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Document 62003CC0372

Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 12. Mai 2005.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschland.
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Richtlinie 91/439/EWG - Führerschein - Für das Führen bestimmter Fahrzeuge erforderliches Mindestalter - Befugnis, Fahrzeuge einer anderen Klasse als der, für die ein Führerschein ausgestellt worden ist, zu führen - Obligatorische Registrierung und obligatorischer Umtausch von Führerscheinen.
Rechtssache C-372/03.

Sammlung der Rechtsprechung 2005 I-08109

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2005:286

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 12. Mai 2005 1(1)

Rechtssache C‑372/03

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

gegen

Bundesrepublik Deutschland

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 91/439/EWG – Führerschein – Erforderliches Mindestalter für das Führen bestimmter Fahrzeuge – Möglichkeit, Fahrzeuge einer anderen Klasse als der, für die ein Führerschein ausgestellt worden ist, zu führen – Obligatorische Registrierung und Umtausch der Führerscheine“





1.     Mit der vorliegenden Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein(2) verstoßen hat.

2.     Die Kommission stützt ihre Klage auf eine Reihe von Rügen, die sich auf das erforderliche Mindestalter für das Führen bestimmter Fahrzeuge, auf die Möglichkeit, Fahrzeuge einer anderen Klasse als der zu führen, für die eine Fahrerlaubnis(3) ausgestellt worden ist, und auf das Verfahren der Registrierung und des Umtauschs der Führerscheine, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind, beziehen.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Gemeinschaftsregelung

3.     Die Ausstellung und der Gebrauch der Führerscheine wurden zunächst in einem ersten Ansatz durch den Erlass der Ersten Richtlinie 80/1263/EWG des Rates vom 4. Dezember 1980 zur Einführung eines EG-Führerscheins harmonisiert(4). Diese Richtlinie sollte einen Beitrag zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit und zur Erleichterung des Verkehrs für diejenigen Personen leisten, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem niederlassen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben, oder die innerhalb der Gemeinschaft Fahrten durchführen.

4.     Zu diesem Zweck nahm die Richtlinie eine Angleichung bestimmter nationaler Vorschriften insbesondere über die Ausstellung der Führerscheine und deren Gültigkeitsbedingungen vor. Sie definierte ein EG-Führerscheinmodell und führte den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der genannten Führerscheine sowie deren Umtausch ein, wenn ihre Inhaber ihren Wohn- oder Arbeitsort von einem Mitgliedstaat in einen anderen verlegen.

5.     Die Richtlinie 80/1263 wurde durch die Richtlinie 91/439 aufgehoben. Diese stellt insbesondere hinsichtlich der Ausstellungsbedingungen der Führerscheine und der Reichweite des für diese geltenden Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung eine neue Etappe bei der Harmonisierung der nationalen Bestimmungen dar.

6.     Was die Ausstellung der Führerscheine betrifft, so unterliegt sie u. a. Mindestaltersanforderungen, die nach der mit der Richtlinie vorgenommenen Klasseneinstufung des zu führenden Fahrzeugs unterschiedlich sind.

7.     Für Fahrzeuge der Klasse A(5) stellt Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich der Richtlinie den Grundsatz auf, dass das erforderliche Mindestalter für die Ausstellung eines diesem Fahrzeugtyp entsprechenden Führerscheins 18 Jahre beträgt. Die Vorschrift fügt hinzu, dass „für das Führen von Krafträdern mit einer Motorleistung von mehr als 25 kW oder einem Verhältnis von Leistung/Gewicht von mehr als 0,16 kW/kg (oder von Krafträdern mit Beiwagen mit einem Verhältnis Leistung/Gewicht von mehr als 0,16 kW/kg) … jedoch eine mindestens zweijährige Fahrpraxis auf Krafträdern, die beide Merkmale unter diesen Werten aufweisen, mit einem Führerschein der Klasse A erforderlich [ist]“.

8.     Der letzte Satz des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich stellt klar, dass „[v]orbehaltlich einer besonderen Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen … diese vorherige Fahrpraxis nicht verlangt zu werden [braucht], wenn der Bewerber mindestens das 21. Lebensjahr vollendet hat“. Nach Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten zwar von den für bestimmte Klassen (A, B und B + E [oder BE]) festgelegten Mindestaltersanforderungen abweichen und für diese Klassen somit Führerscheine ab Vollendung des 17. Lebensjahres ausstellen; dies gilt jedoch nicht für die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich aufgestellte Mindestaltersanforderung.

9.     Hinsichtlich der Fahrzeuge der Unterklassen C1(6) und C1 + E (oder C1E) (7) sieht Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich vor, dass das für die Ausstellung des entsprechenden Führerscheins erforderliche Mindestalter 18 Jahre beträgt, unbeschadet der für das Führen dieser Fahrzeuge vorgesehenen Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr(8).

10.   Die Gültigkeit des einmal ausgestellten Führerscheins ist nicht immer auf das Führen der Fahrzeugklasse beschränkt, für die er erworben wurde. So sieht z. B. Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie vor, dass ein für die Klasse C + E (oder CE)(9) geltender Führerschein auch zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D + E(10) berechtigt, wenn sein Inhaber bereits zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D(11) berechtigt ist.

