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Document 62001TJ0026

Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte erweiterte Kammer) vom 30. September 2003.
Fiocchi munizioni SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Artikel 296 EG und 298 EG - Staatliche Beihilfe für ein Rüstungsgüterunternehmen - Beschwerde - Untätigkeitsklage - Unzulässigkeit.
Rechtssache T-26/01.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 II-03951

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2003:248

62001A0026

Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte erweiterte Kammer) vom 30. September 2003. - Fiocchi munizioni SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Artikel 296 EG und 298 EG - Staatliche Beihilfe für ein Rüstungsgüterunternehmen - Beschwerde - Untätigkeitsklage - Unzulässigkeit. - Rechtssache T-26/01.

Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite 00000


Parteien
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Parteien


In der Rechtssache T-26/01

Fiocchi munizioni SpA mit Sitz in Lecco (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte I. Van Bael, E. Raffaelli, F. Di Gianni und R. Antonini,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch S. Ortiz Vaamonde als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelfer,

wegen Feststellung, dass die Kommission es rechtswidrig unterlassen hat, in der Sache über die Beschwerde der Klägerin zu entscheiden, mit der diese eine vom Königreich Spanien dem Unternehmen Santa Barbara gewährte staatliche Beihilfe beanstandet hat,

erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Dritte erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Richterin P. Lindh und der Richter J. Azizi, J. D. Cooke und M. Jaeger,

Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2003

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe


Rechtlicher Rahmen

1 Nach Artikel 87 Absatz 1 EG sind, soweit im Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. In Artikel 87 Absatz 2 EG sind die Beihilfen genannt, die kraft Gesetzes mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, und in Artikel 87 Absatz 3 EG diejenigen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Artikel 88 EG regelt das normale Verfahren für die Kontrolle staatlicher Beihilfen.

2 Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG bestimmt, dass die Vorschriften des Vertrages nicht dem entgegenstehen, dass ein Mitgliedstaat die Maßnahmen ergreift, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen. Ferner heißt es dort, dass diese Maßnahmen auf dem Gemeinsamen Markt nicht die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren beeinträchtigen dürfen.

3 Nach Artikel 298 Absatz 1 EG prüft die Kommission, wenn auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen durch Maßnahmen aufgrund des Artikels 296 EG verfälscht werden, gemeinsam mit dem beteiligten Staat, wie diese Maßnahmen den Vorschriften des Vertrages angepasst werden können. Nach Artikel 298 Absatz 2 EG kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat in Abweichung von dem in den Artikeln 226 EG und 227 EG vorgesehenen Verfahren den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der Staat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in Artikel 296 vorgesehenen Befugnisse missbraucht.

Sachverhalt

4 Die Fiocchi munizioni SpA (im Folgenden: Klägerin) ist ein italienisches Unternehmen, das im Bereich der Herstellung und Vermarktung von Waffen und Munition tätig ist.

5 Mit Schreiben vom 25. Mai 1999, das am 7. Juni 1999 bei der Kommission einging, richtete die Klägerin an diese eine Beschwerde in Bezug auf Subventionen, die das Königreich Spanien der Empresa Nacional Santa Barbara, einem spanischen Rüstungsgüterunternehmen (im Folgenden: Santa Barbara), zwischen 1996 und 1998 in Höhe von insgesamt ungefähr 35 Milliarden spanischen Peseten (ESP) gewährt habe. In dieser Beschwerde forderte sie die Kommission auf, eine Untersuchung hinsichtlich der Vereinbarkeit der vorgenannten Subventionen mit den Artikeln 87 EG, 88 EG und 296 EG einzuleiten und festzustellen, dass das Königreich Spanien gegen diese Artikel verstoßen habe.

6 Mit Schreiben vom 16. Juni 1999 an die Ständige Vertretung des Königreichs Spanien bei den Europäischen Gemeinschaften ersuchte die Kommission die spanischen Behörden um Auskunft über Art und Höhe der Beihilfen, die Santa Barbara angeblich gewährt worden waren.

7 Mit Schreiben vom 23. Juli 1999 teilten die spanischen Behörden der Kommission mit, dass es sich bei Santa Barbara um ein öffentliches Unternehmen handele, das sich ausschließlich mit der Herstellung von Waffen und Munition sowie von Panzerfahrzeugen befasse, und dass folglich ihre Tätigkeiten unter Artikel 296 Absatz 1 EG fielen. Sie legten dar, dass im spanischen Recht anerkannt sei, dass die Tätigkeiten von Santa Barbara für die Landesverteidigung des Königreichs Spaniens von Interesse seien, dass die Fabriken von Santa Barbara aufgrund eines spanischen Gesetzes über die Neustrukturierung der Rüstungsindustrie im Eigentum des spanischen Verteidigungsministeriums stuenden und dass die Produktion dieses Unternehmens hauptsächlich darauf ausgerichtet sei, die Bedürfnisse der spanischen Armee zu befriedigen. Sie wiesen auch darauf hin, dass die Tätigkeiten von Santa Barbara den spanischen Rechtsvorschriften über Staatsgeheimnisse unterlägen.

8 Mit Schreiben an die spanischen Behörden vom 27. September 1999 erinnerte die Kommission diese an den Wortlaut von Artikel 296 Absatz 1 EG und bat sie um Auskunft über das Verhältnis zwischen den Santa Barbara gewährten Beihilfen und der Herstellung ziviler und militärischer Waffen, die für die Ausfuhr bestimmt seien. Sie wies darauf hin, dass eine solche Tätigkeit nicht die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Königreichs Spanien im Sinne des Artikels 296 Absatz 1 EG betreffe.

9 Mit Schreiben vom 21. Oktober 1999 beantworteten die spanischen Behörden das in der vorstehenden Randnummer erwähnte Schreiben der Kommission. Da die spanischen Behörden in einem Schreiben an die Kommission vom 6. März 2001 einen Vertraulichkeitsvorbehalt hinsichtlich des Inhalts des Schreibens vom 21. Oktober 1999 erklärt hatten, ist dieses nicht zu den Akten gegeben worden.

10 Mit Schreiben vom 28. Oktober 1999 machte die Klägerin geltend, dass ihr durch die in ihrer Beschwerde beschriebene Situation ein erheblicher Schaden entstanden sei, und bat die Kommission um Auskunft über den Stand des Verfahrens betreffend die Santa Barbara gewährten Beihilfen und über die Absichten der Kommission in dieser Hinsicht.

11 Mit Schreiben vom 18. November 1999 beantwortete die Kommission das in der vorstehenden Randnummer erwähnte Schreiben der Klägerin. Sie teilte ihr mit, dass sie aufgrund ihrer Beschwerde im Juni und im September 1999 die spanischen Behörden um Auskunft darüber ersuchte habe, ob und in welcher Höhe Santa Barbara staatliche Beihilfen gewährt worden seien. Sie wies darauf hin, dass ihr die spanischen Behörden im Juli und im Oktober 1999 Auskunft über die militärische Produktion von Santa Barbara erteilt hätten und dass sie, da diese Behörden die Ausnahme des Artikels 296 EG geltend gemacht hätten, damit befasst sei, die Richtigkeit dieser Ansicht zu prüfen. Sie erklärte, dass sie sie so schnell wie möglich über die Ergebnisse dieser Prüfung informieren werde.

12 In einem Schreiben an die Kommission vom 8. März 2000 machte die Klägerin unter Bezugnahme auf ihre Beschwerde vom 25. Mai 1999 (siehe oben, Randnr. 4) geltend, dass die Santa Barbara gewährten Beihilfen nicht unter die Ausnahme des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG fallen könnten, da Santa Barbara wie sie auf internationaler Ebene im Bereich öffentlicher Ausschreibungen für die Lieferung von Munition tätig sei und folglich die von den spanischen Behörden zugunsten dieses Unternehmens getroffenen Maßnahmen nicht im Sinne der vorgenannten Vorschrift als für die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Königreichs Spanien erforderlich angesehen werden könnten. Sie rügte die Untätigkeit der Dienststellen der Kommission und führte aus, dass sie sich gezwungen sehe, mit dem vorliegenden Schreiben einen förmlichen Antrag auf Tätigwerden der Kommission im Sinne des Artikels 232 EG zu stellen, und dass sie sich die Möglichkeit vorbehalte, sich des Verfahrens zu bedienen, das dieser Artikel für den Fall fortdauernder Untätigkeit der Dienststellen der Kommission vorsehe.

