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Document 62000CC0211

Schlussanträge des Generalanwalts vom 11. Februar 2003.
Aalborg Portland A/S (C-204/00 P), Irish Cement Ltd (C-205/00 P), Ciments français SA (C-211/00 P), Italcementi - Fabbriche Riunite Cemento SpA (C-213/00 P), Buzzi Unicem SpA (C-217/00 P) und Cementir - Cementerie del Tirreno SpA (C-219/00 P) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Rechtsmittel - Wettbewerb - Zementmarkt - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Zuständigkeit des Gerichts - Verteidigungsrechte - Akteneinsicht - Einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung - Zurechnung einer Zuwiderhandlung - Nachweis der Beteiligung an der allgemeinen Vereinbarung und an ihrer Umsetzung - Geldbuße - Bestimmung der Höhe.
Verbundene Rechtssachen C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2004 I-00123

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2003:82

Conclusions

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER
vom 11. Februar 2003(1)



Rechtssache C-211/00 P



Société Ciments Français SA
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften


„Rechtsmittel – Wettbewerb – Zement – Verfahren vor der Kommission – Akteneinsicht – Beschränkte Einsicht – Vollständige Einsicht im Verfahren vor dem Gericht erster Instanz – Grundsatz ne bis in idem – Geldbußen – Bei der Verhängung von Geldbußen zu beachtende Grundsätze – Geldbußen im Fall kollektiven Verhaltens“





Inhaltsverzeichnis

I – Sachverhalt des Rechtsstreits
II – Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und angefochtenes Urteil
III – Das Verfahren vor dem Gerichtshof
IV – Das Rechtsmittel
1. Das rechtsmittelführende Unternehmen und die Compagnie des Ciments Belges (zweiter Rechtsmittelgrund)
A – Vorbringen der Parteien
B – Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsmittelgrundes
C – Ein offensichtlicher Tatsachenfehler, der der Korrektur bedarf
2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dritter Rechtsmittelgrund)
A – Vorbringen der Parteien
B – Die Kriterien der Kommission für die Verhängung der Geldbußen
C – Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
V – Zusammenfassung und Urteilsvorschlag
VI – Kosten
VII – Ergebnis

1.        Die Ciments Français S. A. (nachstehend: Ciments Français) legt gegen das Urteil der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts erster Instanz vom 15. März 2000 in der Rechtssache Cimenteries CBR u. a./Kommission (2) Rechtsmittel ein.

I – Sachverhalt des Rechtsstreits

2.        Das angefochtene Urteil enthält, soweit für dieses Rechtsmittel relevant, die folgenden tatsächlichen Feststellungen:

Von April bis Juli 1990 führten die Dienststellen der Kommission bei verschiedenen europäischen Zementherstellern und Unternehmensvereinigungen dieses Sektors Nachprüfungen nach Artikel 14 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (nach Änderung jetzt Artikel 81 EG und 82 EG) (nachstehend: Verordnung Nr. 17) (3) durch. Im Anschluss an diese Nachprüfung beschloss die Kommission am 12. November 1991 die Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens (4) gegen Ciments Français und andere Unternehmen, auf die es hier nicht ankommt (5) .

Am 25. November 1991 übersandte die Kommission 76 betroffenen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen die Mitteilung der Beschwerdepunkte, zu der Ciments Français schriftliche und sodann in Sitzungen, die zwischen dem 1. März und dem 1. April 1993 stattfanden, mündliche Stellungnahmen formulierte (6) .

Der in einem einzigen Vorgang enthaltene Text der Mitteilung der Beschwerdepunkte wurde nicht jedem der von dem Verfahren betroffenen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen in vollem Umfang übersandt. Allen Adressaten wurden das vollständige Inhaltsverzeichnis der Mitteilung der Beschwerdepunkte sowie ein Verzeichnis aller ihnen zugänglichen Unterlagen übermittelt. Einige der beschuldigten Unternehmen beantragten bei der Kommission, ihnen die fehlenden Kapitel der Mitteilung der Beschwerdepunkte nachzureichen und Zugang zu sämtlichen Unterlagen der Akten mit Ausnahme interner und vertraulicher Dokumente zu gewähren. Die Kommission gab diesem Antrag nicht statt (7) .

In der Entscheidung 94/815/EG vom 30. November 1994 (nachstehend: Entscheidung) (8) warf die Kommission Aalborg die folgenden wettbewerbswidrigen, gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßenden Handlungen vor wegen der Teilnahme (9) :

1.
ab 14. Januar 1983 an einer Vereinbarung, die die Respektierung der Inlandsmärkte und die Reglementierung der grenzüberschreitenden Zementlieferungen bezweckte (Artikel 1). Dies ist die sog. „Cembureau-Vereinbarung“;

2.
vom 17. März bis 31. Dezember 1988 an einer abgestimmten Verhaltensweise betreffend Informationen über die aktuellen Preise und über erwartete Preiserhöhungen zwecks Begrenzung ihres eigenständigen Handelns (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b);

3.
vom 23. Juni 1982 bis 30. September 1989 an Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen betreffend die Reglementierung der Zementlieferungen aus Frankreich nach Deutschland und aus Deutschland nach Frankreich;

4.
seit dem 28. Mai 1986 an einer Vereinbarung über die Errichtung der Cembureau Task Force oder European Task Force (Artikel 4 Absatz 1);

5.
vom 9. Juni 1986 bis 26. März 1993 an einer Vereinbarung über die Errichtung der Joint Trading Company Interciment SA zwecks Durchführung der Überzeugungs- und Abschreckungsmaßnahmen gegen die die Stabilität der Märkte der Mitgliedsländer gefährdenden Unternehmen;

6.
vom 17. Juni 1986 bis 15. März 1987 an abgestimmten Verhaltensweisen mit dem Ziel, den griechischen Herstellern, speziell Titan Cement Company SA, das italienische Unternehmen Calcestruzzi als Kunden zu entziehen (Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a);

7.
im Rahmen des European Export Policy Committee vom 1. Juli 1981 bis 17. Februar 1989 an einer fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise, die a) die Prüfung der Marktsituation in der Gemeinschaft, b) die Aufteilung der Drittlandsmärkte, c) die Festsetzung der Preise für die für den Fernexport bestimmten Erzeugnisse und d) den Austausch individualisierter Angaben über die für die Ausfuhr zur Verfügung stehenden und die tatsächlich nach Drittländern ausgeführten Mengen betraf, mit der der Eintritt von Wettbewerbern in die jeweiligen nationalen Märkte der Gemeinschaft vermieden werden sollte;

8.
im Rahmen von White Cement Committee vom 6. Mai 1982 bis 26. Mai 1988 a) an der abgestimmten Verhaltensweise und der Vereinbarung betreffend die Respektierung der Inlandsmärkte, b) an der fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise betreffend die Umleitung der Produktionsüberschüsse in den Export nach Drittländern, und c) an einer fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise betreffend den Austausch von nach Unternehmen individualisierten Informationen über die Produktionskapazität, die Produktion, die Verkäufe auf den Inlandsmärkten und im Export, die Inlandspreise für Weiß- und Grauzement und die Exportpreise.

