Conclusions
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER
vom 16. Oktober 2003(1)
Rechtssache C-334/02
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Französische Republik
„Vertragsverletzungsverfahren – Frankreich – Freier Dienstleistungsverkehr und freier Kapitalverkehr – Einkommensteuer – Kapitaleinkünfte aus beweglichem Vermögen – Befugnis des Steuerpflichtigen, zwischen der Unterwerfung unter die Besteuerung oder der Unterwerfung unter einen pauschalen
Steuerabzug, der der Abgeltung dient, zu wählen – Ausschluss der Einkünfte, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen oder wohnhaften Personen und Körperschaften
gezahlt werden“
1.
Die französische Regelung der Einkommensteuer für natürliche Personen erlaubt es, Einkünfte aus bestimmten Investitionen von
der Steuer zu befreien, wenn sich der Steuerpflichtige für eine Quellensteuer entscheidet, sofern der Schuldner dieser Einkünfte
in Frankreich niedergelassen oder wohnhaft ist.
2.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt gemäß Artikel 226 Absatz 2 EG beim Gerichtshof die Feststellung,
dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen hat, dass sie
diese Regelung beibehält.
I – Die direkten Steuern und der freie Dienstleistungsverkehr sowie der freie Kapitalverkehr
3.
Die direkten Steuern unterliegen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, die diese unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts
und insbesondere der Bestimmungen auszuüben haben
(2)
, die den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr regeln.
4.
Die erste dieser Freiheiten, die in Artikel 49 EG (früher Artikel 59 EG-Vertrag) geregelt ist, verlangt die Beseitigung sämtlicher
Diskriminierungen des Leistungserbringers, die auf seiner Staatsangehörigkeit beruhen oder damit zusammenhängen, dass er in
einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Leistung erbracht wird, niedergelassen ist
(3)
. Somit verstößt grundsätzlich jede steuerliche Maßnahme, die die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Wirtschaftsteilnehmer
abschreckt oder die eigenen Staatsangehörigen davon abhält, deren Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, gegen diese Freiheit
(4)
.
5.
Der in Artikel 56 EG (früher Artikel 73b EG-Vertrag) verankerte freie Kapitalverkehr untersagt es den Mitgliedstaaten, Maßnahmen
zu ergreifen, die Gebietsansässige davon abhalten, in einem anderen Mitgliedstaat Anlagen zu tätigen
(5)
, und steht damit Steuerregelungen entgegen, die diese Wirkung entfalten
(6)
.
II – Die in Rede stehende Steuerregelung
6.
Artikel 125 A Absatz 1 des Code général des impôts bestimmt:
„… natürliche Personen, die Zinsen, rückständige Zinsen und Einkünfte jeder Art aus staatlichen Mitteln, Schuldverschreibungen,
Anteilscheinen, Briefen und sonstigen Forderungspapieren, Einlagen, Bürgschaften und laufenden Konten beziehen,
deren Schuldner in Frankreich wohnhaft oder niedergelassen ist, können sich für die Unterwerfung unter einen Steuerabzug entscheiden, der die Einkommensteuer für die Einkünfte, auf die
sie angewandt wird, abgilt.
Eine bei diesen Einkünften abgezogene Quellensteuer wird auf die Steuer angerechnet.
Der Abzug wird von dem Schuldner oder der Person vorgenommen, die die Einkünfte zahlt.“
7.
Artikel 125 A Absatz IIIbis regelt den Prozentsatz des Steuerabzugs, der nach Maßgabe der Erträge, auf die er angewandt wird,
der Dauer des Vertrages, dem Zeitpunkt der Ausgabe der Papiere oder dem Fälligkeitszeitraum der Zinsen 15 % bis 60 % beträgt.
8.
Artikel 125-0 A Absatz II enthält die gleiche Regelung für Einkünfte aus Sparbriefen und Sparverträgen sowie Anlagen gleicher
Art. In diesen Fällen beträgt der Steuersatz 7,5 % bis 60 %.
III – Das Verwaltungsverfahren
9.
Am 30. Oktober 2000 übersandte die Europäische Kommission Frankreich ein Schreiben mit der Feststellung, dass Frankreich dadurch
gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen habe, dass es das Wahlrecht Steuerpflichtigen vorbehalten
habe, deren Kapitalerträge von in Frankreich niedergelassenen oder wohnhaften Schuldnern geschuldet würden, und setzte eine
Frist von zwei Monaten zur Äußerung.
10.
Die französische Regierung antwortete am 28. Dezember 2000. Die Kommission, die das französische Vorbringen nicht überzeugte,
gab am 18. Juli 2001 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie ihren ursprünglichen Standpunkt aufrechterhielt.
IV – Vorbringen der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof
11.
Die Kommission hat am 10. Dezember 2002 beim Gerichtshof die vorliegende Klage mit dem Antrag erhoben, festzustellen, dass
die beschriebene Steuerregelung eine gegen die Artikel 49 EG und 56 EG verstoßende Beschränkung des freien Dienstleistungs-
und des freien Kapitalverkehrs darstelle, da der im Allgemeinen günstigere Satz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs nicht
für Einkünfte in Frankreich wohnhafter Personen gelte, die von einem in diesem Land nicht wohnhaften oder niedergelassenen
Schuldner stammten.
12.
Die französische Regierung macht geltend, dass die Regelung dafür gedacht sei, bei einem im Inland niedergelassenen Schuldner
(gewöhnlich einem Geldinstitut) durchgeführt zu werden, der verpflichtet sei, in den ersten 14 Tagen jedes Monats die Beträge
des Pauschalabzugs für die vorhergehenden monatlichen Zahlungen der Staatskasse zuzuführen. Die von der Kommission gerügte
unterschiedliche Behandlung müsse relativiert werden, da zuweilen der Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs
höher als der Steuersatz sei und da für die Steuerverwaltung die Quellensteuer günstiger sei als die Unterwerfung unter die
Steuerpflicht. Schließlich sei die Begrenzung des Wahlrechts durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Zahlung und die Wirksamkeit
der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten.
