchstabe a und 182 Buchstaben a und g dieses Gesetzes die Anwendung des Verhandlungsverfahrens in zwei
in den genannten Richtlinien nicht aufgeführten Fällen zugelassen hat.