Die Kommission forderte Ciments Français auf, die beanstandeten Zuwiderhandlungen einzustellen und künftig von jeder wettbewerbswidrigen Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise auf den Grau- und Weißzementmärkten Abstand zu nehmen (Artikel 8), und verhängte zwei Geldbußen von 24 716 000 ECU bzw. 1 052 000 ECU nebst Zinsen vom Tag der Fälligkeit der Geldbuße an, d. h. nach Ablauf von drei Monaten ab Notifizierung der Entscheidung (Artikel 9, 10 und 11).

3.        Ciments Français focht die Entscheidung der Kommission mit einer Klage beim Gericht erster Instanz an.

II – Verfahren vor dem Gericht erster Instanz und angefochtenes Urteil

4.        Ciments Français beantragte mit ihrem Hauptantrag Nichtigerklärung der Entscheidung, hilfsweise Herabsetzung des Betrages der gegen sie verhängten Geldbuße. In jedem Fall beantragte sie Kostenentscheidung gegen die Kommission.

5.        Mit einer prozessleitenden Maßnahme, die den Parteien zwischen dem 19. Januar und dem 2. Februar 1996 zugestellt wurde, ersuchte das Gericht erster Instanz die Kommission um Vorlage einer Reihe von Dokumenten, die dem am 29. Februar durch Vorlage folgender Unterlagen (10) nachkam:

1.
die Mitteilung der Beschwerdepunkte, wie sie den betroffenen Unternehmen und späteren Klägerinnen jeweils übermittelt worden war;

2.
das Protokoll der Anhörung jedes der Unternehmen;

3.
das Verzeichnis aller erfassten Unterlagen des Vorgangs;

4.
die Konvolute mit den Dokumenten, auf die die Kommission ihre tatsächlichen Feststellungen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte stützte, und

5.
der Schriftwechsel zwischen dem Organ und den klagenden Unternehmen während des Verwaltungsverfahrens.

6.        Zwei weitere prozessleitende Maßnahmen wurden den Parteien am 2. Oktober 1996 sowie am 18. und 19. Juni 1997 zugestellt; mit der zweiten traf das Gericht erster Instanz genaue Anordnungen, damit die Klägerinnen sämtliche Originalunterlagen des Verfahrens mit Ausnahme derjenigen einsehen konnten, die Geschäftsgeheimnisse oder andere vertrauliche Informationen enthielten oder interne Dokumente der Kommission waren (11) .

7.        Nach Übermittlung des gesamten Vorgangs forderte das Gericht die klagenden Unternehmen und Unternehmensvereinigungen auf, in einem Schriftsatz genau die Dokumente anzugeben, die ihnen während des Verwaltungsverfahrens vorenthalten worden seien und deren Unkenntnis ihre Verteidigungsrechte beeinträchtigt habe, sowie zu erläutern, aus welchen Gründen das Verwaltungsverfahren ihrer Meinung nach zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn sie Gelegenheit gehabt hätten, sie einzusehen. Dem Schriftsatz sollten Kopien der geprüften Schriftstücke beigefügt werden. Alle Klägerinnen mit einer Ausnahme (12) leisteten der Verfügung Folge. Die Kommission beantwortete alle Schriftsätze (13) .

8.        In dem angefochtenen Urteil gab das Gericht erster Instanz der Klage von Ciments Français teilweise statt und entschied:

„–
Artikel 1 der Entscheidung 94/815 [wird] für nichtig erklärt, soweit der Klägerin darin zur Last gelegt wird, an der gerügten Zuwiderhandlung über den 17. Februar 1988 hinaus teilgenommen zu haben, und soweit darin festgestellt wird, dass die Klägerin durch die Teilnahme an der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b behandelten Zuwiderhandlung die im Rahmen von Cembureau – Association européenne du ciment geschlossene Vereinbarung durchgeführt habe;

Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a der Entscheidung 94/815 [wird] für nichtig erklärt, soweit der Klägerin darin zur Last gelegt wird, an einer Vereinbarung über die Aufteilung des saarländischen Marktes teilgenommen zu haben, und soweit darin festgestellt wird, dass die Klägerin über den 12. August 1987 hinaus an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag teilgenommen habe;

Artikel 4 Absatz 1 der Entscheidung 94/815 [wird] für nichtig erklärt, soweit der Klägerin darin zur Last gelegt wird, an der gerügten Zuwiderhandlung über den 31. Mai 1987 hinaus teilgenommen zu haben;

Artikel 4 Absatz 2 der Entscheidung 94/815 [wird] für nichtig erklärt, soweit der Klägerin darin zur Last gelegt wird, an der gerügten Zuwiderhandlung über den 7. November 1988 hinaus teilgenommen zu haben;

Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a der Entscheidung 94/815 [wird] in Bezug auf die Klägerin für nichtig erklärt;

Artikel 6 der Entscheidung 94/815 [wird] für nichtig erklärt, soweit der Klägerin darin zur Last gelegt wird, an der gerügten Zuwiderhandlung vor dem 18. November 1983 teilgenommen zu haben;

die Höhe der in Artikel 9 der Entscheidung 94/815 gegen die Klägerin verhängten Geldbuße [wird] auf 12 519 000 EUR festgesetzt;

die Höhe der in Artikel 10 der Entscheidung 94/815 gegen die Klägerin verhängten Geldbuße [wird] auf 1 051 000 EUR festgesetzt;

im Übrigen [wird] die Klage abgewiesen;

die Klägerin [trägt] ihre eigenen Kosten sowie ein Drittel der Kosten der Kommission;

die Kommission [trägt] zwei Drittel ihrer eigenen Kosten.“

9.        Das Gericht erster Instanz hielt Ciments Français somit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens für schuldig infolge der Teilnahme

1.
an der Vereinbarung Cembureau über die Respektierung der Inlandsmärkte für Grauzement (Artikel 1 der Entscheidung) vom 14. Januar 1983 bis 17. Februar 1989;

2.
an Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen betreffend die Reglementierung der Zementlieferungen aus Frankreich nach Deutschland und aus Deutschland nach Frankreich (Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a) vom 23. Juni 1982 bis 12. August 1987;

3.
an einer Vereinbarung über die Errichtung der European Task Force (Artikel 4 Absatz 1) vom 28. Mai 1986 bis 31. Mai 1987;

4.
vom 9. Juni 1986 bis 7. November 1988 an einer Vereinbarung über die Errichtung der Joint Trading Company Interciment SA zwecks Durchführung der Überzeugungs- und Abschreckungsmaßnahmen gegen die die Stabilität der Märkte der Mitgliedsländer gefährdenden Unternehmen (Artikel 4 Absatz 2);

5.
an abgestimmten Verhaltensweisen mit dem Ziel, den griechischen Herstellern, speziell Titan Cement Company SA, das italienische Unternehmen Calcestruzzi als Kunden zu entziehen (Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a), vom 9. September 1986 bis 15. März 1987;

6.
im Rahmen des European Export Policy Committee vom 18. November 1983 bis 17. Februar 1989 an einer fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise, die a) die Prüfung der Marktsituation in der Gemeinschaft, b) die Aufteilung der Drittlandsmärkte, c) die Festsetzung der Preise für die für den Fernexport bestimmten Erzeugnisse, und d) den Austausch individualisierter Angaben über die für die Ausfuhr zur Verfügung stehenden und die tatsächlich nach Drittländern ausgeführten Mengen betraf, mit der der Eintritt von Wettbewerbern in die jeweiligen nationalen Märkte der Gemeinschaft vermieden werden sollte (Artikel 6);

7.
im Rahmen von White Cement Committee vom 6. Mai 1982 bis 26. Mai 1988 a) an der abgestimmten Verhaltensweise und der Vereinbarung betreffend die Respektierung der Inlandsmärkte, b) an der fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise betreffend die Umleitung der Produktionsüberschüsse in den Export nach Drittländern, und c) an einer fortgesetzten abgestimmten Verhaltensweise betreffend den Austausch von nach Unternehmen individualisierten Informationen über die Produktionskapazität, die Produktion, die Verkäufe auf den Inlandsmärkten und im Export, die Inlandspreise für Weiß- und Grauzement und die Exportpreise (Artikel 7).

