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Documento 62000CC0442

    Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 27. Juni 2002.
    Ángel Rodríguez Caballero gegen Fondo de Garantía Salarial (Fogasa).
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Superior de Justicia de Castilla-La Mancha - Spanien.
    Sozialpolitik - Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers - Richtlinie 80/987/EWG - Geltungsbereich - Begriff 'Ansprüche' - Begriff 'Arbeitsentgelt' - 'Salarios de tramitación' - Durch die Garantieeinrichtung sichergestellte Zahlung - Zahlung, die vom Erlass einer gerichtlichen Entscheidung abhängig ist.
    Rechtssache C-442/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 I-11915

    Identificatore ECLI: ECLI:EU:C:2002:402

    62000C0442

    Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 27. Juni 2002. - Ángel Rodríguez Caballero gegen Fondo de Garantía Salarial (Fogasa). - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Superior de Justicia de Castilla-La Mancha - Spanien. - Sozialpolitik - Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers - Richtlinie 80/987/EWG - Geltungsbereich - Begriff 'Ansprüche' - Begriff 'Arbeitsentgelt' - 'Salarios de tramitación' - Durch die Garantieeinrichtung sichergestellte Zahlung - Zahlung, die vom Erlass einer gerichtlichen Entscheidung abhängig ist. - Rechtssache C-442/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-11915


    Schlußanträge des Generalanwalts


    I - Einleitung

    1. In dieser Rechtssache legt das spanische Gericht mehrere Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (im Folgenden: Richtlinie) vor. Diese Fragen gehen im Wesentlichen dahin, ob das entgangene Arbeitsentgelt, das ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer wegen rechtswidriger Kündigung zu zahlen hat, einen Anspruch im Sinne der Richtlinie darstellt, ob dieser Anspruch durch gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung festgestellt werden muss und ob die Richtlinie unmittelbare Wirkung hat, wenn ein bestimmter Sachverhalt von den nationalen Rechtsvorschriften nicht erfasst wird.

    II - Rechtlicher Rahmen

    A - Gemeinschaftsrecht

    2. Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

    Diese Richtlinie gilt für Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 sind."

    3. Artikel 2 Absatz 2 lautet:

    Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht bezüglich der Begriffsbestimmung der Worte ,Arbeitnehmer, ,Arbeitgeber, ,Arbeitsentgelt, ,erworbenes Recht und ,Anwartschaftsrecht unberührt."

    4. Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 4 Absätze 1 und 3 bestimmen:

    Artikel 3

    (1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vorbehaltlich des Artikels 4 Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nichterfuellten Ansprüche der Arbeitnehmer aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt für den vor einem bestimmten Zeitpunkt liegenden Zeitraum betreffen, sicherstellen.

    ...

    Artikel 4

    (1) Die Mitgliedstaaten können die in Artikel 3 vorgesehene Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen.

    ...

    (3) Die Mitgliedstaaten können jedoch, um die Zahlung von Beträgen zu vermeiden, die über die soziale Zweckbestimmung dieser Richtlinie hinausgehen, für die Garantie der Erfuellung unbefriedigter Ansprüche der Arbeitnehmer eine Hoechstgrenze festsetzen.

    Machen die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch, so teilen sie der Kommission mit, nach welchen Methoden sie die Hoechstgrenze festsetzen."

    5. Artikel 10 der Richtlinie bestimmt:

    Diese Richtlinie steht nicht der Möglichkeit der Mitgliedstaaten entgegen,

    a) die zur Vermeidung von Missbräuchen notwendigen Maßnahmen zu treffen;

    b) ..."

    B - Nationales Recht

    6. Der Fondo de Garantía Salarial (FOGASA) ist eine selbständige, dem Ministerio de Trabajo y Seguridad Social (Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit) unterstellte öffentliche Einrichtung, der bei der Umsetzung der Richtlinie die Funktion einer Garantieeinrichtung im Sinne von Artikel 3 der Richtlinie übertragen wurde.

    7. Diese Garantieeinrichtung steht im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers für die Ansprüche der Arbeitnehmer ein. Als Arbeitsentgelt gilt nach Artikel 33 des Estatuto de los Trabajadores (Arbeitnehmerstatut) der Betrag, der in einem Vergleich oder in einer gerichtlichen Entscheidung über alle in Artikel 26 des Arbeitnehmerstatuts genannten Ansprüche als Arbeitsentgelt angesetzt wird, sowie eine gegebenenfalls vom zuständigen Gericht festgelegte zusätzliche Abfindung für Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung".

