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Document 62000CC0074

Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 21. Februar 2002.
Falck SpA und Acciaierie di Bolzano SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen - EGKS-Regelung - Rechte des Beihilfenempfängers - Anwendungsbereich: Kein Erfordernis einer Beeinträchtigung des Handels und des Wettbewerbs - Zeitlicher Anwendungsbereich der verschiedenen Kodexe - Zinssatz bei Rückzahlung rechtswidriger Beihilfen.
Verbundene Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 I-07869

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2002:106

62000C0074

Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 21. Februar 2002. - Falck SpA und Acciaierie di Bolzano SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Staatliche Beihilfen - EGKS-Regelung - Rechte des Beihilfenempfängers - Anwendungsbereich: Kein Erfordernis einer Beeinträchtigung des Handels und des Wettbewerbs - Zeitlicher Anwendungsbereich der verschiedenen Kodexe - Zinssatz bei Rückzahlung rechtswidriger Beihilfen. - Verbundene Rechtssachen C-74/00 P und C-75/00 P.

Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-07869


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einführung

1. Mit den vorliegenden Rechtsmitteln wenden sich die Acciaierie di Bolzano SpA (im Folgenden: ACB) und die Falck SpA (im Folgenden: Falck) gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-158/96. Das Gericht hatte die Klage der ACB wegen Nichtigerklärung der an die Italienische Republik gerichteten Entscheidung 96/617/EGKS der Kommission vom 17. Juli 1996 (im Folgenden: die angefochtene Entscheidung) abgewiesen. Mit dieser Entscheidung wurde Italien verpflichtet, die von der autonomen Provinz Bozen nach dem 1. Januar 1986 an das Stahlunternehmen Acciaierie di Bolzano (ab Anfang der 80er Jahre) gewährten Beihilfen zurückzufordern, da diese nicht angemeldet worden und mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar waren. Dabei ist auch strittig, ob die Überprüfung der Beihilfen nach den zur Zeit ihrer Gewährung geltenden Stahlbeihilfenkodizes zu erfolgen hatte oder gemäß dem zur Zeit der Rückforderungsentscheidung geltenden.

2. Die ACB ist als Hersteller von Spezialstahlerzeugnissen ein Unternehmen im Sinne des EGKS-Vertrages. Bis zur Veräußerung an die Valbruna Srl am 31. Juli 1995 wurde die Gesellschaft von dem Stahlkonzern Falck kontrolliert, der die ACB in erster Instanz als Streithelferin unterstützt hat.

3. Die Rechtsmittelführerinnen rügen, dass das Gericht eine Reihe von Rechtsfehlern der Entscheidung nicht zutreffend bewertet habe. Insbesondere seien bei Erlass der Entscheidung die Anhörungs- bzw. Verteidigungsrechte der ACB missachtet worden. Außerdem ziele die Entscheidung nicht auf eine Beseitigung des Beihilfeeffekts, sondern habe Sanktionscharakter. Auch die Zinsberechnung sei fehlerhaft. Ferner habe die Kommission wegen der Rückforderung von bis zu 10 Jahren zuvor gewährten Beihilfen gegen die Verjährungsregeln, das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen.

4. Während die Italienische Republik in ihrer Rechtsmittelbeantwortung zugunsten der Rechtsmittelführerinnen Stellung nimmt, tritt die Kommission den Rügen entgegen. Sie wirft zudem Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels von Falck auf (Rechtssache C-74/00 P) und beantragt die Entfernung einiger interner Dokumente der Kommission aus den Akten, die andere Verfahrensbeteiligte vorgelegt haben.

II - Rechtlicher Rahmen

5. Gemäß Artikel 4 Buchstabe c des EGKS-Vertrages sind Beihilfen der Mitgliedstaaten mit dem gemeinsamen Markt für Kohle und Stahl an sich unvereinbar und untersagt. Artikel 95 EGKS-Vertrag räumt der Kommission jedoch die Befugnis ein, auch (Ausnahme-) Entscheidungen zu erlassen, soweit dies erforderlich erscheint, um eines der in Artikel 2, 3 und 4 näher bezeichneten Ziele der Gemeinschaft gemäß Artikel 5 zu erreichen.

6. Auf dieser Grundlage erließ die Kommission 1980 den so genannten Ersten Stahlbeihilfenkodex, der abweichend von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag in bestimmten Fällen staatliche Beihilfen zur Umstrukturierung der Stahlindustrie im Rahmen einer gemeinsamen Politik zuließ.

7. Der Erste Kodex galt bis zum 31. Dezember 1981 und wurde anschließend vom Zweiten Stahlbeihilfenkodex abgelöst, der bis zum 31. Dezember 1985 Anwendung fand. Es folgten der Dritte Stahlbeihilfenkodex, gültig vom 1. Januar 1986 bis 31. Dezember 1988, der Vierte Stahlbeihilfenkodex, gültig vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1991, der Fünfte Stahlbeihilfenkodex, gültig vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 und schließlich der Sechste Stahlbeihilfenkodex, gültig seit 1. Januar 1997.

8. Die Kodizes sehen ein besonderes Genehmigungsverfahren für Beihilfen im Stahlsektor vor. Danach müssen die Mitgliedstaaten Beihilfen jeweils bis zu einem bestimmten Zeitpunkt bei der Kommission angemeldet haben. Diese entscheidet über die Genehmigung, nachdem sie den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Seit dem Zweiten Kodex enthalten die Kodizes eine Vorschrift, nach der genehmigte Beihilfen nur während der Laufzeit des jeweils angewandten Kodex ausgezahlt werden dürfen (Artikel 2 Absatz 1 letzter Spiegelstrich Zweiter Kodex).

9. Die Ausnahmetatbestände in den Kodizes wurden mit der Zeit immer enger gefasst. Nach dem Ersten und Zweiten Kodex waren allgemeine Investitionsbeihilfen und mit Einschränkungen auch Betriebsbeihilfen noch weitgehend genehmigungsfähig, soweit sie im Rahmen eines Umstrukturierungsplans gewährt wurden. Der Dritte und der Vierte Kodex erlaubten dagegen nur noch die Genehmigung von Forschungs- und Entwicklungs-, Umweltschutz- und Schließungsbeihilfen. Sonstige in allgemeinen Regelungen vorgesehene regionale Investitionsbeihilfen konnten nur unter eingeschränkten Bedingungen genehmigt werden (Artikel 5 Dritter Kodex und Artikel 5 Vierter Kodex). Nach Artikel 5 des Fünften Kodex sind regionale Investitionsbeihilfen schließlich nur noch in Griechenland, Portugal und im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zulässig.

III - Sachverhalt und angefochtene Entscheidung

A - Sachverhalt

10. Zur Vorgeschichte des Rechtsstreits hat das Gericht in seinem Urteil folgende Feststellungen getroffen:

8. Mit Schreiben vom 5. Juli 1982 unterrichtete die Kommission die italienische Regierung von ihrem Beschluss, die Regelung regionaler Beihilfen zu genehmigen, die durch das Gesetz Nr. 25/81 der autonomen Provinz Bozen vom 8. September 1981 über Finanzzuwendungen an die Industrie (im Folgenden: Provinzgesetz Nr. 25/81) eingeführt worden war. In dem Schreiben wies die Kommission jedoch darauf hin, dass sie auch über die sektorielle Anwendung des in diesem Bereich einschlägigen nationalen Gesetzes Nr. 675 vom 12. August 1977 zur Koordinierung der Industriepolitik und zur Restrukturierung, Umwandlung und Entwicklung des Sektors (1/a) (im Folgenden: nationales Gesetz Nr. 675/77) zu entscheiden habe und sich deshalb nach Maßgabe der von ihr auf nationaler Ebene noch zu treffenden Entscheidung eine nähere Festlegung der Bedingungen vorbehalte, die für die Durchführung der Regelung in der Provinz Bozen gelten sollten. Sie wies außerdem darauf hin, dass die Behörden der Provinz Bozen in vollem Umfang die Vorschriften der gemeinschaftlichen Stahlbeihilfenkodexe einzuhalten hätten.

9. Artikel 1 der Entscheidung 91/176/EGKS der Kommission vom 25. Juli 1990 über die von der Provinz Bozen für das Stahlwerk Bozen gewährten Beihilfen (ABl. L 86, S. 28) lautet: Die Zinsverbilligung eines im Dezember 1987 dem Unternehmen Acciaierie di Bolzano von der Provinz Bozen in Italien in Anwendung des Provinzgesetzes Nr. 25 vom 8. September 1981 gewährten Darlehens [in Höhe von 6 Milliarden ITL] ist eine unrechtmäßig gewährte Beihilfe, weil sie ohne vorherige Genehmigung der Kommission durchgeführt worden und außerdem mit dem Gemeinsamen Markt im Sinne der Entscheidung Nr. 3484/85/EGKS [Dritter Kodex] unvereinbar ist. Die Kommission verlangte in dieser Entscheidung allerdings nicht die Erstattung der bereits gezahlten Beträge, sondern gab den Behörden der Provinz Bozen nur auf, die Zinsverbilligung der Jahresraten des streitigen Darlehens bis zu dessen Auslaufen einzustellen.

10. Im zweiten Absatz des Abschnitts II der Begründung dieser Entscheidung erinnerte die Kommission daran, dass sie am 25. Mai 1983 auf der Grundlage des Zweiten Kodex für die Umstrukturierung bestimmter privater italienischer Unternehmen Beihilfen in der Größenordnung von 40 Milliarden ITL genehmigt habe, darunter einen Betrag in Höhe von 2 Milliarden ITL, der dem Stahlwerk Bozen aufgrund des nationalen Gesetzes Nr. 675/77 gewährt werden sollte. In diesem Rahmen sollte für das spezielle Vorhaben, die Erzeugnisse der Bozener Walzdrahtstraße qualitativ zu verbessern, ein verbilligtes Darlehen in Höhe von 6 Milliarden ITL bereitgestellt werden. Im folgenden Absatz der Entscheidungsbegründung wies die Kommission allerdings darauf hin, dass ihr die italienische Regierung mitgeteilt habe, dass das nationale Gesetz Nr. 675/77 aufgrund der Verwaltungsstruktur Italiens, die eine weitgehende Autonomie insbesondere für die Provinzen Trentino und Bozen vorsehe, in diesen Gebieten nicht gelte und dass in der Provinz Bozen stattdessen das Provinzgesetz Nr. 25/81 gelte. Die Kommission führte aus, dass sich die tatsächliche Gewährung der Beihilfe dadurch verzögert habe. Im zweiten Absatz des Abschnittes III der Entscheidungsbegründung kam sie sodann zu dem Ergebnis, dass die genehmigte Beihilfe, da sie nicht bis zu dem gemäß Artikel 2 Absatz 1 fünfter Gedankenstrich des Zweiten Kodex verbindlichen Zeitpunkt des 31. Dezember 1985 ausgezahlt und weder erneut angemeldet noch von ihr nach dem Dritten Kodex genehmigt worden sei, zu einer unrechtmäßig gewährten Beihilfe geworden sei.

11. Auf eine förmliche Beschwerde ersuchte die Kommission am 21. Dezember 1994 die italienischen Behörden um Auskunft über öffentliche Zuschüsse zugunsten der Klägerin. Die italienische Regierung antwortete hierauf mit Schreiben vom 6. April und 2. Mai 1995.

12. Mit Schreiben vom 1. August 1995 unterrichtete die Kommission die italienische Regierung, dass sie die Einleitung des Verfahrens gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex beschlossen habe, und ersuchte sie um Stellungnahme. Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde am 22. Dezember 1995 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 344, S. 8; im Folgenden: Beschluss über die Einleitung des Verfahrens) veröffentlicht; den anderen Mitgliedstaaten und interessierten Dritten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

13. Mit Schreiben vom 18. Januar 1996 beantragte die Klägerin [ACB] als interessierte Dritte bei der Kommission, in dem eingeleiteten Verfahren hinzugezogen und angehört zu werden. Nachdem dieses Schreiben ohne Antwort geblieben war, bat die Klägerin mit einem zweiten Schreiben vom 28. März 1996 um Auskunft über den Verfahrensstand und insbesondere auch darüber, ob es die Kommission als ihre Pflicht ansehe, die Klägerin anzuhören oder bei ihr Informationen einzuholen.

14. Mit Schreiben vom 19. und 22. Januar 1996 nahmen der Verband der deutschen Stahlhersteller, die Wirtschaftsvereinigung Stahl, und der britische Stahlherstellerverband, die British Iron and Steel Producers Association, gegenüber der Kommission Stellung. Die Kommission übermittelte diese Schreiben den italienischen Behörden mit Begleitschreiben vom 20. Februar 1996.

15. Mit Schreiben vom 27. März 1996 nahmen auch die italienischen Behörden gegenüber der Kommission Stellung."

B - Angefochtene Entscheidung

11. Am 17. Juli 1996 erließ die Kommission gestützt auf den Fünften Kodex die angefochtene Entscheidung.

12. In Artikel 1 der Entscheidung stellt die Kommission fest, dass die gemäß dem Provinzgesetz Nr. 25/81 gewährten Beihilfen mangels vorheriger Notifizierung unrechtmäßig und nach Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

13. Artikel 2 verpflichtet Italien, die nach dem 1. Januar 1986 auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 und der Beschlüsse Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987, Nr. 2429 vom 2. Mai 1988 und Nr. 4158 vom 4. Juli 1988 nebst Zinsen zurückzufordern. Wegen der Höhe des Zinssatzes wird auf den Satz verwiesen, den die Kommission bei der Bemessung des Nettosubventionsäquivalents von Regionalbeihilfen in dem betreffenden Zeitraum zugrunde gelegt hat".

14. In der Begründung hat die Kommission die nachfolgend zusammengefassten Feststellungen getroffen.

15. Im Zeitraum 1982 bis 1990 habe ACB auf der Grundlage des Provinzgesetzes Nr. 25/81 folgende Beihilfen erhalten:

- mit Beschluss Nr. 784 vom 14. Februar 1983:

ein Darlehen in Höhe von 5,6 Milliarden ITL und einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 8 Milliarden ITL;

- mit Beschluss Nr. 3082 vom 1. Juli 1985:

ein Darlehen in Höhe von 12,941 Milliarden ITL;

- mit Beschluss Nr. 6346 vom 3. Dezember 1985:

einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 10,234 Milliarden ITL;

- mit Beschluss Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987:

ein Darlehen in Höhe von 6,321 Milliarden ITL;

- mit Beschluss Nr. 2429 vom 2. Mai 1988:

einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 3,750 Milliarden ITL;

- mit Beschluss Nr. 4158 vom 4. Juli 1988:

ein Darlehen in Höhe von 987 Millionen ITL und einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 650 Millionen ITL.

16. Die Beihilfen seien zum einen als zinsgünstige Darlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren und zum Zinssatz von 3 %, d. h., zu einer um rund 9 Prozentpunkte unter dem in Italien seinerzeit marktüblichen Satz von 12 % liegenden Verzinsung und zum anderen als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt worden.

17. Mit Ausnahme des Darlehens in Höhe von 5,6 Mrd. ITL sei keine der Beihilfen notifiziert und genehmigt worden. Durch die Entscheidung 91/176 sei diese Beihilfe aber für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden, weil sie verspätet ausgezahlt worden war. Jedoch habe die Kommission nicht die Rückforderung angeordnet.

18. Die Kommission lehnte die Anwendung des Zweiten Kodex für die vor dem 31. Dezember 1985 gewährten Beihilfen ab, hob aber zugleich hervor, dass die Maßnahmen jedenfalls auch nach diesen Bestimmungen nicht genehmigungsfähig wären.

19. Hinsichtlich der vor dem 1. Januar 1986 gewährten Beihilfen verzichtete die Kommission darauf, die Rückforderung anzuordnen. Besondere Umstände hätten bei den italienischen Behörden in diesem Zeitraum einen Irrtum über die Anmeldepflicht hervorrufen können.

IV - Verfahren vor dem Gericht erster Instanz

20. Am 12. Oktober 1996 erhob ACB Klage.

21. Falck und die Italienische Republik beantragten die Zulassung als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Klägerin. Zu ihrem Interesse am Ausgang des Rechtsstreits führte Falck aus: Sie sei zwar nicht mehr an der ACB beteiligt, seit sie ihre Anteile an die Valbruna Srl veräußert habe; im Falle der Rückforderung der Beihilfen träfe sie jedoch die vertragliche Pflicht, der Erwerberin der ACB den Kaufpreis in entsprechender Höhe zu erstatten. Das Gericht sah diesen Umstand als ausreichende Begründung für das Interesse am Ausgang des Rechtsstreits an, das der Streithelfer geltend machen muss, und gab dem Antrag von Falck mit Beschluss vom 11. Juli 1997 statt. Mit dem gleichen Beschluss wurde auch Italien als Streithelfer zugelassen.

22. Das Gericht stellte den Parteien vor der mündlichen Verhandlung einige Fragen zur schriftlichen Beantwortung. Insbesondere ersuchte es die Kommission um Vorlage des Schreibens der italienischen Behörden vom 27. März 1996, in dem diese zu dem Ergebnis der Anhörung Stellung genommen hatten. Die Kommission verweigerte die Vorlage des Schreibens, da es vertrauliche Angaben über den Beihilfeempfänger enthalte. Die Vorlage bedürfe daher der Zustimmung der italienischen Behörden. Bei einem der Anhänge des Schreibens handele es sich zudem um einen internen Vermerk des juristischen Dienstes der Kommission. Das Gericht forderte die Kommission daraufhin auf, das Schreiben mit Ausnahme des internen Vermerks in der mündlichen Verhandlung - eventuell auch in einer teilweise geschwärzten Version - vorzulegen.

