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Document 61999CC0439

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 29. Mai 2001.
    Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik.
    Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Verstoß gegen die Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) - Beibehaltung bestimmter nationaler und regionaler Rechtsvorschriften über Messen, Ausstellungen und Märkte.
    Rechtssache C-439/99.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 I-00305

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2001:295

    61999C0439

    Schlussanträge des Generalanwalts Alber vom 29. Mai 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Italienische Republik. - Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats - Verstoß gegen die Artikel 52 und 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG und 49 EG) - Beibehaltung bestimmter nationaler und regionaler Rechtsvorschriften über Messen, Ausstellungen und Märkte. - Rechtssache C-439/99.

    Sammlung der Rechtsprechung 2002 Seite I-00305


    Schlußanträge des Generalanwalts


    I - Einleitung

    1. Im vorliegenden Vertragsverletzungsverfahren rügt die Kommission italienische Rechtsvorschriften auf nationaler und regionaler Ebene, die Anforderungen an die Veranstalter von Messen, an einzelne Messeveranstaltungen und an die Aussteller enthalten. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass diese Regelungen gegen die Grundsätze des freien Dienstleistungsverkehrs - Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) - verstoße, während ein anderer Teil zusätzlich die Niederlassungsfreiheit - Artikel 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) - verletze.

    2. Im Einzelnen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die folgenden Anforderungen an den Messeveranstalter nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar sind:

    - die Notwendigkeit einer Anerkennung als Messeveranstalter;

    - die Beschränkung der möglichen Rechtsformen eines Messeveranstalters;

    - eine Präsenzpflicht für Messeveranstalter;

    - die Beschränkung der Tätigkeit des Veranstalters auf die Ausrichtung von Messen;

    - das Verbot einer Gewinnerzielungsabsicht.

    3. Für unvereinbar sowohl mit der Dienstleistungsfreiheit als auch mit der Niederlassungsfreiheit hält die Kommission die gesetzlich vorgeschriebene Einflussnahme von Behörden auf die Besetzung der Organe von Messeveranstaltern und die Anforderung, dass eine Gemeinde Gründungsmitglied einer Messegesellschaft sein müsse.

    4. Weiterhin vertritt die Kommission die Auffassung, dass verschiedene Anforderungen an einzelne Messeveranstaltungen die Dienstleistungsfreiheit verletzen würden. Dabei handelt es sich um die folgenden Forderungen:

    - bestimmte Messen müssen periodisch wiederholt werden;

    - Messen müssen mit der Regionalplanung und der nationalen Planung harmonieren;

    - Messen müssen über zwei Jahre vor ihrer Durchführung angemeldet werden und

    - Messen dürfen nur durchgeführt werden, wenn sie in einen amtlichen Kalender eingetragen sind.

    5. Daneben rügt die Kommission einige Vorschriften, welche die Beteiligung örtlich ansässiger Unternehmen an den Verfahren der Anerkennung von Ausrichtern und der Genehmigung von Messeveranstaltungen vorsehen.

    6. Schließlich beanstandet die Kommission auch Regelungen, die lediglich Erzeuger als Aussteller auf Messen zulassen.

    7. Italien hat sich nur in der Antwort auf das Mahnschreiben der Kommission substanziell gegen diese Vorwürfe verteidigt. In der Klagebeantwortung hat sich die italienische Regierung auf einen zum damaligen Zeitpunkt eingebrachten und Anfang 2001 verabschiedeten Gesetzesentwurf berufen, der die beanstandeten Bestimmungen ändern solle. Obwohl es sich somit um ein letztlich unbestrittenes Vertragsverletzungsverfahren handelt, betrifft es die erstmalige Anwendung von Grundfreiheiten auf Anforderungen an den Veranstalter von Messen und einzelne Messeveranstaltungen. Die Beurteilung derartiger Regelungen ist über die Grenzen Italiens hinaus von Bedeutung. Daher müssen die Vorwürfe der Kommission im Einzelnen untersucht werden. Der Parteienvortrag - d. h. die Klagebegründung der Kommission und die jeweils einschlägigen Argumente Italiens aus der Antwort auf das Mahnschreiben werden im Einzelnen im Zusammenhang der Stellungnahme wiedergegeben.

    8. Was nun die italienischen Rechtsvorschriften anbelangt, so kommt dem Gesamtstaat auf dem Gebiet des Messerechts eine Rahmenkompetenz zu. Dieser Rahmen wird durch Regionalgesetze ausgefuellt. Die Kommission rügt daher Vorschriften, die auf drei nationale Dekrete und neun Regionalgesetze verteilt sind. Die einzelnen Regelungen werden erst bei der Behandlung der jeweiligen Rügen dargestellt.

    II - Verfahren und Anträge

    9. Nach Beschwerden verschiedener Messeveranstalter untersuchte die Kommission die Bestimmungen über die Ausrichtung von Messen, Ausstellungen und Märkten in Italien und gelangte zu den oben genannten Beanstandungen.

    10. Die Kommission machte die italienische Regierung mit einem Mahnschreiben vom 16. April 1996 auf diese Bedenken aufmerksam und forderte sie auf, innerhalb von zwei Monaten Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 16. Juli 1996 antwortete die italienische Regierung und brachte vor allem grundsätzliche Einwendungen vor, um die Vorwürfe der Kommission zumindest teilweise zu entkräften. Da die Kommission von dieser Antwort nicht überzeugt war, übersandte sie der italienischen Regierung die mit Gründen versehene Stellungnahme vom 18. Mai 1998 und setzte ihr eine letzte Frist von zwei Monaten, um den Rügen abzuhelfen. Diese Frist ist am 18. Juli 1998 erfolglos abgelaufen. Mit Schreiben vom 15. Februar 1999 ließ die Ständige Vertretung der Italienischen Republik bei der Europäischen Union der Kommission einen Gesetzesentwurf zukommen, den der Senat bereits gebilligt hatte, der zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch von einem Ausschuss des Abgeordnetenhauses geprüft wurde. Nach Auffassung der Kommission trug dieser Gesetzesentwurf einem großen Teil ihrer Beanstandungen Rechnung.

    11. Mit ihrer Klage, die am 17. November 1999 beim Gerichtshof eingegangen ist, beantragt die Kommission,

    1. festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 59 ff. EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie folgende Vorschriften beibehalten hat:

    - Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 7 des Regio decreto-legge Nr. 454 vom 29. Januar 1934,

    - Artikel 2 Absatz 1 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972,

    - Artikel 2 Absätze 4, 6 und 7 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 390 vom 18. April 1994,

    - Artikel 4 der Legge Regionale della Liguria Nr. 40 vom 14. Juli 1978,

    - Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben e, f, g und h, Artikel 6 Absatz 4 und Artikel 7 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988,

    - Artikel 2 Absatz 6, Artikel 4 erster Gedankenstrich, Artikel 6 Absätze 3 und 4 und Artikel 10 Buchstabe a der Legge Regionale delle Marche Nr. 16 vom 12. März 1979,

    - Artikel 4 und 5 Absatz 6 Buchstaben a und c, Artikel 6 Absatz 1, Artikel 8 Absätze 1 und 2 und Artikel 16 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980,

    - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c, Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 15 Absatz 3 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980,

    - Artikel 3, 4 und 8 letzter Absatz der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981,

    - Artikel 2 letzter Absatz und Artikel 6 der Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 75 vom 13. November 1980,

    - Artikel 3, 5 und 6 Absätze 3 und 4, Artikel 12 und 19 Absatz 1 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978;

    2. festzustellen, dass die Italienische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 ff. und 59 ff. EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie folgende Rechtsvorschriften beibehalten hat:

    - Artikel 3 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972,

    - Artikel 2 Buchstaben c und d, Artikel 3 Buchstaben b und c und Artikel 5 Buchstabe a der Legge Regionale della Liguria Nr. 12 vom 3. November 1972,

    - Artikel 8 Absatz 1 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988,

    - Artikel 6 Absatz 3 Nrn. 3 und 4, Artikel 7 und 8 Absatz 2 und Artikel 11 Buchstaben a, b, c und d der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980,

    - Artikel 5 Absätze 2 und 5, Artikel 10 Absatz 4, Artikel 11 Absätze 2 und 3 und Artikel 15 Absatz 1 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980,

    - Artikel 5, 13, 14 und 15 Buchstabe a der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981;

    - Artikel 7 der Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 75 vom 13. November 1980,

    - Artikel 6, 7 und 23 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978;

    3. der Italienischen Republik die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

    12. In ihrer am 13. März 2000 eingegangenen Klagebeantwortung hat die Republik Italien keine Anträge gestellt und die Vertragsverletzung eigentlich auch nicht mehr bestritten. Sie hat vielmehr lediglich auf den Gesetzesentwurf eines nationalen Rahmengesetzes zum Messerecht verwiesen. Dieser Entwurf wurde mittlerweile als Gesetz Nr. 7 vom 11. Januar 2001 Legge quadro sul settore fieristico" verabschiedet.

    III - Stellungnahme

    A - Zur Zulässigkeit der Klage

    13. Da der Kommission beim Zitieren der beanstandeten Rechtsnormen in den verschiedenen Schriftsätzen einige Ungenauigkeiten unterlaufen sind, ist insofern die Zulässigkeit der Klage zu prüfen.

    1) Im Tenor der begründeten Stellungnahme nicht genannte Vorschriften

    14. Die Kommission beanstandet in ihrem Klageantrag verschiedene italienische Vorschriften, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme nur in den Gründen erwähnt sind. Hierbei handelt es sich um:

    - Artikel 16 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980,

    - Artikel 3 und 4 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981 und

    - Artikel 7 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988.

