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Document 62002CC0009

    Schlussanträge des Generalanwalts Mischo vom 13. März 2003.
    Hughes de Lasteyrie du Saillant gegen Ministère de l'Économie, des Finances et de l'Industrie.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Conseil d'État - Frankreich.
    Niederlassungsfreiheit - Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) - Steuerrecht - Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes in einen anderen Mitgliedstaat - Modalitäten der Besteuerung der Wertsteigerungen von Wertpapieren.
    Rechtssache C-9/02.

    Sammlung der Rechtsprechung 2004 I-02409

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2003:159

    Conclusions

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
    JEAN MISCHO
    vom 13. März 2003(1)



    Rechtssache C-9/02



    Hughes de Lasteyrie du Saillant
    gegen
    Ministère de l'Économie, des Finances et de l'Industrie


    (Vorabentscheidungsersuchen des französischen Conseil d'État)

    „Niederlassungsfreiheit – Steuerrecht – Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes – Modalitäten der Besteuerung der Wertsteigerungen von Wertpapieren“






    1.        In einem Rechtsstreit über französische Vorschriften betreffend die Besteuerung bestimmter Wertsteigerungen bei der Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland hat der französische Conseil d’État den Gerichtshof mit einer Vorlagefrage zum Grundsatz der Niederlassungsfreiheit nach Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) befasst.

    I – Rechtlicher Rahmen

    2.        Artikel 24 der Loi de finances pour 1999 (Nr. 98/1266 vom 30. Dezember 1998) (JORF Nr. 303 vom 31. Dezember 1998) (im Folgenden: Finanzgesetz für 1999) bestimmt in seiner zum Zeitpunkt des Erlasses des Dekrets Nr. 99-590 vom 6. Juli 1999 zur Durchführung von Artikel 24 des Finanzgesetzes für 1999 über die Modalitäten der Besteuerung bestimmter Wertsteigerungen bei der Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland (JORF Nr. 160 vom 13. Juli 1999) (im Folgenden: Dekret Nr. 99-590) geltenden Fassung:

    „I. …

    II. Folgender Artikel 167bis wird in den Code général des impôts eingefügt:

    ‚Artikel 167bis

    I.-1.        Steuerpflichtige, die ihren steuerlichen Wohnsitz während der letzten zehn Jahre mindestens sechs Jahre in Frankreich hatten, werden zu dem Zeitpunkt, zu dem sie ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, hinsichtlich der Wertsteigerungen besteuert, die für ihre in Artikel 160 genannten Gesellschaftsrechte festgestellt wurden.

    2.       Die festgestellte Wertsteigerung wird bestimmt aus der Differenz zwischen dem nach den Vorschriften der Artikel 758 und 855 Tbis ermittelten Wert der Gesellschaftsrechte im Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland und dem vom Steuerpflichtigen entrichteten Anschaffungspreis oder, bei kostenlosem Erwerb, dem für die Festsetzung der Verkehrssteuer ermittelten Wert.

    Festgestellte Verluste sind nicht auf die anderweitig tatsächlich realisierten Wertsteigerungen gleicher Art anrechenbar.

    3.       Die Erklärung der festgestellten Wertsteigerung erfolgt nach den Voraussetzungen von Artikel 167 Absatz 2.

    II.-1. Die Zahlung der auf die festgestellte Wertsteigerung anfallenden Steuer kann bis zum Zeitpunkt der Übertragung, des Rückkaufs, der Einlösung oder der Kraftloserklärung der betreffenden Gesellschaftsrechte aufgeschoben werden.

    Der Zahlungsaufschub setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den Betrag der nach Abschnitt I festgestellten Wertsteigerung erklärt, einen Antrag auf Zahlungsaufschub stellt, einen in Frankreich ansässigen Bevollmächtigten benennt, der zum Empfang von Mitteilungen in Bezug auf Besteuerungsgrundlage, Steuererhebung sowie steuerrechtliche Rechtsstreitigkeiten ermächtigt ist, und vor seinem Wegzug dem für die Steuererhebung zuständigen Finanzbeamten Sicherheiten leistet, die geeignet sind, die Einziehung der Steuerforderung der Finanzverwaltung zu gewährleisten.

    Der in diesem            Artikel vorgesehene Zahlungsaufschub hat zur Folge, dass die Verjährung der Maßnahmen zur Einziehung der Steuerschuld bis zu dem Zeitpunkt des den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisses gehemmt wird. Er wird für die Anwendung der Artikel L. 208, L. 255 und L. 279 des Livre des procédures fiscales dem Zahlungsaufschub gemäß Artikel L. 277 des Livre des procédures fiscales gleichgestellt.

    Für die Besteuerung oder Erstattung von Steuergutschriften, Steuerkrediten und Einbehalten oder Abzügen ohne befreiende Wirkung bleibt die Steuer, für die nach diesem Artikel ein Zahlungsaufschub beantragt wurde, außer Betracht.

    2.       Die Steuerpflichtigen, denen der Zahlungsaufschub nach diesem Artikel gewährt wird, sind zur Erklärung nach Artikel 170 Absatz 1 verpflichtet. In dieser Erklärung ist der kumulierte Betrag der Steuern anzugeben, für die ein Zahlungsaufschub gewährt wurde. Ihr ist auf einem beim Finanzamt erhältlichen Formular eine Aufstellung beizufügen, aus der sich der Betrag der Steuern für die betreffenden Wertpapiere ergibt, für die der Zahlungsaufschub noch nicht abgelaufen ist, sowie gegebenenfalls die Art und der Zeitpunkt der den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisse.

    3.       Wenn dem Steuerpflichtigen ein Zahlungsaufschub gewährt wurde, ist vorbehaltlich Absatz 4 die nach diesem Artikel geschuldete Steuer bis zum 1. März des Jahres zu zahlen, das auf das Jahr folgt, in dem der Zahlungsaufschub endet.

    Die Steuer, für die die Zahlung aufgeschoben wurde, fällt jedoch nur in Höhe des Betrages an, der auf der Grundlage der Differenz zwischen dem für die Anwendung von Abschnitt I Absatz 2 ermittelten Anschaffungspreis oder ‑wert der betreffenden Wertpapiere einerseits und im Fall der Veräußerung oder des Rückkaufs ihrem Preis und in allen anderen Fällen ihrem Wert zu dem Zeitpunkt des den Zahlungsaufschub beendenden Ereignisses andererseits bestimmt wird. Der überschießende Betrag wird von Amts wegen in Abzug gebracht. In diesem Fall bringt der Steuerpflichtige zur Unterstützung der Erklärung nach Absatz 2 die berücksichtigten Berechnungsfaktoren bei.

    Die vom Steuerpflichtigen im Ausland auf die dort tatsächlich realisierte Wertsteigerung gezahlte Steuer ist auf die in Frankreich festgesetzte Einkommensteuer anzurechnen, sofern sie mit dieser vergleichbar ist.