III – Das Verfahren vor dem Gerichtshof

10.      Nach Einlegung des Rechtsmittels und Abschluss des schriftlichen Verfahrens hat der Gerichtshof mit Beschluss vom 5. Juni 2002 aufgrund seiner Befugnis nach Artikel 119 der Verfahrensordnung (14) den ersten und den vierten Rechtsmittelgrund als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

11.      Wegen der übrigen Rechtsmittelgründe hat am 4. Juli 2002 eine gemeinsame mündliche Verhandlung über die sechs gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz eingelegten Rechtsmittel stattgefunden, an der die rechtsmittelführenden Unternehmen und die Kommission teilgenommen haben.

IV – Das Rechtsmittel

12.      Ciments Français hat beim Gerichtshof beantragt, das angefochtene Urteil teilweise aufzuheben und ihren in der ersten Instanz gestellten Anträgen stattzugeben, d. h., die Entscheidung für nichtig zu erklären, hilfsweise, den Betrag der gegen sie verhängten Geldbuße herabzusetzen, auf jeden Fall der Kommission die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

13.      Zur Stützung des vorstehenden Antrags hat sie vier Rechtsmittelgründe geltend gemacht, von denen zwei – der erste und der vierte –, wie ich schon erwähnte, bereits auf der Strecke geblieben sind.

14.      Nachstehend werden die Rügen von Ciments Français und die Entgegnung der Kommission dargestellt und geprüft, um meine Vorschläge zu belegen.

1. Das rechtsmittelführende Unternehmen und die Compagnie des Ciments Belges (zweiter Rechtsmittelgrund)

A – Vorbringen der Parteien

15.      Bei der Bemessung der gegen Ciments Français verhängten Geldbußen bezog die Kommission die Umsätze der Tochtergesellschaften in Spanien, Griechenland und Belgien mit ein. Das Gericht erster Instanz rechnete die Umsätze der in den erstgenannten beiden Ländern ansässigen Unternehmen heraus, nicht aber den der belgischen Tochtergesellschaft, weil es davon ausging, dass die Rechtsmittelführerin nicht bestritten habe, dass sie diese beherrscht habe, als die Zuwiderhandlungen begangen wurden. Diese gerichtliche Beurteilung weist Ciments Français zufolge einen offensichtlichen Beurteilungsfehler auf, weil den Akten der ersten Instanz zu entnehmen sei, dass sie die Kontrolle über die Compagnie des Ciments Belges ab Oktober 1990 übernommen habe, und stelle ferner wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung einen Rechtsfehler dar, weil das Gericht erster Instanz letztlich Unternehmen in der gleichen Situation verschieden behandelt habe.

16.      Demgemäß beantragt die Rechtsmittelführerin beim Gerichtshof die teilweise Aufhebung des angefochtenen Urteils und Herabsetzung der für die Zuwiderhandlung auf dem Grauzementmarkt verhängten Geldbuße von 12,52 auf 9,62 Millionen Euro.

17.      Die Kommission hält den Rechtsmittelgrund für unzulässig, weil er eine reine Tatsachenfrage betreffe. Sie betont, das Gericht erster Instanz habe festgestellt, dass die Bemessung der Geldbuße anhand des Gesamtumsatzes des Konzerns nicht bedeute, dass die Tochtergesellschaften für ihre Entrichtung einzustehen hätten, und dass insoweit nicht von irgendeiner Diskriminierung gesprochen werden könne. Außerdem habe die Rechtsmittelführerin diesen Punkt nicht in ihrer Rechtsmittelschrift erwähnt und könne sich nicht auf ihr mit dieser Feststellung zurückgewiesenes Vorbringen erster Instanz stützen, um Ausführungen des angefochtenen Urteils zu bekämpfen, die nicht über eine bloße Tatsachenfeststellung hinausgingen.

18.      Dieser Rechtsmittelgrund ist für die Kommission unbegründet, weil sich die Rechtsmittelführerin in der ersten Instanz lediglich auf das Schreiben bezogen habe, das sie am 28. Februar 1994 an sie gerichtet habe und in dem der Zeitpunkt, zu dem sie die belgische Tochtergesellschaft übernommen habe, nicht genannt sei. Der Fehler könne nicht als offensichtlich betrachtet werden, weil die Dokumente, die das sichtbar werden ließen, erst mit der Erwiderung vorgelegt worden seien. Vor dem Gericht erster Instanz sei nicht die Auswirkung des Zeitpunkts, zu dem die Kontrolle über die Tochtergesellschaft übernommen worden sei, auf die Bemessung der Geldbuße erörtert worden, sondern, ob diese Kontrollübernahme mit den genannten Wirkungen hätte bedacht werden und folglich der Umsatz der Tochtergesellschaft für die Berechnung des Betrages der Geldbuße hätte einbezogen werden müssen.

19.      Die Kommission bemängelt die Stellungnahme des Gerichts erster Instanz zu dieser Frage als zusammenhanglos. Wenn gemäß Randnummer 5040 des Urteils die Geldbuße nach dem Gesamtumsatz des verantwortlichen Unternehmens zu berechnen sei, weil dieser am besten Aufschluss über dessen wirtschaftliche Bedeutung auf dem Markt gebe, müsse der Umsatz der Tochtergesellschaften, die zu dem für die Ermittlung dieser Beträge herangezogenen Zeitpunkt zum Konzern gehörten, eingerechnet werden und dürfe nicht alles auf die Zeit der Begehung der Zuwiderhandlung bezogen werden. Dieser Ansatz stimme mit der Abschreckungsfunktion überein, die kennzeichnend für die Geldbuße sei. Es gebe keinen Grund, die Unternehmen nicht zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht zum Konzern gehört hätten.

B – Die maßgeblichen Gesichtspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsmittelgrundes

20.      In der Auseinandersetzung während der ersten Instanz erörterte Ciments Français den bei der Bemessung der Geldbußen herangezogenen Umsatz und stellte das als Referenzjahr gewählte Jahr (15) , aber auch die Einbeziehung des Umsatzes ihrer Tochtergesellschaften in Frage, weil sie aufgrund dieses letzten Kriteriums schwerer bestraft würden als die Tochtergesellschaften anderer Unternehmen, die getrennt von ihrer Muttergesellschaft bestraft worden seien. Sie sei „diskriminiert worden, da Unternehmen ihres Konzerns, obwohl sie nicht in der angefochtenen Entscheidung belangt würden, mit einer schwereren Sanktion belegt würden als Unternehmen, denen Zuwiderhandlungen zur Last gelegt würden“ (16) .