    15. Es stellt sich deshalb die Frage, ob insofern ein ordnungsgemäßes Vorverfahren stattgefunden hat. Für die Entscheidung dieser Frage ist auf Sinn und Zweck des Vorverfahrens abzustellen. Es soll nach ständiger Rechtsprechung zum einen den Gegenstand des Rechtsstreits eingrenzen und dem Mitgliedstaat, der zur Äußerung aufgefordert wird, die notwendigen Angaben zur Vorbereitung seiner Verteidigung an die Hand geben [...] und es ihm zum anderen ermöglichen, die Angelegenheit zu bereinigen, bevor der Gerichtshof angerufen wird".

    16. Daher setzt eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 169 EG-Vertrag (jetzt Artikel 226 EG) ein vorangegangenes Mahnschreiben und eine mit Gründen versehene Stellungnahme voraus. Die Klage darf nur auf solche Gründe und Angriffsmittel gestützt werden, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme bereits aufgeführt worden sind. Dies gilt in etwas weniger strengem Maße auch für die im Mahnschreiben aufgeführten Rügen. Andernfalls ist die Klage unzulässig.

    17. Wenn der beklagte Mitgliedstaat - wie im vorliegenden Fall - eine Rüge nicht im Tenor der abschließenden Aufforderung der Stellungnahme, sondern nur in deren Gründen vorfindet, so ist die redaktionelle Qualität dieses Dokuments zwar kritikwürdig, die Ziele des Vorverfahrens werden jedoch immer noch gewahrt. Die streitgegenständliche Beanstandung ergibt sich schließlich aus den Gründen, nicht aber aus der bloßen Aufforderung, diese oder jene Vorschrift zu ändern. Von einem Mitgliedstaat, dem eine Vertragsverletzung zur Last gelegt wird, kann erwartet werden, dass er sein Möglichstes tut, bei der Aufklärung, ob eine solche vorliegt, mitzuwirken und die Vertragsverletzung gegebenenfalls zu beseitigen. Hierzu gehört als erster Schritt, das Mahnschreiben und die Stellungnahme aufmerksam zu lesen.

    18. Die von der Kommission beanstandeten Vorschriften sind aber in den Gründen eindeutig genannt. Die Klage ist deshalb insoweit zulässig.

    2) Unklar zitierte Vorschriften

    a) Artikel 7 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980

    19. Die Kommission beanstandet im Klageantrag zu 2) Artikel 7 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980 als Ganzen. Unter Nr. 54 Buchstabe i) der Klageschrift nennt sie jedoch nur Artikel 7 a) als vertragswidrige Vorschrift. Durch die wörtliche Zitierung der Vorschrift in Fußnote 85 wird deutlich, dass die Kommission Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a meint, wonach Subventionen für Messen gewährt würden, die unter Beteiligung öffentlicher Einrichtungen oder im öffentlichen Interesse veranstaltet würden. Schon daher ist der Klageantrag insofern höchstens im Hinblick auf den in der Begründung genannten Teil der Vorschrift zulässig.

    20. Darüber hinaus haben Mahnschreiben und die mit Gründen versehene Stellungnahme sich jedoch im Rahmen des Gesamtvorwurfs der Einmischung öffentlicher Stellen in die Veranstaltung von Messen lediglich auf Artikel 7 Absatz 3 und Absatz 4 bezogen, die anscheinend vorsehen, dass Subventionen nur ausnahmsweise und zeitlich begrenzt für Zwecke der Werbung und der Organisation von Messen gewährt würden.

    21. Somit modifiziert die Klageschrift den Vorwurf, den die Kommission während des Vorverfahrens erhoben hat. Man könnte sogar der Auffassung sein, dass erst die Klageschrift den in Bezug auf diese Vorschrift erhobenen Vorwurf hinreichend präzise darstellt, während die Angaben im Vorverfahren keine vorwerfbare Einflussnahme auf die Durchführung von Messen erkennen lassen. Daher wurde im Hinblick auf Artikel 7 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980 kein ordnungsgemäßes Vorverfahren durchgeführt und der Klageantrag zu 2) ist insoweit unzulässig.

    b) Artikel 6 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978

    22. Eine weitere Ungenauigkeit ist der Kommission beim Zitieren des Artikels 6 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978 unterlaufen. Während des Vorverfahrens und im Klageantrag zu 1) zitiert die Kommission bezüglich der Verletzung der Dienstleistungsfreiheit Artikel 6 Absätze 3 und 4. Artikel 6 ist jedoch nicht in Absätze, sondern in Buchstaben gegliedert. Erst aus den Klagegründen geht hervor, dass die Kommission Artikel 6 Buchstaben d und e meint. Der Streitgegenstand ist deshalb nicht klar, ein ordnungsgemäßes Vorverfahren bezüglich dieser Vorschriften wurde nicht durchgeführt. Der Klageantrag zu 1) ist deshalb in Bezug auf Artikel 6 Absätze 3 und 4 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978 unzulässig.

    c) Artikel 15 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980

    23. Etwas anderes gilt, soweit die Kommission in der Klageschrift eine Einschränkung der beanstandeten Vorschriften vornimmt. Dies tut sie im Klageantrag zu 1) bezüglich Artikel 15 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980, wo sie im Tenor der Stellungnahme Artikel 15 als Ganzen rügt, in der Klage jedoch nur Artikel 15 Absatz 3. Da nach der oben zitierten Rechtsprechung Einschränkungen gemacht werden dürfen, bleibt die Klage insoweit zulässig.

    B - Außer Kraft getretene Vorschriften

    24. Weitere Probleme im Hinblick auf die Zulässigkeit, aber auch schon die Begründetheit, ergeben sich daraus, dass mindestens sechs von der Kommission gerügte Gesetze nicht mehr in Kraft sind.

    1) Legge Regionale delle Marche Nr. 16 vom 12. März 1979 und Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 75 vom 13. November 1980

    25. Auf Anfrage des Gerichtshofes haben beide Parteien anerkannt, dass

    - die Legge Regionale delle Marche Nr. 16 vom 12. März 1979 durch Artikel 20 der Legge Regionale delle Marche Nr. 52 vom 13. April 1995 und

    - die Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 75 vom 13. November 1980 durch Artikel 18 der Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 58 vom 10. September 1993 aufgehoben wurden.

    Bei Übersendung des Mahnschreibens unter dem Datum des 16. April 1996 waren die gerügten Vorschriften dieser Gesetze folglich nicht mehr in Kraft.

    26. Die Kommission hat allerdings darauf verwiesen, dass verschiedene Vorschriften der Legge Regionale delle Marche Nr. 52 vom 13. April 1995 bzw. der Legge Regionale dell'Abruzzo Nr. 58 vom 10. September 1993 den beanstandeten Regelungen der aufgehobenen Gesetze mehr oder weniger wortlautgetreu entsprechen. Sie beruft sich auf das Urteil in der Rechtssache C-105/91, das im vorliegenden Fall analog anzuwenden sei.

    27. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Klage der Kommission im Hinblick auf die vor Übersendung des Mahnschreibens aufgehobenen Vorschriften in jedem Fall unbegründet wäre. Beim Ablauf der Frist, welche die Kommission in ihrer begründeten Stellungnahme gesetzt hat, bestand der ausdrücklich gerügte Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht mehr. Der Klageantrag - so wie ihn die Kommission formuliert hat - wäre insoweit zurückzuweisen.

    28. Allerdings könnte der Hinweis auf das Urteil in der Rechtssache C-105/91 und den erneuten Erlass der beanstandeten Regelungen als stillschweigende Änderung des Klageantrags verstanden werden.

    29. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass eine solche Änderung des Klageantrags als neues Angriffsmittel im Sinne von Artikel 42 § 2 der Verfahrensordnung anzusehen wäre. Da es auf einer Tatsache beruht, die vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens zutage getreten ist, wäre es als verspätet zurückzuweisen.

    30. Außerdem überzeugt die Auffassung der Kommission auch inhaltlich nicht. Der Gerichtshof hat in dem Urteil in der Rechtssache C-105/91 festgestellt, dass die Kommission in einer Vertragsverletzungsklage gesetzliche Regelungen beanstanden kann, die der beklagte Mitgliedstaat erst nach Abgabe der begründeten Stellungnahme erlassen hat, wenn sie inhaltlich die ursprünglich beanstandeten Regelungen aufrechterhalten.

    31. Diese Rechtsprechung durchbricht die allgemeinen Grundsätze des Vorverfahrens der Vertragsverletzungsklage. Die beiden Ziele, sowohl den Streitgegenstand zu bestimmen als auch dem beklagten Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, kann das Vorverfahren nur erreichen, wenn bereits das Mahnschreiben möglichst konkret die Maßnahmen des beklagten Mitgliedstaats darstellt, welche die Kommission beanstandet.

    32. Beiden Funktionen wird die Rüge von mittlerweile aufgehobenen, aber in mehr oder weniger vergleichbarer Form erneut erlassenen Vorschriften nicht gerecht. Weder der Gerichtshof noch der beklagte Mitgliedstaat sind dazu berufen, den Streitgegenstand zu bestimmen, indem sie die Schriftsätze der Kommission mit dem geltenden Recht vergleichen. Auch entsteht für den Mitgliedstaat eine Ungewissheit, ob und inwieweit die nunmehr geltenden Vorschriften unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht sind, so dass er bei der Verteidigung oder dem Versuch der Abhilfe mit zusätzlichen, nicht notwendigen Schwierigkeiten konfrontiert ist.