13 Mit Schreiben vom 5. Juni 2000 antwortete die Kommission auf das Schreiben der Klägerin vom 8. März 2000. Unter Hinweis auf ihr Schreiben vom 18. November 1999 erinnerte sie die Klägerin an die verschiedenen Auskunftsersuchen, die sie an die spanischen Behörden hinsichtlich Art und Höhe der Santa Barbara gewährten Beihilfen gerichtet habe, und an die Antworten dieser Behörden auf diese Ersuchen, insbesondere das Schreiben vom 23. Juli 1999, in dem diese Behörden die Ausnahme des Artikels 296 EG geltend gemacht hätten. Sie unterstrich, dass sie nach Artikel 298 EG nur verpflichtet sei, die streitigen Maßnahmen gemeinsam mit dem betreffenden Mitgliedstaat zu prüfen, und dass diese Prüfung noch nicht abgeschlossen sei, da sie sich noch nicht auf einen Standpunkt festgelegt habe. Auch erwähnte sie die Klagemöglichkeit, über die sie nach Artikel 298 Absatz 2 EG verfüge, falls ein Mitgliedstaat die durch Artikel 296 EG eingeräumten Befugnisse missbrauche. Außerdem wies sie die Klägerin darauf hin, dass ihr Schriftwechsel als abgeschlossen anzusehen sei, sofern es nicht neue Informationen geben sollte.

14 Mit Schreiben vom 27. September 2000 reagierte die Klägerin auf das Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000. Sie machte geltend, dass die Kommission, obwohl sie ihre Beschwerde bereits vor über 15 Monaten eingereicht habe, immer noch nicht Stellung genommen habe. Die Kommission habe die spanischen Behörden seit Oktober 1999 nicht mehr um Auskunft oder Erläuterungen ersucht, und es habe zudem nicht den Anschein, dass die Kommission das Verfahren des Artikels 298 EG eingeleitet habe, um gemeinsam mit diesen Behörden zu prüfen, wie die streitigen Maßnahmen den Vorschriften des Vertrages angepasst werden könnten. Ferner sei nicht erkennbar, dass die Kommission nach Artikel 298 Absatz 2 EG beim Gerichtshof eine Klage gegen das Königreich Spanien erhoben oder eine förmliche Entscheidung erlassen hätte, mit der sie die vorgenannten Maßnahmen für rechtmäßig erkläre. Sie forderte die Kommission daher auf, im Sinne des Artikels 232 EG zu den in Rede stehenden Maßnahmen Stellung zu nehmen, und teilte ihre Absicht mit, Klage beim Gericht zu erheben, sollte die Kommission nicht binnen zwei Monaten reagieren.

15 Mit Schreiben vom 22. November 2000 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie mangels neuer Informationen von Seiten der Klägerin nur wiederholen könne, was sie in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 ausgeführt habe, nämlich dass ihre Dienststellen damit befasst seien, die streitigen Maßnahmen nach Artikel 298 EG zu prüfen, und dass sie sich noch nicht auf einen Standpunkt festgelegt habe. Sie wies erneut auf die ihr in Artikel 298 Absatz 2 EG eingeräumte Befugnis, den Gerichtshof unmittelbar anzurufen, sowie auf die Unzulässigkeit einer Untätigkeitsklage hin, die die Klägerin eventuell erheben würde, um die Weigerung der Kommission anzufechten, im vorliegenden Fall ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.

Verfahren

16 Die Klägerin hat daraufhin mit am 29. Januar 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift die vorliegende Untätigkeitsklage erhoben.

17 Mit besonderem Schriftsatz, der am 22. März 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Beklagte eine Einrede der Unzulässigkeit nach Artikel 114 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Klägerin hat am 28. Mai 2001 zu dieser Einrede Stellung genommen.

18 Mit am 19. Mai 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat das Königreich Spanien beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Beklagten zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 10. Juli 2001 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben. Der Streithelfer hat seinen Schriftsatz zur Einrede der Unzulässigkeit und die Parteien haben ihre Stellungnahmen zu diesem Schriftsatz fristgerecht eingereicht.

19 Mit Beschluss vom 14. Dezember 2001 hat das Gericht die Entscheidung über die Einrede und über die Kosten dem Endurteil vorbehalten.

20 Mit Eingang der Stellungnahmen der Parteien zum zweiten Streithilfeschriftsatz des Königreichs Spanien ist das schriftliche Verfahren am 10. Dezember 2002 abgeschlossen worden.

21 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Dritte erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

22 In der öffentlichen Sitzung vom 4. Juni 2003 haben die Verfahrensbeteiligten mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

23 Die Klägerin beantragt,

- festzustellen, dass die Kommission gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 232 EG verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, über ihre Beschwerde in der Sache zu entscheiden und die erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen zu treffen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

- alle nach Billigkeit gebotenen Maßnahmen und Entscheidungen zu treffen.

24 Die Kommission beantragt,

- die Klage für unzulässig oder, hilfsweise, für unbegründet zu erklären;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

25 Das Königreich Spanien beantragt, die Klage für unzulässig oder, hilfsweise, für unbegründet zu erklären.

Entscheidungsgründe

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

26 Die Kommission hält die Klage für unzulässig. In dieser Hinsicht macht sie drei Gründe geltend.

27 Der erste Grund, der in der Einrede der Unzulässigkeit angeführt wird, ist die verspätete Erhebung der Klage.

28 Die Kommission führt aus, dass die Klägerin sie erstmals mit einem Schreiben vom 8. März 2000 gemahnt habe. In diesem Punkt unterstützt durch das Königreich Spanien weist sie darauf hin, dass sie in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 das Schreiben der Klägerin vom 8. März 2000 ausdrücklich als förmlichen Antrag auf Entscheidung im Sinne des Artikels 232 EG qualifiziert habe. Dieser Hinweis habe der Klägerin die Feststellung ermöglicht, dass die Kommission ihrem Schreiben die Bedeutung und die Rechtswirkungen beigemessen habe, die sich aus seinem Wortlaut ergäben. Außerdem habe die Klägerin beim Lesen des Schreibens der Kommission vom 5. Juni 2000 nicht den geringsten Zweifel an der Entscheidung der Kommission haben können, ihrer Beschwerde und ihrer Aufforderung, tätig zu werden, nicht Folge zu leisten.

29 Folglich hätte die Klägerin eine Untätigkeitsklage vor dem 19. Juli 2000 erheben können und müssen; an diesem Tag sei die in Artikel 232 EG festgelegte Viermonatsfrist einschließlich der Entfernungsfrist abgelaufen. Stattdessen habe die Klägerin nach Ablauf der Klagefrist am 27. September 2000 ein neues Mahnschreiben im Sinne des Artikels 232 EG an die Kommission gerichtet und die vorliegende Klage binnen vier Monaten nach diesem Tag erhoben. Dieses zweite Mahnschreiben könne jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Klage verspätet eingereicht worden sei.

30 Der Einzelne sei zwar berechtigt, an das betreffende Organ ein neues Mahnschreiben zu richten, dessen Gegenstand sich von dem des ersten Mahnschreibens unterscheide oder das sich auf eine veränderte Sach- oder Rechtslage stütze. Im vorliegenden Fall sei der Gegenstand der beiden Mahnschreiben jedoch identisch und die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass zwischen den beiden Mahnungen neue Tatsachen oder neue rechtliche Gesichtspunkte hinzugetreten seien.

31 Da die Frist des Artikels 232 EG zwingend zu beachten sei, führe ihre Überschreitung zur Präklusion und folglich zur Unzulässigkeit der Untätigkeitsklage, sofern nicht außergewöhnliche Umstände vorlägen. Solche Umstände seien jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben.

32 In ihrer Klagebeantwortung bestreitet die Kommission, in diesem Punkt unterstützt durch das Königreich Spanien, zunächst, dass ihr Schreiben vom 5. Juni 2000 die Sachlage verändert habe, die im Zeitpunkt der im Schreiben der Klägerin vom 8. März 2000 enthaltenen ersten Aufforderung zum Tätigwerden bestanden habe. Die im Schreiben vom 5. Juni 2000 erwähnten Auskünfte der spanischen Behörden seien der Klägerin nämlich im Schreiben der Kommission vom 18. November 1999 mitgeteilt worden, d. h. vor der ersten Aufforderung der Klägerin, tätig zu werden, so dass sie nicht als neue Tatsachen angesehen werden könnten, die eine neue Aufforderung zum Tätigwerden rechtfertigen könnten. Außerdem habe die Kommission in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 nicht erklärt, dass sie die vorgenannten Auskünfte überprüfen werde.