23. Die Kommission legte das Schreiben mit Ausnahme des Vermerks des juristischen Dienstes zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor. An die Parteien verteilt wurde jedoch anfänglich nur das Schreiben selbst nebst Anhang 1. Wegen ihres Umfangs wurden die weiteren Anhänge in der Kanzlei zur Einsicht ausgelegt. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde die Tabelle A des Anhangs 5 (Aufstellung der Beihilfen zugunsten der ACB) dann aber doch den Parteien übergeben und die Verhandlung für 20 Minuten unterbrochen. Später wurden auch Anhang 5, Tabellen B, C und D (Übersichten über die Investitionen der ACB), Anhang 6 (Übersichten über die Exporte der ACB nach Deutschland und Großbritannien) sowie Anhang 7 (Schreiben der autonomen Provinz Bozen an die italienischen Behörden vom 3. August 1995) verteilt und die Verhandlung erneut für eine Stunde ausgesetzt.

V - Klagegründe in erster Instanz und Urteil des Gerichts

24. Die ACB stützte ihre Klage im Wesentlichen auf folgende Gründe:

Erster Klagegrund: Die Kommission habe die Verteidigungsrechte der ACB im Verwaltungsverfahren missachtet. Nach der Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 6 des Fünften Kodex habe die ACB sich mit Schreiben vom 18. Januar und 28. März 1996 an die Kommission gewandt und um die Gelegenheit zur Äußerung gebeten, bzw. nach dem Stand des Verfahrens gefragt. Die Kommission habe darauf die Entscheidung erlassen, ohne diese Schreiben zu beantworten.

Zweiter Klagegrund: Die Kommission habe zu Unrecht rückwirkend den Fünften Kodex und nicht die im Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen geltenden Kodizes angewandt und Verjährungsfristen nicht beachtet. Dies verletze die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit.

Dritter Klagegrund: Die Kommission habe den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit und des Vertrauensschutzes dadurch verletzt, dass sie die Beihilfen erst viele Jahre nach ihrer Gewährung zurückgefordert habe, obwohl die ACB aufgrund zahlreicher Umstände auf die Billigung der Beihilfen durch die Kommission habe vertrauen können. Durch die späte Rückforderung der Beihilfen erhalte die Entscheidung Sanktionscharakter und verletze den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Vierter Klagegrund: Die Kommission habe nicht geprüft, inwiefern die Beihilfen trotz der geringen Produktionskapazität der ACB den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige. Sie habe den Sachverhalt falsch gewürdigt, indem sie die Maßnahmen nicht als genehmigungsfähige Beihilfen im Sinne des Kodex eingeordnet habe.

Fünfter Klagegrund: Der von der Kommission festgesetze Zinssatz sei nicht bestimmbar und die Festsetzung entbehre einer Rechtsgrundlage. Zudem hätte die Kommission nicht Italien sondern Deutschland als Referenzmarkt für den anzuwendenden Zinssatz heranziehen dürfen, da die ACB überwiegend dort tätig gewesen sei.

Sechster Klagegrund: Es fehle eine Begründung dafür, dass die Kommission den 1. Dezember 1985 als Stichtag für die Erstattung angenommen habe. Auch sei die Festlegung des Zinssatzes nicht nachvollziehbar begründet.

25. Das Gericht wies die nachträglich von der Kommission erhobenen Einwände gegen die Zulassung von Falck als Streithelfer zurück und bekräftigte die bereits im Beschluss vom 11. Juli 1997 angeführte Begründung für das Interesse Falcks, dem Rechtsstreit aufseiten der ACB beizutreten. In der Sache wies es die Klage aber ab.

26. Zum ersten Klagegrund führte das Gericht aus, die ACB habe in dem Verfahren nur die Position eines interessierten Dritten und könne sich folglich nicht auf die Verteidigungsrechte berufen, die demjenigen zustehen, gegen den das Verfahren eingeleitet worden ist. Die ACB habe die Gelegenheit gehabt, sich zu den Tatsachen und rechtlichen Erwägungen zu äußern, die die Kommission in der Mitteilung über die Verfahrenseröffnung dargelegt habe.

27. Den zweiten Klagegrund wies das Gericht mit dem Argument zurück, dass die Kodizes der Kommission nur befristet für ihre Geltungsdauer die Befugnis verliehen, Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar zu erklären. Die Kommission könne nicht angemeldete Beihilfen daher nicht mehr auf der Grundlage eines außer Kraft getretenen Kodex genehmigen. Mangels entsprechender Rechtsvorschriften sei bei der Rückforderung nicht angemeldeter Beihilfen keine Verjährungsfrist zu beachten.

28. Den dritten Klagegrund würdigte das Gericht vor allem unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes. Grundsätzlich könne ein Beihilfeempfänger sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn die Beihilfe nicht angemeldet worden sei. Weder die ursprüngliche Genehmigung der regionalen Beihilfevorschriften in dem Provinzgesetz Nr. 25/81 noch die Entscheidung 91/179/EGKS habe ein schützenswertes Vertrauen der ACB in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfen begründen können.

29. Zu dem vierten Klagegrund stellte das Gericht fest, dass es anders als nach den Beihilfevorschriften des EG-Vertrages nach Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag nicht auf eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten ankomme. Die Kommission habe die Beihilfen auf der Basis der ihr vorliegenden Informationen zutreffend gewürdigt. Es habe der italienischen Regierung und der ACB oblegen, im Verwaltungsverfahren gegebenfalls die nötigen Angaben für das Vorliegen der Ausnahmen vom Beihilfeverbot nach dem Fünften Kodex zu machen. Das ergänzende Argument von Falck, dass die angefochtene Entscheidung auch Beihilfen erfasse, die bereits Gegenstand der Entscheidung 91/176/EGKS gewesen seien, wies das Gericht mit der Begründung zurück, dass Falck und die italienische Regierung dies im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen hätten.

30. Das Gericht wies auch den Fünften Klagegrund zurück. Die Kommission habe den Zinssatz in der gewählten Weise festsetzen dürfen, um so den Beihilfeeffekt zu beseitigen. Im Verwaltungsverfahren seien keine Tatsachen dafür vorgetragen worden, dass der in Deutschland übliche Zinssatz hätte zugrunde gelegt werden müssen.

31. Den als sechsten Klagegrund vorgebrachten Begründungsmangel sah das Gericht ebenfalls nicht als gegeben an.

VI - Rechtsmittelverfahren vor dem Gerichtshof

32. Falck (Rechtssache C-74/00 P) und die ACB (Rechtssache C-75/00 P) haben mit Schreiben, die jeweils am 2. März 2000 im Register des Gerichtshofes eingetragen worden sind, Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz eingelegt. Sie rügen zum einen, dass das Gericht einen Verfahrensfehler begangen habe, indem es ihnen nicht ausreichend Gelegenheit zur Prüfung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen eingeräumt habe. Darüber hinaus machen sie weitere Rechtsmittelgründe geltend, die sich auf Fehler des Gerichts bei der rechtlichen Würdigung der Entscheidung beziehen. Die Rechtsmittelgründe werden im Zusammenhang mit ihrer rechtlichen Würdigung im Einzelnen wiedergegeben.

33. Falck beantragt,

1. das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 1999 in der Rechtssache T-158/96, Acciaierie di Bolzano SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Streithelferinnen: Italienische Republik und Falck SpA, aufzuheben;

2. demgemäß die Entscheidung 96/617/EGKS der Kommission vom 17. Juli 1996 für nichtig zu erklären;

hilfsweise

3. für den Fall, dass der Gerichtshof den Rechtsstreit noch nicht für entscheidungsreif halten sollte, die Sache unter Angabe der Rechtsgründe, die dafür sprechen, dem Rechtsmittel stattzugeben, an eine andere Kammer des Gerichts zurückzuverweisen;

jedenfalls

4. jede andere Folgeentscheidung oder Entscheidung, die angemessen oder billig erscheint, zu treffen;

5. der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

34. Die ACB stellt dieselben Anträge zu 1 bis 3 wie Falck und beantragt weiter,

4. jede andere Folgeentscheidung oder Entscheidung, die angemessen oder billig erscheint, auch im Rahmen des Beweisverfahrens, zu treffen;

5. der Kommission die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, aufzuerlegen.

35. Die Italienische Republik unterstützt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung die Rechtsmittelführerinnen. Sie beantragt,

1. den Rechtsmitteln der ACB und Falcks stattzugeben, jedenfalls den Anträgen der italienischen Regierung in erster Instanz zu entsprechen und das angefochtene Urteil in vollem Umfang für nichtig zu erklären;

2. hilfsweise den Hilfsanträgen der ACB und Falcks stattzugeben;

3. der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

36. Die Kommission tritt den Rechtsmitteln in der Sache entgegen. Außerdem äußert sie Zweifel an der Zulässigkeit des von Falck eingelegten Rechtsmittels. Sie ersucht den Gerichtshof zudem, zwei möglicherweise von ihren Dienststellen erstellte interne Dokumente sowie einen internen Vermerk des juristischen Dienstes der Kommission aus der Akte zu entfernen. Die Kommission beantragt,

1. die Rechtsmittel von Falck und der ACB zurückzuweisen;

2. den Rechtsmittelführerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

VII - Rechtliche Würdigung

A - Zulässigkeit des Rechtsmittels von Falck (Rechtssache C-74/00 P)

37. Die Kommission hat aus zwei Gründen Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittels von Falck. Zum einen sei fraglich, ob Falck im Sinne von Artikel 49 Absatz 2 Satz 2 EGKS-Satzung von der angefochtenen Entscheidung des Gerichts unmittelbar berührt sei. Zum anderen sei die Befugnis Falcks, Rechtsmittel einzulegen, zweifelhaft, weil sie kein Unternehmen nach Artikel 80 des EGKS-Vertrages sei.

1) Zur unmittelbaren Berührung Falcks

38. Gemäß Artikel 49 Absatz 2 Satz 2 EGKS-Satzung können Private, die in erster Instanz Streithelfer waren, nur dann Rechtsmittel einlegen, wenn die Entscheidung des Gerichts sie unmittelbar berührt.

39. Die Kommission meint, der Begriff unmittelbar berührt" sei ähnlich wie in Artikel 230 EG zu verstehen. Demnach müsste die angefochtene Entscheidung des Gerichts den Rechtsmittelführer in gleicher Weise berühren, wie denjenigen, der eine an einen Dritten gerichtete Entscheidung anfechten kann. Typisch sei folgende Konstellation: Eine begünstigende Entscheidung wird vom Gericht für nichtig erklärt. Der Begünstigte, der in erster Instanz Streithelfer des beklagten Organs war, ist durch das Nichtigkeitsurteil des Gerichts unmittelbar betroffen und kann Rechtsmittel einlegen. In diesem Fall greife das Urteil unmittelbar in die Rechtssphäre des Rechtsmittelführers ein.

40. Falck sei jedoch nur mittelbar von dem Urteil betroffen. Die behauptete Haftung gegenüber der Gesellschaft, die die ACB erworben habe, beruhe nämlich nicht direkt auf dem Urteil des Gerichts, sondern auf den privatrechtlichen Gestaltungsakten zwischen den Unternehmen.

41. Falck wendet dagegen ein, da das Gericht sie als Streithelfer zugelassen und damit ihr Interesse am Ausgang des Rechtsstreits anerkannt habe, sei sie auch unmittelbar von dem Urteil berührt und könne Rechtsmittel dagegen einlegen.

42. Aus dem Wortlaut der Satzung lassen sich kaum Erkenntnisse darüber gewinnen, wann eine Entscheidung des Gerichts einen Streithelfer im Sinne von Artikel 49 Absatz 2 Satz 2 EGKS-Satzung unmittelbar berührt. Auch hat sich der Gerichtshof soweit ersichtlich noch nicht mit dieser Frage befasst. In dem von der Kommission zitierten Urteil in der Rechtssache C-265/97 P hat der Gerichtshof über das Rechtsmittel eines Streithelfers in der Sache entschieden, ohne die Zulässigkeitsvoraussetzungen näher zu prüfen.

43. Nicht jede natürliche oder juristische Person, die ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, wie es für die Zulassung als Streithelfer erforderlich ist, ist von der Entscheidung des Gerichts unmittelbar berührt. Denn sonst wäre die zusätzliche Beschränkung der Befugnis nicht priviligierter Streithelfer, Rechtsmittel einzulegen, überfluessig.

44. Aus den Artikeln 115 und 116 der Verfahrensordnung ergibt sich, dass ein Streithelfer in erster Instanz automatisch Beteiligter des Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof ist und in der Rechtsmittelbeantwortung eigene Anträge stellen kann. Insbesondere kann er ebenso wie in einem eigenen Rechtsmittel die Aufhebung der Entscheidung des Gerichts beantragen, ohne nachweisen zu müssen, dass diese Entscheidung ihn unmittelbar berührt. Dies zeigt einerseits, dass der frühere Streithelfer, der nicht selbst Rechtsmittel eingelegt hat, weitgehende Befugnisse im Rechtsmittelverfahren besitzt. Andererseits kann er diese Rechte nur in Anspruch nehmen, wenn ein Dritter die Initiative ergriffen und Rechtsmittel eingelegt hat.

45. Das Kriterium der unmittelbaren Berührung dient also der Begrenzung der Initiativbefugnis und erfuellt damit einen ähnlichen Zweck wie die Voraussetzungen in Artikel 230 Absatz 4 EG für die Klagebefugnis Privater. Es begrenzt den Kreis der Anfechtungsberechtigten auf diejenigen, die eine gewisse Nähe zu der Entscheidung des Gerichts haben, die über das Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, das für die Zulassung als Streithelfer ausreicht, hinausgeht.

46. Jedoch wird in Artikel 49 Absatz 2 EGKS-Satzung eine andere Terminologie verwendet als in Artikel 230 Absatz 4 EG. Zum einen fehlt das Kriterium der individuellen Betroffenheit. Der frühere Streithelfer ist nämlich bereits durch seine Teilnahme am erstinstanzlichen Verfahren hinreichend individualisiert. Zum anderen muss die erstinstanzliche Entscheidung den nicht priviligierten Streithelfer unmittelbar berühren" und nicht unmittelbar betreffen". Daraus ist zu schließen, dass die Urheber der Satzung den Kriterien nicht in jedem Fall eine identische Bedeutung beimessen wollten. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage eines Privaten gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag, die hier der richtige Vergleichsmaßstab wäre, eine unmittelbare Betroffenheit des Klägers gar nicht voraussetzt. Die unterschiedliche Begrifflichkeit verdeutlicht schließlich, dass es für die Zulässigkeit des Rechtsmittels auf die Wirkung des angefochtenen Urteils und nicht in erster Linie auf die Betroffenheit durch die streitgegenständliche Handlung des Organs ankommt.

47. In dem von der Kommission gebildeten Beispiel ist der frühere Streithelfer sicherlich unmittelbar von der Entscheidung des Gerichts berührt. Wird eine begünstigende Entscheidung vom Gericht aufgehoben, so kann der Begünstigte, der das beklagte Organ als Streithelfer unterstützt hat, Rechtsmittel einlegen. Das Nichtigkeitsurteil des Gerichts hat nämlich unmittelbar den Wegfall der Begünstigung zur Folge.

48. Fraglich ist, ob ein Urteil, in dem das Gericht wie im vorliegenden Fall die Klage gegen eine belastende Entscheidung abweist, entsprechende unmittelbare Rechtsfolgen für den Streithelfer des Klägers auslösen kann. Man könnte argumentieren, dass in diesem Fall nicht das Urteil den Streithelfer berührt, sondern die weiter geltende Entscheidung, die der Streithelfer durch eine eigene Nichtigkeitsklage hätte angreifen müssen.

49. Bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens ist die Entscheidung des Organs indes noch nicht bestandskräftig. Auch wenn von der Vermutung der Gültigkeit des Rechtsakts auszugehen ist, haben alle Rechtsfolgen der Entscheidung bis dahin nur einen vorläufigen Charakter. Die Wirkung des Urteils besteht in diesem Fall zum einen in der Verfestigung der durch die angefochtene Entscheidung geschaffenen Rechtslage. Das Gericht trifft darüber hinaus tatsächliche und rechtliche Feststellungen, die eigenständige Verletzungen der Rechte des früheren Streithelfers darstellen können. Dies gilt insbesondere für die Verfahrensrechte des Streithelfers im erstinstanzlichen Verfahren.

50. Würde man dem Streithelfer die Befugnis, Rechtsmittel gegen ein klageabweisendes Urteil einzulegen, grundsätzlich versagen, da er die Wirkungen der Entscheidung durch die Erhebung einer eigenen Nichtigkeitsklage hätte beseitigen können, nähme man ihm die Möglichkeit, diese Rechtsverletzungen selbstständig geltend zu machen. Die durch das Gericht bestätigte Entscheidung wäre endgültig unanfechtbar und etwaige Verfahrensfehler zum Nachteil des Streithelfers hätten keine Konsequenzen.

51. Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rechtsmittels sind somit sowohl die Wirkungen zu berücksichtigen, die bereits von der streitgegenständlichen Entscheidung ausgingen und die durch das Urteil verfestigt wurden, als auch eventuelle selbständige Rechtsverletzungen durch das erstinstanzliche Urteil. Die Wirkungen müssten unmittelbar in der Rechtssphäre Falcks eingetreten sein, d. h., ohne dass es weiterer Zwischenschritte oder Handlungen Dritter bedarf.

52. Die angefochtene Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet. Sie verpflichtet Italien ohne Einräumung eines Ermessens zur Rückforderung der der ACB gewährten Beihilfen gemäß den in Italien geltenden gesetzlichen Bestimmungen über die Einziehung staatlicher Forderungen. Damit ist zunächst die ACB als Empfängerin der zu erstattenden Beihilfen betroffen und konnte deswegen auch zulässigerweise Klage vor dem Gericht gegen die Entscheidung der Kommission erheben.

53. Aus Artikel 8.01 (i) des Vertrages zwischen Falck und der Valbruna Srl folgt, dass Falck als Verkäuferin für Veränderungen der Passiva gegenüber der Abschlussbilanz haftet. Falck hat damit vor Erlass der angefochtenen Entscheidung die Verpflichtung übernommen, Teile des Kaufpreises zu erstatten, wenn Beihilfen zurückzuzahlen sind. Dieser zivilrechtliche Anspruch entsteht automatisch mit dem Eintritt dieser Bedingung. Da die angefochtene Entscheidung Italien zur Rückforderung verpflichtet, kann der Eintritt der Bedingung als sicher gelten. Es sind auch keine Umstände - etwa Verjährung - ersichtlich, die dem Anspruch der Valbruna Srl entgegenstuenden. Die Entstehung der Zahlungspflicht hängt schließlich nicht von einem weiteren Handeln Dritter ab, insbesondere nicht davon, dass die Valbruna Srl den Anspruch gerichtlich oder außergerichtlich geltend macht, sondern folgt bereits unmittelbar aus dem Vertrag. Das Urteil, das diese Wirkung der Entscheidung bestätigt, berührt Falck daher unmittelbar.

54. Falck macht außerdem unter anderem geltend, das Gericht habe gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verstoßen, indem es Falck keine ausreichende Gelegenheit gegeben hat, sich zu den in der mündlichen Verhandlung von der Kommission vorgelegten Dokumenten zu äußern. Unterstellt, die gerügte Verletzung der Verfahrensrechte träfe zu und hätte sich auf das Urteil ausgewirkt, läge allein darin schon ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre Falcks, der zur Einlegung des Rechtsmittels berechtigt.

2) Zum Fehlen der Eigenschaft des Unternehmens im Sinne des EGKS-Vertrages

55. Die Kommission vertritt zweitens die Auffassung, dass Falck nicht befugt sei, Rechtsmittel einzulegen, weil Falck nicht zu den Wirtschaftsteilnehmern zähle, denen der EGKS-Vertrag Rechte verleihe. Insbesondere das Klagerecht nach Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag stuende nur Unternehmen und Unternehmensverbänden im Sinne der Artikel 80 und 48 EGKS-Vertrag zu. Die Rechtsmittelbefugnis könne nicht weiter gehen.

56. Der Gerichtshof und das Gericht haben in den von der Kommission zitierten Entscheidungen festgestellt, dass der Kreis der Klageberechtigten in Artikel 33 EGKS-Vertrag abschließend aufgezählt wird. Unternehmen im Sinne des EGKS-Vertrages sind gemäß Artikel 80 nur solche Unternehmen, die eine Produktionstätigkeit auf dem Gebiet von Kohle und Stahl ausüben, sowie im Kontext der Artikel 65 und 66 EGKS-Vertrag auch Handelsunternehmen in diesen Sektoren.

57. Wie bereits festgestellt, können von dem Urteil des Gerichts selbst Eingriffe in die Rechtssphäre des Streithelfers, insbesondere in seine Verfahrensrechte, ausgehen. Deswegen ist die Rechtsmittelbefugnis nicht zwingend davon abhängig, dass der Rechtsmittelführer auch befugt ist, Klage gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag zu erheben. Vielmehr stellt Artikel 49 Absatz 2 Satz 2 EGKS-Satzung insofern eine eigene Definition auf.

58. Soweit sich Falck auf die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs durch das Gericht beruft, ist sie unabhängig davon berührt, ob sie ein Stahlunternehmen im Sinne des EGKS-Vertrages ist. Jedoch beschränkt sich Falck nicht auf die Rüge dieses Verfahrensfehlers. Daher ist zu untersuchen, ob Falck auch insofern von dem Urteil des Gerichts berührt ist, als es die Wirkungen der Entscheidung der Kommission verfestigt.

59. Falck wäre jedenfalls dann als berührt anzusehen, wenn sie zum maßgeblichen Zeitpunkt ein Unternehmen im Sinne des EGKS-Vertrages war und die Entscheidung Falck in dieser Eigenschaft betraf. Zwar ergibt sich aus den Akten nicht näher, ob Falck selbst eine Produktionstätigkeit im Stahlsektor ausübt oder ausgeübt hat und deswegen die Voraussetzungen des Artikels 80 EGKS-Vertrag erfuellt. Jedoch scheint Einigkeit unter den Beteiligten zu bestehen, dass Falck bis zur Veräußerung der ACB als Stahlunternehmen anzusehen war.

60. Die Kommission hat unwidersprochen vorgetragen, dass Falck diese Eigenschaft mit Veräußerung der ACB am 31. Juli 1995 verloren hat. Fraglich ist daher, zu welchem Zeitpunkt Falck noch die Eigenschaft eines Stahlunternehmens besessen haben muss, um im Rahmen seines Rechtsmittels Rügen gegen die Würdigung der Entscheidung durch das Gericht vorbringen zu können.

61. Die angefochtene Entscheidung bezieht sich auf Beihilfen, die zur Auszahlung gekommen sind, als Falck die ACB noch kontrollierte und unstreitig als Stahlunternehmen anzusehen war. Die finanzielle Haftung Falcks im Falle der Rückerstattung der Beihilfen resultiert aus ihrer damaligen Stellung. Die Wirkungen der angefochtenen Entscheidung und damit auch die Wirkungen des Urteils des Gericht, das die Entscheidung bestätigt, knüpfen somit an die Stellung Falcks als Stahlunternehmen an. Der Grundsatz umfassenden Rechtsschutzes gebietet es, dass Falck sich gegen die fortdauernden Wirkungen durch Einlegung eines Rechtsmittel wenden kann, auch wenn sie die Eigenschaft des Unternehmens im Sinne des Artikel 80 EGKS-Vertrag mittlerweile verloren haben sollte.

B - Antrag der Kommission auf Entfernung interner Dokumente aus den Verfahrensakten

62. Die Kommission widerspricht der Vorlage von drei Dokumenten, die die ACB ihrer Rechtsmittelschrift als Anlage B und Falck als Anlage B 4, 5 und 6 in Kopie beigefügt haben, und verlangt ihre Entfernung aus den Akten.

63. Die gleichen Schriftstücke hatte die ACB bereits in erster Instanz als Anhang zu ihren schriftlichen Antworten auf die Fragen des Gerichts eingeführt. Es handelt sich zum einen um den internen Vermerk des juristischen Dienstes vom 18. Juli 1990, der auch dem Schreiben der italienischen Behörden vom 27. März 1996 an die Kommission beigefügt war, zum anderen um zwei Aufstellungen zu Beihilfen im Stahlbereich, deren Urheber sich aus den Unterlagen selbst nicht ergibt. Die Rechtsmittelführerinnen behaupten, die Aufzeichnungen stammten von Kommissionsdienststellen. Nach ihrer Auffassung ergibt sich aus den Dokumenten insbesondere, dass die Kommission selbst die Meinung vertreten hat, auf Beihilfen sei immer der im Zeitpunkt der Gewährung geltende Kodex anzuwenden.

64. Die Kommission kann weder die Bedeutung noch den Ursprung der zuletzt genannten anonymen" Dokumente bestätigen. Sollte es sich jedoch um interne Dokumente der Kommission handeln, so hätten die Rechtsmittelführerinnen ebenso wie im Falle des Vermerks des juristischen Dienstes nicht dargelegt, auf welche Weise sie in ihren Besitz gelangt seien. Sie müssten daher ebenso aus den Akten entfernt werden wie die Bezugnahmen darauf in den Rechtsmitteln. Die Kommission könne sich insofern auf die Vertraulichkeit ihrer internen Beratungen berufen.

65. Hinsichtlich der beiden anonymen" Dokumente ist festzustellen, dass nicht mit Sicherheit geklärt ist, ob die Schriftstücke überhaupt von Kommissionsdienststellen verfasst worden sind. Aus ihnen ergibt sich weder die Urheberschaft noch ihre Qualität. Die Rechtsmittelführerinnen haben auch keine näheren Angaben zum Beweis für ihre Herkunft gemacht. Daher lassen die Dokumente auch keine Rückschlüsse auf etwaige Rechtsansichten der Kommission zu.

66. Ist aber nicht geklärt, dass es sich überhaupt um interne Kommissionsunterlagen handelt, kann die Kommission sich nicht auf ihre Vertraulichkeit berufen und ihre Entfernung aus den Akten verlangen. Für die Entfernung der Dokumente besteht auch gar keine Notwendigkeit, da sie angesichts der ungeklärten Urheberschaft keinerlei Aussagekraft besitzen.

67. Die Sachlage im vorliegenden Fall unterscheidet sich insofern von dem Sachverhalt, den der Gerichtshof in der von der Kommission angeführten Rechtssache Ludwigshafener Walzmühle zu würdigen hatte. Dort war es unstreitig, dass das fragliche Dokument von der Kommission verfasst worden war. Unklar war lediglich, ob es sich um einen Entwurf oder bereits die Endfassung eines Berichts der Kommission an den Rat handelte. In diesem Fall konnte die Kommission sich daher mit Erfolg auf die Vertraulichkeit der von ihren Dienststellen verfassten internen Dokumente berufen und ihre Entfernung aus der Akte durchsetzen, da die Klägerinnen nicht belegen konnten, wie das Dokument in ihren Besitz gekommen war.

68. Anders als im Fall der anonymen" Dokumente verhält es sich bei dem Vermerk des juristischen Dienstes der Kommission. Die Kommission kann grundsätzlich die Entfernung des Vermerks aus den Akten verlangen, wenn sie nicht zur Offenlegung des Dokuments verpflichtet ist und der Vermerk nicht von ihr selbst oder mit ihrer Zustimmung veröffentlicht worden ist.

69. Der Präsident des Gerichts erster Instanz hat in seinem im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss in der Rechtssache Carlsen zur Pflicht, Stellungnahmen des juristischen Dienstes des Rates zugänglich zu machen, ausgeführt:

Wegen der besonderen Natur der beiden fraglichen Dokumente ergibt sich daher prima facie, dass die vom Rat angeführten Ablehnungsgründe - ,Erfordernis für die Aufrechterhaltung der Rechtssicherheit und [die] Beständigkeit des Gemeinschaftsrechts sowie dafür zu sorgen, ,dass der Rat Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung hat - ... als stichhaltig anzusehen sind."

70. Auch Generalanwalt Jacobs hat die Auffassung vertreten, dass Stellungnahmen des juristischen Dienstes des Rates nicht offen gelegt werden müssen, weil dies dem öffentlichen Interesse an einer unabhängigen Rechtsberatung zuwider liefe.

71. Das Gericht hat diese Rechtsansicht unter Berufung auf den Beschluss Carlsen und die zitierten Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs in der Rechtssache Ghignone u. a. noch einmal ausdrücklich bestätigt und festgestellt, dass die Kommission deswegen die Entfernung von Stellungnahmen des juristischen Dienstes aus den Prozessakten verlangen kann.

72. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Eine Stellungnahme des juristischen Dienstes dient regelmäßig (nur) zur Vorbereitung der Entscheidungsfindung der jeweiligen Institution. Sie zeigt dabei auch die rechtlichen Risiken der verschiedenen Handlungsalternativen auf. Der juristische Dienst könnte diese Risiken nicht mehr unbefangen erörtern, wenn seine Stellungnahme der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müsste. Allenfalls wenn durch die Einsicht in interne Unterlagen bewiesen werden soll, dass die Kommission ermessensmissbräuchlich gehandelt hat, wofür vorliegend aber nichts vorgetragen worden ist, könnte die Pflicht zur Vorlage interner Dokumente ausnahmsweise weiter gehen.

73. Die Kommission kann daher grundsätzlich die Entfernung eines solchen Dokuments aus den Gerichtsakten verlangen. Etwas anderes gilt nur, wenn sie auf die Geheimhaltung verzichtet hat, z. B., indem sie das Dokument selbst veröffentlicht oder einer Veröffentlichung durch Dritte zugestimmt hat.

74. Aus der Tatsache allein, dass die ACB offensichtlich über das Dokument verfügt, kann nicht darauf geschlossen werden, dass die Kommission die Stellungnahme veröffentlicht oder sonst auf die Geheimhaltung verzichtet hat. Die ACB hat nämlich nicht dargelegt, auf welche Weise das Dokument in ihren Besitz gelangt ist. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es ohne die Zustimmung der Kommission - etwa durch die Indiskretion eines ihrer Beamten - publik gemacht worden ist. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die ACB auf unredliche Weise in Besitz des Dokuments gelangt ist.

75. Die Kommission hat sich vor dem Gericht erster Instanz zwar geweigert, den Vermerk selbst vorzulegen. Sie hat aber nicht verlangt, dass die von ACB eingebrachte Kopie aus den Akten des Gerichts entfernt wird, obwohl sie dazu in der mündlichen Verhandlung noch Gelegenheit gehabt hätte. Dadurch hat sie geduldet, dass der Vermerk Eingang in die Akte des erstinstanzlichen Verfahrens gefunden hat. Selbst wenn darin keine ausdrückliche Zustimmung zu der Veröffentlichung durch die ACB liegt, kann die Kommission im Rechtsmittelverfahren nicht mehr die Entfernung eines Dokuments verlangen, das bereits unwidersprochen Eingang in die Akte des erstinstanzlichen Verfahrens gefunden hat und damit Grundlage des Urteils geworden ist.

76. Ist eine nachträgliche Entfernung aus den Akten des erstinstanzlichen Verfahrens ausgeschlossen, besteht auch kein Anlass, dasselbe im Rechtsmittelverfahren erneut vorgelegte Dokument nunmehr aus den Akten des Gerichtshofes zu entfernen. Gemäß Artikel 111 § 2 der Verfahrensordnung übermittelt die Kanzlei des Gerichts dem Gerichtshof die erstinstanzlichen Akten, nachdem Rechtsmittel eingelegt worden ist. Der Inhalt dieser Akten und damit auch die darin enthaltene Stellungnahme des juristischen Dienstes ist also ohnehin bereits Bestandteil der Akten im Verfahren vor dem Gerichtshof.

77. Der Antrag der Kommission, auch die von der ACB vorgelegte Stellungnahme des juristischen Dienstes aus den Akten zu entfernen, ist folglich zurückzuweisen.

C - Zu den einzelnen Rechtsmittelgründen

78. Beide Rechtsmittel sind im Wesentlichen auf dieselben Gründe gestützt, so dass sie gemeinsam behandelt werden können. Dabei ist zunächst auf die Rechtsmittelgründe einzugehen, die sich auf die Verletzung von Verfahrensrechten in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht und im Verwaltungsverfahren beziehen. Daran schließt sich die Untersuchung der Rechtsmittelgründe an, mit denen die Wahl der Rechtsgrundlage sowie die Würdigung des Sachverhalts im Hinblick auf die Voraussetzungen der beihilferechtlichen Vorschriften beanstandet wird. Drittens schließlich ist auf die Rechtsmittelgründe einzugehen, mit denen sich die Rechtsmittelführerinnen gegen die Rückforderung der Beihilfen wenden.

1) Verletzung der Verteidigungsrechte in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht

a) Vorbringen der Parteien

79. Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe einen Verfahrensfehler begangen, indem es ihnen nicht ausreichend Gelegenheit gegeben habe, das erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Schreiben der italienischen Regierung vom 27. März 1996 nebst Anhängen zu prüfen und dazu Stellung zu nehmen. Das Gericht habe weder die mündliche Verhandlung wiedereröffnet noch die diesbezüglichen Äußerungen der Rechtsmittelführerinnen im Urteil wiedergegeben. Sie beantragen daher, im Wege einer prozessleitenden Maßnahme die Niederschrift der mündlichen Verhandlung zu den Akten zu nehmen.