    33. Die Modifikation des Streitgegenstandes in der genannten Rechtsprechung ist nur durch den Umstand zu rechtfertigen, dass die Kommission regelmäßig auch bei Aufwendung aller vorstellbaren Sorgfalt eine künftige Änderung des nationalen Rechts nicht voraussehen kann. Außerdem würde ohne die Möglichkeit der Änderung des Streitgegenstandes das Risiko bestehen, dass die Mitgliedstaaten die Durchführung von Vertragsverletzungsverfahren missbräuchlich verhindern. Wenn die Mitgliedstaaten das Vorverfahren einer Klage auf Feststellung einer Vertragsverletzung dadurch leer laufen lassen könnten, dass sie die beanstandete Regelung aufheben, aber einfach ohne inhaltliche Veränderung in einem anderen Gesetz niederlegen, so wäre die Wirksamkeit des Vertragsverletzungsverfahrens erheblich gefährdet.

    34. Wenn die Kommission jedoch - wie vorliegend - Regelungen beanstandet, die bereits vor Übersendung des ersten Mahnschreibens aufgehoben wurden, so besteht kein vergleichbares Missbrauchsrisiko. Vielmehr wird die Kommission ihrer Verantwortung, im Vertragsverletzungsverfahren den Sachverhalt aufzuklären, nicht voll gerecht.

    35. Auch der Gedanke, dass Italien im vorliegenden Fall seine Pflicht verletzt habe, an einem Vertragsverletzungsverfahren konstruktiv mitzuwirken, kann eine nachträgliche Änderung des Streitgegenstandes nicht rechtfertigen. Italien war grundsätzlich gehalten, auf das erste Mahnschreiben angemessen zu reagieren. Da ein Mitgliedstaat sein eigenes Recht kennen muss, hätte die italienische Regierung die Irrtümer der Kommission über das italienische Recht erkennen und in der Antwort auf das Mahnschreiben auf diese Irrtümer hinweisen müssen. Allerdings erreicht dieses - vermutlich fahrlässige - Unterlassen der italienischen Regierung bei weitem nicht das Gewicht, das der - regelmäßig vorsätzlichen - Aufhebung und erneuten Verabschiedung beanstandeter Regelungen nach Abgabe der begründeten Stellungnahme zukommt. Außerdem trifft die Kommission bei der vorliegenden Fallkonstellation ein - wohl überwiegendes - Mitverschulden. Eine nachträgliche Änderung des Klageantrages wäre daher nicht zulässig.

    36. Da diese beiden Gesetze die einzigen sind, welche die Kommission beanstandet, weil sie nur Erzeuger als Aussteller auf Messen zulassen, ist zugleich diese Rüge insgesamt zurückzuweisen.

    2) Nach Klageerhebung aufgehobene Gesetze

    37. Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung festgestellt, dass die Änderung beanstandeter Regelungen nach Ablauf der von der Kommission in der begründeten Stellungnahme gesetzten Frist - hier dem 18. Juli 1998 - im Vertragsverletzungsverfahren nicht entlastend berücksichtigt werden kann.

    38. Daher wird das Vertragsverletzungsverfahren durch die Aufhebung der folgenden Gesetze nicht berührt:

    - Legge Regionale della Liguria Nr. 40 vom 14. Juli 1978, durch Artikel 19 der Legge Regionale della Liguria Nr. 8 vom 9. Februar 2000 aufgehoben;

    - Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, durch Artikel 23 des Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 12 vom 25. Februar 2000 aufgehoben;

    - Regio decreto-legge Nr. 454 vom 29. Januar 1934 und Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 390 vom 18. April 1994 sowie alle anderen Vorschriften, die durch Artikel 13 des Legge quadro sul settore fieristico vom 11. Januar 2001 aufgehoben wurden.

    C - Zur Begründetheit der Klage

    39. Die verbleibenden Rügen der Kommission betreffen sowohl Anforderungen an den Messeveranstalter als auch Anforderungen an die Messe. Insofern ist es zunächst angezeigt, die Grundsätze zur Anwendung der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit auf die Veranstaltung von Messen darzulegen.

    1) Allgemeine Vorüberlegungen

    40. Die Kommission rügt sowohl nationale als auch regionale Vorschriften. Zwar sind nur die Mitgliedstaaten als solche an das Gemeinschaftsrecht gebunden. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung, dass diese sich nicht auf ihre interne Rechtsordnung berufen können, um die Nichteinhaltung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zu rechtfertigen. Auf dem Gebiet der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit hat dies der Gerichtshof dahin präzisiert, dass deren Zweck die Gleichstellung von In- und Ausländern sei, so dass jede Diskriminierung verboten ist, gleich, ob sie sich aus nationalem oder regionalem Recht ergebe. Eine Vertragsverletzung kann sich daher auch aus der Beibehaltung regionaler Vorschriften ergeben.

    a) Zur Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit auf die Veranstaltung von Messen

    41. Es erscheint unbestreitbar, dass Messeveranstalter aus anderen Mitgliedstaaten daran interessiert sein können, Messen in Italien zu veranstalten, ohne sich in Italien niederzulassen. Daher ist der persönliche Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit eröffnet und der notwendige grenzüberschreitende Bezug gegeben.

    42. In den sachlichen Anwendungsbereich fallen Dienstleistungen. Diese sind von Artikel 60 EG-Vertrag (jetzt Artikel 50 EG) als selbständige Tätigkeiten definiert, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. Da der Veranstalter von Messen regelmäßig von den Ausstellern und häufig auch von den Besuchern einer Messe ein Entgelt enthält, ist auch dieses Merkmal gegeben.

    b) Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit

    43. Im Urteil Gebhard hat der Gerichtshof festgehalten, dass die Vorschriften des Kapitels über die Dienstleistungen gegenüber denen des Kapitels über das Niederlassungsrecht subsidiär sind, erstens weil Artikel 59 Absatz 1 nach seinem Wortlaut voraussetzt, daß der Erbringer und der Empfänger der betreffenden Dienstleistung in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten ,ansässig sind, und zweitens weil nach Artikel 60 Absatz 1 die Vorschriften über die Dienstleistungen nur Anwendung finden, wenn die Vorschriften über das Niederlassungsrecht nicht anwendbar sind."

    44. In seiner Antwort auf das Mahnschreiben hat Italien eingewandt, die beanstandeten Regelungen könnten schon deswegen nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßen, weil sie keine Dienstleistungen gegenüber Einzelnen zum Gegenstand hätten, sondern die Gesamtheit der Ausrichtung einer Messe. Diese richte sich an eine unbestimmte Gruppe von Geschäftspartnern und beruhe auf der zumindest vorübergehenden Verfügungsgewalt des Ausrichters über ein Messegelände. Daher sei die Niederlassungsfreiheit anzuwenden, während die Dienstleistungsfreiheit nur in Bezug auf einzelne, den jeweiligen Anbieter unterstützende Messedienstleistungen (z. B. bei der Ausstattung der Messestände, Unterstützung und Beratung oder Sekretariatsdienste) in Betracht käme, die im italienischen Recht nicht eingeschränkt würden.

    45. Die Kommission meint, dass die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit nicht allein von der Dauer der Leistung abhänge, sondern auch von ihrer Häufigkeit und ihrer Regelmäßigkeit. Auch schließe die Einrichtung fester Strukturen noch nicht die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit aus.

    46. Der Kommission ist zuzustimmen. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Dienstleistungsfreiheit und Niederlassungsfreiheit ist allein, ob der Betreffende nur vorübergehend tätig ist oder sich fest in die Wirtschaft des Aufnahmestaates eingliedert. Das Charakteristikum einer Messe oder eines Marktes ist, dass ein auf eine bestimmte Zeitspanne - höchstens mehrere Tage - beschränktes Ereignis vorliegt. Der Veranstalter eines solchen Ereignisses wird also grundsätzlich nur vorübergehend tätig. Wie im Urteil Gebhard für Rechtsanwälte festgestellt, gilt dies selbst dann, wenn sich der betreffende Veranstalter in Italien mit einer gewissen Infrastruktur ausstattet.

    47. Wo genau bei häufiger Veranstaltung von Messen die Abgrenzung zwischen einem nur vorübergehend in einem Mitgliedstaat tätigen Messeveranstalter und einem niedergelassenen Veranstalter zu ziehen ist, muss hier nicht geklärt werden.

    48. In jedem Fall können Regelungen über die Ausrichtung von Messen die Dienstleistungsfreiheit von ausländischen Anbietern beeinträchtigen, die nur vorübergehend in Italien Messen veranstalten möchten.

    c) Keine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten durch das Verbot einer Gewinnerzielungsabsicht

    49. Die Italienische Republik hat allerdings in ihrer Antwort auf das Mahnschreiben der Kommission darauf hingewiesen, dass nach Artikel 58 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 48 Absatz 2 EG) die Niederlassungsfreiheit und auf Grund der Verweisung durch Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 55 EG) die Dienstleistungsfreiheit nicht auf Gesellschaften anwendbar seien, die keinen Erwerbszweck verfolgen würden. Da aber nur Unternehmen ohne Gewinnerzielungsabsicht Messen bzw. Märkte veranstalten dürften, seien - so die italienische Regierung - im vorliegenden Fall die Vorschriften über die Dienstleistungsfreiheit nicht anwendbar.

    50. Die Kommission trägt insofern vor, die Mitgliedstaaten könnten bestimmte Bereiche nicht dadurch unter Ausnahmevorschriften ziehen, dass sie nur solche Dienstleistungserbringer zuließen, die dann ihrerseits den Tatbestand einer Ausnahmevorschrift erfuellen würden.