    8. Artikel 26 des Arbeitnehmerstatuts regelt, was unter Arbeitsentgelt zu verstehen ist. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um alle wirtschaftlichen Vorteile, die Arbeitnehmer in Geld oder in natura als Gegenleistung für Tätigkeiten erhalten, die sie aufgrund des Arbeitsverhältnisses verrichten.

    9. Nach Artikel 56 Absatz 2 Buchstabe b des Arbeitnehmerstatuts ist Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung das Entgelt, das ein Unternehmen auf jeden Fall für die Zeit zwischen dem Wirksamwerden der Kündigung und der Verkündung eines Urteils, in dem die Kündigung für rechtswidrig erklärt wird, oder dann zahlen muss, wenn der Arbeitgeber in den nach Artikel 63 der Ley Procesal Laboral (Arbeitsprozessgesetz) für das Vorverfahren auf Verwaltungsebene vorgeschriebenen Vergleichsverhandlungen die Rechtswidrigkeit der Kündigung anerkennt und die Zahlung der entsprechenden gesetzlichen Abfindung und des seit dem Zeitpunkt der Kündigung ausstehenden Arbeitsentgelts anbietet. Das Gleiche gilt für Vereinbarungen über Entgelt, die vor Gericht im Rahmen eines Vergleichs getroffen wurden, auf den das Gericht gemäß Artikel 84 Absatz 1 des Arbeitsprozessgesetzes vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens hinzuwirken hat.

    III - Sachverhalt und Verfahren

    10. Am 30. März 1997 wurde Herrn Ángel Rodríguez Caballero, dem Kläger des Ausgangsverfahrens, von seinem Arbeitgeber, dem Unternehmen AB Diario de Bolsillo SL, gekündigt. Diese Kündigung erwies sich als rechtswidrig. Der Arbeitgeber erkannte dies in einem Vergleich an, der nach einem nach spanischem Recht obligatorischen Vorverfahren auf Verwaltungsebene geschlossen wurde. In diesem Vergleich vereinbarten die Parteien außerdem, dass der Arbeitgeber 136 896 ESP an salarios de tramitación" (Arbeitsentgelt, das bei einer rechtswidrigen Kündigung zu zahlen ist, im Folgenden: Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung) zu zahlen hat.

    11. Dieser Betrag wurde von dem betreffenden Unternehmen aber nicht gezahlt, was zur Einleitung der Zwangsvollstreckung führte. Mit Beschluss vom 7. Juni 1997 wurde das Unternehmen für zahlungsunfähig erklärt. Herr Caballero wandte sich sodann an den FOGASA und beantragte Zahlung des genannten Arbeitsentgelts. Der FOGASA lehnte dies jedoch mit Entscheidung vom 30. April 1998 ab.

    12. Am 21. Januar 1999 erhob Herr Caballero beim Juzgado de lo Social Nr. 2 Albacete Klage gegen den FOGASA. Mit Urteil vom 16. April 1999 wies das Gericht die Klage ab, weil der FOGASA, wenn ein Unternehmen für zahlungsunfähig erklärt worden sei, nach Artikel 33 des Arbeitnehmerstatuts für die Zahlung des Arbeitsentgelts nach rechtswidriger Kündigung nur dann subsidiär hafte, wenn dieses Entgelt vom zuständigen Gericht zugesprochen worden sei, und nicht, wenn es sich aus einem Vergleich ergebe.

    13. Herr Caballero legte gegen dieses Urteil bei der Sala de lo Social des Tribunal Superior de Justicia de Castilla-La Mancha Rechtsmittel ein.

    14. Dieses Gericht fragt sich, ob eine arbeitsrechtliche Forderung, die in einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren anerkannt werde - wie dies bei einem vom Gericht herbeigeführten, vor ihm geschlossenen und von ihm anerkannten Vergleich der Fall sei -, nicht ebenfalls unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie falle und ob nicht der FOGASA zur Befriedigung dieser Forderung zu verurteilen sei.