21.      Das Gericht erster Instanz ging auf das vorstehende Vorbringen ein und führte aus, dass, „[wenn] die Zuwiderhandlung von einem Unternehmen begangen worden [ist], das an der Spitze einer Unternehmensgruppe steht, die eine wirtschaftliche Einheit bildet, ... der Umsatz dieser gesamten Gruppe zur Berechnung seiner Geldbuße heranzuziehen [ist]“, weil dieser Umsatz nämlich am besten Aufschluss über die wirtschaftliche Bedeutung dieses Unternehmens auf dem Markt geben könne (17) . Es verwarf jedoch das Vorbringen bezüglich einer Diskriminierung, weil die Geldbuße gegen das klagende Unternehmen, das sie entrichten müsse, und nicht gegen eine ihrer Tochtergesellschaften verhängt worden sei (18) .

22.      Nach Festlegung des vorstehenden allgemeinen Grundsatzes stellte das Gericht fest, dass Ciments Français die Kontrollmehrheit ihrer beiden spanischen und der griechischen Tochtergesellschaft erworben habe, als ihre Teilnahme an den geahndeten Zuwiderhandlungen bereits beendet gewesen sei; deshalb entschied es, dass von der für die Bemessung der Geldbuße herangezogenen Grundlage die Umsätze der drei Tochtergesellschaften für das Referenzgeschäftsjahr abzuziehen seien (19) . Es wandte indessen bei der Compagnie des Ciments Belges nicht das gleiche Kriterium an, weil die Rechtsmittelführerin nicht bestritten habe, dass sie diese zur Zeit der Begehung der geahndeten Zuwiderhandlungen beherrscht habe (20) .

23.      Gleichwohl finden sich in der Verwaltungsakte und den Verfahrensakten der ersten Instanz Dokumente, die belegen, dass Ciments Français wiederholt bestätigt hat, bis Oktober 1990 die Compagnie des Ciments Belges nicht kontrolliert zu haben; im Einzelnen geht es um Folgendes:

1.
In einem Schreiben des Präsidenten des Unternehmens vom 28. November 1994 an den für Wettbewerbssachen zuständigen Kommissar der Gemeinschaft wurde angegeben, dass die Übernahme des belgischen Unternehmens zwischen Mai und Oktober 1990 stattgefunden habe. Dieses Dokument wurde von Ciments Français in erster Instanz als Anlage zum Erwiderungsschriftsatz vorgelegt (21) .

2.
In der Entscheidung führte die Kommission aus (22) , dass Ciments Français „1990 ... die Kontrolle über den belgischen Hersteller S. A. Compagnie des Ciments Belges ... [erwarb]“.

3.
In der Klageschrift (23) und in der Klagebeantwortung (24) wird das Jahr 1990 als dasjenige bezeichnet, in dem der Erwerb der Tochtergesellschaften stattfand.

4.
In einem Schreiben des Vertreters der Rechtsmittelführerin vom 22. September 1998 an das Gericht erster Instanz in Beantwortung einer Frage des Berichterstatters in der öffentlichen Sitzung wurden die Dokumente in den Akten benannt, die den Zeitpunkt der Übernahme der Kontrolle der belgischen Tochtergesellschaft belegten.

C – Ein offensichtlicher Tatsachenfehler, der der Korrektur bedarf

24.      Wie ich soeben bemerkt habe, hat das Gericht erster Instanz von der für die Bemessung der gegen Ciments Français verhängten Geldbußen herangezogenen Grundlage die Umsätze der spanischen und der griechischen Tochtergesellschaften für das Referenzgeschäftsjahr abgezogen, weil sie diese zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlungen nicht kontrolliert habe. Bei der belgischen Tochtergesellschaft hat es dies jedoch nicht getan, weil Ciments Français „nicht bestreitet“, dass sie diese zur Zeit der Beteiligung an den Zuwiderhandlungen beherrscht habe.

25.      Diese Formulierung, dass etwas nicht bestritten wird, weist eine vom Gerichtshof nicht zu beachtende subjektive Dimension auf, weil keine der Parteien vorgetragen hat, die Rechtsmittelführerin hätte ausdrücklich während des Gerichtsverfahrens geleugnet, dass sie zu der Zeit, in der sie an den geahndeten Zuwiderhandlungen teilgenommen habe, die belgische Zementfabrik kontrolliert habe. Sie weist aber auch einen objektiven Aspekt auf, nämlich genau den, auf den sich das Gericht erster Instanz gestützt hat.

26.      Die Lösung für die spanischen Tochtergesellschaften und die griechische beruhte darauf, dass feststand, dass zur Zeit der Begehung der Zuwiderhandlungen Ciments Français diese nicht kontrollierte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Lösung bei der Compagnie des Ciments Belges darauf zurückzuführen war, dass Ciments Français nicht den gleichen Beweis erbracht hatte.

27.      Der Entscheidung selbst lässt sich jedoch entnehmen, dass die Übernahme der Kontrolle über die belgische Tochtergesellschaft wie bei den drei anderen Tochtergesellschaften 1990 stattgefunden hatte. Dies ließ die Rechtsmittelführerin das Gericht erster Instanz in ihrer Erwiderung und der schriftlichen Antwort auf die Frage des Berichterstatters in der öffentlichen Sitzung wissen. Es handelt sich um einen Fehler, der außerdem in einem Dokument sichtbar wird, das von Anfang an Gegenstand der Erörterung vor dem Gericht war, nämlich in der Entscheidung selbst. Die Darlegungen der Kommission in der Rechtsmittelinstanz über den Zeitpunkt, zu dem die Dokumente, die den Fehler belegten, in das Verfahren eingeführt wurden, erweisen sich damit als bedeutungslos.

28.      Ich bin mir bewusst, dass das Rechtsmittel ein Verfahrensinstrument zur Ermittlung des Rechts ist, mit dessen Hilfe die vom Gericht erster Instanz festgestellten Tatsachen nicht abgeändert werden können (25) . Ausnahmsweise darf allerdings der Gerichtshof in diesen Bereich vordringen, wenn die Beweise unter Verstoß gegen eine Bestimmung oder gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts erlangt wurden oder wenn bei ihrer Würdigung Beweislast- und Beweisführungsregeln verletzt wurden, weil die Beweiswürdigung unlogisch oder willkürlich erfolgt ist und demzufolge die Beweismittel verfälscht wurden.

29.      Im letzten Fall würde die Würdigung, weil unlogisch, willkürlich oder unwahrscheinlich, die Regeln gesunder Kritik verletzen, womit sie zu einer Rechtsverletzung führt, die das Rechtsmittelgericht korrigieren muss. Dieses Kriterium ist vom Gerichtshof im Urteil Hilti/Kommission (26) vom 2. März 1994 aufgestellt worden, in dessen Randnummer 42 es heißt, dass [d]ie vom Gericht vorgenommene Würdigung der ihm vorgelegten Beweismittel, sofern diese Beweismittel nicht verfälscht werden (27) ], keine Rechtsfrage [ist], die als solche der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt. Nur kurze Zeit später wurde dieses Kriterium im Urteil Kommission/Brazzelli Lualdi u. a. vom 1. Juni 1994 (28) entschieden bestätigt, wenn es dort heißt, dass „allein das Gericht für die Tatsachenfeststellung zuständig [ist], sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind“ (29) . Heute ist diese Rechtsprechung gefestigt und unumstritten (30) .

