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Document 62000CC0435

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 9. Juli 2002.
    Geha Naftiliaki EPE und andere gegen NPDD Limeniko Tameio DOD/SOU und Elliniko Dimosio.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Dioikitiko Protodikeio Rodou - Griechenland.
    Verkehr - Seeverkehr - Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkung - Für alle Dienstleistungserbringer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geltende nationale Regelung, die zwischen innerstaatlichem oder innergemeinschaftlichem Verkehr und Verkehr nach Drittstaaten unterscheidet.
    Rechtssache C-435/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 I-10615

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2002:428

    62000C0435

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 9. Juli 2002. - Geha Naftiliaki EPE und andere gegen NPDD Limeniko Tameio DOD/SOU und Elliniko Dimosio. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Dioikitiko Protodikeio Rodou - Griechenland. - Verkehr - Seeverkehr - Freier Dienstleistungsverkehr - Beschränkung - Für alle Dienstleistungserbringer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geltende nationale Regelung, die zwischen innerstaatlichem oder innergemeinschaftlichem Verkehr und Verkehr nach Drittstaaten unterscheidet. - Rechtssache C-435/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-10615


    Schlußanträge des Generalanwalts


    I - Einführung

    1. Das Trimeles Dioikitiko Protodikeio (Verwaltungsgericht) Rhodos hat im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen drei Fragen zur Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern (im Folgenden: Verordnung Nr. 4055/86) vorgelegt. Es hat - im Hinblick auf die Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs - Zweifel an der Zulässigkeit einer nationalen Regelung über Hafengebühren, die unterschiedlich hohe Sätze für den Passagiertransport innerhalb Griechenlands einerseits und den Passagiertransport zwischen Griechenland und einem Drittland andererseits vorsieht. Die Gebührenregelung unterscheidet allerdings nicht nach der Staatsangehörigkeit der Passagiere oder der Flagge des Schiffes.

    II - Rechtlicher Rahmen

    A - Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften

    2. Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gelten gemäß Artikel 51 Absatz 1 EG die Bestimmungen des Titels V des EG-Vertrags über den Verkehr, also die Artikel 70 bis 80 EG. Nach Artikel 80 Absatz 1 EG gelten diese Bestimmungen u. a. ausdrücklich für die Binnenschifffahrt, nicht also für die Seeschifffahrt. Artikel 80 Absatz 2 EG verleiht dem Rat aber die Befugnis, Vorschriften für die Seeschifffahrt zu erlassen.

    3. Gestützt auf diesen Artikel hat der Rat die Verordnung Nr. 4055/86 erlassen, die u. a. folgende Vorschriften enthält:

    Artikel 1

    (1) Der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs in der Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern gilt für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem des Dienstleistungsnehmers.

    (2) Diese Verordnung gilt auch für außerhalb der Gemeinschaft ansässige Staatsangehörige der Mitgliedstaaten und für Linienreedereien mit Sitz außerhalb der Gemeinschaft, die von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats kontrolliert werden, sofern deren Schiffe in diesem Mitgliedstaat nach den dort geltenden Rechtsvorschriften registriert sind.

    (3) Die Bestimmungen der Artikel 55 bis 58 und des Artikels 62 des Vertrages finden auf das von dieser Verordnung geregelte Sachgebiet Anwendung.

    (4) Als Dienstleistungsverkehr in der Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Sinne dieser Verordnung gelten die nachstehenden Dienstleistungen, wenn sie gewöhnlich gegen Entgelt erbracht werden:

    a) Innergemeinschaftlicher Schiffsverkehr:

    die Beförderung von Personen oder Gütern auf dem Seewege zwischen dem Hafen eines Mitgliedstaats und dem Hafen oder der Offshore-Anlage eines anderen Mitgliedstaats;

    b) Verkehr mit Drittländern:

    die Beförderung von Personen oder Gütern auf dem Seeweg zwischen den Häfen eines Mitgliedstaats und den Häfen eines Drittlandes.

    ...

    Artikel 8

    Wer Seeverkehrsleistungen erbringt, kann dazu unbeschadet der Bestimmungen des Vertrages über das Niederlassungsrecht seine Geschäftstätigkeit in dem Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht wird, einstweilig unter denselben Bedingungen ausüben, die dieser Staat seinen eigenen Staatsangehörigen vorschreibt.

    Artikel 9

    Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet jeder Mitgliedstaat solche Beschränkungen ohne Unterscheidung nach der Staatszugehörigkeit oder dem Sitz derjenigen an, die Dienstleistungen im Sinne des Artikels 1 Absätze 1 und 2 erbringen."

    B - Die griechischen Vorschriften

    4. Artikel 6 des Gesetzes Nr. 2399/1996 (FEK 90 A') in der bei Erlass der angefochtenen Bescheide geltenden Fassung bestimmt:

    (1) Für jeden Passagier, der an Bord eines Seebeförderungsmittels geht und einen Bestimmungsort im Inland oder im Ausland hat, wird eine besondere Abgabe für den staatlichen Träger der Verwaltung und des Betriebes des Einschiffungshafens erhoben, die eine Gegenleistung für die Modernisierung und die Verbesserung der Hafenanlagen und -einrichtungen, die Nutzung des Hafens und andere damit verwandte Zwecke darstellt, die mit der Verbesserung der Dienstleistungen für die Reisenden zusammenhängen.