    51. Artikel 58 Absatz 2 EG-Vertrag regelt nur den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit bzw. entsprechend auch der Dienstleistungsfreiheit. Danach sind zwar bestimmte juristische Personen von der Geltung der Dienstleistungsfreiheit ausgenommen, die Mitgliedstaaten können aber nicht Tätigkeitsbereiche ausschließen, indem sie lediglich solche Anbieter zulassen, die nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten fallen.

    52. Das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht ergibt sich auch nicht zwangsläufig aus der Natur von Messeveranstaltungen, sondern ist lediglich eine Anforderung des italienischen Rechts. Als solche ist sie geeignet die Dienstleistungsfreiheit zu beschränken, kann aber nicht schon ihre Anwendung ausschließen.

    d) Ausnahmeregelung des Artikels 55 EG-Vertrag

    53. Die italienische Regierung hatte in ihrer Antwort auf das Mahnschreiben zunächst eingewandt, dass die Veranstaltung von Messen gar nicht in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit falle, weil Artikel 55 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 66 EG-Vertrag (jetzt Artikel 45 EG bzw. Artikel 55 EG) diese für Tätigkeiten ausschließe, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass Artikel 55 EG-Vertrag nicht einschlägig sei.

    54. Artikel 55 EG-Vertrag ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Die vermeintlich hoheitliche Tätigkeit muss eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt miteinschließen. Eine abschließende Definition der Ausübung öffentlicher Gewalt hat der Gerichtshof nicht entwickelt. Es ist allerdings erkennbar, dass die bloße Wahrnehmung von Interessen der Allgemeinheit nicht ausreicht, um öffentliche Gewalt anzunehmen. Vielmehr muss regelmäßig die Befugnis zum abschließenden Erlass von hoheitlichen Entscheidungen hinzukommen, die geeignet sind, in die Freiheit von Privaten einzugreifen. Obwohl die Ausrichtung von Messen dem Allgemeininteresse dienen kann, müssen die Veranstalter grundsätzlich keine hoheitlichen Entscheidungen treffen. Daher ist die Ausrichtung von Messen keine hoheitliche Tätigkeit.

    e) Die Behandlung von Eingriff und Rechtfertigung bei den betroffenen Grundfreiheiten

    55. Die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit verbieten Diskriminierungen und Beschränkungen, soweit diese nicht gerechtfertigt sind.

    56. Zur Dienstleistungsfreiheit stellte der Gerichtshof jüngst erneut fest:

    Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der freie Dienstleistungsverkehr nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen - selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen."

    57. Außerdem stellte er fest:

    Zweitens kann der freie Dienstleistungsverkehr als tragender Grundsatz des Vertrages nur durch Regelungen beschränkt werden, die durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind und für alle im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats tätigen Personen oder Unternehmen gelten. Ferner ist die fragliche nationale Regelung nur dann gerechtfertigt, wenn sie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist".

    58. Dabei ist die Rechtfertigung durch Allgemeininteressen ausgeschlossen, soweit ein Interesse durch die Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat unterliegt, in dem er ansässig ist".

    59. Für die Niederlassungsfreiheit gelten mit Ausnahme der Berücksichtigung der Vorschriften, denen der Dienstleistende in seinem Herkunftstaat unterliegt, ähnliche Maßstäbe:

    Nach Artikel 52 Absatz 2 des Vertrages wird die Niederlassungsfreiheit nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen ausgeübt. Ist folglich die Aufnahme oder Ausübung einer bestimmten Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat geregelt, so muss der Angehörige eines anderen Mitgliedstaats, der diese Tätigkeit ausüben will, die Bedingungen dieser Regelung grundsätzlich erfuellen. ...

    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind jedoch nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder unattraktiver machen können, nur unter vier Voraussetzungen zulässig: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist. ..."

    60. Präzisierend ist hinzuzufügen, dass die Rechtfertigung von Sonderregelungen für Ausländer nur auf der Grundlage von Artikel 56 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 46 Absatz 1 EG) möglich ist, während zwingende Allgemeininteressen alle übrigen Beschränkungen rechtfertigen können. Der Begriff der zwingenden Allgemeininteressen ist dabei so weit zu verstehen, dass er die Rechtfertigungsgründe des Artikels 56 Absatz 1 EG-Vertrag - öffentliche Ordnung, Sicherheit und Gesundheit - einschließt.

    61. Im Einzelnen wird sich zeigen, dass die angegriffenen italienischen Regeln keine offene Diskriminierung enthalten, so dass eine Rechtfertigung gemäß Artikel 56 EG-Vertrag nicht notwendig ist.

    62. Italien hat sich grundsätzlich zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Regelung auf die ordnungsgemäße Durchführung von Messen berufen. Besonders betont Italien die Gefahren für die Gesundheit und die Sicherheit der Messebesucher, die sich insbesondere daraus ergeben, dass eine große Zahl von Personen für eine begrenzte Zeit den Ort der Messe aufsucht. Auch sei die Vereinbarkeit von Messen mit den örtlichen Gegebenheiten und anderen Veranstaltungen in dem betreffenden Gebiet zu gewährleisten. Gesichtspunkte des Verkehrs und der Umwelt seien zu berücksichtigen. Daher seien Messen in anderen Mitgliedstaaten auch staatlich reglementiert.

    63. Die Kommission widerspricht dieser Auffassung bei den einzelnen Rügen.

    64. Das Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung einer Messe erscheint grundsätzlich schutzwürdig. Die Integration einer Messe in die lokale Verkehrsinfrastruktur, die Zuverlässigkeit des Messeveranstalters oder die Sicherheit des Veranstaltungsortes sind Gesichtspunkte, die staatliche Maßnahmen rechtfertigen. Daher ist bei einfachen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit oder der Niederlassungsfreiheit bzw. verdeckt diskriminierend wirkenden Regelungen nachfolgend im Einzelnen zu prüfen, ob sie durch zwingende Allgemeininteressen gerechtfertigt sind.

    f) Messeveranstaltungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

    65. Auch wenn sich die Italienische Republik nicht ausdrücklich auf Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 86 Absatz 2 EG) berufen hat, so weist ihre Argumentation in der Antwort auf das Mahnschreiben der Kommission doch darauf hin, dass sie Messen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ansieht. Gemäß Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, die Vorschriften des Vertrags nur insoweit, als ihre Anwendung nicht die Erfuellung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Gerade in der neueren Rechtsprechung wurde diese Regelung auch als Rechtfertigung im Bereich der Grundfreiheiten angewandt. Daher ist auch zu prüfen, inwieweit diese Vorschrift im Hinblick auf die angegriffenen italienischen Regelungen die Anwendung der Grundfreiheiten ausschließt.

    66. Die Kommission beschreibt in ihrer erläuternden Mitteilung über die Anwendung der Regeln des Binnenmarkts auf das Messe- und Ausstellungswesen dieses als einen konkreten Ausdruck des Marktgeschehens. Des Weiteren werden Messen als Instrument der Verkaufsförderung bezeichnet, das die Werbung ergänze, indem sie Angebot und Nachfrage in einem für die Teilnehmer günstigen Rahmen zusammenführe. Sie böten den Teilnehmern eine Gelegenheit, eine bessere Kenntnis des Marktes zu gewinnen, neue Trends zu bestimmen, die Konkurrenz zu beobachten oder Kontakte zu knüpfen.

    67. In den Schlussanträgen Agorà wurde im Zusammenhang mit der Anwendung des Rechts der öffentlichen Aufträge daher bereits festgestellt, dass die Veranstaltung einer Messe im Allgemeininteresse liegen kann.

    68. Die Ausrichtung von Messen kann daher grundsätzlich ähnlich wie andere Infrastrukturleistungen als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse angesehen werden.

    69. Die Mitgliedstaaten können folglich in Bezug auf Messegesellschaften, die sie mit der Durchführung von Messen betraut haben, Maßnahmen treffen, die mit den Grundfreiheiten nicht vereinbar sind, wenn diese Maßnahmen notwendig sind, um die Durchführung dieser gewissermaßen öffentlichen" Messen zu gewährleisten.

    70. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass Messen nicht notwendigerweise nur in Form einer mit besonderen Privilegien ausgestatteten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse durchgeführt werden müssen, sondern auch von privaten Ausrichtern im Wettbewerb mit anderen Ausrichtern abgehalten werden können.

    71. Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag kann Anforderungen an private Ausrichter oder die von ihnen veranstalteten Messen nur insoweit rechtfertigen, als sie Auswirkungen privater" Messen auf öffentliche" Messen zum Gegenstand haben, welche die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse in Frage stellen könnten.

    72. Der italienische Vortrag könnte nun so verstanden werden, dass das Gesamtsystem des italienischen Messerechts dazu diene, ausschließlich Messen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zuzulassen, die von öffentlichen Subjekten" eigener Qualität in einer dem Allgemeininteresse besonders dienlichen Form durchgeführt werden. Die italienische Regierung hätte mit dieser Auffassung allerdings nur durchdringen können, wenn sie Anhaltspunkten dafür vorgelegt hätte, dass die hinreichende Versorgung Italiens mit Messen nicht mit milderen Mitteln zu gewährleisten ist. Solche Anhaltspunkte fehlen jedoch.

    73. Betrachtet man die streitgegenständlichen Regelungen dagegen isoliert, so ist allein im Hinblick auf die Eintragung von Messeveranstaltungen in einen amtlichen Kalender eine solche Rechtfertigung denkbar.