V – Die Vertragsverletzung
A –
Zur unterschiedlichen Behandlung
13.
Eine einkommensteuerpflichtige natürliche Person mit steuerlichem Wohnsitz in Frankreich
(7)
, die eine der in den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts aufgeführten Einkünfte bezieht, kann die Steuer
entrichten oder diese Pflicht durch einen pauschalen Abzug erfüllen, den der Schuldner vorzunehmen und an die Staatskasse
abzuführen hat. Allerdings besteht das Wahlrecht nur, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung in Frankreich
hat sowie dann, wenn die Papiere, aus denen die Einkünfte stammen, in Frankreich ausgegeben worden sind
(8)
.
14.
Es liegt tatsächlich eine unterschiedliche steuerliche Behandlung vor; das ist unstreitig. Das Wahlrecht besteht nur, wenn
die Steuerpflichtigen und die zur Zahlung der Kapitalerträge verpflichteten Personen in Frankreich wohnhaft oder niedergelassen
sind
(9)
. Die beklagte Regierung spielt allerdings die Ungleichheit mit dem Argument herunter, dass der Steuersatz manchmal für den
Steuerpflichtigen attraktiver als der Prozentsatz des Abschlags sei und dass der Zeitpunkt der Steuerentrichtung in beiden
Fällen die Steuerpflicht interessanter mache.
1. Der Satz des pauschalen Steuerabzugs und der Steuersatz
15.
Die französische Regierung
(10)
und die Kommission
(11)
haben erörtert, ob der Steuersatz günstiger als der Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Abzugs ist. Keiner verschafft
einen Überblick, und natürlich gelangen sie zu keiner Einigung. Die zu berücksichtigenden Merkmale sind so zahlreich und so
unterschiedlich
(12)
, dass es unmöglich ist, eine einheitliche und allgemeine Antwort zu geben. Fest steht jedoch, dass, wie der beklagte Mitgliedstaat
selbst einräumt
(13)
, immer Sachverhalte vorkommen, in denen der Abzugssatz günstiger ist als der Steuersatz. Mehr noch, Steuerexperten sind der
Ansicht, dass „allgemein gesagt werden kann, dass der der Abgeltung dienende Steuerabzug für den Steuerpflichtigen günstiger
ist, wenn in Ermangelung einer Wahlmöglichkeit die steuerbaren Einkünfte (oder Teile von diesen) möglicherweise … bei der
Einkommensteuer mit einem höheren Satz als dem des Abzugs besteuert werden“
(14)
.
16.
Daher stellen die Artikel 125 A und 125-0 A des Code général des impôts unter dem Gesichtspunkt des Teiles der Einkünfte,
der auf einem der beiden Wege in die öffentlichen Kassen gelangt, ein Hemmnis für die erwähnten Grundfreiheiten dar, da in
bestimmten Situationen der Kauf der Produkte, deren Frucht die erwähnten Einkünfte sind, bei in Frankreich wohnhaften oder
ansässigen Personen oder Einrichtungen für die Steuerpflichtigen attraktiver ist als bei den in anderen Gemeinschaftsländern
ansässigen. Das ergibt sich schon daraus, wie die Kommission ausführt
(15)
, dass dies bei einigen Fallgestaltungen geschieht, da jede Beeinträchtigung einer dieser Freiheiten, mag sie noch so unbedeutend
sein, verboten ist
(16)
.
2. Der Zeitpunkt der Erhebung der Steuer und die steuertechnischen Auswirkungen
17.
Dass der pauschale Abzug durch den Schuldner der Kapitalerträge aus beweglichen Gegenständen des Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt
von deren Zahlung erfolgt, die Erhebung der Einkommensteuer aber im September des Jahres, das auf das Steuerjahr folgt, in
dem Erträge eingenommen worden sind, so dass in diesem Fall flüssige Mittel vorliegen, die im erstgenannten Fall fehlten,
bildet für sich genommen keinen objektiv messbaren steuerlichen Vorteil.
18.
Die Entscheidung für die sofortige Entrichtung eines bestimmten Prozentsatzes der Einnahmen (entsprechend dem der Abgeltung
dienenden Steuerabzug) oder für die Entrichtung eines höheren Satzes einige Monate später als Einkommensteuer ist so subjektiv,
dass es sich verbietet, eine Alternative allgemein als vorzugswürdig zu erachten.
19.
Selbst wenn jedoch mit dem Beklagten davon ausgegangen werden könnte, dass es steuertechnisch betrachtet für den Steuerpflichtigen
besser wäre, der Einkommensteuer zu unterliegen, als den der Abgeltung dienenden Steuerabzug zu entrichten, würde das das
Hemmnis für den freien Kapitalverkehr und den freien Dienstleistungsverkehr nicht beseitigten, da, wie die Kommission ausführt
(17)
und die französische Regierung einräumt
(18)
, der Gerichtshof festgestellt hat, dass das Bestehen von Steuervorteilen eine gegen eine Grundfreiheit verstoßende steuerliche
Behandlung nicht rechtfertigen kann
(19)
.
20.
Um die Anwendung in der Rechtsprechung zu verhindern, macht Frankreich geltend, dass der steuertechnische Vorteil, den die
spätere Entrichtung der Einkommensteuer bedeutet, Bestandteil der Regelung des pauschalen, der Abgeltung dienenden Abzugs
sei; diese bilde ein kohärentes Ganzes, so dass sie vom Anwendungsbereich dieser Rechtsprechung nicht erfasst werde. Der Aufschub
bei der Entrichtung der Steuer gegenüber dem Zeitpunkt, zu dem der Abzug praktiziert wird, sei also dazu bestimmt, den Nachteil
auszugleichen, den diejenigen erleiden, die, da sie keine Wahlmöglichkeit haben, stets der Einkommensteuer unterliegen.