    4.       Werden die Erklärung und die Aufstellung nach Absatz 2 nicht vorgelegt oder die Auskünfte, die in diesen enthalten sein müssen, ganz oder teilweise nicht erteilt, so wird die Steuer, für die Zahlungsaufschub gewährt wurde, sofort fällig.

    III.        Nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Wegzugs oder, wenn dieses Ereignis früher eintritt, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz wieder nach Frankreich verlegt, wird die gemäß Abschnitt I festgesetzte Steuer von Amts wegen erlassen, soweit sie sich auf Wertsteigerungen von Gesellschaftsrechten bezieht, die sich zu diesem Zeitpunkt weiterhin im Vermögen des Steuerpflichtigen befinden.‘

    IV.        Ein Dekret des Conseil d’État legt die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel und insbesondere die Modalitäten zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der festgestellten Wertsteigerungen sowie die Erklärungspflichten der Steuerpflichtigen und die Modalitäten des Zahlungsaufschubs fest.

    V.        Die Vorschriften dieses Artikels gelten für die Steuerpflichtigen, die ihren Wohnsitz ab dem 9. September 1998 ins Ausland verlegen.“

    3.        Artikel 160 Abschnitt I des Code général des impôts [Allgemeines Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI] in der zum Zeitpunkt des Dekrets Nr. 99‑590 geltenden Fassung hat folgenden Wortlaut:

    „Veräußert ein Gesellschafter, Aktionär, Kommanditist oder Inhaber von Genussscheinen während des Bestehens der Gesellschaft alle oder einen Teil seiner Gesellschaftsrechte, wird der den Erwerbspreis – oder, wenn dieser höher ist, den am 1. Januar 1949 geltenden Wert – übersteigende Teil des Veräußerungspreises dieser Gesellschaftsrechte ausschließlich mit einem Einkommensteuersatz von 16 % besteuert. Bei Veräußerung eines oder mehrerer Wertpapiere einer Serie von Wertpapieren gleicher Art, die zu unterschiedlichen Preisen erworben wurden, ist als Anschaffungspreis der gewogene durchschnittliche Anschaffungswert dieser Wertpapiere zugrunde zu legen. Bei der Veräußerung von Wertpapieren nach Beendigung eines Aktiensparplans gemäß Artikel 163quinquies D oder ihrer Einziehung nach mehr als acht Jahren wird angenommen, dass der Anschaffungspreis dem Wert entspricht, den sie zu dem Zeitpunkt hatten, als der Veräußerer für diese Wertpapiere nicht mehr in den Genuss der Vorteile nach Artikel 157 Absätze 5bis und 5ter sowie Artikel 163quinquies D Abschnitt IV kam.

    Die Besteuerung der so realisierten Wertsteigerung setzt nur voraus, dass die unmittelbaren oder mittelbaren Rechte des Veräußerers oder seines Ehegatten und ihrer Verwandten in aufsteigender oder absteigender Linie an den Gesellschaftsgewinnen zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe der letzten fünf Jahre zusammen 25 % dieser Gewinne überstiegen. Erfolgt aber die Veräußerung an eine der in diesem Absatz genannten Personen, so ist die Wertsteigerung von der Steuer befreit, wenn diese Gesellschaftsrechte weder insgesamt noch teilweise innerhalb von fünf Jahren an einen Dritten weiter veräußert werden. Andernfalls wird die Wertsteigerung beim ersten Veräußerer für das Jahr der Weiterveräußerung der Rechte an einen Dritten besteuert.

    ...

    Die im Laufe eines Jahres erlittenen Wertverluste können nur mit Wertsteigerungen gleicher Art verrechnet werden, die im Lauf desselben Jahres oder in den folgenden fünf Jahren realisiert worden sind.

    ...

    Die nach diesem Artikel steuerpflichtigen Wertsteigerungen sowie die Wertverluste sind nach den Voraussetzungen des Artikels 170 Absatz 1 gemäß den durch Dekret näher bestimmten Modalitäten zu erklären.“

    4.        Artikel 3 Absatz 1 des Dekrets Nr. 99-590 lautet:

    „Die Steuerpflichtigen, die zwischen dem 9. September 1998 und dem 31. Dezember 1998 ihren steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt haben, geben für die nach Artikel 167 Absatz 1bis und Artikel 167bis Abschnitt I des Code général des impôts steuerpflichtigen Wertsteigerungen bis zum 30. September 1999 die berichtigte Erklärung gemäß Artikel 167 Absatz 2 des Code général des impôts sowie das besondere Formblatt nach Artikel 91undecies des Anhangs II des Code général des impôts ab.“

    5.        Artikel R. 280‑1 des Livre des procédures fiscales [Steuerverfahrensbuch, im Folgenden: LPF], der durch das Dekret Nr. 99-590 eingefügt wurde, hat folgenden Wortlaut:

    „Die Steuerpflichtigen, die einen Zahlungsaufschub nach Artikel 167bis Abschnitt II des Code général des impôts erhalten wollen, müssen dem für Steuerausländer zuständigen Finanzbeamten spätestens acht Tage vor dem Tag der Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland in der nach Artikel R. 277‑1 vorgeschriebenen Form einen Vorschlag für Sicherheiten vorlegen. Sie erhalten hierfür eine Empfangsbestätigung.

    Die Vorschriften des Artikels R. 277‑1 Absatz 3, der Artikel R. 277‑2 bis R. 277‑4 und des Artikels R. 277‑6 finden Anwendung.“

    6.        Artikel R. 277-1 LPF sieht vor:

    „Der Steuerpflichtige, der für die Zahlung der Steuern einen Aufschub beantragt hat, wird vom zuständigen Finanzbeamten aufgefordert, die in Artikel L. 277 vorgesehenen Sicherheiten zu leisten. Der Steuerpflichtige hat ab Erhalt dieser Aufforderung zwei Wochen Zeit, die Sicherheiten mitzuteilen, zu deren Leistung er sich verpflichtet.

    Diese Sicherheiten können geleistet werden durch: Barzahlung auf ein Interimskonto der Finanzverwaltung; Schuldverschreibungen auf die Finanzverwaltung; die Begebung einer Bürgschaft; Wertpapiere; in staatlich anerkannten Lagern hinterlegte Waren, über die ein auf die Finanzverwaltung indossierter Lagerpfandschein ausgestellt ist; Bestellung einer Hypothek; Verpfändung eines Fonds de commerce.