30.      Alldem ist zu entnehmen, dass das Gericht erster Instanz einen Fehler bei der Beweiswürdigung begangen hat, weil bereits der Entscheidung selbst zu entnehmen ist, dass Ciments Français ihre belgische Tochtergesellschaft bis 1990 nicht kontrolliert hat, zu welchem Zeitpunkt sie, wie das Gericht erster Instanz einräumt, bereits nicht mehr an den geahndeten Zuwiderhandlungen beteiligt war. Aus diesem Irrtum, der der Korrektur bedarf, ergibt sich als Rechtsfolge die gleiche, die das Gericht auf die übrigen drei Tochtergesellschaften von Ciments Français angewandt hat: der Abzug der Umsätze der Compagnie des Ciments Belges im Jahr 1992 von der Bemessungsgrundlage für die Geldbußen.

31.      Es ist daher angebracht, dass der Gerichtshof diesen Rechtsmittelgrund für begründet erklärt.

32.      Um den Gerichtshof von der Unzulässigkeit dieser Rüge zu überzeugen, hat die Kommission in spitzfindiger Weise die Darlegungen, die die Randnummern 5044 bis 5047 des angefochtenen Urteils betreffen, mit denen der Rechtsmittelführerin in erster Instanz vermengt, die der angeblichen Diskriminierung ihrer Tochtergesellschaften gegenüber denen anderer Unternehmen durch Einbeziehung ihres Umsatzes bei der Bemessung der Geldbußen galten und die in Randnummer 5049 zurückgewiesen wurden. Wenn Ciments Français von Diskriminierung spricht (31) , so meint sie das in einem anderen Sinne, weil die ungleiche und unberechtigte Behandlung nicht zwischen ihren Tochtergesellschaften und denen anderer Unternehmen stattfinden soll, wie die Kommission meint, sondern zwischen den abhängigen Unternehmen der Rechtsmittelführerin, d. h. zwischen den beiden spanischen und der griechischen einerseits und der belgischen andererseits, weil nämlich der Umsatz der Letztgenannten nicht aus der Bemessungsgrundlage herausgenommen wurde.

2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (dritter Rechtsmittelgrund)

A – Vorbringen der Parteien

33.      Nach Auffassung von Ciments Français soll die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch verletzt haben, dass sie eine sehr hohe Geldbuße gegen sie verhängt habe, ohne den Grad ihrer Beteiligung an den einzelnen Zuwiderhandlungen zu berücksichtigen. Das Gericht erster Instanz hob drei der ihr angelasteten Vorwürfe auf, setzte allerdings die Geldbuße nicht herab.

34.      Die Kommission macht geltend, der Standpunkt des Gerichts erster Instanz sei die unmittelbare Folge der Zurückweisung des Vorbringens der Klägerinnen; demzufolge müssten die verhängten Geldbußen den Praktiken bei der Durchführung der Cembureau-Vereinbarung angepasst sein, wie sie von jedem der Unternehmen angewandt worden seien. Im Urteil sei die Analyse in Absatz 65, Punkt 3 der Entscheidung gebilligt worden, wo zum Ausdruck gekommen sei, dass nicht die konkreten Mittel der Durchführung der Vereinbarung beanstandet würden, sondern dass es um die globale Beteiligung an ihrer Durchführung gehe. Gerade deshalb sei es unangebracht gewesen, den Betrag der Buße wegen der Nichtigerklärung bestimmter Teile der Artikel 3 und 4 der Bußgeldentscheidung herabzusetzen. Die Buße sei, soweit sie sich auf den Grauzementmarkt beziehe, auf Artikel 1 gestützt.

35.      Außerdem habe das Gericht erster Instanz in den Randnummern 4951 bis 4963 des angefochtenen Urteils die in der Entscheidung verwendeten Kriterien für die Verhängung der Geldbußen anerkannt und festgestellt, dass sie eine Anpassung der Buße je nach Schwere der Zuwiderhandlung jedes Unternehmens und je nach der Rolle erlaubten, die sie bei der Vereinbarung gespielt hätten, wie dies Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 entspreche. Diese Bewertung tatsächlicher Umstände entziehe sich der Zuständigkeit des Gerichtshofes.

36.      Abschließend verweist die Kommission darauf, dass in den Randnummern 4814 und 4815 des angefochtenen Urteils der Betrag der Geldbuße je nach der Kürzung der Dauer der Zuwiderhandlung herabgesetzt worden sei, weshalb die genannte Vorschrift der Verordnung Nr. 17 ordnungsgemäß angewandt worden sei.

B – Die Kriterien der Kommission für die Verhängung der Geldbußen

37.      Bei der Prüfung dieses Rechtsmittelgrundes sind die Struktur der Gliederung der Entscheidung und die bei der Verhängung der Bußen ins Feld geführten Kriterien festzustellen.

38.      In der Entscheidung werden zwei unterschiedliche Märkte betrachtet, nämlich der Grauzement- und der Weißzementmarkt. In Zusammenhang mit dem ersten wird in Artikel 1 der Abschluss der Cembureau-Vereinbarung beanstandet, mit der die Respektierung der Inlandsmärkte und die Reglementierung der grenzüberschreitenden Zementlieferungen vereinbart wurden. Die Artikel 2 bis 6 fassen die bilateralen oder multilateralen Verhaltensweisen zusammen, mit denen diese „einheitliche und fortgesetzte“ Vereinbarung durchgeführt oder ihre Durchführung erleichtert werden sollte und Hindernisse, die sich ihrer Wirksamkeit in den Weg stellten, wie etwa die so genannte „griechische Bedrohung“, beseitigt werden sollten. Artikel 7 bezieht sich auf wettbewerbswidrige Verhaltensweisen auf dem Weißzementmarkt.

39.      Die Kommission verhängte getrennte Geldbußen für die Zuwiderhandlungen in Bezug auf den einen und auf den anderen Markt (32) .

40.      Was den Grauzementmarkt betrifft, für den allein Aalborg wettbewerbswidrige Verhaltensweisen vorgeworfen werden, beschloss die Kommission, nicht jedes Verhalten einzeln zu ahnden, und verhängte wegen der Verbindung zwischen der Cembureau-Vereinbarung und jeder der Maßnahmen zu ihrer Durchführung gegen jedes Unternehmen eine pauschale Geldbuße (33) . Diese Vorgehensweise ist legitim und findet ihre Grundlage in der Befugnis der Kommission, sich in einer Entscheidung zu unterschiedlichen Zuwiderhandlungen zu äußern (34) .

41.      Sie ging ferner davon aus, dass alle Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, an die die Entscheidung gerichtet war, sich der Cembureau-Vereinbarung angeschlossen hatten, und legte die Gesichtspunkte dar, die bei der Feststellung der Beteiligung des jeweiligen Teilnehmers zugrunde gelegt worden waren. Bezüglich Ciments Français legte sie dar, dass diese in Vertretung ihrer nationalen Vereinigung als Delegationsleiter an den Sitzungen von Cembureau vom 14. Januar 1983, 19. März und 7. November 1984 teilgenommen habe und als solcher in dem Zeitraum tätig geworden sei, für den die Vereinbarung galt (35) .