33 Sodann macht die Kommission geltend, sie habe in ihrem Schreiben vom 22. November 2000 lediglich den Inhalt ihres Schreibens vom 5. Juni 2000 in Erinnerung gerufen, so dass die Klägerin aus dem Schreiben vom 22. November 2000 nicht die Gewissheit habe erlangen können, die ihr das Schreiben vom 5. Juni 2000 angeblich nicht gegeben habe.

34 In seinem ersten Streithilfeschriftsatz vertritt das Königreich Spanien die Ansicht, dass das Schreiben vom 5. Juni 2000 eine unzweideutige Stellungnahme der Kommission enthalte. In diesem Schreiben habe die Kommission der Klägerin nämlich mitgeteilt, dass die Maßnahmen, die die spanischen Behörden zugunsten von Santa Barbara getroffen hätten, nicht entsprechend dem Antrag die Klägerin nach den allgemeinen Vorschriften über staatliche Beihilfen, sondern nach den Artikeln 296 EG bis 298 EG geprüft werden müssten. Damit habe sie der Klägerin geantwortet, dass sie nicht beabsichtige, in dem von ihr gewünschten Sinne tätig zu werden.

35 Der zweite Unzulässigkeitsgrund, den die Kommission in ihrer Klagebeantwortung und in ihrer Gegenerwiderung darlegt, ist darauf gestützt, dass der Gegenstand der vorliegenden Klage nicht festgelegt sei.

36 Die Kommission, unterstützt durch das Königreich Spanien, macht geltend, dass die Klägerin die Art der Rechtsakte, die sie hätte erlassen müssen, nicht präzisiere, obwohl die Feststellung der Untätigkeit nach Artikel 232 EG voraussetze, dass die behauptete Unterlassung Maßnahmen betreffe, deren Tragweite ausreichend bestimmt sei, um Gegenstand einer Durchführung im Sinne des Artikels 233 EG sein zu können.

37 Mit dem dritten Unzulässigkeitsgrund, den die Kommission ebenfalls in ihrer Klagebeantwortung und in ihrer Gegenerwiderung darlegt, wird die Unzulässigkeit einer Klage geltend gemacht, die darauf gerichtet ist, eine Untätigkeit der Kommission auf der Grundlage des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG zu beanstanden.

38 Nach Ansicht der Kommission stellt Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG für die von ihm ausdrücklich genannten Bereiche und Fälle eine Ausnahme von sämtlichen Vorschriften des EG-Vertrags dar, unabhängig davon, ob diese verfahrensrechtlicher oder materiellrechtlicher Natur seien. Da es sich um Waren handele, die eigens für militärische Zwecke bestimmt seien, sei es außerdem ohne Bedeutung, dass die in Rede stehenden nationalen Maßnahmen die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt veränderten.

39 Daraus folge, dass ein Mitgliedstaat, wenn er hinsichtlich einer speziellen Beihilfemaßnahme eine Berufung auf Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG für erforderlich halte, nicht zur vorherigen Notifizierung der Kommission verpflichtet sei, soweit es um eigens für militärische Zwecke bestimmte Waren gehe. Eine etwaige Beschwerde könne, wenn der betreffende Mitgliedstaat sich auf die vorgenannte Vorschrift berufe, nicht zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens auf der Grundlage des Artikels 88 EG führen, ohne dass gegen diese Vorschrift verstoßen würde. Außerdem könne der Missbrauch der in Artikel 296 EG vorgesehenen Befugnisse durch einen Mitgliedstaat nur im Wege einer unmittelbaren Anrufung des Gerichtshofes auf der Grundlage des Artikels 298 Absatz 2 EG beanstandet werden, und nicht durch eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG oder Artikel 227 EG oder durch eine Entscheidung auf der Grundlage des Artikels 88 EG. Die Anwendbarkeit der anderen Vorschriften des EG-Vertrags setze folglich voraus, dass der Gerichtshof einen Missbrauch feststelle.

40 Artikel 298 Absatz 1 EG sehe zwar vor, dass die Kommission, wenn auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen durch nationale Maßnahmen aufgrund des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG verfälscht würden, gemeinsam mit dem beteiligten Staat prüfe, wie diese Maßnahmen den Vorschriften des Vertrages angepasst werden könnten. Die Kommission habe in solchen Fällen jedoch nicht die Möglichkeit, verbindliche Rechtsakte zu erlassen, und der Ausgang der Konsultationen hänge im Wesentlichen vom Willen des betreffenden Mitgliedstaats ab. Im Fall des Scheiterns der Konsultationen könnten die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten den Gerichtshof nach Artikel 298 Absatz 2 EG anrufen.

41 In seinem zweiten Streithilfeschriftsatz führt das Königreich Spanien aus, soweit davon auszugehen sei, dass der Gegenstand der Aufforderung der Klägerin, tätig zu werden, darin bestehe, dass die Kommission zur Anwendbarkeit von Artikel 296 EG auf den vorliegenden Fall Stellung nehme, sei festzustellen, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 22. November 2000 auf diese Aufforderung geantwortet habe, indem sie ausgeführt habe, dass Artikel 296 EG auf den vorliegenden Fall anwendbar sei und sie deshalb den Vorgang nach Artikel 298 EG prüfe. Auch wenn diese Stellungnahme den Interessen der Klägerin zuwiderlaufe, schließe sie aus, dass eine Untätigkeit der Kommission festgestellt werden könne, und führe zur Unzulässigkeit der vorliegenden Klage.

42 Die Klägerin weist die drei von der Kommission geltend gemachten Unzulässigkeitsgründe zurück.

43 Zum ersten Grund führt die Klägerin zunächst aus, der Hinweis im Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000, dass die Kommission gerade zusätzliche Auskünfte prüfe, die sie von den spanischen Behörden im Oktober 1999 erhalten habe, habe ein neues Element gegenüber den Informationen dargestellt, die sie von der Kommission am 18. November 1999 erhalten habe, und folglich eine Veränderung der tatsächlichen Umstände seit dem 8. März 2000, an dem sie ihre erste Aufforderung zum Tätigwerden an die Kommission gesandt habe. Sie habe es daher für zweckmäßig gehalten, der Kommission weitere drei Monate Zeit zu lassen, um unter Berücksichtigung der vorgenannten Auskünfte Stellung zu nehmen, und dann angesichts der Untätigkeit der Kommission vor Erhebung der vorliegenden Klage eine zweite Aufforderung zum Tätigwerden an diese zu richten.

44 Sodann vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die fehlende Eindeutigkeit des Schreibens vom 5. Juni 2000 sie gezwungen habe, die Kommission um zusätzliche Erläuterungen und eine Bestätigung ihres Standpunkts zu bitten. Diesem Schreiben habe sie nämlich nicht entnehmen können, ob die Kommission zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG auf den vorliegenden Fall Stellung genommen habe. Die Art der der Klägerin zur Verfügung stehenden Klage habe von der genauen Bedeutung der Ausführungen der Kommission abgehangen.

45 Einige Anhaltspunkte ließen glauben, dass die Kommission am 5. Juni 2000 noch immer nicht ihren Standpunkt festgelegt habe. So habe die Kommission sie in ihrem Schreiben vom 18. November 1999 informiert, dass sie noch nicht zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG auf den vorliegenden Fall Stellung genommen habe. In ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 habe sie lediglich auf die Ansicht der spanischen Behörden zu diesem Punkt verwiesen. Dagegen sei der Hinweis der Kommission im Schreiben vom 5. Juni 2000 auf eine Prüfung der streitigen Maßnahmen nach Artikel 298 EG mit dem Fehlen einer Stellungnahme der Kommission zur Anwendbarkeit von Artikel 296 EG nicht in Einklang zu bringen. Eine solche Prüfung hätte nämlich zum Erlass einer mit Gründen versehenen Entscheidung über die Anwendung dieser Vorschrift führen müssen. Nach Kenntnis der Klägerin sei eine solche Entscheidung aber nie ergangen.