11.   Außerdem kann ein einmal in einem Mitgliedstaat ausgestellter Führerschein in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden. In Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie wird dieser Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung wie folgt allgemein aufgestellt: „Die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine werden gegenseitig anerkannt.“

12.   Jedoch gestattet die Richtlinie, wenn der Inhaber eines Führerscheins seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem begründet, der den Führerschein ausgestellt hat, dass der Wohnsitzmitgliedstaat einige seiner innerstaatlichen Vorschriften auf den Führerscheininhaber anwendet.

13.   Dies gilt nach Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie für seine innerstaatlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern, hinsichtlich der Gültigkeitsdauer des Führerscheins und hinsichtlich der ärztlichen Kontrolle. Im Rahmen der Anwendung dieser Vorschriften kann der Wohnsitzmitgliedstaat die für die Verwaltung unerlässlichen Angaben auf dem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein eintragen. Anhang I Nummer 4 der Richtlinie stellt klar, dass diese Angaben, wie z. B. diejenigen über die im Hoheitsgebiet des Wohnsitzmitgliedstaats begangenen schweren Verstöße, von diesem Staat auf dem Führerschein eingetragen werden können, sofern er derartige Eintragungen auch auf den von ihm ausgestellten Führerscheinen vornehmen lässt und hierfür der erforderliche Platz zur Verfügung steht(12).

14.   Ferner sieht Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie vor, dass „[v]orbehaltlich der Einhaltung des straf- und polizeirechtlichen Territorialitätsprinzips … der Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes auf den Inhaber eines Führerscheins … seine innerstaatlichen Vorschriften über Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis anwenden und zu diesem Zweck den betreffenden Führerschein erforderlichenfalls umtauschen [kann]“.

B –    Nationale Regelung

15.   Die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens einschlägige nationale Regelung ist in der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. August 1998, auch Fahrerlaubnis-Verordnung(13) genannt, enthalten.

16.   § 6 Absatz 2 Satz 2 FeV sieht ein Mindestalter von 25 Jahren für den direkten Zugang zur Fahrerlaubnis für schwere Krafträder der Klasse A vor. Nach § 10 Absatz 2 Satz 1 FeV ist der Zugang zur Fahrerlaubnis für Kraftfahrzeuge der Unterklassen C1 oder C1E ab dem 17. Lebensjahr möglich, wenn das Führen dieser Fahrzeuge im Rahmen der Berufsausbildung von Berufskraftfahrern stattfindet (und sich auf die in diesem Rahmen durchgeführten Fahrten beschränkt).

17.   Im Übrigen sind Inhaber der Fahrerlaubnisse der Klassen C1E und D nach § 6 Absatz 3 Nummer 6 FeV zum Führen von Fahrzeugen der Klasse DE berechtigt. Außerdem berechtigen nach § 6 Absatz 4 FeV Fahrerlaubnisse der Klassen C, C1, CE oder C1E ihre Inhaber im Inland auch zum Führen von Kraftomnibussen (d. h. Fahrzeugen der Klasse D) ohne Fahrgäste, wenn die Fahrten lediglich zur Überprüfung des technischen Zustands des Fahrzeugs oder seiner Verbringung an einen anderen Ort dienen.

18.   Darüber hinaus sind nach § 29 Absätze 1 und 2 FeV die Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Führerscheins unter Bußgeldandrohung gehalten, ihre Führerscheine bei den deutschen Verwaltungsbehörden registrieren zu lassen, wenn sie einen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland begründet haben und ihren Führerschein noch nicht länger als zwei Jahre besitzen.

19.   Schließlich haben nach § 29 Absatz 3 und § 47 Absatz 2 FeV die Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins, die ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland begründet haben, ihren Führerschein gegen einen deutschen Führerschein umzutauschen, damit darin bestimmte Eintragungen u. a. zur Gültigkeitsdauer des Führerscheins in diesem Mitgliedstaat vorgenommen werden, wenn diese Gültigkeitsdauer kürzer ist als nach dem Recht des Ausstellermitgliedstaats.

II – Vorverfahren

20.   Nach einem Schriftwechsel zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Kommission forderte diese, weil sie der Auffassung war, der Mitgliedstaat habe gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/439 verstoßen, die Bundesrepublik mit Schreiben vom 18. Juli 2001 auf, ihren Standpunkt darzulegen.

21.   Da die Erklärungen der Bundesrepublik Deutschland sie nicht überzeugten, richtete die Kommission am 21. März 2002 an diese eine mit Gründen versehene Stellungnahme mit der Aufforderung, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der genannten Richtlinie binnen zwei Monaten nach Eingang dieses Schreibens nachzukommen.

22.   Als sich die Annahme des Regelungsentwurfs verzögerte, der der gerügten Vertragsverletzung teilweise abhelfen sollte, hat die Kommission mit am 2. September 2003 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangener Klageschrift die vorliegende Klage erhoben.