42.     „Im Rahmen dieser allgemeinen Feststellung hat die Kommission ... berücksichtigt, welche Rolle jedes Unternehmen beim Abschluss des Übereinkommens“ und „bei den Vereinbarungen und Maßnahmen zur Ergänzung dieses Übereinkommens oder Prinzips“ gespielt hat. Sie hat auch die Dauer der einen wie der anderen berücksichtigt (36) .

43.      Im Einklang mit dem vorstehenden Ansatz hat sie zwei Gruppen von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen herausgestellt: zum einen diejenigen, die an der Cembureau-Vereinbarung beteiligt waren, und zum anderen die übrigen Unternehmen mit einer weniger entscheidenden Beteiligung von geringerer Schwere (37) .

44.      Innerhalb der ersten Gruppe hat die Kommission drei Untergruppen unterschieden: 1. eine Untergruppe der Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die als Mitglied von Cembureau unmittelbar am Abschluss des Übereinkommens oder Prinzips der Respektierung der Inlandsmärkte teilgenommen und an Durchführungsmaßnahmen mit dem Ziel, die Inlandsmärkte unmittelbar zu schützen, mitgewirkt haben, wozu sie Ciments Français gezählt hat, 2. eine zweite Untergruppe der Unternehmen, die über ihre obersten Führungskräfte entweder in der Zeit des Abschlusses des Übereinkommens oder in der seiner Durchführung die Funktion von Delegationsleitern wahrgenommen haben, und 3. eine letzte Untergruppe der Unternehmen, die an Maßnahmen zur Durchführung des Übereinkommens mit dem Ziel, die Inlandsmärkte unmittelbar zu schützen, mitgewirkt haben (38) .

45.      Bei der zweiten Gruppe hat die Kommission drei Arten von Verantwortlichen unterschieden: 1. die Unternehmen, die nur an Maßnahmen zur Durchführung des Übereinkommens mit dem Ziel, die Produktionsüberschüsse nach Drittländern umzuleiten, mitgewirkt haben, 2. diejenigen, die zwar an Maßnahmen zur Durchführung des Übereinkommens mit dem Ziel, die Inlandsmärkte unmittelbar zu schützen, mitgewirkt, aber versucht haben, sich der Durchführung des Übereinkommens zu entziehen, und 3. das Unternehmen Ciments Luxemburgeois, das zwar unmittelbares Mitglied von Cembureau war und an den Treffen der Delegationsleiter, auf denen das Cembureau-Übereinkommen oder -Prinzip vereinbart wurde, teilgenommen, aber letztlich keine Durchführungsmaßnahmen angewandt hat (39) .

46.      Die Kommission verhängte gegen die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen der ersten Gruppe Geldbußen in Höhe von 4 % des jeweiligen Umsatzes auf dem Grauzementmarkt des Jahres 1992. Die in die zweite Gruppe Eingestuften wurden mit einer Buße von 2,8 % des gleichen Parameters belegt (40) .

47.      Das Gericht erster Instanz gab der Klage von Ciments Français teilweise statt, weil die Kommission bei der Bemessung der Geldbuße davon ausgegangen war, dass diese an der Cembureau-Vereinbarung 122 Monate lang beteiligt gewesen sei, die wirkliche Zeit ihrer Beteiligung indessen, wie sich im Verfahren herausgestellt hatte, nur 73 Monate betragen hatte (41) . Sodann ermäßigte das Gericht unter Berücksichtigung dieses Umstands und unter Anwendung der Berechnungsmethode der Kommission den Betrag der Geldbuße entsprechend (42) .

C – Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

48.      Die Geldbuße weist eine doppelte Zielsetzung auf: eine repressive und eine abschreckende. Sie soll ein Verhalten ahnden und die Urheber neben möglichen anderen Zuwiderhandelnden entmutigen, wettbewerbswidrige Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Sie muss daher für diese Ziele geeignet sein und das angemessene Gleichgewicht wahren, damit sie dem geahndeten Verhalten entspricht, und zugleich exemplarisch wirken.

49.      Beim ersten Aspekt, der Ahndung, muss die Buße als Folge des Grundsatzes der persönlichen Strafe, den ich in diesen Schlussanträgen bereits erwähnt habe, der Schwere des Verstoßes und den übrigen subjektiven und objektiven Umständen jedes einzelnen Falles angepasst sein. Aus diesem Grund bestimmt Artikel 15 Absatz 2 a. E. der Verordnung Nr. 17, dass der Betrag der Geldbuße unter Berücksichtigung der Schwere der Zuwiderhandlung und gegebenenfalls auch der Dauer festzusetzen ist.

50.      Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Schwere der Zuwiderhandlung anhand zahlreicher Gesichtspunkte zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Sache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (43) .

51.      Bei dieser Beurteilung gibt es meines Erachtens drei zentrale Kriterien: die Eigenart des Verstoßes, die Auswirkung auf den Wettbewerb und die räumliche Ausdehnung des betroffenen Marktes, wobei jedes Kriterium in einer objektiven Dimension, nämlich der des Verstoßes selbst, und in einer subjektiven, der des verantwortlichen Unternehmens, zu betrachten ist (44) .

52.      Somit sind zu würdigen der Inhalt der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die Ausdehnung des Marktes, auf den sie sich auswirken, und ganz besonders die Schädigung der öffentlichen Wirtschaftsordnung; insoweit sind Punkte wie die Dauer der verbotenen Verhaltensweise, das materielle Wesen des betreffenden Marktes sowie Zahl und Intensität der ins Werk gesetzten Durchführungsmaßnahmen nicht zu unterschätzen.

53.      Auf der subjektiven Ebene der verantwortlichen Unternehmen gelten Umstände wie deren relative Bedeutung oder ihr Marktanteil in dem betreffenden Wirtschaftssektor sowie die Wiederholung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen.

54.      Die Forderung, dass die Geldbuße der Schwere des Verstoßes angepasst sein muss, führt dazu, dass, wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Personen begangen wurde (45) , zu prüfen ist, welche relative Schwere die Beteiligung jeder von ihnen bei Berücksichtigung der genannten Punkte aufweist (46) . Der Grundsatz der Gleichbehandlung verlangt, dass die Geldbuße für alle Unternehmen in der gleichen Situation gleich ist und dass verhindert werden muss, dass diejenigen, die sich in einer unterschiedlicher Situation befinden, mit der gleichen Sanktion belegt werden.

55.      Das Gericht erster Instanz ist bei der Bestätigung und Anwendung der von der Kommission bei der Bemessung der Geldbußen herangezogenen Kriterien in dieser Weise verfahren. Diese Kriterien sind alles andere als eine willkürliche Einstufung der verantwortlichen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen; sie sind vielmehr Ergebnis einer eingehenden Untersuchung der Beteiligung und des Verhaltens jedes/jeder von ihnen. Dies wird trefflich belegt durch die Punkte 3, 5 und 9 des Absatzes 65 der Entscheidung, in der, wie nicht zu vergessen ist, ein ausführlicher erster Teil enthalten ist, der dem Sachverhalt gewidmet ist und in dem die Beteiligung der einzelnen beschuldigten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen dargestellt wird.

