Conclusions
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
JEAN MISCHO
vom 3. Oktober 2002(1)
Rechtssache C-8/01
Taksatorringen
gegen
Skatteministeriet
(Vorabentscheidungsersuchen des Østre Landsret [Dänemark])
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f und 13 Teil B Buchstabe a – Befreiung von Dienstleistungen, die von selbständigen Zusammenschlüssen erbracht werden und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen
führen – Befreiung von Versicherungsumsätzen und den dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern durchgeführt
werden – Schätzung der Schäden an Kraftfahrzeugen durch eine Vereinigung für die Versicherungsgesellschaften, die Mitglieder dieser
Vereinigung sind“
1. Dem Gemeinschaftssystem für die Mehrwertsteuer ist bei seiner Einführung die für ein Steuersystem außergewöhnliche Leistung
gelungen, einen sehr breiten Konsens zu schaffen.
2. Dieser beruht zum einen wahrscheinlich auf den enormen Mängeln, die in den meisten Fällen die archaischen Steuersysteme charakterisierten,
die es abgelöst hat.
3. Im Wesentlichen ist sein Ursprung indessen in den Vorzügen der Mehrwertsteuer und insbesondere in der diese charakterisierenden
Neutralität zu suchen. Nach dem Mehrwertsteuermechanismus ruht nämlich die Steuerlast auf dem Endverbraucher und ist identisch,
gleichviel, wie komplex der Kreislauf ist, den die Ware oder die Dienstleistung vor ihrem Erwerb oder Erhalt durch ihn durchlaufen
hat.
4. Dieses Ergebnis wird erzielt, indem systematisch alle Geschäfte besteuert werden, indem aber gleichzeitig ein Abzugsmechanismus
zur Anwendung kommt, der den Steuerpflichtigen ermächtigt, an die Staatskasse nur die Differenz zwischen dem Betrag der Abgabe,
die er selbst an seine Lieferanten entrichtet hat, und dem Betrag der Abgabe zu Lasten seines Kunden, die er beim Einzug des
von ihm berechneten Verkaufspreises erhoben hat, zu zahlen.
5. Diese schöne Harmonie ist jedoch nicht mehr garantiert, wenn man sich über den Grundsatz der allgemeinen Anwendung der Besteuerung
hinwegsetzt, sei es bei den steuerpflichtigen Wirtschaftsteilnehmern oder bei den steuerbaren Umsätzen.
6. Die Gefahr, dass Verzerrungen auftreten, ist nämlich groß, wenn die Kette, die mit der Verbindung von Besteuerung und Abzugsfähigkeit
bis zum Endverbraucher führt, bricht, und zwar unabhängig davon, in welcher Weise dieser Bruch stattfindet.
7. Der Wirtschaftsteilnehmer, der nicht steuerpflichtig ist oder der einen befreiten Umsatz vornimmt, weil er keine Mehrwertsteuer
erhebt, kann nämlich auch keine Mehrwertsteuer abziehen. Von Ausnahmen abgesehen, d. h., wenn er in einem sowohl für seine
Einkäufe als auch seine Verkäufe vollständig außerhalb des Mehrwertsteuersystems gelegenen Sektor tätig ist, wird er, um seine
Tätigkeit ausführen zu können, von Dritten Waren erworben oder Dienstleistungen erhalten haben, für die er endgültig zu seinen
Lasten gehende Mehrwertsteuer wird haben zahlen müssen.
8. Diese Nachteile aufzuführen, bedeutet natürlich nicht, die Ausnahmen von der allgemeinen Anwendung der Besteuerung im Namen
eines Purismus zu verurteilen, der die Verantwortlichkeit der politischen Stellen in der Ordnung des Steuersystems nicht ersetzen
kann.
9. Die Befreiungen ebenso wie die Behandlung als Nichtsteuerpflichtiger können durchaus verständlichen Belangen entsprechen,
die insbesondere mit den vom Verbraucher zu tragenden Endkosten, z. B. hinsichtlich medizinischer und klinischer Leistungen,
zusammenhängen.
10. So verständlich und legitim sie auch sein mögen, lösen die Befreiungen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber in der Sechsten Richtlinie
77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern
─ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
(2)
(im Folgenden: Sechste Richtlinie) vorgesehen hat, doch, was niemanden verwundern wird, zumindest auf der Ebene ihrer Anwendung
Streitigkeiten aus, da ihre Wirkungen nicht für alle Wirtschaftsteilnehmer identisch sind, weil einige voll von ihnen profitieren,
während andere aus verschiedenen Gründen nicht in der Lage sind, aus ihnen im selben Maß Nutzen zu ziehen.
11. So verhält es sich gerade in dem Befreiungen nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f und Teil B Buchstabe a der Sechsten
Richtlinie betreffenden Rechtsstreit, der zwischen Assurandør-Societetet, die als Mandatar für Taksatorringen (im Folgenden:
der Taksatorring) auftritt, und Skatteministeriet, d. h. dem Ministerium für Steuern, vor dem Østre Landsret (Dänemark) anhängig
ist.
12. Der Taksatorring ist eine Vereinigung, die von kleineren und mittelgroßen Versicherungsgesellschaften errichtet worden ist,
die als Kraftfahrzeugversicherer in Dänemark agieren dürfen. Die Vereinigung hat etwa 35 Mitglieder.
13. Gegenstand des Taksatorring ist die Schätzung von Kraftfahrzeugschäden in Dänemark für seine Mitglieder. Diese sind verpflichtet,
die Schäden bei Kraftfahrzeugen, die in Dänemark eingetreten sind, vom Taksatorring schätzen zu lassen.
14. Die Kosten der Tätigkeit des Taksatorring werden zwischen den Mitgliedern so verteilt, dass die von jedem Mitglied entrichteten
Zahlungen für die Dienstleistungen der Vereinigung genau seinem Anteil an den gemeinsamen Kosten entsprechen.
15. Die Mitglieder können ihre Mitgliedschaft mit einer Frist von sechs Monaten kündigen.
16. Ist das Fahrzeug eines Versicherten beschädigt worden und soll es auf Kosten einer dem Taksatorring angehörenden Gesellschaft
repariert werden, füllt der Versicherte eine Schadensmeldung aus, die er zusammen mit dem beschädigten Fahrzeug bei einer
Kraftfahrzeugwerkstatt seiner Wahl abgibt. Die Werkstatt untersucht das beschädigte Fahrzeug und ersucht dann einen Schätzer,
der einer der örtlichen Zentralen des Taksatorring angehört, um ein Gutachten.
17. Der Schätzer stellt den Schaden nach einer Besprechung mit der Werkstatt fest. Er erstellt ein detailliertes Gutachten, das
eine Beschreibung der durchzuführenden Arbeiten und Angaben zu Ersatzteilen, Arbeitslohn, Lackierarbeiten und den Gesamtkosten
der Schadensbehebung enthält. Diese ist gemäß den im Gutachten vorgesehenen Bedingungen durchzuführen. Stellt die Werkstatt
während der Arbeiten fest, dass die Angaben im Gutachten nicht mit den tatsächlichen Schäden übereinstimmen, muss sie sich
mit dem Schätzer in Verbindung setzen, damit eine genaue Vereinbarung über eventuelle Änderungen der Schadensbewertung getroffen
werden kann.
18. Liegen die Kosten der Schadensbehebung unter 20 000 DKK, bezahlt die Versicherungsgesellschaft sofort nach der Beendigung
der Arbeiten den im Gutachten errechneten Betrag unmittelbar an die Werkstatt. Das Gutachten gilt als Rechnung über die betreffenden
Arbeiten. Übersteigen die Kosten der Schadensbehebung 20 000 DKK, stellt die Werkstatt eine Rechnung aus, die vom Schätzer
genehmigt werden muss, bevor die Versicherungsgesellschaft sie der Werkstatt begleicht.
19. Im Fall eines
Totalschadens, d. h. bei Schäden, bei denen die Reparaturkosten 75 % des Handelswertes des Fahrzeugs übersteigen, vereinbart der Schätzer
mit dem Versicherten eine Entschädigung, die dem Wiederanschaffungswert entspricht. Der Schätzer erstellt dann einen Entschädigungsbericht,
auf dessen Grundlage die Versicherungsgesellschaft den Versicherten entschädigt. Nachdem der Schätzer ein Angebot für das
total beschädigte Fahrzeug eingeholt, die Abholung des Fahrzeugs überwacht und den Veräußerungserlös der Versicherungsgesellschaft
übersandt hat, ist die Sache für den Taksatorring abgeschlossen.
20. Die vom Taksatorring beschäftigten Schätzer verwenden für die Bewertung der Schäden an verunfallten Fahrzeugen ein EDV-gestütztes
System, auf das im Einvernehmen mit den Kraftfahrzeugwerkstätten alle Versicherungsgesellschaften zurückgreifen, die in Dänemark
Kraftfahrzeugversicherungspolicen vertreiben.
21. Das Recht zur Benutzung dieses Systems, das an ein internationales System adaptiert ist, das Eigentum einer Schweizer Gesellschaft
ist, die Lizenzen vergibt, liegt in Dänemark bei Forsikring & Pension, einer sektoriellen Vereinigung von Schadensversicherungsgesellschaften,
wobei nichts dem entgegenstünde, dass eine dieser angehörenden Versicherungsgesellschaft an einen für sie die Bewertungen
durchführenden Subunternehmer das Benutzungsrecht gegen eventuelle Zahlung einer Gebühr abtritt.