    74. Im Licht dieser Überlegungen sind die einzelnen von der Kommission beanstandeten Regelungen zu prüfen.

    2) Anforderungen an den Messeveranstalter

    75. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass verschiedene Anforderungen an den Messeveranstalter nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar sind und teilweise auch die Niederlassungsfreiheit verletzen.

    a) Die Notwendigkeit einer Anerkennung als Messeveranstalter

    76. Die folgenden italienischen Rechtsvorschriften bestimmen, dass die Veranstalter von Messen und Märkten offiziell anerkannt" sein müssen:

    - Artikel 2 Absatz 1 Regio decreto-legge Nr. 454 vom 29. Januar 1934, modifiziert durch Artikel 2 Absatz 1 Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972, wonach die juristischen Personen, die eine Messe von nationaler und internationaler Tragweite veranstalten möchten, durch Dekret des Präsidenten der Republik anerkannt sein müssen;

    - Artikel 2 Absatz 4 Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 390 vom 18. April 1994, wonach der Antrag auf Anerkennung als Veranstalter von Messen und Märkten von internationaler Tragweite bis spätestens zum 30. September des der ersten Messe vor-vorgehenden Jahres bei den zuständigen Behörden eingereicht werden muss;

    - Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, wonach die neu gegründeten juristischen Personen, die Messen, Märkte und Ausstellungen in dieser Region organisieren möchten, durch Dekret des Präsidenten des regionalen Ausschusses anerkannt sein mussten;

    - Artikel 5 Absatz 1 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978, wonach Messen und Märkte von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder des Privatrechts organisiert werden können, soweit diese offiziell anerkannt sind;

    - Artikel 7 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988, wonach die juristischen Personen, die Messen und Märkte veranstalten wollen, beim Präsidenten des regionalen Ausschusses eine offizielle Anerkennung einholen müssen;

    - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980, wonach Messen durch juristische Personen des Privatrechts veranstaltet werden können, die eine offizielle Anerkennung der Region besitzen.

    77. Der Gerichtshof hat im Urteil in der Rechtssache C-355/98 festgehalten:

    Nach ständiger Rechtsprechung stellt eine nationale Regelung, die die Erbringung bestimmter Dienstleistungen durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen im Inland von der Erteilung einer behördlichen Erlaubnis abhängig macht, eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Artikel 59 des Vertrages dar. ..."

    Eine Anerkennungsbedingung indiziert daher zumindest eine Beschränkung. Italien hat keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Anerkennung in der Praxis die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit nicht erschwert.

    78. Zur Rechtfertigung kann das Interesse an der ordnungsgemäßen Durchführung einer Messe herangezogen werden, da ein Anerkennungsverfahren grundsätzlich geeignet ist, die Zuverlässigkeit des Messeveranstalters zu beurteilen.

    79. Allerdings ist eine Anerkennung nicht erforderlich, soweit sie lediglich Voraussetzungen überprüft, denen ein Veranstalter bereits in seinem Herkunftsstaat unterliegt. Insofern würde das Anerkennungsverfahren zu einer überfluessigen Doppelprüfung führen, die nicht mehr gerechtfertigt wäre.

    80. Andererseits mag es Veranstalter geben, die als Dienstleister in Italien Messen veranstalten wollen, ohne in einem anderen Mitgliedstaat als Veranstalter anerkannt zu sein. In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine grundsätzliche Anerkennung als Möglichkeit vorzusehen. Solange aber noch nicht feststeht, dass ein solcher Veranstalter häufiger in Italien Messen veranstaltet, muss es ausreichen, den Veranstalter im Rahmen der Genehmigung einer konkreten Messeveranstaltung zu überprüfen. Da die italienische Regierung nicht vorgetragen hat, dass die Durchführung der Anerkennungsverfahren diesen Gesichtspunkt berücksichtigt, ist davon auszugehen, dass auch im Hinblick auf diese Fallgruppe keine Rechtfertigung besteht.

    81. Folglich ist die erste Rüge der Kommission begründet.

    b) Die Beschränkung der zulässigen Rechtsform eines Messeveranstalters

    82. Die Kommission beschränkt diese Rüge auf Artikel 4 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980. Diese Vorschrift des im Jahr 2000 aufgehobenen Gesetzes schrieb vor, dass Messen und Märkte nur von den nach Artikel 8 anerkannten juristischen Personen - in der Region zu diesem Zweck gegründeten Körperschaften -, sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Tochterorganisationen der jeweils einschlägigen Wirtschaftsverbände (associazioni di categoria), privaten Vereinigungen und sonstigen Ausschüssen mit anderer Zielsetzung veranstaltet werden könnten.

    83. Es kann hier dahinstehen, ob dieser Zwang zu einer bestimmten Organisationsform neben der offensichtlichen Beschränkung der Erbringung von Dienstleistungen auch eine offene oder verdeckte Diskriminierung enthält, weil ausländische Anbieter im Gegensatz zu inländischen Messeveranstaltern dieses Kriterium nicht regelmäßig erfuellen werden. Bereits die Beschränkung ist nicht zu rechtfertigen, da kein Grund dafür ersichtlich ist, dass nur Veranstalter, die in einer der oben genannten Rechtsformen organisiert sind, die ordnungsgemäße Durchführung von Messen gewährleisten.

    84. Auch die zweite Rüge ist daher begründet.

    c) Die Präsenzpflicht des Messeveranstalters

    85. Die Kommission rügt zwei regionale Vorschriften, die Anforderungen an die Niederlassung von Ausrichtern stellen:

    - Artikel 15 Absatz 3 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980, wonach die Anerkennung der privaten Rechtssubjekte als Veranstalter von internationalen, nationalen und regionalen Messen voraussetzt, dass diese einen Geschäftssitz in der Lombardei haben sowie angemessen ausgestattet sind und

    - Artikel 8 letzter Absatz der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981, wonach die internationalen und nationalen Messeveranstaltungen, die auf regionalem Gebiet stattfinden, über einen festen Sitz und eine ständige Verwaltung verfügen müssen.

    86. Die Kommission vertritt die Auffassung, diese letztgenannte Regelung sei so zu verstehen, dass ein Sitz in der Region verlangt werde. Diese Auslegung ist plausibel, insbesondere da sie sich nicht auf den Veranstalter, sondern auf die Messe selber bezieht, die notwendigerweise innerhalb der betreffenden Region stattfinden muss. Da Italien dieser Darstellung nicht widersprochen hat, ist sie der Prüfung zu Grunde zu legen.

    87. Nach Ansicht der Kommission stellt eine solche Präsenzpflicht im Aufnahmestaat grundsätzlich eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit für ausländische Anbieter dar. Gerade bei kurzfristigen und vorübergehenden Ereignissen wie der Veranstaltung einer Messe oder eines Marktes sei ein Veranstalter eines anderen Mitgliedstaates in gravierender Weise eingeschränkt, wenn seine Tätigkeit von seiner Präsenz in irgendeiner Form im Aufnahmestaat abhängig gemacht werde.

    88. Die Auffassung der Kommission trifft grundsätzlich zu. Der Gerichtshof hat wiederholt festgestellt, dass ein derartiges Präsenzerfordernis praktisch die Negation der Dienstleistungsfreiheit bedeute. Das Erfordernis einer ständigen Präsenz schließt die Möglichkeit der Grenzüberschreitung allein zu Dienstleistungszwecken völlig aus.

    89. Es handelt sich allerdings nicht um eine diskriminierende Beschränkung. Wäre das Sitzerfordernis auf Italien beschränkt, so wäre es als Diskriminierung anzusehen, da alle italienischen Veranstalter diese Bedingung zwangsläufig erfuellen, nichtitalienische Veranstalter dagegen nur in Ausnahmefällen. Vorliegend handelt es sich aber um die Anforderung, in der betreffenden Region einen Sitz zu unterhalten, die auch die italienischen Veranstalter nicht zwangsläufig erfuellen würden. Daher bedarf es zur Rechtfertigung nicht des Rückgriffs auf Artikel 56 EG-Vertrag. Vielmehr ist eine Rechtfertigung durch zwingende Allgemeininteressen zu prüfen.

    90. Insofern ist einzuräumen, dass ein Geschäftssitz am Ort einer Messe geeignet ist, die Überwachung des Veranstalters und die Zusammenarbeit mit ihm im Hinblick auf die ordnungsgemäße Durchführung einer Messe zu fördern. Bereits die Erforderlichkeit einer Präsenzpflicht ist jedoch angesichts moderner Kommunikationsmöglichkeiten zweifelhaft. Keinesfalls stehen die mit diesem Erfordernis verbundenen Vorteile in einem angemessen Verhältnis zu dem schwerwiegenden Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit. Es kann nicht gerechtfertigt sein, wegen abstrakter Risiken von vergleichsweise geringem Gewicht die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit in einem bestimmten Wirtschaftssektor vollständig auszuschließen.

    91. Auch diese Rüge ist also begründet.

    d) Die Beschränkung der Tätigkeit des Veranstalters auf die Ausrichtung von Messen

    92. Hier rügt die Kommission die folgenden Vorschriften, wonach Messeveranstalter neben der Veranstaltung von Messen keine andere Tätigkeit verfolgen dürfen:

    - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980;

    - Artikel 3 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981 und

    - Artikel 5 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978.

    93. Die Kommission trägt hierzu vor, dass mit diesen Regelungen praktisch alle Anbieter ausgeschlossen würden, die außer der Veranstaltung von Messen auch noch andere Aufgaben verfolgten, und sie hierfür keinen einzigen objektiv nachvollziehbaren Grund sähe.