    (2) Die Abgabe besteht aus einem prozentualen Zuschlag zum Preis der Schiffskarte oder aus einem festen Betrag in Drachmen, je nach Bestimmungshafen des Reisenden, Art der Reise, Schiffskategorie etc., und wird wie folgt festgelegt:

    A. Für Passagiere auf Fahrgastschiffen, Fahrgast- und Fahrzeugtransportschiffen jeder Art und Tragfluegelschiffen inländischer Linien ein Satz von 5 % des Preises der Schiffskarten.

    B. Für Passagiere auf Fahrgastschiffen sowie Fahrgast- und Fahrzeugtransportschiffen unter griechischer oder ausländischer Flagge von Auslandslinien:

    a) eine feststehende Abgabe in Höhe von 5 000 GRD für jeden Passagier mit Bestimmungsort in irgendeinem Hafen des Auslands mit Ausnahme der Länder der Europäischen Union, Zyperns, Albaniens, Russlands, der Ukraine, Moldawiens und Georgiens am Schwarzen Meer;

    b) eine feststehende Gebühr in Höhe von 500 GRD für jeden Passagier mit Endbestimmungsort in Ländern der Europäischen Union und in Zypern;

    c) eine feststehende Gebühr von 1 000 GRD für jeden Passagier mit Endbestimmungsort in den Häfen Albaniens, Russlands, Moldawiens, der Ukraine und Georgiens am Schwarzen Meer;

    d) eine feststehende Gebühr von 2 000 GRD für jeden Passagier mit Endbestimmungsort in überseeischen Häfen (Amerika, Australien usw.);

    e) ein Betrag in Höhe von 30 % des Aufkommens aus der feststehenden Abgabe, die im vorstehenden Buchstaben dieses Absatzes vorgesehen ist, wird von den betreffenden Hafenkassen an die NAT (Naftiko Apomachiko Tameio; Schifffahrtsversorgungskasse) nach den Verfahren abgeführt, die in den für die NAT geltenden diesbezüglichen Vorschriften vorgesehen sind.

    C. Für Passagiere, die an Rundreisen (Kreuzfahrten) mit Passagierschiffen für Touristen (Kreuzfahrtschiffen) unter griechischer oder ausländischer Flagge teilnehmen:

    a) eine feststehende Gebühr in Höhe von 50 GRD für jeden Passagier, der an einer eintägigen Kreuzfahrt zwischen griechischen Häfen teilnimmt, für jeden Hafen, den das Schiff anläuft. Erstreckt sich die eintägige Kreuzfahrt auch auf einen Hafen im Ausland, so wird je nach Lage des Falles im letzten Hafen die feststehende Gebühr entrichtet, die in diesem Absatz unter B.a, B.b und B.c vorgesehen ist.

    ...

    (4) Die Abgabe wird auf den Schiffskarten vermerkt, und für ihre Einziehung sind die Aussteller der Schiffskarten verantwortlich, das heißt die Schiffsagenturen, die Reisebüros und ähnliche Unternehmen. Der für einen Kalendermonat jeweils eingezogene Betrag ist von den für die Einziehung Verantwortlichen innerhalb der ersten zehn Tage des folgenden Monats auf das bei der Bank von Griechenland geführte Sonderkonto für den berechtigten staatlichen Träger der Verwaltung und des Betriebes des Hafens mit dem alleinigen Vermerk ,Durchführung von Arbeiten im Interesse der Reisenden zusammen mit einer Aufstellung einzuzahlen, aus der sich die Zahl der ausgegebenen Schiffskarten nach Klassen und der zu zahlende Geldbetrag ergibt. Diese Beträge sind ausschließlich für Arbeiten im Interesse der Reisenden bestimmt.

    (5) Die für die Einziehung verantwortlichen Unternehmen haften gesamtschuldnerisch und in vollem Umfang neben den abgabepflichtigen Passagieren für die Entrichtung der Abgabe. ..."

    III - Sachverhalt

    5. Die Schifffahrtsgesellschaften GEHA Naftiliaki EPE und Total Scope NE (Klägerinnen zu 1 und 2 im Ausgangsrechtsstreit) sind Eigentümerinnen der Tragfluegelschiffe Fl. Marianna" bzw. Fl. Zeus". Die Schiffseigentümergemeinschaft Nikolaos Salis, Anastasios Charalampis, Antonios Charalampis, Dimitrios Kattidenios, Vasileios Dimitrakopoulos (Klägerin zu 3) ist Eignerin des Tragfluegelschiffs Iviskos". Für sie ist die offene Handelsgesellschaft Afoi Charalampis OE (Klägerin zu 4) als Schiffsagent tätig. Die Klägerinnen haben ihren Sitz auf Rhodos.