22. Der Taksatorring erhielt erstmals 1992 die Genehmigung der Steuerbehörden, seine Tätigkeit ohne die Abführung von Mehrwertsteuer
auszuüben. Diese Genehmigung wurde ihm jedoch dann 1993 entzogen.
23. Um ihre Wiedererteilung zu erreichen, hat er daher Einsprüche gemäß § 13 Absatz 1 Nummer 20 des nationalen Gesetzes zur Umsetzung
der Sechsten Richtlinie erhoben, wonach von der Mehrwertsteuer befreit sind: die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer
befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit
erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den
gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann.
24. Da die Einsprüche keinen Erfolg hatten, wandte sich der Taksatorring an das Østre Landsret. Dieses war der Auffassung, dass
der Ausgang des Rechtsstreits von der Auslegung der Sechsten Richtlinie abhänge, und machte vom Verfahren des Artikels 234
EG Gebrauch, um dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Sind die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ─ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
und insbesondere Artikel 13 Teil B Buchstabe a dahin auszulegen, dass Bewertungsleistungen, die ein Unternehmen an seine Mitglieder
erbringt, unter den Begriff
Versicherungsumsatz im Sinne dieser Bestimmung oder unter den Begriff
dazugehörige Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden fallen?
2. Ist Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen, dass Leistungen, die ein
Unternehmen ─ das im Übrigen die Voraussetzungen der Bestimmung für die Mehrwertsteuerbefreiung erfüllt ─ an seine Mitglieder
erbringt, von der Mehrwertsteuer zu befreien sind, wenn sich nicht nachweisen lässt, dass die Steuerbefreiung weder zu einer
aktuellen noch zu einer konkret drohenden Wettbewerbsverzerrung führt, sondern nur eine solche Möglichkeit besteht?
3. Ist es für die Beantwortung der Frage 2 von Bedeutung, wie fernliegend die Möglichkeit einer Wettbewerbsverzerrung ist, z. B.
wenn die Möglichkeit nicht als realistisch erscheint?
4. Ist es mit Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie nicht vereinbar, wenn nach nationalem
Recht die Mehrwertsteuerbefreiung, die nach dieser Bestimmung gewährt wird, in den Fällen zeitlich begrenzt wird, in denen
zweifelhaft ist, ob die Befreiung zu einem späteren Zeitpunkt zu einer Wettbewerbsverzerrung führen kann?
5. Ist es für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 von Bedeutung, dass Bewertungsleistungen für die größten Versicherungsgesellschaften
von bei diesen Gesellschaften angestellten Schätzern erbracht werden und damit von der Steuer befreit sind?
25. Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 10. Januar 2001 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes unter der Nummer C-8/01
eingetragen worden. Außer den Parteien des Ausgangsverfahrens haben die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission
schriftliche Erklärungen eingereicht.
26. Vor der Prüfung der vorgelegten Fragen ist an den Inhalt der Bestimmungen der Sechsten Richtlinie zu erinnern, zu denen das
nationale Gericht Fragen stellt.
27. Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie bestimmt: (1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährung
einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen
und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer: ...
f) die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer
befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit
erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den
gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt.
28. Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie lautet: Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährung
einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen
und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:
a) die Versicherungs- und Rückversicherungsumsätze der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern
erbracht werden
.
Zur ersten Frage
29. Mit seiner ersten Frage stellt das nationale Gericht in Wahrheit zwei Fragen, da es darum ersucht, die Tätigkeit des Taksatorring
mit zwei Begriffen in Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie zu vergleichen, nämlich dem der
Versicherungsumsätze und dem der
dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden.
30. Ich beginne also mit dem Versuch, den Begriff der Versicherungsumsätze zu erfassen, und stelle sogleich fest, wie dies bereits
der Gerichtshof in einem ebenfalls zur Befreiung von Versicherungsumsätzen ergangenem Urteil
(3)
, dem von dem Taksatorring angeführten Urteil CPP, getan hat, dass die Sechste Richtlinie in keiner Weise dessen Inhalt erläutert.
31. Im Urteil CPP hat der Gerichtshof festgestellt, dass
es nach allgemeinem Verständnis das Wesen eines Versicherungsumsatzes [ist], dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten
gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu
erbringen (Randnr. 17).
32. Der Taksatorring schließt daraus, dass ein Versicherungsumsatz sich nicht auf die Deckung eines Risikos beschränke, sondern
auch die Auszahlung einer Entschädigung an den Versicherten umfasse, wenn der Versicherungsfall eingetreten sei, und argumentiert,
dass die Schätzung des Schadens des Versicherten, eine notwendige Phase vor der Auszahlung der Entschädigung, nicht von der
Ausübung der Versicherungstätigkeit zu trennen sei und daher auch vom Begriff des Versicherungsumsatzes umfasst sein müsse.
33. Zumindest müsse die Tätigkeit des Taksatorring als eine Nebenleistung der Risikodeckung angesehen werden und als solche, wie
es der Gerichtshof in Randnummer 30 des Urteils CPP festgestellt und insoweit durch das Urteil Kommission/Frankreich
(4)
bestätigt habe, der Steuerregelung folgen, der der Umsatz der Risikodeckung unterliege, d. h. in den Genuss der Steuerbefreiung
nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie kommen.
34. Weiter weist der Taksatorring zur Stützung seines Vorbringens darauf hin, dass die Befreiung seiner Leistungen dem Grundgedanken
der für die Versicherungsumsätze vorgesehenen Befreiung entspreche, deren Existenzgrund darin bestehe, worauf das Urteil CPP
hingewiesen habe, den Endverbraucher, der bereits die besondere Versicherungssteuer tragen müsse, die die Mitgliedstaaten
erheben dürften, nicht zu bestrafen.
35. Wenn der Taksatorring seine Leistungen nämlich mit Mehrwertsteuer belastet sähe, würde dies zu Kosten führen, die auf die
eine oder andere Weise die Versicherungsprämien verteuern würden.
36. Auf das Urteil CPP beruft sich der Taksatorring auch noch in einem anderen Punkt. Er sieht nämlich darin, dass der Gerichtshof
dort eingeräumt habe, dass
ein Steuerpflichtiger, der kein Versicherer ist und der im Rahmen einer Gruppenversicherung, deren Versicherungsnehmer er
ist, seinen Kunden als Versicherten durch Einschaltung eines Versicherers, der das versicherte Risiko übernimmt, Versicherungsschutz
verschafft, einen Versicherungsumsatz im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie tätigt (Randnr. 25), den Beweis dafür, dass der Umstand, dass er selbst keine Versicherungsgesellschaft sei, die Befreiung seiner
Leistungen nicht hindere.
37. Ähnlich sei im Übrigen im Urteil SDC
(5)
für die Befreiungen nach Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 der Sechsten Richtlinie entschieden worden, d. h.
für die Umsätze einschließlich der Vermittlung im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr,
im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren und für die Umsätze, die sich auf Aktien bezögen.
38. In diesem Urteil habe der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass die in diesen Vorschriften vorgesehene Befreiung
nicht davon abhängt, dass die Umsätze von einem bestimmten Unternehmenstyp, einem bestimmten Typ einer juristischen Person
oder ganz oder zum Teil in einer bestimmten Weise, im Wege der elektronischen Datenverarbeitung oder manuell, ausgeführt werden (Randnr. 38) und dass
die Steuerbefreiung ... nicht davon abhängt, dass die Leistung von einem Unternehmen erbracht wird, das mit dem Kunden der
Bank in einer rechtlichen Beziehung steht. Dass ein von den genannten Bestimmungen erfasster Vorgang von einem Dritten ausgeführt
wird, für den Kunden der Bank aber als eine Leistung der Bank erscheint, steht der Befreiung dieses Vorgangs von der Steuer
nicht entgegen (Randnr. 59).
39. Der Taksatorring versucht nicht, den Umstand zu verbergen, dass ein späteres Urteil des Gerichtshofes, Skandia
(6)
, zwar von dem im Urteil CPP ermittelten Begriff des Versicherungsumsatzes seinen Ausgang nimmt, diesen jedoch in einem Sinne
näher erläutert, der seine Forderungen nicht bestärkt.
40. Der Gerichtshof hat nämlich in diesem Urteil festgestellt, dass
die Identität des Dienstleistungsempfängers für die Bestimmung der von Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie
erfassten Art von Dienstleistungen von Bedeutung [ist] und ein Versicherungsumsatz seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung
zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden,
d. h. dem Versicherten, voraus[setzt] (Randnr. 41), was ihn dazu geführt hat, festzustellen, dass
die Verpflichtung eines Versicherungsunternehmens, gegen eine marktübliche Vergütung die Tätigkeit eines vollständig in seinem
Besitz befindlichen Versicherungsunternehmens auszuüben, das weiterhin Versicherungsverträge im eigenen Namen abschließt,
keinen Versicherungsumsatz im Sinne des Artikels 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie darstellt (Randnr. 44).
