Conclusions
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
SIEGBERT ALBER
vom 13. März 2003(1)
Rechtssache C-243/01
Strafverfahren
gegen
Piergiorgio Gambelli u. a.
(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale Ascoli Piceno [Italien])
„Dienstleistungsfreiheit – Niederlassungsfreiheit – Sammlung und Übermittlung von Sportwetten über Internet in einen anderen Mitgliedstaat – Strafrechtliches Verbot – Mitgliedstaatliche Regelung, die bestimmten Einrichtungen das Recht zum Sammeln der Wetten vorbehält“
I ─ Einleitung
1. Das vorliegende Verfahren wurde durch ein Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale Ascoli Piceno beim Gerichtshof anhängig
gemacht. Es geht hervor aus einem Strafverfahren gegen Piergiorgio Gambelli und über 100 weitere Personen
(2)
wegen Verstoßes u. a. gegen Artikel 4 des italienischen Gesetzes Nr. 401/89, der das Sammeln und die Weiterleitung von Wetten,
die dem Staat bzw. von ihm konzessionierten Unternehmen vorbehalten sind, unter Strafe stellt. Die in Italien getätigten
Wetten werden an einen britischen Buchmacher weitergeleitet. Deshalb wirft das Verfahren im Hinblick auf die Niederlassungs-
bzw. Dienstleistungsfreiheit Fragen zur Vereinbarkeit der betreffenden mitgliedstaatlichen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht
auf. Die einschlägigen italienischen Vorschriften waren teilweise bereits Gegenstand der Beurteilung des Gerichtshofes in
der Rechtssache Zenatti
(3)
. Im vorliegenden Fall geht es jedoch gegenüber der Rechtssache Zenatti um eine andere Dimension des Problems, da es sich
um einen strafrechtlichen Kontext handelt, in dem vor allem die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen von Bedeutung ist. Außerdem
werden die mitgliedstaatlichen Vorschriften unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit thematisiert, während der Gerichtshof
die Problematik der Lotterien
(4)
, Glücksspiele
(5)
und Sportwetten
(6)
bisher allein unter dem Blickwinkel der Dienstleistungsfreiheit geprüft hat. Schließlich wurden die italienischen Vorschriften
durch ein Gesetz aus dem Jahre 2000
(7)
, mit Wirkung für das Jahr 2001 in einer Weise verschärft, die ihrerseits aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht möglicherweise
problematisch ist.(Die in den Fußnoten 3 bis 5 genannten Urteile Zenatti, Schindler und Läärä werden im Folgenden wiederholt erwähnt. Die Fundstellen
werden dabei nur noch fallweise angegeben.)
II ─ Rechtlicher Rahmen
A ─ Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften
2. Artikel 43 EG lautet: „Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats
sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen
oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger
Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48
Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.“
3. Artikel 48 EG lautet:„Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften,
die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen
Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und Handelsrechts ... .“
4. Artikel 46 Absatz 1 EG lautet:„(1) Dieses Kapitel und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit
und Gesundheit gerechtfertigt sind.“
5. Artikel 49 EG erster Absatz lautet:„Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die
in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden
Bestimmungen verboten.“Nach Artikel 55 finden die für die Niederlassungsfreiheit geltenden Bestimmungen der Artikel 45 bis 48 auch auf die Dienstleistungsfreiheit
Anwendung.
B ─ Mitgliedstaatliche Vorschriften
6. Gemäß Artikel 88 des Testo Unico delle Leggi di Pubblica Sicurezza (im Folgenden: TULPS)
(8)
kann keine Genehmigung für das Sammeln von Wetten erteilt werden, es sei denn für Wetten bei Rennen, Regatten, Ballspielen
oder ähnlichen Wettkämpfen, sofern das Sammeln der Wetten eine notwendige Voraussetzung für einen zweckdienlichen Ablauf des
Wettkampfs darstellt. Die Genehmigung zur Veranstaltung von Wetten wird ausschließlich Konzessionären erteilt oder denjenigen,
die durch ein Ministerium oder eine andere Einrichtung, der das Gesetz, die Organisation oder Veranstaltung von Wetten vorbehält,
dazu berechtigt sind. Die Wetten können sich auf den Ausgang bzw. das Ergebnis von Sportereignissen beziehen, die unter der
Kontrolle des Italienischen Nationalen Olympischen Komitees (Comitato Olimpico Nazionale Italiano; im Folgenden: CONI) stattfinden,
oder auf das Ergebnis von Pferderennen, die durch Vermittlung des nationalen Verbands zur Verbesserung der Pferderassen (Unione
Italiana per l'incremento delle razze equine; im Folgenden: UNIRE) organisiert werden.
7. Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89
(9)
über „Interventionen auf dem Gebiet des Spiels und der verbotenen Wetten und zum Schutz des guten Ablaufs sportlicher Wettkämpfe“,
in der durch Artikel 37 Absatz 5 des Gesetzes Nr. 388/00 geänderten Fassung besagt sinngemäß:
1. Wer unberechtigter Weise an der Organisation von Lotterien, Wetten oder Prognosewettbewerben teilnimmt, die gesetzlich dem
Staat oder konzessionierten Einrichtungen vorbehalten sind, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren
bestraft. Mit derselben Strafe wird bedroht, wer Wetten oder Prognosewettbewerbe über von dem CONI, den unter dessen Kontrolle
stehenden Einrichtungen oder dem UNIRE organisierte sportliche Ereignisse veranstaltet. Wer widerrechtlich an der öffentlichen
Veranstaltung von Wetten über andere Wettkämpfe von Personen oder Tieren ebenso wie über Geschicklichkeitsspiele teilnimmt,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu einem Jahr sowie einer Geldstrafe von mindestens 1 Million ITL bestraft.
2. Wer für die Wettbewerbe, Spiele oder Wetten wirbt, die nach den in Absatz 1 beschriebenen Modalitäten veranstaltet werden,
ohne Mittäter eines dort festgelegten Delikts zu sein, wird mit Gefängnisstrafe von höchstens drei Monaten und einer Geldstrafe
zwischen 100 000 und 1 Million ITL bestraft.
3. Wer an Wettbewerben, Spielen oder Wetten, die nach den in Absatz 1 beschriebenen Modalitäten veranstaltet werden, teilnimmt,
ohne Mittäter eines dort festgelegten Delikts zu sein, wird mit Gefängnisstrafe von höchstens drei Monaten oder einer Geldbuße
zwischen 100 000 und 1 Million ITL bestraft.
4. Absätze 1 und 2 sind auch anwendbar auf Glücksspiele mittels nach Artikel 110 DR Nr. 773 vom 18. Juni 1931, geändert durch
Gesetz Nr. 507 vom 20. Mai 1965 und zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes Nr. 904 vom 17. Dezember 1986 verbotenen
Apparaten.
4.a)
(10)
Die in diesem Artikel vorgesehenen Sanktionen sind auf denjenigen anwendbar, der in Italien ohne die nach Artikel 88 TULPS
erforderliche Konzession, Genehmigung oder Lizenz eine Tätigkeit zur Annahme oder dem Sammeln bzw. zur Erleichterung der Annahme
oder Sammlung auf welche Art auch immer von Wetten jeder Art betreibt, die durch wen auch immer in Italien oder im Ausland
abgeschlossen werden, einschließlich per Telefon oder durch Datenübertragung.
4.b) Unbeschadet der dem Finanzminister durch Artikel 11 des Gesetzesdekrets Nr. 557 vom 30. Dezember 1993, nach Änderung jetzt
Gesetz Nr. 133 vom 26. Februar 1994, übertragenen Befugnisse und in Anwendung des Artikels 3 Absatz 228 des Gesetzes Nr. 549
vom 28. Dezember 1995 sind die durch den vorliegenden Artikel vorgesehenen Sanktionen anwendbar auf denjenigen, der das Sammeln
oder die Registrierung von Lottoscheinen, Prognosewettbewerben oder Wetten über Telefon oder durch Datenübertragung betreibt,
ohne im Besitz einer Genehmigung zur Benutzung dieser Mittel zur Durchführung des Sammelns oder der Registrierung zu sein.
III ─ Sachverhalt und Verfahren
8. Laut Vorlagebeschluss haben die Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter beim Tribunale Fermo ermittelt, dass „sich eine
weit verbreitete und engmaschige Organisation italienischer Agenturen“ ─ die über das Internet in Verbindung mit dem britischen
Buchmacher Stanley International Betting, Liverpool, steht ─, und zu der Gambelli und die weiteren mehr als 100 Personen
gehören, damit befasst, in Italien „gesetzlich dem Staat vorbehaltene Wetten nach Modalitäten zu sammeln“, die sich wie folgt
zusammenfassen lassen: Der Spieler teilt dem Inhaber der Agentur mit, auf welche Spiele er setzen möchte, und gibt den beabsichtigten
Einsatz an. Der Inhaber übermittelt dem britischen Buchmacher über das Internet einen Antrag auf Annahme der Wette und gibt
die fraglichen Fußballspiele und die zu tätigenden Wetteinsätze an. Der Buchmacher übermittelt über das Internet unverzüglich
(wörtlich: „in Echtzeit“) die Bestätigung der Annahme der Wette. Dem Spieler wird diese Bestätigung übermittelt, woraufhin
er den geschuldeten Betrag zahlt, der dann an den britischen Buchmacher auf ein spezielles ausländisches Konto weitergeleitet
wird. Diese Verhaltensweisen und Einzelheiten der Sammlung und Übertragung der Wetten wurden als Verstoß gegen das dem CONI
vorgehaltene Monopol für Sportwetten betrachtet und folglich als Verstoß gegen Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401/89 gewertet.
9. Die Staatsanwaltschaft Fermo hat gegen Gambelli und die anderen Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen der Durchführung
und der Entgegennahme verbotener Wetten im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 401/89 eröffnet. Der Ermittlungsrichter
beim Tribunale Fermo erließ zudem einen Beschlagnahmebeschluss und ordnete den Polizeigewahrsam gegen Garrisi an. Durchsucht
wurden auch die Agenturen, die Wohnorte der Beschuldigten und ihre Fahrzeuge. Gegen die Beschlagnahmebeschlüsse wurde die
Überprüfung durch das vorlegende Gericht beantragt.
10. Bei der Stanley International Betting Ltd handelt es sich um eine britische Kapitalgesellschaft, die im Vereinigten Königreich
im Handelsregister eingetragen ist und die die Tätigkeit eines Buchmachers betreibt. Sie ist zur Ausübung dieser Tätigkeit
durch eine Lizenz im Sinne der Betting Gaming and Lotteries-Regelung ermächtigt, die von der Stadt Liverpool für das Vereinigte
Königreich und das Ausland erteilt wurde. Der Buchmacher organisiert die Wetten aufgrund der britischen Lizenz und wirbt in
Tages- und Wochenzeitungen und -zeitschriften. Das britische Unternehmen organisiert und verwaltet die Wetten, ermittelt die
Ereignisse und die Quoten, übernimmt das wirtschaftliche Risiko und sammelt Wetten auch telefonisch und mittels Datenübertragung.
Das Unternehmen entrichtet im Vereinigten Königreich die anfallenden Steuern (Wettsteuer, Mehrwertsteuer, Körperschaftssteuer)
ebenso wie die Steuern und Abgaben auf die Gehälter, und zahlt die entsprechenden Gewinne aus. Die Gesellschaft ist scharfen
Kontrollen unterworfen sowohl durch interne Kontrollen als auch durch private Wirtschaftsprüfer sowie durch die Steuerverwaltung.
11. Das britische Unternehmen wird auf dem italienischen Markt dadurch tätig, dass es mit dort ansässigen Wirtschaftsteilnehmern
Verträge über die Errichtung von Datenübertragungszentren abschließt, gemäß denen diese italienischen Unternehmen Vermittler
für Sportwetten werden. Diese Zentren stellen ─ laut Vorlagebeschluss ─ „den Benutzern die elektronischen Mittel zur Verfügung,
um den Buchmacher zu erreichen, sammeln und registrieren die Wettabsichten und übermitteln sie nach Liverpool“. Der britische
Buchmacher bietet ein weit gefächertes Angebot von Sportwetten an, also nicht nur über vom CONI oder von diesem abhängige
Organisationen veranstaltete, sondern auch über andere ausländische und internationale Sportereignisse. Die italienischen
Staatsangehörigen haben auch die Möglichkeit, von zu Hause aus Sportwetten zu platzieren, die der Buchmacher organisiert und
über verschiedene Systeme wie Internet, Fax, Telefon o. ä. vertreibt.
12. Die Beschuldigten sind bei der italienischen Handelskammer als Unternehmensinhaber von Datenübermittlungszentren eingetragen
und haben ordnungsgemäß eine Genehmigung vom Minister für Post und Telekommunikation zur Übertragung von Daten (im Sinne der
Entscheidung 467/2000/Cons vom 19.7.2000 und des Präsidialdekrets Nr. 318 vom 19. September 1997) erhalten.
13. Das vorlegende Gericht vertritt die Ansicht, das Gemeinschaftsrecht verleihe der Firma Stanley das Recht, in den Mitgliedstaaten
der EG Haupt- oder Zweigniederlassungen zu errichten. Diese Haupt- oder Zweigniederlassungen stellen den Benutzern die Datenübertragungsmöglichkeit
an den Buchmacher zur Verfügung. Das vorlegende Gericht führt weiter aus, dass die Personen, gegen die ermittelt wurde, nicht
nur bei der Tätigkeit des Sammelns der Wetten des Buchmachers mitgewirkt hätten, sondern auch eine wirtschaftliche Tätigkeit
entfaltet und dem ausländischen Unternehmen eine Dienstleistung erbracht hätten. Der dem vorlegenden Gericht zur Überprüfung
vorgelegte Fall werfe vorab zu entscheidende Fragen nach der Vereinbarkeit nationaler Regelungen mit dem Gemeinschaftsrecht
auf. Zu bemerken sei, dass dazu in Italien zahllose gerichtliche Entscheidungen mit einander widersprechenden und widersprüchlichen
Lösungen ergangen seien.
14. Das vorlegende Gericht bemerkt ferner, dass Artikel 4 Absatz 1 des Gesetzes Nr. 401/89 die Strafbarkeit in den Fällen nicht
ausschließe, in denen es sich beim Agenten um ein ausländisches Unternehmen aus der Gemeinschaft handele, das von den zuständigen
Behörden des Landes seiner Zugehörigkeit zur Tätigkeit des Datenübermittlers ermächtigt worden sei. Deshalb sei eine nicht
hinnehmbare Diskriminierung gegenüber den inländischen Wirtschaftsteilnehmern vorstellbar, die ─ aufgrund erhaltener Konzessionen
oder Genehmigungen ─ in gleicher Weise das Sammeln und die Annahme von Sportwetten für Rechnung des CONI betrieben. Dies könne
im Widerspruch zu den Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit und des freien grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs
stehen.
15. Vor dem Hintergrund des Urteils der Corte di Cassazione 1680/2000 erwägt das vorlegende Gericht im Hinblick auf die mögliche
Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die sich aus der freien Ausübung der mit den Wetten verbundenen Tätigkeiten ergeben
könnte, dass diesen Erfordernissen in geeigneter Weise Rechnung getragen werden könne, wenn es sich bei dem Wirtschaftsteilnehmer
um ein Unternehmen handele, das bereits in dem Land, dem es angehört, einer Aufsicht unterliege, die die Korrektheit seiner
Tätigkeit gewährleiste.