    94. Auch wenn man berücksichtigt, dass Artikel 5 Absätze 2 und 3 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978 weitere Ausrichter zulassen, ist der Kommission zuzugeben, das eine Zulassung von privatwirtschaftlichen Anbietern nach dem Wortlaut nur zulässig ist, wenn sie keine andere Aktivität betreiben. Bei den anderen gerügten Vorschriften ergibt sich dies bereits aus dem von der Kommission genannten Text.

    95. In dem Verbot anderer Betätigungen ist eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sehen. Es ist in dieser umfassenden Form nicht gerechtfertigt. Bestimmte andere Betätigungen mögen wegen zwingender Allgemeininteressen mit der Ausrichtung von Messen oder einer bestimmten Messe unvereinbar sein. Zu denken ist insbesondere an Tätigkeiten, die den Veranstalter aus ideologischen oder wirtschaftlichen Gründen dazu verleiten, bestimmte potentielle Aussteller ungerecht zu behandeln. Es wäre jedoch ein milderes Mittel, im Einzelfall zu prüfen, ob sich die sonstigen Tätigkeiten eines betroffenen Veranstalters mit denen der Organisation von Messen und Märkten vereinbaren lassen.

    96. Auch diese Rüge ist daher begründet.

    e) Verbot einer Gewinnerzielungsabsicht

    97. Eine große Zahl von Regelungen lässt nur Veranstalter zu, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen oder unterwirft Veranstalter mit Gewinnerzielungsabsicht restriktiveren Zugangsbedingungen. Die Kommission nennt:

    - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c und Absatz 2 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980;

    - Artikel 6 Buchstaben e, f und h der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988;

    - Artikel 4 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981;

    - Artikel 3, 5 und 12 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978;

    - Artikel 4 der Legge Regionale della Liguria Nr. 40 vom 14. Juli 1978 und

    - Artikel 5 Absatz 6 Buchstabe c der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980.

    i) Zum Eingriff

    98. Es wurde bereits dargelegt, dass das Verbot einer Gewinnerzielungsabsicht die Anwendung der Dienstleistungsfreiheit nicht ausschließt. Daher ist hier nur der von diesen Vorschriften ausgehende Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit und seine eventuelle Rechtfertigung zu prüfen.

    99. Die Kommission hält das Verbot der Gewinnerzielungsabsicht für eine Diskriminierung von Veranstaltern aus anderen Mitgliedstaaten. Italienische Veranstalter mit Gewinnerzielungsabsicht hätten die Wahl, in diesen Regionen nicht aktiv zu werden oder dort eine Tochtergesellschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht zu gründen. Veranstalter mit Gewinnerzielungsabsicht aus anderen Mitgliedstaaten seien mit unüberwindbaren Hindernissen konfrontiert. Sie wären mit höheren Kosten belastet, könnten aber keinen wirtschaftlichen return" erwarten.

    100. Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, warum italienische Veranstalter prinzipiell gegenüber Veranstaltern aus anderen Mitgliedstaaten bevorzugt werden. Die einzigen erkennbaren Nutznießer scheinen die etablierten Messegesellschaften ohne Gewinnerzielungsabsicht zu sein. Benachteiligt sind dagegen alle Veranstalter mit Gewinnerzielungsabsicht, die von der Veranstaltung von Messen ausgeschlossen werden. Dass italienische Veranstalter unter Umständen niedrigere Kosten haben und wegen der Nähe vielleicht auch andere Vorteile aus Tätigkeiten ohne Gewinnerzielungsabsicht ziehen können, begründet an sich keine Diskriminierung. Die Vorteile größerer Ortsnähe sind vielmehr die notwendige Folge des jeweiligen Sitzes. Folglich entfaltet das Verbot der Gewinnerzielungsabsicht keine diskriminierende Wirkung.

    101. Das Verbot einer Gewinnerzielungsabsicht stellt vielmehr eine massive Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Es wird die meisten privatwirtschaftlichen Veranstalter von der Veranstaltung von Messen in den betroffenen Regionen abhalten, da sie grundsätzlich von der Erwartung eines Gewinns motiviert werden. Nur wenige Veranstalter sind in der Lage, aus einer Messe Vorteile zu ziehen, die nur mittelbar zu entsprechenden Gewinnen führen.

    ii) Zur Rechtfertigung

    102. Die Kommission weist darauf hin, dass eine Regelung wie die vorliegende jedenfalls unverhältnismäßig sei. Dies ergebe sich daraus, dass - wie das Fehlen einer derartigen Regelung im nationalen Recht zeige - ein etwaiges Allgemeininteresse nicht erfordere, dass die Veranstalter von Messen ohne Gewinnerzielungsabsicht auftreten.

    103. Das Argument überzeugt insofern nicht, als die Gesetzgebung nach Artikel 117 der italienischen Verfassung den Regionen überlassen ist und nicht ersichtlich ist, weshalb dieses Erfordernis dringend bereits im Rahmengesetz hätte aufgestellt werden müssen.

    104. Der Kommission ist jedoch im Ergebnis zuzustimmen. Es ist kein Grund zu erkennen, weshalb Veranstalter ohne Gewinnerzielungsabsicht mehr Vertrauen genießen sollten als solche, die Erwerbszwecke verfolgen. Sowohl erstere als auch letztere sind gleichermaßen geeignet, alle denkbaren zwingenden Allgemeininteressen zu wahren.

    105. Demnach ist auch diese Rüge begründet.

    f) Die Beteiligung von Behörden bei der Besetzung von Messeorganen

    106. Die Kommission rügt hier die folgenden Vorschriften als unvereinbar mit der Dienstleistungsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit:

    - Artikel 3 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972: Danach müssen im Verwaltungsrat der Veranstalter von internationalen Messen zwei Mitglieder sitzen, die vom Regionalrat der Region, in der die Veranstaltung stattfindet, benannt wurden. Einer der von der Region benannten Regionalräte muss im Exekutivausschuss, der andere im Buchprüferkollegium sitzen. Bei Veranstaltern von als national qualifizierten Messen müssen drei Mitglieder des Verwaltungsrates vom Präsidenten des Ministerrates benannt sein, der Präsident der veranstaltenden Gesellschaft muss unter diesen drei Mitgliedern ausgewählt und vom zuständigen Regionalorgan benannt werden. Im Buchprüferkollegium muss ebenfalls ein Mitglied sitzen, das vom Ministerium für Industrie, Handel und Handwerk benannt wurde;

    - Artikel 2 Buchstaben c und d, Artikel 3 Buchstaben b und c und Artikel 5 Buchstabe a der Legge Regionale della Liguria Nr. 12 vom 3. November 1972, die die eben beschriebenen Vorgaben übernahmen;

    - Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988, der bestimmt, dass drei Mitglieder des Verwaltungsrates von der regionalen Regierung benannt werden müssen und auch der Präsident des Buchprüferkollegiums von der regionalen Regierung bestimmt werden muss;

    - Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 11 Buchstaben a, b, c und d der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, wonach der Präsident und der Verwaltungsrat der veranstaltenden Gesellschaft durch Dekret des Präsidenten der Region bestimmt werden musste und

    - Artikel 5 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981, wonach ebenfalls einige Mitglieder des Verwaltungsrates einer nationalen oder internationalen Messegesellschaft von der Regionalverwaltung bestimmt sein müssen.

    107. Diese Anforderungen sind schon deshalb nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, weil - wie oben festgestellt - die implizite Beschränkung der Rechtsform auf Gesellschaften mit den entsprechenden Aufsichtsgremien nicht gerechtfertigt werden kann. Entsprechendes gilt auch für die Niederlassungsfreiheit.

    108. Trotzdem soll hier auch der spezifische Eingriff in diese Grundfreiheiten gewürdigt werden.

    i) Dienstleistungsfreiheit

    Zum Eingriff

    109. Nach Ansicht der Kommission liegt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit darin, dass sich der Staat missbräuchlich in die Zusammensetzung der Organe des Messeveranstalters einmische. Der Staat übe, indem er die Entscheidungen der Gesellschaften von innen" zu beeinflussen suche, eine unverhältnismäßige Kontrolle aus. Dies führe dazu, dass solche Veranstalter, die nicht in Italien niedergelassen seien, bei der Ausübung ihrer Dienstleistungsfreiheit gehindert seien. Italien könne sich auch nicht darauf berufen, dass diese Regelungen lediglich die interne Organisation italienischer öffentlicher Rechtssubjekte" beträfen, da ein Messeveranstalter nicht notwendigerweise ein Rechtssubjekt dieses Typs sein müsse.

    110. Dieser Argumentation der Kommission kann gefolgt werden. Aus den einschlägigen Rechtsvorschriften geht eindeutig hervor, dass die Veranstalter von Messen nicht notwendigerweise Personen des öffentlichen Rechts sein müssen. Im Übrigen würde die Notwendigkeit, als juristische Person des italienischen öffentlichen Rechts strukturiert zu sein, um Messen veranstalten zu dürfen, genauso gegen die Artikel 52 ff. und 59 ff. EG-Vertrag verstoßen. Daher liegt in diesem Punkt eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit vor. Sie dürfte sogar die Qualität einer mittelbaren Diskriminierung annehmen, da Dienstleister aus anderen Mitgliedstaaten praktisch keine Möglichkeit haben, Vertreter örtlicher Behörden in ihre Aufsichtsgremien zu integrieren.

    Zur Rechtfertigung

    111. Die Kommission sieht kein zwingendes Allgemeininteresse an der Aufrechterhaltung der genannten Rechtsvorschriften und weist insbesondere darauf hin, dass es für die nötige staatliche Kontrolle von Veranstaltungen dieser Art genüge, wenn diese Kontrolle von außen erbracht würde.