    6. Gegen eine Charter von 250 000 bis 300 000 GRD pro Tag stellten sie ihre Schiffe während der Fremdenverkehrssaison 1996 Reiseveranstaltern aus anderen Mitgliedstaaten bereit, die mit ihnen Tagesausfluege für ihre ausländischen Kunden von Rhodos nach Marmaris in der Türkei durchführten. Für den Monat Juni 1996 zahlten die Klägerinnen die Hafenabgaben für die Beförderung von Tages- und Transitpassagieren mit den genannten sowie mit weiteren Schiffen nicht vollständig.

    7. Daraufhin setzte die Limeniko Tameio Dodekanisou, Beklagte des Ausgangsrechtsstreits (im Folgenden: Hafenkasse), die Zahlung der offenstehenden Hafenabgaben durch Bescheid fest. Für Transitpassagiere belief sich die Gebühr jeweils auf 60 GRD und für Tagespassagiere jeweils auf 5 000 GRD. Die Klägerinnen legten nach erfolglosem Widerspruch Rechtsmittel ein. Sie rügten unter anderem Verstöße gegen die Verordnung Nr. 4055/86 und Artikel 49 EG.

    IV - Das Vorabentscheidungsersuchen

    8. Das mit dem Rechtsstreit befasste Verwaltungsgericht Rhodos hat dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:

    a) Ist Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates dahin auszulegen, dass es verboten ist, durch innerstaatliche Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs in der Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern im Allgemeinen einzuführen, auch wenn diese Beschränkungen ohne Unterschied für alle Schiffe eingeführt werden, sei es, dass diese von inländischen Dienstleistungserbringern eingesetzt werden oder von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten, und für alle Passagiere ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, oder ist er dahin auszulegen, dass es verboten ist, Beschränkungen durch innerstaatliche Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats nur für die Erbringung von Dienstleistungen zwischen einem anderen Mitgliedstaat und einem Drittland einzuführen, und auf diese Weise den inländischen Beförderungsunternehmen, die Seeschifffahrt nach Drittländern betreiben, im Verhältnis zu den Beförderungsunternehmen aus den anderen Mitgliedstaaten eine günstigere Behandlung vorbehalten ist?

    b) Darf ein Mitgliedstaat für die Passagiere der Schiffe, die einen Hafen eines Drittlandes (außerhalb der Europäischen Union) anlaufen oder als endgültigen Bestimmungsort haben, unterschiedliche (höhere) Hafenabgaben erheben, als sie bei Passagieren erhoben werden, deren Ziel Häfen im Inland oder in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind, auch wenn diese Abgaben auch in den beiden oben genannten Fällen bei allen Passagieren unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder der Nationalität der Schiffe erhoben werden, oder stellt eine solche Regelung etwa eine Beschränkung der freien Beförderung von Passagieren nach Drittländern aus dem Grund dar, dass die höhere Abgabe unter Umständen Auswirkungen auf die Wahl der Reiserouten hat und diese Regelung demzufolge mit Artikel 1 der Verordnung Nr. 4055/86 unvereinbar ist?

    c) Wenn nein: Ist es möglich, dass die Hafenabgaben, die bei den Passagieren erhoben werden, deren Ziel Häfen von Drittländern sind, noch weiter je nach dem Drittland nach dem Kriterium der Entfernung zwischen den Häfen oder der geografischen Lage differenziert werden, oder verstößt eine solche innerstaatliche gesetzliche Regelung ebenfalls gegen die genannte Verordnung, weil sie eine Diskriminierung in Bezug auf den Seeverkehr nach einem bestimmten Drittland (oder Drittländern) und daher eine Beschränkung des Seeverkehrs, der nach diesem Land (diesen Ländern) betrieben wird, darstellt?"

    V - Vortrag der Beteiligten

    9. Vor dem Gerichtshof haben die Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme abgegeben. Ferner haben die Hafenkasse und die Kommission schriftliche Stellungnahmen eingereicht. Eine mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

    A - Klägerinnen

    10. Zur ersten Frage des nationalen Gerichts verweisen die Klägerinnen auf das Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-381/93. Der Gerichtshof habe festgestellt, dass es gegen die Verordnung Nr. 4055/86 verstieße, bei innergemeinschaftlichen Verbindungen höhere Hafengebühren zu erheben als bei innerstaatlichen Verbindungen.

    11. Zur zweiten Frage führen die Klägerinnen aus, dass das Prinzip der Dienstleistungsfreiheit durch die Verordnung Nr. 4055/86 auf dem Gebiet des Seeverkehrs eingeführt worden sei.

    12. Hinsichtlich der dritten Frage sind die Klägerinnen der Auffassung, die Bemessung der Höhe der Gebühr in Abhängigkeit von dem Bestimmungshafen verstoße gegen das aus Artikel 49 EG folgende Diskriminierungsverbot und das Verbot von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs. In der Differenzierung der Gebührenhöhe liege eine Diskriminierung von Reisenden, die nach Bestimmungsorten in Drittländern reisten gegenüber denjenigen mit inländischen Zielhäfen.