III – Klage

23.   Die Kommission stützt ihre Klage auf sechs Rügen, von denen die deutsche Regierung nur zwei bestreitet. Ich werde zunächst diese beiden Rügen prüfen, die sich auf das erforderliche Mindestalter für die Berechtigung zum Führen bestimmter Fahrzeuge beziehen. Sodann werde ich kurz die übrigen Rügen prüfen, die nicht bestritten werden und die sich auf die Möglichkeit des Führens von anderen Fahrzeugen als denen, für die der Führerschein erworben worden ist, sowie auf das Registrierungs- und Umtauschverfahren für die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine beziehen.

A –    Zu den Rügen in Bezug auf das erforderliche Mindestalter für die Berechtigung zum Führen bestimmter Fahrzeuge

24.   Diese Rügen betreffen zum einen schwere Krafträder der Klasse A(14) und zum anderen Fahrzeuge der Unterklassen C1 und C1E. Ich werde beide Rügen nacheinander prüfen.

1.      Zur Rüge in Bezug auf das erforderliche Mindestalter für die Berechtigung zum Führen schwerer Krafträder der Klasse A

a)      Vorbringen der Parteien

25.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, dadurch gegen Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich letzter Satz der Richtlinie verstoßen zu haben, dass sie das erforderliche Mindestalter für den direkten Zugang zu schweren Krafträdern der Klasse A, d. h. ohne vorherige Fahrpraxis mit dem Führen von Krafträdern niedrigerer Klassen, auf 25 Jahre festgesetzt habe. Nach Auffassung der Klägerin kann gemäß diesen Bestimmungen der Richtlinie nur ein Mindestalter von 21 Jahren in der Regelung eines Mitgliedstaates vorgeschrieben werden. Die Kommission macht zur Begründung dieser Rüge geltend, dass diese Bestimmungen darauf abzielten, den unmittelbaren Zugang zu schweren Krafträdern der Klasse A vollständig dadurch zu regeln, dass hierfür ein einheitliches Mindestalter festgelegt werde, weshalb die Mitgliedstaaten nicht berechtigt seien, einseitig ein anderes Mindestalter vorzusehen, unabhängig davon, ob es niedriger oder höher sei.

26.   Die deutsche Regierung tritt dieser Auslegung von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich der Richtlinie entgegen. Sie meint, dass diese Bestimmungen keine vollständige Harmonisierung der Zugangsvoraussetzungen für das Führen des in Rede stehenden Fahrzeugtyps schafften. Sie ließen den Mitgliedstaaten nicht nur die Möglichkeit, einen solchen direkten Zugang zu versagen oder zu erlauben, sondern sie behielten ihnen auch gemäß dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel der Straßenverkehrssicherheit die Möglichkeit vor, wenn sie diesen Zugang erlaubten, ein höheres Mindestalter als 21 Jahre vorzusehen. Insoweit betont die deutsche Regierung, dass die Kommission kürzlich im Rahmen einer Neufassung der Richtlinie vorgeschlagen habe, das fragliche Mindestalter auf 24 statt 21 Jahre anzuheben, um den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit besser gerecht zu werden.

b)      Beurteilung

27.   Ich halte diese Rüge für unbegründet.

28.   Meiner Meinung nach schließt Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich letzter Satz der Richtlinie dadurch, dass er das für einen eventuellen direkten Zugang zu schweren Motorrädern der Klasse A erforderliche Mindestalter auf 21 Jahre festlegt, nur aus, dass Personen, die jünger sind als 21 Jahre, eine Fahrerlaubnis für derartige Fahrzeuge erhalten können. Diese Bestimmungen stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die ein höheres Mindestalter als das in der Richtlinie festgelegte vorsieht, wie z. B. 25 Jahre. Hierfür sprechen mehrere Argumente.

29.   Zunächst lässt Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie dadurch, dass er es zulässt, dass die Mitgliedstaaten von den für bestimmte Fahrzeugklassen (andere als schwere Motorräder der Klasse A) festgelegten Mindestaltersanforderungen abweichen und folglich für Personen ab dem 17. Lebensjahr Führerscheine ausstellen können, d. h. ab einem niedrigeren Alter, als in der Richtlinie für Fahrzeuge dieser Klassen vorgesehen, annehmen, dass der Zweck sämtlicher von ihr aufgestellten Mindestaltersanforderungen darin besteht, eine „Untergrenze“ (und nicht eine „Obergrenze“) aufzustellen, unterhalb deren die Erteilung eines Führerscheins im Prinzip, abgesehen von den ausdrücklich in diesem Artikel vorgesehenen Abweichungen, untersagt ist.

30.   Zwar beziehen sich die in diesem Artikel vorgesehenen Abweichungen ausschließlich auf ein niedrigeres und nicht auf ein höheres Mindestalter als das in der Richtlinie für die betroffenen Fahrzeugklassen vorgesehene, doch bedeutet dies meiner Ansicht nach nicht, dass es den Mitgliedstaaten systematisch verboten wäre, höhere Mindestaltersanforderungen vorzusehen. Im Gegenteil, das Schweigen des Artikels 6 Absatz 2 der Richtlinie hinsichtlich solcher höheren Mindestaltersanforderungen erklärt sich wahrscheinlich dadurch, dass die Vorschriften der Richtlinie über die Mindestaltersanforderungen nicht den Erlass strengerer Vorschriften auf diesem Gebiet durch die Mitgliedstaaten ausschließen sollen, so dass es nicht erforderlich war, in diesem Punkt Abweichungen vorzusehen, um den Mitgliedstaaten ein Tätigwerden in diesem Sinne zu erlauben.