    112. Entgegen der Kommission dürfte jedoch das grundsätzlich schutzwürdige Allgemeininteresse an der ordnungsgemäßen Durchführung von Messen auch hier einschlägig sein. Allerdings sind diese Anforderungen nicht mehr verhältnismäßig. Das zumutbare Maß an staatlicher Kontrolle kann auch durch Aufsichtsbehörden erfolgen, die nicht unmittelbar in den Organen des Messeveranstalters vertreten sind.

    113. Im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit ist diese Rüge daher begründet.

    ii) Niederlassungsfreiheit

    114. Die Kommission führt zur Niederlassungsfreiheit aus, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ausländischer Veranstalter darin läge, dass sich diese der Notwendigkeit ausgesetzt sähen, in ihrer Mitte Fremde zu dulden, die - ohne überhaupt in die vorgegeben Strukturen zu passen - an der Entscheidungsfindung beteiligt werden müssten.

    115. Der Kommission ist im Hinblick auf die Beschränkung zuzustimmen. Es ist offensichtlich, dass eine Verpflichtung, Fremde in Gesellschaftsorgane aufzunehmen oder solche Organe überhaupt erst einzuführen, geeignet ist, Gesellschaften von der Ausübung der Niederlassungsfreiheit abzuhalten.

    116. Dieser Eingriff ist im Hinblick auf die Niederlassungsfreiheit so wenig zu rechtfertigen wie bei der Dienstleistungsfreiheit.

    g) Beteiligung einer regionalen Gemeinde an der Messegesellschaft

    117. Die Kommission beanstandet hier Artikel 8 Absatz 2 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980. Diese Vorschrift des im Jahre 2000 aufgehobenen Gesetzes sah vor, dass die Qualifizierung als Messeveranstalter" an die Bedingung geknüpft wurde, dass unter den Gründern bzw. den Mitgliedern der betroffenen Gesellschaft eine Gemeinde aus Emilia-Romagna war.

    118. Auch diese Anforderung ist schon deshalb nicht mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, weil - wie oben festgestellt - die implizite Beschränkung der Rechtsform auf Gesellschaften nicht gerechtfertigt werden kann. Entsprechendes gilt selbstverständlich auch für die Niederlassungsfreiheit.

    119. Sie ist aber auch aus den soeben zur Beteiligung von Behördenvertretern genannten Gründen mit beiden Grundfreiheiten unvereinbar. Eine Gemeinde gesellschaftsrechtlich beteiligen zu müssen, stellt sogar noch einen sehr viel schärferen Eingriff dar, als die Anforderung Behördenvertreter in bestimmte Gremien aufzunehmen.

    120. Auch diese Rüge ist deshalb begründet.

    3) Anforderungen an einzelne Messeveranstaltungen

    121. Weiterhin vertritt die Kommission die Auffassung, dass verschiedene Anforderungen an einzelne Messeveranstaltungen die Dienstleistungsfreiheit verletzen würden.

    a) Die Periodizität und Dauer von Messeveranstaltungen

    122. Hier beruft sich die Kommission nur auf Artikel 6 Absatz 1 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, der vorsah, dass nationale und internationale Messen und Märkte periodisch wiederkehren und nach vorgegebener Dauer stattfinden mussten.

    i) Zum Eingriff

    123. Die Kommission trägt insoweit vor, die verlangte Periodizität der Messen und Märkte sowie ihre vorgeschriebene Dauer schränke die Dienstleistungsfreiheit der ausländischen Messeveranstalter ein, weil diese im Verhältnis zu den inländischen Anbietern schon von vornherein nur gelegentlich in Italien tätig würden.

    124. Eine offene Diskriminierung kann in der Regelung nicht gesehen werden, weil sie nicht ausdrücklich an die Staatsangehörigkeit anknüpft. Die Belastung durch die Ausrichtung einer Messe, die man nur aufgrund einer Verpflichtung zur Periodizität wieder veranstaltet, ist jedoch für einen inländischen Ausrichter geringer als für einen ausländischen Ausrichter. Ein Anbieter aus einem anderen Mitgliedstaat, der vielleicht nur ein einziges Mal eine Messe oder einen Markt in Italien ausrichten möchte, wird unter Umständen allein deshalb ausgeschlossen, weil er die Veranstaltung nicht periodisch übernehmen kann oder möchte. Daher bewirkt diese Anforderung nicht nur eine Beschränkung, sondern auch eine mittelbare Diskriminierung.

    125. Die Ermächtigung der Regionalbehörden, die Dauer der Messe festzulegen, bewirkt dagegen keine erkennbar größere Belastung für Ausrichter ohne ständige inländische Präsenz. Sie ist lediglich als Beschränkung anzusehen, da sie die Freiheit der Veranstalter beschränkt, die Messe zu gestalten.

    ii) Zur Rechtfertigung

    126. Die Kommission meint, diese Eingriffe seien jedenfalls unangemessen und daher nicht gerechtfertigt.

    127. Anforderungen an die Dauer einer Messe mögen in Ausnahmefällen ihrer ordnungsgemäßen Durchführung dienen. Eine zu knappe Bemessung kann zu einer Konzentration der Besucher zu einem bestimmten Zeitpunkt führen, die aus verkehrstechnischen Gründen zu vermeiden ist. Zu lange Messen können unter Umständen unangemessene Auswirkungen auf die Umwelt entfalten. Allerdings verlangt das Gesetz eine im Voraus mit der Periodizität festgesetzte Dauer. Insoweit steht es einer der Nachfrage angemessenen Gestaltung der Messe - die unter Umständen erst relativ spät festgestellt werden kann - entgegen und kann sogar eine Beeinträchtigung zwingender Allgemeininteressen bewirken.

    128. Auch diese Rüge ist deshalb begründet.

    b) Harmonie mit der Regionalplanung

    129. Hier beanstandet die Kommission Artikel 5 Absatz 6 Buchstabe a der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980. Diese im Jahr 2000 aufgehobene Vorschrift sah vor, dass die Genehmigung einer Messeveranstaltung nur erteilt wird, wenn die Vereinbarkeit der Veranstaltung mit den Vorgaben der Regionalplanung bezüglich der wirtschaftlichen Entwicklung der Region und, mehr generell, mit den Vorgaben der nationalen Wirtschaftsplanung feststeht.

    i) Zum Eingriff

    130. Die Kommission führt insoweit aus, dass es für einen ausländischen Veranstalter ungleich schwerer ist, sich über die jeweiligen Vorschriften im nationalen bzw. regionalen Recht auf dem Laufenden zu halten als für einen inländischen. Außerdem enthielten die Vorschriften, die auf die jeweiligen wirtschaftlichen Ziele auf nationaler und regionaler Ebene verwiesen, eine unbestimmte Ermächtigung zur Verweigerung einer Genehmigung und seien rechtswidrig, weil die Gefahr bestuende, dass der (ausländische) Anbieter einen für ihn nicht nachvollziehbaren abschlägigen Bescheid erhalte.

    131. Beide Argumentationslinien überzeugen nicht. Unternehmen, die nicht in Italien ansässig sind, haben naturgemäß größere Schwierigkeiten, Informationen in Italien zu erhalten. Darin ist keine Diskriminierung zu sehen.

    132. Es kann dahinstehen, ob das Gemeinschaftsrecht es verbietet, die innerstaatliche Verwaltung in unbestimmter Form zu Eingriffen in Grundfreiheiten zu ermächtigen. Jedenfalls ergibt sich aus dem Vortrag der Kommission nicht schlüssig, dass die genannte Regelung eine nicht hinreichend bestimmte Ermächtigung enthält, die Genehmigung einer Messe zu verweigern. Allein der Verweis eines Gesetzes auf die Programmplanung der Region und Italiens erzeugt nicht notwendig eine Unklarheit. Selbst falls man eine sogenannte dynamische Verweisung annehmen müsste, weil sich die in Bezug genommene Planung wohl in regelmäßigen Abständen ändern wird, wäre die Ermächtigung nicht zwangsläufig unbestimmt. Ausschlaggebend dürfte allein sein, ob sich der Bürger noch einer eindeutigen Rechtslage gegenübersieht. Hierzu gehört wohl, dass die in Bezug genommenen Rechtsvorschriften dem Normadressaten durch eine ordnungsgemäße Verkündung zugänglich gemacht worden sind. Die Kommission hat nicht dargelegt, dass dies nicht der Fall ist. Folglich begründet die Regelungstechnik des Verweises auf die Regionalplanung noch keinen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit.

    133. Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit liegt vielmehr darin, dass die Messeveranstalter gehalten sind, sich bezüglich der Thematik der Messe an die regionale bzw. nationale Wirtschaftsplanung anzupassen. Messeprojekte, die dieser Planung nicht entsprechen, haben keine Chance auf Verwirklichung. Darin liegt eine erhebliche Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit.

    ii) Zur Rechtfertigung

    134. Die Gewährleistung hoheitlicher Planungen für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region ist als solche kein Allgemeininteresse, das einen Eingriff in Grundfreiheiten rechtfertigen könnte. Es mag sein, dass diese Planung bezweckt, zwingende Allgemeininteressen zu gewährleisten, doch muss der Zusammenhang zwischen einem Eingriff in die Veranstaltung von Messen und dem Schutz von Allgemeininteressen sicherlich enger sein als bei einer abstrakten Planung, um eine Rechtfertigung zu bewirken.

    135. Auch die Interessen der potentiellen Adressaten einer Messe werden durch die vorliegende Regelung nicht erkennbar geschützt. Da niemand gezwungen ist, an einer Messe teilzunehmen oder sie zu besuchen, können Konflikte mit den regionalen Wirtschaftsstrukturen nur den Misserfolg einer Messe bewirken, aber grundsätzlich Dritte nicht schädigen.