80. Die Kommission verweist darauf, dass die Rechtsmittelführerinnen keinen Antrag auf Wiedereröffnung gestellt haben. Ein solcher Antrag hätte allerdings nur Aussicht auf Erfolg gehabt, wenn die Kläger entscheidende Umstände vorgetragen hätten, die sie vor Schluss der Verhandlung nicht hätten geltend machen können.

b) Würdigung

81. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 2 EGKS-Satzung kann ein Rechtsmittel auf einen Verfahrensfehler gestützt werden, durch den die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden. Hierfür ist insbesondere von Bedeutung, ob der Verfahrensfehler zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführerinnen geführt hat. Zwar wird das Schreiben der italienischen Regierung vom 27. März 1996 in den Randnummern 126, 131 und 138 des angefochtenen Urteils erwähnt. Die Rechtsmittelführerinnen haben jedoch nicht belegt, inwiefern die im Verlaufe der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumente erheblich für die Entscheidung des Gerichts waren. Sie tragen auch nicht vor, welche weiteren Argumente sie bei rechtzeitiger Kenntnis der Unterlagen hätten geltend machen können.

82. Gemäß Artikel 62 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die mündliche Verhandlung wieder eröffnen. Hierfür besteht aber nur Anlass, wenn Umstände, auf die es für den Ausgang des Rechtsstreits ankommt, so spät bekannt werden, dass die Parteien sich in der mündlichen Verhandlung nicht mehr dazu äußern können. Da nach Einschätzung des Gerichts ein solcher Fall offensichtlich nicht vorlag, hat es die mündliche Verhandlung nicht von Amts wegen wieder eröffnet. Die Rechtsmittelführerinnen haben auch nicht durch einen entsprechenden Antrag das Vorliegen solcher Umstände geltend gemacht.

83. Somit ist die Rüge der Verletzung der Verteidigungsrechte im Verfahren vor dem Gericht zurückzuweisen, ohne dass näher untersucht werden muss, ob die Anordnung der Vorlage der Unterlagen im Verlaufe der mündlichen Verhandlung einer ordnungsgemäßen Verhandlungsführung entsprach. Aus diesem Grund bedurfte es im Rechtsmittelverfahren auch keiner prozessleitenden Maßnahmen zur weiteren Aufklärung des Ablaufs der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht erster Instanz.

2) Verletzung der Verteidigungsrechte im Verwaltungsverfahren vor Erlass der Entscheidung

a) Vorbringen der Parteien

84. Die Rechtsmittelführerinnen sind der Auffassung, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Rechte der Verteidigung der ACB und der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Verwaltungsverfahren nicht verletzt worden seien. Es hätte berücksichtigen müssen, dass die ACB mit Schreiben vom 18. Januar und 28. März 1996 die Notwendigkeit zum Ausdruck gebracht habe, angehört zu werden, und nach dem Stand des Verfahrens gefragt habe. Die Kommission wäre verpflichtet gewesen, auf diese Schreiben zu antworten und um Informationen zu bitten, um ihrer Aufklärungspflicht zu genügen.

85. Obwohl die ACB somit nicht angemessen am Verwaltungsverfahren beteiligt worden sei, lege das Gericht ihr und Falck zur Last, zu verschiedenen Punkten keine Angaben gegenüber der Kommission gemacht zu haben. Wären die Betroffenen angehört worden, wäre die Entscheidung der Kommission anders ausgefallen, weil die ACB und Falck sich dann im Verwaltungsverfahren zu den fraglichen Punkten hätten äußern können.

86. Italien trägt vor, das Verwaltungsverfahren sei zwar gegen den Mitgliedstaat gerichtet, jedoch müssten auch die Empfänger der Beihilfe, deren Rechte das Verfahren berühre, Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Dies sähen Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex und die entsprechenden Bestimmungen der anderen Kodizes vor. Der Anspruch auf rechtliches Gehör würde ausgehöhlt, wenn sich die Kommission auf eine Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme im Beschluss über die Eröffnung des formellen Verfahrens beschränken könnte. Jedenfalls hätte die Kommission auf die Schreiben der ACB antworten müssen.

87. Die Kommission stellt zunächst allgemein fest, dass die Rechtsmittelführerinnen keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht hätten, sich im Verwaltungsverfahren zu äußern. Sie könnten sich folglich vor Gericht nicht auf Tatsachen berufen, die sie bereits im Verfahren vor der Kommission hätten geltend machen können. Die Kommission sei nicht verpflichtet, von Amts wegen Rügen zu prüfen, die private Beteiligte hätten vorbringen können.

88. Vor dem Gericht sei nur die Verletzung der Verteidigungsrechte der ACB gerügt worden. Die erstmals im Rechtsmittelverfahren auch bezüglich der Rechte Falcks erhobene Rüge sei unzulässig.

89. Da die Mitgliedstaaten Adressaten der Beihilfe-Entscheidung seien, müsste die Kommission nur mit ihnen ein kontradiktorisches Verfahren durchführen. Auch in der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 EG-Vertrag (im Folgenden: Verordnung Nr. 656/1999) sei nur vorgesehen, dass anderen Beteiligten als dem betroffenen Mitgliedstaat bei Eröffnung des formellen Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.

b) Würdigung

aa) Zulässigkeit der Rüge der Verletzung der Verteidigungsrechte Falcks

90. Vorab ist festzustellen, dass Falck - entgegen der Behauptung der Kommission - bereits in ihrem Streithilfeschriftsatz in erster Instanz (Seite 2 unter Ziffer 1 a) anknüpfend an die entsprechende Rüge der ACB geltend gemacht hat, ihr Recht auf Verteidigung sei verletzt. Dieses Vorbringen ist daher zulässig.

bb) Anspruch auf rechtliches Gehör

91. Der EGKS-Vertrag enthält keine Artikel 88 EG entsprechende Regelung über das Verfahren der Prüfung von Beihilfen, da Artikel 4 Buchstabe c Beihilfen der Mitgliedstaaten ausnahmslos untersagt. Die Stahlbeihilfekodizes erlauben Beihilfen davon abweichend unter bestimmten Bedingungen. Jede Beihilfe muss gemäß Artikel 1 Absatz 3 in Verbindung mit Artikel 6 Fünfter Kodex vor ihrer Gewährung angemeldet und von der Kommission genehmigt werden. Artikel 6 des Fünften Kodex gestaltet das Genehmigungsverfahren einschließlich der Anhörung der Mitgliedstaaten und privater Beteiligter näher aus. Artikel 6 Absatz 4 Satz 1 lautet:

Stellt die Kommission, nachdem sie die Beteiligten zur Stellungnahme aufgefordert hat, fest, dass eine Beihilfe nicht mit den Bestimmungen der vorliegenden Entscheidung vereinbar ist, so unterrichtet sie den betreffenden Mitgliedstaat [der die Genehmigung der Beihilfe beantragt hat] von ihrer Entscheidung."

92. Diese Bestimmung, auf die die Kommission ihre Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens (veröffentlicht im Amtsblatt Nr. C 344 vom 22. Dezember 1995) gestützt hat, regelt den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör mit ähnlichen Worten wie Artikel 88 Absatz 2 EG. Zu den Beteiligten zählt insbesondere der Empfänger der Beihilfe. Artikel 6 des Fünften Kodex betrifft allerdings in erster Linie das Verfahren der Anmeldung und Prüfung von Beihilfen, die noch nicht gewährt worden sind. Es ist nicht ganz klar, inwieweit diese Bestimmung auch bei nicht angemeldeten und bereits durchgeführten Beihilfen zur Anwendung kommt.

93. Diese Frage kann jedoch an dieser Stelle offen bleiben, da der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung festgestellt hat, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist und ... auch dann sichergestellt werden [muss], wenn eine besondere Regelung fehlt". Soweit Artikel 6 Absatz 4 Fünfter Kodex eine anwendbare sekundärrechtliche Regelung darstellt, ist diese jedenfalls im Lichte des allgemeinen Rechtsgrundsatzes auszulegen.

94. In den Randnummern 44 und 45 des angefochtenen Urteils stellt das Gericht unter Berufung auf seine Entscheidung in den verbundenen Rechtssachen T-371/94 und T-394/94 (British Airways u. a.) einerseits fest, dass keine Vorschrift die Anhörung des Empfängers einer Beihilfe gebietet und dass dieser nicht die Rechte der Verteidigung geltend machen kann, die dem Adressaten zustehen. Andererseits habe er aber einen Anspruch darauf, so weit an dem Verfahren beteiligt zu werden, wie dies unter Berücksichtigung des Einzelfalls angemessen sei.

95. In der Zusammenschau mit dem Urteil British Airways könnte man diese Feststellung dahin gehend verstehen, dass nur der Adressat der Entscheidung einen Anspruch auf Anhörung hat, während die Unterrichtung anderer Beteiligter eine Art Untersuchungsmaßnahme darstellt, die der Kommission durch die daraufhin abgegebenen Stellungnahmen zu weiteren Informationen verhilft. Denkt man diesen Ansatz zu Ende, könnte die Kommission im Einzelfall auch ganz auf die Unterrichtung der Beteiligten verzichten, sofern sie nicht speziell geregelt ist und die Kommission bereits über ausreichende Informationen verfügt. Diese Rechtsauffassung würde aber dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht gerecht.

96. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein Individualrecht, das allen zusteht, die durch die geplante Entscheidung in ihren Rechten oder rechtlich geschützten Interessen berührt werden. So hat der Gerichtshof in den zitierten Urteilen ausgeführt, dass denjenigen rechtliches Gehör zu gewähren ist, die von einer in dem Verfahren zu erlassenden beschwerenden Entscheidung betroffen sein können. Zwar bezog sich diese Feststellung jeweils auf den Mitgliedstaat, der Adressat einer solchen Entscheidung wäre. Betroffen ist jedoch auch der Empfänger einer Beihilfe, die die Kommission für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt hält. Bestätigt sich nämlich die erste Einschätzung der Kommission, läuft das Verfahren in der Regel auf eine Rückforderungsentscheidung hinaus, die dem Mitgliedstaat kein Ermessen belässt. Sie berührt unmittelbar die Rechtsposition des Beihilfeempfängers, der deswegen auch gemäß Artikel 33 Absatz 2 EGKS-Vertrag bzw. Artikel 230 Absatz 4 EG klagebefugt ist, obwohl die Entscheidung nicht an ihn gerichtet ist.

97. Das Gericht stützt seine Auffassung, dass die Mitteilung lediglich informatorischen Charakter habe und nicht durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs geboten ist, vor allem auf eine Aussage des Gerichtshofes in dem Urteil vom 12. Juli 1973. Der Gerichtshof hat an der zitierten Stelle zu der Frage Stellung genommen, ob mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung über die Eröffnung eines Überprüfungsverfahrens einer schon gewährten Beihilfe im Amtsblatt das schützenswerte Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Beihilfe entfällt. Er hat es im Ergebnis abgelehnt, derartige Rechtsfolgen für den Einzelnen aus der Mitteilung abzuleiten. Die angeführte Feststellung steht also in einem gänzlich anderen Kontext und bezieht sich nicht auf den Anspruch auf rechtliches Gehör.

98. Es ist die positiv-rechtliche Ausformung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, dass der betroffene Beihilfeempfänger bei Eröffnung des Prüfungsverfahrens gemäß Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex oder des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG Gelegenheit erhält, sich zu diesen Umständen zu äußern. Der Gerichtshof spricht ausdrücklich von den Verfahrensgarantien, die Artikel 88 Absatz 2 EG den Beteiligten gewährt. Auch Generalanwalt Tesauro hebt in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Cook hervor, dass das formelle Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG neben seiner Aufklärungsfunktion gerade dazu dient, den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren.

99. Damit der Beihilfeempfänger seinen Standpunkt gegenüber der Kommission geltend machen kann, muss er über die wesentlichen Erwägungen informiert werden, die die Kommission zur Eröffnung des Verfahrens veranlasst haben. Zu diesen Erwägungen muss er sich innerhalb einer von der Kommission gesetzten Frist äußern" können.

100. Aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs folgt dagegen nicht, dass der Beihilfeempfänger in einen Dialog mit der Kommission tritt und im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens auch das Vorbringen des Mitgliedstaats, der die Beihilfe gewährt hat, oder anderer Beteiligter kommentieren kann. Möglicherweise versteht das Gericht unter Anhörung" in Randnummer 44 des angefochtenen Urteils gerade diese weiter gehende Beteiligung und lehnt deswegen einen entsprechenden Anspruch des Beihilfeempfängers - insoweit zu Recht - ab.

101. Dass ein Beihilfeempfänger nicht in gleicher Weise am Verfahren zu beteiligen ist wie der betroffene Mitgliedstaat, folgt zum einen daraus, dass Gegenstand des Verfahrens eine Maßnahme dieses Mitgliedstaats ist. Es ist zu erwarten, dass derjenige, der die Beihilfe gewährt hat, am ehesten Auskunft über den tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund und seine Erwägungen im Hinblick auf die Fördermaßnahme geben kann. Ihm obliegt es daher, sein Handeln gegenüber der Kommission zu erläutern und zu rechtfertigen, wobei er in der Praxis möglicherweise mit dem Beihilfeempfänger kooperieren wird. Der Mitgliedstaat ist schließlich Adressat der Entscheidung der Kommission.

102. Zum anderen sprechen auch praktische Gründe gegen eine Gleichstellung von Mitgliedstaat und Beihilfeempfänger im Verfahren vor der Kommission. Häufig - insbesondere im Falle von allgemeinen Beihilferegelungen - ist nämlich ein großer Kreis von Unternehmen begünstigt. Zudem sind nicht nur die Beihilfeempfänger als Beteiligte anzuhören, sondern auch ihre Konkurrenten und Verbände. Schließlich kann es zu längeren Verhandlungen zwischen Kommission und Mitgliedstaat kommen. Wollte man allen Beteiligten das Recht zugestehen, in jedem Stadium in gleicher Weise einbezogen zu werden wie der betroffene Mitgliedstaat, würde dies erheblichen Aufwand verursachen und zu nicht akzeptablen Verzögerungen des Verfahrens führen. Die Feststellung des Gerichts im angefochtenen Urteil ist daher insoweit zutreffend, als dem Beihilfeempfänger nicht dieselben Verfahrensrechte eingeräumt werden wie dem betroffenen Mitgliedstaat.

103. Aus denselben Erwägungen folgt, dass ein Beihilfeempfänger nicht verlangen kann, individuell von der Kommission zur Äußerung aufgefordert zu werden. Vielmehr genügt es, wenn die Kommission durch die Veröffentlichung einer Mitteilung im Amtsblatt über die wesentlichen Erwägungen informiert, die sie zur Einleitung des Verfahrens veranlasst haben, und den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gibt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Beihilfeempfänger ein Wirtschaftsteilnehmer ist, von dem man im Allgemeinen erwarten kann, dass er von relevanten Veröffentlichungen im Amtsblatt Kenntnis nimmt.

cc) Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im vorliegenden Fall

104. Die Kommission hat die hier aufgestellten Grundsätze bei der Durchführung des Verfahrens beachtet.

105. Die Mitteilung im Amtsblatt Nr. C 344 vom 22. Dezember 1995 gibt das an Italien gerichtete Schreiben vom 1. August 1995 wieder und nennt die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die die Kommission zugrunde legte. Interessierten Dritten wurde unmissverständlich eine Frist von einem Monat ab Veröffentlichung der Mitteilung gesetzt, sich zu den fraglichen Maßnahmen zu äußern. Der Mitteilung im Amtsblatt ist ferner zu entnehmen, dass etwaige Stellungnahmen interessierter Dritter der italienischen Regierung zur Kenntnis gebracht werden. Auch daraus ergibt sich, dass die Äußerung durch schriftliche Stellungnahmen und nicht durch (mündliche) Anhörungen zu erfolgen hatte.

106. Sowohl Falck als auch die ACB verfügen als Unternehmen der Stahlbranche über die nötige Erfahrung. Zudem sind ihnen früher schon Beihilfen gewährt worden, die den Gegenstand von Verfahren vor der Kommission bildeten. Die ACB hat auch rechtzeitig von der Veröffentlichung Kenntnis erlangt, wie sich aus ihrem Schreiben vom 18. Januar 1996 ergibt, in dem sie ausdrücklich auf die Mitteilung Bezug nimmt. Dennoch haben weder die ACB noch Falck der Kommission ihren Standpunkt in der Sache dargelegt, obwohl sie Gelegenheit dazu hatten.

107. Allerdings scheint die ACB in ihren Schreiben vom 18. Januar und 28. März 1996 irrtümlich davon ausgegangen zu sein, eine Beteiligung im weiteren Verfahren beanspruchen zu können. Fraglich ist, welche Folgen es hat, dass die Kommission diese Schreiben unbeantwortet ließ.

108. Es entspricht dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, dass Behörden an sie gerichtete Schreiben beantworten. Die Kommission hätte beispielsweise auf die bereits in der Mitteilung gegebene Gelegenheit zur Stellungnahme verweisen und die ACB darüber aufklären können, dass eine weitere Beteiligung des Beihilfeempfängers in dem Verfahren nicht vorgesehen ist. Die ACB hätte sich daraufhin - gegebenenfalls unter Entschuldigung der Verspätung - noch äußern können. Die unhöfliche Nichtbeantwortung des Schreibens ist sicherlich zu kritisieren.

109. Allerdings reicht der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung nicht so weit, dass die Kommission auch die rechtliche Pflicht traf, die ACB über einen eventuellen Rechtsirrtum aufzuklären. Die allgemeine Pflicht, Schreiben zu beantworten, steht nicht in einem so engen Zusammenhang mit den Verfahrensgarantien des Beihilfeempfängers, dass ihre Verletzung zur Aufhebung der Entscheidung führen kann.