56.      Alle Verhaltensweisen, die nicht zwangsläufig identisch sind, haben ein und dasselbe wettbewerbswidrige Ziel verfolgt, weshalb sie für die Festsetzung der Geldbußen entsprechend ihrer Schwere je nach der Auswirkung auf den Markt und der Beeinträchtigung des freien Wettbewerbs in eine oder mehrere Gruppen eingestuft werden konnten.

57.      An dieser Vorgehensweise ist nichts Regelwidriges, weil die Schwere eines Verstoßes, wie bereits erwähnt, unter Berücksichtigung der Schädigung, die die Verhaltensweisen der öffentlichen Wirtschaftsordnung zugefügt haben, beurteilt werden kann. Wie es das Gericht in Randnummer 4966 des angefochtenen Urteils ausdrückt, versuchte jedes der an der Cembureau-Vereinbarung beteiligten Unternehmen, „die Nichteinlieferung in die Inlandsmärkte durch so viele Maßnahmen sicherzustellen, wie es insbesondere seinen Geschäftsinteressen und der geografischen Lage seines natürlichen Marktes entsprach“. Daher sei „[d]ie auf diesen Gesichtspunkten beruhende Teilnahme an nur wenigen unerlaubten Maßnahmen ... nicht Ausdruck einer weniger starken Unterstützung der Cembureau-Vereinbarung und damit einer geringeren Verantwortung für die geahndete Zuwiderhandlung“. Ihre Situation war die gleiche, soweit es die Beeinträchtigung des Wettbewerbs betrifft.

58.      Die Gründe, die die Kommission darlegt und die das Gericht erster Instanz übernimmt (47) , um zwischen den beiden Unternehmensgruppen zu unterscheiden, entsprechen einem objektiven und vernünftigen Maßstab wie der Auswirkung der Verhaltensweisen auf den Wettbewerb und insbesondere auf die Aufteilung der nationalen Märkte. In dieser Weise wurden die in den Artikeln 2, 3 und 4 der Entscheidung beschriebenen Verhaltensweisen, da sie die unmittelbare Abschottung dieser Märkte zum Ziel hatten, als schwerwiegender eingestuft, während die in den Artikeln 5 und 6 behandelten, mit „weniger unmittelbare[n] Auswirkungen“ (48) , als weniger schwerwiegend betrachtet werden konnten.

59.      Wenn folglich die Kriterien der Kommission den Grundsätzen entsprechen, die für die Verhängung der Geldbußen gelten, so entspricht ihnen auch das Gericht erster Instanz, wenn es die gleichen Regeln anwendet.

60.      Mit anderen Worten ist die Auffassung, dass die Teilnahme an der Cembureau-Vereinbarung (Artikel 1 der Entscheidung), soweit es den Grauzementmarkt betrifft, unter Absehen von den konkreten Mitteln ihrer Durchführung (Artikel 2 bis 6 der Entscheidung) zu ahnden sei, rechtlich nicht zu beanstanden. Das Gleiche gilt für den Standpunkt des Gerichts, den Betrag der Geldbuße bei den Unternehmen, die an der Vereinbarung mit der von der Kommission in der Bußgeldentscheidung dargestellten Intensität beteiligt waren, nicht herabzusetzen, auch wenn es ihnen einige vereinzelte Durchführungsmaßnahmen, die ihnen in der Entscheidung vorgeworfen wurden, nicht zugerechnet hat (49) .

61.      Demgemäß ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

V – Zusammenfassung und Urteilsvorschlag

62.      In Nummer 31 dieser Schlussanträge habe ich dem Gerichtshof vorgeschlagen, dem zweiten von Ciments Français geltend gemachten Rechtsmittelgrund stattzugeben, dessen Erfolg zur Aufhebung des angefochtenen Urteils zwingt, soweit es den Betrag der Geldbuße für die Zuwiderhandlungen dieses Unternehmens auf dem Grauzementmarkt auf 12,52 Millionen Euro festgesetzt hat.

63.      Wenn das angefochtene Urteil aus der Rechtswelt entfernt ist, kann der Gerichtshof, der über alle erforderlichen Entscheidungselemente verfügt, über die Anträge von Ciments Français selbst entscheiden (50) , auch wenn dies lediglich auf elementaren Gründen der Prozessökonomie beruhen mag (51) .

64.      Da somit dem Antrag teilweise stattzugeben ist, ist die in Artikel 9 der Entscheidung gegen Ciments Français verhängte Geldbuße für die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen auf dem Grauzementmarkt auf 9,62 Millionen Euro herabzusetzen. Dies entspricht einer ordnungsgemäßen Berechnung, die die Rechtsmittelführerin selbst in Randnummer 2.4 der Rechtsmittelschrift auf der Grundlage von Zahlen vorgenommen hat, die sie in der ersten Instanz und in der Rechtsmittelinstanz angegeben und die die Kommission nicht in Zweifel gezogen hat.

65.      Ich sehe keinen ausreichenden Grund, die Entscheidung des Gerichts erster Instanz über die Verfahrenskosten zu ändern (52) .

VI – Kosten

66.      Gemäß Artikel 122 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 69 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes trägt jede Partei ihre durch dieses Rechtsmittel verursachten Kosten.

VII – Ergebnis

67.      Aufgrund dieser Darlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor,

1.
dem zweiten Rechtsmittelgrund von Ciments Français stattzugeben;

2.
das angefochtene Urteil teilweise für rechtswidrig zu erklären und aufzuheben;

3.
dem Antrag von Ciments Français teilweise stattzugeben und demgemäß Artikel 9 der Entscheidung 94/815/EG der Kommission vom 30. November 1994 für nichtig zu erklären, soweit er dieses Unternehmen betrifft;

4.
die verhängte Geldbuße wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen auf dem Grauzementmarkt auf 9 620 000 Euro herabzusetzen;

5.
jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.


1
Originalsprache: Spanisch.


2
Verbundene Rechtssachen T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95 (Slg. 2000, II‑491).


3
ABl. 1962, Nr. 13, S. 204.


4
Aktenzeichen IV/33.126 und 33.322 – Zement.


5
Randnrn. 2 und 3 des angefochtenen Urteils.


6
Randnrn. 3, 9 und 12.


7
Randnrn. 4 und 6.


8
ABl. L 343, S. 1.


9
Absatz 22 der Entscheidung.


10
Vgl. Randnr. 163 in Verbindung mit den Randnrn. 5 und 95 des angefochtenen Urteils.


11
Vgl. Randnrn. 164 und 168 des angefochtenen Urteils.


12
Ciments Luxembourgeois SA


13
Randnrn. 169 und 170 des angefochtenen Urteils.


14
Geänderte Fassung, veröffentlicht in ABl. C 34 vom 1. Februar 2001, S. 1.


15
Diese Frage war Gegenstand des vierten Rechtsmittelgrundes, der mit dem Beschluss vom 5. Juni 2002 als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen wurde.