41. Der Taksatorring meint indessen, dass die in diesem Urteil festgehaltene Lösung auf seinen Fall nicht angewandt werden könne,
denn was ihn betreffe, so berechne er seine Leistungen nicht zu marktüblichen Preisen, sondern begnüge sich mit der Überwälzung
seiner Betriebskosten auf die Gesellschaften, die Mitglieder der Vereinigung seien, wobei von jeder so oft der Einheitspreis
für ein Tätigwerden verlangt werde, wie sie die Vereinigung tätig werden lasse.
42. Diese Analyse der Rechtsprechung wird in den anderen beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen bestritten.
43. In diesen wird einhellig geltend gemacht, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie mit der Einführung einer
Ausnahme vom Grundsatz der Besteuerung von Dienstleistungen keine extensive Auslegung erhalten könne. Die Kommission weist
hierzu darauf hin, dass der Gerichtshof im Urteil D.
(7)
der Auffassung gewesen sei, dass die Befreiung, die gemäß Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie
für Heilbehandlungen gelte, die im Rahmen der Ausübung der ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht würden, nicht auf
medizinische Leistungen anwendbar sei, die nicht in der Betreuung bestünden, sondern in der auf biologische Untersuchungen
gestützten Feststellung einer anthropologisch-erbbiologischen Verwandtschaft, denn in einem solchen Fall fehle es an dem die
Tätigkeit der Betreuung von Personen charakterisierenden vorbeugenden Bekämpfen, Diagnostizieren oder Behandeln von Krankheiten.
44. In all den fraglichen Erklärungen wird darauf beharrt, dass sowohl das Urteil CPP als auch das Urteil Skandia dem Empfänger
der Leistung und der Existenz einer rechtlichen Verbindung zwischen dem Leistungserbringer, der einen Versicherungsumsatz
tätige, und dessen Leistungsempfänger, in diesem Fall dem Versicherten, eine entscheidende Bedeutung beimäßen. Außerdem wird
dort ausgeführt, dass der Taksatorring den Versicherten nicht nur keine Deckung gewährleiste, sondern auch keine rechtliche
Beziehung zu diesen habe.
45. Der Taksatorring sei lediglich ein Dienstleistungserbringer, dem die Versicherungsgesellschaften die Aufgabe der Schätzung
der ersetzten Schäden übertrügen, die zwar ein notwendiger Vorgang für die Garantieleistung, aber gleichwohl verschieden von
dieser sei.
46. Selbst wenn die Leistungen des Taksatorring als zu den Versicherungsumsätzen gehörige Leistungen angesehen werden müssten,
wäre es für ihre Steuerbefreiung weiter erforderlich, dass der Taksatorring die Eigenschaft eines Versicherungsmaklers oder
-vertreters habe, was in diesen Erklärungen, wie später noch zu sehen sein wird, ebenfalls bestritten wird.
47. Die Kommission weist auch darauf hin, dass die Tätigkeit des Taksatorring im Sinne der Sechsten Richtlinie als die Durchführung
von Begutachtungen beweglicher körperlicher Gegenstände, die im Hinblick auf den Ort der Dienstleistung ausdrücklich von Artikel
9 Absatz 2 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie erfasst seien, anzusehen sei, was zeige, dass sie nicht mit dem Versicherungsumsatz
nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a dieser Richtlinie verwechselt werden dürfe.
48. Dieser Wille des Gemeinschaftsgesetzgebers, die Gutachterumsätze von den Versicherungsumsätzen zu unterscheiden, ergibt sich
nach Ansicht der Regierung des Vereinigten Königreichs auch aus Artikel 28 Absatz 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie.
49. Diese Vorschrift habe eine vorübergehende Befreiung zugunsten der
Dienstleistungen von Sachverständigen im Zusammenhang mit der Feststellung von Versicherungsansprüchen vorgesehen, die mit der Achtzehnten Richtlinie 89/465/EWG des Rates vom 18. Juli 1989 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ─ Aufhebung bestimmter in Artikel 28 Absatz 3 der Sechsten Richtlinie 77/388 vorgesehener
Ausnahmeregelungen
(8)
aufgehoben worden sei.
50. Wenn diese Umsätze Versicherungsumsätze im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie wären, wäre es
nicht erforderlich gewesen, sie nach einer besonderen Vorschrift zu befreien.
51. Für die Entscheidung zwischen diesen einander gegenüberstehenden Auffassungen kann das Argument, Artikel 13 Teil B Buchstabe
a der Sechsten Richtlinie sei restriktiv auszulegen, soweit er eine Abweichung von der Regel der allgemeinen Anwendung der
Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen gegen Entgelt eingeführt habe (vgl. Urteil Skandia, Randnr. 32), meines Erachtens nicht
entscheidend ins Gewicht fallen.
52. Wie nämlich Generalanwalt Fennelly in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache CPP (Nr. 24) hervorgehoben hat, bedeutet diese
Auslegungsregel nicht, dass unzweideutige Steuerbefreiungen besonders eng auszulegen sind.
53. Entscheidend erscheinen mir demgegenüber die Urteile CPP und Skandia, die zwar zu gegenteiligen Ergebnissen hinsichtlich des
konkreten Bestehens eines Anspruchs auf die vom jeweiligen Kläger vor dem nationalen Gericht geforderte Steuerbefreiung gelangt
sind, aber von dem gleichen Grundgedanken herrühren und ein vollkommen kohärentes Ganzes ergeben.
54. In diesen beiden Urteilen ist dem Begriff des Versicherungsumsatzes derselbe Inhalt gegeben worden, und das Vorliegen einer
Selbstverpflichtung der die Befreiung verlangenden Person gegenüber dem Versicherungsnehmer ist als Kriterium zugrunde gelegt
worden.
55. Im Urteil CPP stellt der Gerichtshof fest, dass CPP
Nehmerin einer Gruppenversicherung [ist]; ihre Kunden sind die Versicherten. Sie verschafft diesen ... gegen Entgelt im eigenen
Namen und für eigene Rechnung Versicherungsschutz durch Einschaltung eines Versicherers (Randnr. 21).
56. Im Urteil Skandia stellt der Gerichtshof demgegenüber fest, Skandia
unterhielte keine Vertragsbeziehung zu den Versicherten der Livbolag und übernähme kein Risiko im Zusammenhang mit der Versicherungstätigkeit,
da alle Risiken im vollen Umfang bei der Livbolag verblieben, die weiterhin als Versicherer im Sinne des schwedischen Zivilrechts
handeln würde (Randnr. 40).
57. Diese beiden völlig unterschiedlichen rechtlichen Situationen, die eine, bei der ein Vertrag des Leistungserbringers mit dem
Versicherungsnehmer besteht, die andere, bei der nur ein Vertrag des Leistungserbringers mit einer Versicherungsgesellschaft
besteht, müssen, wie der Gerichtshof entschieden hat, unterschiedlich behandelt werden, wenn es darum geht, den Anwendungsbereich
einer den Versicherungsumsätzen vorbehaltenen Befreiung zu bestimmen.
58. Die erste ist als einem Versicherungsumsatz entsprechend anzusehen, da der Leistungserbringer dem Verbraucher, der gegen bestimmte
Gefahren versichert sein möchte, eine Versicherung verschafft, die zweite kann keiner sein, da man es mit einem Leistungserbringer
zu tun hat, der einem Versicherer eine Dienstleistung erbringt, die diesem die Ausübung seiner Tätigkeit erleichtert, aber
ganz außerhalb des eigentlichen Versicherungsvertrags bleibt.
59. Wenn man diese Zweigliedrigkeit auf den Taksatorring anwendet, wird deutlich, dass seine Tätigkeit in keiner Weise mit der
von CPP vergleichbar ist, sondern stark der von Skandia ähnelt.
60. Er unterhält nämlich keinerlei rechtliche Beziehung zu den Versicherten der Gesellschaften, für die er seine Dienstleistungen
erbringt, um ihnen zu ermöglichen, effizient den Verpflichtungen nachzukommen, die sie allein gegenüber den ihre Kunden darstellenden
Versicherten eingegangen sind.
61. Der Taksatorring ist ein bloßer Subunternehmer der Versicherungsgesellschaften, die seine Mitglieder sind, und diese Subunternehmerschaft
bezieht sich nicht auf das Wesentliche des Versicherungsumsatzes, d. h. auf die Erbringung einer Garantie gegen eine Gefahr
gegen Zahlung einer Prämie.
62. Dem versucht der Taksatorring vergeblich entgegenzusetzen, dass er im Gegensatz zu Skandia seine Dienstleistungen nicht zu
marktüblichen Preisen berechne.
63. Zwar steht diese Angabe im Tenor des Urteils Skandia, doch nur deshalb, weil der Gerichtshof, der damit einer ständigen Praxis
folgt, eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts in dem tatsächlichen und rechtlichen Rahmen geben wollte, innerhalb dessen das
nationale Gericht seine Vorlagefrage gestellt hat.
64. Diese Einbeziehung bedeutet in keiner Weise, dass dieser besondere Modus der Bezahlung der von Skandia erbrachten Leistung
einen Einfluss auf die Lösung des Gerichtshofes gehabt hätte, und tatsächlich ergibt sich zu keinem Zeitpunkt aus der Lektüre
des Urteils Skandia, dass dies der Fall gewesen wäre.
65. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, wobei dieser Punkt eine irgendwie geartete Rolle hinsichtlich der Umsetzung des gemeinschaftlichen
Mehrwertsteuersystems hätte spielen können, das in seinen Anwendungsbereich vorbehaltlich der Ausnahmen, die es ausdrücklich
festschreibt, alle Dienstleistungen gegen Entgelt einbezieht, ohne eine Unterscheidung nach dem Modus der Zahlung des vom
Leistungserbringer berechneten Betrages vorzunehmen.
66. Dass der Leistungserbringer keinen Gewinn erzielt, bedeutet nämlich ganz und gar nicht, dass seine Leistung nicht gegen Entgelt
erbracht wird.
67. Die Argumente, die der Taksatorring dem Urteil SDC entnehmen will, überzeugen mich auch nicht in höherem Maß.
68. Zwar scheint dieses Urteil hinsichtlich der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil B Buchstabe
d der Sechsten Richtlinie nicht so anspruchsvoll zu sein wie die Urteile CPP und Skandia im Hinblick auf die Steuerbefreiung
nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a dieser Richtlinie, doch kann man darin keinen Grund dafür sehen, den in diesen Urteilen
angewandten Ansatz in Frage zu stellen, denn man kann nicht in gleicher Weise Erwägungen über eine Vorschrift zur Befreiung
der
Versicherungsumsätze wie über eine Vorschrift anstellen, mit der Umsätze im
Überweisungsverkehr befreit werden und die daher schon von ihrer Fassung her den Weg für eine Auslegung eröffnet, wonach die Steuerbefreiung
auf Umsätze Anwendung findet, die lediglich zur Tätigung der Überweisung beitragen.
69. Der Gerichtshof hat im Übrigen im Urteil SDC festgestellt, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe d der Sechsten Richtlinie
hinreichend weit gefasst [ist], um die Leistungen anderer Wirtschaftsteilnehmer als der Banken, die für andere als deren Kunden
bestimmt sind, einzuschließen (Randnr. 56).
70. Schließlich ist das Argument zurückzuweisen, dass der Taksatorring eine Nebenleistung zu Versicherungsumsätzen erbringe, die
der steuerlichen Regelung für diese folgen müsse, denn wenn das Urteil CPP auch den Grundsatz der Anwendung der für die Hauptleistung
geltenden Steuerregelung auf die Nebenleistung festgeschrieben hat (vgl. Randnr. 32), hat es doch Leistungen im Blick gehabt,
die alle beide von demselben Dienstleister an den Endverbraucher erbracht werden.
71. Ich weise jedoch noch einmal darauf hin, dass der Taksatorring seine Leistungen nicht an die Versicherten erbringt, sondern
an die Versicherungsgesellschaften, was völlig von dem im Urteil CPP betrachteten Fall verschieden ist und es verbietet, seine
Leistungen als Nebenleistungen im Verhältnis zu den Leistungen, die diese Gesellschaften an ihre Versicherten erbringen, anzusehen.
72. Man kann also nur feststellen, dass es die vom Gerichtshof zum Begriff des Versicherungsumsatzes im Sinne von Artikel 13 Teil
B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie entwickelte Rechtsprechung verbietet, dass die vom Taksatorring an seine Mitglieder
erbrachten Leistungen als Versicherungsumsätze qualifiziert werden und aufgrund dessen in den Genuss einer Mehrwertsteuerbefreiung
kommen können, ohne dass es auch nur erforderlich ist, sich auf Argumente aus E-contrario-Erwägungen zu stützen, die das Vereinigte
Königreich und die Kommission dargelegt haben.
73. Diese Argumente würden jedoch, wenn es dessen bedürfte, nur bestätigen, dass die Sechste Richtlinie die Umsätze der Schadensschätzung
von den Versicherungsumsätzen deutlich unterscheidet.
74. Ich komme so zu der zweiten vom vorlegenden Gericht ins Auge gefassten Eventualität, d. h. zu der Frage, ob der Taksatorring,
wenn er keine Versicherungsumsätze tätigt, nicht als in die Kategorie der Versicherungsmakler und -vertreter fallend anzusehen
ist, deren zu Versicherungsumsätzen gehörige Dienstleistungen Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie von der
Steuer befreit.
75. Der Betroffene nimmt diese Eigenschaft für sich in Anspruch und stützt sich dabei mangels einer Definition in der Sechsten
Richtlinie auf die Richtlinie 77/92/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 über Maßnahmen zur Erleichterung der tatsächlichen
Ausübung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs für die Tätigkeiten des Versicherungsagenten und
des Versicherungsmaklers (aus ISIC-Gruppe 630), insbesondere Übergangsmaßnahmen für solche Tätigkeiten
(9)
.
76. Artikel 2 Absatz 1 dieser Richtlinie lautet: Diese Richtlinie gilt für folgende Tätigkeiten, soweit sie zu der Gruppe aus 630 ISIC des Anhangs III des Allgemeinen Programms
zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit gehören:
a) die Berufstätigkeit von Personen, die zum Zweck der Herstellung eines Versicherungs- oder Rückversicherungsschutzes als Vermittler
zwischen Versicherungsnehmern und frei von ihnen gewählten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auftreten, den
Abschluss von Versicherungsverträgen vorbereiten und gegebenenfalls bei ihrer Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall,
mitwirken;
b) die Berufstätigkeit von Personen, die auf Grund eines oder mehrerer Verträge oder von Vollmachten damit betraut sind, im Namen
und für Rechnung oder nur für Rechnung eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge anzubieten, vorzuschlagen
und vorzubereiten oder abzuschließen oder bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall, mitzuwirken;
c) die Tätigkeiten von Personen, die nicht unter die Buchstaben a und b fallen, jedoch für Rechnung der dort genannten Personen
handeln und insbesondere mit der Durchführung von einführenden Arbeiten, der Vorlage der Versicherungsverträge oder der Einziehung
der Prämien beauftragt sind, ohne dass sie dadurch Verpflichtungen gegenüber oder von der Öffentlichkeit übernehmen.
77. Nach Auffassung des Taksatorring entsprechen die von ihm an die Versicherungsgesellschaften erbrachten Dienstleistungen sehr
genau dem, was Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/92 erfassen soll, wenn er sich auf die Mitwirkung bei der
Verwaltung und Erfüllung der Versicherungsverträge, insbesondere im Schadensfall, bezieht. Der Taksatorring sei daher als
ein Versicherungsmakler oder -agent sowohl im Hinblick auf die Richtlinie 77/92 als auch auf die Sechste Richtlinie anzusehen,
die keine Hinweise enthalte, dass sie von den Definitionen der Richtlinie 77/92 habe abgehen wollen.
78. Da die Definition des Versicherungsmaklers oder -vertreters unter das Gemeinschaftsrecht falle, sei es wenig bedeutsam, dass
er die Eigenschaft des Versicherungsmaklers oder -agenten nach dänischem Recht nicht für sich in Anspruch nehmen könne.
79. Die dänische Regierung wendet sich gegen dieses Vorbringen. Sie macht geltend, dass die Richtlinie 77/92 angesichts ihrer
Bestimmungen in keiner Weise das Erfordernis in Frage stellen könne, das Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie
dafür aufstelle, dass Leistungen, die keine Versicherungsumsätze seien, aber gleichwohl zu diesen dazugehörten, in den Genuss
der von ihm vorgesehenen Befreiung gelangen könnten, d. h., dass diese Leistungen von einem Wirtschaftsteilnehmer erbracht
würden, der eine vermittelnde Funktion zwischen der Versicherungsgesellschaft und dem Versicherten wahrnehme.
80. Der Taksatorring kann sich ihrer Ansicht nach nicht auf die Eigenschaft eines Maklers im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe
a der Richtlinie 77/92 berufen, denn wenngleich nach dem Wortlaut dieser Bestimmung der Makler eventuell bei der Durchführung
des Versicherungsvertrags im Schadensfall mitwirke, sei seine Tätigkeit dadurch gekennzeichnet, dass er eine Verbindung zwischen
den Versicherungsgesellschaften und den Versicherungsnehmern herstelle, was der Taksatorring in keiner Weise tue; dessen Aufgabe
bestehe nur darin, den Versicherungsgesellschaften seinen Bericht über die Reparaturkosten der Schäden einen Kraftfahrzeugs
vorzulegen.
81. Dieser Ansatz der Tätigkeit des Maklers findet sich nach Auffassung der dänischen Regierung sowohl in der Empfehlung 92/48/EWG
der Kommission vom 18. Dezember 1991 über Versicherungsvertreter
(10)
wieder, der der dänische Gesetzgeber nachgekommen sei, als auch im Vorschlag 2001/C29E/10 des Europäischen Parlaments und
des Rates für eine Richtlinie über die Versicherungsvermittlung, den die Kommission am 20. September 2001 vorgelegt habe
(11)
und in dem ebenfalls deutlich werde, dass die Vermittlung untrennbar mit der Existenz einer autonomen Rechtsbeziehung zwischen
dem Vermittler und dem Versicherungsnehmer verbunden sei.