    13. Die nationale Regelung stehe zudem im Widerspruch zu den Artikeln 49 und 80 EG und der Verordnung Nr. 4055/86, da sie eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs zu Lasten derjenigen Dienstleistungserbringer darstelle, die Kreuzfahrten nach Häfen in Drittländern anböten.

    B - Hafenkasse

    14. Nach Ansicht der Hafenkasse diskriminiert die Gebührenregelung weder nach der Nationalität der Dienstleistungsempfänger noch nach der Flagge des Schiffes oder dem Sitz der Reederei. Da die Reisenden die Gebühren schuldeten und nicht die Reedereien, die die Dienstleistungen erbrächten, seien die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 49 EG und der Verordnung Nr. 4055/86 nicht gegeben.

    15. Die Hafengebühren beschränkten die Dienstleistungsfreiheit schon deswegen nicht, weil sie eine den Kosten entsprechende Gegenleistung für die Nutzung der Hafeneinrichtungen darstellten. Die unterschiedliche Höhe der Gebühren für inländische und ausländische Reiseziele sei wegen des unterschiedlich großen Aufwands für Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen gerechtfertigt. Der EG-Vertrag gehe in Artikel 77 selbst von der Zulässigkeit angemessener Gebühren aus. Dies müsse auch bei der Auslegung der Verordnung Nr. 4055/86 berücksichtigt werden. Das vorlegende Gericht habe Artikel 77 EG zwar nicht erwähnt. Jedoch könne der Gerichtshof auf diese Bestimmung eingehen, soweit dies für eine hilfreiche Beantwortung der Vorlagefragen erforderlich sei.

    16. Auf die erste Frage sei zu antworten, dass die Verordnung Nr. 4055/86 der Erhebung von Gebühren bei den Reisenden nicht entgegenstehe, soweit die Bedingungen des Artikels 77 EG beachtet würden.

    17. Zur zweiten Frage führt die Hafenkasse aus, die nach Maßgabe des Artikels 77 EG erhobenen Gebühren müssten in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten stehen, die von den staatlichen Hafenverwaltungen für Dienstleistungen zugunsten der Reisenden entstuenden.

    18. Als Antwort auf die dritte Frage schlägt die Hafenkasse vor, dass eine differenzierte Bemessung der Höhe der Hafengebühren in Abhängigkeit von dem Bestimmungshafen und der erbrachten Dienstleistung aufgrund ihres Gegenleistungscharakters gerechtfertigt sei.

    C - Kommission

    19. Die Kommission schlägt vor, die Vorlagefragen folgendermaßen zusammenzufassen:

    Sind die betreffenden nationalen Bestimmungen, die eine Hafengebühr festsetzen und auf alle Schiffe ohne Unterscheidung nach ihrer Flagge sowie auf alle Reisenden ohne Differenzierung nach ihrer Staatsangehörigkeit angewandt werden, mit Artikel 1 der Verordnung Nr. 4055/86 vereinbar, soweit die Hafengebühren höher sind, wenn der Bestimmungshafen des Schiffes in einem Drittland liegt, als wenn sich dieser innerhalb der Gemeinschaft befindet?

    20. Sie führt aus, nach der Rechtsprechung könnten sich Unternehmen auch gegenüber ihrem Sitzstaat auf die Verordnung Nr. 4055/86 berufen, sofern die Empfänger der Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat ansässig seien. Ferner ergebe sich aus der Rechtsprechung, dass Artikel 1 der Verordnung Nr. 4055/86 nicht nur Diskriminierungen, sondern auch sonstige Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich des Seeverkehrs untersage; eine unterschiedliche Behandlung von inländischen Seeverkehrslinien und Verbindungen in andere Mitgliedstaaten sei eine unzulässige Beschränkung.

    21. Der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 4055/86, die auch Transporte in Drittstaaten erfasse, sei eröffnet, da die Dienstleistungserbringer in einem Mitgliedstaat ansässig seien. Folglich sei auch im Falle von Transporten in ein Drittland jede, selbst nicht diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit untersagt, sofern sie nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei.

    22. Die Gebührengestaltung stelle vorliegend eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu Lasten der Reeder dar, die Transporte in die Türkei durchführten. Die Gebühren erhöhten den Fahrpreis für diese Transporte ohne Rechtfertigung. Davon seien außerdem auch die Reisenden als Empfänger der Dienstleistung betroffen. Schließlich seien die Reeder als Empfänger der vom Hafen Rhodos erbrachten Dienstleistungen berührt, die sich nicht danach unterschieden, ob die Schiffe nun einen türkischen oder einen griechischen Hafen zum Ziel hätten.

    VI - Rechtliche Würdigung

    A - Vorbemerkung zum Verständnis der nationalen Regelung und zum Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens

    23. Das Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich in erster Linie auf die vor dem nationalen Gericht streitigen Gebühren im Sinne des Artikels 6 Absatz 2 Buchstabe C.a in Verbindung mit Buchstabe B.a des Gesetzes Nr. 2399/1996, die bei der Abfertigung von Touristen für Kreuzfahrten zwischen Rhodos und der Türkei zu entrichten sind.