31.   Das Ziel, das die Richtlinie mit der Festlegung der Mindestaltersanforderungen verfolgt, bestätigt diese Analyse.

32.   Die Festlegung von Mindestvoraussetzungen für die Ausstellung eines Führerscheins geschieht nämlich, wie die vierte Begründungserwägung der Richtlinie betont, aus Gründen der Sicherheit im Straßenverkehr. Hinzuzufügen ist, dass die Mindestaltersanforderungen in Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie zu den Mindestvoraussetzungen gehören, mit denen die Erreichung dieses Zieles sichergestellt werden soll.

33.   Entspricht die Festlegung von Mindestaltersanforderungen offensichtlich den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit insoweit, als sie die Ausstellung eines Führerscheins für Personen verbietet, die noch nicht das fragliche Mindestalter erreicht haben, so lässt sich doch nicht das Gleiche für den Fall sagen, dass die in der Richtlinie aufgestellten Mindestaltersanforderungen auf ein Verbot für die Mitgliedstaaten hinauslaufen sollten, solchen Personen die Ausstellung eines Führerscheins zu versagen, die bereits das genannte Mindestalter erreicht haben. Vielmehr ist es gerade das Bestreben, den Schutz der Straßenverkehrssicherheit zu verstärken, das im Allgemeinen die Mitgliedstaaten dazu veranlasst, höhere Mindestaltersanforderungen als die der Richtlinie festzulegen. Im Übrigen hat die Kommission, worauf die deutsche Regierung hingewiesen hat, kürzlich ihre Absicht bekundet, das Mindestalter für den direkten Zugang zu schweren Motorrädern auf 24 Jahre anzuheben, statt es bei 21 Jahren zu belassen, um so zu einer Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit beizutragen(15).

34.   Meiner Ansicht nach ergibt sich aus diesen verschiedenen Umständen, dass Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich letzter Satz der Richtlinie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die wie die fragliche deutsche Regelung ein höheres Mindestalter als das in diesem Artikel festgelegte vorsieht. Folglich halte ich die Rüge in Bezug auf das erforderliche Mindestalter für den direkten Zugang zu schweren Krafträdern der Klasse A, die aus einem angeblichen Verstoß gegen diesen Artikel der Richtlinie hergeleitet wird, für unbegründet.

2.      Zur Rüge in Bezug auf das erforderliche Mindestalter für den Zugang zu Fahrzeugen der Unterklassen C1 und C1E

a)      Vorbringen der Parteien

35.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, dadurch gegen Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 3820/85 verstoßen zu haben, dass sie es zugelassen habe, dass Fahrzeuge der Unterklassen C1 oder C1E ab dem 17. Lebensjahr geführt werden könnten, wenn dies im Rahmen der Berufsausbildung von Berufskraftfahrern geschehe. Es verstoße gegen diese Bestimmungen der Richtlinie und der Verordnung, auf die sie verwiesen, dass Personen von unter 18 Jahren eine Fahrerlaubnis für derartige Fahrzeuge erhielten.

36.   Die deutsche Regierung tritt dieser Rüge entgegen. Sie erklärt, dass im innerstaatlichen Recht der Erwerb eines Führerscheins der Klasse C1 vom vorherigen Erwerb eines Führerscheins der Klasse B abhängig sei.

37.   Außerdem bedeute der Erwerb eines Befähigungsnachweises über den erfolgreichen Abschluss einer anerkannten Ausbildung für Fahrer im Güterverkehr, der nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 3820/85 es rechtfertigen könne, den Inhabern eines solchen Nachweises eine Fahrerlaubnis für Transportfahrzeuge über 7,5 Tonnen Gesamtgewicht zu erteilen – sobald sie das 18. Lebensjahr vollendet hätten –, dass die fragliche Ausbildung beginnen könne, bevor die Betreffenden das 18. Lebensjahr vollendet hätten und dass diese Ausbildung eine bestimmte Fahrerfahrung umfasse. Daraus folge, dass die fragliche nationale Regelung dadurch, dass sie Siebzehnjährigen für ihre Berufsausbildung das Recht zum Führen von Fahrzeugen der Unterklassen C1 oder C1E einräume, auf der Linie des Artikels 5 Absatz 1 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich liege, auf den Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie verweise. Folge man diesem Ansatz nicht, so laufe dies darauf hinaus, Berufsausbildungen von Berufskraftfahrern, die aus Vollständigkeitsgründen ausreichend lang seien, zum Nachteil der Interessen der Straßenverkehrssicherheit zu benachteiligen.