82. Dieses Erfordernis einer rechtlichen Beziehung zum Versicherten gelte auch für die Tätigkeiten nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe
b der Richtlinie 77/92, da der Gebrauch der Wendungen
im Namen und
für Rechnung in dieser Vorschrift impliziere, dass der Vermittler ermächtigt sein müsse, die Versicherungsgesellschaft gegenüber dem Versicherten
zu verpflichten. Ohne diese Ermächtigung falle die Mitwirkung bei der Verwaltung oder der Erfüllung eines Versicherungsvertrags
unter die bloße Subunternehmerschaft.
83. Die dänische Regierung weist schließlich das Argument zurück, das der Taksatorring daraus ableiten will, dass im Vereinigten
Königreich die Tätigkeit von Sachverständigen im Rahmen der Regulierung der Schäden an Kraftfahrzeugen als Umsatz von Versicherungsvermittlern
von der Mehrwertsteuer befreit sei. Sie bemerkt dazu, dass nur, wenn die Sachverständigen ein Mandat der Versicherungsgesellschaft
für die Behandlung der Schadensersatzanträge hätten, die Steuerbefreiung gewährt werde, was in vollem Einklang mit der Konzeption
stehe, die sie hinsichtlich der Eigenschaft des Versicherungsvermittlers entwickelt habe.
84. Die Regierung des Vereinigten Königreichs entwickelt eine ähnliche Argumentation, indem sie nachdrücklich darauf hinweist,
dass, wenn man annehme, dass der Taksatorring bestimmte Tätigkeiten eines Versicherungsmaklers oder -vertreters ausübe, dies
aus ihm noch keinen Versicherungsmakler oder -vertreter im Sinne der Richtlinie 77/92 oder der Sechsten Richtlinie mache,
wenn er nicht auch die Tätigkeiten ausübe, die diese Berufskategorie kennzeichneten, d. h. die Herstellung einer Verbindung
zwischen den Versicherungsgesellschaften und den Versicherungsnehmern, und wenn er nicht auch unmittelbare Beziehungen zu
den Versicherten unterhalte.
85. Die Kommission widerspricht ebenfalls dem von Taksatorring erhobenen Anspruch, Tätigkeiten auszuüben, die es ihm ermöglichten,
als Versicherungsmakler oder -vertreter im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 77/92 angesehen zu werden. Sie erinnert
im Übrigen daran, dass Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine enge Auslegung erfahren müsse, und stützt
sich dabei auf das Urteil Kommission/Deutschland
(12)
, in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass die Befreiung, die für die vom öffentlichen Postdienst ausgeführten Leistungen
vorgesehen sei, nicht auf Leistungen angewandt werden dürfe, die andere Wirtschaftsteilnehmer für diesen Dienst erbrächten.
86. Die Gesamtheit der dem Vorbringen des Taksatorring entgegengesetzten Argumente scheint mir zur Entscheidung führen zu müssen.
Auch wenn die Fassung des Artikels 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne insoweit nicht sehr glücklich
zu sein scheint, dass sie eine Unterscheidung zwischen Versicherungsmakler und -vertreter vornimmt, während der Makler im
Wesentlichen gerade ein Versicherungsvermittler
(NaN)
ist, da ihm die Aufgabe zukommt, für Rechnung eines Versicherungsnehmers die Gesellschaft ausfindig zu machen, die diesem
die genau für seine Bedürfnisse passende Deckung anbieten kann, ist nämlich klar, dass diese Bestimmung nur die Dienstleistungen
der Berufsausübenden erfasst, die zugleich mit der Versicherungsgesellschaft und dem Versicherungsnehmer in Verbindung stehen.
87. Der Taksatorring trägt aber selbst nicht vor, dass er irgendeine Rechtsbeziehung zu den Versicherten unterhalte, d. h. eine
Vermittlungstätigkeit innehabe.
88. Daher meint er auch, dass für die Beurteilung der Frage, ob seine Tätigkeit gleichwohl als unter den Beruf des Versicherungsmaklers
oder -vertreters fallend angesehen werden könne, auf die Richtlinie 77/92 Bezug genommen werden müsse.
89. Diese Bezugnahme erscheint mir legitim, auch wenn es nicht absolut sicher ist, dass eine Mehrwertsteuerrichtlinie notwendigerweise
im Licht einer Richtlinie über die Niederlassungsfreiheit ausgelegt werden muss. Es wird indessen nicht erforderlich sein,
diesen Punkt zu entscheiden, da die Richtlinie 77/92 der vom Taksatorring entwickelten Argumentation keine Stütze bietet.
90. Hinsichtlich der Tätigkeit, die Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/92 beschreibt und die nach Absatz 2 dieses
Artikels dem Beruf des Versicherungsmaklers entspricht, ist zwar angegeben, dass sie die Mitwirkung bei der Verwaltung und
Erfüllung der Versicherungsverträge, insbesondere im Schadensfall, einbezieht, doch es wird erläutert, dass diese Mitwirkung
gegebenenfalls zu der Tätigkeit hinzutritt, die den Beruf des Maklers charakterisiert, d. h. zur Herstellung einer Verbindung zwischen dem
Versicherer und dem Versicherungsnehmer und der Vorbereitung der Versicherungsverträge.
91. Hinsichtlich der Tätigkeit, die Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 77/92 beschreibt und die nach Absatz 2 dieses
Artikels dem Beruf des Versicherungsvertreters entspricht, erscheint nach dem Wortlaut der Gemeinschaftsbestimmung die Mitwirkung
bei der Verwaltung und Erfüllung der Versicherungsverträge, insbesondere im Schadensfall, nicht als eine Nebentätigkeit, da
diese Mitwirkung durch den Gebrauch der Konjunktion
oder als eine Tätigkeit dargestellt wird, die auf der gleichen Stufe wie die Vorbereitung, das Vorschlagen und der Abschluss der
Versicherungsverträge steht. Damit diese Mitwirkung aber aus demjenigen, der sie leistet, einen Versicherungsvertreter macht,
muss sie im Rahmen eines Vertrages oder einer Bevollmächtigung stattfinden und
im Namen und für Rechnung oder nur für Rechnung eines oder mehrerer Versicherungsunternehmen erfolgen, was bedeutet, dass sie die Befugnis umfassen muss, die Versicherungsgesellschaft gegenüber dem Versicherten, dem
ein Schaden entstanden ist, zu verpflichten. Auch dabei handelt es sich wiederum um eine Bedingung, die der Taksatorring nicht
erfüllt.
92. Mein Ergebnis zur ersten vom nationalen Gericht vorgelegten Frage ist daher, dass Bewertungsleistungen, wie sie der Taksatorring
für Rechnung seiner Mitglieder vornimmt, nicht nach Artikel 13 Teil B Buchstabe a der Sechsten Richtlinie von der Mehrwertsteuer
befreit werden können.
Zur zweiten, zur dritten und zur vierten Frage
93. Ich gelange so zu der Auslegung, die Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie zu geben ist und die Gegenstand
der zweiten, der dritten und der vierten Frage des vorlegenden Gerichts ist. Es erscheint mir zweckmäßig, diese Fragen einer
gemeinsamen Prüfung zu unterziehen.
94. Alle beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen stimmen darin überein, dass der Taksatorring tatsächlich ein selbständiger
Zusammenschluss von Personen ist, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige
sind, um Dienstleistungen an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit zu erbringen, und dass
er sich darauf beschränkt, von seinen Mitgliedern die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten zu
fordern.
95. Das vorlegende Gericht teilt im Übrigen mit, dass
sich die Parteien darüber einig [sind], dass bei der Ablehnung der Mehrwertsteuerbefreiung keine aktuelle oder konkrete Gefahr
bestand, dass eine Befreiung zu diesem Zeitpunkt zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
96. Die Debatte konzentriert sich daher auf die Frage, ob der Gemeinschaftsgesetzgeber die Befreiung nicht den Zusammenschlüssen
vorbehalten wollte, deren Tätigkeit nicht nur tatsächlich zu keiner Wettbewerbsverzerrung führt, sondern von ihrer Natur her
niemals geeignet ist, eine Wettbewerbsverzerrung hervorzurufen.
97. Die letztere Auffassung verteidigt die Kommission mit besonderem Nachdruck. Sie äußert sich insoweit folgendermaßen: Eine Auslegung des Wortes
führt (
susceptible de provoquer), die auf die Art der Tätigkeit gestützt ist (d. h. unter Prüfung, ob es sich um eine Art einer Tätigkeit handelt, die nicht
als solche zu einer Wettbewerbsverzerrung führt) und nicht auf eine Bewertung der Umstände, die bewirken, dass eine bestimmte
Tätigkeit unbeschadet der Mehrwertsteuerbefreiung in dem betrachteten Zeitpunkt zu keiner Wettbewerbsverzerrung führt, entspricht
eher dem Zweck der Harmonisierung, eine gemeinsame Besteuerungsgrundlage in den Mitgliedstaaten einzuführen.
98. Der Taksatorring macht demgegenüber geltend, dass man niemals mit absoluter Sicherheit das Vorliegen einer Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung
ausschließen könne und dass Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie sein gesamter Inhalt genommen würde,
wenn man die rein hypothetischen Möglichkeiten einer Wettbewerbsverzerrung berücksichtige.