16. Im Hinblick auf die befürchtete Gefahr einer weiteren Verleitung zu geldlichen Ausgaben gab das vorlegende Gericht zu bedenken,
dass die Möglichkeit von Spielen und Wetten in Italien immer mehr erweitert werde. Dabei sei das „Phänomen“ der Wetten bei
ausländischen Wirtschaftsteilnehmern im Vergleich zum nationalen Markt für Spiele „marginal“. „Noch größere Unsicherheit“
ergebe sich aus der „Analyse der Problematik der staatlichen Einnahmen, die aus zugelassenen nationalen Spielen stammen“.
Durch die neue Regelung der Absätze 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401/89 würde auch das Sammeln von Wetten bei internationalen
Sportereignissen bzw. gesellschaftlichen oder sonstigen Ereignissen mit Strafe belegt, an denen der Staat kein fiskalisches
Interesse habe.
17. Aus den parlamentarischen Arbeiten zur Änderung des Finanzgesetzes 2001 gehe hervor, dass die späteren Beschränkungen vorrangig
von dem Erfordernis diktiert worden seien, die Gruppe der „Sporttotoannehmer“ (eine Gruppe privater Unternehmer) zu schützen,
während sich im Hinblick auf die öffentliche Ordnung keine Bedenken erkennen ließen, die die Beschränkung des Gemeinschafts-
oder Verfassungsrechts rechtfertigen könnten.
18. Die Zulässigkeit der Tätigkeit der Sammlung und Weiterleitung von Wetten für ausländische Sportereignisse, die sich aus der
ursprünglichen Formulierung des Artikels 4 erkennen ließ, habe ─ so das vorlegende Gericht weiter ─ die „Entwicklung eines
Netzes von Wirtschaftsteilnehmern herbeigeführt, die auf diesem Sektor Kapital und finanzielle Mittel investiert“ hätten.
Diesen Wirtschaftsteilnehmern sei durch die Änderung der Rechtslage die Rechtmäßigkeit und Erlaubtheit ihrer Stellung entzogen
worden, ohne dass sie dies hätten vorhersehen können. Der Widerspruch zwischen Artikel 4 und dem Schutz der gemeinschaftsrechtlichen
Grundsätze der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit in Bezug auf private wirtschaftliche Initiative bei Tätigkeiten,
die dem italienischen Staat nicht zur Erzielung von Einkünften dienen, wie Wetten bei ausländischen sportlichen oder nicht
sportlichen Ereignissen, sei offenkundig.
19. Das vorlegende Gericht ist unter zwei Gesichtspunkten unschlüssig. Zum einen sei die Frage zu stellen, ob der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit „zwischen der höchsten Intensität des Verbotes (Bedrohung mit Strafe)“, die der nationale Gesetzgeber
gewählt habe, und der „Erheblichkeit des geschützten inländischen Interesses“ gewahrt sei, dem „die Freiheiten, die der EG-Vertrag
den einzelnen Personen verleihe, zum Opfer fielen“. Zum anderen müsse das Gericht die Frage stellen, ob das offensichtliche
Missverhältnis zwischen einer nationalen Regelung, die die Tätigkeit der Annahme von Sportwetten durch ausländische Unternehmen
aus der Gemeinschaft rigoros beschränke, und einer Politik unter entgegengesetzten Vorzeichen einer starken Ausweitung des
Spieles und der Wetten, die der italienische Staat im Inland zu dem Zweck verfolge, Einnahmen für die Staatskasse zu erzielen,
erheblich sei.
20. Das vorlegende Gericht legt dem Gerichtshof daher folgende Frage zur Vorabentscheidung vor:Ist eine nationale Regelung wie die italienische in Artikel 4 Absätze 1 bis 4, 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401 vom 13. Dezember
1989 (zuletzt geändert durch Artikel 37 Absatz 5 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000), die ─ strafbewehrte ─ Verbote
der Entfaltung der Tätigkeit der Sammlung, Annahme, Bestellung und Übertragung von Wetten, insbesondere bei sportlichen Ereignissen
durch wen auch immer und wo auch immer enthält, wenn die Voraussetzungen für die Konzession und die Genehmigung im Inland
nicht gegeben sind, mit den Artikeln 43 ff. und 49 ff. EG, die die Niederlassungsfreiheit und die Freiheit der grenzüberschreitenden
Dienstleistungen betreffen, vereinbar mit den entsprechenden Wirkungen im nationalen Recht?
IV ─ Stellungnahmen der Beteiligten
21. Die Beschuldigten Gambelli u. a. ebenso wie der Beschuldigte Garrisi ─ der Verwaltungsratsmitglied der Firma Stanley in Italien
ist ─vertreten den Standpunkt, das vorliegende Verfahren weise wesentliche Unterschiede gegenüber den früheren Verfahren vor
dem Gerichtshof auf, insbesondere gegenüber der Rechtssache Zenatti. Die sich am Verfahren beteiligten mitgliedstaatlichen
Regierungen und die Kommission sind hingegen einhellig der Ansicht, die Lösung folge aus der bisherigen Rechtsprechung des
Gerichtshofes in den Urteilen Schindler, Läärä und insbesondere dem Urteil Zenatti.
A ─ Gambelli
22. Gambelli hebt hervor, dass die von CONI und UNIRE betriebene Wetttätigkeit eine typische monopolistische Struktur aufweise.
Ein Unternehmen wie die ausländische Gesellschaft Stanley biete ihren Vertragspartnern eine Garantie für Qualität und Vertrauenswürdigkeit.
Das durch Vermittlung selbst organisierter Zentren handelnde Unternehmen sei Inhaber eines Zertifikats und der Zulassung,
sei Kontrollen unterworfen und betätige sich entsprechend der technologischen Entwicklung im Einklang mit den britischen Regelungen
und dem Gemeinschaftsrecht, ohne das italienische System zu verletzen.
23. Die Besorgnisse der italienischen Behörden hinsichtlich des Schutzes der Spieler vor den Gefahren des Betrugs seien unbegründet.
Umgekehrt könne die mitgliedstaatliche Gesetzgebung der letzten Jahre, die eine stets wachsende Anzahl von Glücksspielen (Lotto,
Totocalcio, Totip, scommesse ippiche, Totogol, Corsa tris, Totosei, Superenalotto, Bingo, Totobingol, Gratta e vinci etc.)
ermöglicht habe, nicht dahin verstanden werden, die Spielmöglichkeiten zu begrenzen, um schädliche Wirkungen auf individueller
und sozialer Ebene und die Veranlassung zu Ausgaben zu verhindern oder dem Zweck der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung zu dienen.
24. Eine strafrechtliche Sanktion sei grundsätzlich die ultima ratio, auf die nur zurückgegriffen werden solle, wenn andere Mittel
und Instrumente keinen angemessenen Schutz der zu schützenden Güter gewährleiste. Die für das bloße Sammeln von Wetten angedrohte
Gefängnisstrafe verstoße in eklatanter Weise gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
25. Im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit macht Gambelli geltend, die Datenübertragungszentren seien unselbständige Agenturen
oder Zweigniederlassungen, die vertraglich an Stanley gebunden seien. Ein Mitgliedstaat dürfe einem Staatsangehörigen eines
anderen Mitgliedstaats nicht verwehren, sich in einer solchen Form niederzulassen. Indem der italienische Gesetzgeber eine
Genehmigung im Rahmen eines Konzessionssystems verlange, vermische er die Tätigkeit der Datenübertragungszentren mit der Veranstaltung
und Organisation der Wetten, die sich im Ausland vollzöge. Im Übrigen seien Kapitalgesellschaften von vornherein von dem Konzessionssystem
ausgeschlossen.
26. In Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit macht Gambelli geltend, das von Stanley an die Zentren übermittelte Material, die
Spielquoten, der Kalender der Ereignisse, die Empfangsbestätigungen und alles, was für die Bestätigung und Identifizierung
und die Annahme der Wetten, die im Ausland veranstaltet und verwaltet würden, ebenso wie die Übermittlung der Einsätze und
der gesammelten Quoten durch die Zentren stellten grenzüberschreitende Dienstleistungen im Sinne der Grundfreiheiten des Vertrages
dar. Die italienische Gesetzgebung missachte diesen Gemeinschaftsgrundsatz, indem sie den italienischen Bürgern verbiete,
sich an eine ausländische Gesellschaft zu wenden, um die Spiele oder interessantesten Kombinationen zu wählen oder die Wetten
per Telefon oder mittels Datenübertragung zu platzieren. Sie verletze auch den Gemeinschaftsgrundsatz des Vertrauensschutzes,
indem das berechtigte Vertrauen der Inhaber der Datenübertragungszentren in die Rechtsmäßigkeit ihres Tuns jedenfalls im Hinblick
auf internationale Spielereignisse enttäuscht werde.
27. Gambelli prüft sodann vor dem Hintergrund der Urteile Schindler, Läärä und Zenatti, welche Gründe die Beschränkung der Grundfreiheiten
rechtfertigen könnten. Das politische Ziel der Mitgliedstaaten, die Spieltätigkeiten zu reglementieren, sei nicht unbedingt
ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, müsse doch die beschränkende Maßnahme Ausdruck einer kohärenten Politik des
Mitgliedstaats zur Begrenzung oder Verhinderung der Spieltätigkeiten sein. Im Übrigen dürfe die beschränkende Maßnahme weder
direkt noch indirekt Diskriminierungen gegenüber Staatsangehörigen oder Unternehmen anderer Mitgliedstaaten bezwecken oder
erzeugen. Auf jeden Fall aber müsse sie verhältnismäßig sein.
28. Der italienische Staat stimuliere und fördere jedoch unzweifelhaft die Politik des Fiskus. Das Monopol, das er dem aus CONI
und Pferdewettagenturen bestehenden System einräume, entspreche nicht zwingenden Gründen des Allgemeininteresses. Indem die
italienische Gesetzgebung den gesetzgeberischen Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten ─ im vorliegenden Fall des britischen Systems,
das als streng bewertet und weithin anerkannt sei ─ jede Anerkennung versage, wirke sie diskriminierend und verletze die für
die Errichtung des Gemeinsamen Markts grundlegenden Prinzipien.
29. Über die vom vorlegenden Gericht ─ hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Strafe und dem Widerspruch zwischen der restriktiven
Gesetzeslage für Wetten außerhalb Italiens und der Ermutigung zum Spiel im Land ─ vorgetragenen Bedenken hinaus werfe der
Fall Probleme auf, die bisher vom Gerichtshof nicht beantwortet worden seien. So habe der Gerichtshof bislang noch nicht die
Vereinbarkeit der italienischen Strafvorschriften auf dem Gebiet der Wetten mit dem Gemeinschaftsrecht geprüft. Auch habe
die Legge Finanziaria 2000, die zu prüfen der Gerichtshof noch keine Gelegenheit gehabt hätte, die italienische Gesetzgebung
wesentlich verschärft, sogar im Hinblick auf internationale Ereignisse, an denen der italienische Staat kein fiskalisches
Interesse geltend machen könne. Ebenso habe der Gerichtshof bisher weder die Vereinbarkeit der italienischen Gesetzgebung
mit der Niederlassungsfreiheit geprüft noch das Problem einer Diskriminierung italienischer Bürger, die daran gehindert würden,
mit ausländischen Veranstaltern per Internet zu spielen oder zu wetten.
30. Im Hinblick auf mögliche Gefahren für die öffentliche Ordnung vertritt Gambelli die Ansicht, dass es möglich sei, andere Formen
einer adäquaten und effizienten Kontrolle des ausländischen Anbieters zu finden, um eine fortschreitende und natürliche Öffnung
des europäischen Markts zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung, den gesetzgeberischen Änderungen
und den Zielen der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Kommunikation und dem Handel per Internet vertritt Gambelli den Standpunkt,
eine erneute Prüfung durch den Gerichtshof sei unumgänglich.
31. Gambelli schlägt vor, auf die Vorabentscheidungsfrage wie folgt zu antworten:
1) Die Gesetzgebung der Italienischen Republik, so wie sie die Artikel 88 DR Nr. 773 vom 18. Juni 1931 (teste unico leggi di
pubblica sicurezza) vorsieht, mehrfach geändert, und Artikel 4 des Gesetzes Nr. 401 vom 13. Dezember 1989, mehrfach geändert
(zuletzt durch Artikel 37 Absätze 4 und 5 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000), ist unvereinbar mit den Artikeln 43 ff.
des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit und/oder die in den Artikeln 49 ff. des Vertrages über die Dienstleistungsfreiheit;
ist diskriminierend zu Lasten gemeinschaftlicher Veranstalter; verletzt die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der gegenseitigen
Anerkennung, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes; verstößt gegen Gemeinschaftsrichtlinien über die Freiheit des
Angebots von Dienstleistungen im Internet und Telekommunikationsdienstleistungen; verletzt den Grundsatz loyaler Zusammenarbeit
und die Verpflichtung nach Artikel 10 des Vertrages; widerspricht dem Allgemeininteresse; ist nicht gerechtfertigt durch Grundsätze
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; darf keine fiskalischen Ziele verfolgen; beschränkt die Freiheit der gemeinschaftsangehörigen
Personen und Unternehmen und wirkt diskriminierend gegenüber italienischen Staatsangehörigen.
2) Hilfsweise, eine mitgliedstaatliche Gesetzgebung wie die in Rede stehende ist unvereinbar mit den Artikeln 43 ff. oder 49 ff.
des Vertrages ebenso wie mit den Grundsätzen der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie, soweit sie von den Behörden oder nationalen
Gerichten nicht außer Anwendung gelassen werden oder soweit sie nicht in einer mit den Grundsätzen, Richtlinien und genannten
gemeinschaftsrechtlichen Maßnahmen vereinbaren Weise angewandt werden.
B ─ Garrisi
32. Garrisi ist Verwaltungsratsmitglied von Stanley und verantwortlich für die Tätigkeiten der Gruppe auf dem Gebiet der Sportwetten.
Er fügt dem Vortrag von Gambelli hinzu, dass die italienische Gesetzesänderung des Jahres 2000 den italienischen Markt für
die Dienstleistungen auf dem Gebiet der Sammlung und Annahme von Sportwetten für Veranstalter anderer Mitgliedstaaten definitiv
undurchdringlich gemacht habe.
33. Diesbezüglich weist Garrisi darauf hin, dass die Teilnahmebedingungen bei den Ausschreibungen des CONI über 1 000 neue Konzessionen
zum Veranstalten von Sportwetten, die nicht Pferdewetten sind, konkret nur von denjenigen Pferdewettagenturen erfüllt werden
konnten, die bereits dem System UNIRE oder des CONI angehörten, da nur natürliche Personen oder Personengesellschaften Konzessionen
bekommen konnten, die verpflichtend verschiedene Strukturen vorweisen konnten und die bereits über Geschäftslokale auf dem
italienischen Territorium verfügten. Im Übrigen hätten die italienischen Pferdewettbüros bereits im Vorhinein und in der Folgezeit
in großem Umfang Konzessionen für Pferdewetten und Sportwetten, die nicht Pferdewetten sind, erhalten, ohne dass sie an den
öffentlichen Ausschreibungen hätten teilnehmen müssen. Auf diese Weise hätten sie definitive Konzessionen für neue Wetten
erhalten und das, während andere Veranstalter aus der Gemeinschaft diesen „Status“ nicht hätten erwerben können, der für Pferdewettbüros,
die Konzessionäre des UNIRE seien, unterstellt wurde.