    15. Das Tribunal Superior weist dabei auf Folgendes hin:

    a) Nach spanischem Recht reicht es im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers für den Eintritt der subsidiären gesetzlichen Haftung des FOGASA für gewöhnliche Lohn- oder Gehaltsforderungen für erbrachte und vom Arbeitgeber nicht bezahlte Arbeitsleistung oder für vom Arbeitgeber nicht gezahlte Zuschläge oder Urlaubsgelder aus, dass diese Forderung in einem - vor dem Gericht oder der betreffenden Verwaltungsbehörde geschlossenen - Vergleich oder durch gerichtliche Entscheidung anerkannt wurde.

    b) Der obligatorisch anzustrebende, vor dem Gericht geschlossene Vergleich muss vom Gericht, das bei den Parteien auch auf eine gütliche Einigung hinzuwirken hat, genehmigt werden. Der Vergleich kann in jedem Fall auch vom FOGASA angefochten werden.

    c) Die subsidiäre Haftung des FOGASA nach einem vorherigen Versuch, den Vergleich zu vollstrecken, setzt ein gerichtliches Verfahren voraus, in dem das Gericht die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers feststellt und in dem die Garantieeinrichtung ein besonderes Recht auf Gehör zur Abgabe sachdienlicher Stellungnahmen hat.

    d) Der FOGASA kann mit einer mit Gründen versehenen Entscheidung in dem auf den Antrag des Arbeitnehmers einzuleitenden Verfahren die geforderte subsidiäre Zahlung verweigern, wenn er der Ansicht ist, dass der Vergleich unter Umgehung gesetzlicher Vorschriften zustande gekommen ist. Das Gleiche gilt, wenn die Lohn- oder Gehaltsforderung durch Urteil festgestellt wurde.

    e) In beiden Fällen (normale Lohn- und Gehaltsforderungen und Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung) beruht die Forderung auf einem Arbeitsverhältnis, und es besteht die gleiche Garantie einer gerichtlichen Kontrolle.

    IV - Vorlagefragen

    16. Unter diesen Umständen hat sich das Gericht im Ausgangsverfahren veranlasst gesehen, mit Beschluss vom 27. Oktober 2000, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 30. November 2000, folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    a) Umfasst der Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen" in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers einen Anspruch wie den auf das im Ausgangsverfahren in Rede stehende entgangene Arbeitsentgelt, das ein Unternehmen einem Arbeitnehmer aufgrund der Rechtswidrigkeit einer Kündigung zu zahlen hat?

    b) Ergibt sich, falls dies bejaht wird, aus Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 80/987 die Verpflichtung, Ansprüche von Arbeitnehmern durch gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung feststellen zu lassen, oder umfassen diese Ansprüche all jene Lohn- und Gehaltsforderungen, die in irgendeinem anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahren anerkannt wurden, das gerichtlich überprüft werden kann, wie dies bei einem obligatorisch anzustrebenden, vor einem Gericht geschlossenen Vergleich der Fall ist, auf dessen Abschluss das Gericht bei den Parteien hinzuwirken hat, bevor es das streitige Verfahren eröffnet, und dessen Inhalt es zu genehmigen hat oder den es ablehnen kann, wenn es der Auffassung ist, dass er eine Partei schwer beeinträchtigt oder eine Gesetzesumgehung darstellt, oder wenn es ihn für rechtsmissbräuchlich hält?

    c) Falls unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern" auch Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung fällt, das in einem vor Gericht geschlossenen Vergleich vereinbart und von diesem Gericht genehmigt wurde, kann das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht von der Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschrift, nach der die Lohn- oder Gehaltsforderung nicht von der Haftung der nationalen Garantieeinrichtung - des FOGASA - erfasst wird, absehen und Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie unmittelbar anwenden, wenn es diesen Artikel für klar, bestimmt und unbedingt hält?

    V - Rechtliche Würdigung

    A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

    17. In dem Verfahren haben die spanische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs sowie die Kommission und die EFTA-Überwachungsbehörde Erklärungen abgegeben.

    18. Nach Ansicht der spanischen Regierung fällt Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung" nicht unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 80/987. Das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung" habe keinen Entgelt-, sondern Abfindungscharakter, da es nicht für einen Zeitraum gewährt werde, in dem eine Arbeitsleistung erbracht werde, sondern für die Zeit von der Entlassung bis zur gütlichen Einigung.