38.   Schließlich relativiert die deutsche Regierung die Tragweite der vorgezogenen Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Unterklassen C1 und C1E, die damit in der nationalen Regelung vorgesehen sei. Diese Erlaubnis werde nur Personen erteilt, die eine Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer absolvierten und sich zuvor einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzogen hätten. Außerdem gelte die Erlaubnis zum Führen derartiger Fahrzeuge nur im Rahmen der genannten Berufsausbildung und nur im Inland.

b)      Beurteilung

39.   Meiner Ansicht nach ist diese Rüge sowohl hinsichtlich der Fahrzeuge der Unterklasse C1 als auch der Fahrzeuge der Unterklasse C1E begründet.

40.   In Bezug auf Fahrzeuge der Unterklasse C1 sehen Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie und Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 3820/85 (auf die der genannte Artikel der Richtlinie verweist) vor, dass die Berechtigung zum Führen dieser Fahrzeuge Personen vorbehalten ist, die mindestens 18 Jahre alt sind. Dadurch, dass die nationale Regelung die Berechtigung zum Führen dieser Fahrzeuge ab dem 17. Lebensjahr eröffnet, verstößt sie gegen diese Bestimmungen der Richtlinie, die mit den genannten Bestimmungen der Verordnung übereinstimmen. Dieser Schluss ist zwingend, selbst wenn, wie die deutsche Regierung vorträgt, die Tragweite dieser vorgezogenen Fahrerlaubnis beschränkt wäre.

41.   Auch hat es keine Bedeutung, dass, wie die deutsche Regierung vorträgt, der Erwerb eines Führerscheins der Unterklasse C1 (der zum Führen von Fahrzeugen der Unterklasse C1 berechtigt) vom vorherigen Erwerb eines Führerscheins der Klasse B (der zum Führen von Fahrzeugen der Klasse B berechtigt) abhängig ist. Denn auch wenn Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie die Mitgliedstaaten ermächtigt, von den für bestimmte Fahrzeugklassen wie die Klasse B festgelegten Mindestaltersanforderungen abzuweichen und so Personen, sobald sie 17 Jahre alt sind, Führerscheine auszustellen, die diesen Fahrzeugarten entsprechen, so gilt doch für Fahrzeuge der Unterklasse C1 etwas anderes. Da der genannte Artikel 6 Absatz 2 abschließenden Charakter hat, ist es ausgeschlossen, dass der Erwerb eines Führerscheins der Klasse B bereits mit 17 Jahren gemäß diesem Artikel den Erwerb eines Führerscheins der Unterklasse C1 unter denselben Altersvoraussetzungen rechtfertigt.

42.   Hinsichtlich der Fahrzeuge der Unterklasse C1E erinnere ich daran, dass die Verordnung Nr. 3820/85 (auf die Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie verweist) in ihrem Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich den Grundsatz aufstellt, dass das erforderliche Mindestalter für den Zugang zum Führen dieser Fahrzeuge das vollendete 21. Lebensjahr ist. Nur abweichend von diesem Grundsatz senkt Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der genannten Verordnung dieses Mindestalter auf das vollendete 18. Lebensjahr, sofern, wie erwähnt, „der Fahrer Inhaber eines Befähigungsnachweises über den erfolgreichen Abschluss einer von einem der Mitgliedstaaten anerkannten Ausbildung für Fahrer im Güterkraftverkehr gemäß den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das Mindestniveau der Ausbildung für Fahrer von Transportfahrzeugen im Straßenverkehr ist“.

43.   Aus diesen Bestimmungen der Verordnung Nr. 3820/85 ergibt sich, dass der Zugang zu Fahrzeugen der Unterklasse C1E bereits mit 18 Jahren den vorherigen erfolgreichen Abschluss einer bestimmten Berufsausbildung von Berufskraftfahrern und die Vorlage eines nach einer solchen Ausbildung erlangten Befähigungsnachweises voraussetzt.

44.   Auch wenn also diese Berufsausbildung schon vor dem 18. Lebensjahr des Betreffenden beginnen kann und unter den gleichen Altersvoraussetzungen eine Fahrerfahrung unter ständiger Aufsicht eines Ausbilders umfassen kann, so ist es doch ausgeschlossen, dass dem Betreffenden ein Führerschein für Fahrzeuge der Unterklasse C1E ausgestellt wird, wenn er noch nicht 18 Jahre alt ist und sich weiter in der Berufsausbildung befindet, ohne demnach den Befähigungsnachweis vorweisen zu können, der erst am Ende einer derartigen Ausbildung erteilt wird.

45.   Jedoch sieht gerade dies die deutsche Regelung vor, weil sie erst Siebzehnjährigen im Rahmen einer Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer das Führen von Fahrzeugen der Unterklasse C1E im öffentlichen nationalen Straßenverkehrsnetz erlaubt, ohne dass dieses Führen mit einer ständigen Überwachung durch einen Ausbilder einhergeht. Was diese Art von Fahrzeugen angeht, so verstößt die nationale Regelung also gegen Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 3820/85. Sie verstößt auch gegen Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie, soweit dieser Artikel auf die Anwendung der genannten Verordnung und damit auch auf deren Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b verweist.

46.   Ich schließe daraus, dass die Rüge hinsichtlich des Mindestalters für das Führen von Fahrzeugen der Unterklassen C1 und C1E, die aus einem Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie hergeleitet wird, begründet ist.