16
Vgl. Randnr. 5038 des angefochtenen Urteils. Vgl. auch Randnrn. 5033 und 5034.


17
Vgl. Randnr. 3040.


18
Vgl. Randnr. 5049.


19
Vgl. Randnrn. 5045 bis 5047.


20
Vgl. Randnr. 5044.


21
Sie hat dieses Schreiben auch zusammen mit der Einlegung des Rechtsmittels vorgelegt (Anlage 3).


22
Vgl. Absatz 5 Punkt 7 Buchstabe g dritter Gedankenstrich zweiter Abschnitt.


23
S. 102 a. E. und 103.


24
S. 46 letzter Absatz.


25
Vgl. Nr. 27 meiner Schlussanträge vom 3. Mai 2001 zum Urteil vom 10. Juli 2001 in der Rechtssache C-315/99 P (Ismeri Europa/Rechnungshof, Slg. 2001, I‑5281) und die dort in Fußnote 17 zitierten Urteile sowie Randnr. 17 des Urteils Ismeri/Rechnungshof. Unter den jüngeren Urteilen des Gerichtshofes vgl. Urteil vom 21. Juni 2001 in den verbundenen Rechtssachen C‑280/99 P bis C‑282/99 P (Moccia Irme u. a./Kommission, Slg. 2001, I‑4717, Randnr. 78).


26
Rechtssache C-53/92 P (Slg. 1994, I‑667).


27
Hervorhebung von mir.


28
Rechtssache C-132/92 P (Slg. 1994, I‑1981).


29
Randnr. 49. Hervorhebung von mir.


30
Vgl. Urteile vom 25. Mai 1998 in der Rechtssache C-7/95 P (Deere/Kommission, Slg. 1998, I‑3111, Randnr. 21) und vom 21. Juni 2001 (Moccia Irme u. a./Kommission, zitiert in Fußnote 25, Randnr. 78). Vgl. auch Beschluss vom 17. September 1996 in der Rechtssache C-19/95 P (San Marco/Kommission, Slg. 1996, I‑4435, Randnr. 39).


31
Erster Absatz der Randnr. 2.4.


32
Vgl. Absatz 65 Punkt 7 der Entscheidung.


33
Vgl. Absatz 65 Punkt 7 erster Gedankenstrich der Entscheidung.


34
Vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in der Rechtssache 40/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnr. 111). Zur Festlegung des Betrages der Geldbußen bei komplexen Zuwiderhandlungen vgl. David, E., „La détermination du montant des amendes sanctionnant les infractions complexes: régime commun ou régime particulier“, Revue trimestrielle de droit européen, Nr. 36, Heft 3, Juli–September 2000, S. 511 bis 545.


35
Vgl. Absatz 65 Punkt 3 Buchstabe a sowie Punkt 9 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich der Entscheidung.


36
Absatz 65 Punkt 9 erster Gedankenstrich der Entscheidung. Vgl. auch Randnr. 4950 des angefochtenen Urteils. Die Kommission hat „eine Globalbuße gegen jedes Unternehmen für seine Teilnahme am Cembureau-Übereinkommen oder -Prinzip und an den Maßnahmen zur Anwendung dieses Übereinkommens festgesetzt“ (Absatz 65 Punkt 8 zweiter Gedankenstrich).


37
Absatz 65 Punkt 9 Buchstaben a und b der Entscheidung.


38
Absatz 65 Punkt 9 Buchstabe a der Entscheidung.


39
Absatz 65 Punkt 9 Buchstabe b der Entscheidung.


40
Vgl. das dem Gericht erster Instanz übersandte Schreiben der Kommission vom 7. Juli 1998, insbesondere Absätze 2 und 3. Vgl. auch Randnrn. 4738, 4957 und 4963 des angefochtenen Urteils.


41
Vgl. Randnrn. 4807 bis 4814 des angefochtenen Urteils, insbesondere den zweiten Gedankenstrich der Randnr. 4814.


42
Vgl. Randnr. 4815 und Punkt 12 siebter Gedankenstrich des Urteilstenors.


43
Vgl. Urteil vom 7. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 100/80 bis 103/80 (Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 120) und vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C-219/95 P (Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I‑4411, Randnr. 33); vgl. auch Beschluss vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P (SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I‑1611, Randnr. 54).


44
In dem bereits zitierten Werk führt E. David aus: „La gravité s’apprecie selon trois critères: la nature de l’infraction, son impact sur le marché lorsqu’il est mesurable et le marché géographique et à deux niveaux: ceux de l’infraction et de l’entreprise“ (S. 522).


45
Die Verstöße gegen Artikel 81 EG setzen definitionsgemäß ein kollektives Verhalten voraus.


46
Vgl. Urteil Suiker Unie u. a. (zitiert in Fußnote 34, Randnr. 623) und Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C‑51/92 (Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1999, I‑4250, Randnr. 110).


47
Vgl. Absatz 65 Punkt 9 der Entscheidung und Randnr. 4968 des angefochtenen Urteils.


48
Randnr. 4968 a. E.


49
Vgl. Urteil Ciments Français und Absatz 65 Punkt 3 Buchstabe b der Entscheidung.


50
Ich habe in meinen Schlussanträgen zum Urteil des Gerichtshofes vom 14. September 1999 in der Rechtssache C-310/97 P (Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Slg. 1999, I‑5363, Fußnote 70) ausgeführt, dass dem Gerichtshof in Artikel 54 der EG-Satzung des Gerichtshofes eine solche Befugnis zugestanden wird, wenn es dort heißt: „Ist das Rechtsmittel begründet, so hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf [und] kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.“ Ein Fall, auf den sich die Befugnis aus dieser Vorschrift anwenden lässt, ist derjenige des Irrtums in iudicando, vorausgesetzt, dass der festgestellte Sachverhalt vollständig ist und für eine endgültige Entscheidung ausreicht und dass keine Beweise erhoben zu werden brauchen. So hat es wohl der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung gesehen, wenngleich er niemals näher ausgeführt hat, weshalb der Stand des Rechtsstreits es ihm ermöglicht, diesen selbst zu entscheiden, sondern sich z. B. auf die lakonische Feststellung beschränkt hat, dies sei „vorliegend der Fall“ (Urteile vom 20. November 1992 in der Rechtssache C‑345/90 P, Parlament/Henning, Slg. 1992, I‑949 ff., insbesondere I‑989, und vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF, Slg. 1994, I‑2648).

Im Ergebnis ist es angebracht, dass der Gerichtshof über den materiellen Gegenstand des Rechtsstreits selbst entscheidet, wenn sich aus den Akten ergibt, dass dieser entscheidungsreif ist (vgl. Héron, J., Droit judiciaire privé, Ed. Montchrétien, Paris 1991, S. 517; Vincent, J., und Guinchard, S., Procédure civile, Ed. Dalloz, Paris, S. 922), dies entsprechend seiner Ausgestaltung durch den Gemeinschaftsgesetzgeber als modernes Revisionsgericht, das weitgehend frei ist, ein Nichtigkeitsurteil zu erlassen, wenn es dies für zweckmäßig hält (vgl. Nieva Fenoll, J., El recurso de casación ante el Tribunal de Justicia de las Comunidades Europea, Ed. Bosch, Barcelona 1998, S. 430).


51
Die Entscheidung wurde 1994 erlassen.


52
Vgl. Randnrn. 5119 bis 5123, 5131 und 5132 des angefochtenen Urteils.

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