34. Im Hinblick auf die mögliche Rechtfertigung für die Beschränkungen der Grundfreiheiten des Vertrages beruft sich Garrisi
auf den durch die jüngere Rechtsprechung bestätigten Grundsatz, dass wirtschaftliche Gründe nicht geeignet seien, eine Beschränkung
der Grundfreiheiten aus Gründen des Allgemeininteresses zu rechtfertigen. Garrisi verweist dazu auf die Urteile in den Rechtssachen
SETTG
(11)
, Bond van Adverteerders
(12)
und Gouda
(13)
.
35. Wie aus einer im Jahre 2001 aktualisierten Studie einer unabhängigen Beratungsgesellschaft in London namens NERA mit dem Titel
Erweiterung der italienischen Wettindustrie folge, verfolge der italienische Staat mit absoluter Entschlossenheit eine stark expansive Politik mit dem Ziel höherer Einnahmen
für den Haushalt. Weit davon entfernt, die Spielmöglichkeiten tatsächlich zu reduzieren, wolle der italienische Staat diese
noch ausbauen. Die massiven Beschränkungen, die die italienische Gesetzgebung den Grundfreiheiten der Dienstleistungsfreiheit
und Niederlassungsfreiheit auferlege, sei nicht aus Gründen der Sozialpolitik, sondern aus fiskalischen Gründen erlassen worden.
36. Garrisi wirft der italienischen Gesetzgebung vor, sie unterlasse es, vollständig zu prüfen, ob der Dienstleistungserbringer
in seinem Herkunftsstaat gleichwertigen Reglementierungen und Verboten unterworfen sei, die sowohl den Schutz der gleichen
Interessen bezweckten ─ also den Schutz der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Moral ─ wie auch eine strafrechtliche
Prävention und Repression vorsähen. Die Veranstalter, die auf den italienischen Markt vordringen wollten, sähen sich daher
einer Verdoppelung aller Lasten, Kontrollen und Sanktionen ausgesetzt. Dies sei eine schwere Diskriminierung zugunsten der
einheimischen Veranstalter. Die in Rede stehende Gesetzgebung verletze daher den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung.
37. Garrisi vertritt die Ansicht, die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2000 verletze auch das berechtigte Vertrauen und den Grundsatz
der Rechtssicherheit gegenüber denjenigen, die wie die Beschuldigten des Ausgangsverfahrens bei Inkrafttreten des Gesetzes
Nr. 388/00 die Tätigkeit des Datenvermittlers in Italien ausgeübt hätten im Hinblick auf Wetten, über Sportereignisse, die
nicht dem Bereich der dem CONI und dem UNIRE vorbehaltenen Wetten zuzurechnen seien. Im Übrigen werde auch die Richtlinie
1999/42/EG
(14)
verletzt.
38. Die italienische Gesetzgebung weise überdies Unvereinbarkeiten mit den Richtlinien 90/388/EWG
(15)
, 97/13/EG
(16)
und 97/66/EG
(17)
auf und stehe daher nicht nur im Widerspruch zu den Grundfreiheiten der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit,
sondern auch zu der Freiheit, Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten.
39. Garrisi schlägt vor, auf die Vorabentscheidungsfrage wie folgt zu antworten:Die italienische Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sportwetten ist unvereinbar mit den Artikeln 43 ff. und 49 ff. EG:
A) Sie ist eine positive Diskriminierung zu Lasten gemeinschaftlicher Veranstalter, die nicht Staatsangehörige sind und/oder
obwohl auf abstrakter Ebene unterschiedslos anwendbar, stellt sie sich tatsächlich oder rechtlich dar durch Hemmnisse, die
die diesbezüglichen unmittelbaren Dienstleistungen ebenso wie durch die Vermittlung einer Niederlassung von Veranstaltern
anderer Mitgliedstaaten verhindern oder unverhältnismäßig erschweren; und/oder verletzt die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit,
der gegenseitigen Anerkennung und Nichtwidersprüchlichkeit mit den anderen internen Politiken und/oder verletzt die Grundsätze
der Rechtssicherheit und des Schutzes des berechtigten Vertrauens.
B) Sie widerspricht der Richtlinie 1999/42 auf dem Gebiet der gegenseitigen Anerkennung der Befähigungsnachweise.
C) Sie steht im Widerspruch zu den Richtlinien auf dem Gebiet der Freiheit des Angebots liberalisierter Telekommunikationsdienstleistungen
außer dem Sprachtelefon.
Hilfsweise, die italienische Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sportwetten ist unvereinbar mit den Artikeln 43 ff. und 49 ff.
des Vertrages und/oder mit den Vorschriften der Richtlinie 1999/42 und/oder den Vorschriften der Richtlinie 90/388, der Richtlinie
97/13 und der Richtlinie 97/66 soweit sie von den mitgliedstaatlichen Behörden und Gerichten nicht in einer Weise angewendet
wird, die mit den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der gegenseitigen Anerkennung, des Einklangs
mit anderen nationalen Politiken, der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes in Einklang steht.
C ─ Die italienische Regierung
40. Die italienische Regierung vertritt den Standpunkt, dass vor dem Hintergrund der im Urteil Zenatti entwickelten Grundsätze
das italienische Gesetz mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit
vereinbar sei. Im Urteil Zenatti gehe es um die Vorschriften über eine verwaltungsrechtliche Genehmigung für die Tätigkeit
der Sammlung und Verwaltung von Wetten in Italien (Artikel 88 DR vom 18. Juni 1933, Nr. 773). Im vorliegenden Fall gehe es
um die strafrechtliche Sanktion des Verbots der Sammlung und Verwaltung von Wetten. Beide Regelungen verfolgten das gleiche
Ziel, d. h. das Verbot der Tätigkeit außerhalb der ausdrücklich gesetzlich erlaubten Fälle.
41. Die italienische Regierung erinnert daran, dass der italienische Kassationshof (Corte di Cassazione) in seinem Urteil Nr.
1680 vom 28. April 2000 die Regelung im Lichte der Grundsätze des Urteils Zenatti überprüft habe und zu dem Ergebnis gekommen
sei, dass sie rechtmäßig sei, soweit sie dazu bestimmt sei, die Spielmöglichkeiten zu begrenzen und die öffentliche Ordnung
zu schützen.
D ─ Die belgische Regierung
42. Die belgische Regierung erinnert daran, dass die Tätigkeit der Zentren im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes als wirtschaftliche
Tätigkeit im Sinne des Vertrages zu betrachten sei. Sie vertritt jedoch die Ansicht, dass ein gemeinsamer Markt für Glücksspiele
die Verbraucher nur zu mehr Geldverschwendung und den damit einhergehenden schädlichen Wirkungen für die Gesellschaft verleiten
könne und verweist dazu insbesondere auf die Randnummern 60 und 61 des Urteils Schindler. Unter Hinweis auf die Urteile Kraus
(18)
und Gebhard
(19)
weist die belgische Regierung darauf hin, dass die gesetzliche Regelung dem Verbot des Artikels 49 EG entgehe, wenn die in
diesen Urteilen aufgestellten vier Voraussetzungen für eine zulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit erfüllt seien.
Das Bestreben, das Glücksspiel und dessen schädliche Wirkungen einzudämmen, könne im Sinne der Urteile Schindler, Läärä und
Zenatti als ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel betrachtet werden. Die Berufung auf dieses Ziel sei auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil das Glückspiel nicht gänzlich verboten sei. Die italienische Gesetzgebung sei auch nicht diskriminierend.
Nur die mit einer Genehmigung des Finanzministeriums ausgestatteten Veranstalter dürften Glücksspiele betreiben. Das gelte
sowohl für italienische als auch für ausländische Veranstalter. Die italienische Regelung sei auch verhältnismäßig. Auch wenn
sie sich schließlich als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstelle, sei sie aus den gleichen Gründen wie die Beschränkung
der Dienstleistungsfreiheit gerechtfertigt.
E ─ Die griechische Regierung
43. Die griechische Regierung zieht eine Parallele zwischen der in Rede stehenden italienischen Regelung und der einschlägigen
griechischen. Sie hält beide für vereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Die Liberalisierung der Glücksspieltätigkeit brächte
neue Risiken für die Allgemeinheit mit sich. Daher sei es berechtigt, Glücksspiele und insbesondere Sportwetten unter der
Kontrolle des Staates in Form eines Monopols zu betreiben.
F ─ Die spanische Regierung
44. Auch die spanische Regierung hält die italienische Gesetzgebung auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung aus Gründen
des Allgemeininteresses für gerechtfertigt. Sowohl die Übertragung spezieller oder ausschließlicher Rechte durch ein strenges
Genehmigungs- oder Konzessionssystem ebenso wie das Verbot, Zweigniederlassungen ausländischer Veranstalter zu betreiben,
seien mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie mit dem Ziel erlassen worden seien, die Gelegenheiten zum Spiel einzudämmen.
Es sei deshalb erforderlich, die Spielmöglichkeiten zu kontrollieren, um die damit einhergehenden Gefahren zu vermeiden. Ein
Mitgliedstaat habe einen Ermessensspielraum, wie er Lotterien und Glücksspiele organisiere und wie er die anfallenden Gewinne
verwende.
G ─ Die luxemburgische Regierung
45. Die luxemburgische Regierung vertritt die Ansicht, die streitgegenständliche italienische Regelung stelle sich zwar als Beschränkung
der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit dar, sie sei jedoch gerechtfertigt, soweit sie den von der Rechtsprechung
entwickelten vier Kriterien für eine zulässige Beschränkung genüge. Das sei bei der italienischen Gesetzgebung der Fall, soweit
man davon ausgehen könne, dass sie aus dem einzigen Grund erlassen worden sei, die Spielmöglichkeiten zu kanalisieren.
H ─ Die portugiesische Regierung
46. Die portugiesische Regierung macht darauf aufmerksam, dass in allen Mitgliedstaaten Verhaltensweisen zu beobachten seien,
die gegen die geltende Rechtslage zur Beschränkung des Glücksspiels verstießen, etwa durch den Verkauf von Losen für ausländische
Lotterien oder das Sammeln von Wetten im Rahmen von Pferdewetten. Diese Verhaltensweisen verfolgten eine Strategie der Liberalisierung
und Privatisierung des Marktes für Geldspiele, die ausdrücklich auf dem Gipfel von Edinburgh im Jahr 1992 abgelehnt worden
sei. Die Bedeutung des vorliegenden Falles bestehe darin, in Italien wie auch in anderen Mitgliedstaaten die Veranstaltung
von Lotterien unter der Herrschaft eines öffentlichen Monopols beizubehalten, um den Mitgliedstaaten eine wichtige Einnahmequelle
zu sichern, die an die Stelle anderer Steuern trete und allen Mitgliedstaaten dazu diene, Sozial-, Kultur- und Sportpolitik
zu finanzieren und den Unionsbürgern ein beachtliches Niveau an Wohlstand zu vermitteln.
47. Die portugiesische Regierung weist darauf hin, dass das Subsidiaritätsprinzip, aufgrund dessen die Gemeinschaft auf dem Gebiet
bisher nicht harmonisierend tätig geworden sei, die Richtschnur bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts sein müsse. Im Rahmen
der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der das Glücksspiel beschränkenden mitgliedstaatlichen Maßnahmen sei es Sache des mitgliedstaatlichen
Gesetzgebers, die Ziele und Rechtsgüter zu definieren, die zu schützen er beabsichtige. Ebenso könne er die Mittel wählen,
die er für angemessen halte, unter der Voraussetzung, dass sie nicht diskriminierend seien. Die portugiesische Regierung stützt
sich dabei ebenfalls auf die Urteile Schindler, Läärä und Zenatti.
48. Nach Ansicht der portugiesischen Regierung wäre ein permissiver Gesetzesrahmen für das Glücksspiel geeignet, schwere Probleme
sozialer Art durch den Verlust individuellen Vermögens oder Familienvermögens hervorzurufen. Das Glücksspiel berge ganz allgemein
Gefahren des Betrugs und anderer krimineller Verhaltensweisen, wie z. B. der Geldwäsche. Der unproduktive Charakter des Glücksspiels
erlaube es nicht, sich auf die unternehmerische Freiheit und den freien Wettbewerb zu berufen. Da es keine Produktion gebe,
könnten die zum Wohl der Gemeinschaft wirkenden Freiheiten hier nicht gelten.
49. Die portugiesische Regierung beruft sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes
(20)
, darzulegen, dass die zwingenden Erfordernisse des Allgemeininteresses jeweils aus einer konkreten Betrachtungsweise folgen.
Die portugiesische Regierung verweist auf ihre schriftlichen Äußerungen zu der Rechtssache Anomar u. a.
(21)
, wo sie ausgeführt hat, dass der Inhalt der öffentlichen Ordnung moralische, ethische und politische Werte umfasse und diese
von einem nationalen System abhingen, das weder auf supranationaler Ebene noch einheitlich beurteilt werden könne.
50. Gemäß der portugiesischen Regierung folge aus der Randnummer 30 des Urteils Zenatti, dass die italienische Gesetzgebung geeignet
sei, Betrugsgefahren und schädliche soziale Wirkungen des Glücksspiels zu bekämpfen und es nur da zuzulassen, wo es eine nützliche
Wirkung für den Ablauf sportlicher Ereignisse mit sich bringe.
51. Die portugiesische Regierung macht ferner geltend, dass ein offener Wettbewerb auf dem Markt für Glücksspiel eine Verschiebung
der Einnahmen von den ärmeren zu den reicheren Ländern nach sich zöge. Die Spieler würden dort spielen, wo die höheren Gewinne
zu erwarten seien, was zur Folge hätte, dass die Spieler der kleineren Staaten den Sozial-, Kultur- und Sporthaushalt der
großen Staaten mitfinanzierten, was eine Verringerung der Einnahmen der kleinen Staaten nach sich zöge und diese zu weiteren
Steuererhebungen zwänge. Im Übrigen sei die Aufteilung des Lotto- und Totomarkts der Staaten auf drei bis vier große Veranstalter
in Europa geeignet, strukturelle Veränderungen hervorzurufen, die die Zerstörung von Arbeitsplätzen und ein stärkeres soziales
Gefälle nach sich zögen.
52. Die portugiesische Regierung vertritt die Ansicht, die italienische Gesetzgebung sei ebenso wie die portugiesische mit dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, da sie zum Schutz von Allgemeininteressen erforderlich sei. Die Alternative sei nur
ein gänzliches Verbot oder die Liberalisierung der Spieltätigkeit. Die Gründe, die zu dem Urteil Zenatti geführt hätten, seien
weiterhin gültig. Die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit eines britischen Unternehmens sei daher nicht unverhältnismäßig.
Das staatliche Monopol für Spiele zu beenden, hätte schwere wirtschaftliche Folgen und schädliche Wirkungen individueller
und sozialer Natur.
I ─ Die finnische Regierung
53. Unter Berufung auf die Urteile Schindler, Läärä und Zenatti vertritt die finnische Regierung den Standpunkt, das strafbewehrte
gesetzliche Verbot schütze ein unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbares Monopol, das Veranstalter
anderer Mitgliedstaaten daran hindere, sich in Italien niederzulassen oder Dienstleistungen anzubieten. Der Gerichtshof räume
den Mitgliedstaaten ein weites Ermessen ein. Dies gelte sowohl für die Warenverkehrsfreiheit als auch für die Dienstleistungsfreiheit
ebenso wie für die Niederlassungsfreiheit. Die in Rede stehende Gesetzgebung sei gerechtfertigt, wenn sie nicht diskriminierend
sei und auch unterschiedslos auf inländische und ausländische Veranstalter angewandt werde.
54. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts sei es unerheblich, dass es sich um eine Strafsanktion handele und dass auch die Sammlung
von Wetten, an denen der italienische Staat kein fiskalisches Interesse habe, für einen in einem anderen Mitgliedstaat zugelassenen
Veranstalter betroffen sei. Gemäß Randnummer 36 des Urteils Läärä dürfe die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme nur im Hinblick
auf die von den nationalen Stellen verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte Schutzniveau beurteilt werden, was letztlich
Sache des vorlegenden Gerichts sei.
J ─ Die schwedische Regierung
55. Die schwedische Regierung ist der Ansicht, der Gerichtshof solle dem durch die Urteile Schindler, Läärä und Zenatti vorgeschriebenen
Weg folgen. Zwar stelle die italienische Gesetzgebung eine Behinderung der Dienstleistungsfreiheit dar, die jedoch weder diskriminierend
sei noch diskriminierend angewandt werde. Der Umstand, dass die Maßnahmen fiskalischen Interessen dienten, sei dann gemeinschaftsrechtlich
unproblematisch, solange sie verhältnismäßig und nicht diskriminierend seien, was das vorlegende Gericht zu prüfen habe. Die
schwedische Regierung vertritt den Standpunkt, dass die von der italienischen Gesetzgebung geschützten Interessen nicht durch
die Kontrollen ersetzt werden könnten, denen die Wettbüros in ihrem Herkunftsstaat unterlägen. Die neue italienische Gesetzgebung
erlaube es, die Umgehung der Regelung durch ein Unternehmen, das in Italien keine Genehmigung erhalten habe, zu verhindern.
Aus den Urteilen Läärä (Randnr. 36) und Zenatti (Randnr. 34) folge, dass der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes
Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt habe, keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit
der einschlägigen Bestimmungen habe, die allein in Bezug auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen
seien. Auch die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit seien gerechtfertigt.
K ─ Die Kommission
56. Die Kommission vertritt die Ansicht, das vorliegende Verfahren sei durch das Urteil Zenatti präjudiziert. Die Gesetzesänderung
aus dem Jahre 2000 vervollständige nur das bereits bestehende Verbot, ohne neue Straftatbestände einzuführen. Auch sei die
Richtlinie 2000/31/EG für bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen
Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (
Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr)
(22)
nicht auf Wetten anwendbar. Im Hinblick auf die Erweiterung des Wettangebots, die keinen steuerlichen Interessen des italienischen
Staates dienten, stellt die Kommission fest, dass es sich um Wetten über nationale Fußballspiele handele und nicht um ausländische
Spiele wie in der Rechtssache Zenatti. Dieser Unterschied sei jedoch nicht geeignet, eine unterschiedliche Beurteilung der
mit der Regelung verfolgten Schutzzwecke vorzunehmen. Gestützt auf Randnummer 33 des Urteils Zenatti fügt die Kommission hinzu,
dass das von einem Mitgliedstaat verfolgte Schutzniveau in seinem Ermessen stehe. Es sei daher seine Sache, ob er die Tätigkeit
ganz oder teilweise verbiete oder nur bestimmten Beschränkungen unterwerfe.
57. Im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit weist die Kommission darauf hin, dass die von Gambelli verwalteten Agenturen formal
unabhängig seien und in keinem Subsidiariätsverhältnis zu Stanley stünden. Es liege daher nahe, die Problematik weiter unter
dem Blickwinkel der Dienstleistungsfreiheit zu betrachten, zumal diese nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes
(23)
die Freiheit des Dienstleistungsempfängers einschließe, sich in den Mitgliedstaat der Dienstleistungserbringung zu begeben
oder sich auf elektronischem Weg an einen Dienstleistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat zu wenden. Selbst wenn die
Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit anwendbar wären, wäre die italienische Gesetzgebung aus denselben Gründen gerechtfertigt,
wie im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit.
58. Die Kommission schlägt vor, auf die Vorabentscheidungsfrage wie folgt zu antworten:
a) Die Vorschriften des EG-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit stehen einer nationalen Regelung
wie der italienischen nicht entgegen, die bestimmten Einrichtungen das Recht zur Sammlung von Wetten über Sportereignisse
auch auf elektronischem Wege vorbehält, sofern diese Gesetzgebung durch Ziele der Gesellschaftspolitik zur Beschränkung der
schädlichen Wirkung dieser Tätigkeiten gerechtfertigt ist, und wenn die zu diesem Zweck erlassenen Beschränkungen nicht unverhältnismäßig
zu dem verfolgten Ziel sind.
b) Es ist Sache des mitgliedstaatlichen Richters, im Sinne dieser Anwendungsvoraussetzungen zu prüfen, ob die mitgliedstaatliche
Gesetzgebung die sie rechtfertigenden Ziele verfolgt, und ob die Beschränkungen, die sie mit sich bringt, nicht außer Verhältnis
zu dem verfolgten Ziel stehen.
V ─ Würdigung
59. Obwohl die am Verfahren beteiligten mitgliedstaatlichen Regierungen und die Kommission den Standpunkt vertreten, die Lösung
des Falles sei durch die Urteile Schindler, Läärä und Zenatti vorgezeichnet, haben das vorlegende Gericht und die Beschuldigten
des Ausgangsverfahrens tief greifende Zweifel an der Vereinbarkeit der mitgliedstaatlichen Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht.
Auch bei der italienischen Gerichtsbarkeit scheint eine große Unsicherheit im Hinblick auf die zu treffende Auslegung des
Gemeinschaftsrechts auf diesem Gebiet zu herrschen mit den daran anknüpfenden fatalen Folgen für die Rechtssicherheit. Dadurch
wird die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit der Rechtsunterworfenen schwer beeinträchtigt. Mancher Orts wird ein bestimmtes
geschäftliches Gebaren als rechtmäßig eingestuft, während das gleiche Verhalten anderen Orts Anlass für eine strafrechtliche
Verfolgung und Sanktionierung bis hin zu einer Freiheitsstrafe ist.
60. Auch das angeblich den vorliegenden Rechtsstreit präjudizierende Urteil Zenatti konnte in der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung
nicht mit letzter Konsequenz für Klarheit sorgen, zumal die Klage im Ausgangsverfahren der Rechtssache Zenatti nach Erlass
des Urteils des Gerichtshofes zurückgenommen wurde. In jedem Fall ist ein klärendes Urteil des Gerichtshofes von elementarer
Bedeutung, das ─ zwar gestützt auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofes ─ den Besonderheiten des vorliegenden Falles
Rechnung tragen muss. Es sollte daher sowohl dem vorlegenden Gericht als auch allen anderen mit der gleichen Problematik befassten
mitgliedstaatlichen Gerichten den zu beschreitenden Weg klar aufzeigen.
61. Der vorliegende Fall geht in der Tat in mehrfacher Hinsicht über die in der Rechtssache Zenatti erörterte Problematik hinaus.
So wurde der Themenbereich des grenzüberschreitenden Glücksspiels vom Gerichtshof bisher noch nicht unter dem Aspekt der Niederlassungsfreiheit
erörtert. Allein den Schlussanträgen der Generalanwälte Gulmann
(24)
, La Pergola
(25)
und Fennelly
(26)
in den Rechtssachen Schindler, Läärä und Zenatti sowie dem Urteil Zenatti
(27)
sind verhaltene Hinweise zur Anwendbarkeit der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit zu entnehmen. Jedenfalls kommt
es auf die konkrete Fallkonstellation an, ob die Niederlassungsfreiheit auf dem Gebiet des grenzüberschreitenden Glücksspiels
einschlägig ist. Im vorliegenden Fall wird dies zu prüfen sein.Auch der strafrechtliche Aspekt war bislang noch nicht Gegenstand der Würdigung des Gerichtshofes. Zwar kann die Strafbewehrung
eines Verbots nicht losgelöst von der grundsätzlichen Zulässigkeit bzw. der potenziellen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der
Vorschrift gesehen werden. Deshalb ist auf jeden Fall die Grundsatzfrage der Zulässigkeit der mitgliedstaatlichen Verbote
aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht zunächst zu klären. Darüber hinaus stellt sich dann eigenständig die Frage nach der Verhältnismäßigkeit
der Sanktionsnorm.Schließlich wird auch die neuerdings erfolgte Verschärfung der mitgliedstaatlichen Vorschriften eine selbständige Begutachtung
erforderlich machen. Selbst wenn abstrakt betrachtet gewisse Beschränkungen der Grundfreiheiten vom Gerichtshof als mit dem
Gemeinschaftsrecht vereinbar bewertet wurden, können deshalb dem Geist der Grundfreiheiten zuwiderlaufende Verschärfungen
der Regelungen keineswegs rechtfertigbar sein.
62. Vor der konkreten Prüfung der aufgeworfenen Fragen sollen jedoch die sich aus den Urteilen Schindler, Läärä und Zenatti ergebenden
grundsätzlichen Aussagen für die weiterführende Begutachtung des vorliegenden Falles rekapituliert werden.
A ─ Zu den Urteilen Schindler, Läärä und Zenatti
1. Das Urteil Schindler
63. In der Rechtssache Schindler ging es zur Zeit der streiterheblichen Ereignisse um ein Totalverbot von Lotterien auf dem Markt
für Glücksspiele im Vereinigten Königreich. Sämtliche Betätigungen zur Veranstaltung, dem Vertrieb und auch der Werbung für
die Teilnahme an Lotterien waren verboten. Diese Tatsache wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass kleinere Lotterien in
sehr engen sachlichen und regionalen Grenzen erlaubnisfähig waren, ebenso wenig wie durch den Umstand, dass zeitlich nachfolgend
eine große Nationallotterie im Vereinigten Königreich gesetzlich ermöglicht wurde. Diese Gegebenheiten waren für das Urteil
des Gerichtshofes in der Rechtssache Schindler unmaßgeblich. Der Gerichtshof musste also von einem totalen Lotterieverbot
auf dem betroffenen Markt ausgehen.
64. Die Gebrüder Schindler, die von den Niederlanden aus Werbematerial für die Süddeutsche Klassenlotterie in großem Stil auf
dem Postweg in das Vereinigte Königreich einführen wollten, wurden daran durch den britischen Zoll gehindert. Das Einfuhrverbot
für das Material hatte vor dem Gerichtshof Bestand, der dazu in der Randnummer 62 des Urteils ausführte:„Wenn ein Mitgliedstaat die Veranstaltung großer Lotterien, insbesondere die Werbung für Lose solcher Lotterien und deren
Verteilung in seinem Gebiet verbietet, kann das Verbot, Werbematerial einzuführen, um die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats
an solchen in einem anderen Mitgliedstaat veranstalteten Lotterien teilnehmen zu lassen, nicht als eine Maßnahme angesehen
werden, die den freien Dienstleistungsverkehr in nicht gerechtfertigter Weise beschränkt. Ein solches Einfuhrverbot ist nämlich
für den Schutz, den dieser Mitgliedstaat in seinem Gebiet im Lotteriewesen sicherstellen will, erforderlich.“
65. Der Gerichtshof war in den Randnummern 33 und 35 zunächst vom wirtschaftlichen Charakter des Lotteriewesens ausgegangen und
qualifizierte die Tätigkeit in der Randnummer 37 sodann als Dienstleistung. Die britischen Lotterievorschriften stellten jedoch,
obwohl unterschiedslos anwendbar (Randnrn. 43 und 47), eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar (Randnr. 45). Im
Hinblick auf die geltend gemachten Gründe zur Rechtfertigung dieser Beschränkung (Randnr. 57) stellte der Gerichtshof auf
die „besondere Natur der Lotterien“ ab (Randnr. 59), aufgrund deren Beschränkungen bis hin zum Verbot von Lotterien gerechtfertigt
sein könnten.
66. Die Beteiligten haben sich mehrfach auf die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichtshofes in den Randnummern 60 und 61 des
Urteils Schindler berufen und der Gerichtshof selbst hat in seiner Rechtsprechung darauf Bezug genommen.
(28)
Deshalb sollen sie hier wörtlich zitiert werden:„Zunächst einmal können nämlich die sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in allen Mitgliedstaaten zu Lotterien
ebenso wie zu den anderen Glücksspielen angestellt werden, nicht außer Betracht bleiben. Sie sind allgemein darauf gerichtet,
die Ausübung von Glücksspielen zu begrenzen oder sogar zu verbieten und zu verhindern, dass sie zu einer Quelle persönlichen
Gewinns werden. Sodann ist festzustellen, dass die Lotterien angesichts der Höhe der Beträge, die durch sie eingenommen werden
können, und der Höhe der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, vor allem wenn sie in größerem Rahmen veranstaltet werden,
die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten erhöhen. Außerdem verleiten sie zu Ausgaben, die schädliche persönliche und soziale
Folgen haben können. Schließlich ist, ohne dass dies allein als sachliche Rechtfertigung angesehen werden könnte, nicht ohne
Bedeutung, dass Lotterien in erheblichem Maße zur Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten
wie sozialer oder karitativer Werke, des Sports oder der Kultur beitragen können. Diese Besonderheiten rechtfertigen es, dass die staatlichen Stellen über ein ausreichendes Ermessen verfügen, um festzulegen,
welche Erfordernisse sich bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien, der Höhe der Einsätze sowie der Verwendung
der dabei erzielten Gewinne aus dem Schutz der Spieler und allgemeiner nach Maßgabe der soziokulturellen Besonderheiten jedes
Mitgliedstaats aus dem Schutz der Sozialordnung ergeben. Somit kommt den Staaten nicht nur die Beurteilung der Frage zu, ob
eine Beschränkung der Tätigkeiten im Lotteriewesen erforderlich ist, sondern sie dürfen diese auch verbieten, sofern diese
Beschränkungen nicht diskriminierend sind.“
2. Das Urteil Läärä
67. In dem Urteil Läärä ging es in mehrfacher Hinsicht um eine andere Konstellation. Es ging dort um die finnische Regelung über
das ─ Monopolunternehmen vorbehaltene ─ Glücksspiel mittels Spielautomaten, das auch als Geschicklichkeitsspiel anzusehen
war. Auch diesen Fall entschied der Gerichtshof auf der Grundlage der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit und nicht
etwa der Warenverkehrsfreiheit, obwohl es um die Einfuhr der Spielautomaten ging, so dass die Prüfung der Warenverkehrsfreiheit
nahe gelegen hätte.