    24. Die auf diesen Fall anwendbare komplizierte nationale Gebührenregelung wird im Rahmen der weiteren Untersuchung wie folgt verstanden: Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe A betrifft Linienverbindungen zwischen zwei griechischen Häfen, Buchstabe B Linienverbindungen zwischen Griechenland und dem Ausland. Buchstabe C bildet eine Sonderregelung für Rundreisen, die von einem griechischen Hafen ausgehen und dort wieder enden. Werden bei Rundfahrten nur griechische Häfen angelaufen, müssen in Abweichung von Buchstabe A für jeden angelaufenen inländischen Hafen 50 GRD entrichtet werden. Ist unter den angelaufenen Häfen ein Hafen in einem Drittland, so verweist die Vorschrift auf die im Falle von Linienverbindungen ins Ausland geltenden Gebührensätze nach Buchstabe B.a bis d. Da die Türkei nicht zu einer der Gruppen von privilegierten Zielländern nach Buchstaben B.b bis d gehört, ist der in Buchstabe B.a für Dittländer allgemein anwendbare Satz von 5 000 GRD einschlägig.

    25. Diese Gebühr ist im letzten" Hafen zu entrichten. Unklar ist, ob damit der letzte griechische Hafen gemeint ist, von dem aus das Schiff zu der Fahrt in das Drittland ablegt, oder der letzte Hafen der Rundreise. Vorliegend scheint diese Unklarheit aber ohne Bedeutung zu sein, weil nur Fahrten von Rhodos unmittelbar nach Marmaris und zurück ohne weitere Zwischenstationen durchgeführt worden sind.

    26. Da der Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits im Wesentlichen Rundfahrten zwischen Griechenland und der Türkei und zurück betrifft, wird im Folgenden nur auf den insoweit einschlägigen Gebührentatbestand eingegangen. Die übrigen Gebührentatbestände, die ebenfalls erhebliche Zweifel im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht aufwerfen, werden nicht berücksichtigt. Nur am Rande sei etwa bemerkt, dass bei inländischen Reisezielen ein 5%iger Aufschlag auf den Fahrscheinpreis zu entrichten ist, während bei allen anderen Destinationen einschließlich der innergemeinschaftlichen eine feststehende Gebühr fällig wird. Bereits diese unterschiedliche Ausgestaltung der Gebührenregelung könnte zu nicht gerechtfertigten Differenzierungen der Gebührenhöhe führen.

    27. Zum rechtlichen Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens ist zu bemerken, dass sich die Vorlagefragen ausschließlich auf die Auslegung der Verordnung Nr. 4055/86 beziehen. Mangels entsprechender Vorlagefragen und mangels der erforderlichen zusätzlichen Sachverhaltsangaben ist eine Prüfung der nationalen Regelung am Maßstab der Artikel 82 EG und 86 EG, die angesichts der Gebührengestaltung nahe läge, nicht möglich.

    B - Zur ersten Frage

    28. Die erste Frage richtet sich auf den Anwendungsbereich und die Tragweite des Artikels 1 der Verordnung Nr. 4055/86 im Allgemeinen. Das vorlegende Gericht möchte insbesondere wissen, inwieweit Transporte von der Gemeinschaft in Drittstaaten erfasst werden und ob auch Beschränkungen, die nicht nach der Staatsangehörigkeit der Dienstleistungserbringer bzw. -empfänger diskriminieren, verboten sind.

    29. Nach Artikel 51 Absatz 1 EG gelten für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs die Bestimmungen des Titels über die gemeinsame Verkehrspolitik. Die Anwendung der Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs muss daher durch Maßnahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik verwirklicht werden. Auch nach Ablauf der Übergangszeit finden die Artikel 49 und 50 EG-Vertrag nicht unmittelbar im Bereich der Verkehrspolitik Anwendung.

    30. Die Regelungen des Vertrages über die Verkehrspolitik selbst erfassen gemäß Artikel 80 Absatz 1 EG nur den Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr. Für die Ausweitung der gemeinsamen Verkehrspolitik auf die Seeschifffahrt bedarf es nach Artikel 80 Absatz 2 EG besonderer Rechtsakte des Rates. Gestützt auf diese Bestimmung hat der Rat die Verordnung Nr. 4055/86 erlassen. Aufgrund der Artikel 1 Absatz 3 und 8 der Verordnung Nr. 4055/86 sind sämtliche Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr auf den Seeverkehr anwendbar.

    31. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Artikels 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4055/86 erstreckt sich ihr sachlicher Geltungsbereich auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern. Somit gelten die Regeln über die Dienstleistungsfreiheit auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem Reisende von Griechenland in das Drittland Türkei und zurück gebracht werden.