46 Was den Hinweis im Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 zur Beendigung des Schriftwechsels mit der Klägerin anbelange, so habe dieser eine zusätzliche Unsicherheitsquelle dargestellt. Angesichts der Verpflichtung der Kommission, eine vorläufige Prüfung der Beschwerde vorzunehmen und sich innerhalb einer angemessenen Frist zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG zu äußern, sei ein solcher Hinweis nämlich nicht damit vereinbar, dass die Kommission keinerlei Standpunkt mitgeteilt habe.

47 Aufgrund dieser widersprüchlichen Hinweise habe die Klägerin nicht erkennen können, ob das Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 als Rechtsakt - Stellungnahme oder Maßnahme - auszulegen sei, der eine Untätigkeitsklage gegenstandslos machen könnte. Sie habe es daher für erforderlich gehalten, die Kommission um zusätzliche Hinweise zu ersuchen und sie erneut aufzufordern, tätig zu werden. Erst dem Schreiben vom 22. November 2000, in dem die Kommission den Inhalt des Schreibens vom 5. Juni 2000 wörtlich wiedergegeben habe, habe sie mit angemessener Gewissheit entnehmen können, dass die Kommission zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG auf den vorliegenden Fall nicht Stellung genommen habe und nicht beabsichtige, dies zu tun.

48 Hilfsweise macht die Klägerin geltend, ein Beteiligter könne auch nach Ablauf der in Artikel 232 EG vorgesehenen Frist eine zweite Aufforderung zum Tätigwerden an die Kommission auf der Grundlage dieser Vorschrift richten und binnen vier Monaten nach Eingang dieser Aufforderung bei der Kommission eine Untätigkeitsklage erheben.

49 Hoechst hilfsweise vertritt die Klägerin die Ansicht, sie könne einen entschuldbaren Irrtum geltend machen, um die angebliche Verspätung der Erhebung ihrer Untätigkeitsklage zu rechtfertigen. Im vorliegenden Fall sei sie durch das Verhalten der Kommission irregeführt worden. Zum einen habe die Kommission nämlich nach Ablauf der in Artikel 232 EG vorgeschriebenen Zweimonatsfrist auf ihre Aufforderung zum Tätigwerden geantwortet, so dass sie nur wenig Zeit gehabt habe, diese Antwort zu prüfen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Zum anderen habe die fehlende Eindeutigkeit des Schreibens vom 5. Juni 2000 die Klägerin verwirrt.

50 Hinsichtlich des zweiten Grundes führt die Klägerin aus, sowohl in ihrer Beschwerde als auch in ihren Mahnschreiben habe sie die Kommission aufgefordert, über die Anwendbarkeit des Artikels 296 EG auf den vorliegenden Fall zu entscheiden. Unter diesen Umständen sei die Kommission verpflichtet gewesen, sich zu diesem Punkt zu äußern und der Klägerin die Gründe für ihren Standpunkt mitzuteilen.

51 Zum dritten Grund trägt die Klägerin vor, die Entscheidung 1999/763/EG der Kommission vom 17. März 1999 über durchgeführte und beabsichtigte Maßnahmen des Bundeslandes Bremen, Deutschland, zugunsten der Lürssen Maritime Beteiligungen GmbH und Co. KG (ABl. L 301, S. 8, im Folgenden: Lürssen-Entscheidung) widerspreche der These der Kommission, bereits aus der Berufung des betreffenden Mitgliedstaats auf Artikel 296 EG folge, dass dieser Artikel auf den vorliegenden Fall anwendbar und die Klage für unzulässig zu erklären sei. In dieser Entscheidung habe die Kommission nämlich trotz der Berufung der deutschen Behörden auf Artikel 296 EG die streitigen Beihilfen geprüft, um festzustellen, ob diese ausschließlich für eigens militärische Produktionen bestimmt gewesen seien.

52 Im vorliegenden Fall habe sie von Anfang an bestritten, dass die Produktion von Santa Barbara eigens militärischer Art sei, und darauf hingewiesen, dass die von dieser Gesellschaft hergestellten Waffen sowohl für militärische als auch für zivile Zwecke bestimmt seien. Damit die betreffende Produktion als eigens militärisch im Sinne des Artikels 296 EG angesehen werden könne, müsse sie ausschließlich für den inländischen Markt bestimmt sein; dies ergebe sich aus der in diesem Artikel aufgestellten Bedingung in Bezug auf die Wahrung der wesentlichen nationalen Sicherheitsinteressen. In der vorliegenden Rechtssache habe Santa Barbara, gestärkt durch die Beihilfen der spanischen Behörden, erfolgreich an Ausschreibungen für die Lieferung von Waffen in anderen Mitgliedstaaten teilgenommen. Unter diesen Umständen könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Tätigkeit dieses Unternehmens auf Waren beschränkt habe, die eigens für militärische Zwecke im Sinne des Artikels 296 EG bestimmt seien.

53 Nach Ansicht der Klägerin hätte sich die Kommission jedenfalls unter Berücksichtigung des Inhalts ihrer Beschwerde zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG im vorliegenden Fall äußern und prüfen müssen, ob die Produktion von Santa Barbara eigens militärisch im Sinne dieses Artikels sei. Die Kommission habe ihr dadurch, dass sie es unterlassen habe, eine mit Gründen versehene Entscheidung zu erlassen, die Möglichkeit genommen, einen ihrer These eventuell entgegengesetzten Standpunkt anzufechten. Unter diesen Umständen sei die vorliegende Klage für zulässig zu erklären, da sie auf die Feststellung gerichtet sei, dass die Kommission es rechtswidrig unterlassen habe, eine Entscheidung über die Anwendbarkeit des Artikels 296 EG im vorliegenden Fall zu erlassen.

54 In ihrer Stellungnahme zum zweiten Streithilfeschriftsatz des Königreichs Spanien vertritt die Klägerin die Meinung, die These des Königreichs Spanien, dass eine Stellungnahme der Kommission zur Anwendbarkeit des Artikels 296 EG im vorliegenden Fall existiere und die Klage daher gegenstandslos sei, stelle einen Unzulässigkeitsgrund dar, den die Kommission nicht geltend gemacht habe, und sei folglich für unzulässig zu erklären. Jedenfalls sei diese These sachlich unzutreffend. Die Kommission habe ihr in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 nämlich nicht mitgeteilt, dass sie Artikel 296 EG im vorliegenden Fall für anwendbar halte. Selbst wenn die Kommission zu dem Schluss gekommen sein sollte, dass Artikel 296 EG im vorliegenden Fall anwendbar sei, habe sie ihr zudem nie eine mit Gründen versehene Entscheidung hierzu übermittelt.

Würdigung durch das Gericht

55 Vorab ist der rechtliche Kontext zu klären, in den sich die vorliegende Rechtssache einfügt.

56 Die Artikel 87 EG und 88 EG enthalten die allgemeine materiell- und verfahrensrechtliche Regelung für staatliche Beihilfen.

57 Die Herstellung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial sowie der Handel damit sind Gegenstand einer besonderen Regelung in Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG, wonach die Vorschriften des Vertrages die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, im Zusammenhang mit diesen besonderen Tätigkeiten die Maßnahmen zu ergreifen, die ihres Erachtens für die Wahrung ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind. Die Waffen, die Munition und das Kriegsmaterial, für die diese Regelung gilt, sind in der in Artikel 296 Absatz 2 EG erwähnten Liste enthalten, die der Rat am 15. April 1958 aufgestellt hat.

58 Die Regelung des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG soll die Handlungsfreiheit der Mitgliedstaaten in bestimmten Bereichen wahren, die die Landesverteidigung und die nationale Sicherheit berühren. Wie seine Stellung unter den allgemeinen Schlussvorschriften des EG-Vertrags bestätigt, hat dieser Artikel unter den in ihm genannten Bedingungen für die Tätigkeiten, auf er sich bezieht, eine allgemeine Tragweite, die alle allgemeinen Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften, berühren kann. Indem Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG bestimmt, dass er nicht dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat in Bezug auf die betreffenden Tätigkeiten die Maßnahmen ergreift, die "seines Erachtens" für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen "erforderlich" sind, räumt er den Mitgliedstaaten außerdem ein besonders weites Ermessen bei der Beurteilung der Bedürfnisse im Zusammenhang mit der Wahrung dieser Interessen ein.