(29)
68. Die finnische Regierung hatte ähnliche Gründe zur Rechtfertigung der mitgliedstaatlichen Regelung vorgebracht wie die in der
Rechtssache Schindler vorgetragenen. Bei diesen in ihrer Gesamtheit zu würdigenden Gründen (Randnr. 33) ging der Gerichtshof
ausdrücklich auf die Problematik ein, dass die betreffende Betätigung gerade nicht vollständig verboten, sondern unter gewissen
Umständen als erlaubt zu betrachten war (Randnr. 34). Der Gerichtshof räumte den staatlichen Stellen daher ein weites Ermessen
ein, was er in der Randnummer 35 des Urteils Läärä wie folgt formulierte:„Die Entscheidung, wie weit ein Mitgliedstaat in seinem Gebiet den Schutz bei Lotterien und anderen Glücksspielen ausdehnen
will, ist jedoch dem Ermessen der staatlichen Stellen überlassen, ... . Diesen kommt nämlich die Beurteilung zu, ob es im
Rahmen des angestrebten Zieles notwendig ist, derartige Tätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten oder nur einzuschränken
und dazu mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen.“Der Gerichtshof fuhr in den Randnummern 36 und 37 fort:„Somit kann allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat,
keinen Einfluss auf die Beurteilung der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese
sind allein im Hinblick auf die von den nationalen Stellen des betreffenden Staates verfolgten Ziele und das von ihnen angestrebte
Schutzniveau zu beurteilen. Die Tatsache, dass die im vorliegenden Verfahren streitigen Spiele nicht vollständig verboten sind, genügt entgegen der Ansicht
der Kläger des Ausgangsverfahrens nicht, um nachzuweisen, dass die nationale Regelung die am Allgemeininteresse ausgerichteten
Ziele, die in ihr aufgeführt werden und die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind, nicht wirklich zu erreichen sucht. Eine
begrenzte Erlaubnis dieser Spiele im Rahmen eines Ausschließlichkeitsrechts, die den Vorteil bietet, die Spiellust und den
Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere
Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden, dient auch der Verwirklichung
dieser Ziele.“
69. Zur Monopolisierung des erlaubten Spielbetriebs führte der Gerichtshof in der Randnummer 39 des Urteils Läärä aus:„Was die Frage betrifft, ob es zur Erreichung dieser Ziele besser wäre, eine Regelung mit den erforderlichen Auflagen für
die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu erlassen, statt einer zugelassenen öffentlich-rechtlichen Vereinigung ein ausschließliches
Betriebsrecht zu gewähren, so liegt diese Entscheidung im Ermessen der Mitgliedstaaten, allerdings unter dem Vorbehalt, dass
sie im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht unverhältnismäßig erscheint.“Der Gerichtshof urteilte dann in der Randnummer 42, die Regelung sei „im Hinblick auf die von ihr verfolgten Ziele nicht unverhältnismäßig“.
3. Das Urteil Zenatti
70. Dem vorliegenden Fall am nächsten kommt in der Tat die Rechtssache Zenatti. Es ging dort um das ursprüngliche Verbot des Abschlusses
von Sportwetten in Italien nach Artikel 88 des Königlichen Dekrets Nr. 773, das auch für die vorliegende Rechtssache von Bedeutung
ist. Das Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Zenatti ging aus einem Verwaltungsstreitverfahren hervor. Es ging
dabei um die Genehmigung einer Tätigkeit als italienischer Mittelsmann einer Gesellschaft ─ mit Sitz im Vereinigten Königreich ─,
die auf den Abschluss von Wetten über Sportereignisse spezialisiert war. Bei der italienischen Regelung handelte es sich ─
ähnlich wie bei der finnischen in der Rechtssache Läärä ─ um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugunsten einer monopolistischen
Vertriebsstruktur für Sportwetten.
71. Sportwetten sind nicht in der gleichen Weise wie Lotterien vom Zufall abhängig; vielmehr haben auch die Geschicklichkeit und
vor allem die Kenntnisse des Spielers potenziell Einfluss auf seine Gewinnchancen. In der Literatur wird deshalb die Einordnung
von Wetten als Geschicklichkeitsspiel einerseits und als Glücksspiel andererseits diskutiert. Die weitgehende Zufallsabhängigkeit
der Ereignisse, zumal wenn auf ganze Spielblöcke gewettet werde, spräche für eine Einordnung als Glücksspiel. Die Qualifizierung
kann für die Zwecke der vorliegenden Prüfung letztlich dahinstehen, da der Gerichtshof bei der Würdigung der mitgliedstaatlichen
Regelung in der Rechtssache Läärä, in der es um Geschicklichkeitsspiele ging, die gleiche Prüfungsstruktur zugrunde gelegt
hat wie in der Rechtssache Schindler, in der es um eine Lotterie und folglich eindeutig um ein Glückspiel ging.
72. Der Gerichtshof sagte zu dieser Problematik in der Randnummer 18 des Urteils Zenatti Folgendes:„Im vorliegenden Fall ... bieten Wetten über Sportwettkämpfe wie reine Glücksspiele, mit denen sie im Übrigen nicht gleichgestellt
werden können, als Gegenleistung für einen Einsatz eine Chance auf einen Geldgewinn. In Anbetracht der Höhe der Beträge, die
dabei eingenommen werden können, und der Gewinne, die sie den Spielern bieten können, sind sie mit denselben Gefahren von
Betrug und anderen Straftaten verbunden und können dieselben schädlichen persönlichen und sozialen Folgen haben.“
73. Dennoch hob der Gerichtshof grundsätzliche Unterschiede zwischen der Rechtssache Zenatti und dem Fall Schindler hervor, die
einmal darin zu sehen sind ─ worauf im Vorigen bereits hingewiesen wurde ─, dass es sich in der Rechtssache Zenatti nur um
ein relatives und nicht um ein absolutes Verbot handelte und zum anderen, dass die Niederlassungsfreiheit impliziert sein
könnte (Randnrn. 21 und 22 des Urteils Zenatti).
74. Ungeachtet der vom Vertrag vorgeschriebenen Subsidiarität der Dienstleistungsfreiheit gegenüber der Niederlassungsfreiheit
(30)
vermochte der Gerichtshof die Niederlassungsfreiheit nicht zu prüfen, weil sich die Frage des vorlegenden Gerichts ausdrücklich
auf die Dienstleistungsfreiheit beschränkte (Randnr. 23). Im Hinblick auf das nicht völlige, also nicht für alle bestehende
Verbot (Randnr. 32) führte der Gerichtshof in der Randnummer 33 aus:„Inwieweit ein Mitgliedstaat auf seinem Gebiet im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen Schutz gewähren will, steht
jedoch in dem Ermessen, das der Gerichtshof den nationalen Stellen in Randnummer 61 des Urteils Schindler zuerkannt hat. Ihnen
obliegt es nämlich, zu beurteilen, ob es im Rahmen des verfolgten Zieles notwendig ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig
oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck bestimmte Kontrollen vorzusehen.“
75. Im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung der als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit aufgefassten mitgliedstaatlichen
Regelungen, wobei die von der italienischen Regierung ins Feld geführten Argumente weitgehend den Zielen der in der Rechtssache
Schindler streitgegenständlichen Regelung entsprachen (Randnr. 30), führte der Gerichtshof in den Randnummern 34 bis 37 des
Urteils Zenatti weiter aus:„Daher ist es für die Beurteilung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen ohne Belang, dass
ein Mitgliedstaat andere Schutzregelungen als ein anderer Mitgliedstaat erlassen hat. Diese sind allein im Hinblick auf die
von den nationalen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das Schutzniveau zu beurteilen, das sie
gewährleisten sollen. Entsprechend den Ausführungen des Gerichtshofes in Randnummer 37 des Urteils ... Läärä ... genügt auch hier die Tatsache,
dass die streitigen Wetten nicht vollständig verboten sind, entgegen der Ansicht des Klägers nicht für den Nachweis, dass
die nationale Regelung die am Allgemeininteresse ausgerichteten Ziele, die in ihr aufgeführt werden und die in ihrer Gesamtheit
zu würdigen sind, nicht wirklich zu erreichen sucht. Denn eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von ─ bestimmten
Einrichtungen gewährten oder zur Konzession erteilten ─ besonderen oder Ausschließlichkeitsrechten, die den Vorteil bietet,
die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebes im Hinblick
auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, dient
auch der Verwirklichung dieser Ziele. Wie jedoch der Generalanwalt in Nummer 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ist eine solche Begrenzung nur zulässig, wenn
sie in erster Linie wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und wenn die Finanzierung sozialer
Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der
eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist. Denn obwohl es, wie der Gerichtshof in Randnummer 60 des Urteils
Schindler festgestellt hat, nicht gleichgültig ist, dass Lotterien und andere Glücksspiele in erheblichem Maße zur Finanzierung
gemeinnütziger oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten beitragen können, kann dies allein nicht als sachliche Rechtfertigung
von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit angesehen werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu überprüfen, ob die nationalen Rechtsvorschriften angesichts ihrer konkreten Anwendungsmodalitäten
wirklich Zielen dienen, mit denen sie gerechtfertigt werden können, und ob die in ihnen enthaltenen Beschränkungen nicht außer
Verhältnis zu diesen Zielen stehen.“
B ─ Zur Niederlassungsfreiheit
76. Es ist nunmehr zu untersuchen, ob und wie die Grundaussagen dieser drei Urteile auf den vorliegenden Fall angewandt werden
können. Da das vorlegende Gericht ausdrücklich nach der Geltung der Niederlassungsfreiheit und nach deren Wirkungen auf die
hier streitgegenständlichen mitgliedstaatlichen Regelungen gefragt hat, und da nach der Normenhierarchie des Vertrages die
Niederlassungsfreiheit vor der Dienstleistungsfreiheit eingreift
(31)
, soll hier zunächst die Vereinbarkeit der mitgliedstaatlichen Regelungen mit der Niederlassungsfreiheit geprüft werden.
1. Zu den Voraussetzungen einer Niederlassung
77. Dem unbestrittenen Vortrag der Beteiligten lässt sich entnehmen, dass die Zentren, die Gegenstand der Durchsuchungen und Beschlagnahmen
im Ausgangsverfahren waren, vertraglich mit Stanley verbunden sind und dass Stanley auf diese Weise ein ganzes Netzwerk für
das Angebot und die Entgegennahme von Sportwetten auf italienischem Territorium aufgebaut hat. Es liegt daher durchaus nahe
zu prüfen, ob Stanley sich auf diesem Wege in Italien niedergelassen hat.
78. Gemäß dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Factortame
(32)
besteht eine Niederlassung „in der tatsächlichen Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung
in einem Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit“. Gemäß Artikel 43 EG sind Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen
der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats nach Maßgabe der diesem Artikel folgenden Bestimmungen verboten.
Gemäß Artikel 48 EG stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen
Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, für die Anwendung des Kapitels über
die Niederlassungsfreiheit den natürlichen Personen, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind, gleich.
79. Stanley ist eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts und als eine juristische Person, die einen Erwerbszweck verfolgt, gemäß
Artikel 48 Unterabsatz 2 EG potentiell Rechtssubjekt der Niederlassungsfreiheit. Gemäß Artikel 43 Unterabsatz 1 Satz 2 EG
sind Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats,
die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaat ansässig sind, verboten.
80. Nach der weiten Definition des Anwendungsbereichs der Niederlassungsfreiheit, die der Gerichtshof in der Rechtssache 205/84
(33)
vorgenommen hat, unterliegt ein Unternehmen
(34)
, das eine ständige Präsenz in einem anderen Mitgliedstaat aufrechterhält, den Bestimmungen des Vertrages über das Niederlassungsrecht,
„auch wenn die Präsenz nicht die Form einer Zweigniederlassung oder einer Agentur angenommen hat, sondern lediglich durch
ein Büro wahrgenommen wird, das von dem eigenen Personal des Unternehmens oder von einer Person geführt wird, die zwar unabhängig,
aber beauftragt ist, auf Dauer für dieses Unternehmen wie eine Agentur zu handeln“.
81. Als so genannte sekundäre Niederlassung eines Unternehmens kann also ganz unzweifelhaft eine unselbständige Einheit angesehen
werden, die für das Haupthaus tätig wird. Soweit sie als Niederlassung im Sinne des Vertrages anzusehen ist, kann sie die
damit verbundenen Freiheitsrechte in Anspruch nehmen.
82. Es ist erforderlich, positiv festzustellen, ob es sich um eine Niederlassung im Sinne des Vertrages handelt, da sich nach
der Rechtsprechung des Gerichtshofes in der Rechtssache 205/84 ein im Rahmen der Niederlassungsfreiheit handelndes Unternehmen
nicht auf die Dienstleistungsfreiheit berufen kann.
(35)
83. Die Berufung auf die eine oder andere Freiheit kann im Ergebnis unter Umständen auch für die Voraussetzungen der wirtschaftlichen
Betätigung auf dem Markt des Bestimmungslandes insofern einen Unterschied machen, als eventuelle anzuwendende besondere Zulassungsvoraussetzungen
des Niederlassungsstaats ─ auch unter Anerkennung der im Herkunftsstaat erfolgten Kontrollen und geleisteten Garantien ─ in
dieser Form von einem Dienstleistungserbringer nicht verlangt werden können. Für einen Dienstleistungserbringer aus einem
anderen Mitgliedstaat genügt i.d.R. die Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen im Herkunftsstaat. Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit
sind dann nur noch zulässig, soweit sie die ─ unten in Nummer 91 genannten ─ vier Rechtfertigungsvoraussetzungen erfüllen.
84. Die Abgrenzung, ob es sich um die Inanspruchnahme der Niederlassungs- oder der Dienstleistungsfreiheit handelt, muss stets
unter Beachtung der konkreten Begleitumstände des jeweiligen Falles erfolgen, da es eine alle Modalitäten der grenzüberschreitenden
wirtschaftlichen Betätigung abdeckende Definition zur Abgrenzung der Freiheiten nicht gibt. Gestützt auf die oben in der Nummer
78 zitierte, vom Gerichtshof vorgenommene Definition einer Niederlassung muss es sich um eine feste Einrichtung handeln, die
auf unbestimmte Zeit angelegt ist.
2. Die Datenübertragungszentren als Niederlassungen des Unternehmens Stanley
85. Bei den Datenübertragungszentren handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um feste Einrichtungen. Ob diese Stanley auf
Dauer
(36)
auf dem italienischen Markt repräsentieren sollen, hängt von der Ausgestaltung der zwischen Stanley und den Zentren ausgehandelten
Verträge ab. Fraglich ist jedoch, ob die Zentren auf Dauer am Geschäftsbetrieb des Haupthauses teilnehmen bzw. auf Dauer als
Außenstelle des Haupthauses auftreten, da sie lediglich Informationen weitergeben für Geschäfte, die im Vereinigten Königreich
veranstaltet werden. Aus den Ausführungen der Beteiligten geht hervor, dass der Server für die Angebote, Annahmen und Abwicklung
der Wetten in Liverpool steht und die Zentren lediglich eine Vermittlertätigkeit ausüben. Bei der Durchführung derartiger
unselbständiger Hilfsdienste kann eine Präsenz eines Unternehmens auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates nur angenommen
werden, wenn eine Abhängigkeit der Einrichtung „wie eine Agentur“
(37)
von dem Unternehmen besteht. Bei reinen Vermittlertätigkeiten bzw. bei bloßen Annahmestellen müsste deshalb eine exklusive
Bindung oder zumindest eine überwiegende Anbindung an den Veranstalter hinzukommen.
86. Wenn jedoch die Vermittlertätigkeit im Interesse des Wettveranstalters nur eine Tätigkeit unter anderen ist, wird man eine
auf Dauer angelegte Beauftragung für das Unternehmen, wie eine Agentur zu handeln, schwerlich annehmen können, da sich der
Vermittler in einem derartig gelagerten Fall ─ je nach Vertragslage ─ nach freiem Entschluss aus der Zusammenarbeit lösen
kann, eine Abhängigkeit vom Haupthaus also nicht besteht. Nach Aktenlage scheint es so zu sein, dass die Datenübertragungszentren
Dienstleistungen auf dem Sektor der Datenübertragung ganz unterschiedlicher Natur anbieten, von denen
eine die Vermittlertätigkeit für Stanley ist.