99. Der Gemeinschaftsgesetzgeber habe jedoch beabsichtigt, eine Steuerbefreiung einzuführen, die bestimmten Zusammenschlüssen
tatsächlich zugute komme, und nicht, die Möglichkeit einer Steuerbefreiung vorzuspiegeln, die sich tatsächlich niemals konkretisieren
könne.
100. Daher ist es nach Ansicht des Taksatorring Sache der Behörde, die einen Steuerbefreiungsantrag eines Zusammenschlusses, der
im Übrigen alle von dieser Vorschrift festgesetzten Bedingungen erfüllt, zurückweisen möchte, eine reale und begründete Wahrscheinlichkeit
darzulegen, dass die Steuerbefreiung zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.
101. Eine Parallele könne sachdienlicherweise mit dem Wettbewerbsrecht, genauer Artikel 81 EG hergestellt werden, der alle Vereinbarungen
verbiete, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet seien, und den der Gerichtshof stets, wie
das Urteil vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P, Ferriere Nord/Kommission
(13)
, in Erinnerung rufe, in dem Sinne ausgelegt habe, dass
Beschlüsse, Vereinbarungen oder Verhaltensweisen ... nur dann geeignet [sind], den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen,
wenn sich anhand objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt,
dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise
beeinflussen, die befürchten lässt, dass sie dadurch die Verwirklichung eines einheitlichen Marktes zwischen Mitgliedstaaten
behindern (vgl. Urteile vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 56/65, Société technique minière, Slg. 1966, 282, und vom 29.
Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Van Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 170) (Randnr. 20).
102. Der Taksatorring macht schließlich geltend, dass die Existenz der Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung berücksichtigt werde,
um eine Ausnahme vom Grundsatz der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie zu
machen und dass diese mithin restriktiv auszulegen sei.
103. Diesen Argumenten hält die dänische Regierung entgegen, dass die von ihr verteidigte Auslegung, wonach es für die zwingende
Ablehnung der Steuerbefreiung genüge, dass diese die potenzielle Gefahr beinhalte, dass unabhängige Dritte davon absähen,
sich auf dem Markt der Erbringung der fraglichen Dienstleistungen zu etablieren, nicht nur dem wörtlichen und gebräuchlichen
Sinn der Bestimmung entspreche, sondern auch notwendig sei, um das Ziel zu erreichen, eine Zusammenarbeit zwischen steuerbefreite
Dienstleistungen erbringenden Unternehmen zu gestatten, ohne Dritten den Markt der von diesen Unternehmen einem Subunternehmer
übertragenen Dienstleistungen zu verschließen.
104. Sie bestreitet nicht, dass ihre Auslegung der in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vorgesehenen
Steuerbefreiung nur einen begrenzten Anwendungsbereich lässt, meint aber, dass dies der Vorschrift nicht ihre ganze Tragweite
nehme, da Fälle übrig blieben, wo sie Anwendung finden könne, so z. B. wenn das Vorliegen absoluter Rechte selbst den Zugang
zum Markt verschließe.
105. Sie macht schließlich geltend, dass man von den nationalen Behörden nicht verlangen könne, komplexe Studien vorzunehmen, um
den genauen Grad der Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Wettbewerbsverzerrung festzustellen, da sie dafür nicht die Mittel
hätten.
106. Zusätzlich zu dem von mir bereits zitierten Argument macht die Kommission geltend, dass die Verwendung des Wortes
susceptible
(NaN)
(geeignet) die Berücksichtigung der lediglich potenziellen Verzerrungen erfordere, dass, da es sich um eine Befreiung handele,
die Bedingungen ihrer Gewährung restriktiv auszulegen seien, dass die Entstehung der Vorschrift bestätige, dass im Verhältnis
zu dem anfänglichen Vorschlag die Hinzufügung der Bedingung über das Nichtvorliegen einer Wettbewerbsverzerrung darauf abziele,
die Möglichkeiten der Befreiung einzuschränken, dass die Abschottung des Marktes gegenüber unabhängigen Wirtschaftsteilnehmern
sich letztlich zu Ungunsten der Verbraucher auszuwirken drohe und schließlich dass die Notwendigkeit einer engen Auslegung
durch den Zweck der Sechsten Richtlinie bestätigt werde, insbesondere im Hinblick auf die Erhebung von Eigenmitteln der Gemeinschaft
und der Gleichstellung der Mitgliedstaaten hinsichtlich dieser Erhebung, eine harmonisierte Besteuerungsgrundlage einzuführen.
107. Zum letzten Argument erlaube ich mir indessen anzumerken, dass das Ziel der Einführung einer harmonisierten Besteuerungsgrundlage
für die Mehrwertsteuer hinsichtlich seiner Umsetzung nicht durch den engen oder weiten Charakter der Auslegung der fraglichen
Bestimmung bedingt ist. Im Hinblick auf dieses Ziel ist nämlich einzig die Existenz einer einheitlichen Auslegung geboten,
die in allen Mitgliedstaaten anwendbar ist.
108. Das Argument zur Entstehung der Vorschrift ist ebenfalls nicht sehr überzeugend. Die Kommission weist darauf hin, dass sie
vorgeschlagen habe, der Ausnahme des Artikels 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie folgenden Wortlaut zu
geben:die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse
ärztlich oder arztähnlich tätiger Fachleute für die Zwecke ihrer befreiten Tätigkeiten erbringen
(14)
.
109. Die Kommission erklärt, dass die erlassene Fassung der Vorschrift von der vorstehenden in zwei Punkten abweiche.
110. Zum einen sei der Anwendungsbereich erweitert, da er nicht auf selbständige ärztliche oder arztähnliche Zusammenschlüsse beschränkt
sei.
111. Zum anderen sei der Anwendungsbereich der Vorschrift eingeschränkt, da hinzugefügt sei, dass die Steuerbefreiung nur gewährt
werden könne, wenn sie
nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt.
112. Doch wenn es darum geht, ein Beispiel für einen Fall zu geben, in dem die Steuerbefreiung rechtmäßig Anwendung finden könnte,
kann die Kommission nur den
Kauf eines Scanners zu medizinischen Zwecken nennen. Es ist meiner Ansicht nach jedoch nicht ganz ausgeschlossen, dass ein einzelner Arzt einen Scanner erwirbt und tatsächlich
dem gemeinsam von mehreren Krankenhäusern erworbenem Scanner Konkurrenz macht, weil die Wartezeiten für den Zugang zum Scanner
des Zusammenschlusses von Krankenhäusern zu lang wären.
113. Es ist also nicht einfach, abstrakt
die Fälle [zu ermitteln], in denen nicht zu leugnen ist, dass eine Steuerbefreiung weder aktuell noch potenziell zu einer
Wettbewerbsverzerrung führt
(15)
.
114. Hinsichtlich des Interesses der Verbraucher möchte ich darauf hinweisen, dass der Gesetzgeber bewirken wollte, dass die Versicherungsverträge
nicht zu teuer sind. Zu diesem Zweck hat er nicht nur die
Versicherungsumsätze befreit, sondern auch die Dienstleistungen der Makler und Vertreter, deren Einschaltung allerdings nicht unerlässlich ist.
Den Verbrauchern käme ein unmittelbarer Vorteil zugute, wenn diese Vorgehensweise auch hinsichtlich der Schadenschätzung beibehalten
würde.
115. Dagegen kann der Vorteil, den nach Auffassung der Kommission der freie Wettbewerb für die Verbraucher darstellt, in den Fällen
nicht verwirklicht werden, in denen wie hier kein unabhängiges Unternehmen tatsächlich am Markt präsent ist und auch nicht
seine Absicht bekundet hat, sich dort zu etablieren, und in denen es zweifelhaft ist, ob ein solches Unternehmen, wenn es
existierte, die gleiche Dienstleistung gegen ein geringeres Entgelt erbringen und so einen Druck auf die Preise des Zusammenschlusses
ausüben könnte. Man kann nämlich annehmen, dass, wenn die kleineren und mittleren Unternehmen sich zusammengeschlossen haben,
dies gerade zu dem Zweck geschehen ist, Schätzungen zu niedrigeren Kosten zu erhalten, als wenn sie sich an unabhängige Sachverständige
wenden (oder eigene Sachverständige einstellen) würden.
116. Weit entfernt von einer Begünstigung der Verbraucher würde die Besteuerung des Zusammenschlusses also in einem solchen Fall
dazu führen, sie unnützerweise zu bestrafen.
117. Meiner Meinung nach ist von dem Geltungsgrund der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten
Richtlinie und den Marktbedingungen auszugehen, die durch das Bestehen einer Einrichtung entstanden sind, die Dienstleistungen
an ihre Mitglieder erbringt und von ihnen lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den angefallenen Kosten
fordert.
118. Die Steuerbefreiung ist offensichtlich eingeführt worden, um zu vermeiden, dass die Kosten der Leistungen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber
aus legitimen und verschiedenen Gründen befreien wollte, doch mit einer Mehrwertsteuer belastet werden, weil sich der Wirtschaftsteilnehmer,
um sie anzubieten und wahrscheinlich weil ihn die Größe seines Betriebes dazu zwingt, veranlasst gesehen hat, mit anderen
die gleichen Dienstleistungen anbietenden Gewerbetreibenden mittels einer gemeinsamen Struktur zusammenzuarbeiten, die einige
zur Erbringung der Dienstleistung erforderliche Tätigkeiten übernimmt.