110. Das Gericht hat demnach im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Kommission den Anspruch der ACB und Falcks auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt hat. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher zurückzuweisen.

dd) Folgen für die Aufklärungspflicht der Kommission und die Zulässigkeit neuen Tatsachenvortrags vor Gericht

111. Das Verfahren nach Artikel 6 Absatz 4 des Fünften Kodex soll der Kommission die erforderliche Kenntnis aller tatsächlichen Umstände und rechtlichen Argumente verschaffen, damit sie unparteiisch und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte entscheiden und ihre Entscheidung entsprechend begründen kann.

112. Hat die Kommission den Beteiligten, wie in den Verfahrensvorschriften vorgesehen, Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, ohne dass sie davon Gebrauch gemacht haben, hat sie ihrer Pflicht zur Sachaufklärung genügt. Sie ist im Regelfall nicht verpflichtet, weitere Auskünfte von ihnen einzuholen. Vielmehr kann sie davon ausgehen, dass die tatsächlichen Annahmen, die sie in der Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens zugrunde gelegt hat, zutreffen. Nur wenn ein Beteiligter diesen Annahmen substantiiert entgegentritt, muss die Kommission weitere Untersuchungen durchführen. Die bloße Feststellung der ACB in dem Schreiben vom 18. Januar 1996, es bestuende die Notwendigkeit, dass sie angehört werde, ist ohne Nennung der konkreten Gründe nicht geeignet, weiteren Aufklärungsbedarf zu begründen.

113. Die Kommission ist der Auffassung, dass sich die Rechtsmittelführerinnen ihre Nichtteilnahme am Verwaltungsverfahren vor Gericht entgegenhalten lassen müssten. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 14. Dezember 1994 entschieden habe, könne sich ein Mitgliedstaat vor Gericht nicht auf tatsächliche Umstände berufen, die er im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen habe. Dies gelte ebenso für interessierte Dritte.

114. Diese Gleichstellung interessierter Dritter mit dem betroffenen Mitgliedstaat in Bezug auf den Ausschluss neuen Sachvortrags vor Gericht ist jedoch nicht gerechtfertigt. Denn wie bereits dargestellt, haben Dritte nicht dieselben Rechte im Verwaltungsverfahren wie der Adressat. Während die Mitgliedstaaten in einen Dialog mit der Kommission treten und auch die Stellungnahmen anderer Mitgliedstaaten und Dritter kommentieren können, haben andere Beteiligte nur nach Eröffnung des Verfahren gemäß Artikel 6 Absatz 4 Fünfter Kodex die einmalige Gelegenheit, sich binnen kurzer Frist (vorliegend: ein Monat) zu äußern.

115. Ihnen allein auf Grund dieser Möglichkeit eine umfassende Darlegungslast im Verwaltungsverfahren aufzuerlegen, ist nicht gerechtfertigt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass interessierten Dritten nur die Mitteilung der Kommission über die Eröffnung des Verfahrens als Informationsquelle zur Verfügung steht. Deswegen sind Beteiligte mit dem Vortrag neuer Tatsachen vor Gericht zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Jedoch gilt der Grundsatz, dass die Kommission ihre Entscheidung auf der Grundlage der ihr im Entscheidungszeitpunkt bekannten Tatsachen fällt. Ist der Sachverhalt, den die Kommission in der Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens zugrunde legt, nach Auffassung des Beihilfeempfängers nicht zutreffend, so obliegt es ihm, diesen Annahmen bereits im Verwaltungsverfahren substantiiert entgegenzutreten. Macht er von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch, kann er der Kommission im Gerichtsverfahren insoweit nicht vorwerfen, dass die Entscheidung auf einer falschen Tatsachengrundlage beruht.

3) Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung

a) Vorbringen der Parteien

116. Die Rechtsmittelführerinnen rügen, das Gericht habe nicht beanstandet, dass die Kommission ohne nähere Begründung den Fünften Kodex als Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung herangezogen habe und nicht die früheren Kodizes, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen in Kraft waren. Das Gericht habe auf den zeitlich begrenzten Anwendungsbereich der Kodizes abgestellt und verkannt, dass sich das System vom ursprünglichen Verbot des Artikels 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag in einer zwanzigjährigen Praxis zu einer dauerhaft geregelten Zulässigkeit bestimmter Beihilfen gewandelt habe. Unabhängig von den jeweils bei Erlass einer Entscheidung geltenden Verfahrenregelungen sei in materiell-rechtlicher Hinsicht auf den Kodex abzustellen, der im Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe in Kraft gewesen sei. Diese Rechtsauffassung habe auch der juristische Dienst der Kommission in seinem internen Vermerk vom 18. Juli 1990 vertreten. Die rückwirkende Anwendung des Fünften Kodex verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und das Prinzip tempus regit actum".

117. Falck weist darauf hin, dass die Kommission in der Entscheidung 91/176 zwar nicht den Kodex, der zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe in Kraft war, zugrunde gelegt habe, aber immerhin den bei Auszahlung der Beihilfe geltenden Kodex. Die Anwendung des bei Erlass der Entscheidung in Kraft befindlichen Kodex überlasse der Kommission faktisch die Wahl der Rechtsgrundlage, da sie den Zeitpunkt ihrer Entscheidung bestimmen könne.

118. Die ACB führt schließlich eine Reihe von Umständen an, aufgrund derer sie darauf vertraut habe, dass die Kommission die im Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Kodizes anwenden werde. Dies ergebe sich zum einem aus dem Vermerk des juristischen Dienstes der Kommission sowie aus den übrigen von Kommissionsdienststellen stammenden Dokumenten, die sie als Anlage zu ihrer Antwort auf Frage des Gerichts vorgelegt habe. Zum anderen sei die Kommission auch in der Entscheidung 91/176 so verfahren.

119. Die italienische Regierung schließt sich der Argumentation der Rechtsmittelführerinnen an.

120. Die Kommission ist dagegen der Ansicht, dass sich ihre Befugnis zur Genehmigung nur aus dem jeweils geltenden Kodex ergebe. Die Anwendung eines zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits außer Kraft getretenen Kodex sei ausgeschlossen. Bezeichnenderweise erwähnten die Kodizes nicht einmal die Möglichkeit, eine nicht angemeldete Beihilfe zu genehmigen.

121. Auf den Grundsatz der Rechtssicherheit könnten sich die Rechtsmittelführerinnen schon deswegen nicht berufen, weil die Beihilfen vorher nicht angemeldet worden waren. Zwar sei die Entscheidung 91/176 tatsächlich nicht ganz korrekt, soweit sie den im Zeitpunkt der Auszahlung geltenden Kodex anzuwenden erwäge. Dieser Fehler sei jedoch ohne Rechtsfolge, weil die angewandte Regelung derjenigen des bei Erlass der Entscheidung geltenden Kodex entspreche.

122. Da die Rechtsmittelführerinnen sich nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt hätten, könnten sie sich nunmehr nicht auf einen Begründungsmangel berufen. Die Kommission bestreitet, dass sich aus den Dokumenten, deren Entfernung aus der Akte sie beantrage, die von den Rechtsmittelführerinnen gezogenen Schlüsse ziehen lassen. Schließlich sei der Rechtsmittelgrund schon deswegen zurückzuweisen, weil die Beihilfen selbst bei Anwendung des Zweiten Kodex - wie in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt - nicht hätten genehmigt werden können.

b) Würdigung

123. Die Bestimmung des anzuwendenden Kodex bereitet besondere Schwierigkeiten, weil die Kodizes keine ausdrückliche Verfahrensregelung für nicht angemeldete Beihilfen treffen. Der Gesetzgeber ging scheinbar davon aus, dass Beihilfen immer während der Laufzeit eines Kodex angemeldet und geprüft werden. In diesem Fall stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Kodex nicht. Deswegen weisen die Kodizes auch keine Übergangsregelungen auf, die Aufschluss darüber geben, welcher Kodex auf zurückliegende Sachverhalte anzuwenden ist. Lediglich Artikel 13 des Zweiten Kodex weist eine vorliegend allerdings nicht einschlägige Übergangsbestimmung auf.

124. Vor einer näheren Untersuchung der Frage, welcher Kodex als Rechtsgrundlage der Entscheidung heranzuziehen ist, ist auf das letzte von der Kommission angeführte Argument einzugehen, mit dem sie den Rechtsmittelführerinnen im Ergebnis ein Interesse an dieser Feststellung abspricht.

aa) Interesse der Rechtsmittelführerinnen an der Anwendung des Zweiten Kodex

125. Die Rechtsmittelführerinnen könnten sich tatsächlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nicht der Fünfte, sondern der bei Gewährung der Beihilfe geltende Kodex anzuwenden war, wenn die Beihilfen auch nach diesem Kodex nicht hätten genehmigt werden können.

126. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung sich auf Beihilfen bezieht, die in dem Zeitraum von 1983 bis 1988 gewährt worden sind (zurückgefordert werden allerdings nur die ab dem 1. Januar 1986 gewährten Beihilfen). Mit Wirkung vom 1. Januar 1986 hat der Dritte Kodex den Zweiten Kodex abgelöst. Somit wäre die Entscheidung - folgte man dem Ansatz der Rechtsmittelführerinnen - nicht allein auf den Zweiten sondern auch auf den Dritten Kodex zu stützen.

127. Jedoch ist es nicht Sache des Gemeinschaftsrichters, die Frage zu untersuchen, ob die Beihilfen nach früheren Kodizes genehmigungsfähig gewesen wären. Diese Prüfung, die die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge voraussetzt, wäre vielmehr von der Kommission durchzuführen.

128. Die Kommission hat zwar in Abschnitt III der angefochtenen Entscheidung am Rande festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach Artikel 2 Absatz 1 des Zweiten Kodex nicht gegeben sind. Diese Bestimmung bezieht sich auf Umstrukturierungsbeihilfen. Die Kommission hat aber keine umfassende Prüfung der Beihilfen anhand der Vorschriften des Zweiten Kodex durchgeführt. Sie hat weder eine Differenzierung nach dem Zweiten und Dritten Kodex vorgenommen, noch hat sie die spezifischen Vorschriften dieser Kodizes über Investitionsbeihilfen für Energie- und Umweltschutzmaßnahmen (Artikel 3 des Zweiten und Dritten Kodex), über Betriebsbeihilfen (Artikel 5 des Zweiten Kodex) und über Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen (Artikel 7 des Zweiten Kodex und Artikel 2 des Dritten Kodex) herangezogen, obwohl sie möglicherweise einschlägig wären.

129. Die genannten Regelungen des Zweiten und Dritten Kodex weichen erheblich von den entsprechenden Regeln des Fünften Kodex ab. Hinsichtlich der Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen sowie der Umweltbeihilfen verweist der Fünfte Kodex anders als der Zweite und Dritte auf die jeweiligen Gemeinschaftsrahmen. Eine Genehmigung von Betriebsbeihilfen ist nicht mehr möglich. Allgemeine Investitionsbeihilfen dürfen schließlich nur noch in bestimmten Regionen gewährt werden.

130. Nach der kurzen Erwähnung des Zweiten Kodex leitet die Kommission denn auch mit den Worten [d]ie fraglichen Beihilfen sind demnach gemäß dem derzeit geltenden Stahlbeihilfenkodex zu prüfen ..." zur eigentlichen Untersuchung der Beihilfen auf der Grundlage des Fünften Kodex über.

131. Da die Kommission ihre Entscheidung folglich hauptsächlich auf den Fünften Kodex gestützt hat und die Anwendung des Zweiten Kodex nur im Hinblick auf Umstrukturierungsmaßnahmen erwogen hat, steht nicht fest, dass eine Genehmigung der Beihilfen nach dem Zweiten und Dritten Kodex insgesamt ausgeschlossen gewesen wäre.

bb) Anwendung des bei Gewährung der Beihilfe geltenden Kodex

132. Für die Beantwortung der Frage, ob die Kommission den bei Gewährung geltenden Kodex hätte zugrunde legen müssen, obwohl er im Zeitpunkt der Entscheidung bereits außer Kraft getreten war, muss das System des Beihilferechts des EGKS-Vertrages in Erinnerung gerufen werden.

133. Das Gericht hat dessen Grundlagen zutreffend in den Randnummern 59 ff. des angefochtenen Urteils erläutert. Ausgangspunkt des Systems ist das in Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag verankerte generelle Beihilfeverbot. Die auf Artikel 95 EGKS-Vertrag gestützten Kodizes lassen davon Ausnahmen zu, soweit die Beihilfen der Mitgliedstaaten den Zielen der gemeinschaftlichen Stahlpolitik entsprechen. Die Kodizes gehen sogar soweit, die ihren Vorgaben entsprechenden Beihilfen als Gemeinschaftsbeihilfen" zu bezeichnen. Die Gemeinschaft reagierte mit dem Erlass der Kodizes auf die spezifische Situation der Stahlbranche in den 80er Jahren, die von großem Umstrukturierungsbedarf geprägt war.

134. Die aufeinander folgenden und sich jeweils ablösenden Kodizes haben keineswegs zu einer Umkehrung dieses Regel-Ausnahme-Prinzips geführt, wie die Rechtsmittelführerinnen meinen. Vielmehr hat jeder Kodex eine der jeweiligen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Stahlindustrie angepasste Neufassung der Ausnahmeregelungen mit sich gebracht. Der Gesetzgeber hat durch die Ausgestaltung der Kodizes gerade darauf hinwirken wollen, dass die Gewährung von Beihilfen kein Dauerzustand ist, sondern eine auf eine bestimmte Situation zugeschnittene, zeitlich begrenzte Ausnahme bleibt.

135. Die Geltung der Kodizes war von vornherein auf zwei bis fünfeinhalb Jahre befristet. Seit dem Zweiten Kodex enthalten die Kodizes Meldefristen, die der Gerichtshof bereits in der Rechtssache 214/83 als Ausschlussfristen qualifiziert hat. Die Fristen sollen gewährleisten, dass Beihilfevorhaben der Kommission so rechtzeitig notifiziert werden, dass die Genehmigung und die Auszahlung noch während der Geltungsdauer des Kodex erfolgen kann. Bei Nichteinhaltung der Meldefrist verliert die Kommission die Befugnis, die Beihilfe zu genehmigen.

136. Seit dem Zweiten Kodex bestimmen die Kodizes zudem, dass die Auszahlung einer unter dem jeweiligen Kodex bewilligten Beihilfe nicht mehr nach dessen Außerkrafttreten erfolgen darf. Durch diese Regelung ist gewährleistet, dass eine Beihilfe die nach Einschätzung des Gesetzgebers in einem bestimmten Zeitraum mit der Wettbewerbslage vereinbar ist, nicht noch zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt wird, wenn sich diese Lage möglicherweise bereits verändert hat. Für bestimmte Beihilfearten setzen die Kodizes teilweise sogar Auszahlungsfristen, die vor Ablauf des Kodex enden. Wenn nach Außerkrafttreten des Kodex noch nicht einmal die Auszahlung einer schon genehmigten Beihilfe zulässig ist, dann ist die Erteilung einer Genehmigung nach dem nicht mehr geltenden Kodex erst recht ausgeschlossen.

137. Die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen und der italienischen Regierung, die darauf abzielt, die verfahrensrechtlichen Befugnisse der Kommission auf den geltenden Kodex zu stützen und dem Zweiten oder Dritten Kodex nur die materiell-rechtlichen Vorgaben zu entnehmen, ist nicht haltbar. Verfahrensvorschriften und materielle Bestimmungen der jeweiligen Kodizes bilden eine Einheit. Der Gesetzgeber wollte gerade kein allgemeines von Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag abweichendes Beihilfe-Genehmigungssystem einführen, in dem nur jeweils unterschiedliche materielle Bestimmungen anzuwenden sind. Die Kodizes verleihen der Kommission sowohl in materieller als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nur temporäre Befugnisse. Ist ein Kodex nicht mehr in Kraft, kann die Kommission daraus keine Befugnisse mehr ableiten.

138. Das Gericht hat daher zutreffend festgestellt, dass die Kommission nach Ablauf der Geltungsdauer eines Kodex nicht mehr nach dessen Ausnahmeregelung eine Stahlbeihilfe genehmigen kann.

cc) Anwendung des im Zeitpunkt der Entscheidung der Kommission geltenden Kodex

139. Die Kommission hat ihre Entscheidung auf den Fünften Kodex gestützt, der bei Erlass der Entscheidung galt. Sie hat diesen Kodex damit auf Beihilfen angewandt, die nicht vor ihrer Auszahlung und vor Ablauf der Frist des Artikels 6 Absatz 1 Satz 3 bzw. Absatz 2 Fünfter Kodex angemeldet worden sind.

140. Artikel 6 des Fünften Kodex geht, wie die Vorgänger-Bestimmungen auch, nach seinem Wortlaut von dem Fall aus, dass die Mitgliedstaaten jede Maßnahme vor ihrer Durchführung und bis zum Ablauf der Ausschlussfrist anmelden. Dies erklärt auch, dass Artikel 6 Absatz 4 an sich keine Anhörung des Mitgliedstaats vorschreibt, der die Beihilfe gewährt hat. Die Anhörung ist nämlich überfluessig, wenn der Mitgliedstaat die Beihilfe selbst angemeldet hat. Der Fall der nicht angemeldeten Beihilfe ist - wie die Kommission zutreffend hervorhebt - in den Kodizes nicht ausdrücklich geregelt.