B –    Zu den Rügen hinsichtlich der Möglichkeit, andere Fahrzeuge als die zu führen, für die ein Führerschein erteilt worden ist

47.   Zwei Rügen behandeln die Möglichkeit, andere Fahrzeuge als die zu führen, für die ein Führerschein erteilt worden ist. Die eine betrifft die Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klasse DE, die andere die zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D. Ich werde kurz auf diese beiden Rügen eingehen, die von der deutschen Regierung nicht bestritten werden.

1.      Zur Rüge hinsichtlich der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klasse DE

48.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, dadurch gegen Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie verstoßen zu haben, dass sie vorgesehen habe, dass Inhaber von Führerscheinen der Klassen C1E und D berechtigt seien, Fahrzeuge der Klasse DE zu führen. Ich halte diese Rüge für begründet.

49.   Der genannte Artikel bestimmt nämlich, dass „ein für die Klasse C + E geltender Führerschein … auch zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D + E [berechtigt], wenn sein Inhaber bereits zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D berechtigt ist“. Daraus ergibt sich, dass nur der Inhaber eines Führerscheins der Klasse CE und nicht der Klasse C1E zum Führen von Fahrzeugen der Klasse DE berechtigt ist, wenn er für Fahrzeuge der Klasse D eine Fahrerlaubnis hat. Der Inhaber eines Führerscheins der Klasse C1E ist also nicht berechtigt, sich auf einen solchen Führerschein zu berufen, um ein Fahrzeug der Klasse DE zu führen.

2.      Zur Rüge hinsichtlich der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D

50.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, dadurch gegen Artikel 3 der Richtlinie verstoßen zu haben, dass sie Inhabern der Führerscheine der Klassen C1, C1E, C oder CE erlaubt habe, Fahrzeuge der Klasse D für Fahrten ohne Fahrgäste im Inland zu führen, wenn diese Fahrten lediglich zur Überprüfung des technischen Zustands des Fahrzeugs oder seiner Verbringung an einen anderen Ort dienten. Ich halte diese Rüge für begründet.

51.   Aus Artikel 3 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich der Richtlinie ergibt sich nämlich, dass Fahrzeuge der Klasse C von denen der Klasse D zu unterscheiden sind, so dass ein Führerschein der Klasse C nicht zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D berechtigen kann. Das Gleiche gilt für die Fahrzeugarten im Zusammenhang mit denen der Klasse C, nämlich Fahrzeuge der Klasse C1 und solche der Unterklasse C1E (wie sie in Artikel 3 Absatz 1 sechster Gedankenstrich und Absatz 2 dritter und vierter Gedankenstrich der Richtlinie definiert sind).

52.   Wie die Kommission betont hat, beruht diese Unterscheidung zwischen Fahrzeugen der Klassen und Unterklassen C, CE, C1 oder C1E (d. h. Lastkraftwagen) und Fahrzeugen der Klasse D (d. h. Kraftomnibussen) und den entsprechenden Führerscheinen darauf, dass das Führen dieser beiden Fahrzeugarten konkret nicht vergleichbar ist und somit eine spezifische Ausbildung für jede dieser Fahrzeugarten erfordert, so dass ein Führerschein der Klassen C, CE, C1 oder C1E (den man nach einer bestimmten Ausbildung erhält) nicht zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D berechtigen kann (die eine andere Ausbildung verlangt).

53.   Ich schließe daraus, dass die Rüge hinsichtlich der Berechtigung zum Führen von Fahrzeugen der Klasse D, die aus einem Verstoß gegen Artikel 3 der Richtlinie hergeleitet wird, begründet ist.

C –    Zu den Rügen hinsichtlich des Registrierungs- und Umtauschverfahrens für Führerscheine, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind

54.   Ich werde nacheinander die Rüge hinsichtlich des Registrierungsverfahrens für Führerscheine, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind, und die hinsichtlich des Umtauschverfahrens für diese Führerscheine prüfen, wobei daran zu erinnern ist, dass diese Rügen von der deutschen Regierung nicht bestritten werden.

1.      Zur Rüge hinsichtlich des Registrierungsverfahrens für Führerscheine, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind

55.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, den in Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie aufgestellten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine verletzt zu haben, indem sie unter Bußgeldandrohung die systematische obligatorische Registrierung der von den anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine vorgesehen habe, wenn die Inhaber dieser Führerscheine ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland begründet haben und ihren Führerschein noch nicht länger als zwei Jahre besitzen.

56.   Ich halte diese Rüge für begründet. Insoweit genügt der Hinweis auf das Urteil vom 10. Juli 2003 in der Rechtssache Kommission/Niederlande(16) und auf das Urteil vom 9. September 2004 in der Rechtssache Kommission/Spanien(17). In diesen Urteilen hat der Gerichtshof entschieden, dass die obligatorische oder systematische Registrierung der Führerscheine eine Formalität darstellt, die gegen den in Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie vorgesehenen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verstößt und die sich weder auf der Grundlage des Artikels 1 Absatz 3 noch auf der des Artikels 8 Absatz 2 der Richtlinie rechtfertigen lässt(18).