    19. Auch für die Regierung des Vereinigten Königreichs stellt das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung eher eine Abfindung dar. Für die Frage, ob das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern" falle, sei zu prüfen, ob die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie verpflichtet seien, im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auch dieses Entgelt zu garantieren. Aus Artikel 3 in Verbindung mit Artikel 1 der Richtlinie ergebe sich, dass es sich um Ansprüche auf Arbeitsentgelt handeln müsse und dass diese Ansprüche, wie sie im nationalen Recht definiert seien, garantiert werden müssten. Es handele sich um ein Mindestmaß an Harmonisierung, und der Inhalt des Begriffes Arbeitsentgelt" bestimme sich nach der nationalrechtlichen Definition. Ob das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung als Arbeitsentgelt anzusehen sei, habe daher das nationale Gericht nach nationalem Recht zu entscheiden. Da sich der spanische Gesetzgeber in Artikel 33 Absatz 2 des Arbeitnehmerstatuts offenbar dafür entschieden habe, zwischen Arbeitsentgelt und Schadensersatz wegen rechtswidriger Kündigung zu unterscheiden, wozu er auch befugt sei, stehe es dem Mitgliedstaat frei, ob er diese Abfindung im Fall der Zahlungsunfähigkeit eines Arbeitgebers gewährleisten wolle. Die erste Frage sei daher zu verneinen.

    20. Nach Ansicht der Kommission müssen für die Bestimmung des Umfangs, den die in der Richtlinie vorgesehene Garantieverpflichtung in Wirklichkeit habe, die Artikel 3 und 4 der Richtlinie untersucht werden. Dabei sei der Begriff Arbeitsentgelt", der sich nach nationalem Recht bestimme, von grundlegender Bedeutung. Die Kommission weist darauf hin, dass nach den spanischen Umsetzungsvorschriften unter Arbeitsentgelt auch eine zusätzliche Abfindung für entgangenes Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung" verstanden werde. Daraus folgert sie, dass dieses Arbeitsentgelt sowohl unter die nichterfuellten Ansprüche der Arbeitnehmer" im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie als auch unter Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie falle.

    21. Auch die EFTA-Überwachungsbehörde vertritt die Ansicht, da Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung" unter die spanische Definition des Arbeitsentgelts falle und somit ein Arbeitsverhältnis voraussetze, handele es sich um Ansprüche von Arbeitnehmern".

    22. Sowohl die Kommission als auch die EFTA-Überwachungsbehörde vertreten in Bezug auf die zweite Vorlagefrage die Ansicht, dass es den Mitgliedstaaten freistehe, Modalitäten und Bedingungen festzulegen, die erfuellt sein müssten, damit ein Anspruch befriedigt werden könne. Die EFTA-Überwachungsbehörde bemerkt jedoch, dass diese Vorschriften nicht dazu führen dürften, dass die Ausübung der Rechte, die das Gemeinschaftsrecht einräume, praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert werde. Ihrer Ansicht nach kommt die spanische Bestimmung praktisch einer Beschränkung der Haftung der Garantieeinrichtung gleich. Die Kommission weist darauf hin, dass geprüft werden müsse, ob die in den spanischen Rechtsvorschriften vorgesehene unterschiedliche Behandlung des Arbeitsentgelts nach rechtswidriger Kündigung, das durch gerichtliche Entscheidung zugesprochen werde, und desjenigen, das in einem vor Gericht geschlossenen Vergleich vereinbart werde, auf objektiven Gründen beruhe. Dabei spielten die rechtlichen Wirkungen jeder dieser Maßnahmen, die Verteidigungsrechte des FOGASA im einen und im anderen Fall oder das Erfordernis der Verhinderung von Missbrauchsfällen eine Rolle.

    B - Rechtliche Würdigung

    1. Erste Frage

    23. Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Forderung des Herrn Caballero (Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung) unter den in Artikel 1 der Richtlinie genannten Begriff der Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen fällt.

    24. Artikel 1 der Richtlinie betrifft zusammen mit Artikel 2 der Richtlinie den persönlichen Geltungsbereich. Er enthält die Elemente Ansprüche aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen", Ansprüche von Arbeitnehmern" und Ansprüche gegen Arbeitgeber, die zahlungsunfähig sind". Das vorlegende Gericht hat ausgeführt, dass es sich um einen Anspruch aus einem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis, um einen Anspruch eines Arbeitnehmers und um einen Arbeitgeber handelt, der zahlungsunfähig ist.