21.
Dies triff nicht zu. Es geht hier nicht darum, ob die einen dem Abzug und die anderen der Entrichtung der Steuer unterliegen,
wobei die Lage der Ersteren günstiger als die der Letztgenannten ist. Die Frage ist eine ganz andere: Einigen wird die Wahlmöglichkeit
eingeräumt und anderen nicht, so dass die Steuerpflichtigen, die Kapitalerträge von in Frankreich niedergelassenen Einrichtungen
beziehen, wählen können, ob bei ihnen sofort ein Abzug vorgenommen wird oder ob sie in einigen Monaten die Steuer entrichten,
während diejenigen, die Verträge mit in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen schließen, diese Möglichkeit nicht
haben. Unter diesem Blickwinkel ist die momentane Liquidität, die die (freiwillige oder unfreiwillige) Unterwerfung unter
die Steuer dem Steuerpflichtigen verschafft, eine Vergünstigung, die nichts mit der Regelung des der Abgeltung dienenden Abzugs
zu tun hat und nicht dazu gedacht ist, eine unterschiedliche Behandlung auszugleichen.
22.
Selbst wenn es sich jedoch um eine Vergünstigung handelte, würde das Hemmnis nicht beseitigt, das die in Rede stehenden französischen
Bestimmungen für die Freiheiten, die die Kommission in der Klage anführt, errichten.
23.
Die Entscheidung des französischen Gesetzgebers, die Steuer im September des auf das Steuerjahr, in dem die steuerbaren Erträge
erzielt werden, folgenden Jahres zu erheben, hat selbstverständlich nichts mit der Befugnis zu tun, sich für den in den Artikeln
125 A und 125-0 A des Code général des impôts geregelten Abzug zu entscheiden. Auf der anderen Seite ist mit der Bestimmung,
dass der Abzug von dem zur Zahlung der Einkünfte Verpflichteten an der Quelle vorgenommen wird, nicht bezweckt, diejenigen,
die sich für diese Regelung entscheiden, gegenüber denjenigen zu benachteiligen, die zur Entrichtung der Steuer verpflichtet
sind. Die beklagte Regierung erklärt, der Zweck der Regelung bestehe darin, die Finanzierungsinstrumente für die Bildung von
Ersparnissen zu kontrollieren und die Erhebung dieser Art öffentlicher Einkünfte durch die Staatskasse zu sichern; die Lehre
fügt den Zweck der „Ermunterung der Sparer, ihre Mittel eher in französischen Werten als in ausländischen anzulegen“
(20)
, hinzu.
24.
Ich meine daher, dass die in den verschiedenen Artikeln des Code général des impôts geregelte Wahlmöglichkeit eine Beschränkung
des freien Dienstleistungsverkehrs und des freien Kapitalverkehrs darstellt, da sie die in Frankreich ansässigen Steuerpflichtigen
davon abhält, ihre Ersparnisse in von ausländischen Einrichtungen angebotenen Kapitalanlagen anzulegen, und diese Unternehmen
daran hindert, diese Erzeugnisse in Frankreich anzubieten, da ihre Erträge allgemein steuerlich weniger günstig als die von
in dem erwähnten Land niedergelassenen oder wohnhaften Wettbewerbern verschafften Erträge behandelt werden.
B –
Zu den Erwägungen des Allgemeininteresses, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen sollen: die Notwendigkeit, die
Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten
25.
Nach Ansicht der Französischen Republik erklärt sich die von der Kommission beanstandete Regelung aus der Notwendigkeit, die
Zahlung der Steuern und die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten. Wenn der Schuldner der Kapitalerträge
seinen Sitz nicht im Inland habe, könne die Steuerverwaltung die Bedingungen für die Anwendung des pauschalen Abzugs nicht
gewährleisten, vor allem, wenn er seine Niederlassung in einem Mitgliedstaat habe, der das Bankgeheimnis praktiziere oder
dessen Recht den Umfang der Verfahren über den Informationsaustausch begrenze.
26.
Hier muss die Erwägung aus dem Urteil Bachmann außer Betracht bleiben, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, dass die damals
in Rede stehende Steuerbestimmung aus Gründen der Kohärenz der Steuerregelung, nicht aber durch die Notwendigkeit der Gewährleistung
der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle gerechtfertigt sei
(21)
. Fest steht, dass die Gemeinschaftsrechtsprechung Hemmnisse für die Grundfreiheiten hinnimmt, wenn es um die Effizienz der
Steuerverwaltung geht
(22)
, insbesondere dann, wenn das Ziel in der Bekämpfung der Steuerhinterziehung besteht, denn in diesem Fall finden die Beschränkungen
des freien Kapitalverkehrs eine Rechtsgrundlage in Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe b EG (früher Artikel 73d Absatz 1 Buchstabe
b EG-Vertrag)
(23)
.
27.
Dieser Zweck des Allgemeininteresses ist jedoch kein Blankoscheck, der den Mitgliedstaaten ausgestellt worden wäre, um die
erwähnten Freiheiten zu beschneiden, sondern er ist, wie jede Ausnahme von einem Grundprinzip der Gemeinschaft, eng auszulegen
und unter Wahrung der Erfordernisse des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit anzuwenden
(24)
. Daher reichen Schwierigkeiten bei den Tätigkeiten der steuerlichen Verwaltung und Kontrolle nicht aus, um die Grundfreiheiten
beschränkende Regelungen zu legitimieren, die absolut und unter Außerachtlassung weniger wirksamer, aber auch weniger belastender
Möglichkeiten, mit denen das gleiche Ziel erreicht werden könnte, erlassen worden sind
(25)
. Nur dann, wenn das Hemmnis für die Gewährleistung der Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle unerlässlich ist, ist eine
Rechtfertigung im Gemeinschaftsrecht möglich.