    Ist der Finanzbeamte der Auffassung, dass er die vom Steuerpflichtigen angebotenen Sicherheiten nicht akzeptieren kann, weil sie nicht den Anforderungen nach Absatz 2 entsprechen, teilt er ihm seine Entscheidung per Einschreiben mit.“

    7.        Artikel R. 277‑2 LPF bestimmt:

    „Stellt sich heraus, dass die geleisteten Sicherheiten an Wert verlieren oder nicht ausreichen, kann die Verwaltung den Steuerpflichtigen jederzeit unter den in den Artikeln L. 277 und L. 279 genannten Voraussetzungen per Einschreiben mit Rückschein zur Leistung einer zusätzlichen Sicherheit auffordern, um die Erhebung des streitigen Betrages sicherzustellen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Aufforderung nicht innerhalb eines Monats nach, wird die Zwangsbeitreibung weiterbetrieben.“

    II – Der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens

    8.        Hughes de Lasteyrie du Saillant (im Folgenden: Kläger) verließ Frankreich am 12. September 1998, um seinen Wohnsitz in Belgien zu nehmen. Zu diesem oder irgendeinem Zeitpunkt im Laufe der letzten fünf Jahre vor seinem Wegzug aus Frankreich hielt er mit den Mitgliedern seiner Familie unmittelbar oder mittelbar Wertpapiere, die zum Bezug von mehr als 25 % der Gewinne einer Gesellschaft berechtigten, die körperschaftsteuerpflichtig war und ihren Sitz in Frankreich hatte. Gegen den Kläger wurde gemäß Artikel 167a CGI und dessen Durchführungsbestimmungen eine Steuer auf die latenten Wertsteigerungen festgesetzt, da der gemeine Wert dieser Wertpapiere damals über ihrem Anschaffungspreis lag.

    9.        Der Kläger beantragte beim Conseil d’État, das Dekret Nr. 99‑590 wegen Ermessensüberschreitung für nichtig zu erklären; Artikel 167a CGI sei rechtswidrig, da er gegen Gemeinschaftsrecht verstoße.

    10.      Der Conseil d’État ist der Auffassung, dass diese Vorschriften entgegen dem Vorbringen des Klägers weder bezweckten noch bewirkten, dass die tatsächliche Ausübung der Bewegungsfreiheit der von ihnen erfassten Personen irgendwelchen Beschränkungen oder Bedingungen unterworfen würden. Jedoch stehe Artikel 52 EG‑Vertrag der Einführung von Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats entgegen, die die Behinderung der Niederlassung von eigenen Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hätten.

    11.      Sodann führt der Conseil d’État aus, dass Artikel 167a CGI unter den dort genannten Voraussetzungen eine sofortige Besteuerung der Steuerpflichtigen vorsehe, die beabsichtigten, ihren steuerlichen Wohnsitz ins Ausland zu verlegen, wobei die Besteuerung auf der Grundlage noch nicht realisierten Wertsteigerungen erfolge, die nicht zu versteuern wären, wenn die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz in Frankreich behielten.

    12.      Er stellt jedoch auch fest, dass Artikel 167a CGI Bestimmungen enthalte, nach denen es im Fall eines Zahlungsaufschubs vermieden werden könne, dass die Steuerpflichtigen endgültig eine Steuerbelastung zu tragen hätten, der sie nicht oder nicht in dieser Höhe unterworfen gewesen wären, wenn sie ihren Wohnsitz in Frankreich belassen hätten, und die den Steuerpflichtigen zudem nach Ablauf von fünf Jahren einen Steuernachlass gewährten, soweit sich die Gesellschaftsrechte, die eine Wertsteigerung erfahren hätten, dann noch in ihrem Vermögen befänden, da sie für diese Besteuerung den Zahlungsaufschub für diese Frist beantragen könnten.

    13.      Der Conseil d’État betont ferner, dass die Gewährung dieses Aufschubs davon abhängig sei, dass die Steuerpflichtigen Sicherheiten leisteten, die geeignet seien, die Steuereinziehung sicherzustellen. Angesichts der Schwierigkeiten, die die Bestellung solcher Sicherheiten mit sich bringen könne, stellt sich der Conseil d’État die Frage, ob die fragliche Regelung gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.

    III – Die Vorlagefrage

    14.      Da der Conseil d’État der Auffassung ist, dass die Bedeutung der Gemeinschaftsbestimmungen im vorliegenden Fall ungewiss sei und dass eine Entscheidung über diesen Punkt für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sei, hat er das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Verwehrt es der in Artikel 52 EG‑Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 3 EG) verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit einem Mitgliedstaat, zur Vorbeugung gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die hier beschriebene einzuführen, wonach Wertsteigerungen bei Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes besteuert werden?

    IV – Erörterung

    A – Zur Anwendbarkeit von Artikel 52 EG-Vertrag

    15.      Die deutsche und die niederländische Regierung führen aus, der Vorlagebeschluss erlaube nicht die Feststellung, ob der Kläger unter Artikel 52 EG‑Vertrag falle. Diese Bestimmung habe den Zugang zu selbständiger Erwerbstätigkeit und ihre Ausübung zum Ziel; dem Vorlagebeschluss sei aber nicht zu entnehmen, ob sich der Ausgangsrechtsstreit auf solche Tätigkeiten beziehe.

    16.      Dazu hebt die niederländische Regierung hervor, es sei nicht ersichtlich, ob der Kläger innerhalb einer Gesellschaft über eine Befugnis verfüge, die es ihm erlaube, die Gesellschaft zu kontrollieren, oder ob er irgendeine Tätigkeit, z. B. als Direktor einer solchen Gesellschaft, ausübe. Nach Ansicht der deutschen Regierung steht aber das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen und Wertpapieren nicht der Aufnahme oder Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im „Zuzugsstaat“ gleich.

    17.      Beide Regierungen sind auch der Ansicht, dass man ebenfalls nicht wisse, ob etwaige Erwerbstätigkeiten des Klägers in Frankreich oder im neuen Wohnsitzstaat erfolgten. Der Vorlagebeschluss mache auch keine näheren Angaben darüber, ob der Kläger aus privaten oder beruflichen Gründen umgezogen sei. Wenn er aber einfach seinen Wohnsitz verlegt habe, so folge aus dem Urteil Werner (2) , dass die bloße Wohnsitzverlegung nicht dazu führe, dass der Kläger in den Geltungsbereich des EG-Vertrags falle.

    18.      Jedoch ist festzustellen, dass der Kläger in den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen, denen in der mündlichen Verhandlung nicht widersprochen wurde, ausführt, dass er seinen steuerlichen Wohnsitz am 12. September 1998 nach Belgien verlegt habe, um dort seine Erwerbstätigkeit auszuüben. Daher ist davon auszugehen, dass die Frage, ob der Wegzug, der den im Ausgangsverfahren streitigen Steuertatbestand darstellt, in den Geltungsbereich des EG-Vertrags fällt, zu bejahen ist.

    19.      Zutreffend bemerkt die Kommission allerdings, dass aus den Akten nicht hervorgehe, ob die Tätigkeit des Klägers in Belgien die eines Arbeitnehmers sei und somit unter Artikel 39 EG falle, oder nicht, so dass Artikel 43 EG anwendbar wäre. Da sich das vorlegende Gericht, dem es nach ständiger Rechtsprechung (3) obliegt, die Erheblichkeit der Vorlagefrage zu beurteilen, auf die Niederlassungsfreiheit bezieht, werde ich die Frage unter diesem Blickwinkel untersuchen.

    20.      Jedenfalls ist mit der Kommission hervorzuheben, dass die Überlegungen zu Artikel 43 EG auf Artikel 39 EG übertragbar sind.