119. Man war der Ansicht, dass die Dienstleistung, die sich ein Dienstleister von einem solchen Zusammenschluss erbringen ließ,
unter bestimmten Bedingungen hinsichtlich ihrer steuerlichen Behandlung mit einem internen Umsatz gleichgestellt werden müsse.
120. Von einem bestimmten Standpunkt aus bezweckt diese Steuerbefreiung, so widersinnig das erscheinen mag, die Vereinheitlichung
der Wettbewerbsbedingungen auf einem Markt, auf dem gleichzeitig große Unternehmen, die ihre Leistungen allein auf der Grundlage
der Mobilisierung ihrer internen Ressourcen anbieten können, und andere, kleinere Unternehmen tätig sind, die für das Angebot
der gleichen Leistungen gezwungen sind, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.
121. Es gibt zwei wesentliche Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Anspruch auf Steuerbefreiung entsteht. Zum einen
ist erforderlich, dass der externe selbständige Dienstleister nur die Wirtschaftsteilnehmer zusammenfasst, die eine Tätigkeit
ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind. Zum anderen ist es unerlässlich, dass
der Zusammenschluss keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, in dem Sinne, dass er die von ihm für die Erfüllung der Bedürfnisse
seiner Mitglieder verauslagten Kosten nur auf diese überwälzt, ohne dass auch nur der geringste Gewinn erzielt wird.
122. Das bedeutet, dass der Zusammenschluss vollkommen transparent sein muss und vom wirtschaftlichen Standpunkt aus nicht den
Charakter eines unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers, der sich zur Gewinnerzielung einen Kundenstamm zu schaffen versucht,
aufweisen darf.
123. Die Voraussetzungen hinsichtlich des Nichtvorliegens einer Wettbewerbsverzerrung scheinen mir ausschließlich deshalb hinzugefügt
worden zu sein, um zu vermeiden, dass zugunsten dieser Zusammenschlüsse vorgesehene Gestaltungen, die die Vereinheitlichung
der Wettbewerbsbedingungen zwischen befreite Dienstleistungen vertreibenden Wirtschaftsteilnehmern bezwecken, nicht auf einer
anderen Ebene ─ der des Marktes der Dienstleistungen, die diese Dienstleister selbst benötigen ─ eine unerwünschte Wirkung
erzeugen.
124. Mit anderen Worten hat man Abhilfe gegen gewisse Ungleichheiten auf der Wettbewerbsebene geschaffen, die sich aus den unterschiedlichen
Unternehmensgrößen ergeben können, aber Vorkehrungen dafür getroffen, dass diese Abhilfe keine sekundären Wirkungen erzeugt,
aus denen sich ergäbe, dass die Abhilfe schlimmer als das Übel wäre.
125. Wenn man sich jetzt dem Markt der Dienstleistungen zuwendet, die für die Ausübung der steuerbefreiten Tätigkeiten erforderlich
sind, muss man feststellen, dass er sich recht eigentümlich darstellt.
126. Auf diesem Markt treten in der Eigenschaft des Käufers nicht die Großverbraucher auf, d. h. die großen Gesellschaften, die
auf ihre internen Ressourcen zurückgreifen. In der Eigenschaft des Verkäufers treten Wirtschaftsteilnehmer, die Zusammenschlüsse
nach Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie, auf, die sich das Verbot, Gewinn zu erwirtschaften, auferlegen
und von denen anzunehmen ist, dass diejenigen, die sie kontrollieren, dafür sorgen, dass sie mit möglichst geringen Kosten
arbeiten.
127. Diese Zusammenschlüsse werden, soweit sie effizient sind, bereits aufgrund ihrer Organisation eine Zwangskundschaft haben,
und zwar die ihrer Mitglieder.
128. Es handelt sich also offensichtlich um einen im Hinblick auf eine Idealkonzeption des Wettbewerbs sehr eigentümlichen Markt.
Wenn man diese Lage akzeptiert, in der einige Wirtschaftsteilnehmer ─ die Zusammenschlüsse ─ ein Verhalten aufweisen, das
jedes Gewinnstreben ausschließt, was kann dann der Platz eines unabhängigen, von Gewinnstreben bewegten Wirtschaftsteilnehmers
sein?
129. Ich wiederhole, dass dieser Wirtschaftsteilnehmer nur dann darauf hoffen kann, in den Markt einzudringen und sich dort zu
halten, wenn er fähig ist, seine Leistungen zu einem geringeren Preis anzubieten als die Zusammenschlüsse, die sich das Verbot,
Gewinn zu erwirtschaften, auferlegen.
130. Man kann zwar nicht ganz ausschließen, dass die Zusammenschlüsse schwerfällig und wenig effizient arbeiten, wodurch die Leistung
teuer wird, obwohl sie zum Selbstkostenpreis in Rechnung gestellt wird und obwohl sich die allgemeinen Kosten auf eine große
Anzahl von Umsätzen verteilen. Was der Gesetzgeber meiner Auffassung nach vermeiden wollte, war, dass solche Zusammenschlüsse
gleichwohl dank der Mehrwertsteuerbefreiung, die Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vorsieht,
jeden Wettbewerb ausschließen können.
131. Wenn aber unabhängig von jeder Besteuerung oder Befreiung die Zusammenschlüsse aufgrund ihrer Leistungskraft sicher sind,
sich die Kundschaft ihrer Mitglieder zu erhalten, kann man nicht der Auffassung sein, dass die Befreiung, die ihnen gewährt
wird, unabhängigen Wirtschaftsteilnehmern den Markt verschließt.
132. So muss man meiner Ansicht nach die Voraussetzung des Nichtvorliegens einer Gefahr der Wettbewerbsverzerrung, die Artikel
13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie aufstellt, betrachten. Diese Analyse ist meiner Ansicht nach mutatis
mutandis die, die im Hinblick auf Artikel 81 EG vorgenommen wird und auf die der Taksatorring sehr richtig hinweist.
133. Es handelt sich nicht darum, die Befreiung zu verweigern, weil man sich möglicherweise ein Szenario vorstellen kann, in dem
die Steuerbefreiung eines Zusammenschlusses und die Besteuerung eines unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers zusammen geeignet
wären, zu Wettbewerbsverzerrungen zu führen.
134. Viel konkreter handelt es sich darum, zu prüfen, ob die dem einen gewährte Befreiung und die Besteuerung des anderen der
bestimmende Grund dafür ist, dass die unabhängigen Wirtschaftsteilnehmer faktisch vom Markt ausgeschlossen wären.
135. Wenn dies der Fall ist, muss die Steuerbefreiung verweigert werden, denn sie allein führt zu einer Wettbewerbsverzerrung.
Wenn dies nicht der Fall ist, gibt es keinen Grund, sie zu verweigern, denn sie verändert in Wirklichkeit nicht die Marktbedingungen.
136. Angesichts dieser Feststellung fallen die anderen Argumente der dänischen Regierung und der Kommission wenig ins Gewicht,
und einige sind sogar inakzeptabel. So ist es nicht erkennbar, warum die Steuerbefreiung deshalb zu verweigern sein sollte,
weil die Beurteilung der Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung der Verwaltung eine schwere Last auferlegen würde, von der sie
sich leichter entlasten könnte, wenn sie sich auf jede Gefahr, selbst eine völlig hypothetische Gefahr der Wettbewerbsverzerrung,
berufen dürfte. Wenn die Kommission in der Lage ist, solche Bewertungen vorzunehmen, wenn es darum geht, die Artikel 81 EG
und 82 EG anzuwenden, ist nicht einzusehen, warum eine nationale Verwaltung Beurteilungen gleicher Art nicht vornehmen können
sollte.
137. Es ist weiter nicht erkennbar, warum unter dem Vorwand, dass die Befreiungen eng auszulegen seien, die Beschränkungen der
Befreiungen umgekehrt besonders extensiv verstanden werden müssten. Damit verliert man nämlich aus den Augen, dass der Gesetzgeber
eine Steuerbefreiung eingeführt hat, weil er sie für berechtigt hielt, und dabei Vorkehrungen getroffen hat, damit sie nicht
zweckentfremdet wird, was etwas anderes ist, als sie restriktiv zu fassen.
138. In Anbetracht des
Ergebnisses , zu dem ich so zur
zweiten Frage gelangt bin, d. h., dass die Steuerbefreiung nur verweigert werden kann, wenn zumindest ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit
dafür besteht, dass sie allein geeignet ist, unabhängige Wirtschaftsteilnehmer vom Markt zu verdrängen, auf dem der Zusammenschluss
tätig ist, ist es nicht erforderlich, eine gesonderte Antwort auf die
dritte Frage des vorlegenden Gerichts zu geben.