28.
Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das vollständige Verbot für in Frankreich ansässige Steuerpflichtige,
die Kapitalerträge von außerhalb Frankreichs wohnhaften oder niedergelassenen Personen oder Gesellschaften beziehen, sich
für die Regelung des Pauschalabzugs zu entscheiden, nicht durch die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle
zu gewährleisten, und insbesondere die Schwierigkeit des Nachweises, dass alle Voraussetzungen für die Anwendung eines bestimmten
Prozentsatzes des Abzuges (Art des Ertrags, Art des Vertrages, Zeitpunkt der Ausgabe, Zeit der Fälligkeit der Zinsen) genau
erfüllt sind, gerechtfertigt. Wie im Urteil Baxter u. a.
(26)
darf nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Steuerpflichtige durch die Vorlage von Unterlagen nachweist, dass
alle Voraussetzungen für die Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes als pauschaler Steuerabzug zum Zweck der Abgeltung erfüllt
sind, anstatt ihn der Einkommensteuer zu unterwerfen. Auf diese Weise verlagert sich die unverzichtbare steuerliche Kontrolle
von der zahlenden Einrichtung auf den Anleger, der zur Abführung der Steuer verpflichtet ist.
1. Die Schwierigkeiten der Steuerverwaltung
29.
Zu Recht trägt die französische Regierung vor, dass die vorstehenden Erwägungen eine Änderung bei der Regelung des Abzugs
und eine Verlagerung der Pflicht zur Abführung an die Staatskasse von der Finanzierungseinrichtung, die die Erträge zu zahlen
hat, auf den Steuerpflichtigen voraussetzt, der als Anleger diese Erträge erhält
(27)
. Wie ich bereits ausgeführt habe, gehören Zahlungsweise und -zeitpunkt nicht zu den Grundlagen der in den Artikeln 125 A
und 125-0 A des Code général des impôts aufgestellten Wahlregelung. Wie Generalanwalt Tizzano in einer vergleichbaren Rechtssache
ausgeführt hat, setzt die Abgeltungsermittlung keinen Abzug an der Quelle voraus; Beurteilungsmodalitäten wie einer Selbstabführung,
die ihre Anwendung bei von ausländischen Einrichtungen gewährten Kapitalerträgen erlauben, steht nichts entgegen
(28)
.
30.
Die Nachteile, die sich für die Steuerverwaltung aus der Ersetzung einer einfachen, auf einer umfassenden vorherigen Kontrolle
beruhenden Methode, die kein Betrugsrisiko bietet, durch eine andere, nachfolgende und stichprobenweise, ergeben würden, reichen
nicht aus, um ein Hindernis für den freien Dienstleistungsverkehr und den freien Kapitalverkehr zu rechtfertigen, wie es die
in Rede stehende französische Regelung darstellt. Nachdem nachgewiesen ist, dass das verfolgte Ziel mit anderen Instrumenten
erreicht werden kann, steht der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem entgegen, dass bloße Schwierigkeiten in der Verwaltung
als absolute Gründe angeführt werden, die eine diskriminierende Behandlung rechtfertigen sollen, die, da sie gegen die erwähnten
Freiheiten verstößt, nur dann zulässig sein könnte, wenn erhebliche Argumente für sie sprächen.
31.
Die beklagte Regierung räumt ein, dass diese praktischen Störungen sich dadurch vermeiden ließen, dass die Selbstabführung
von Kapitalerträgen, die von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Gesellschaften stammten, zum Zweck des der Abgeltung
dienenden Abzugs jährlich vorgenommen und mit der Einkommensteuererklärung zusammengelegt werde, doch würde dieses Vorgehen
die Ausgewogenheit der Regelung durchbrechen und in Bezug auf die Steuererhebung die Steuerpflichtigen, die in von inländischen
Einrichtungen angebotene Anlagen investiert hätten, gegenüber denjenigen diskriminieren, bei denen der erwähnte, der Abgeltung
dienende Abzug an der Quelle vorgenommen werde
(29)
. Das trifft nicht zu: Dass bei der gegenwärtigen Ausgestaltung der Wahlregelung der Zeitpunkt, zu dem der Prozentsatz abgezogen
wird, ein anderer ist als der Zeitpunkt, zu dem die Steuer veranlagt und gezahlt wird, ist der Regelung nicht inhärent, sondern
eine Folge der Form der Verwaltung. Mit anderen Worten, der Aufschub der Erfüllung der Verpflichtung derjenigen, die vom Wahlrecht
ausgeschlossen sind, beruht nicht auf der Notwendigkeit, ihnen einen Ausgleich dafür zu gewähren, dass sie bei Unterwerfung
unter die Steuerpflicht ohne Wahlmöglichkeit einen höheren Satz entrichten, sondern ist ein Hilfsmittel, um die Schwierigkeiten
zu umgehen, die die Kontrolle der im Ausland erzielten Erträge mit sich bringt
(30)
, die, wie ich ausgeführt habe, kein Hemmnis für den freien Kapital- und Dienstleistungsverkehr rechtfertigen, wie ich es
zuvor beschrieben habe.
32.
Ich kann den Standpunkt des beklagten Mitgliedstaats
(31)
nicht verstehen, dass bei der Einführung eines Systems der Selbstabführung der Steuersatz für alle, für diejenigen, die sich
für den Abzug entscheiden, und für diejenigen, die steuerpflichtig bleiben, gleich sein soll, so dass die Wahlregelung ihre
Berechtigung verlöre, da alle gleichzeitig den gleichen Prozentsatz zahlen würden. Das Argument berücksichtigt zwei Folgen,
die meines Erachtens nicht unvermeidlich sind: Weder muss die Selbstabführung für den der Abgeltung dienenden Abzug gleichzeitig
mit der Einkommensteuererklärung erfolgen, noch zwingt diese Gleichzeitigkeit dazu, dass der Prozentsatz der Steuer in beiden
Fällen der gleiche ist.