    B – Zur Frage einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

    21.      Die französische Regierung stellt die Frage der Rechtfertigung der Beschränkung, deren Vorliegen sie nicht bestreitet, in den Mittelpunkt ihrer Erklärungen. Die dänische und die niederländische Regierung meinen, dass gar keine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gegeben sei. Sie führen dazu Folgendes aus.

    22.      Nach Ansicht der dänischen Regierung haben die streitigen französischen Vorschriften weder unmittelbar noch mittelbar zur Folge, dass französische Staatsangehörige daran gehindert würden, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen; es gebe keinen Hinweis darauf, dass die Besteuerung der betreffenden Wertsteigerungen die Möglichkeit dieser Staatsangehörigen beschränke, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen.

    23.      Die dänische und die niederländische Regierung fügen hinzu, dass die Steuer jedenfalls nicht stets im Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes erhoben werde. Der Steuerpflichtige könne ihr nämlich durch die Bestellung einer Sicherheit entgehen; es lasse sich nicht annehmen, dass französische Staatsangehörige allein dadurch an der Niederlassung im Ausland gehindert würden.

    24.      Die niederländische Regierung erläutert ferner, dass die Besteuerung von Amts wegen herabgesetzt werde oder sogar ganz entfalle, wenn und soweit die fraglichen Wertpapiere nach fünf Jahren nicht veräußert worden seien. Sie folgert daraus, dass eine etwaige Beschränkung zu ungewiss und mittelbar sei, um als geeignet angesehen zu werden, tatsächlich die Niederlassungsfreiheit zu behindern (4) .

    25.      Dieses Vorbringen besteht mithin aus zwei Gesichtspunkten: Die streitige Maßnahme verbiete französischen Staatsangehörigen nicht, ihr Recht auf Freizügigkeit auszuüben, und sie wirke sich nur unerheblich aus.

    26.      Jedoch ist es in der vorliegenden Rechtssache nicht ausschlaggebend, dass die streitigen Vorschriften weder bezwecken noch bewirken, dass einer Person verboten wird, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich nämlich, dass die Niederlassungsfreiheit durch eine nationale Maßnahme behindert werden kann, die kein Verbot enthält, sondern nur geeignet ist, einen Wirtschaftsteilnehmer davon abzuhalten, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen (5) .

    27.      Dieser Grundsatz findet natürlich auch auf Steuervorschriften Anwendung. Während das Recht der direkten Steuern in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, müssen diese es nach ständiger Rechtsprechung unter Beachtung des Gemeinschaftsrechts gestalten (6) .

    28.      Schließlich weisen alle Beteiligten, die in diesem Verfahren Erklärungen abgegeben haben, darauf hin, dass die vorstehend dargelegten Erwägungen auch gelten, wenn die streitige nationale Maßnahme vom Herkunftsstaat erlassen worden ist und nicht vom Zuzugsstaat des Marktteilnehmers, der von der ihm durch das Gemeinschaftsrecht gewährten Freizügigkeit Gebrauch machen möchte. Diese verbietet es, dass der Herkunftsmitgliedstaat die Niederlassung seiner Staatsangehörigen in einem anderen Mitgliedstaat behindert (7) .

    29.      Daher ist zu prüfen, ob die im Vorlagebeschluss angesprochenen steuerrechtlichen Bestimmungen, die einem Marktteilnehmer nicht verbieten, sein Freizügigkeitsrecht auszuüben, gleichwohl geeignet sind, die Ausübung dieses Rechts dadurch einzuschränken, dass der Marktteilnehmer davon abgehalten wird, sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen.

    30.      Sowohl der Kläger als auch die Kommission führen aus, dass die genannten Vorschriften einem Steuerpflichtigen, der Frankreich verlassen möchte, im Vergleich zu jemandem, der weiterhin in Frankreich wohnt, beträchtliche Nachteile auferlegen.

    31.      So muss der Steuerpflichtige, der seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegen möchte, zunächst eine Erklärung über die latenten Wertsteigerungen abgeben, die die von ihm gehaltenen Wertpapiere betreffen, während ein Steuerpflichtiger, der nicht von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch macht, bevor er eine Wertsteigerung realisiert, keine Erklärung abgeben muss. Diese Erklärung muss innerhalb von dreißig Tagen vor dem Wegzug aus Frankreich abgegeben werden.

    32.      Des Weiteren hat der Steuerpflichtige, der das Land verlassen möchte, die Steuer auf diese Wertsteigerungen sofort zu entrichten. Er ist also allein aufgrund der Verlegung seines steuerlichen Wohnsitzes ins Ausland verpflichtet, eine Steuer auf einen noch nicht erzielten Gewinn zu entrichten, obwohl eine Steuerpflicht erst bei der Erzielung der betreffenden Wertsteigerungen entstünde, wenn er in Frankreich bliebe.

    33.      Unstreitig ist daher, dass dieses System die Steuerpflichtigen, die Frankreich verlassen, schlechter stellt als die, die dort bleiben, und eine klare Ungleichbehandlung einführt. Wie die Kommission zu Recht ausführt, handelt es sich hier um eine typische Beschränkung „beim Verlassen“ des Landes.

    34.      An diesem Ergebnis ändern entgegen den Ausführungen der dänischen und der niederländischen Regierung auch die Modalitäten der Besteuerung nichts.

    35.      Ein Aufschub ist die einzige Möglichkeit, nicht sofort zur Steuerzahlung herangezogen zu werden und daher mit Ausnahme der Erklärungspflicht mit den Steuerpflichtigen gleichbehandelt zu werden, die Frankreich nicht verlassen. Dieser Aufschub erfolgt jedoch nicht automatisch, sondern unterliegt Voraussetzungen, für die der Steuerpflichtige, der sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen möchte, Schritte unternehmen und Kosten tragen muss.

    36.      So muss der Steuerpflichtige bei Abgabe der Erklärung über die latenten Wertsteigerungen einen spezifischen Antrag auf Zahlungsaufschub stellen. Der Kläger führt hierzu aus, eine spätere Stellung des Antrags sei nicht möglich. Zudem muss der Steuerpflichtige einen steuerlichen Beauftragten benennen, der befugt ist, ihn gegenüber den Finanzbehörden zu vertreten. Außerdem ist er verpflichtet, den Behörden jährlich eine Aufstellung der betreffenden – definitionsgemäß nicht realisierten – Wertsteigerungen mitzuteilen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, kann dies ebenfalls zu einer Verwirkung des Aufschubs führen.

    37.      Schließlich muss der Steuerpflichtige, der seinen steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen möchte, eine Sicherheit leisten, die die Einziehung der Forderung der Finanzverwaltung sichert. Der Kläger weist darauf hin, dass die betreffenden Wertsteigerungen definitionsgemäß noch nicht realisiert seien und der Steuerpflichtige daher über keine Einnahmen verfüge, die der von ihm verlangten Besteuerung entsprächen, so dass er gezwungen sei, für die Sicherheitsleistung andere Einnahmequellen zu verwenden.