    32. Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4055/86 können sich Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat des Dienstleistungsnehmers auf die Dienstleistungsfreiheit berufen. Nach Absatz 3 dieser Bestimmung in Verbindung mit Artikel 48 EG werden Gesellschaften natürlichen Personen, die Angehörige eines Mitgliedstaats sind, gleichgestellt. Voraussetzung dafür ist, dass die Gesellschaft nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft hat.

    33. Bei den Klägerinnen des Ausgangsrechtsstreits, die eine Dienstleistung im Bereich des Seeverkehrs erbringen, handelt es sich um in Griechenland ansässige natürliche und juristische Personen. Die juristischen Personen scheinen überdies auch nach griechischem Recht gegründet worden zu sein.

    34. Als Dienstleistungsempfänger könnte man die Passagiere ansehen, die an den Rundfahrten auf den Schiffen der Klägerinnen teilgenommen haben, oder die Reiseveranstalter, in deren Auftrag die Fahrten durchgeführt worden sind. Wie dem Vorabentscheidungsersuchen zu entnehmen ist, handelte es sich in beiden Fällen um Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als Griechenland, dem Sitzland der Dienstleistungserbringer, ansässig sind.

    35. Folglich ist sowohl der sachliche als auch der persönliche Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 4055/86 eröffnet.

    36. Der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs, wie er in der Verordnung Nr. 4055/86 gewährleistet ist, schließt jede Diskriminierung der Dienstleistungserbringer aus Gründen der Staatsangehörigkeit aus. So sind die Mitgliedstaaten nach Artikel 8 der Verordnung Nr. 4055/86 verpflichtet, Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten Inländern gleichzustellen. Etwaige Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs dürfen gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 4055/86 nicht unterschiedlich nach Sitz oder Staatszugehörigkeit der Dienstleistungserbringer angewandt werden.

    37. Die nationale Regelung differenziert nach den Zielorten der abzufertigenden Schiffe. Eine unmittelbare Diskriminierung nach der Staatsangehörigkeit der Dienstleistungserbringer oder -empfänger ist dagegen nicht ersichtlich.

    38. Zu erwägen wäre allenfalls, ob eine mittelbare Diskriminierung vorliegt. Daran wäre zu denken, wenn unter den Passagieren mit Reisezielen in Drittländern im Sinne des Artikels 6 Buchstabe B.a des Gesetzes Nr. 2399/1996 überwiegend Angehörige anderer Mitgliedstaaten sind, während die Reisenden mit Zielen, für die geringere Gebührensätze gelten, überwiegend griechische Staatsangehörige sind, und es für eine solche faktische Besserstellung der Inländer keine Rechtfertigung gäbe.

    39. Zwar scheinen im Ausgangsfall überwiegend Touristen aus anderen Mitgliedstaaten von der feststehenden Gebühr in Höhe von 5 000 GRD betroffen zu sein. Jedoch enthält das Vorabentscheidungsersuchen keine Angaben, die im Allgemeinen Anlass zu der Annahme geben, dass von bestimmten Gebührensätzen jeweils Gruppen von Reisenden mit bestimmter Staatsangehörigkeit betroffen sind. Folglich ist auch keine mittelbare Diskriminierung der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten erkennbar. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts zu prüfen, ob die tatsächliche Zusammensetzung der verschiedenen Gruppen von Gebührenpflichtigen auf eine mittelbare Diskriminierung schließen lässt. Angesichts der folgenden Ausführungen zum Beschränkungsverbot ist das Vorliegen oder Fehlen einer mittelbaren Diskriminierung nicht entscheidend für die Beurteilung der nationalen Gebührenregelung.

    40. Wie bereits festgestellt, finden nämlich aufgrund der Verordnung Nr. 4055/86 sämtliche Vorschriften des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr auf den Seeverkehr zwischen den Mitgliedstaaten Anwendung. Damit sind zur vertragskonformen Anwendung der Verordnung Nr. 4055/86 alle Grundsätze heranzuziehen, die der Gerichtshof bei der Auslegung von Artikel 49 EG entwickelt hat.

    41. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt Artikel 49 EG nicht nur die Beseitigung sämtlicher Diskriminierungen von Dienstleistungserbringern aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für einheimische Dienstleistungserbringer wie für solche anderer Mitgliedstaaten gelten -, die geeignet sind, die Tätigkeit von Dienstleistungserbringern, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen. Dieses allgemeine Beschränkungsverbot ist von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung der Gebührenregelung.

    42. Nach diesem Grundsatz kann sich auch ein Unternehmen gegenüber dem Staat, in dem es seinen Sitz hat, auf die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs berufen, sofern die Leistungen gegenüber Dienstleistungsempfängern erbracht werden, die in einem anderen Mitgliedstaat ansässig sind.

    43. Die Dienstleistungsfreiheit darf jedoch durch eine nationale Regelung beschränkt werden, soweit die Beschränkung durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist, für alle im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats tätigen Personen oder Unternehmen gilt und im Hinblick auf die mit ihr verfolgten Zieles geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.