33.
In Wirklichkeit ergibt sich aus den Artikeln 125 A und 125-0 A des Code général des impôts und der Lehre unabhängig davon,
welches letztlich der Zweck und die Gründe dafür sind, das Wahlrecht der Steuerpflichtigen auszuschließen, die Anlagen im
Ausland tätigen, dass es im Ergebnis für den französischen Steuerpflichtigen attraktiver ist, seine Ersparnisse in Anlagen
zu investieren, die von in Frankreich ansässigen Gesellschaften angeboten werden.
2. Die Amtshilfe und die Möglichkeiten nach der Richtlinie 77/799/EWG
(32)
34.
Der Gerichtshof hat wiederholt an die Möglichkeiten erinnert, die diese Richtlinie bietet
(33)
, auf die sich ein Mitgliedstaat berufen kann, um von einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft alle Auskünfte zu erhalten,
die er benötigt, um gemäß den von ihm selbst anzuwendenden Rechtsvorschriften die von einem Steuerpflichtigen geschuldete
Einkommensteuer festzusetzen und erheben zu können
(34)
.
35.
Die französische Regierung hält dem dreierlei entgegen. Erstens führt sie aus, dass die erwähnte Norm und ganz allgemein die
Gemeinschaftsregelung der Amtshilfe
(35)
von begrenztem Interesse seien, wenn es darum gehe, die Voraussetzungen des der Abgeltung dienenden Abzugs nachzuweisen,
da der punktuelle Rückgriff auf die nachträgliche Amtshilfe nicht eine durchgängige vorherige Kontrolle ersetzen könne. Zu
diesem Nachteil habe ich bereits in den Nummern 29 ff. Stellung genommen, auf die ich Bezug nehme.
36.
Die zweite Schwierigkeit bestehe darin, dass die Amtshilfe derjenigen Mitgliedstaaten wirkungslos sei, die das Bankgeheimnis
hätten. Dieser Umstand ist jedoch für die vom beklagten Mitgliedstaat geltend gemachten Zwecke aus zwei Gründen unerheblich.
Erstens, weil das Gemeinschaftsrecht bereits davon ausgeht, dass bestimmte Angaben nicht mitzuteilen sind
(36)
, und der Gerichtshof trotz dieses Umstands ihre Brauchbarkeit als Instrument im Dienste einer wirksamen steuerlichen Überwachung
anerkannt hat
(37)
. Zweitens, weil der Umstand, dass in einigen Fällen die Informationen nicht amtlich geprüft werden können, es nicht rechtfertigt,
dass Steuerpflichtige, die Kapitalerträge von in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Einrichtungen beziehen, vollständig
und allgemein von dem französischen Wahlsystem ausgeschlossen werden. Wie ich bereits ausgeführt habe, steht dies außer Verhältnis
zum Normzweck, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die französischen Steuerbehörden von Steuerpflichtigen, die sich für
den der Abgeltung dienenden Abzug entscheiden, die Beweise dafür verlangen können, dass die Voraussetzungen für die Anwendung
dieser Regelung vorliegen
(38)
.
37.
Der dritte und letzte der von der Französischen Republik angeführten Nachteile besteht angeblich darin, dass die Entscheidung
darüber, ob auf Einkünfte aus Lebensversicherungen der pauschale Abzug – gegebenenfalls zu welchem Prozentsatz – anwendbar
ist, neben der Besteuerungsgrundlage auch die Vertragsbedingungen zu berücksichtigen seien, die nicht den Behörden aller Mitgliedstaaten
zur Verfügung stünden. Diese Aussage ist eine Wiederholung der vorherigen allgemeinen Ausführungen in Bezug auf diese besondere
Art von Anlagen. Mögliche Schwierigkeiten bei der Beschaffung der erforderlichen Daten oder mögliche Mängel bei der Zusammenarbeit
zwischen den Mitgliedstaaten können keine Beschränkung der absolut und zwingend proklamierten Grundfreiheiten rechtfertigen.
Ich kann nicht umhin, an dieser Stelle an die zutreffenden Ausführungen von Generalanwalt Jacobs in seinen Schlussanträgen
in der Rechtssache Danner zu erinnern, in denen er an die unerlässliche Zusammenarbeit zwischen dem Mitgliedstaat der Besteuerung
und den im Ausland niedergelassenen Versicherungsunternehmen erinnert hat, von denen ein redliches Verhalten zu erwarten sei,
denn sie seien „Unternehmen von gewissem Ansehen und gewisser Beständigkeit … [, die] von dem Staat, in dem sie niedergelassen
sind, streng überwacht werden“
(39)
. Die Vermutung oder die Gefahr einer Steuerhinterziehung kann kein Verbot der Ausübung einer vom EG-Vertrag garantierten
Grundfreiheit rechtfertigen
(40)
.
38.
Nach allem bin ich der Ansicht, dass die von der beklagten Regierung vorgetragenen Gründe die von der Kommission gerügte französische
Regelung nicht rechtfertigen.
39.
Daher hat die Französische Republik meines Erachtens dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen,
dass sie Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Kapitalanlagen im Sinne der Artikel 125 A und 125-0 A des Code général des impôts
erzielen, vollständig die Wahl zwischen der Entrichtung der Einkommensteuer und eines der Abgeltung dienenden Steuerabzugs
versagt, wenn der Schuldner dieser Erträge seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung nicht in Frankreich hat.
VI – Kosten
40.
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind dem beklagten Mitgliedstaat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
VII – Entscheidungsvorschlag
41.
Nach allem schlage ich dem Gerichtshof vor, der Klage der Kommission stattzugeben und
- 1.