141. Daraus kann allerdings nicht geschlossen werden, dass jede Beihilfe allein deswegen für unvereinbar mit den Regeln des Kodex zu erklären ist, weil sie nicht fristgerecht angemeldet wurde. Es widerspräche den Grundgedanken des Beihilferechts der Gemeinschaften, allein aus der formellen Rechtswidrigkeit die Unvereinbarkeit der Maßnahme mit den Beihilfevorschriften herzuleiten. Dass es letztlich auf die Vereinbarkeit mit den materiellen Regeln ankommt, ergibt sich auch aus Artikel 1 Absatz 1 Fünfter Kodex, wonach Beihilfen nur dann als Gemeinschaftsbeihilfen und somit als mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinsamen Marktes für vereinbar angesehen werden [können], wenn sie den Bestimmungen der Artikel 2 bis 5 entsprechen".

142. Gegen die rückwirkende Anwendung des Fünften Kodex könnte allerdings der situationsgebundene Charakter der jeweiligen Kodizes sprechen. Wie ausgeführt stellen die Kodizes eine zeitlich befristete Reaktion auf eine bestimmte wirtschaftliche Lage der Stahlbranche dar. Stellt man rückwirkend auf einen späteren Kodex ab, kommen Regelungen zur Anwendung, die von einer anderen Lage ausgehen, als sie bei Gewährung der Beihilfe bestand.

143. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Effekt einer rechtswidrigen Beihilfe bis zu ihrer Rückerstattung fortdauert. Selbst wenn der Vorteil Jahre nach der Gewährung der Beihilfe keinen unmittelbaren Niederschlag mehr in der Bilanz des Unternehmens findet, so hat die Beihilfe die Wettbewerbsposition des Begünstigten dennoch im Vergleich zu anderen Unternehmen, die keine Zuwendungen erhalten haben, dauerhaft verstärkt.

144. Aufgabe der Kommission ist es nicht, sich in den Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe zurückzuversetzen und allein ihre damalige Wirkung zu beurteilen. Vielmehr muss die Kommission den gegenwärtigen Wettbewerb schützen, indem sie die (fortdauernde) Wirkung der Beihilfe an dem Maßstab misst, der bei Erlass der Entscheidung Anwendung findet.

dd) Vertrauensschutz

145. Grundsätzlich kommt der Schutz des Vertrauens in eine bestimmte Praxis der Kommission nur in Betracht, wenn die Kommission durch diese Praxis einen ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausfuellt. Die Frage, welcher Kodex anzuwenden ist, ist jedoch eine Rechtsfrage, die abschließend vom Gerichtshof zu beurteilen ist, ohne dass der Kommission insoweit ein Ermessen zusteht.

146. Selbst wenn die Kommission also in der Vergangenheit die Auffassung vertreten hat, es fände jeweils der bei Gewährung oder Auszahlung einer Beihilfe geltende Kodex Anwendung, so können die Rechtsmittelführerinnen hieraus kein schützenswertes Vertrauen herleiten. Dies gilt um so mehr, als diese Rechtsauffassung unzutreffend ist.

147. Aus dem internen Vermerk des juristischen Dienstes können die Rechtsmittelführerinnen schließlich überhaupt keine Rechtspositionen ableiten. Zum einen ist der Vermerk den Rechtsmittelführerinnen nicht von der Kommission zur Kenntnis gegeben oder veröffentlicht worden. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, geht aus dem Dokument klar hervor, dass es sich nicht um eine abschließende, nach außen gerichtete Stellungnahme der Kommission handelt, sondern lediglich um eine rechtsgutachterliche Äußerung des juristischen Dienstes gegenüber den fachlich für den Erlass der Entscheidung zuständigen Stellen der Kommission.

ee) Begründungsmangel bezüglich der gewählten Rechtsgrundlage

148. Es bedarf keiner näheren Prüfung, ob die Rechtsmittelführerinnen dieses Argument, das sie nicht bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht haben, im Verfahren vor dem Gerichtshof noch geltend machen können. Das Gericht hat nämlich zutreffend in den Randnummern 167 ff. des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Begründung der Entscheidung in diesem Punkt den Anforderungen entspricht.

149. Insbesondere lassen sich aus der Entscheidung selbst sowie aus dem Kontext, der nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ebenfalls von Bedeutung ist, hinreichende Gründe für die Anwendung des Fünften Kodex entnehmen. So ergibt sich aus dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens, dass die Kommission den Fünften Kodex zugrunde gelegt hat, weil er die einzige im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung geltende Rechtsgrundlage war.

150. Die andere Erwägung der Kommission, dass der Zweite Kodex unerheblich sei, weil nach seinen Vorschriften eine Genehmigung ebenfalls ausscheide, erscheint zwar in der Sache etwas oberflächlich. Dies stellt jedoch keinen Begründungsmangel dar, der eine Aufhebung der Entscheidung rechtfertigte.

ff) Ergebnis

151. Da die Kommission ihre Entscheidung zu Recht auf den Fünften Kodex gestützt hat und nicht auf die Kodizes, die bei Gewährung der Beihilfen anwendbar waren, ist der Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

4) Sachverhaltsaufklärung und Prüfungsumfang

152. Die Rechtsmittelführerinnen bringen im Zusammenhang mit verschiedenen Rechtsmittelgründen Rügen vor, mit denen sie der Sache nach die Aufklärung des Sachverhalts durch die Kommission und das Gericht sowie den Umfang der Sachverhaltswürdigung beanstanden. Sie tragen zum einen vor, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung eine Maßnahme als mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar eingeordnet, über die sie dagegen bereits in der Entscheidung 91/176 positiv entschieden habe. Zweitens rügen die Rechtsmittelführerinnen, dass das Vorliegen der Ausnahmen vom Beihilfeverbot nicht hinreichend geprüft worden sei.

a) Einbeziehung einer bereits in der Entscheidung 91/176 berücksichtigten Beihilfe

aa) Vorbringen der Parteien

153. Zum erstgenannten Aspekt führen die Rechtsmittelführerinnen aus, dass die Kommission über die mit Beschluss der autonomen Provinz Bozen Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987 gewährte Beihilfe zwei sich widersprechende Entscheidungen getroffen habe. Das in der angefochtenen Entscheidung genannte Darlehen über 6 321 000 000 ITL sei bereits Gegenstand der Entscheidung 91/176 gewesen. Der zu erstattende Betrag sei falsch berechnet worden; er betrage nur 4 400 000 000 ITL. Das Gericht habe dies nicht beanstandet und nur darauf verwiesen, dass die Kommission nur die im Entscheidungszeitpunkt verfügbaren Informationen berücksichtigen müsse.

154. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Rüge unzulässig ist, weil sie nicht bereits im Verwaltungsverfahren erhoben wurde. Außerdem handele es sich um eine vom Gericht entschiedene Tatsachenfrage. In der Sache meint die Kommission, die Rechtsmittelführerinnen hätten nicht nachgewiesen, inwiefern die beiden Entscheidungen dieselbe Beihilfe beträfen. Die Entscheidung 91/176 bezöge sich auf ein Darlehen über 6 500 000 000 ITL mit einem Zinssatz von 4,5 % und einer Laufzeit von 12 Jahren, das am 2. Januar 1982 beantragt und 14. Februar 1983 durch den Beschluss Nr. 784 gewährt wurde. Es sei nicht klar, inwiefern diese Maßnahme dieselbe sein solle wie ein Darlehen über 13 306 000 000 ITL mit einem Zinzsatz von 3 % und einer Laufzeit von 7 Jahren, das am 3. Juli 1986 beantragt und durch Beschluss Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987 gewährt und in zwei Raten über 6 321 000 000 ITL am 10. März 1988 und über 987 000 000 ITL am 30. Januar 1989 ausgezahlt wurde.

bb) Würdigung

155. Die Rüge ist zulässig. Die Rechtsmittelführerinnen waren vor Gericht mit dieser Rüge nicht formell ausgeschlossen. Auch die Beschränkung des Rechtsmittels auf Rechtsfragen steht der Rüge nicht entgegen. Denn es werden jedenfalls auch Rechtsfragen aufgeworfen.

156. Das Gericht hat keine eigenen Feststellungen zum Sachverhalt getroffen, sondern nur festgestellt, dass die Kommission nach den Informationen, die ihr bei Erlass der Entscheidung bekannt waren, keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung des Sachverhalts vorgenommen hat. Mangels gegenteiliger Angaben der italienischen Regierung und der Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren habe kein Hinweis darauf vorgelegen, dass der Sachverhalt nicht zutreffend gewesen sei. Ob diese Zuweisung einer Darlegungslast rechtmäßig war, ist eine Rechtsfrage.

157. Lediglich in Randnummer 141 des angefochtenen Urteils hat das Gericht im Rahmen eines obiter dictums Überlegungen angestellt, wie sich die Sachverhalte der beiden Entscheidungen in Einklang bringen lassen, ohne dass es darauf aber sein Urteil gestützt hat.

158. Die Unsicherheit darüber, ob die Kommission über ein und dieselbe Beihilfe zweimal entschieden hat, rührt u. a. aus der nicht ganz klaren Beschreibung des Gegenstands der Entscheidung 91/176 her. Dort heißt es unter I:

Im Dezember 1987 haben die Behörden der autonomen Provinz Bozen dem Stahlwerk Bozen (FALCK-Gruppe) ein zinsverbilligtes Darlehen in Höhe von 6 Milliarden LIT ... gewährt, um eine Investition von 23 Milliarden LIT ... zu unterstützen ...

Dieses Darlehen ist mit einer Laufzeit von 11 Jahren zu einem Zinssatz von 3,5 % gewährt worden ..."

159. Später wird erläutert, dass die Darlehensgewährung auf einen Beschluss der Bozener Provinzbehörden vom 14. Februar 1983 zurückgeht und der Kommission zwar rechtzeitig gemeldet, jedoch unzulässigerweise erst nach Außerkrafttreten des Zweiten Kodex im Jahre 1987 tatsächlich gewährt worden ist.

160. Die angefochtene Entscheidung führt diese Beihilfe unter I Buchstabe a auf und außerdem eine davon verschiedene weitere Beihilfe unter I Buchstabe d, die auf dem Beschluss Nr. 7673 vom 14. Dezember 1987 beruht. Die Maßnahme, die Gegenstand der Entscheidung 91/176 ist, wird in der angefochtenen Entscheidung ebenso wie in der Mitteilung über die Eröffnung des Verfahrens somit als nicht identisch mit einer der am 14. Dezember 1987 beschlossenen Beihilfe angesehen.

161. Die Rechtsmittelführerinnen behaupten hingegen, die Entscheidung 91/176 betreffe die im Beschluss Nr. 7673 genannte Beihilfe. Sie liefern allerdings keine Erklärung dafür, was es mit der unter I Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Beihilfe auf sich hat. Hierzu sind verschiedene Hypothesen denkbar. Zum einen könnte es sich um genau dieselbe Beihilfe handeln wie diejenige, die auch unter d aufgeführt ist. In diesem Fall wäre die Entscheidung mit einem Widerspruch behaftet, da sie dieselbe Beihilfe einerseits aus ihrem Anwendungsbereich ausnimmt, andererseits aber ihre Rückerstattung anordnet. Die zweite Möglichkeit wäre, dass es sich tatsächlich um zwei unterschiedliche Maßnahmen handelt. Schließlich könnte die Hypothese des Gerichts zutreffen, dass die Kommission bei Erlass der Entscheidung 91/176 nicht richtig unterrichtet war und ihre Annahme nicht zutraf, dass die im Dezember 1987 gewährte Beihilfe der bereits 1983 geplanten Maßnahme entsprach, sondern eine ganz neue Maßnahme mit völlig anderer Zielsetzung war.

162. Bedauerlicherweise hat die italienische Regierung in ihrer Rechtsmittelbeantwortung zu diesem Punkt nicht Stellung genommen und nicht zur Aufklärung beigetragen. Auch die Ausführungen der Kommission vor dem Gerichtshof fördern das Verständnis der Zusammenhänge nicht gerade. Sie hatte die Summe der durch die Entscheidung 91/176 erfassten Beihilfe zunächst mit 5,6 Milliarden ITL beziffert und später auf 6,5 Milliarden ITL korrigiert. Die Laufzeit soll 12 Jahre und der Zinssatz 4,5 % betragen. In der Entscheidung selbst finden sich dagegen ganz andere Zahlen (6 Milliarden, 11 Jahre und 3,5 % Zinsen).

163. Entscheidend ist aber, dass die Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung aufgrund der ihr vorliegenden Informationen davon ausgegangen ist, dass es sich um zwei verschiedene Maßnahmen handelt. Da weder die italienische Regierung noch die Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren auf einen eventuellen Irrtum der Kommission hingewiesen haben, obwohl anhand der Mitteilung über die Eröffnung des förmlichen Verfahren ersichtlich war, welche Fakten die Kommission zugrunde legte, scheidet eine Aufhebung der Entscheidung aus diesem Grund aus.

164. Die weitere in diesem Zusammenhang geltend gemachte Rüge, dass die Kommission die zu erstattenden Beträge falsch festgesetzt habe, haben die Rechtsmittelführerinnen nicht einmal im Ansatz begründet. Insbesondere haben sie nicht dargelegt, inwiefern das Urteil des Gerichts insoweit rechtsfehlerhaft ist.

165. Der erste Teil der Rüge ist daher insgesamt zurückzuweisen.

b) Mangelnde Prüfung der Ausnahmen vom Beihilfeverbot

aa) Vortrag der Parteien

166. Die Rechtsmittelführerinnen führen aus, da die Kommission sie nicht angehört habe, hätten sie nicht bereits im Verwaltungsverfahren, sondern erst vor Gericht darlegen können, dass die Beihilfen tatsächlich die Genehmigungsvoraussetzungen erfuellten. Das Gericht hätte die Entscheidung daher entweder wegen der Verletzung der Verteidigungsrechte für nichtig erklären müssen oder - nach Würdigung der von der ACB und Falck vorgelegten Beweismittel - weil die Kommission die Beihilfen falsch beurteilt habe.

167. Das Gericht habe die vorgelegten Beweismittel zur Kenntnis genommen, aber nicht die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen. Falls die Beweismittel nicht ausreichend gewesen sein sollten, hätte das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Ferner habe das Gericht das Vorbringen Falcks in der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt.

168. Die italienische Regierung wendet sich gegen die Feststellung des Gerichts, dass die italienische Regierung im Verwaltungsverfahren alle Umstände hätte vortragen müssen, aus der sich die Zulässigkeit der Beihilfe ergibt. Vielmehr sei es Aufgabe der Kommission, die das Verfahren eröffnet habe, den Sachverhalt zu ermitteln.

169. Die Kommission ist der Auffassung, das Gericht habe die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle zutreffend aufgezeigt und die vorgelegten Beweismittel richtig gewürdigt.

bb) Würdigung

170. Mit dem zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes beanstanden die Rechtsmittelführerinnen im Kern, dass sowohl die Kommission als auch das Gericht den Sachverhalt hinsichtlich des Vorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen nicht hinreichend aufgeklärt und falsch gewürdigt haben.

171. Wie bereits festgestellt, hatten die Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit, die Tatsachen vorzutragen, die aus ihrer Sicht eine Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Kodex belegten. In der Mitteilung über die Eröffnung des Prüfverfahrens machte die Kommission deutlich, dass die Beihilfen nach den ihr vorliegenden Informationen, nicht die Voraussetzungen für zulässige Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen oder für Maßnahmen zum Umweltschutz, zur Energieeinsparung oder zur Verbesserung der Produktqualität erfuellten. Es hätte Italien und den Rechtsmittelführerinnen oblegen, daraufhin ihre gegenteilige Ansicht vorzutragen und durch zusätzliche Informationen glaubhaft zu machen, wie das Gericht richtig in Randnummer 116 des angefochtenen Urteils ausführt. Erhält die Kommission keinen Hinweis darauf, dass die ihr vorliegenden Informationen unzutreffend oder unvollständig sind, braucht sie den Sachverhalt auch nicht von Amts wegen weiter aufzuklären.

172. Die Kommission hat den Sachverhalt auch nicht offensichtlich fehlerhaft gewürdigt. Zu diesem Schluss gelangt das Gericht rechtsfehlerfrei über folgende Prüfungsschritte. Es stellt zunächst fest, dass die gerichtliche Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Sachverhalte darauf beschränkt ist, Ermessensmissbrauch oder offensichtliche Fehler aufzudecken, wobei die Klägerin Sachverhaltselemente vortragen muss, die die Würdigung des Sachverhalts durch die Kommission als unplausibel erscheinen lassen. Dann überprüft das Gericht, ob die Kommission die von Italien im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Tatsachen nicht offensichtlich fehlerhaft beurteilt hat. Es bezieht dabei die vor Gericht vorgelegten Beweismittel ein, insbesondere den sogenannten Andersen-Bericht.

173. Zunächst muss hervorgehoben werden, dass die Rechtmäßigkeit der Entscheidung im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 33 EGKS-Vertrag nach den Informationen zu beurteilen ist, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidungen verfügte.