139. Wie die
vierte Frage dieses Gerichts zu beantworten ist, liegt auf der Hand. Wenn nämlich das nationale Recht die Gewährung einer zeitlich begrenzten
Steuerbefreiung erlaubt, ist nicht erkennbar, inwiefern die Sechste Richtlinie dem entgegenstehen sollte, dass von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht wird. Die Effizienz eines Zusammenschlusses, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ausreicht, um
potenzielle Wettbewerber unabhängig von einer unterschiedlichen steuerlichen Behandlung zu verdrängen, kann mit der Zeit nachlassen,
so dass es dazu kommen könnte, dass der Zusammenschluss eine situative Einnahme allein aufgrund der auf ihn anwendbaren Steuerbefreiung
hat; die Steuerbefreiung wäre dann der einzige Grund einer Wettbewerbsverzerrung und müsste zwingend abgestellt werden.
140. Da es grundsätzlich einfacher ist, regelmäßig neu zu prüfen, ob eine für eine begrenzte Zeit gewährte Steuerbefreiung erneut
zu gewähren ist, als eine Befreiungsentscheidung ohne zeitliche Begrenzung aufzuheben, sehe ich nicht, was mangels eines Verbotes
dieser Vorgehensweise in der Richtlinie gegen die Gewährung einer befristeten Befreiung einzuwenden sein könnte.
141. Ich komme also zu der
zweiten, der dritten und der vierten Frage zu dem Ergebnis, dass die in Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Richtlinie vorgesehene Steuerbefreiung nur
dann mit der Begründung verweigert werden kann, dass sie geeignet ist, zu einer Wettbewerbsverzerrung zu führen, wenn zumindest
ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie allein geeignet ist, unabhängige Wirtschaftsteilnehmer vom Markt,
auf dem der Zusammenschluss tätig ist, zu verdrängen. Die Gewährung der Befreiung kann auch lediglich befristet sein.
Zur fünften Frage
142. Es ist noch die fünfte Frage zu prüfen, mit der das nationale Gericht nach dem Einfluss fragt, den der Umstand in dem bei
ihm anhängigen Rechtsstreit haben kann, dass die größten Versicherungsgesellschaften auf Sachverständige zurückgreifen, die
zu ihrem Personal gehören, und keine Mehrwertsteuer für die von diesen intern erbrachten Dienstleistungen entrichtet haben.
143. Vorbehaltlich dessen, was ich zur zweiten Frage ausgeführt habe, also zu der Auslegung, die Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe
f der Sechsten Richtlinie zu geben ist, ist diese Frage zu verneinen. In Beantwortung einer ähnlichen, in der Rechtssache
SDC gestellten Frage, hat der Gerichtshof geltend gemacht, dass der Unterschied zwischen dem Unternehmen, das alle seine Leistungen
intern erbringt, indem es seine eigenen Angestellten einsetzt, und dem Unternehmen, das seine Leistungen von einem anderen
Wirtschaftsteilnehmer erwirbt,
auf der Ebene der Steuerpflicht [besteht], nicht auf der der in Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummern 3 und 5 der Sechsten
Richtlinie vorgesehenen Steuerbefreiung, die vollkommen neutral ist, da sie sich aus der Natur der Umsätze ergibt (Urteil SDC, Randnr. 28).
144. Er hat sich so der Argumentation des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer angeschlossen, der in seinen Schlussanträgen mit nicht
zu übertreffender Klarheit ausführte: Das Argument des Klägers, dass es zwischen Banken, die über eigene Mittel der elektronischen Datenverarbeitung verfügten,
und anderen, die hierfür auf Dienste Dritter zurückgreifen müssten, eine Diskriminierung gebe, ist ... zurückzuweisen. ...
[d]ies [ist] die logische Folge der Steuerstruktur, die die Mehrwertsteuer kennzeichnet.Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität, auf dem die Mehrwertsteuer beruht, wird durch die Entscheidung für eine dieser
Wahlmöglichkeiten nicht beeinträchtigt. Bei der
Erbringung von Dienstleistungen setzt der mehrwertsteuerpflichtige Tatbestand zwei selbständige Steuerpflichtige voraus, die in einer rechtlichen Beziehung
stehen und von denen einer eine Handlung zugunsten des anderen ausführt.Nicht der Steuer unterworfen sind somit Arbeitnehmer, die nach Weisung ihres Arbeitgebers und von diesem entlohnt dem Unternehmen,
bei dem sie beschäftigt sind, Dienstleistungen erbringen. Die Erbringung dieser Leistungen erfüllt keinen mehrwertsteuerpflichtigen
Tatbestand: In Wirklichkeit handelt es sich um einen Fall, in dem keine Steuerpflicht besteht[
(16)
], wie sich im Wege des Umkehrschlusses aus der positiven Festlegung des mehrwertsteuerpflichtigen Tatbestands und auch schon
aus der Natur dieser Steuer ergibt.Die unternehmenspolitischen Entscheidungen können dahin gehen, bestimmte Aufgaben mit eigenen Mitteln auszuführen, indem das
eigene Personal eingesetzt wird. In diesem Fall ist kein mehrwertsteuerpflichtiger Tatbestand erfüllt. Die Entscheidungen
können andererseits dahin gehen, einen vom Unternehmen rechtlich unabhängigen Dritten mit der Erbringung der Leistungen zu
beauftragen: In diesem Fall handelt es sich um einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz. (Nrn. 55 bis 58).
Ergebnis
145. Aus all den vorstehenden Darlegungen leite ich ab, dass die dem Gerichtshof vom Østre Landsret vorgelegten Fragen folgendermaßen
zu beantworten sind:
- ─
Die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ─ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage
und insbesondere Artikel 13 Teil B Buchstabe a sind dahin auszulegen, dass Bewertungsleistungen, wie sie ein Unternehmen für
Rechnung seiner Mitglieder erbringt, nicht unter den Begriff des Versicherungsumsatzes im Sinne dieser Bestimmung oder den
Begriff der dazugehörigen Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern und -vertretern erbracht werden, fallen.
- ─
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe f der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die darin vorgesehene
Mehrwertsteuerbefreiung für die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit
ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare
Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung
des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, nur dann mit der Begründung verweigert werden kann, dass sie geeignet
ist, zu einer Wettbewerbsverzerrung zu führen, wenn zumindest ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass eine
solche Befreiung allein im konkreten Fall geeignet ist, unabhängige Wirtschaftsteilnehmer vom Markt, auf dem der Zusammenschluss
tätig ist, zu verdrängen. Die Gewährung der Befreiung kann auch lediglich befristet sein.
- ─
Der Umstand, dass die größten Unternehmen ihr eigenes Personal die Tätigkeiten durchführen lassen, die andere kleine Unternehmen
durch zu diesem Zweck geschaffene Zusammenschlüsse durchführen lassen, und dass sie aus diesem Grund im Gegensatz zu Letzteren
von der Mehrwertsteuer für diese Tätigkeiten befreit sind, vermag an der Antwort auf die erste und die zweite Frage nichts
zu verändern.
- 1 –
- Originalsprache: Französisch.
- 2 –
- ABl. L 145, S. 1.
- 3 –
- Urteil vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-349/96 (Slg. 1999, I-973).
- 4 –
- Urteil vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C-76/99 (Slg. 2001, I-249, Randnr. 27).
- 5 –
- Urteil vom 5. Juni 1997 in der Rechtssache C-2/95 (Slg. 1997, I-3017).
- 6 –
- Urteil vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-240/99 (Slg. 2001, I-1951).
- 7 –
- Urteil vom 14. September 2000 in der Rechtssache C-384/98 (Slg. 2000, I-6795).
- 8 –
- ABl. L 226, S. 21.
- 9 –
- ABl. 1977, L 26, S. 14.
- 10 –
- ABl. L 19, S. 32.
- 11 –
- ABl. 2001, C 29 E, S. 245.
- 12 –
- Vom 10. Juli 1985 in der Rechtssache 107/84 (Slg. 1985, 2655).
- NaN –
- Anm. d. Ü.: Sowohl dem Terminus
Versicherungsvertreter als auch dem Terminus
Versicherungsvermittler entspricht in den hier angeführten Rechtsquellen im Französischen jeweils der Ausdruck
intermédiaire d'assurance.
- 13 –
- Slg. 1997, I-4411.
- NaN –
- Anm. d. Ü.: Den Worten
nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt des Artikels 13 Teil A Buchstabe f der Sechsten Richtlinie entspricht in der französischen Fassung die Wendung
ne soit pas susceptible de provoquer des distorsions de concurrence, wörtlich:
nicht Wettbewerbsverzerrungen hervorzurufen geeignet ist.
- 14 –
- Hervorhebung des Verfassers.
- 15 –
- Gemäß einer von der Kommission verwendeten Formulierung.
- 16 –
- Es handelt sich daher nicht um eine bloße Befreiung. Es lässt sich nur dann zu Recht von einer Steuerbefreiung reden, wenn
ein Tatbestand ursprünglich steuerpflichtig, d. h. der Steuer unterworfen worden ist. Begrifflich setzt die Befreiung eine
ursprüngliche Verpflichtung zur Entrichtung der Steuer voraus, von der der Gesetzgeber aus verschiedenen Gründen eine Befreiung
gewährt. Es handelt sich also um einen Vorteil, der zwingend ausdrücklich im Gesetz vorzusehen ist, um zur Befreiung von der
Verpflichtung zur Zahlung der Steuer zu führen. Vor der Prüfung, ob ein bestimmter Umsatz die Voraussetzungen der Befreiung
erfüllt, ist zu prüfen, ob er in den Anwendungsbereich der Steuer fällt.