59 In diesem Kontext gelten die Wettbewerbsvorschriften nicht für eine staatliche Beihilfemaßnahme eines Mitgliedstaats zugunsten von Tätigkeiten der Herstellung von Waffen, Munition oder Kriegsmaterial, die in der Liste des Rates vom 15. April 1958 genannt sind, oder zugunsten von Tätigkeiten des Handels damit, wenn er sie auf der Grundlage von Erwägungen ergreift, die mit dem Erfordernis der Wahrung der wesentlichen Interessen seiner inneren Sicherheit zusammenhängen. In dieser konkreten Fallgestaltung ist der betreffende Mitgliedstaat daher nicht verpflichtet, die Beihilfemaßnahme der Kommission im Projektstadium zu notifizieren. Hinsichtlich einer solchen Beihilfe kann die Kommission nicht das Prüfverfahren des Artikels 88 EG einleiten.

60 Angesichts der Regelung des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG zeigt sich, dass die Verfasser des EG-Vertrags, der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, sich auf Artikel 296 EG zu berufen, einen Rahmen setzen wollten, u. a. hinsichtlich staatlicher Beihilfen.

61 Erstens ergibt sich aus Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG in Verbindung mit Artikel 296 Absatz 2 EG, dass die oben in Randnummer 59 dargelegte Regelung keine Anwendung auf Tätigkeiten finden soll, die andere Waren als die militärischen Waren betreffen, die in der Liste des Rates vom 15. April 1958 genannt sind.

62 Zweitens sieht der EG-Vertrag zwei spezielle Vorgehensweisen in Bezug auf Maßnahmen vor, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG zugunsten von Tätigkeiten im Zusammenhang mit den in der Liste des Rates vom 15. April 1958 genannten Waren ergreifen.

63 Zunächst heißt es in Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b letzter Satz EG, dass die in der vorstehenden Randnummer genannten Maßnahmen auf dem Gemeinsamen Markt nicht die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der "nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren" beeinträchtigen dürfen. Nach Artikel 298 Absatz 1 EG prüft die Kommission, wenn "auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen" durch Maßnahmen aufgrund des Artikels 296 EG "verfälscht" werden, gemeinsam mit dem beteiligten Staat, wie die Maßnahme den Vorschriften des Vertrages angepasst werden kann. Wenn es den Anschein hat, dass eine staatliche Beihilfemaßnahme nach Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG eine Quelle der Wettbewerbsverzerrung auf dem Gemeinsamen Markt ist, z. B. weil sie Tätigkeiten im Zusammenhang mit Waren zugute kommt, die zwar in der Liste des Rates vom 15. April 1958 genannt sind, aber auch eine zivile Verwendung finden können (so genannte Waren mit gemischter Verwendung) oder zur Ausfuhr bestimmt sind, ergibt sich somit aus Artikel 298 Absatz 1 EG, dass die Kommission in Abweichung von dem in Artikel 88 EG vorgesehenen normalen Prüfverfahren für staatliche Beihilfen gemeinsam mit dem betreffenden Mitgliedstaat eine bilaterale Prüfung der fraglichen Maßnahme vornimmt.

64 Sodann sieht Artikel 298 Absatz 2 EG vor, dass die Kommission wie jeder Mitgliedstaat in Abweichung von dem normalen Vertragsverletzungsverfahren der Artikel 226 EG und 227 EG den Gerichtshof unmittelbar anrufen kann, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Mitgliedstaat die in Artikel 296 EG vorgesehene Befugnis missbraucht.

65 Der vorliegende Rechtsstreit ist im Licht dieses besonderen rechtlichen Kontextes zu entscheiden.

66 Insoweit ist darauf hinzuwirken, dass die Klägerin unstreitig mit Schreiben vom 8. März 2000 (siehe oben, Randnr. 12) an die Kommission eine Aufforderung zum Tätigwerden im Sinne des Artikels 232 EG gerichtet hat, nachdem sie zuvor mit Schreiben vom 25. Mai 1999 bei der Kommission eine Beschwerde hinsichtlich der Wettbewerbsverzerrungen eingereicht hatte, die auf dem Gemeinsamen Markt durch Beihilfen verursacht worden seien, die das Königreich Spanien Santa Barbara zwischen 1996 sind 1998 gewährt habe (siehe oben, Randnr. 5), und nachdem zwischen der Kommission und den spanischen Behörden ein Schriftwechsel stattgefunden hatte, über den sie mit Schreiben der Kommission vom 18. November 1999 informiert worden war (siehe oben, Randnr. 11).

67 Gegenstand des Mahnschreibens vom 8. März 2000, liest man es in Verbindung mit der Beschwerde vom 25. Mai 1999, auf die in diesem Schreiben Bezug genommen wird, war die an die Kommission gerichtete Aufforderung, nach vorangegangener Prüfung dazu Stellung zu nehmen, ob die Subventionen, die die spanischen Behörden Santa Barbara gewährt hatten, mit den Vorschriften des EG-Vertrags vereinbar sind. Zur Begründung dieser Aufforderung machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass diese Subventionen nicht unter die Regelung des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG fielen, da sie den Ausfuhrtätigkeiten von Santa Barbara zugute kämen und deswegen nicht als für die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Königreichs Spanien erforderlich angesehen werden könnten. Weiter führte sie aus, dass die Kommission unter diesen Umständen und in Anbetracht der negativen Auswirkungen dieser Subventionen auf den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt, insbesondere im Rahmen der gemeinschaftlichen Ausschreibungsverfahren für die Lieferung von militärischer Munition, feststellen müsse, dass ein Verstoß sowohl gegen Artikel 296 EG als auch gegen die Artikel 87 und 88 EG vorliege, und die sich aus einer solchen Feststellung ergebenden Maßnahmen anordnen müsse, insbesondere die Rückforderung der beanstandeten Subventionen.

68 Die Kommission richtete an die Rechtsanwälte der Klägerin ein Schreiben mit Datum vom 5. Juni 2000 (siehe oben, Randnr. 13), das unstreitig eine Antwort auf das Schreiben der Klägerin vom 8. März 2000 darstellt. In diesem Schreiben vom 5. Juni 2000 heißt es:

"...

Sehr geehrte Herren,

Mit Schreiben vom 8. März 2000 haben Sie bei der Kommission förmlich beantragt, dass sie sich im Sinne des Artikels 232 EG-Vertrag zu der staatlichen Beihilfe äußert, die die spanischen Behörden laut dem am 7. Juni 1999 bei der Kommission eingegangenen Schreiben ihrer Mandantin, der Fiocchi Munizioni SpA, der Gesellschaft Empresa Nacional Santa Barbara (ENSB) gewährt haben. In dem Schreiben Ihrer Mandantin wird von Munition gesprochen, die für einen militärischen Gebrauch bestimmt sei, und von einer angeblichen Beihilfe, die sich ausschließlich auf den Markt für militärische Munition auswirke (eine Ausschreibung des italienischen Verteidigungsministeriums).

Mit Schreiben vom 18. November 1999 haben die Dienststellen der Kommission bereits darauf hingewiesen, dass sie die spanischen Behörden mit Schreiben vom 16. Juni und vom 27. September 1999 um Auskunft über die staatliche Beihilfe, die Spanien der Gesellschaft ENSB gewährt haben soll, und gegebenenfalls Angabe der Höhe ersucht haben.

Mit Schreiben vom 23. Juli 1999 teilten die spanischen Behörden mit, dass die [Gesellschaft] ENSB unter die Ausnahme des Artikels 296 EG-Vertrag falle. Am 26. September 1999 ersuchten die Dienststellen der Kommission die spanischen Behörden erneut um Auskunft; mit Antwort vom 21. Oktober 1999 erteilten diese zusätzliche Auskünfte zur militärischen Produktion der Gesellschaft ENSB.

Insoweit möchte ich unterstreichen, dass sich das Vorgehen der Kommission im Sinne des Artikels 298 EG-Vertrag darauf beschränkt, die fraglichen Maßnahmen gemeinsam mit dem Mitgliedstaat zu prüfen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen, da die sich die Kommission noch nicht auf einen Standpunkt festgelegt hat.

Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass die Kommission den Gerichtshof unmittelbar anrufen kann, wenn sie der Auffassung ist, dass ein Mitgliedstaat von den in Artikel 296 EG-Vertrag vorgesehenen Möglichkeiten in unangemessener Weise Gebrauch macht. Außerdem kann der Einzelne nicht gegen die Weigerung der Kommission vorgehen, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten (Urteil [des Gerichts vom 22. Mai 1996] in der Rechtssache T-277/94, AITEC/Kommission, Slg. 1996, II-351, Randnr. 55). Unter diesen Umständen geht die Bezugnahme auf Artikel 232 EG-Vertrag in ihrem Schreiben vom 8. März 2000 fehl, und eine in diesem Sinne beim Gerichtshof erhobene Klage wäre unzulässig.

Ich bitte Sie, den vorliegenden Schriftwechsel als abgeschlossen anzusehen, sofern es nicht neue Informationen geben sollte.

..."

69 Aus dem in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Schreiben ergibt sich, dass die Kommission aufgrund der Beschwerde, mit der die Klägerin Wettbewerbsverzerrungen im Zusammenhang mit den Subventionen beanstandete, die das Königreich Spanien Santa Barbara gewährt hatte, beschloss, das in Artikel 298 Absatz 1 EG vorgesehene besondere Verfahren der bilateralen Prüfung anzuwenden, da sie offenbar die Berufung der spanischen Behörden auf Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG angesichts der von diesen abgegebenen Erklärungen und erteilten Auskünfte auf den ersten Blick für glaubwürdig hielt.

70 Mit dem Schreiben vom 5. Juni 2000 teilte die Kommission der Klägerin ihren Standpunkt mit, den sie hinsichtlich des verfahrensrechtlichen Fortgangs ihrer Beschwerde eingenommen hatte, indem sie sie von dem Umstand unterrichtete, dass diese Beschwerde aufgrund der Berufung der spanischen Behörden auf Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG zur Einleitung einer noch laufenden bilateralen Prüfung gemeinsam mit den vorgenannten Behörden nach Artikel 298 Absatz 1 EG geführt habe, und nicht zu dem, was nach der von der Klägerin vertretenen These, dass die Ausnahme des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, dem Hauptziel entsprochen hätte, das die Klägerin mit ihrer Beschwerde und ihrem Mahnschreiben vom 8. März 2000 verfolgt haben will, nämlich der Einleitung des in Artikel 88 EG vorgesehenen normalen Prüfverfahrens.

71 Der Inhalt des Schreibens vom 27. September 2000, das die Klägerin der Kommission auf deren Schreiben vom 5. Juni 2000 hin sandte (siehe oben, Randnr. 14), insbesondere das Fehlen einer Bezugnahme in diesem Schreiben vom 27. September 2000 auf die Artikel 87 EG und 88 EG, zeigt insoweit, dass die Klägerin dem Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 sehr wohl deren Standpunkt entnommen hat, dass die vorliegende Sache dem besonderen verfahrensrechtlichen Rahmen des Artikels 298 EG und nicht dem des Artikels 88 EG zuzuordnen sei.

72 Indem die Kommission in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 über den Stand der bilateralen Prüfung berichtete, die sie aufgrund der Berufung der spanischen Behörden auf Artikel 296 EG nach Artikel 298 Absatz 1 EG eingeleitet hatte, und die ihr nach Artikel 298 Absatz 2 EG zur Verfügung stehende Möglichkeit erwähnte, den Gerichtshof unmittelbar anzurufen, wenn sie der Auffassung sei, dass der betreffende Mitgliedstaat die durch Artikel 296 EG eingeräumten Befugnisse missbrauche, hat sie die Klägerin mit diesem Schreiben ausreichend über die beiden besonderen Vorgehensweisen informiert, die ihr nach Artikel 298 EG allein zur Verfügung stehen, wenn sie wie im vorliegenden Fall das normale Vorgehen der Kontrolle staatlicher Beihilfen ausschließt, weil ihr die Berufung des betreffenden Mitgliedstaats auf Artikel 296 Absatz 1 Buchstabe b EG auf den ersten Blick glaubwürdig erscheint.

73 Die Angabe im Schreiben vom 5. Juni 2000, dass sich das Vorgehen der Kommission nach Artikel 298 EG darauf beschränke, die fraglichen Maßnahmen gemeinsam mit dem betreffenden Mitgliedstaat zu prüfen, reichte aus, um die Klägerin erkennen zu lassen, dass sie im vorliegenden Fall nicht erwarten durfte, dass die Kommission eine an das Königreich Spanien gerichtete abschließende Entscheidung oder Richtlinie hinsichtlich der Zulässigkeit der beanstandeten Subventionen erlassen würde.

74 Die Kommission ist nämlich anders als in der Situation, die im Rahmen des Artikels 88 EG gegeben ist, nicht verpflichtet, bei Abschluss der in Artikel 298 Absatz 1 EG vorgesehenen Prüfung eine Entscheidung hinsichtlich der streitigen Maßnahmen zu erlassen. Im Gegensatz zu Artikel 86 Absatz 3 EG spricht Artikel 298 Absatz 1 EG nicht davon, dass die Kommission erforderlichenfalls eine geeignete Richtlinie oder Entscheidung an den betreffenden Mitgliedstaat richtet. Wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall beschließt, das in Artikel 298 EG vorgesehene besondere Verfahren anzuwenden, ist sie somit nicht befugt, an den betreffenden Mitgliedstaat eine abschließende Entscheidung oder Richtlinie zu richten.

75 Die Sache Lürssen, auf die die Klägerin in ihren Schriftsätzen Bezug nimmt (siehe oben, Randnr. 51), hat zwar zu einer förmlichen Entscheidung der Kommission geführt, in der sich diese zur Anwendbarkeit des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG auf die fraglichen Maßnahmen geäußert hat. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission in dieser anderen Sache nicht eine bilaterale Prüfung nach Artikel 298 EG, sondern das in Artikel 88 Absatz 2 EG vorgesehene Verfahren eingeleitet hatte, in dessen Rahmen der beteiligte Mitgliedstaat, die Bundesrepublik Deutschland, die Anwendung des Artikels 296 Absatz 1 Buchstabe b EG geltend gemacht hatte. Im vorliegenden Fall musste die Klägerin angesichts der Entscheidung der Kommission für die in Artikel 298 EG vorgesehene bilaterale Prüfung und somit der stillschweigenden, aber sicheren Weigerung der Kommission, das in Artikel 88 Absatz 2 EG vorgesehene Verfahren einzuleiten, zwangsläufig erkennen, dass die Kommission nicht die Absicht hatte, irgendeinen verbindlichen Rechtsakt über die Vereinbarkeit der streitigen Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht zu erlassen.

76 Außerdem gab die Kommission der Klägerin mit dem Hinweis, dass sie vorbehaltlich neuer Gesichtspunkte davon ausgehen möge, dass ihr Schriftwechsel abgeschlossen sei, klar zu verstehen, dass die verfahrensrechtliche Beziehung, die mit der Einreichung der Beschwerde zwischen ihnen entstanden war, unter dem vorgenannten Vorbehalt ihr Ende gefunden habe und dass sie nicht die Absicht habe, ihr am Ende der laufenden bilateralen Prüfung mit den spanischen Behörden ihren endgültigen Standpunkt in der Sache mitzuteilen.

77 Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission gleich nach Eingang der Beschwerde die spanischen Behörden mit Schreiben vom 16. Juni 1999 um Auskunft über Art und Höhe der Subventionen, die Santa Barbara vom Königreich Spanien gewährt worden waren, gebeten hatte (siehe oben, Randnr. 6). Aufgrund der Angaben der spanischen Behörden im Schreiben vom 23. Juli 1999 ersuchte die Kommission diese Behörden mit Schreiben vom 27. September 1999 um zusätzliche Auskunft über das Verhältnis zwischen den Santa Barbara gewährten Subventionen und der Herstellung ziviler und militärischer Waffen, die für die Ausfuhr bestimmt seien, und wies diese Behörden darauf hin, dass eine solche Tätigkeit nicht die Wahrung der wesentlichen Sicherheitsinteressen des Königreichs Spanien im Sinne des Artikels 296 Absatz 1 EG betreffe (siehe oben, Randnr. 8). Die Auskunftsersuchen und Erwägungen der Kommission in ihren beiden vorgenannten Schreiben, auf die das Schreiben vom 5. Juni 2000 Bezug nimmt, belegen, dass die im zuletzt genannten Schreiben enthaltene Antwort auf einer sorgfältigen und neutralen vorläufigen Prüfung der von der Klägerin im Mai 1999 erhobenen Beschwerde beruht.