    38.      Damit entstehen ihm zwangsläufig Kosten, z. B. für Bankbürgschaften oder Hypotheken. Die niederländische Regierung führt zwar zutreffend aus, dass er diese Kosten dadurch vermeiden könne, dass er die Wertpapiere, die der Steuerforderung zugrunde liegen, als Sicherheit leiste. Sowohl der Kläger als auch die Kommission machen jedoch unwidersprochen geltend, dass diese Möglichkeit bei nicht börsennotierten Wertpapieren nicht gegeben sei; so verhalte es sich aber häufig, wenn es um wesentliche Beteiligungen an Gesellschaften gehe.

    39.      Die Kommission hat hierzu unwidersprochen betont, dass Wertpapiere zu 100 % ihres Wertes als Sicherheit anerkannt würden, wenn es sich um Werte handele, auf die die Banque de France Lombardvorschüsse bewillige, und zu 60 % ihres Wertes, wenn es sich um andere an einer französischen Börse notierte Wertpapiere handele. Dagegen seien die nicht an einer französischen Börse notierten Wertpapiere ohne eine Bankbürgschaft, die die vollständige Zahlung der geschuldeten Steuern gewährleiste, nicht anerkannt.

    40.      Ich teile die Auffassung der Kommission, dass eine derartige unterschiedliche Behandlung offensichtlich diskriminierend ist, und zwar sowohl aus der Sicht der Anleger, die damit veranlasst werden, Wertpapiere von an französischen Börsen notierten Gesellschaften zu halten, als auch aus der Sicht dieser Gesellschaften, die damit für solche Anleger attraktiver werden.

    41.      Die Kommission stellt im Übrigen fest, es überrasche, dass Frankreich einerseits als Besteuerungsgrundlage 100 % des Wertes der Wertpapiere zugrunde lege, andererseits aber als Grundlage für die Bestellung einer Sicherheit nur 60 % oder sogar 0 % dieses Wertes zugrunde lege.

    42.      Die fragliche Beschränkung beruht jedoch unabhängig von den Modalitäten der Sicherheitsleistung bereits auf der Verpflichtung, diese zu erbringen.

    43.      Auch wenn der Aufschub tatsächlich den Steuerpflichtigen, der seinen steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen möchte, weniger belastet als die sofortige Besteuerung, so ist ein solcher Wohnsitzwechsel doch in einer Weise belastend, die nicht mehr als so ungewiss oder geringfügig eingestuft werden kann, dass sie nicht als eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dieser Steuerpflichtigen anzusehen wäre.

    44.      Aus dem Vorstehenden ergibt sich nämlich, dass die Steuerpflichtigen einen Aufschub nur erhalten können, wenn sie die Kosten tragen, die mit der Schaffung der Voraussetzung verbunden sind, von denen die Gewährung des Aufschubs abhängt, nämlich die Benennung eines steuerlichen Beauftragten, die Abgabe der Erklärungen über die latenten Wertsteigerungen sowie gegebenenfalls die Kosten für die Bestellung von Bankbürgschaften und Hypotheken. Zudem müssen sie die Belastung hinnehmen, die die Blockade eines gegebenenfalls nicht unbedeutenden Teils ihres Vermögens als Sicherheitsleistung zugunsten der Finanzverwaltung darstellt.

    45.      Dass der Steuerpflichtige nach fünf Jahren von Amts wegen in den Genuss der Steuerbefreiung und der Erstattung der Kosten für die Sicherheitsleistung kommt, falls er bis dahin die Wertpapiere, die zur Steuerpflicht geführt haben, nicht veräußert hat, reicht meines Erachtens nicht aus, um die behindernde Wirkung der streitigen Vorschriften zu beseitigen. Dem Steuerpflichtigen wird während dieses Zeitraums der Teil seines Vermögens vorenthalten gewesen sein, den er als Sicherheit geleistet hat. Dies gilt selbst dann, wenn es sich dabei um die streitigen Wertpapiere handelt. In diesem Sonderfall ergibt sich die die Freizügigkeit behindernde Wirkung nicht daraus, dass sie nicht veräußert werden können, da dies auch dann zur Besteuerung führen würde, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz in Frankreich behalten hätte, sondern daraus, dass die Wertpapiere dem Eigentümer nicht zu einer anderweitigen Nutzung, etwa zur Bestellung einer Sicherheit, zur Verfügung stehen.

    46.      Nach Ansicht der Kommission, der in diesem Punkt nicht widersprochen wurde, schränkt ein Steuersystem wie das von Artikel 167a CGI vorgesehene die Niederlassungsfreiheit auch dadurch ein, dass es ein Hindernis für die Umstrukturierung, den Zusammenschluss oder die Fusion der Gesellschaft darstellt, deren Gesellschafter der im Ausland wohnhafte Steuerpflichtige ist. Solche Vorgänge bringen zwangsläufig eine Wertpapiereinlage oder einen Wertpapiertausch, die Kraftloserklärung bisheriger und die Ausgabe neuer Wertpapiere mit sich. Für die Steuerpflichtigen mit Wohnsitz in Frankreich können die Einlage, der Rückkauf, die Rückerstattung oder die Kraftloserklärung der betroffenen Gesellschaftsrechte unter den Voraussetzungen des Artikels 150-OA CGI Gegenstand einer Steuerstundung sein. Eine solche Stundung ist aber nicht mehr möglich, wenn der Wohnsitz ins Ausland verlegt wurde. Die Wertpapiere, für die die Steuer zum Zeitpunkt des Wegzugs gestundet wurde, werden gemäß Artikel 167a CGI sofort steuerpflichtig. Nach dieser Vorschrift scheint die Steuerstundung auch dann ausgeschlossen zu sein, wenn die Wertpapiere im Ausland abgetreten werden.

    47.      Mit der französischen Regierung ist jedoch festzustellen, dass die Vorlagefrage sich nicht auf die Vorschriften über die Besteuerung von Wertsteigerungen bezieht, für die die Steuer gestundet wurde.

    48.      Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die im Vorlagebeschluss genannten Vorschriften die Steuerpflichtigen, die wesentliche Beteiligungen halten und ihren steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegen wollen, in einer Weise unterschiedlich behandeln, die die ihnen durch den EG-Vertrag zuerkannte Niederlassungsfreiheit beschränkt. Es ist daher zu prüfen, ob diese Vorschriften gerechtfertigt werden können und dem Verbot des Artikels 43 EG entgehen.

    C – Zur Rechtfertigung der Beschränkung

    49.      Unbestritten ist, dass Artikel 46 EG im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Dagegen werden von den Beteiligten vier Gründe vorgebracht, die die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit mit vom Gerichtshof im Steuerrecht bereits anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses rechtfertigen sollen.