    44. Auf die erste Vorlagefrage ist daher zu antworten:

    Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern steht einer nationalen Regelung, die geeignet ist, die Erbringung von Dienstleistungen im Anwendungsbereich der Verordnung zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, auch dann entgegen, wenn die nationale Regelung ohne Unterschied nach der Staatsangehörigkeit der Dienstleistungserbringer oder -empfänger anwendbar ist und sich auf Transportdienstleistungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bezieht, soweit die Beschränkung nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist und im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.

    C - Zur zweiten Vorlagefrage

    45. Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht konkret wissen, ob eine Regelung, die unterschiedlich hohe Hafengebühren bei der Abfertigung von Reisenden mit inländischen Zielen und für Reisende mit Zielen in einem Drittland vorsieht, eine unzulässige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darstellt.

    46. Passagiere, die für eine Rundreise zu inländischen Häfen abgefertigt werden, haben gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe C.a des Gesetzes Nr. 2399/1996 für jeden angelaufenen Hafen 50 GRD zu entrichten, während gemäß Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe C.a in Verbindung mit Buchstabe B.a 5 000 GRD fällig werden, wenn das Schiff auf der Fahrt in einem türkischen Hafen festmacht.

    47. Die Gebühren sind zwar sowohl von einheimischen Reedern und Passagieren als auch von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zu zahlen, so dass eine Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit nicht ersichtlich ist. Jedoch ist die um das bis zu Einhundertfache höhere Gebühr geeignet, Reisende von der Teilnahme an einer Fahrt in die Türkei abzuhalten und diese Dienstleistung so weniger attraktiv zu machen als vergleichbare, allein im Inland erbrachte Dienstleistungen. Es stellt somit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, wenn beim Anlaufen von Zielen in einem Drittland höhere Gebühren verlangt werden als bei rein inländischen Rundfahrten.

    48. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Schifffahrtsgesellschaft bzw. der Reiseveranstalter der Gebührenschuldner ist oder die Passagiere selbst. In beiden Fällen stellt die Gebühr einen Faktor dar, der die Dienstleistung verteuert. Denn auch wenn der Reeder die Gebühr entrichtet, wird er die Kosten über eine Erhöhung der Fahrpreise letztlich an den Reisenden weitergeben. Die Erhöhung der Preise kann zu einer Verringerung der Nachfrage führen, die zu Lasten der Schifffahrtsgesellschaft und des Reiseveranstalters geht. Somit sind sowohl die Dienstleistungserbringer als auch die Reisenden als Dienstleistungsempfänger von der Beschränkung betroffen.

    49. Zu untersuchen ist, ob die Beschränkung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Es liegt im Interesse der Allgemeinheit und der Passagiere selbst, dass die bei der Benutzung eines Hafens benötigten Dienstleistungen erbracht werden. Es spricht auch nichts dagegen, die Kosten für diese Leistungen den Benutzern des Hafens in Rechnung zu stellen. Wie der Gerichtshof in dem Urteil Sea-Land Service festgestellt hat, kann die Erhebung von Gebühren insbesondere gerechtfertigt sein, wenn auf diese Weise die Kosten für Dienstleistungen gedeckt werden, die zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit erforderlich sind.

    50. Im Hinblick auf den hierbei zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat der Gerichtshof in dem genannten Urteil weiter ausgeführt, dass eine tatsächliche Korrelation zwischen den Kosten, die durch die Dienstleistungen entstehen, die dem Benutzer zugute kommen, und der Höhe der von ihm zu entrichtenden Gebühr bestehen muss.

    51. Ein entsprechender Zusammenhang ist bei der vorliegenden Gebührengestaltung nicht erkennbar.

    52. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts wird die Gebühr zum Ausgleich der finanziellen Belastungen auferlegt, die bei der Modernisierung und Verbesserung von Hafenanlagen anfallen, sowie für die Nutzung des Hafens und andere ähnliche Zwecke, die mit der Verbesserung der Dienstleistungen für die Reisenden zusammenhängen. Ferner ergibt sich aus Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe B.e des Gesetzes Nr. 2399/1996, dass 30 % der Einnahmen aus den feststehenden Gebühren der Schifffahrtsversorgungskasse zugute kommen.

    53. Es ist bereits zweifelhaft, inwieweit diese Kosten überhaupt im Zusammenhang mit den Dienstleistungen im Hafen zugunsten der Reisenden stehen. Insbesondere die Schifffahrtsversorgungskasse kann nicht durch Gebühren finanziert werden, die von Reisenden für die Inanspruchnahme von Hafendienstleistungen zu entrichten sind.

    54. Vor allem ist aber nicht nachvollziehbar, weshalb je nach Reiseziel so stark voneinander abweichende Gebührensätze gelten. Die Hafenkasse trägt zwar vor, dass sich die erbrachten Leistungen nicht vergleichen ließen, da Fahrten nach Drittländern höhere Sicherheitsvorkehrungen und ein erhöhtes Maß an Kontrollen erforderten als Fahrten innerhalb Griechenlands.