- festzustellen, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen
hat, dass sie Steuerpflichtigen, die Einkünfte aus Kapitalanlagen im Sinne der Artikel 125 A und 125-0 A des Code général
des impôts erzielen, vollständig die Wahl zwischen der Entrichtung der Einkommensteuer und eines der Abgeltung dienenden Steuerabzugs
versagt, wenn der Schuldner dieser Erträge seinen Wohnsitz oder seine Niederlassung nicht in Frankreich hat;
- 2.
- der Französischen Republik die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
- 1 –
- Originalsprache: Spanisch.
- 2 –
- Vgl. Urteile vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C‑279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I‑225, Randnr. 21), vom 16. Juli 1998
in der Rechtssache C‑264/96 (ICI, Slg. 1998, I‑4695, Randnr. 19), vom 21. September 1999 in der Rechtssache C‑307/97 (Saint-Gobain
ZN, Slg. 1999, I‑6161, Randnr. 58), vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C‑35/98 (Verkooijen, Slg. 2000, I‑4071, Randnr. 32)
und vom 8. März 2001 in den Rechtssachen C‑397/98 und C‑410/98 (Metallgesellschaft u. a., Slg. 2001, I‑1727, Randnr. 37).
- 3 –
- Urteile vom 3. Dezember 1974 in der Rechtssache 33/74 (Van Binsbergen, Slg. 1974, 1299, Randnr. 25), vom 18. Januar 1979 in
den Rechtssachen 110/78 und 111/78 (Van Wesemael u. a., Slg. 1979, 35, Randnr. 27), vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache
279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305, Randnr. 14) und vom 4. Dezember 1986 in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg.
1986, 3755, Randnr. 25).
- 4 –
- Im Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C‑204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I‑249) hat der Gerichtshof ausgeführt: „Bestimmungen,
nach denen der Versicherer in einem Mitgliedstaat niedergelassen sein muss, damit den Versicherten in diesem Staat bestimmte
Steuerabzugsmöglichkeiten zugute kommen können, halten die Versicherten nämlich davon ab, sich an die in einem anderen Mitgliedstaat
niedergelassenen Versicherer zu wenden, und stellen somit für Letztere eine Behinderung des freien Dienstleistungsverkehrs
dar“ (Randnr. 31). Im Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C‑118/96 (Safir, Slg. 1998, I‑1897) hat er festgestellt,
dass eine (in diesem Fall schwedische) Regelung, die Kapitallebensversicherungen einer unterschiedlichen Besteuerung unterwirft,
je nachdem, ob die Gesellschaften, bei denen sie abgeschlossen worden sind, in Schweden niedergelassen sind oder nicht, geeignet
ist, in Schweden wohnhafte Steuerpflichtige davon abzuhalten, die Versicherungen bei im Ausland niedergelassenen Versicherungsgesellschaften
abzuschließen, und die Letztgenannten, ihre Dienste auf dem schwedischen Markt anzubieten (Randnrn. 24 und 30).
- 5 –
- Urteil vom 26. September 2000 in der Rechtssache C‑478/98 (Kommission/Belgien, Slg. 2000, I‑7587, Randnr. 18) m. w. N.
- 6 –
- Im Urteil Verkooijen hat der Gerichtshof ausgeführt, dass eine Beschränkung bei der Befreiung von der Einkommensteuer für
natürliche Personen bei Dividenden auf solche, die von Gesellschaften mit Sitz im Inland ausgeschüttet werden, eine Beschränkung
des Kapitalverkehrs darstellt, weil sie, erstens, die eigenen Staatsangehörigen davon abschreckt, ihr Kapital in Gesellschaften
anzulegen, die ihren Sitz im Ausland haben, und, zweitens, für diese ein Hindernis für die Sammlung von Kapital im Mitgliedstaat
der Besteuerung darstellt, da die Dividenden, die sie ausschütten, steuerlich ungünstiger behandelt werden als die von im
Inland niedergelassenen Gesellschaften ausgeschütteten und ihre Gesellschaftsanteile somit weniger attraktiv machen (Randnrn.
34 bis 36). Generalanwalt Tizzano ist in seinen Schlussanträgen vom 29. Januar 2002 in der Rechtssache C‑516/99, die mit dem
Urteil vom 30. Mai 2002 (Schmid, Slg. 2002, I‑4573) abgeschlossen worden ist, im Zusammenhang mit einer Regelung, die für
die Inhaber inländischer Kapitalanlagen nur die Wahl zwischen einer besonderen Abgeltungssteuer und der gewöhnlichen Einkommensteuer
mit einer Ermäßigung des Steuersatzes um 50 % ermöglicht, während die Übrigen ohne Wahlmöglichkeit dieser Steuer unterliegen,
ohne dass der Steuersatz ermäßigt wird, zum gleichen Ergebnis gelangt (Randnrn. 39 ff.).
- 7 –
- Steuerpflichtige mit Wohnsitz außerhalb Frankreichs haben keine Wahlmöglichkeit, und die Kapitaleinkünfte, die sie erzielen,
unterliegen dem anteiligen Abzug. Die gleiche Regelung gilt für diese Einkünfte, wenn sie außerhalb Frankreichs gezahlt werden
oder von juristischen Personen mit Gesellschaftssitz im Ausland erzielt werden (Artikel 125 A Absatz III des Code général
des impôts).
- 8 –
- Anhang III Artikel 41 duodecies H des Code général des impôts.
- 9 –
- Hat der Steuerpflichtige seinen steuerlichen Wohnsitz im Ausland, so wird der pauschale Abzug zwingend angewandt; ist dagegen
die zahlende Einrichtung außerhalb Frankreichs niedergelassen, so ist die Steuerpflicht bindend.
- 10 –
- Nrn. 22 und 23 der Klagebeantwortung und Nrn. 10 bis 14 der Gegenerwiderung.
- 11 –
- Nrn. 3 bis 7 der Erwiderung.