    50.      Erstens betont die dänische Regierung, dass die streitige nationale Regelung das vom Gerichtshof im Urteil Safir (8) als zwingenden Grund anerkannte Ziel habe, die Aushöhlung der Besteuerungsgrundlage des betroffenen Mitgliedstaats zu verhindern. Es solle vermieden werden, dass französische Steuerpflichtige einen Nutzen aus den Unterschieden zwischen den Steuerregelungen in den anderen Mitgliedstaaten und denen in Frankreich ziehen könnten.

    51.      Jedoch sind nach ständiger Rechtsprechung Steuermindereinnahmen kein zwingender Grund des Allgemeininteresses, der zur Rechtfertigung einer mit Artikel 43 EG grundsätzlich unvereinbaren Ungleichbehandlung angeführt werden kann (9) . Ein solches Ziel ist rein wirtschaftlicher Natur und kann daher keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen (10) . Wie die französische Regierung ausführt, kann eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit des Steuerpflichtigen nicht schlicht damit gerechtfertigt werden, dass der Finanzverwaltung wegen des Wohnsitzwechsels Einnahmen entgingen.

    52.      Zweitens werden der Kampf gegen die Steuerumgehung und die Wirksamkeit der Steuerkontrollen angeführt. Beide stellen nach Ansicht aller Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben – mit Ausnahme der portugiesischen Regierung –, zwingende Gründe des Allgemeininteresses dar, die die streitige Einschränkung rechtfertigen können.

    53.      Die französische Regierung, die zu diesem Punkt die ausführlichsten Ausführungen machte, erklärt, dass die fragliche Vorschrift einen Rechtsmissbrauch zu verhindern suche, nämlich die betrügerische Nutzung der gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten durch einen Steuerpflichtigen. Sie erinnert hierzu daran, dass es einem Mitgliedstaat freistehe, die Modalitäten der Besteuerung von Wertsteigerungen insbesondere hinsichtlich des Steuersatzes so zu bestimmen, wie er es für richtig hält. Daher sei es durchaus legitim, dass jeder Mitgliedstaat Maßnahmen ergreife, um zu verhindern, dass der Besteuerung von Wertsteigerungen durch missbräuchliches Verhalten die Grundlage entzogen werde.

    54.      In der vorliegenden Rechtssache sei ein solches Verhalten darin zu sehen, dass ein Steuerpflichtiger, bevor er Wertpapiere veräußert, seinen steuerlichen Wohnsitz allein mit der Absicht, die in Frankreich auf die Wertsteigerungen geschuldeten Steuern zu umgehen, vorübergehend ins Ausland verlegt. Dabei handele es sich nicht um eine gutgläubige Ausübung der Niederlassungsfreiheit, sondern um einen Missbrauch dieser Freiheit zur Umgehung des Steuerrechts.

    55.      Die beanstandete Vorschrift sei in zweierlei Hinsicht gerechtfertigt, um die Wirksamkeit der Steuerkontrollen sicherzustellen. Sie ziele zum einen darauf ab, den beschriebenen betrügerischen Verhaltensweisen zu begegnen und zum anderen darauf, die Wirksamkeit der Steuereinziehung zu garantieren. Diese werde kostspieliger und weniger gewiss, wenn der Steuerpflichtige im Ausland wohne.

    56.      Was ist von diesem Vorbringen zu halten?

    57.      Die Rechtsprechung hat die Sicherung der Wirksamkeit der Steuerkontrollen als zwingendes Erfordernis anerkannt, das eine Beschränkung rechtfertigen kann (11) . Dasselbe gilt für die Bekämpfung von Steuerumgehungen (12) . Das letztere gilt jedoch, wie die französische Regierung selbst ausführt, nach dieser Rechtsprechung nur, wenn eine Rechtsvorschrift einen Steuervorteil für ganz willkürliche Gebilde, mit denen die Umgehung des Steuerrechts beabsichtigt wird, ausschließt.

    58.      Die beanstandete Vorschrift überschreitet diese Grenze unbestreitbar bei weitem. Wie die Kommission, die in diesem Zusammenhang die Urteile Leur-Bloem (13) und Centros (14) zitiert, zu Recht ausführt, erfasst die streitige Regelung generell alle Fälle, in denen ein Steuerpflichtiger, der wesentliche Beteiligungen an einer in Frankreich körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaft hält, seinen steuerlichen Wohnsitz – aus welchem Grund auch immer – ins Ausland verlegt.

    59.      So wird, wie der Kläger ausführt, im Fall eines solchen Steuerpflichtigen eine „unwiderlegliche Vermutung der Steuerhinterziehung“ geschaffen. Lässt sich ein Steuerpflichtiger im Ausland nieder, so bedeutet das für sich jedoch noch keine Steuerhinterziehung (15) ; es obliegt den Finanzbehörden des betreffenden Mitgliedstaats, im Einzelfall nachzuweisen, dass die Gefahr der Steuerumgehung besteht.

    60.      Daraus folgt, dass eine nationale Maßnahme mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur dann vereinbar ist, wenn sie den Finanzbehörden die Möglichkeit gibt, im Einzelfall das tatsächliche Vorliegen einer Hinterziehung oder einer Steuerumgehung nachzuweisen, nicht aber dann, wenn sie, wie hier, bei Ausübung der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit eine betrügerische Absicht unterstellt.

    61.      Die Unverhältnismäßigkeit der nationalen Regelung zeigt sich auch bei der Prüfung der unterschiedlichen Behandlung eines Steuerpflichtigen, der nach seinem Wegzug aus Frankreich länger als fünf Jahre im Ausland bleibt, ohne seine Wertpapiere zu verkaufen, und eines Steuerpflichtigen, der genauso lang im Ausland bleibt, aber seine Wertpapiere vor Ablauf der fünf Jahre verkauft. Obwohl beide Frankreich für die gleiche Zeit verlassen, was wohl beweist, dass ihrem Verhalten nicht unbedingt die Absicht der Steuerflucht zugrunde liegt, zahlt der Erste im Gegensatz zum Zweiten keine Steuern. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist im Hinblick auf das Ziel der Verhinderung von willkürlichen und daher vorübergehenden Ortswechseln kein Unterschied zwischen Personen, die ihre Wertpapiere nach Ablauf von fünf Jahren, und solchen Personen zu erkennen, die sie nach vier Jahren oder auch nur nach einem Jahr veräußern.

    62.      Die französische Regierung macht jedoch geltend, dass die Veräußerung der Wertpapiere kurz nach dem Wegzug aus Frankreich ein sicheres Indiz für den Willen zur Steuerflucht sei. Ich teile diese Ansicht nicht. Der Wegzug in einen anderen Mitgliedstaat in der Absicht, eine neue berufliche Tätigkeit anzutreten, kann möglicherweise im Zusammenhang mit dieser neuen Tätigkeit oder z. B. dem Erwerb einer neuen Wohnung beträchtliche Kosten nach sich ziehen. Die schlichte Veräußerung der Wertpapiere kurz nach dem Umzug reicht aber nicht aus, um ein betrügerisches Vorhaben nachzuweisen. Das Abstellen auf eine baldige Rückkehr nach Frankreich hingegen stünde grundsätzlich eher im Zusammenhang mit dem Ziel, Steuerpflichtige daran zu hindern, die Steuer durch den einfachen Ausweg eines kurzen Auslandsaufenthalts, während dessen die Wertpapiere veräußert würden, zu umgehen.