78 Aus der vorstehenden Analyse (Randnrn. 67 bis 77) folgt, dass das Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 als Schreiben anzusehen ist, das deren Standpunkt in dieser Sache gegenüber der Klägerin endgültig festgelegt hat. Mit diesem Schreiben wurde die Klägerin eindeutig über den Entschluss der Kommission informiert, das besondere Verfahren der bilateralen Prüfung mit den spanischen Behörden nach Artikel 298 Absatz 1 EG und nicht das in Artikel 88 Absatz 2 EG vorgesehene normale Verfahren einzuleiten. Sie wurde über den Stand dieser bilateralen Prüfung sowie über die der Kommission zur Verfügung stehende Möglichkeit informiert, den Gerichtshof unmittelbar anzurufen, falls das Königreich Spanien die ihm durch Artikel 296 EG eingeräumten Befugnisse missbrauchen sollte. Sie wurde somit ausreichend über die beiden Vorgehensweisen informiert, die der Kommission nach Artikel 298 EG zur Verfügung stehen, wenn sie beschließt, nicht die normalen Vorschriften über die Kontrolle einer staatlichen Beihilfe anzuwenden, weil sie die Berufung auf Artikel 296 Absatz 1 EG auf den ersten Blick für plausibel hält. Das Schreiben vom 5. Juni 2000 war zudem sehr klar in Bezug auf die Tatsache, dass die Kommission in Anbetracht des Artikels 298 EG nicht die Absicht hatte, die Klägerin unmittelbar oder mittelbar über ihren endgültigen Standpunkt zu informieren, den sie in dieser Angelegenheit in der Sache selbst einnehmen würde.

79 Die Angabe im Schreiben vom 5. Juni 2000, dass sich die Kommission "noch nicht auf einen Standpunkt" festgelegt habe, ist in diesem Kontext notwendig so zu verstehen, dass damit ihr Standpunkt in der Sache hinsichtlich der Fragen gemeint ist, ob die streitigen Maßnahmen den Vorschriften des EG-Vertrags anzupassen sind und ob es angemessen oder missbräuchlich ist, dass das Königreich Spanien im vorliegenden Fall von den Befugnissen nach Artikel 296 EG Gebrauch gemacht hat. Der der Klägerin mitgeteilte Umstand, dass sich die Kommission zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht auf einen Standpunkt hinsichtlich der Zulässigkeit der fraglichen Maßnahmen festgelegt habe, kann jedoch nichts daran ändern, dass das Schreiben vom 5. Juni 2000 als Schreiben zu qualifizieren ist, das den endgültigen Standpunkt der Kommission in Bezug auf die Beschwerde der Klägerin enthält.

80 Folglich ist das Schreiben vom 5. Juni 2001 als eine ausreichende, klare und endgültige Stellungnahme in Beantwortung der Beschwerde der Klägerin vom 25. Mai 1999 und des an die Kommission gerichteten Mahnschreibens der Klägerin vom 8. März 2000 anzusehen.

81 Die Endgültigkeit dieser Stellungnahme erklärt, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 22. November 2000, mit dem sie auf die zweite, mit Schreiben vom 27. September 2000 an sie gerichtete Aufforderung der Klägerin, in der Sache Stellung zu nehmen, reagierte (siehe oben, Randnr. 14), mangels neuer Gesichtspunkte nur die Antwort in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 (siehe oben, Randnr. 15) wiederholen konnte, was sie unstreitig getan hat (siehe oben, Randnrn. 33 und 47).

82 Der Umstand, dass der Standpunkt, den die Kommission in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 dargelegt und in ihrem Schreiben vom 22. November 2000 wiederholt hat, die Klägerin nicht zufrieden gestellt hat, ist für die Prüfung, ob die Kommission im Sinne des Artikels 232 Absatz 2 EG Stellung genommen hat, ohne Belang. Artikel 232 EG meint nämlich die Untätigkeit durch Nichtbescheidung oder Unterlassen einer Stellungnahme, nicht dagegen den Erlass einer anderen als der von der Klägerin gewünschten oder für notwendig erachteten Handlung (Urteile des Gerichtshofes vom 24. November 1992 in den Rechtssachen C-15/91 und C-108/91, Buckl u. a./Kommission, Slg. 1992, I-6061, Randnrn. 16 und 17, und vom 1. April 1993 in der Rechtssache C-25/91, Pesqueras Echebastar/Kommission, Slg. 1993, I-1719, Randnr. 12; Beschluss des Gerichtshofes vom 13. Dezember 2000 in der Rechtssache C-44/00 P, Sodima/Kommission, Slg. 2000, I-11231, Randnr. 83). Die Frage, ob die Kommission zu Recht die Berufung der spanischen Behörden auf Artikel 296 EG auf den ersten Blick für glaubwürdig hielt und sich folglich für das besondere Verfahren des Artikels 298 EG statt für das normale Verfahren des Artikels 88 Absatz 2 EG entschied, betrifft die Rechtmäßigkeit der in den Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 und vom 22. November 2000 enthaltenen Stellungnahme und ist somit im Kontext einer Untätigkeitsklage ohne Belang.

83 In ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin geltend gemacht, die Angabe im Schreiben vom 5. Juni 2000, dass die Kommission gerade zusätzliche Auskünfte prüfe, die ihr die spanischen Behörden im Oktober 1999 gegeben hätten, habe ein neues Element gegenüber den Informationen dargestellt, die die Kommission am 18. November 1999 erteilt habe, und folglich eine Veränderung der tatsächlichen Umstände seit dem 8. März 2000, die die Versendung eines erneuten Mahnschreibens rechtfertige. Sie wies insbesondere auf den Umstand hin, dass die Kommission sie in ihrem Schreiben vom 18. November 1999 von dem Eingang eines Schreibens der spanischen Behörden mit Datum vom 26. Oktober 1999 unterrichtet habe, während im Schreiben vom 5. Juni 2000 von einem Schreiben dieser Behörden vom 21. Oktober 1999 die Rede sei.

84 Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen zutreffend ausführt, wurde die Klägerin jedoch bereits im Schreiben der Kommission vom 18. November 1999 auf die unterschiedlichen Mitteilungen der spanischen Behörden hingewiesen, auf die im Schreiben vom 5. Juni 2000 Bezug genommen wird. Bei der Gegenüberstellung dieser beiden Schreiben musste die Klägerin vernünftigerweise zu der Feststellung gelangen, dass sich sowohl der im Schreiben vom 18. November 1999 enthaltene Hinweis auf ein Schreiben der spanischen Behörden mit Datum vom 26. Oktober 1999 als auch die im Schreiben vom 5. Juni 2000 erfolgte Erwähnung eines Schreibens der spanischen Behörden mit Datum vom 21. Oktober 1999 auf die Antwort der spanischen Behörden auf das Ersuchen um zusätzliche Auskünfte bezogen, das die Kommission im "Schreiben vom 26. September 1999" an diese gerichtete hatte und das sowohl im Schreiben vom 18. November 1999 als auch im Schreiben vom 5. Juni 2000 erwähnt wird. Das oben in Randnummer 83 erwähnte Vorbringen der Klägerin ist somit unschlüssig.

85 Zudem enthält das Schreiben vom 5. Juni 2000 keinen Anhaltspunkt dafür, dass die in ihm enthaltene Stellungnahme vorläufig wäre und unter dem Vorbehalt einer Analyse der Auskünfte stuende, die die spanischen Behörden der Kommission im Oktober 1999 erteilt haben. Vielmehr ergibt sich aus der oben in den Randnummern 67 bis 77 vorgenommenen vertieften Prüfung, dass das vorgenannte Schreiben eine verbindliche und endgültige Stellungnahme gegenüber der Klägerin hinsichtlich ihrer Beschwerde vom 25. Mai 1999 enthält.