174. Die Kommission war aufgrund früherer Verfahren über Beihilfen zugunsten der ACB und Falck über einige Umstände informiert. Weitere Informationen konnte sie den Angaben der italienischen Regierung sowie des deutschen und britischen Verbands der Stahlhersteller im Verwaltungsverfahren entnehmen. Die erst vor Gericht von den Rechtsmittelführerinnen angeführten Tatsachen und vorgelegten Beweismittel sind dagegen nur insoweit beachtlich, als sich aus ihnen Hinweise auf offensichtliche Beurteilungsfehler der Kommission hinsichtlich der ihr im Entscheidungszeitpunkt bekannten Tatsachen ergeben.

175. Da Rechtsmittel nach Artikel 32d EGKS-Vertrag in Verbindung mit Artikel 51 § 1 EGKS-Satzung auf Rechtsfragen beschränkt sind, kann der Gerichtshof in ihrem Rahmen nicht prüfen, ob das Gericht die Tatsachen zutreffend gewürdigt hat, die die Rechtsmittelführerinnen ihm zum Beweis für offensichtliche Beurteilungsfehler der Kommission vorgetragen haben. Ganz abgesehen davon haben die Rechtsmittelführerinnen auch keine konkreten Beurteilungsfehler des Gerichts gerügt. Sie haben ferner nicht dargelegt, welche angeblich in der mündlichen Verhandlung von Falck vorgetragenen Umstände das Gericht nicht berücksichtigt haben soll.

176. Hat das Gericht nach der Prüfung dieser Tatsachen keine Zweifel an der Beurteilung der Kommission, ist es nicht verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären und z. B. ein Sachverständigengutachten einzuholen.

177. Damit ist auch der zweite Teil des Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

5) Keine Berücksichtigung der Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel

a) Vorbringen der Parteien

178. Im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes wenden sich die ACB und Falck dagegen, dass das Gericht - gestützt auf das Urteil De Gezamenlijke Steenkolenmijnen aus dem Jahre 1961 - nicht berücksichtigt habe, dass die Auswirkungen der Beihilfen auf den innergemeinschaftlichen Handel nur gering gewesen seien. Es habe verkannt, dass nach der neueren Rechtsprechung die Kohärenz der Verträge zu wahren sei. Ferner habe das Gericht selbst festgestellt, dass nicht jede Beihilfe unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt sei, sondern dass das Beihilfeverbot des Artikels 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag im Zusammenhang mit den Zielen des Vertrages auszulegen ist.

179. Die italienische Regierung trägt ergänzend vor, dass die Berücksichtigung der Auswirkungen einer Beihilfe auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel ein allgemeines Prinzip der Verträge sei und folglich auch hier zum Tragen komme.

180. Die Kommission ist dagegen der Ansicht, dass es angesichts des generellen Verbots staatlicher Beihilfen in Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag nicht auf deren Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel ankomme. Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergäbe, sei der EG-Vertrag gemäß Artikel 305 EG nicht auf EGKS-Produkte anwendbar. Das Urteil Busseni ginge an die Grenzen der Auslegung und sei auch vereinzelt geblieben.

b) Würdigung

181. In seinem Urteil vom 21. Juni 2001 in den verbundenen Rechtssachen C-280/99 P, C-281/99 P und C-282/99 P (Moccia Irme u. a./Kommssion) hat der Gerichtshof festgestellt:

..., dass nach Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag anders als nach Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag die Unvereinbarkeit von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nicht davon abhängt, dass sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen ...

Wie das Gericht in Randnummer 82 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, verbietet Artikel 4 Buchstabe c EGKS-Vertrag alle Beihilfen ohne jede Einschränkung, um für die Schaffung, Aufrechterhaltung und Beachtung normaler Wettbewerbsbedingungen zu sorgen, so dass die Beihilfen als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt gelten, ohne dass festgestellt oder auch nur nachgeprüft zu werden brauchte, ob tatsächlich eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsbedingungen gegeben ist oder droht."

182. Demnach hat das Gericht auch in der vorliegenden Rechtssache zu Recht nicht geprüft, ob der Wettbewerb verfälscht oder der innergemeinschaftliche Handel durch die Beihilfe an die ACB beeinträchtigt wird. Dieser Rechtsmittelgrund ist folglich zurückzuweisen.

6) Verletzung der Verjährungsregeln und des Grundsatzes der Rechtssicherheit

a) Vorbringen der Parteien

183. Die Rechtsmittelführerinnen wenden sich gegen die Feststellung des Gerichts, dass die Kommission keine Verjährungsfrist verletzt habe. Die Bindung der Kommission an eine Frist, innerhalb der sie ihre Befugnisse ausüben müsse, ergebe sich vielmehr aus dem allgemeinen Grundsatz der Rechtssicherheit. Dies habe der Gerichtshof insbesondere in seinem Urteil in der Rechtssache Geigy bestätigt.

184. Die Rechtsmittelführerinnen führen zudem verschiedene bestehende Verjährungsregelungen im Anwendungsbereich des EG-Vertrages und des EGKS-Vertrages an, in denen der Grundsatz der Rechtssicherheit seine positiv-rechtliche Ausformung gefunden habe, nämlich Artikel 43 der EG-Satzung, die Entscheidung Nr. 715/78/EGKS der Kommission über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Geltungsbereich des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Andererseits beanstanden sie die Bezugnahme des Gerichts auf die Verordnung Nr. 659/1999 mit dem Argument, die Bestimmung betreffe nur Beihilfen im Anwendungsbereich des EG-Vertrages.

185. Die Kommission meint, aus den von den Rechtsmittelführerinnen angegeben Urteilen ergebe sich zwar, dass Verjährungsfristen Ausdruck des Grundsatzes der Rechtssicherheit seien. Um diesem Grundsatz zu entsprechen, müssten sie aber ex ante vom Gesetzgeber bestimmt worden sein und nicht ex post von der Rechtsprechung. Auch die analoge Anwendung der Entscheidung 715/78/EGKS lehnt die Kommission ab. Diese Regelung beziehe sich auf die Befugnis der Kommission, Bußgelder und Zwangsgelder zu verhängen. Vorliegend gehe es dagegen nicht um Sanktionen, sondern um die Wiedereinziehung von Beihilfen.

b) Würdigung

186. Hinter dem von den Parteien allgemein unter dem Stichwort Verjährung" abgehandelten Problem verbergen sich tatsächlich ganz verschiedene Rechtsinstitute.

187. Die Verjährung im Sinne einer Vollstreckungsverjährung, wie sie z. B. in Artikel 4 der Entscheidung 715/78/EGKS geregelt ist, betrifft die Frist, innerhalb der der Gläubiger einen bereits abschließend festgestellten Anspruch vollstrecken lassen muss. Im Zivilrecht bildet die Verjährung eine Einrede, die der Durchsetzung eines bestehenden Anspruchs entgegengehalten werden kann. Die Verjährung im Sinne einer Verfolgungsverjährung begrenzt den Zeitraum, in dem die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen den Vertrag sanktionieren kann. Soweit es sich nicht um Sanktionen handelt, ist eher der Begriff der Verfristung passend. Alle Formen der Verjährung oder Verfristung verfolgen das Ziel, nach einem bestimmten Zeitraum dem Grundsatz der Rechtssicherheit Vorrang vor der materiellen Gerechtigkeit einzuräumen. Sie unterscheiden sich jedoch insbesondere im Hinblick auf die Umstände, die den Fristbeginn auslösen, und ihre Dauer.

188. Aus dem Grundsatz des fairen Verfahrens, wie er in Artikel 6 Absatz 1 EMRK seinen Ausdruck gefunden hat, leitet der Gerichtshof zudem bestimmte Fristen für den Abschluss gerichtlicher Verfahren her. Ferner hat er festgestellt, dass der Empfänger einer Beihilfe bei einem säumigen Verhalten der Kommission während des Verwaltungsverfahrens unter bestimmten Umständen darauf vertrauen kann, dass die Kommission nicht mehr die Rückforderung einer Beihilfe anordnen werde. Welche Folgen sich aus der Dauer des Verwaltungsverfahrens herleiten, ist daher gesondert im Rahmen des Rechtsmittelgrundes zu prüfen, der sich auf die Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes bezieht.

189. Lässt man die Frage der Dauer des Verwaltungsverfahrens hier also zunächst außer Betracht, kann es allenfalls um eine Frage der Verfristung gehen. Die Frist, innerhalb der die Kommission die Rückforderung von Beihilfen im Geltungsbereich des EG-Vertrages noch anordnen darf, beträgt gemäß Artikel 15 der Verordnung 659/1999 zehn Jahre. Eine entsprechende positiv-rechtliche Begrenzung der Befugnisse der Kommission im Hinblick auf EGKS-Beihilfen existiert nicht.

190. Eine analoge Anwendung der Entscheidung 715/78/EGKS scheidet aus. Sie betrifft eine ganz andersartige Befugnis der Kommission, nämlich die Befugnis, Wettbewerbsverstöße mit Bußgeldern und Zwangsgeldern zu ahnden, beziehungsweise aus diesbezüglichen Entscheidungen zu vollstrecken.

191. Fraglich ist aber, ob sich aus dem Grundsatz der Rechtssicherheit unmittelbar eine solche Begrenzung der Befugnis der Kommission herleiten lässt. In der Rechtssache Lemmerzwerke, die die Rechtsmittelführerinnen angeführt haben, hat Generalanwalt Roemer zwar die Auffassung vertreten, der Widerruf einer Entscheidung der Hohen Behörde sei mehrere Jahre nach Kenntnis der Widerrufsgründe ausgeschlossen. Abgesehen davon, dass der Rechtssache eine ganz andere Sachverhaltskonstellation zugrunde lag, ist der Gerichtshof dem Generalanwalt nicht gefolgt, wie die Kommission zu Recht hervorhebt.

192. In der Rechtssache Geigy, in der es um die Verhängung von Bußgeldern wegen eines Wettbewerbsverstoßes ging, hat der Gerichtshof ausgeführt, dass eine Verjährungsfrist im Voraus vom Gesetzgeber festgelegt worden sein muss, damit sie ihre Funktion erfuellen kann. Gleichwohl schließe es der Grundsatz der Rechtssicherheit aus, dass die Kommission unbegrenzt lange mit der Verhängung einer Geldbuße warte. Den weiteren Ausführungen des Gerichtshofes ist zu entnehmen, dass in diesem Fall - abgesehen von dem reinen Zeitablauf - besondere Umstände hinzutreten müssen, die eine Beschränkung der Befugnisse der Kommission gebieten.

193. In diesem Zusammenhang kommen vorliegend solche Umstände in Betracht, die die Rechtsmittelführerinnen möglicherweise auch darauf vertrauen ließen, dass die Kommission die Beihilfen nicht zurückfordern werde. Daher ist dieses Argument gemeinsam mit dem Rechtsmittelgrund des Vertrauensschutzes zu prüfen.

7) Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

a) Vorbringen der Parteien

194. Die Rechtsmittelführerinnen rügen - unterstützt von der italienischen Regierung -, dass das Gericht den Grundsatz des Vertrauensschutzes verkannt habe, indem es zahlreiche Vertrauen begründende Umstände nicht berücksichtigt habe.

195. Die sechs von der Entscheidung aufgegriffenen Maßnahmen beruhten auf dem Provinzgesetz Nr. 25/81 und gingen alle auf den bereits 1983 von der Kommission gebilligten Umstrukturierungsplan zurück. Man habe daher nicht von einer erneuten Notifizierungspflicht ausgehen können. Dennoch habe ACB sich bei der autonomen Provinz Bozen vergewissert, dass diese alle nötigen Formalitäten durchgeführt habe.

196. Nach Auffassung der ACB hat die Kommission seit Juli 1988, als sie das Verfahren durchführte, das mit Erlass der Entscheidung 91/176 endete, Kenntnis von den Maßnahmen gehabt. Nach Erlass der Entscheidung 91/176, als bereits alle Beihilfen ausgezahlt worden waren, habe ACB angenommen, die Kommission habe abgesehen von der beanstandeten Beihilfe keine Einwände gegen die übrigen Maßnahmen.

197. Die Rechtsmittelführerinnen berufen sich zudem auf die Stellungnahme des juristischen Dienstes der Kommission vom 18. Juli 1990, auf den nach den Ausführungen in Nummer 147 hier indes nicht weiter eingegangen zu werden braucht.

198. Schließlich habe ACB aufgrund der seit Auszahlung der Beihilfen vergangenen Zeit darauf vertrauen dürfen, dass sie nicht mehr beanstandet werden. Am 26. Juli 1987 habe die Kommission das Verwaltungsverfahren zur Vorbereitung der Entscheidung 91/176 eröffnet. Am 1. August 1995 sei dann das der angefochtenen Entscheidung vorausgehende Verfahren eingeleitet worden, nachdem bereits am 21. Dezember 1994 erste Informationen von der italienischen Regierung angefordert worden waren. Nach Ansicht der ACB hat die Kommission auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der loyalen Zusammenarbeit verletzt, indem sie die Rückforderungsentscheidung erst 156 Monate nach Gewährung der ersten Beihilfe und 96 Monate nach Gewährung der zweiten Beihilfe erlassen hat.

199. Die Rechtsmittelführerinnen verweisen insbesondere auf das Urteil in der Rechtssache RSV/Kommission, in dem der Gerichtshof bereits nach einer Frist von 26 Monaten ein schützenswertes Vertrauen angenommen habe.

200. Die Kommission erinnert daran, dass der Empfänger einer nicht notifizierten Beihilfe sich nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände auf Vertrauensschutz berufen kann, wobei es im Regelfall Aufgabe des nationalen Richters sei, diese Umstände zu beurteilen. Wegen des weiter gehenden Beihilfeverbots des EGKS-Vertrags seien hier noch strengere Maßstäbe anzulegen als bei Beihilfen im Anwendungsbereich des EG-Vertrags.

201. Aus der Genehmigung des Umstrukturierungsprogramms im Jahre 1983, das ohne Unterrichtung der Kommission 1986 noch einmal geändert worden sei, könnten die Rechtsmittelführerinnen kein schützenswertes Vertrauen bezüglich aller später gewährten Beihilfen herleiten. Die vermeintlich von ACB an den Tag gelegte Sorgfalt ändere nichts daran, dass die ACB sich nur an die Provinz Bozen, nicht aber an die staatlichen italienischen Stellen gewandt hätten, die für die Notifizierung zuständig seien.

202. Die Behauptung, dass die Kommission schon 1988 Kenntnis aller Umstände hatte, habe das Gericht durch seine gegenteilige, im Rechtsmittelverfahren nicht überprüfbare Tatsachenfeststellung bereits zurückgewiesen.

b) Würdigung

203. Zunächst ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und der Verhältnismäßigkeit ins Feld führen, ohne zu erläutern, inwiefern diese Grundsätze berührt sind. Folglich ist ihr Vorbringen allein im Hinblick auf eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes zu prüfen.

204. Die Rechtsmittelführerinnen können sich nicht nur vor nationalen Gerichten, sondern auch vor dem Gemeinschaftsrichter auf Vertrauensschutz berufen. Zwar richtet sich die Rückforderung einer nicht rechtmäßigen Beihilfe von dem Begünstigten nach nationalem Verfahrensrecht. Gegenüber der Rückforderungsentscheidung der nationalen Behörden kann der Beihilfeempfänger sich vor dem mitgliedstaatlichen Gericht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, soweit dabei die gleichen Voraussetzungen gelten wie für die Rückforderung rein nationaler Geldleistungen und das Interesse der Gemeinschaft in vollem Umfang berücksichtigt wird.

205. Die Kommission scheint daraus wie das Gericht in dem Urteil Siemens/Kommission den Schluss zu ziehen, dass die Prüfung des Vertrauensschutzes allein dem nationalen Richter vorbehalten sei.

206. Dieser Ansicht ist jedoch nicht zuzustimmen. In dem Urteil RSV/Kommission hat der Gerichtshof eine Entscheidung der Kommission, mit der diese die Rückforderung von Beihilfe angeordnet hatte, aus Gründen des Vertrauensschutzes aufgehoben. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist nämlich nicht nur im nationalen Recht anerkannt, sondern auch im Gemeinschaftrecht. Die Kommission muss diesem Grundsatz bei Erlass ihrer Entscheidungen ebenso Rechnung tragen wie der Gerichtshof bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen.

207. Die Rechtsmittelführerinnen beanstanden die zutreffende Feststellung des Gerichts nicht, dass der Begünstigte grundsätzlich nur dann auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe vertrauen darf, wenn diese unter Beachtung des vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde, und dass die Berufung auf Vertrauensschutz bei rechtswidrigen Beihilfen nur unter außergewöhnlichen Umständen möglich ist. Sie meinen jedoch, dass - entgegen den Feststellungen des Gerichts - solche außergewöhnlichen Umstände vorlagen.