    63.      Diese Überlegung veranschaulicht den zweiten Grund dafür, dass ich die streitige Regelung für unverhältnismäßig halte: Es gibt Maßnahmen, die die Niederlassungsfreiheit weniger beeinträchtigen und geeignet sind, das behauptete Ziel der Bekämpfung vorübergehender Ortswechsel zu erreichen.

    64.      Um welche Maßnahmen könnte es sich handeln? Meines Erachtens würde es genügen, wenn der Mitgliedstaat vorsähe, dass die von einem Steuerpflichtigen realisierten Wertsteigerungen zu versteuern sind, der nach verhältnismäßig kurzem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat und nach Veräußerung seiner Wertpapiere wieder nach Frankreich zurückkehrt. Die baldige Rückkehr würde beweisen, dass der Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat nur vorübergehend war, und erlauben, das von Frankreich beanstandete Verhalten zu vereiteln, ohne sich auf die Situation von Steuerpflichtigen auszuwirken, die in gutem Glauben von ihrer Niederlassungsfreiheit in einem anderen Mitgliedstaat Gebrauch machen wollen. Der Mitgliedstaat würde dadurch, dass er die Steuer bei der Rückkehr aus einem anderen Mitgliedstaat einzieht, die definitionsgemäß kurz nach der Veräußerung der Wertpapiere während eines kurzen dortigen Aufenthalts erfolgte, gewissermaßen die Konsequenz aus der nur fiktiven örtlichen Zuordnung der Realisierung der Wertsteigerungen zu einem anderen Mitgliedstaat ziehen und diese behandeln, als wäre sie tatsächlich in Frankreich erfolgt. Zudem würden dadurch Schwierigkeiten bei der Einziehung der Steuern vermieden.

    65.      Die französische und die niederländische Regierung haben jedoch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass der Gerichtshof in Randnummer 59 des Urteils X und Y entschieden habe, dass eine Regelung, die eine Kaution oder sonstige Garantien verlangt, den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entspricht. Jedoch hatte der Gerichtshof in jener Rechtssache eine solche Regelung in einem anderen Zusammenhang zu betrachten, bei dem es nicht darum ging, eine Maßnahme danach zu beurteilen, ob sie im rechten Verhältnis zu einem kurzen Aufenthalt des Steuerpflichtigen in einem anderen Mitgliedstaat und seiner Rückkehr steht.

    66.      Daraus folgt, dass es die Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts weniger beeinträchtigende Maßnahmen gibt, die sowohl die Bekämpfung der Steuerumgehung als auch wirksame Steuerkontrollen ermöglichen.

    67.      Insbesondere in Bezug auf das letztere Ziel ist der Vollständigkeit halber Folgendes hinzuzufügen. Wie bereits dargelegt, stellen die Modalitäten der Bestellung einer Sicherheit eine Diskriminierung der nicht an einer französischen Börse notierten Wertpapiere dar, für die im Hinblick auf das Ziel wirksamer Steuerkontrollen keine Rechtfertigung ersichtlich ist. Zudem berücksichtigt die fragliche nationale Rechtsvorschrift andere Möglichkeiten nicht, die die Einziehung von Steuern erleichtern können, die ein Steuerpflichtiger, der seinen steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt hat, schuldet.

    68.      So betont der Kläger, dass Frankreich mit einer Vielzahl von Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen hat, die im Allgemeinen eine Klausel enthalten, in der sich die Staaten verpflichten, sich bei der Einziehung der in dem Abkommen genannten Steuern gegenseitig zu unterstützen.

    69.     Überdies bietet, wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat und worauf die Kommission hinweist, „[d]ie Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern (ABl. L 336, S. 15) ... Möglichkeiten zur Erlangung notwendiger Auskünfte, die mit den für die ... Steuerverwaltungen [im Inland] bestehenden Möglichkeiten vergleichbar sind“ (16) .

    70.      Nach alledem lässt sich die fragliche nationale Rechtsvorschrift nicht mit der Bekämpfung der Steuerumgehung oder wirksamen Steuerkontrollen rechtfertigen.

    71.      Drittens macht die niederländische Regierung geltend, dass die streitige Vorschrift durch die Erfordernisse der Kohärenz des französischen Steuersystems gerechtfertigt sei.

    72.      Die Umstände der vorliegenden Rechtssache unterschieden sich nicht grundlegend von der Problematik in der Rechtssache Bachmann (17) . Dort sei es um eine „Befreiung“ in Form der Abzugsfähigkeit von Prämien gegangen; zum Ausgleich seien spätere Geldleistungen besteuert worden. Die „Befreiung“ in Form eines Abzugs der Prämien von den Einkünften habe nicht gewährt werden müssen, wenn die spätere Besteuerung der Leistungen nicht sichergestellt gewesen sei. In der vorliegenden Rechtssache, in der es in Wirklichkeit um eine vorübergehende Befreiung von der Besteuerung des in den Wertsteigerungen bestehenden Vermögenszuwachs gehe, der erst bei deren Realisierung besteuert werde, verhalte es sich ähnlich. Diese spätere Besteuerung gleiche also die vorübergehende Befreiung aus, die folglich nicht gewährt werden müsse, wenn aufgrund der Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes des Steuerpflichtigen ins Ausland die spätere Besteuerung nicht mehr gewährleistet sei.

    73.      Ich kann dieser These aus mehreren Gründen nicht folgen.

    74.      Zunächst lässt sie außer Acht, dass die Verlegung des steuerlichen Wohnsitzes des Steuerpflichtigen in einen anderen Mitgliedstaat, wie gerade dargelegt, nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Steuereinziehung gefährdet wird.

    75.      Zudem beschränkt sich die unterschiedliche Behandlung von Steuerinländern und (künftigen) Steuerausländern nicht auf eine einfache Vorverlegung des Zeitpunkts, in dem eine Steuer bezahlt werden muss, die in jedem Fall zu zahlen ist. Da ein Steuerpflichtiger, der das Land für mehr als fünf Jahre verlässt, sowieso nicht mehr steuerpflichtig ist, lässt sich nicht sagen, dass für ihn die Besteuerung einfach vorverlegt wird.

    76.      Weiter weist die Anwendbarkeit der in Artikel 167a Abschnitt I Nummer 2 zweiter Absatz CGI vorgesehenen weniger günstigen Regelungen über die Abzugsfähigkeit möglicher Verluste darauf hin, dass es hier nicht um eine einfache Vorverlegung der Steuerzahlung geht.

    77.      Selbst wenn es sich aber so verhielte, ergäbe sich daraus nicht, dass diese Vorverlegung durch die Kohärenz des Steuersystems gerechtfertigt wäre. So hat der Gerichtshof im Urteil Metallgesellschaft u. a. entschieden, dass Vorschriften, die eine Steuervorauszahlung nur von im Ausland ansässigen Gesellschaften verlangen, nicht mit dem EG-Vertrag vereinbar sind.