2.      Zur Rüge hinsichtlich des Umtauschverfahrens für Führerscheine, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt worden sind

57.   Mit dieser Rüge wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland vor, gegen mehrere Bestimmungen der Richtlinie, insbesondere Artikel 1 Absatz 2, verstoßen zu haben, indem sie den Inhabern von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheinen mit ordentlichem Wohnsitz in Deutschland vorgeschrieben habe, ihren Führerschein gegen einen deutschen Führerschein umzutauschen, damit die zuständigen deutschen Behörden darin bestimmte Angaben u. a. in Bezug auf die Gültigkeitsdauer der Führerscheine in diesem Staat eintragen, wenn diese Dauer kürzer ist als in dem Mitgliedstaat, der die Führerscheine ausgestellt hat. Ich halte diese Rüge für begründet.

58.   Wie nämlich der Gerichtshof in Randnummer 72 des Urteils Kommission/Niederlande hervorgehoben hat, ergibt sich aus der neunten Begründungserwägung der Richtlinie, dass diese ausdrücklich das System des Führerscheinumtauschs abschaffen wollte. Dieser Umstand ist im Beschluss vom 29. Januar 2004 in der Rechtssache Krüger(19) erneut erwähnt worden.

59.   Der Gerichtshof hat sich im Wesentlichen auf dieses Argument gestützt, als er im Beschluss in der Rechtssache Krüger entschieden hat, dass „Artikel 1 [Absatz] … 2 der Richtlinie 91/439 dahin auszulegen ist, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die für die Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins, die sich in diesem Staat niedergelassen haben, unter bestimmten Umständen die Verpflichtung vorsieht, diesen Führerschein gegen einen nationalen Führerschein umzutauschen, weil der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellte Führerschein, der den im Aufnahmemitgliedstaat anwendbaren Vorschriften über die Gültigkeitsdauer nicht entspricht, nicht in das Führerscheinregister dieses Staates eingetragen werden kann“(20).

60.   Was für das in der Rechtssache Krüger fragliche Umtauschverfahren gilt, gilt ebenso für das in der vorliegenden Rechtssache in Rede stehende.

61.   Ich schließe daraus, dass die Rüge hinsichtlich des Verfahrens des Umtauschs der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine, die aus einem Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie hergeleitet wird, begründet ist.

IV – Ergebnis

62.   Abschließend schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.      festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland

–      dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein verstoßen hat, dass sie eine Regelung erlassen hat, wonach Fahrzeuge der Unterklassen C1 oder C1 + E (oder C1E) ab dem 17. Lebensjahr geführt werden können, wenn dies im Rahmen der Berufsausbildung von Berufskraftfahrern geschieht;

–      dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 91/439 verstoßen hat, dass sie eine Regelung erlassen hat, wonach die Inhaber von Führerscheinen der Klassen C1E und D berechtigt sind, Fahrzeuge der Klassen D + E (oder DE) zu führen;

–      dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 3 der Richtlinie 91/439 verstoßen hat, dass sie eine Regelung erlassen hat, wonach die Inhaber von Führerscheinen der Klassen C1, C1E, C oder C + E (oder CE) berechtigt sind, Fahrzeuge der Klasse D für Fahrten ohne Fahrgäste im Inland zu führen, wenn diese Fahrten lediglich zur Überprüfung des technischen Zustands des Fahrzeugs oder seiner Verbringung an einen anderen Ort dienen;

–      dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/439 verstoßen hat, dass sie eine Regelung erlassen hat, wonach unter Bußgeldandrohung die systematische obligatorische Registrierung der von den anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine vorgesehen ist, wenn die Inhaber dieser Führerscheine ihren ordentlichen Wohnsitz in Deutschland begründet haben und ihren Führerschein noch nicht länger als zwei Jahre besitzen;

–      dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 91/439 verstoßen hat, dass sie eine Regelung erlassen hat, wonach die Inhaber von in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheinen mit ordentlichem Wohnsitz in Deutschland verpflichtet sind, ihren Führerschein gegen einen deutschen Führerschein umzutauschen, damit die zuständigen deutschen Behörden darin bestimmte Angaben u. a. in Bezug auf die Gültigkeitsdauer der Führerscheine in diesem Staat eintragen, wenn diese Dauer kürzer ist als in dem Mitgliedstaat, der die Führerscheine ausgestellt hat;

2.      im Übrigen die Klage abzuweisen;

3.      die Bundesrepublik Deutschland zur Tragung ihrer eigenen Kosten und der Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zu verurteilen.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – ABl. L 237, S. 1, im Folgenden: Richtlinie.


3 – Im Folgenden: Führerschein.


4 – ABl. L 375, S. 1.


5 – Nach Artikel 3 Absatz 1 erster Gedankenstrich der Richtlinie umfasst die Klasse A Krafträder mit oder ohne Beiwagen.


6 – Die Unterklasse C1 umfasst nach Artikel 3 Absatz 2 dritter Gedankenstrich der Richtlinie Kraftwagen – ausgenommen jene der Klasse D (d. h. mit Ausnahme der Kraftomnibusse) – mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg (= 3,5 Tonnen), jedoch nicht mehr als 7 500 kg (= 7,5 Tonnen). Hinter den Kraftwagen dieser Unterklasse kann ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 750 kg mitgeführt werden.