    25. Daher steht für mich fest, dass Herr Caballero in den persönlichen Geltungsbereich der Richtlinie fällt.

    26. Die vorgelegte Frage nur anhand von Artikel 1 der Richtlinie zu beantworten, reicht jedoch nicht aus, wie die Kommission und die Regierung des Vereinigten Königreichs zu Recht bemerken. Die Prüfung hat gleichzeitig anhand des Inhalts der Garantie zu erfolgen. Artikel 3 der Richtlinie bestimmt insoweit, dass Arbeitnehmern bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ein Mindestschutz gewährt werden muss. Zu diesem Zweck sind insbesondere spezifische Garantien für die Befriedigung von nichterfuellten Ansprüchen vorzusehen. Diese Bestimmung enthält eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten.

    27. Sowohl Artikel 1 als auch Artikel 3 betreffen Ansprüche aus Arbeitsverträgen und Arbeitsverhältnissen. Aus Artikel 3 ergibt sich auch, dass es um Ansprüche geht, die das Arbeitsentgelt betreffen. Dies bedeutet, dass die sich aus der Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten auf das Garantieren von nichterfuellten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt bezieht. Artikel 2 der Richtlinie bestimmt, dass für den Inhalt des Begriffes Arbeitsentgelt" auf das nationale Recht abzustellen ist.

    28. Fest steht, dass Spanien die Richtlinie umgesetzt hat. Spanien hat eine Garantieeinrichtung geschaffen, die für nichterfuellte Ansprüche von Arbeitnehmern gegen zahlungsunfähige Arbeitgeber auf Arbeitsentgelt einsteht.

    29. Der spanische Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, nicht nur das eigentliche" Arbeitsentgelt, sondern auch das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung" zu garantieren. Dies folgt für mich aus der spanischen Definition des Arbeitsentgelts und der Garantiepflicht des spanischen Garantiefonds.

    30. Nach den spanischen Rechtsvorschriften ist unter Arbeitsentgelt nicht nur das gewöhnliche Arbeitsentgelt (Arbeitsentgelt als Gegenleistung für die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistete Arbeit), sondern auch das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung zu verstehen. Dabei handelt es sich, wie sich bereits aus Nummer 9 ergibt, nach dem spanischen Arbeitsrecht um Arbeitsentgelt, das ein Arbeitgeber im Fall einer rechtswidrigen Kündigung an den Arbeitnehmer zu zahlen hat. In Anbetracht der spanischen Definition des Arbeitsentgelts handelt es sich daher um einen Anspruch im Sinne der Richtlinie. Nebenbei bemerkt ändert auch der Umstand, dass in dem Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung möglicherweise ein Ausgleich für zu Unrecht entgangenes Arbeitsentgelt gesehen werden könnte, nichts daran, dass es sich nach spanischem Recht um Arbeitsentgelt aus einem Arbeitsverhältnis handelt.

    31. Da es sich um einen Anspruch aus einem Arbeitsverhältnis handelt und dieser Anspruch Arbeitsentgelt betrifft, muss Herr Caballero gegen die spanische Garantieeinrichtung auch Anspruch auf einen Ausgleich haben. Dies steht mit der Verpflichtung aus Artikel 3 der Richtlinie in Einklang, nichterfuellte Ansprüche auf Arbeitsentgelt zu garantieren, die einen bestimmten Zeitraum betreffen.

    2. Zweite Frage

    32. Aus den Akten ergibt sich aber, dass die Forderung des Herrn Caballero zurückgewiesen wurde und der FOGASA folglich nichts ausgezahlt hat, weil der Anspruch nicht durch gerichtliche Entscheidung zugesprochen war. Die zweite Frage des vorlegenden Gerichts bezieht sich auf diesen Gesichtspunkt.

    33. Der spanische Gesetzgeber hat bestimmt, dass der FOGASA subsidiär haftet für gewöhnliche Lohn- und Gehaltsansprüche und für Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung. Diese Haftung des FOGASA in Bezug auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung ist aber verklausuliert. Sie wird nur dann ausgelöst, wenn dieses Arbeitsentgelt durch gerichtliche Entscheidung zugesprochen wird.

    34. Bei den gewöhnlichen Lohn- und Gehaltsansprüchen genügt es dagegen, dass der Anspruch in einem vor dem Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde geschlossenen Vergleich anerkannt wird.