87. Unter diesen Umständen tendiere ich zu der Annahme, dass es sich bei den Datenübertragungszentren nicht um sekundäre Niederlassungen
der Firma Stanley handelt, sondern dass diese Zentren im Wege des Dienstleistungsverkehrs tätig werden. Letztlich kommt es
jedoch auf die Beurteilung vor Ort an. Dabei sollte nicht außer Acht gelassen werden, wie die nationalen Stellen die Zentren
im Rahmen der anhängigen Ermittlungsverfahren betrachten.
88. Gesetzt den Fall, die Zentren wären dennoch durch die Intensität der Bindung an das britische Unternehmen als Niederlassung
von Stanley zu betrachten, dann stellt sich die Frage, inwieweit ihre Betätigung auf dem italienischen Hoheitsgebiet durch
die mitgliedstaatliche Gesetzgebung eingeschränkt werden darf.
3. Beschränkung der Betätigung
89. Dass es sich bei dem Glücksspielsektor grundsätzlich um eine wirtschaftliche Betätigung handelt, die in den Anwendungsbereich
des Vertrages fällt, wurde vom Gerichtshof bereits in diesem Sinne entschieden.
(38)
90. Zunächst ist weiterhin festzuhalten, dass die vorliegenden Beschränkungen keine Sonderregelungen im Sinne von Artikel 46 Absatz
1 darstellen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt wären. In dem Urteil in der Rechtssache
Zenatti hat der Gerichtshof Artikel 46 EG angesprochen, der über Artikel 55 EG auch im Rahmen der Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit
anwendbar ist. Er hat daraus jedoch keine Konsequenzen für die Beurteilung der streitgegenständlichen Vorschriften gezogen,
sondern hat sich unmittelbar der Prüfung der zwingenden Gründe des Allgemeininteresses zugewandt. Deshalb soll auch hier im
Einklang mit der Vorgehensweise des Gerichtshofes davon ausgegangen werden, dass die mitgliedstaatlichen Vorschriften nicht
nach Artikel 46 EG gerechtfertigt sind.
91. Der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist ferner zu entnehmen, dass die Aufnahme und Ausübung einer wirtschaftlichen Betätigung
in einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen der Niederlassungsfreiheit auf einem Gebiet, das im Aufnahmemitgliedstaat bestimmten
Bedingungen unterworfen ist, grundsätzlich diesen Bedingungen genügen muss.
(39)
Allerdings müssen „nationale Maßnahmen, die“ ─ im Sinne zwingender Erfordernisse, also wenn nicht die Ausnahmegründe des
Artikels 46 Absatz 1 vorliegen ─ „die Ausübung der durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder
weniger attraktiv machen können, vier Voraussetzungen erfüllen ...: Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt
werden, sie müssen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sie müssen geeignet sein, die Verwirklichung
des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles
erforderlich ist“
(40)
. Darüber hinaus ist eine etwaige Gleichwertigkeit der im Herkunftsstaat erworbenen Kenntnisse
(41)
und geleisteten Garantien
(42)
zu berücksichtigen. Wenn also ein Mitgliedstaat den Glücksspielsektor durch ein Konzessionssystem reglementiert, so ist dies
a priori nicht zu beanstanden. Der ausländische Wirtschaftsteilnehmer muss sich jedoch wie ein Inländer um die Konzessionserteilung
bewerben können
(43)
, und das Konzessionssystem selbst muss den vier Voraussetzungen an eine die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit beschränkenden
mitgliedstaatlichen Regelung genügen.
a) Diskriminierung
92. Zu prüfen ist daher in erster Linie, ob die mitgliedstaatliche Regelung diskriminierend ausgestaltet ist bzw. sich diskriminierend
auswirkt.
93. Dem Gerichtshof wurde unterbreitet, die italienische Gesetzgebung zur Reglementierung von Sportwetten habe eine „monopolistische
Struktur“. Das ist wohl so zu verstehen, dass sie Züge eines Monopols trägt, aber dennoch nicht als Monopol im engeren Sinne
zu betrachten ist. Im Hinblick auf die diskriminierenden Wirkungen eines Monopols kann man zwei Betrachtungsweisen anstellen.
Zum einen lässt sich vertreten, ein Monopol wirke nicht diskriminierend im Sinne des Artikels 43 Unterabsatz 2 EG, da sowohl
inländische als auch ausländische Wirtschaftsteilnehmer gleichermaßen von der bestimmten Betätigung ausgeschlossen sind. Zum
anderen wird aber auch vertreten, eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit liege vor, wenn ausländische Wirtschaftsteilnehmer
von vornherein von der Betätigung in dem betreffenden Mitgliedstaat ausgeschlossen sind. Fraglich ist, ob sich diese Überlegungen
auf eine „monopolistische Struktur“ übertragen lassen.
94. Man wird davon ausgehen müssen, dass sich andere Wirtschaftsteilnehmer jedenfalls potentiell an der „monopolistischen Struktur“
beteiligen können, indem sie sich um die Konzessionserteilung bewerben. Es kommt also darauf an, wie die Bedingungen für die
Konzessionserteilung ausgestaltet sind. Auch wenn in den Ausschreibungsbedingungen für eine Konzessionserteilung keine unmittelbar
diskriminierenden Bedingungen wegen der Staatsangehörigkeit aufgenommen sind, so können doch bestimmte Voraussetzungen ─ wie
z. B. das Erfordernis eines bereits vorhandenen Geschäftslokals auf italienischem Territorium ─ die Bevorzugung inländischer
und damit die Benachteiligung ausländischer Wirtschaftsteilnehmer bewirken. In einem solchen Fall ist von einer mittelbaren
Diskriminierung auszugehen, die gemeinschaftsrechtlich ebenfalls verboten ist.
95. Dafür, dass die Voraussetzungen für eine Konzession zur Annahme von Sportwetten in Italien diskriminierend ausgestaltet sind,
spricht einiges. Gerade die bereits erwähnte Bedingung, die im vorliegenden Verfahren angeprangert wurde, dass der potentielle
Konzessionsnehmer bereits über ein Geschäftslokal auf italienischem Territorium verfügen muss, wirkt diskriminierend. Dies
umso mehr als die Errichtung und Ausübung der Betätigung ohne Konzession rechtswidrig ist, eine einschlägige Beschäftigung
─ in einem entsprechenden Geschäftslokal ─ jedenfalls vorher noch nicht stattgefunden haben kann.
96. Diskriminierend wirkt auch, dass bestimmte Gesellschaftsformen von vornherein als Konzessionäre ausgeschlossen werden. Die
Kommission hat diesen Umstand im Übrigen bereits als gemeinschaftsrechtswidriges Problem aufgegriffen und laut Pressemitteilung
vom 17. Oktober 2002 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet und eine mit Gründen versehene Stellungnahme an die Italienische
Republik gerichtet. In der Pressemitteilung heißt es wörtlich:„Die Europäische Kommission hat beschlossen, Italien förmlich aufzufordern, das Gemeinschaftsrecht bei der Vergabe von Konzessionen
für die Abwicklung von Sportwettspielen zu beachten. Derzeit können Kapitalgesellschaften, die auf den institutionalisierten
Märkten der Europäischen Union notiert sind, keine derartigen Konzessionen erhalten. Nach Ansicht der Kommission ist dieser
Ausschluss nicht erforderlich zur Betrugs- und Verbrechensbekämpfung. Außerdem hat Italien etwa 300 Konzessionen für die Durchführung
von Pferdewetten verlängert, ohne ein Auswahlverfahren anzusetzen. Wenn eine wichtige öffentliche Konzession vergeben wird,
ohne dass das Verfahren allen potenziellen europäischen Bietern offen steht (in Übereinstimmung mit dem EG-Vertrag und den
Vergaberichtlinien), werden europäische Unternehmen der Möglichkeit beraubt, ein Angebot abzugeben. Darüber hinaus laufen
die konzessionserteilenden Behörden und in diesem speziellen Fall auch Wettspielteilnehmer Gefahr, dass die angebotene Dienstleistung
nicht an die Qualität herankommt, die ein unzulässigerweise ausgeschlossener Bieter hätte gewährleisten können ... .“
97. Sofern man die problematisierte Vorgehensweise als diskriminierend im Sinne des Artikels 43 Unterabsatz 2 EG betrachtet, wäre
sie per se als gemeinschaftsrechtswidrige Behinderung der freien Niederlassung im Sinne des Vertrages zu betrachten. Die
zusätzliche Sanktionierung einer Niederlassungsbehinderung durch ein strafrechtliches Verbot wäre dann erst recht als gemeinschaftsrechtswidrig
zu bewerten.
b) Zwingende Gründe des Allgemeininteresses ─ Ziele, Geeignetheit der Maßnahme und Verhältnismäßigkeit
98. Betrachtet man die Voraussetzungen hingegen nicht als Diskriminierung, dann handelt es sich in jedem Fall um eine Beschränkung,
die nur unter den ─ eben in Nummer 92 genannten ─ engen, vom Gerichtshof aufgestellten vier Voraussetzungen zu rechtfertigen
ist. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die sehr weit reichende Reglementierungen des Glücksspielsektors seitens
der Mitgliedstaaten zu rechtfertigen geeignet sind, hat der Gerichtshof bereits den Verbraucherschutz sowie den Schutz der
Sozialordnung anerkannt.
(44)
Wenn es sich also durchaus um legitime Ziele handelt, dafür Vorsorge zu tragen, dass die Konzessionsnehmer nicht in verbrecherische
oder betrügerische Machenschaften verwickelt sind, so fragt es sich doch, ob der Ausschluss von Kapitalgesellschaften schlechthin,
diesem Ziel zu dienen, überhaupt geeignet ist.
99. Um eine Aussage über die Integrität einer Kapitalgesellschaft machen zu können, können Kontrollen durchgeführt werden, die
beispielsweise darin bestehen, Informationen über die Integrität der Unternehmensvertreter und Hauptaktionäre einzuholen.
Der völlige Ausschluss vom Zugang erscheint auf jeden Fall unverhältnismäßig. Wenn aber der völlige Ausschluss gemeinschaftsrechtswidrig
ist, dann ist dessen strafrechtliche Absicherung insoweit erst recht gemeinschaftsrechtswidrig.
100. Im Rahmen der Verfahren zur Vergabe von Konzessionen wären dann im Übrigen in einem anderen Mitgliedstaat bereits durchgeführte
Kontrollen und geleistete Garantien zu berücksichtigen.
(45)
In diesem Kontext ist der Vortrag von Garrisi von Interesse, Tätigkeiten im Lotteriewesen seien zugleich Gegenstand der Richtlinie
1999/42
(46)
. Gemäß Artikel 1 dieser Richtlinie werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, bestimmte Maßnahmen bezüglich der Niederlassung
und der Erbringung von Dienstleistungen zu treffen. Die Richtlinie gilt für die in Anhang A aufgeführten Tätigkeiten, wo es
im ersten Teil in Liste VI unter Nummer 3 unter anderem heißt:
„ex 84 Dienste zur Freizeitgestaltung
843
sonstige Dienste zur Freizeitgestaltung
- ─
Sport (Sportplätze, Organisation von Sportveranstaltungen usw.), außer der Tätigkeit des Sportlehrers
- ─
Spiele (Rennställe, Spielplätze, Rennplätze usw.)
- ─
andere Tätigkeiten der Freizeitgestaltung (Zirkus, Vergnügungspark und andere der Unterhaltung dienende Unternehmen).“
101. Zwar ist die von Garrisi behauptete ausdrückliche Erwähnung von „Buchmachern“ und „Wettbüros“ in dieser Bestimmung nicht enthalten.
Wie aufgezeigt sind die diesen Tätigkeiten am nächsten kommenden nicht unter der von Garrisi genannten ISIC-Nomenklatur „ex
859“, sondern 843 eingeordnet.
102. Bei großzügiger Auslegung der betreffenden Gruppe ließe sich die von Garrisi vertretende Auffassung verteidigen. Allerdings
heißt es im vierten Erwägungsgrund der Richtlinie:„Die wichtigsten Bestimmungen dieser Richtlinie sollten im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom
11. und 12. Dezember 1992 in Edinburgh zur Subsidiarität, zur Vereinfachung der Gemeinschaftsvorschriften und insbesondere
zur Überprüfung der relativ lange bestehenden Richtlinie im Bereich der beruflichen Qualifikation durch die Kommission ersetzt
werden ... .“In den erwähnten Schlussfolgerungen des Europäischen Rates heißt es unter Teil A Anlage 2 aber ausdrücklich:„So verzichtet sie [gemeint ist die Kommission] z. B. ... auf die Reglementierung der Glücksspiele.“
(47)
103. Ob dieser im vorliegenden Verfahren mehrmals erwähnte Verzicht Auswirkungen auf die Auslegung der 1999 erlassenen Richtlinie
zur Anerkennung der Befähigungsnachweise hat, ist nicht unwahrscheinlich. Auf jeden Fall, ob nun mittels der Richtlinie 1999/42
im Wege der dort vorgeschriebenen Verfahren oder unmittelbar aufgrund des Primärrechts, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet,
die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen „Kenntnisse und Fähigkeiten“
(48)
bzw. „Kontrollen und Garantien“
(49)
beruflichen Fähigkeiten, Zulassungen und Kontrollen in Rechnung zu stellen.
104. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass dann, wenn es sich um eine Niederlassung handelt ─ was das nationale Gericht
festzustellen hat ─, das in den inkriminierten italienischen Vorschriften enthaltene Betätigungsverbot für in anderen Mitgliedstaaten
ordnungsgemäß zugelassene Sportwettenbetreiber gegen die Grundsätze der freien Niederlassung im Sinne des EG-Vertrags verstieße.
C ─ Zur Dienstleistungsfreiheit
105. Sollten die Übertragungszentren aus rein tatsächlichen Gründen jedoch nicht als Niederlassungen des Unternehmens Stanley zu
betrachten sein, so sind sie auf jeden Fall an der Erbringung der von Stanley angebotenen Dienstleistungen beteiligt. Bei
der von Stanley ausgeübten Geschäftstätigkeit handelt es sich unter der Annahme, dass das Unternehmen keine ihm als Niederlassung
zuzurechnende Repräsentanz auf italienischem Territorium unterhält, um eine klassische Korrespondenzdienstleistung. Dienstleistungserbringer
und Dienstleistungsempfänger sind in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig, und allein die Dienstleistung hat einen
grenzüberschreitenden Charakter.
1. Zur Behinderung der Dienstleistungsfreiheit und deren Rechtfertigung
106. Das Anbieten der Möglichkeit, gegen Bezahlung an einem Glücksspiel teilzunehmen, eine Tätigkeit, zu der der Gerichtshof auch
die Sportwetten zählt, wurde vom Gerichtshof bereits als Dienstleistung anerkannt und soll für die Zwecke des vorliegenden
Verfahrens auch nicht mehr in Frage gestellt werden.
(50)
Ebenso selbstverständlich ging der Gerichtshof davon aus, dass die Rechtsvorschriften, die Wettveranstalter aus anderen Mitgliedstaaten
daran hindern, Wetten auf italienischem Boden anzunehmen, eine Behinderung der Dienstleistungsfreiheit darstellen.
(51)
107. Behinderungen der Dienstleistungsfreiheit sind schlechthin nur dann zulässig, wenn sie entweder im EG-Vertrag ausdrücklich
zugelassen sind ─ dann wären sogar diskriminierende Regelungen möglich ─, oder wenn sie entsprechend der Rechtsprechung des
Gerichtshofes mit zwingenden Erfordernissen gerechtfertigt werden können.