86 In ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ferner geltend gemacht, sie habe in ihrer Beschwerde die Tatsache beanstandet, dass die Santa Barbara gewährten Subventionen nicht nur Tätigkeiten der Herstellung von Militärmaterial, das für die Ausfuhr bestimmt sei, zugute gekommen sei, sondern auch Tätigkeiten der Herstellung und Vermarktung von Munition für den zivilen Gebrauch. In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, aus den Buchführungsunterlagen, die ihrer Beschwerde beigefügt seien, ergebe sich, dass Santa Barbara auch andere Tätigkeiten der zivilen Produktion ausübe, wie die Erzeugung von Motoren für die zivile Luftfahrt oder von Teilen von Ölmühlen.

87 Soweit dieses Vorbringen dahin zu verstehen ist, dass damit dem Schreiben vom 5. Juni 2000 die Qualifikation als Stellungnahme mit der Begründung abgesprochen werden soll, die Kommission habe in diesem Schreiben zu Unrecht angenommen, dass sich die beanstandeten Subventionen "ausschließlich auf den Markt für militärische Munition", insbesondere im Rahmen einer "Ausschreibung des italienischen Verteidigungsministeriums", ausgewirkt hätten, ist zunächst festzustellen, dass sich zwar aus den der Beschwerde beigefügten Unterlagen ergibt, dass Santa Barbara auch Motoren für die zivile Luftfahrt und Teile von Dekanteuren für Olivenöl erzeugt. Die Klägerin, die nach den Angaben in ihrer Beschwerde keine Tätigkeit im Zusammenhang mit diesen zivilen Waren ausübt, hat jedoch weder in der Beschwerde noch in ihren Mahnschreiben vom 8. März 2000 und vom 27. September 2000 geltend gemacht, dass die Santa Barbara angeblich gewährten Subventionen eine Quelle der Wettbewerbsverzerrung auf den Märkten für diese Waren seien. Es ist somit verständlich, dass die Schreiben der Kommission vom 5. Juni 2000 und vom 22. November 2000 diese Waren nicht erwähnen.

88 Sodann ist es zwar richtig, dass in der Beschwerde mehrfach davon gesprochen wird, dass die Santa Barbara gewährten öffentlichen Subventionen es dieser ermöglicht hätten, nicht nur bei ihren Tätigkeiten der Ausfuhr von Munition für den militärischen Gebrauch, sondern auch bei denen der Herstellung und Vermarktung von Munition für den zivilen Gebrauch eine aggressive Politik zu verfolgen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in ihrer Beschwerde vor allem auf die Wettbewerbsverzerrungen abgestellt hat, zu denen diese Subventionen angeblich im Rahmen der gemeinschaftlichen Ausschreibungsverfahren für die Lieferung von militärischer Munition geführt haben. So heißt es auf Seite 6 der Beschwerde: "Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, hat die Gesellschaft Santa Barbara, die auf dem Markt für Waffen und Munition wettbewerbsfähiger geworden ist, ihrer Tätigkeit einen neuen Impuls gegeben, indem sie sie im Wesentlichen auf die Herstellung und Vermarktung von Waffen und Munition ausgerichtet hat, die auch für die Ausfuhr bestimmt sind und somit für einen anderen als den militärischen Gebrauch zur Landesverteidigung, der unter die Ausnahme des Artikels 223 EG-Vertrag fällt. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass Santa Barbara die Möglichkeit gehabt hat, an Ausschreibungen in anderen Ländern als Spanien für die Lieferung von Munition teilzunehmen, insbesondere in Italien ..., wo sie im Rahmen einer Ausschreibung des italienischen Verteidigungsministeriums - Stabilimento Militar Pirotecnico de Capou - Zuschläge für die Lieferung von 9 mm-Nato-Parabellum-Patronen erhalten hat."

89 In Anbetracht des besonderen Schwerpunkts, den die Klägerin in ihrer Beschwerde auf die Wettbewerbsverzerrungen gelegt hat, zu denen die beanstandeten Subventionen im Rahmen von Ausschreibungen, insbesondere in Italien, für die Lieferung von Munition für den militärischen Gebrauch geführt haben sollen, durfte die Kommission nach Abschluss einer Untersuchung, hinsichtlich deren darauf hinzuweisen ist, dass sie sich auch auf die angeblichen Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt für zivile Waffen erstreckt hat (siehe das oben in Randnr. 8 erwähnte Schreiben vom 23. September 1999), in ihrem Schreiben vom 5. Juni 2000 die Beschwerde und das Mahnschreiben vom 8. März 2000, in dem auf die Beschwerde Bezug genommen wird, vernünftigerweise dahin verstehen, dass sie sich ausschließlich gegen wettbewerbswidrige Auswirkungen dieser Subventionen auf dem Markt für militärische Munition richteten.

90 Aus dem Schreiben vom 5. Juni 2000 ergibt sich jedenfalls zweifelsfrei, dass sich der von der Kommission festgelegte Standpunkt auf sämtliche streitigen Maßnahmen bezieht, wie sie diese in dem genannten Schreiben dem betroffenen Markt zugeordnet hat. Es ergibt sich daraus eindeutig, dass die Kommission der Klägerin mit diesem Schreiben eine umfassende und abschließende Stellungnahme zukommen ließ. Unter diesen Umständen kann das oben in Randnummer 86 erwähnte Vorbringen der Klägerin nichts daran ändern, dass das Schreiben vom 5. Juni 2000 als Schreiben zu qualifizieren ist, das eine ausreichende, klare und endgültige Stellungnahme in Beantwortung dieser Beschwerde und des Mahnschreibens vom 8. März 2000 enthält. Auf dieses Vorbringen lässt sich möglicherweise die Ansicht stützen, dass diese Stellungnahme auf einem verkürzten Verständnis derjenigen Passagen der Beschwerde beruhe, die sich auf die Märkte beziehen, die durch die beanstandeten Subventionen beeinträchtigt worden sein sollen. Eine solche Argumentation betrifft jedoch die Rechtmäßigkeit dieser Stellungnahme und ist für die Frage, ob die Kommission im Sinne des Artikels 232 EG Stellung genommen hat, ohne Bedeutung.

91 Hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung erörterten Umstands, dass die Schreiben vom 5. Juni 2000 und vom 22. November 2000 nicht vom Kollegium der Kommissionsmitglieder stammen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Schreiben keinen Vorbehalt enthalten, der die Annahme zuließe, dass sie nur den persönlichen Standpunkt ihres Verfassers, des Direktors der Direktion H "Staatliche Beihilfen II" der Generaldirektion "Wettbewerb", zum Ausdruck brächten und die Kommission nicht bänden. Folglich sind die vorgenannten Schreiben als Schreiben anzusehen, die den Standpunkt der Kommission enthalten (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed in der Rechtssache C-170/02 P, Schlüsselverlag J. S. Moser u. a./Kommission, Urteil des Gerichtshofes vom 8. März 2003, Slg. 2003, I-0000, Nr. 48).

92 Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Untätigkeitsklage zu der Beschwerde der Klägerin vom Mai 1999 und den von der Klägerin am 8. März 2000 und am 27. September 2000 an sie gerichteten Mahnschreiben im Sinne des Artikels 232 EG Stellung genommen hatte. Die Klägerin hatte daher kein Interesse mehr an der Feststellung einer Untätigkeit, da diese nicht mehr bestand. Ein Urteil des Gerichts, mit dem in einem solchen Fall die Untätigkeit des beklagten Organs festgestellt würde, könnte nämlich nicht gemäß Artikel 233 Absatz 1 EG durchgeführt werden (Urteil des Gerichts vom 27. Januar 2000 in den Rechtssachen T-194/97 und T-83/98, Branco/Kommission, Slg. 2000, II-69, Randnrn. 57 und 58).

93 Da die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage unverzichtbare Prozessvoraussetzungen darstellen, ist somit die Klage ungeachtet dessen für unzulässig zu erklären, dass lediglich der Streithelfer geltend gemacht hat, die Klage sei unzulässig, weil es eine Stellungnahme der Kommission aus der Zeit vor Klageerhebung gebe (vgl. entspr. Beschlüsse des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-100/94, Michailidis u. a./Kommission, Slg. 1998, II-3115, Randnr. 49, und vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache T-354/00, Métropole Télévision (M 6)/Kommission, Slg. 2001, II-3177, Randnr. 27).

Kostenentscheidung


Kosten

94 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr somit entsprechend den Anträgen der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

95 Der Streithelfer trägt gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Dritte erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streithelfer trägt seine eigenen Kosten.

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