    55. Es ist aber nicht ersichtlich, welche Art von Sicherheitsvorkehrungen, Kontrollen oder sonstigen Leistungen durch die Gebühren finanziert werden, die in besonderem Maße bei der Abfertigung von Passagieren erforderlich sind, die in Drittländer reisen, und einen derart krassen Unterschied der Gebührenhöhe im Vergleich zur Abfertigung für inländische Rundfahrten rechtfertigen.

    56. Gegen einen Zusammenhang von Gebührenhöhe und Aufwand spricht bereits die Tatsache, dass die nationale Regelung ganz unterschiedlich hohe Gebührensätze für verschiedene Gruppen von Drittländern vorsieht, ohne dass insofern ein sachliches Unterscheidungskriterium erkennbar wäre.

    57. Die Gebührengestaltung findet auch in der von der Hafenkasse angeführten Bestimmung des Artikels 77 EG keine Rechtfertigung. Absatz 1 dieser Bestimmung verpflichtet dabei die Verkehrsunternehmen, beim Grenzübertritt keine Abgaben in Rechnung zu stellen, die außer Verhältnis zu den Kosten stehen. Da die Gebühren vorliegend auf einer staatlichen Gebührenregelung beruhen, ist nicht Absatz 1, sondern allenfalls Absatz 2 einschlägig, der sich an die Mitgliedstaaten richtet. Danach werden die Mitgliedstaaten bemüht sein, diese Kosten schrittweise zu verringern".

    58. Aus dieser Formulierung ergibt sich kein konkreter Maßstab für die Gestaltung staatlicher Gebühren. Zu erwägen wäre allenfalls, die Vorgaben des Artikels 77 Absatz 1 EG im Sinne einer systematischen Auslegung auf staatliche Gebühren zu übertragen. Dabei wäre allerdings auch den Bestimmungen über die Dienstleistungsfreiheit Rechnung zu tragen, soweit sie im Bereich des Verkehrs Anwendung finden. Mit diesem Grundsatz sind die streitgegenständlichen Hafengebühren, wie bereits festgestellt, nicht vereinbar, weil keine Korrelation zwischen der Höhe der Gebühren und den Kosten für die Gegenleistung erkennbar ist.

    59. Auf die zweite Frage ist daher zu antworten:

    Es stellt eine mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4055/86 nicht zu vereinbarende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, wenn eine nationale Regelung höhere Hafengebühren für Passagiere mit Reiseziel in einem Drittland vorsieht als für Passagiere mit einem inländischen Reiseziel, ohne dass eine Korrelation zwischen den Kosten der Hafendienstleistungen, die den Passagieren jeweils zugute kommen, und der Höhe der von ihnen zu entrichtenden Gebühr besteht.

    D - Zur dritten Vorlagefrage

    60. Die dritte Frage ist nur für den Fall der Verneinung der zweiten Frage gestellt. Die zweite Frage besteht jedoch aus zwei Alternativen, nämlich ob ein Mitgliedstaat unterschiedlich hohe Gebühren je nach Reiseziel im Inland oder in einem Drittland vorsehen darf oder ob darin eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit liegt. Unklar ist, was das vorlegende Gericht angesichts dieser Konstellation als Verneinung der zweiten Frage versteht.

    61. Jedenfalls zielt die Frage darauf, ob eine Differenzierung der Gebühren je nach Drittland nach dem Kriterium der Entfernung oder der geografischen Lage zulässig ist.

    62. Aus der Antwort auf die zweite Vorlagefrage ergibt sich bereits, dass unterschiedlich hohe Gebühren im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit nur dann zulässig sind, wenn die Differenzierung in einem Zusammenhang mit den Kosten steht, die bei der Erbringung der jeweils mit den Gebühren finanzierten Leistung anfallen. Die Kriterien der Entfernung des Zielhafens oder dessen geografischer Lage können dagegen allein unterschiedlich hohe Hafengebühren nicht rechtfertigen. Somit erübrigt sich eine gesonderte Antwort auf die dritte Vorlagefrage.

    VII - Ergebnis

    63. Als Ergebnis vorstehender Überlegungen wird folgende Beantwortung der ersten und der zweiten Vorlagefrage vorgeschlagen:

    1. Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern steht einer nationalen Regelung, die geeignet ist, die Erbringung von Dienstleistungen im Anwendungsbereich der Verordnung zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, auch dann entgegen, wenn die nationale Regelung ohne Unterschied nach der Staatsangehörigkeit der Dienstleistungserbringer oder -empfänger anwendbar ist und sich auf Transportdienstleistungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bezieht, soweit die Beschränkung nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist und im Hinblick auf das mit ihr verfolgte Ziel geeignet, erforderlich und verhältnismäßig ist.

    2. Es stellt eine mit Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4055/86 nicht zu vereinbarende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar, wenn eine nationale Regelung höhere Hafengebühren für Passagiere mit einem Reiseziel in einem Drittland vorsieht als für Passagiere mit einem inländischen Reiseziel, ohne dass eine Korrelation zwischen den Kosten der Hafendienstleistungen, die den Passagieren jeweils zugute kommen, und der Höhe der von ihnen zu entrichtenden Gebühr besteht.

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