    35. Die Richtlinie enthält keine Bestimmungen über einzuhaltende Verfahren und auch keine Verpflichtung, dass Ansprüche von Arbeitnehmern durch gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Entscheidung festgestellt sein müssen. Nach der Richtlinie steht es daher den Mitgliedstaaten frei, innerhalb bestimmter Margen die Verfahren festzulegen, nach denen die sich aus der Richtlinie ergebenden Ansprüche geltend gemacht werden können. Diese von den Mitgliedstaaten festgelegten Verfahren dürfen jedoch das angestrebte Ziel beziehungsweise die praktische Wirksamkeit der Richtlinie nicht beeinträchtigen. Außerdem gilt der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleichbehandelt werden dürfen, sofern dies nicht objektiv gerechtfertigt ist.

    36. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass ein Unterschied besteht zwischen gewöhnlichen Lohn- und Gehaltsansprüchen und gerichtlich zugesprochenen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung auf der einen Seite und durch Vergleich anerkannten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung auf der anderen Seite. Die erstgenannten Ansprüche werden vom FOGASA befriedigt, nicht aber die letztgenannten. Daher ist zu prüfen, ob für diesen Unterschied eine objektive Rechtfertigung besteht.

    37. Nach Artikel 10 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Maßnahmen zur Vermeidung von Missbräuchen zu treffen. Der Gerichtshof hat daran aber strenge Anforderungen gestellt. Damit soll verhindert werden, dass berechtigte Ansprüche von Arbeitnehmern ausgehöhlt werden.

    38. Aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass das Verfahren, das der spanische Gesetzgeber für die Fälle vorsieht, in denen Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung durch Vergleich vereinbart werden, ausreichende Garantien bietet, um Missbrauch zu verhindern. Denn auch bei einem Vergleich wird das Gericht eingeschaltet. Dieses soll, bevor es den Vergleich genehmigt, zuerst prüfen, ob eine ernsthafte Benachteiligung, eine Gesetzesumgehung oder ein Missbrauch des Verfahrensrechts vorliegt. Daneben hat auch der FOGASA Möglichkeiten, um gegen eine Gesetzesumgehung vorzugehen oder für seine Interessen einzutreten. Zunächst kann der FOGASA den vor Gericht zustande gekommenen Vergleich anfechten, falls er der Ansicht ist, dass bei dessen Zustandekommen eine Gesetzesumgehung vorgelegen habe oder dass sein Interesse nicht oder unzureichend berücksichtigt sei. Sodann kann der FOGASA bei der Beurteilung von Anträgen auf Befriedigung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt, die Arbeitnehmern bei ihm stellen, gegen eine Gesetzesumgehung unmittelbar vorgehen. Er kann solche Anträge durch begründete Entscheidung ablehnen, wenn seiner Ansicht nach beim Zustandekommen des Vergleichs eine Gesetzesumgehung vorlag. Dies ist sogar dann möglich, wenn der Anspruch auf Arbeitsentgelt durch Urteil zugesprochen wurde.

    39. Vor diesem Hintergrund gibt es meines Erachtens keine überzeugenden Argumente, die den Unterschied zwischen gewöhnlichen Lohn- und Gehaltsansprüchen und durch gerichtliche Entscheidung zugesprochenen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung auf der einen Seite und durch Vergleich anerkannten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung auf der anderen Seite rechtfertigen können.

    40. Zusätzlich bemerke ich noch, dass die Parteien nach dem spanischen Arbeitsprozessrecht verpflichtet sind, zunächst eine gütliche Einigung anzustreben und so eine gerichtliche Entscheidung zu vermeiden, und zwar haben sie dies ernsthaft zu versuchen. Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, dass das eine oder andere vor einem Gericht stattfindet, das auch auf einen Vergleich hinzuwirken hat. Ein zustande gekommener Vergleich wird protokolliert und von den Parteien und dem Gericht, das die Vereinbarung auch genehmigen muss, unterzeichnet. Außerdem kann aus einem so zustande gekommenen Vergleich bei Nichterfuellung vollstreckt werden. Nach spanischem Recht handelt es sich aber um keine gerichtliche Entscheidung, da kein Richterspruch in einem Rechtsstreit ergangen ist.

    41. Dadurch entsteht die Situation, dass das - völlig im Einklang mit den Anforderungen des spanischen Arbeitsprozessrechts erfolgte - Zustandekommen eines Vergleichs zur Folge haben kann, dass kein Anspruch gegen die Garantieeinrichtung auf Zahlung des geschuldeten Arbeitsentgelts mehr besteht. Dies ist meiner Ansicht nach mit dem Ziel der Richtlinie unvereinbar.