- 12 –
- Art des Ertrags, Dauer des Vertrages, Zeitpunkt der Ausgabe der Papiere und Fälligkeitszeitraum der Zinsen für den anwendbaren
Prozentsatz des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs (Artikel 125 A Absatz IIIbis und 125-0 A Absatz II des Code général des
impôts), Besteuerungsgrundlage und Familienstand des Steuerpflichtigen (ledig, verheiratet, verwitwet, geschieden, unterhaltsberechtigte
Kinder oder nicht …) neben anderen wechselnden Merkmalen für die Bestimmung des Steuersatzes (Artikel 193 ff. des Code général
des impôts).
- 13 –
- In der Klagebeantwortung (Nrn. 22 und 23) macht er geltend, dass 90 % der Steuerpflichtigen einem Steuersatz von bis zu 15 %
unterlägen und der durchschnittliche Höchststeuersatz 25 % betrage. Nach dem Verständnis des Beklagten betragen die Sätze
des der Abgeltung dienenden Steuerabzugs bei Erträgen aus Sparverträgen mit einer Dauer von weniger als acht Jahren 15 % bis
35 % und nähern sich dem erwähnten Höchstsatz an. Diese These der französischen Regierung belegt, dass es Fälle gibt, in denen
sich der pauschale Steuerabzug als attraktiver als die Entrichtung der Einkommensteuer erweist, wie sie in Nr. 24 der Klagebeantwortung
ausdrücklich einräumt, indem sie ausführt, dass sich die Lage des von diesem Abzug Begünstigten „in Bezug auf den Steuersatz
als günstiger erweisen kann“.
- 14 –
- Mémento pratique Francis Lefebvre, Fiscal 1998, Nr. 2158.
- 15 –
- Nr. 2 der Erwiderung.
- 16 –
- Der Gerichtshof hat in den Urteilen vom 15. Februar 2000 in der Rechtssache C‑34/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I‑995,
Randnr. 49) und in der Rechtssache C‑169/98 (Kommission/Frankreich, Slg. 2000, I‑1049, Randnr. 46) die gleiche Feststellung
in Anbetracht von Vorbringen der französischen Regierung getroffen, wonach ein Beitrag zur Begleichung der Sozialschuld, dessen
Anwendung einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht darstellt, nur eine geringe Zahl von Arbeitnehmern betreffe und der Satz
der Belastung niedrig sei. Im Urteil vom 13. Dezember 1989 in der Rechtssache 49/89 (Corsica Ferries France, Slg. 1989, 4441,
Randnr. 8) hat der Gerichtshof die gleiche Ansicht vertreten.
- 17 –
- Nr. 21 der Erwiderung.
- 18 –
- Nr. 16 der Gegenerwiderung.
- 19 –
- Vgl. Urteil Verkooijen, Randnr. 61, und die dort aufgeführten Nachweise.
- 20 –
- Grosclaude, J., und Marchessou, P., Droit fiscal général, Editorial Dalloz, 2. Auflage, 1999, S. 167, Nr. 230 a. E.
- 21 –
- Randnrn. 18 bis 20.
- 22 –
- Urteile vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Rewe Zentral, Slg. 1979, 649, Randnr. 8), vom 15. Mai 1997 in der
Rechtssache C‑250/95 (Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I‑2471, Randnr. 31), vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache
C‑254/97 (Baxter u. a., Slg. 1999, I‑4809, Randnr. 18) und Kommission/Belgien, Randnr. 39.
- 23 –
- Vgl. Urteil Kommission/Belgien, Randnrn. 38 und 39, wo die Rechtsprechung in den Urteilen vom 23. Februar 1995 in den verbundenen
Rechtssachen C‑358/93 und C‑416/93 (Bordessa u. a., Slg. 1995, I‑361, Randnrn. 21 und 22) und vom 14. Dezember 1995 in den
Rechtssachen C‑163/94, C‑165/94 und C‑250/94 (Sanz de Lera u. a., Slg. 1995, I‑4821, Randnr. 22) wiedergegeben ist.
- 24 –
- Vgl. Randnr. 41 des Urteils Kommission/Belgien.
- 25 –
- So hat der Gerichtshof beispielsweise verneint, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der freie Dienstleistungsverkehr
durch eine belgische Einkommensteuerregelung erschwert werden können, die nur den Abzug von in Belgien bezahlten Versicherungsprämien
erlaubte, mit der Begründung, dass die Bescheinigungen für in den übrigen Mitgliedstaaten getätigte Zahlungen schwer zu kontrollieren
seien, da nichts die nationalen Behörden daran hindern würde, vom Betroffenen die für erforderlich gehaltenen Belege zu verlangen
(Urteil Bachmann, Randnr. 20). Er hat auch entschieden, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steuerkontrollen zu gewährleisten,
es nicht rechtfertigt, dass der Staat beim Abzug als berufliche Aufwendungen anerkannter Ausgaben (es handelte sich um das
dänische Recht) für die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen eine allgemeine Vermutung aufstellt, dass Ausgaben für Fortbildungsveranstaltungen
an einem üblichen Urlaubsort in anderen Mitgliedstaaten diese Eigenschaft nicht haben, während sie für die gleiche Art von
Tagungen an gleichartigen Orten in Dänemark nicht besteht, denn nichts hindert die Steuerbehörden daran, vom Steuerpflichtigen
selbst alle genauen Belege für die Beurteilung zu verlangen, ob der Abzug vorgenommen werden kann (Urteil vom 28. Oktober
1999 in der Rechtssache C‑55/98, Vestergaard, Slg. 1999, I‑7641, Randnrn. 25 und 26). Ähnlich wurde eine außerordentliche
französische Abgabe beanstandet, mit der Unternehmen belastet wurden, die eine oder mehrere Arzneispezialitäten verwerteten
und die es nur erlaubte, von der Besteuerungsgrundlage in Frankreich getätigte Forschungskosten abzuziehen, da diese Bestimmung,
die mit der Notwendigkeit gerechtfertigt wurde, die steuerliche Überwachung zu gewährleisten, es den Steuerpflichtigen völlig
unmöglich machte, den Nachweis zu erbringen, dass die Ausgaben für in anderen Mitgliedstaaten durchgeführte Forschungstätigkeiten
tatsächlich getätigt worden sind (Urteil Baxter u. a., Randnrn. 19 und 20). Der Gerichtshof hat die luxemburgische Einkommensteuerregelung
beanstandet, die auch für juristische Personen galt und die den Abzug des Verlustvortrags der Steuerpflichtigen, die im Großherzogtum
nicht ansässig sind, dort jedoch eine Niederlassung haben, davon abhängig machte, dass sie in diesem Mitgliedstaat eine den
einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften entsprechende Buchführung über die durchgeführte Tätigkeit haben. Nach Ansicht
des Gerichtshofes handelt es sich um eine unverhältnismäßige Anforderung, denn es genügt, vom Steuerpflichtigen zu verlangen,
dass er klar und eindeutig beweist, dass die Verluste den dem Steuerpflichtigen in Luxemburg tatsächlich entstandenen Verlusten
der Höhe nach entsprechen (Urteil Futura Participations und Singer, Randnrn. 32 ff.).