7 – Die Unterklasse C1 + E umfasst nach Artikel 3 Absatz 2 vierter Gedankenstrich Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Unterklasse C1 und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen, sofern die zulässige Gesamtmasse der Kombination 12 000 kg (= 12 Tonnen) und die zulässige Gesamtmasse des Anhängers die Leermasse des Zugfahrzeugs nicht übersteigen.


8 – ABl. L 370, S. 1. Artikel 5 Absatz 1 dieser Verordnung sieht vor, dass „[d]as Mindestalter der im Güterverkehr eingesetzten Fahrer … festgesetzt [wird]: a) bei Fahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis zu 7,5 Tonnen einschließlich – Anhänger oder Sattelanhänger gegebenenfalls inbegriffen – auf das vollendete 18. Lebensjahr; b) bei den übrigen Fahrzeugen auf – das vollendete 21. Lebensjahr oder – das vollendete 18. Lebensjahr, falls der Fahrer Inhaber eines Befähigungsnachweises über den erfolgreichen Abschluss einer von einem der Mitgliedstaaten anerkannten Ausbildung für Fahrer im Güterkraftverkehr gemäß den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über das Mindestniveau der Ausbildung für Fahrer von Transportfahrzeugen im Straßenverkehr ist“.


9 – Nach Artikel 3 Absatz 1 sechster Gedankenstrich der Richtlinie umfasst die Klasse C + E Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse C und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen. Nach dem fünften Gedankenstrich gehören zur Klasse C Kraftwagen – ausgenommen jene der Klasse D (d. h. mit Ausnahme der Kraftomnibusse) – mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 500 kg (= 3,5 Tonnen); hinter den Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 750 kg mitgeführt werden.


10 – Nach Artikel 3 Absatz 1 achter Gedankenstrich der Richtlinie bezieht sich die Klasse D + E auf Fahrzeugkombinationen, die aus einem Zugfahrzeug der Klasse D und einem Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 750 kg bestehen.


11 – Wie bereits angegeben, umfasst die Klasse D Kraftomnibusse. Genauer gesagt weist Artikel 3 Absatz 1 siebter Gedankenstrich der Richtlinie darauf hin, dass diese Klasse Kraftwagen zur Personenbeförderung mit mehr als acht Sitzplätzen außer dem Führersitz umfasst; hinter dem Kraftwagen dieser Klasse darf ein Anhänger mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 750 kg mitgeführt werden.


12 – Diese Klarstellung findet sich auch in Anhang Ia Nummer 3 Buchstabe a der Richtlinie in der Fassung der Richtlinie 96/47/EG des Rates vom 23. Juli 1996 (ABl. L 235, S. 1), die am 18. September 1996 in Kraft getreten ist. Dieser Anhang ermöglicht es den Mitgliedstaaten, Führerscheine in einer Form auszustellen, die von dem in Anhang I der Richtlinie vorgesehenen herkömmlichen Muster in Papierform abweicht. Dieses zweite Führerscheinmuster hat die Form einer Plastikkarte, wie sie u. a. auch für Kreditkarten verwendet wird. Wie auf dem herkömmlichen Führerschein können auch auf diesem Führerschein Angaben eingetragen werden.


13 – BGBl. 1998 I S. 2214, im Folgendem: FeV. Die FeV ist am 1. Januar 1999 in Kraft getreten.


14 – Dieser Begriff bezeichnet die von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b erster Gedankenstrich erfassten Fahrzeuge. Dabei handelt es sich, wie bereits erwähnt, um Krafträder mit einer Motorleistung von mehr als 25 kW oder einem Verhältnis von Leistung/Gewicht von mehr als 0,16 kW/kg (oder von Krafträdern mit Beiwagen mit einem Verhältnis Leistung/Gewicht von mehr als 0,16 kW/kg).


15 – Vgl. Änderungsvorschlag für die Richtlinie KOM(2003) 621 endg. vom 21. Oktober 2003, Nrn. 71 und 77. Die Kommission stellt fest, dass die derzeitige Gemeinschaftsregelung zahlreichen jungen Fahrern ohne Fahrpraxis erlaube, die leistungsstärksten Krafträder zu führen. Sie bemerkt, dass ausweislich der Unfallstatistiken das Unfallrisiko bei Fahranfängern für diese Art von Fahrzeugen besonders hoch bei den unter 24‑Jährigen sei. Im Interesse der Straßenverkehrssicherheit schlägt die Kommission daher vor, das für den direkten Zugang zu diesen Fahrzeugen erforderliche Mindestalter von 21 auf 24 Jahre anzuheben.


16 – C‑246/00, Slg. 2003, I‑7485.


17 – C‑195/02, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht.


18 – Vgl. vorgenannte Urteile Kommission/Niederlande (Randnrn. 60 bis 71) und Kommission/Spanien (Randnrn. 53 bis 65). Vgl. im gleichen Sinne Nrn. 34 bis 58 und Nrn. 40 bis 56 meiner Schlussanträge in diesen Rechtssachen.


19 – C‑253/01, Slg. 2004, I‑1191 (Randnr. 31).


20 – Randnr. 37.

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