    3. Dritte Frage

    42. Die letzte Frage geht davon aus, dass Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die durch einen vor Gericht geschlossenen und gerichtlich genehmigten Vergleich anerkannt wurden, unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern" im Sinne der Richtlinie fallen. Die Frage geht dahin, ob in diesem Fall die nationale Vorschrift, in der die Haftung der Garantieeinrichtung für diesen Anspruch auf Arbeitsentgelt ausgeschlossen wird, unangewendet bleiben und stattdessen Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie unmittelbar geltend gemacht werden kann.

    43. Der Gerichtshof hat schon früher entschieden (vgl. Urteile Francovich u. a. und Wagner Miret), dass die Richtlinie in Bezug auf den persönlichen Geltungsbereich wie in Bezug auf den Inhalt der Arbeitsentgeltgarantie hinreichend genau und unbedingt ist, um von dem nationalen Gericht angewandt zu werden.

    44. Der Gerichtshof hat unlängst im Urteil Gharehveran außerdem entschieden, dass ein Einzelner, wenn er einen Anspruch geltend machen kann, den er einer genauen und unbedingten Bestimmung einer Richtlinie entnimmt, sofern diese Bestimmung von anderen Vorschriften derselben Richtlinie getrennt gesehen werden kann, die selbst keinen solchen Grad an Genauigkeit und Unbedingtheit aufweisen, dies auch dann können muss, wenn der Mitgliedstaat (in Bezug auf diese anderen Vorschriften) seinen Gestaltungsspielraum voll ausgeschöpft hat.

    45. Ich interpretiere das in Nummer 44 genannte Urteil Gharehveran wie folgt: Auch wenn Arbeitnehmer nicht aus den Bestimmungen der Richtlinie selbst unmittelbar Ansprüche herleiten können, können sie dies immer noch dann, wenn der nationale Gesetzgeber die Richtlinie umgesetzt hat. Da, wie ich oben erwähnt habe, die vorliegende Rechtssache völlig von den Artikeln 1 und 3 der Richtlinie beherrscht wird, zu denen der Gerichtshof in früheren Urteilen entschieden hat, dass sie unmittelbare Wirkung haben, braucht auf die Konstruktion, der der Gerichtshof im Urteil Gharehveran gefolgt ist, in der vorliegenden Rechtssache nicht zurückgegriffen zu werden.

    46. Da der spanische Gesetzgeber zu den nach der Richtlinie geschützten Ansprüchen auch das Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung gerechnet hat, ergibt sich aus der Richtlinie die Verpflichtung, diese Ansprüche zu befriedigen. Eine nationale Vorschrift, die die Haftung der Garantieeinrichtung für durch Vergleich anerkannte Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung ausschließt, hat das nationale Gericht daher in Ermangelung einer objektiven Rechtfertigung unangewendet zu lassen.

    Ergebnis

    47. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem vorlegenden Gericht wie folgt zu antworten:

    1. Da Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers auf den nationalen Arbeitsentgeltbegriff verweist und in den zur Durchführung der Richtlinie ergangenen spanischen Rechtsvorschriften unter Arbeitsentgelt auch die vom zuständigen Gericht zugesprochene zusätzliche Abfindung für entgangenes Arbeitsentgelt nach rechtswidriger Kündigung verstanden wird, fällt das von dieser Abfindung erfasste Arbeitsentgelt unter den Begriff Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen" im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie.

    2. Die Richtlinie 80/987 enthält keine Vorschriften über die Verfahren, nach denen die nationalen Behörden die sich aus der Richtlinie ergebenden Ansprüche festzustellen haben. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, diese nach Maßgabe ihres nationalen Rechts festzulegen. Die betreffenden nationalen Vorschriften dürfen aber die Reichweite und das Ziel der Richtlinie nicht beeinträchtigen und müssen gewährleisten, dass vergleichbare Sachverhalte gleichbehandelt werden.

    3. Eine nationale Vorschrift, die einen sich aus einem Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis ergebenden Anspruch eines Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt von der Haftung der Garantieeinrichtung ausschließt, weil er nicht durch Urteil zugesprochen ist, während gleiche Ansprüche, die durch Urteil zugesprochen sind, von der Haftung der Garantieeinrichtung erfasst sind, hat das nationale Gericht unangewendet zu lassen, sofern es für diese unterschiedliche Behandlung keinen objektiven Rechtfertigungsgrund gibt.

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