(52)
Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Zenatti ─ wie bereits oben in der Nummer 90 erwähnt ─ zwar die Artikel 45, 46 und
55 EG, die Beschränkungen zulassen, wenn die Tätigkeit auch nur zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbundenen
ist oder soweit sie durch Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, erwähnt, jedoch
nicht geprüft, sondern ist unmittelbar zur Prüfung der zwingenden Gründe des Allgemeininteresses übergegangen. Man wird daraus
den Schluss ziehen können, dass nach Ansicht des Gerichtshofes die Wetttätigkeit, gleichgültig wie sie von Staats wegen reglementiert
ist, weder mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, noch, dass die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit
durch diese in einer Weise gefährdet sind, die die Reglementierung rechtfertigen könnte.
108. Vor allem die Überlegung, die öffentliche Sicherheit und Ordnung könnte die strenge Reglementierung rechtfertigen, die dem
Staat eine sehr weit gehende Organisationsgewalt auf dem Glücksspielsektor vorbehält, scheint aber nicht abwegig. Unter den
die in Italien geltende Regelung tragenden Gründe, ebenso für die in fast allen Mitgliedstaaten geltenden vergleichbaren Regelungen
(53)
, wird die Verhinderung von Straftaten angeführt.
(54)
Auch die sowohl in Italien als auch in anderen Mitgliedstaaten bestehende strafrechtliche Absicherung der die staatliche
Regie des Glücksspiels etablierenden Vorschriften steht für die gesetzgeberische Bewertung der Gefährlichkeit des Glücksspiels.
Dennoch hat weder der Gerichtshof die bereits in dem Urteil Zenatti zu bewertenden italienischen Regelungen als aus Gründen
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt betrachtet, noch wurde dies von den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens
ernsthaft vertreten.
109. Dem Vorbild des Gerichtshofes folgend
(55)
soll daher unmittelbar in die Prüfung der Rechtfertigung unterschiedslos anwendbarer ─ also nicht diskriminierender ─, die
Dienstleistungsfreiheit beschränkender mitgliedstaatlicher Regelungen eingetreten werden. Es kommt folglich darauf an, ob
zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die die mitgliedstaatlichen Maßnahmen zu rechtfertigen geeignet sind.
In den bisherigen Verfahren vor dem Gerichtshof zum Spielsektor wurde stets ein ganzer Fächer von Argumenten zur Rechtfertigung
der jeweiligen mitgliedstaatlichen Regelungen vorgetragen.
110. In dem Urteil Schindler wurden diese vom Gerichtshof in der Randnummer 57 wie folgt zusammengefasst: „Sie sollten Straftaten
verhindern und sicherstellen, dass die Spieler fair behandelt werden, eine Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen, die
im Übermaß betrieben mit sozialschädlichen Folgen verbunden sind, verhindern und dafür sorgen, dass Lotterien nicht zu privaten
oder gewerblichen Gewinnzwecken veranstaltet werden können, sondern ausschließlich zu wohltätigen oder sport- oder kulturfördernden
Zwecken.“
111. In der Rechtssache Läärä zielte die streitgegenständliche Regelung darauf ab ─ so die dortige Randnummer 32 ─, „die Ausnutzung
der Spielleidenschaft der Menschen zu begrenzen, die Risiken von Betrug und anderen Straftaten als Folge der entsprechenden
Tätigkeiten zu vermeiden und diese Tätigkeiten nur zuzulassen, um Mittel für gemeinnützige oder wohltätige Zwecke zu erlangen.“
112. Zur ursprünglichen, auch im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Regelung führte der Gerichtshof aus, gemäß dem Vorlagebeschluss
und den Erklärungen der italienischen Regierung würde die italienische Regelung Ziele verfolgen, die den von den britischen
Rechtsvorschriften über Lotterien angestrebten entsprächen. „Die italienischen Rechtsvorschriften zielen nämlich darauf, zu
verhindern, dass diese Spiele zu einer Quelle persönlicher Bereicherung werden, die Gefahr von Betrug und anderen Straftaten
sowie schädliche, persönliche und soziale Folgen durch den von ihnen ausgeübten Anreiz zu Ausgaben zu vermeiden und sie nur
insoweit zuzulassen, als sie von gesellschaftlichem Nutzen für die zweckentsprechende Durchführung eines Sportwettkampfs sind.“
(56)
113. Im vorliegenden Verfahren sind keine neuen oder anderen Gründe ins Feld geführt worden. Der Gerichtshof hat sich bisher einer
differenzierten Prüfung der einzelnen Gründe enthalten. Er hat sie vielmehr ausdrücklich in ihrer Gesamtheit gewürdigt.
(57)
Sie beziehen sich demnach auf den „Schutz der Empfänger der Dienstleistung und ganz allgemein der Verbraucher sowie auf den
Schutz der Sozialordnung“
(58)
, die als zwingende Gründe des Allgemeinwohls angesehen werden können.
114. In der Rechtssache Schindler (Randnr. 61) waren diese Gründe geeignet, ein Totalverbot der Lotterien zu rechtfertigen. Für
eine Regelung, wie sie der Rechtssache Zenatti zugrunde lag, die die betreffenden Geschäfte gerade nicht vollständig verbot,
räumte der Gerichtshof den Mitgliedstaaten ein Ermessen ein zu beurteilen, ob sie Tätigkeiten dieser Art vollständig oder
teilweise verbieten oder sie nur beschränken wollen; zu diesem Zweck konnten sie bestimmte Kontrollen vorsehen (Randnr. 33
des Urteils Zenatti). Es sei insofern ─ so weiter in der Randnummer 34 ─ Sache des Mitgliedstaats, die Ziele und das Schutzniveau
zu definieren.
115. Die begrenzte Erlaubtheit des Tuns, die bezweckt, „die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierten Bahnen zu lenken,
die Risiken eines solchen Betriebes im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden
Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen“, diene auch der im Allgemeininteresse ausgerichteten Ziele. Dennoch hielt der Gerichtshof
eine „solche Begrenzung nur für zulässig, wenn sie
in erster Linie wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und wenn die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer
Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine erfreuliche Nebenwirkung sind, ...“.
(59)
116. Es scheint daher durchaus im Sinne des Gerichtshofes, die verfolgten Ziele und die dazu eingesetzten Mittel einer näheren
Prüfung zu unterziehen, wenngleich er diese Aufgabe bisher den nationalen Gerichten überlassen hat
(60)
, die sich, wie im Vorigen bereits erwähnt wurde, damit offensichtlich schwer tun.
2. Zur Geeignetheit der Mittel zur Erreichung des verfolgten Ziels
117. Die geltend gemachten Ziele lassen sich in verschiedene Gruppen einteilen. Zum einen geht es um Gefahren, die vom Veranstalter
ausgehen können, wie Betrügereien und Straftaten. Zum anderen geht es um den Schutz der Spieler vor sich selbst. Dazu ist
das Bestreben zur Eindämmung der Spielmöglichkeiten zu zählen, die einem übermäßigen Spieleinsatz, der Spielleidenschaft oder
gar der Spielsucht mit den damit einhergehenden vermögens- und sozialschädlichen Wirkungen zuvorkommen soll. Die befürchteten
negativen gesellschaftlichen Wirkungen können diesem Ziel zugeordnet werden, da ihnen durch eine Begrenzung der Spielmöglichkeiten
begegnet werden soll. Schließlich ist der nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Aspekt der Erwirtschaftung beträchtlicher
Summen für den Staatshaushalt oder jedenfalls zum Einsatz für gemeinnützige Zwecke zu bedenken.
a) Vom Veranstalter ausgehende Gefahren
118. Den möglicherweise vom Veranstalter ausgehenden Gefahren kann durch Kontrollen bei der Zulassung und gegebenenfalls einer
Überwachung der Betätigung begegnet werden. Ein Zulassungsverfahren ist insofern an sich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der
Dienstleistungsfreiheit wird dies jedoch dann problematisch, wenn es in einer Weise gehandhabt wird, dass in anderen Mitgliedstaaten
zugelassene Veranstalter, die den dort geltenden Regeln genügen, praktisch von der Betätigung ausgeschlossen werden. Man wird
davon ausgehen können, dass das Glücksspiel in wohl allen Mitgliedstaaten gesetzlich geregelt wird
(61)
und dass die Gründe, die für die Reglementierung angeführt werden, weitgehend übereinstimmen.
(62)
Wenn also ein Veranstalter eines anderen Mitgliedstaats die dort geltenden Bedingungen erfüllt, dann sollte dies den mitgliedstaatlichen
Stellen des Mitgliedstaats der Dienstleistungserbringung genügen und sie sollten dies als hinreichende Gewähr für die Integrität
des Veranstalters gelten lassen.
b) Eindämmung der Spielleidenschaft
119. Was nun die durch die Diversifizierung und Ausweitung des Spielangebots befürchteten Gefahren anbelangt, so muss geprüft werden,
ob diese Gegenstand einer kohärenten Politik des Mitgliedstaats sind, zumal wenn es sich nicht um ein absolutes Verbot, sondern
um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt handelt. Solange es sich um ein Totalverbot für einen bestimmten Zweig des Glücksspiels
handelt, ist die dieses Angebot begrenzende Wirkung offensichtlich. Wenn jedoch das Glücksspiel, in unserem Fall also Sportwetten
─ wenn auch in klaren gesetzlichen Grenzen ─ erlaubt ist, ist die behauptete Absicht der begrenzenden Wirkung sehr viel genauer
zu untersuchen. Zwar kann die begrenzte Erlaubnis, so wie es der Gerichtshof in der Randnummer 35 des Urteils Zenatti ausgeführt
hat, nicht als Nachweis dafür dienen, dass die mitgliedstaatliche Regelung, die am Allgemeininteresse ausgerichteten Ziele
nicht wirklich zu erreichen sucht. Ebenso wenig kann die Reglementierung allein als Nachweis für die behauptete Zielverfolgung
dienen, denn sie ist auch nach Ansicht des Gerichtshofes (in der Randnr. 36 des Urteils Zenatti) nur zulässig, „wenn sie in
erster Linie wirklich dem Ziel dient, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern.“
120. Ob dem so ist, kann jedoch nur Gegenstand einer Gesamtwürdigung sein, die das Auftreten und Verhalten der Spielveranstalter
im Mitgliedstaat berücksichtigt. Dies wird dadurch erhärtet, dass der Gerichtshof diese Bewertung in der Rechtssache Zenatti
dem mitgliedstaatlichen Gericht anheim gestellt hat. Wenn hingegen hinreichende Tatsachen bekannt sind, die eine Bewertung
durch den Gerichtshof erlauben, ist dieser nicht daran gehindert, eine Einschätzung vorzunehmen.
121. In dem vorliegenden Verfahren wurde vorgetragen, dass die konzessionierten Sportwetten-Veranstalter durch aggressive Werbung
in Erscheinung treten. Ein derartiges Verhalten ist dazu bestimmt, die Spiellust zu wecken und zu fördern. Aber damit nicht
genug. Auch der
italienische Staat hat gesetzgeberisch die Möglichkeiten geschaffen, das Glücksspielangebot auf dem italienischen Markt deutlich zu erweitern.
(63)
Ferner wurde unwidersprochen vorgetragen, der italienische Staat habe ebenfalls dafür gesorgt, das Sammeln von Wetten zu
erleichtern. Die Ausweitung der Infrastruktur durch die Vergabe von 1 000 neuen Konzessionen wurde bereits erwähnt.
122. Vor diesem Hintergrund kann man nicht mehr von einer kohärenten Politik zur Beschränkung des Angebots für Glücksspiele sprechen.
Die behaupteten, aber nicht (mehr) wirklich verfolgten Zielsetzungen sind daher auch nicht geeignet, die Behinderung der Dienstleistungsfreiheit
durch in anderen Mitgliedstaaten angesiedelte und ordnungsgemäß zugelassene Anbieter zu rechtfertigen.
123. Was nun die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2000 durch die Legge finanziaria und die Begleitumstände ihres Erlasses betrifft,
mit der die bis dahin geltenden ─ vom Gerichtshof bereits in der Rechtssache Zenatti geprüften ─ Rechtsvorschriften verschärft
wurden, ist darauf hinzuweisen, dass gemäß den in den schriftsätzlichen Äußerungen zitierten Gesetzesmaterialien die Gesetzesänderung
zumindest auch vorgenommen wurde, um die einheimischen Konzessionäre zu schützen. Dabei handelt es sich um eindeutig protektionistische
Beweggründe, die die Gesetzesänderung nicht zu rechtfertigen vermögen und gleichzeitig ein fragwürdiges Licht auf die Regelung
insgesamt werfen. Soweit die ursprüngliche Regelung ohnehin von den möglicherweise bei ihrem Erlass beabsichtigten Zielen
als nicht mehr getragen betrachtet werden muss, weil sich das rechtliche und das tatsächliche Umfeld verändert haben, durfte
eine Verschärfung in dieser Form auf keinen Fall mehr erlassen werden.
c) Die Bedeutung der staatlichen Einnahmen
124. Auch die Tatsache, dass die Regelung in einer Legge finanziaria erfolgte, weist auf das nicht unmaßgebliche Interesse des
Mitgliedstaats am Glücksspiel aus wirtschaftlichen Gründen hin.
125. Der Gerichtshof hat zwar in der Randnummer 60 des Urteils Schindler ausgeführt, es sei „nicht ohne Bedeutung“, ─ ohne dass
dies allein als Rechtfertigung angesehen werden könne ─, „dass Lotterien in erheblichem Maße zur Finanzierung uneigennütziger
oder im Allgemeininteresse liegender Tätigkeiten wie sozialer oder karitativer Werke, des Sports oder der Kultur beitragen
können“. Konnte man gestützt auf diese Aussage unter Umständen davon ausgehen, dass wirtschaftliche Gründe ─ jedenfalls neben
anderen ─ als Gründe des Allgemeininteresses anerkannt werden, so hat der Gerichtshof Spekulationen dieser Art in kohärenter
Fortsetzung seiner bisherigen Rechtsprechung zur Ungeeignetheit wirtschaftlicher Gründe als Rechtfertigung beschränkender
Maßnahmen
(64)
im Urteil Zenatti klargestellt und dort in der Randnummer 36 ausgeführt, dass „die Finanzierung sozialer Aktivitäten mit
Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen nur eine erfreuliche Nebenwirkung, nicht aber der eigentliche
Grund der betriebenen restriktiven Politik“ sein dürfe.
126. Die positiven finanziellen Auswirkungen des Glücksspiels für den Staatshaushalt können daher nicht als zwingende Gründe des
Allgemeininteresses anerkannt werden, die den Ausschluss von Veranstaltern anderer Mitgliedstaaten vom Glücksspielmarkt rechtfertigen
könnten. Dennoch kann nicht übersehen werden, dass die positiven wirtschaftlichen Konsequenzen des Glücksspiels für die Staatseinnahmen
der Mitgliedstaaten von großer Bedeutung sind. Dies klingt in den Stellungnahmen der Mitgliedstaaten mehr oder weniger deutlich
an. Am eindeutigsten hat sich die portugiesische Regierung eingelassen, die anschaulich die befürchteten, beinahe dramatischen
Folgen beschreibt, die eine Liberalisierung des Glücksspiels auf europäischer Ebene für die kleinen Mitgliedstaaten nach sich
zöge. Derartige Besorgnisse sind sicher nicht von der Hand zu weisen.
127. Aus den Ausführungen der Mitgliedstaaten wird jedoch deutlich, dass sie vor allem die wirtschaftlichen Folgen einer Veränderung
des Glücksspielsektors befürchten. Von etwaigen gefährlichen Wirkungen des Glücksspiels für die Spieler und ihr soziales Umfeld
ist insofern wenig die Rede. Die Befürchtungen können daher auch nicht als Verbraucherschutzinteressen im Sinne zwingender
Gründe des Allgemeininteresses gewertet werden.