208. Ihre Argumentation, dass die ACB wegen der ursprünglichen Genehmigung des Umstrukturierungsprogramms auf die Ordnungsmäßigkeit hätte vertrauen können, greift nicht durch. Die Kommission hat dem Umstand, dass Unklarheiten über die Anmeldepflicht von Beihilfen bestanden, die vor dem 1. Januar 1986 ausgezahlt worden sind, Rechnung getragen und von der Anordnung der Rückforderung dieser Beihilfen abgesehen. Nach dem Zweiten Kodex, der die Rechtsgrundlage der Genehmigung des Umstrukturierungsprogramms bildete, hätten alle Beihilfen bis zum 31. Dezember 1985 ausgezahlt sein müssen. Allein deswegen ist das Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit später ausgezahlter Beihilfen ausgeschlossen. Vielmehr hätten bis dahin nicht durchgeführte Vorhaben erneut unter dem folgenden Kodex angemeldet und genehmigt werden müssen.

209. Die Rechtsmittelführerinnen durften auch nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der nach dem 31. Dezember 1985 ausgezahlten Beihilfen vertrauen, weil die Entscheidung 91/176 lediglich eine Beihilfe beanstandete und die Beseitigung ihres Beihilfeeffekts für die Zukunft anordnete. Dieser Schluss wäre allenfalls möglich, wenn die Kommission im Entscheidungszeitpunkt über alle Maßnahmen unterrichtet war. In der Begründung der Entscheidung 91/176 erwähnt die Kommission lediglich ein im Dezember 1987 gewährtes zinsverbilligtes Darlehen über 6 Milliarden ITL. Das Gericht hat in Randnummer 94 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass keine Beweise für eine weiter gehende Kenntnis der Kommission bei Erlass der Entscheidung 91/176 vorgebracht worden seien. An diese Feststellung ist der Gerichtshof gebunden. Folglich lässt sich aus der Entscheidung 91/176 nicht auf eine (stillschweigende) Billigung der anderen nach dem 31. Dezember 1985 gewährten Beihilfen schließen.

210. Bezüglich der Erklärung des Geschäftsführers der ACB, Morosetti, vom 2. Februar 1999 hat das Gericht festgestellt, die dort erwähnten Kontakte zur autonomen Provinz Bozen ließen nicht darauf schließen, dass sich ACB über die Einhaltung des Anmeldeverfahrens vergewissert habe.

211. Dem ist zuzustimmen. Die ACB hätte sich nicht auf die in der Erklärung geschilderten vagen und in sich widersprüchlichen Äußerungen der Vertreter der autonomen Provinz Bozen verlassen dürfen. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Bozener Behörden die Kommission über alle Maßnahmen unterrichtet haben, so hätte der ACB klar sein müssen, dass eine fristgerechte und förmliche Anmeldung nach dem jeweils geltenden Kodex nur von der italienischen Regierung hätte bewirkt werden können.

212. Angesichts der Bedeutung, die die Anmeldung umfangreicher Beihilfevorhaben hat, ist es auch überraschend, dass kein Schriftwechsel zwischen der ACB bzw. Falck und den Bozener Behörden oder den staatlichen italienischen Stellen über diese Frage vorgelegt wurde. Anlass zu Vertrauen in die ordnungsgemäße Anmeldung hätte sicher bestanden, wenn der ACB Kopien von Schreiben der italienischen Regierung an die Kommission vorgelegt worden wären, in denen die Beihilfen angemeldet worden waren. Allein aufgrund der Gespräche mit den Vertretern der autonomen Provinz Bozen durfte ACB jedenfalls nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfen vertrauen.

213. Schließlich bleibt noch die Frage zu klären, ob der Zeitablauf zwischen Gewährung der Beihilfen und Erlass der angefochtenen Entscheidung ein schützenswertes Vertrauen der Rechtsmittelführerinnen begründen kann. Der hier insoweit interessierende Zeitraum beginnt am 14. Dezember 1987, als die erste der zurückgeforderten Beihilfen durch Beschluss der autonomen Provinz Bozen Nr. 7673 gewährt wurde, und endet am 17. Juli 1996, dem Tag an dem die streitgegenständliche Entscheidung erging. Der Zeitraum umfasst also rund achteinhalb Jahre.

214. Angesichts des Fehlens einer positiv-rechtlichen Verjährungsregelung bewirkt der Zeitablauf allein kein schützenswertes Vertrauen in das Behaltendürfen der Beihilfe. Allenfalls wenn die Kommission über längere Phasen trotz Kenntnis der Umstände untätig gewesen ist, könnte ein solches Vertrauen entstehen.

215. Es liegen keine Anzeichen dafür vor, dass die Kommission vor dem Auskunftsersuchen vom 21. Dezember 1994 an die italienische Regierung und deren Antwort vom 7. April 1995 über die in der angefochtenen Entscheidung zurückgeforderten Beihilfen informiert war. Nach den bereits zitierten Feststellungen des Gerichts war der Kommission bei Erlass der Entscheidung 91/176 allein eine im Dezember 1987 gewährte Beihilfe bekannt. Somit kann man der Kommission nicht vorwerfen, bis zum 21. Dezember 1994 nichts hinsichtlich der übrigen Maßnahmen unternommen zu haben.

216. Von der ersten Maßnahme der Kommission zur Sachverhaltsaufklärung bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung sind ungefähr 18 Monate vergangen. Ein Teil dieses Zeitraums entfällt zudem auf Fristen für Stellungnahmen der italienischen Regierung und der übrigen Beteiligten. Es sind auch keine längeren Phasen ersichtlich, in denen die Kommission untätig war oder das Verfahren unnötig verzögert hat. Folglich war auch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht geeignet, bei den Rechtsmittelführerinnen das Vertrauen zu erwecken, dass die Kommission die Beihilfen nicht zurückfordern werde.

217. Der Rechtsmittelgrund der Verletzung des Vertrauensschutzes ist daher zurückzuweisen.

8) Fehlerhafte Festsetzung der Zinsen auf die Erstattungsforderung

a) Vorbringen der Parteien

218. Die Rechtsmittelführerinnen halten die Festsetzung des Satzes, mit dem die Erstattungsforderung zu verzinsen ist, für willkürlich und unvorhersehbar. Sie führen verschiedene Quellen an (Mitteilungen der Kommission, Urteile des Gerichtshofes), in denen andere Maßstäbe für die Zinsberechnung zugrunde gelegt worden seien. Der Zinssatz sei nicht von der Kommission, sondern von den italienischen Behörden zu bestimmen. Um den Zustand wiederherzustellen, der ohne Zahlung der Beihilfe bestanden hätte, hätte die Kommission jedenfalls Deutschland als Referenzmarkt heranziehen müssen und nicht Italien, weil die ACB in erster Linie auf dem deutschen Markt tätig gewesen sei.

219. Die italienische Regierung schließt sich dieser Auffassung an und betont zudem, dass die angefochtene Entscheidung und das Urteil des Gerichts im Hinblick auf die Festsetzung des Zinssatzes nicht ausreichend begründet sei.

220. Die Kommission führt eine Reihe von Mitteilungen und Schreiben an, aus denen sich ihre ständige Praxis bezüglich der Bestimmung des Zinssatzes ergebe. Die Begründung der Entscheidung entspreche den Anforderungen und sei in dem Kontext zu sehen, in den sich die Entscheidung einfüge. Schließlich habe die Kommission rechtsfehlerfrei bei einer in italienischen Lire gewährten Beihilfe den italienischen Markt als Referenzmarkt annehmen dürfen.

b) Würdigung

221. Wie das Gericht in den Randnummern 148 bis 152 unter Berufung auf sein Urteil in der Rechtssache Siemens/Kommission zutreffend ausgeführt hat, ist die Festsetzung von Zinsen auf die Erstattungsforderung nötig, um den Zustand vollständig wiederherzustellen, der ohne die Beihilfe bestanden hätte.

222. Zwar hat die Rückforderung grundsätzlich nach nationalem Verfahrensrecht zu erfolgen. Ebenso wie die Kommission aber befugt ist, die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen anzuordnen, um die praktische Wirksamkeit des Beihilfeverbots zu gewährleisten, kann sie dem Mitgliedstaat auch die Verzinsung der zu erstattenden Beträge einschließlich des dabei anzuwendenden Zinssatzes aufgeben.

223. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Bezugnahme der Kommission auf die im Rahmen von Regionalbeihilfen für die Bestimmung des Nettosubventionsäquivalents angewandten Zinssätze intransparent oder willkürlich sein soll. Zwar nennt die Entscheidung keinen bestimmten Zinssatz, jedoch lässt sich der anwendbare Zinssatz durch den Verweis auf die Regelungen für Regionalbeihilfen ermitteln. Die Mitteilung über regionale Beihilferegelungen vom 21. Dezember 1978 sieht in Ziffer 14 ihres Anhangs vor, dass der durchschnittliche Bezugssatz für von der Zentralregierung an Kreditanstalten gewährte Zinsermäßigungen" als Referenzzinssatz heranzuziehen ist. Damit hat die Kommission auf einen Zinssatz verwiesen, der als marktüblicher Zins in Italien anzusehen ist.

224. Mangels gegenteiliger Angaben der ACB kann der Kommission auch nicht vorgeworfen werden, dass sie bei Beihilfen, die einem in Italien ansässigen Unternehmen in italienischer Lire gewährt werden, den in Italien angewandten Zinssatz als Bezugsmaßstab heranzieht.

225. Allerdings finden sich in der Entscheidung selbst keine Ausführungen zur Begründung der Anordnung bezüglich der Zinsen. Wie der Gerichtshof jedoch festgestellt hat, ist bei der Begründung auch der Kontext zu berücksichtigen, in dem der Rechtsakt ergangen ist. Insoweit können die Mitteilungen der Kommission berücksichtigt werden, die vor Erlass der Entscheidung veröffentlicht worden sind, insbesondere die Mitteilung vom 22. Februar 1995. Darin informiert die Kommission die Mitgliedstaaten wie folgt:

Die Kommission ist der Auffassung, dass sich die finanziellen Vorteile, die der Beihilfeempfänger unrechtmäßig erlangt hat, mit Blick auf die Wiederherstellung des Status quo ante korrekter anhand des Marktzinssatzes [als anhand des gesetzlichen Zinssatzes] berechnen lassen.

In Entscheidungen, die die Rückzahlung einer unzulässigen und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe beinhalten, wird die Kommission künftig den bei der Berechnung des Subventionsäquivalents regionaler Beihilfen verwendeten Satz als Marktzinssatz zugrunde legen."

226. Unter Berücksichtigung dieses Kontexts sind der Sinn und Zweck der Festsetzung von Zinsen auf die zu erstattenden Beträge hinreichend nachvollziehbar.

227. Ohne dass dies rechtlich zwingend geboten wäre, spräche allerdings einiges dafür, dass die Kommission auch in Rückforderungsentscheidungen wenigstens einige kurze Ausführungen zur Verzinsung in der Begründung macht. Die Mitgliedstaaten, an die sich die Entscheidung richtet, verfügen zwar über die nötige Erfahrung, um Bedeutung und Hintergrund dieser Regelungen zu verstehen. Da jedoch auch Dritte davon betroffen sind, wären einige Klarstellungen durchaus angebracht. Dies gilt um so mehr, wenn die ergänzend zu berücksichtigende Mitteilung - wie vorliegend - nicht im Amtsblatt veröffentlicht worden ist.

228. Jedenfalls weist das angefochtene Urteil keinen Begründungsmangel auf. Das Gericht begründet in den Randnummern 148 bis 162 des angefochtenen Urteils eingehend, weshalb der Klagegrund zurückzuweisen ist.

229. Dieser Rechtsmittelgrund greift daher nicht durch.

9) Verbot von Strafmaßnahmen und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

a) Vorbringen der Parteien

230. Die Rechtsmittelführerinnen sind schließlich der Auffassung, die Entscheidung habe den Charakter einer Strafmaßnahme und sei nicht geeignet, das allein zulässige Ziel, die Beseitigung des Beihilfeeffekts, zu erreichen. Sie tragen in diesem Zusammenhang eine Reihe von Argumenten vor, die bereits zurückgewiesen worden sind, nämlich dass das Gericht die materielle Vereinbarkeit der Beihilfen nicht berücksichtigt habe, dass sich die Entscheidung teilweise auf Beilhilfen beziehe, die bereits Gegenstand der Entscheidung 91/176 gewesen seien und dass ein überhöhter Zinssatz festgesetzt worden sei.

231. Darüber hinaus habe die Entscheidung nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen deswegen Sanktionscharakter, weil faktisch Falck für die Rückzahlung der Beihilfen hafte, obwohl dieses Unternehmen nicht mehr in der Stahlbranche tätig sei. Die Entscheidung sei daher nicht geeignet, eine etwaige Wettbewerbsverfälschung zu beseitigen. Das Gericht sei auf diesen Punkt überhaupt nicht eingegangen.

232. Die Kommission hält diese Rüge für unzulässig, weil sie erstmals vor dem Gerichtshof erhoben worden ist. Sie sei außerdem auch unbegründet. Hätten die Rechtsmittelführerinnen Recht, könnten Unternehmen die Pflicht zur Rückzahlung von Beihilfen allein dadurch umgehen, dass sie ihre Beteiligungsverhältnisse änderten.

b) Würdigung

233. Lediglich der Umstand, dass die Entscheidung Auswirkungen auf Falck hat, muss noch näher untersucht werden. Da bereits festgestellt wurde, dass die übrigen Argumente nicht durchgreifen, lässt sich mit ihnen auch nicht die These stützten, dass die Entscheidung tatsächlich Sanktionscharakter habe.

234. Soweit hier noch zu prüfen, bestehen Zweifel an der Zulässigkeit des Rechtsmittelgrundes.

235. Gemäß Artikel 113 § 2 der Verfahrensordnung kann das Rechtsmittel den vor dem Gericht verhandelten Streitgegenstand nicht verändern. Zwar hat Falck im Rahmen seines Antrags auf Zulassung als Streithelfer erläutert, inwiefern sie von der Entscheidung betroffen ist. Die ACB hat in ihrer Klageschrift allgemein darauf hingewiesen, dass die Entscheidung wegen der Änderung der Umstände den Charakter einer Sanktion erhalte und nicht mehr der Wiederherstellung der Wettbewerbsbedingungen diene. Das Gericht hat darin in erster Linie eine Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gesehen und sie in Randnummer 92 des angefochtenen Urteils mit zutreffenden Gründen zurückgewiesen.

236. Keine der Rechtsmittelführerinnen hat aber in erster Instanz mit hinreichender Deutlichkeit geltend gemacht, dass die Entscheidung wegen der Wirkung für Falck, also einem Unternehmen, das nicht mehr im Stahlsektor tätig ist, rechtsfehlerhaft sei. Deswegen kann dem Gericht jedenfalls nicht entgegen gehalten werden, dass es sich zu diesem Aspekt nicht geäußert hat. Da die Rechtsmittelführerinnen mit diesem Argument aber nur die allgemeine Rüge näher konkretisiert haben, dass wegen des Zeitablaufs und der Veränderung der Umstände eine Wiederherstellung des Wettbewerbs durch die Rückforderung der Beihilfe nicht mehr möglich sei, ist der Streitgegenstand nicht verändert worden. Die Rüge ist zulässig.

237. Sie ist jedoch nicht begründet. Im Kern wenden sich die Rechtsmittelführerinnen gegen eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, indem sie behaupten, die Rückforderung sei nicht zur Wiederherstellung des Wettbewerbs geeignet. Die Entscheidung selbst legt nicht fest, von wem die italienischen Behörden die Beihilfen zurückfordern müssen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie die unmittelbar begünstigte ACB in Anspruch nehmen werden. Die ACB ist nach wie vor in der Stahlbranche tätig und profitiert von der Stärkung ihrer Wettbewerbsposition durch die Beihilfen.

238. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Tubemeuse" festgestellt hat, kann die Wiedereinziehung einer rechtswidrigen Beihilfe grundsätzlich nicht als eine Maßnahme betrachtet werden, die außer Verhältnis zu den Zielen des Beihilferechts steht. Er hat damit das Argument zurückgewiesen, dass die Rückforderung anderen Gläubigern im Rahmen des Vergleichsverfahrens, das über das Vermögen der Beihilfeempfängerin eröffnet war, Nachteile zufüge.

239. Daraus folgt, dass die mittelbaren finanziellen Auswirkungen, die die Rückforderung der Beihilfe für Dritte zeitigt, keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz darstellen. Vielmehr liegt darin nur eine Nebenfolge, die keinen Einfluss auf die Eignung der Maßnahme zur Erreichung des Ziels hat, den Beihilfeeffekt zu beseitigen. Die Rückzahlung einer rechtswidrigen Beihilfe wirkt sich immer auf das Geschäftsergebnis des Beihilfeempfängers und damit möglicherweise auf die Ausschüttungen an seine Anteilseigner aus. Dass die Einbußen vorliegend nicht zu Lasten der aktuellen Konzernmutter, sondern aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von der früheren Konzernmutter zu tragen sind, ist rein zufällig und steht der Rückforderung der Beihilfe von der Tochtergesellschaft nicht entgegen.

240. Dieser Rechtsmittelgrund ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

VIII - Kosten

241. Nach Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird.

242. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Artikel 69 § 4 Absatz 1 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen. Die Kommission hat beantragt, die Rechtsmittelführerinnen zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da diese mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Italienischen Republik aufzuerlegen, die ihre eigenen Kosten trägt.

IX - Ergebnis

243. Aufgrund der vorstehenden Überlegungen wird vorgeschlagen, wie folgt zu entscheiden:

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsmittelführerinnen tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Italienischen Republik.

3. Die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

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