- 26 –
- Randnr. 20.
- 27 –
- Unter Berufung auf das Urteil Safir führt die beklagte Regierung aus, dass diese Verlagerung mit dem freien Dienstleistungsverkehr
unvereinbar sei, weil die dem Steuerpflichtigen auferlegten Belastungen ihn davon abhalten könnten, die Anlageprodukte bei
im Ausland niedergelassenen Unternehmen zu kaufen. Dieses Argument ist widersinnig, indem es eine größere Beschränkung dieser
Freiheit vertritt, die nicht nur darin besteht, dass dem Steuerpflichtigen bestimmte Verpflichtungen zu dem Zweck auferlegt
werden, darzulegen, dass die in der Regelung aufgestellten Anforderungen für den Erhalt der Wahlmöglichkeit erfüllt sind,
sondern schlicht und einfach darin, dass jede Wahlmöglichkeit ausgeschlossen wird, so dass die abschreckende Wirkung noch
intensiver ist. Die Umstände der Rechtssache Safir haben nichts mit der Pflicht zu tun, der Steuerverwaltung bestimmte Angaben
zukommen zu lassen, wenn der Steuerpflichtige in den Genuss einer Steuervergünstigung kommen möchte; sie gingen für die Versicherungsnehmer
von Lebensversicherungen, die diese bei Gesellschaften ohne Niederlassung in Schweden abgeschlossen hatten, weit darüber hinaus
(Registrierung und Anmeldung der Prämienzahlung bei einer zentralen Einrichtung; ungünstigerer Rückkauf nach kurzer Zeit;
Pflicht zur Angabe von Daten zur Steuer, der die Versicherungsgesellschaft unterliegt, wenn der Versicherungsnehmer u. a.
die Befreiung oder Ermäßigung der Steuer auf die Prämien erhalten möchte). Am Ende führt alles zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:
In diesem Fall verletzten die Maßnahmen im schwedischen Recht diese Verhältnismäßigkeit; allerdings überschreitet die vom
Steuerpflichtigen verlangte Belastung, nämlich die Pflicht, den Behörden die genauen Angaben zu übermitteln, um in den Genuss
einer Steuervergünstigung zu kommen, nicht die diesem Grundsatz innewohnenden Grenzen.
- 28 –
- Schlussanträge in der Rechtssache Schmid, Nrn. 47 und 48.
- 29 –
- Nrn. 24 und 26 der Gegenerwiderung.
- 30 –
- Vgl. Grosclaude, J., Marchessou, P., a. a. O., S. 167, Nr. 230.
- 31 –
- Nrn. 27 und 28 der Gegenerwiderung.
- 32 –
- Richtlinie des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15).
- 33 –
- Zuletzt in den Urteilen vom 3. Oktober 2002 in der Rechtssache C‑136/00 (Danner, Slg. 2002, I‑8147, Randnrn. 49 ff.) und vom
26. Juni 2003 in der Rechtssache C‑422/01 (Skandia und Ramstedt, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn.
42 ff.).
- 34 –
- Urteil Vestergaard, Randnrn. 26 und 28.
- 35 –
- Wie beispielsweise die Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung
von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und
Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen (ABl. L 73, S. 18), die, seit sie durch die
Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 (ABl. L 175, S. 17) in „Richtlinie … über die gegenseitige Unterstützung
bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen
Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer
und bestimmter Verbrauchersteuern“ umbenannt wurde und u. a. auf Einkommen- und Kapitalsteuern Anwendung findet (Artikel 1
Absätze 1 und 2 Buchstabe g).
- 36 –
- Vgl. Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 77/799 sowie Artikel 4 Absatz 3 Buchstaben a und b der Richtlinie 76/308.
- 37 –
- Insbesondere hat der Gerichtshof im Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C‑300/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992,
I‑305) ausgeführt, dass die Unmöglichkeit, die Zusammenarbeit eines anderen Mitgliedstaats zu erlangen, wenn seine Rechtsvorschriften
oder seine Verwaltungspraxis es der zuständigen Behörde nicht erlauben, für die eigenen Zwecke dieses Staates Ermittlungen
durchzuführen oder Auskünfte zu beschaffen oder zu verwerten, nicht die Nichtanwendung einer steuerlichen Vergünstigung für
in diesem Mitgliedstaat erzielte Einkünfte rechtfertigen können (Randnr. 13).
- 38 –
- Vgl. Urteile Bachmann, Randnr. 20, Kommission/Belgien (C‑300/90), Randnr. 13, Danner, Randnr. 50, sowie Skandia und Ramstedt,
Randnr. 43.
- 39 –
- Nr. 74.
- 40 –
- Vgl. Urteil Kommission/Belgien (C‑478/98), Randnr. 45.