    78.      Darüber hinaus hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen geltend gemacht, dass die streitigen Vorschriften, die die Besteuerung von Wertsteigerungen bei Steuerpflichtigen vorsähen, die keine Steuerinländer mehr seien, dem Gebot der Kohärenz des Steuersystems widersprächen, da dieses grundsätzlich, insbesondere im französisch-belgischen Doppelbesteuerungsabkommen, die Besteuerung der Wertsteigerungen durch den Staat vorsieht, in dem der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz hat.

    79.      Schließlich haben die französischen Regelungen über die Besteuerung von Wertsteigerungen nicht das Ziel, früher oder später den Vermögenszuwachs zu besteuern. Für die Vermögensteuer gibt es eigene Regelungen. Wie der Kläger betont, besteht die die Grundregel der Besteuerung von Wertsteigerungen im französischen Steuersystem darin, realisierte Wertsteigerungen, also Einkünfte, zu besteuern, nicht aber darin, auf den möglichen Wertzuwachs des Vermögens periodisch Steuern zu erheben. Die streitige Regelung ist dadurch, dass sie im Fall (künftiger) Steuerausländer eine Steuer auf latente, nicht realisierte Wertsteigerungen vorsieht, eine Ausnahme von der Kohärenz des fraglichen Steuersystems und daher für diese nicht erforderlich.

    80.      Viertens ist das Vorbringen der deutschen Regierung zu untersuchen, dass die streitigen Steuerregelungen zugleich eine Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Herkunftsstaat und dem Zuzugsstaat darstellten. Die streitige Vorschrift habe zum Ziel, die Steuerzahlung auf die entstandenen Wertsteigerungen bis zum Wegzug des Steuerpflichtigen sicherzustellen. Das Recht des Herkunftsstaats, diese Wertsteigerungen zu besteuern, ergebe sich daraus, dass sie in der Regel aus der Tätigkeit der Gesellschaft im Herkunftsstaat stammten.

    81.      Nach der Rechtsprechung steht es den Mitgliedstaaten zwar frei, die Kriterien für die Aufteilung der Steuerhoheit festzulegen, doch können sie sich bei der Ausübung der entsprechend aufgeteilten Steuerhoheit nicht über das Gemeinschaftsrecht hinwegsetzen (18) .

    82.      Zudem geht es in der vorliegenden Rechtssache nicht um die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Mitgliedstaaten. Der Streitgegenstand bezieht sich nicht auf das Recht der französischen Behörden, die Besteuerung von Wertsteigerungen dadurch zu schützen, dass sie Ortswechsel bekämpfen, die nur zum Zweck der Steuerumgehung erfolgen, sondern auf die Frage, ob die hierzu erlassenen Maßnahmen mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar sind.

    83.      Die Fallgestaltung unterscheidet sich also von der, um die es im von der deutschen Regierung zitierten Urteil Gilly (19) ging. In diesem Urteil ging es um ein Kriterium für die Aufteilung der Steuerhoheit, das sich zudem nach Maßgabe des Einzelfalls sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten der Steuerpflichtigen auswirken konnte. Dagegen betrifft die vorliegende Rechtssache eine nationale Regelung, die sich nicht zwangsläufig aus der Aufteilung der Steuerhoheit zwischen Mitgliedstaaten ergibt und im Übrigen die Steuerpflichtigen, die ihre sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Rechte ausüben wollen, durchgängig benachteiligt.

    84.      Aus alledem folgt, dass die streitige Regelung eine mit Artikel 43 EG unvereinbare Beschränkung darstellt, die nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist.

    V – Ergebnis

    85.      Aus den vorstehenden Gründen schlage ich vor, dem Conseil d’État wie folgt zu antworten:

    Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen entgegen, die zu Lasten aller Steuerpflichtigen, die ihren steuerlichen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen, die sofortige Besteuerung noch nicht realisierter Wertsteigerungen vorsieht.


    1
    Originalsprache: Französisch.


    2
    Urteil vom 26. Juni 1993 in der Rechtssache C-112/91 (Slg. 1993, I-429).


    3
    Vgl. z. B. Urteil vom 16. Oktober 1997 in der Rechtssache C-304/96 (Hera, Slg. 1997, I-5685).


    4
    Vgl. Urteil vom 18. Juni 1998 in der Rechtssache C-266/96 (Corsica Ferries France, Slg. 1998, I-3949, Randnr. 31).


    5
    Vgl. für eine ständige Rechtsprechung z. B. Urteil vom 13. April 2000 in der Rechtssache C‑251/98 (Baars, Slg. 2000, I-2787).


    6
    Vgl. für eine ständige Rechtsprechung z. B. Urteil vom 15. Januar 2002 in der Rechtssache C‑55/00 (Gottardo, Slg. 2002, I-413).


    7
    Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 81/87 (Daily Mail and General Trust, Slg. 1988, 5483).


    8
    Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C-118/96 (Safir, Slg. 1998, I-1897).


    9
    Vgl. Urteile vom 16. Juli 1998 in der Rechtssache C-264/96 (ICI, Slg. 1998, I-4695, Randnr. 28); vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-307/97 (Saint-Gobain ZN, Slg. 1999, I-6161, Randnr. 51) und vom 8. März 2001 in den Rechtssachen C-397/98 und C-410/98 (Metallgesellschaft u. a., Slg. 2001, I-1727, Randnr. 59).


    10
    Vgl. insbesondere Urteil vom 6. Juni 2000 in der Rechtssache C-35/98 (Verkooijen, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 48).


    11
    Vgl. insbesondere das Urteil vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-250/95, Futura Participations und Singer, Slg. 1997, I-2471, Randnr. 31).


    12
    Vgl. Urteile ICI und Metallgesellschaft u. a. und in diesem Sinne auch die Urteile vom 21. November 2002 in der Rechtssache C-436/00 (X und Y, Slg. 2002, I-0000, Randnr. 61) und vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C-324/00 (Lankhorst-Hohorst, Slg. 2002, I-0000, Randnr. 37).


    13
    Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-28/95 (Leur-Bloem, Slg. 1997, I-4161).


    14
    Urteil des Gerichtshofes vom 9. März 1999 in der Rechtssache C-212/97 (Centros, Slg. 1999, I-1459).


    15
    Vgl. Urteile Lankhorst-Hohorst, Randnr. 37, ICI, Randnr. 26, Metallgesellschaft u. a., Randnr. 57.


    16
    Vgl. z. B. das Urteil vom 14. Februar 1995 in der Rechtssache C-279/93 (Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnr. 45).


    17
    Urteil vom 28. Januar 1992 in der Rechtssache C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249)


    18
    Vgl. Urteil in der Rechtssache Saint-Gobain ZN, Randnrn. 57 und 58.


    19
    Urteil vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Gilly, Slg. 1998, I-2793).

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