128. Sollten sich anlässlich einer relativen Öffnung der mitgliedstaatlichen Märkte für Glücksspiele die Befürchtungen einer Umschichtung
der Staatseinnahmen bewahrheiten, dann gilt es gegebenenfalls, mit anderen geeigneten Mitteln dagegen vorzugehen. Rein wirtschaftliche
Überlegungen können aber nicht dazu dienen, die Dienstleistungsfreiheit durch in einem anderen Mitgliedstaat zugelassene Veranstalter
gänzlich zu unterbinden.
129. Die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann folglich aus den angeführten Gründen und unter den gegebenen Umständen nicht
als durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt betrachtet werden.
3. Das Glücksspiel und die elektronischen Medien
130. Die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2000, mit der die bestehenden Verbote angeblich nur abgesichert werden sollten, ist zumindest
auch vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen zu betrachten. Es ist ganz unstreitig, dass es durch diese Entwicklungen
immer schwieriger wird, die Beachtung zulässiger Reglementierungen zu überwachen. Selbst ohne das Dazwischentreten eines Vermittlers
kann der Spielwillige per Telefon, Fax oder Internet bei einem europäischen Anbieter seiner Wahl seine Wette plazieren. Diese
Fazilitäten, die eine räumliche Veränderung für die Teilnahme an einem ausländischen Glücksspiel nicht mehr voraussetzen,
führen auf gesetzgeberischer Ebene zu unterschiedlichen Reaktionen. Im Vereinigten Königreich wurde z. B. der in der Rechtssache
Schindler zwar nicht relevante aber erwähnte Lotteries Act 1993 erlassen, mit dem eine Nationallotterie eingeführt wurde,
um auf britischem Territorium ein Angebot zu ermöglichen, das dem Angebot ausländischer Anbieter vergleichbar ist. In anderen
Mitgliedstaaten wie z. B. Italien oder auch Deutschland
(65)
wurden die vorhandenen Regelungen vor allem auf strafrechtlicher Ebene verschärft.
4. Konsequenzen
131. Die Bewertung dieser strafrechtlichen Sanktionen steht und fällt aber mit der Rechtmäßigkeit der zugrunde liegenden Einschränkungen
und Verbote, wobei es für die gemeinschaftsrechtliche Beurteilung ganz entscheidend auf die verfolgten Ziele ankommt. Wenn,
wie im vorliegenden Fall, bereits die postulierten Ziele der betreffenden Regelungen durch das nicht kohärente Verhalten der
mitgliedstaatlichen Stellen in Frage gestellt werden bzw. wenn sie nicht als zwingende Erfordernisse im Sinne des Gemeinwohls
betrachtet werden können, dann muss eine diese Maßnahmen verschärfende strafrechtliche Regelung als unverhältnismäßig eingestuft
werden.
132. Es ist daher festzuhalten, dass eine mitgliedstaatliche Regelung wie die streitgegenständliche italienische, die strafbewehrte
Verbote der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme der Bestellung und Übertragung von Wetten, insbesondere bei sportlichen Ereignissen
durch wen auch immer und wo auch immer, unter den Umständen des vorliegenden Falles gegen die Dienstleistungsfreiheit gemäß
den Artikeln 49 ff. EG verstößt.
133. Der Vollständigkeit halber soll schließlich noch auf das Vorbringen der Beschuldigten eingegangen werden, die inkriminierte
italienische Regelung verstoße gegen das gemeinschaftsrechtliche Sekundärrecht für den elektronischen Geschäftsverkehr und
die in Nummer 38 genannten Richtlinien. Dazu genügt zunächst der Hinweis auf die Richtlinie 2000/31
(66)
über den elektronischen Geschäftsverkehr, in deren Artikel 1 Absatz 5 Buchstabe d dritter Spiegelstrich es heißt, dass die
Richtlinie keine Anwendung auf „Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich
Lotterien und Wetten“ findet. Was darüber hinaus die Richtlinie 96/19 zur Änderung der Richtlinie 90/388 hinsichtlich der
Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf dem Telekommunikationsmärkten, 97/13 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein-
und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste und 97/66 über die Bearbeitung personenbezogener Daten und den Schutz
der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation betrifft, so ist festzustellen, dass diese weder explizit noch implizit
zu dem Fragenkreis der Veranstaltung von Glücksspielen Position beziehen. Von einer sekundärrechtlichen Regelung des Gebietes
kann daher nicht ausgegangen werden. Muss man also davon ausgehen, dass keine spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelung besteht,
so ist das Primärrecht maßgeblich, in dessen Licht im Übrigen auch das Sekundärrecht ausgelegt werden muss.
VI ─ Ergebnis
134. Als Ergebnis vorstehender Überlegungen schlage ich folgende Beantwortung der Vorabentscheidungsfrage vor:Die Artikel 49 ff. EG über die Dienstleistungsfreiheit sind dahin auszulegen, dass ihnen eine mitgliedstaatliche Regelung
wie die italienische in Artikel 4 Absätze 1 bis 4, 4a und 4b des Gesetzes Nr. 401 vom 13. Dezember 1989 (zuletzt geändert
durch die Artikel 37 Absatz 5 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000), die strafbewehrte Verbote für die Tätigkeit des
Sammelns, der Entgegennahme, der Bestellung und der Übermittlung von Wetten, insbesondere bei sportlichen Ereignissen vorsieht,
dann entgegensteht, wenn diese Tätigkeiten von oder bei einem bzw. für einen Wettveranstalter vorgenommen werden, der in einem
anderen Mitgliedstaat ansässig ist und der diese Tätigkeiten ordnungsgemäß entsprechend den dortigen Regelungen ausübt.
- 1 –
- Originalsprache: Deutsch.
- 2 –
- Laut Vorlagebeschluss sind es 137, laut Schriftsatz des Vertreters von Gambelli weitere 140 Personen. Wegen dieser Unklarheit
wird im Folgenden lediglich gesagt: Gambelli und über 100 weitere Personen bzw. Gambelli und die anderen Beschuldigten.
- 3 –
- Urteil vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache C-67/98 (Zenatti, Slg. 1999, I-7289).
- 4 –
- Vgl. Urteil vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-275/92 (Schindler, Slg. 1994, I-1039).
- 5 –
- Vgl. Urteil vom 21. September 1999 in der Rechtssache C-124/97 (Läärä, Slg. 1999, I-6067).
- 6 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3).
- 7 –
- Vgl. Gesetz Nr. 388/2000 vom 23. Dezember 2000 Legge Finanziaria; Supplemento ordinario Nr. 302 des
GURI vom 29.12.2000 (im Folgenden: Gesetz Nr. 388/00).
- 8 –
- DR Nr. 773 vom 16. Juni 1931
GURI Nr. 146 vom 26.6.1931 in der Fassung des Gesetzes Nr. 388 vom 23.12.2000 Legge Finanziaria (Supplemento ordinario Nr. 302
des
GURI vom 29.12.2000).
- 9 –
- Gesetz vom 13. September 1989 (
GURI Nr. 294 vom 18.12.1989, im Folgenden: Gesetz Nr. 401/89).
- 10 –
- Die Absätze 4a und 4b sind durch das Gesetz Nr. 388 vom 23.12.2000 als Absätze 4 bis und 4 ter in das Gesetz Nr. 401/89 eingefügt
worden, wodurch ─ laut Vorlagebeschluss ─ die strafrechtlichen Folgen auf alle Personen ausgedehnt wurden, die in Italien
verbotenerweise Wetten gleich welcher Art betreiben.
- 11 –
- Urteil vom 5. Juli 1997 in der Rechtssache C-398/95 (Slg. 1997, I-3091, Randnr. 23).
- 12 –
- Urteil vom 26. April 1988 in der Rechtssache 352/85 (Slg. 1988, 2085, Randnrn. 32 bis 34).
- 13 –
- Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-288/89 (Slg. 1991, I-4007, Randnr. 11).
- 14 –
- Gemeint ist die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juni 1999 über ein Verfahren zur Anerkennung der
Befähigungsnachweise für die unter die Liberalisierungs- und Übergangsrichtlinien fallenden Berufstätigkeiten in Ergänzung
der allgemeinen Regelung zur Anerkennung der Befähigungsnachweise (ABl. L 201 vom 31.7.1999, S. 77).
- 15 –
- Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom 28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste (ABl.
L 192 vom 24.7.1990, S. 10) in der Fassung der Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 zur Änderung der Richtlinie
90/388/EWG hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten (ABl. L 74 vom 22.3.1996,
S. 13).
- 16 –
- Richtlinie 97/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für Allgemein-
und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste (ABl. L 117 vom 7.5.1997, S. 15).
- 17 –
- Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener
Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (ABl. L 24 vom 30.1.1998 S. 1).
- 18 –
- Urteil vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 (Slg. 1993, I-1663).
- 19 –
- Urteil vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 39 sechster Spiegelstrich). Zu
den vier Voraussetzungen im Einzelnen siehe unten Nr. 92.
- 20 –
- Vgl. Urteile Schindler (zitiert in Fußnote 4), Läärä (zitiert in Fußnote 5) und Zenatti (zitiert in Fußnote 3) sowie Urteil
vom 20. Februar 1979 in der Rechtssache 120/78 (Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649, Randnr. 8) und Urteil vom 25. Juli 1991 in
der Rechtssache C-76/90 (Säger, Slg. 1991, I-4221) und Urteil Gouda (zitiert in Fußnote 13).
- 21 –
- Vgl. Rechtssache C-6/01, Randnr. 90 des Schriftsatzes.
- 22 –
- Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).
- 23 –
- Vgl. Urteil vom 31. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 286/82 und 26/83 (Luisi und Carbone, Slg. 1984, 377, Randnr. 10).
- 24 –
- Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann vom 16. Dezember 1993 in der Rechtssache C-275/92 (Schindler, Slg. 1994, I-1042,
Nr. 42 f.).
- 25 –
- Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts La Pergola vom 4. März 1999 in der Rechtssache C-124/97 (Läärä, Slg. 1999, I-6069,
Nr. 26).
- 26 –
- Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly vom 20. Mai 1999 in der Rechtssache C-67/98 (Zenatti, Slg. 1999, I-7291, Nrn.
21 und 22).
- 27 –
- Vgl. Randnrn 22 und 23 des Urteils (zitiert in Fußnote 3).
- 28 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Läärä (zitiert in Fußnote 5, Randnrn 13 f.) und Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert
in Fußnote 3, Randnr. 33).
- 29 –
- Vgl. Randnrn. 24, 25, 26 und 35 des Urteils Läärä (zitiert in Fußnote 5).
- 30 –
- Vgl. Artikel 50 EG; siehe auch Urteil in der Rechtssache Gebhard (zitiert in Fußnote 19, Randnr. 22).
- 31 –
- Vgl. Artikel 50 EG und Urteil in der Rechtssache Gebhard (zitiert in Fußnote 19, Randnr. 22) und Urteil vom 4. Dezember 1986
in der Rechtssache 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755, Randnr. 21 letzter Satz).
- 32 –
- Urteil vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-221/89 (Slg. 1991, I-3905, Randnr. 20).
- 33 –
- Urteil Kommission/Deutschland (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 21).
- 34 –
- In diesem Fall ging es um Versicherungsunternehmen.
- 35 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Kommission/Deutschland (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 21); vgl. auch Urteil in der Rechtssache
Gebhard (zitiert in Fußnote 19, Randnr. 20), wo es heißt, dass sich die Kapitel über das Niederlassungsrecht und die Dienstleistungsfreiheit
einander ausschließen.
- 36 –
- Vgl. das Erfordernis gemäß Urteil in der Rechtssache 205/84 (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 21).
- 37 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache 205/84 (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 21).
- 38 –
- Urteil Schindler (zitiert in Fußnote 4, Randnrn. 33 ff.).
- 39 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Gebhard (zitiert in Fußnote 19, Randnr. 39).
- 40 –
- So Randnr. 39 sechster Spiegelstrich des Urteils Gebhard (zitiert in Fußnote 19).
- 41 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Gebhard (zitiert in Fußnote 19, Randnr. 39 vierter Spiegelstrich).
- 42 –
- Rechtssache 205/84 (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 47).
- 43 –
- Vgl. das aus Artikel 43 Unterabsatz 2 EG folgende Diskriminierungsverbot.
- 44 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Schindler (zitiert in Fußnote 4, Randnr. 58).
- 45 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache 205/84 (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 47).
- 46 –
- Richtlinie 1999/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juni 1999 über ein Verfahren zur Anerkennung der Befähigungsnachweise
für die unter die Liberalisierungs- und Übergangsrichtlinien fallenden Berufstätigkeiten in Ergänzung der allgemeinen Regelung
zur Anerkennung der Befähigungsnachweise (zitiert in Fußnote 14).
- 47 –
- Vgl.
Bulletin der Europäischen Gemeinschaften 1992 Nr. 12, S. 18.
- 48 –
- Urteil vom 7. Mai 1991 in der Rechtssache C-340/89 (Vlassopoulou, Slg. 1991, I-2357).
- 49 –
- Rechtssache 205/84 (zitiert in Fußnote 31, Randnr. 47)
- 50 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnrn. 24 f.).
- 51 –
- Vgl. Urteil Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 27).
- 52 –
- Urteil Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 28).
- 53 –
- Vgl. die grundsätzlichen Ausführungen des Generalanwalts Gulmann in den Schlussanträgen in der Rechtssache Schindler (zitiert
in Fußnote 24, Nrn. 1 f.).
- 54 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Schindler (zitiert in Fußnote 4, Randnr. 57); Urteil in der Rechtssache Läärä (zitiert in Fußnote
5, Randnr. 32) und Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 30).
- 55 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 29).
- 56 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 30).
- 57 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Schindler (zitiert in Fußnote 4, Randnr. 58) und Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert
in Fußnote3, Randnr. 31).
- 58 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 31).
- 59 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnrn. 35 und 36; Hervorhebung durch den Verfasser).
- 60 –
- Vgl. Urteil in der Rechtssache Zenatti (zitiert in Fußnote 3, Randnr. 37).
- 61 –
- Vgl. die allgemeinen Ausführungen des Generalanwalts Gulmann in den Schlussanträgen in der Rechtssache Schindler (zitiert
in Fußnote 24), gestützt auf eine Studie der Kommission, Nr. 1 f.).
- 62 –
- In diesem Sinn sind die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten in den Verfahren Schindler, Läärä, Zenatti sowie dem vorliegenden
zu verstehen.
- 63 –
- Vgl. den diesbezüglichen Vortrag von Gambelli, wiedergegeben im Vorigen (Nr. 23).
- 64 –
- Vgl. Urteil vom 24. Januar 2002 in der Rechtssache C-164/99 (Portugaia Construções Ldª., Slg. 2002, I-787, Randnr. 26) und
Urteil vom 22. November 2002 in der Rechtssache C-436/00 (X und Y, Slg. 2002, I-0000, Randnr. 50), jeweils mit weiteren Nachweisen.
- 65 –
- Vgl. Sechstes Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26.1.1998, BGBl. I, S. 164, mit dem in § 287 der Straftatbestand der unerlaubten
Veranstaltung einer Lotterie oder Ausspielung verschärft wurde.
- 66 –
- Zitiert im Vorigen, Nr. 56.