    136. Folglich ist auch diese Rüge begründet.

    c) Antragsfristen für Genehmigungen

    137. Hier rügt die Kommission Artikel 2 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 390 vom 18. April 1994. Absatz 4 dieser Vorschrift des im Januar 2001 aufgehobenen Gesetzes schrieb vor, dass die Anträge zur Genehmigung internationaler Messen bis zum 30. September des vor-vorgehenden Jahres der beabsichtigten Veranstaltung bei den Behörden eingehen müssten. Die weiteren Absätze enthielten Fristen für die Genehmigung durch die Regionen und die Benachrichtigung nationaler Stellen.

    i) Zum Eingriff

    138. Die Kommission rügt hier vor allem die sehr lange Antragsfrist im Verhältnis zu den dann unumstößlich festgehaltenen Daten der Veranstaltungen. Es sei insbesondere für Anbieter aus dem Ausland, die nur gelegentlich in Italien ihre Dienste anböten, im Verhältnis zu ihren Konkurrenten im Inland ungleich schwieriger, diese strengen Vorgaben einzuhalten.

    139. Das Erfordernis der Einhaltung bestimmter Fristen gilt gleichermaßen für In- und Ausländer. In Betracht käme allenfalls eine versteckte Diskriminierung, was die Kommission auch anzudeuten scheint, indem sie betont, dass es für Ausländer schwerer sei, diese Fristen einzuhalten. Nach der hier vertretenen Ansicht genügt das Vortragen eines erhöhten Aufwandes für ausländische Anbieter jedoch nicht, um eine mittelbare Diskriminierung anzunehmen.

    140. Ein Vorlauf von zwei Jahren stellt jedoch in jedem Fall ein Hindernis für die Veranstaltung von Messen dar. Unternehmen können kaum beurteilen, ob sich nach einer so langen Zeit der Aufwand, eine Messe zu veranstalten, noch lohnt. Es mag sein, dass der organisatorische Vorlauf einer Messe tatsächlich so lange anzulegen ist. Die Vorbereitung einer Messe und insbesondere der Zeitpunkt einer verbindlichen Festlegung ihrer Ausgestaltung liegt jedoch grundsätzlich in der Verantwortung des Veranstalters, nicht der genehmigenden Stelle. Somit liegt eine Beschränkung vor.

    ii) Zur Rechtfertigung

    141. Als zwingendes Allgemeininteresse hat die Italienische Republik zumindest ursprünglich in ihrem Antwortschreiben an die Kommission die Notwendigkeit einer staatlichen Zeitplanung betont, um Anbieter und Besucher rechtzeitig von der Art der Messe, ihrem Ort und ihrem Zeitpunkt unterrichten zu können.

    142. Es wird wohl dem Allgemeininteresse an einer ordnungemäßen Durchführung von Messen liegen, dass die Veranstaltung einer bestimmten Messe rechtzeitig im Voraus und offiziell bekannt gegeben wird. Einleuchtend erscheint auch, dass irgendeine Form von Vorausplanung durch die zuständigen Behörden erforderlich ist, um die Wahrung zwingender Allgemeininteressen sicherzustellen. Eine zweijährige Vorlaufzeit ohne jede Möglichkeit von Ausnahmen ist aber für den Schutz der zwingenden Allgemeininteressen nicht mehr erforderlich.

    143. Auch diese Rüge ist deshalb begründet.

    d) Vorschriften, die für die Veranstaltung von Messen die Aufnahme in einen amtlichen Zeitplan vorschreiben

    144. Die Kommission rügt hier zwei Regelungen:

    - Artikel 7 des Regio decreto-legge Nr. 454 vom 29. Januar 1934, wonach keine anderen Messen, Märkte oder Ausstellungen veranstaltet werden dürfen als die, die im amtlichen Zeitplan vorgesehen sind und

    - Artikel 16 Absatz 1 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, der genauso lautete.

    145. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Möglichkeit, einen offiziellen Veranstaltungskalender für die Organisation von Messen und Märkten zu erstellen, es der jeweiligen innerstaatlichen Behörde nicht erlaubt, Veranstalter sonstiger privater Messen allein aus dem Grund auszuschließen, dass der geplante Termin zu dicht an dem der nachfolgenden Messe liegt. Das wirtschaftliche Risiko läge beim Veranstalter, ohne dass insoweit eine staatliche Reglementierung nötig sei; zudem funktioniere der Markt selbst als Regulierungsmechanismus.

    146. Diese Vorschrift steht in engem Zusammenhang mit der vorherigen, da nur solche Veranstaltungen in den amtlichen Zeitplan aufgenommen werden, die unter Einhaltung sämtlicher Fristen das Genehmigungsverfahren durchlaufen haben. Für die Begründung einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann deshalb grundsätzlich auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.

    147. Eine Rechtfertigung könnte sich vorliegend jedoch aus Artikel 90 Absatz 2 EG-Vertrag ergeben. Der Schutz bestehender Messen, die als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anzusehen sind, vor zeitlich nahen Konkurrenzveranstaltungen erscheint grundsätzlich geeignet, eine Beschränkung zu rechtfertigen. Die Wirksamkeit einer Messe als zeitlich und örtlich beschränkte Verkörperung des Marktes für bestimmte Wirtschaftssektoren hängt davon ab, dass sie Angebot und Nachfrage möglichst umfassend repräsentiert. Wäre es möglich, zeitlich und räumlich relativ nahe an einer solchen Messe eine weitere Messe zum gleichen Thema zu veranstalten, könnte dies die Repräsentativität der schutzwürdigen Messe gefährden.

    148. Sollte der Markt eine solche Konkurrenzmesse dagegen als Ergänzung der eigentlichen Messe wahrnehmen, wäre darüber hinaus ein Effekt des Rosinenpickens" oder des Trittbrettfahrens" wahrscheinlich. Die Konkurrenzmesse würde von dem Ruf der schutzwürdigen Messe und ihrem Markterfolg profitieren. Auch könnte sie möglicherweise Anbietern und Kunden günstigere Bedingungen bieten, weil sie weder der Repräsentativität noch der Periodizität verpflichtet wäre.

    149. Die Kommission räumt in ihrer erläuternden Mitteilung über die Anwendung der Regeln des Binnenmarkts auf das Messe- und Ausstellungswesen die grundsätzliche Schutzwürdigkeit dieses Interesses selbst ausdrücklich ein:

    Ebenso könnten die zuständigen Behörden für offizielle Veranstaltungen, die ihrer Kontrolle unterliegen, bestimmte nichtdiskriminierende Bedingungen vorschreiben, beispielsweise [...] durch einen Zeitplan der offiziellen Veranstaltungen mit dem Verbot der gleichzeitigen Veranstaltung mehrerer derartiger Messen, [...]".

    150. Auch wenn diese Aussage nach ihrem Zusammenhang so auszulegen ist, dass die Kommission lediglich Beschränkungen für offizielle" Veranstaltungen unter Kontrolle der Mitgliedstaaten akzeptiert, nicht aber Beschränkungen privater Veranstalter, so ist die Schutzwürdigkeit wichtiger Messeveranstaltungen vor derartigen (unlauteren) Formen des Wettbewerbs doch nicht zu bestreiten.

    151. Artikel 15 Absatz 3 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980 scheint zu diesem Zweck auch vorzusehen, dass die Regionalbehörden eine Terminänderung vorschlagen können, wenn eine Messe in zeitliche Konkurrenz zu ähnlichen oder identischen Veranstaltungen tritt.

    152. Daher erscheint das Erfordernis der Eintragung in einen offiziellen Messekalender grundsätzlich gerechtfertigt, um die Effektivität von Messeveranstaltungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu gewährleisten. Die Kommission hat nicht im Einzelnen dargelegt, dass die italienischen Regelungen zur Gewährleistung dieses Zieles ungeeignet, nicht erforderlich oder unzumutbar sind.

    153. Folglich ist diese Rüge der Kommission zurückzuweisen.

    4) Anforderungen an Ausrichter und Veranstaltungen

    154. Schließlich rügt die Kommission einige Vorschriften, welche die Beteiligung örtlich ansässiger Unternehmen an den Verfahren der Anerkennung von Ausrichtern und der Genehmigung von Messeveranstaltungen vorsehen.

    155. Hierbei handelt es sich um die folgenden Vorschriften:

    - Artikel 6 Absatz 3 Nr. 3 und 4 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980, wonach im Genehmigungsverfahren zunächst die regionalen Vereinigungen angehört werden mussten, die den jeweiligen wirtschaftlichen Sektor repräsentieren, zusätzlich musste die Zustimmung der betroffenen Gemeinde und eine Stellungnahme der regionalen Wirtschaftskammern eingeholt werden;

    - Artikel 6, 7 und 23 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978, wonach die für die Reglementierung und Förderung von Messeveranstaltungen zuständige Kommission unter anderen einen Repräsentanten einer Organisation enthalten muss, die jeweils auf den Gebieten Landwirtschaft, Handwerk, Industrie, Tourismus und Handel führend ist; diese Kommission gebe auch eine Stellungnahme über die Gewährung von Subventionen ab;

    - Artikel 13, 14 und 15 Buchstabe a der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981, wonach in dem beratenden Ausschuss, der dem Exekutivausschuss bei der Genehmigung von Messeveranstaltungen zur Seite gestellt ist, ebenfalls Repräsentanten der örtlichen Wirtschaft angehören müssen sowie auch vier Präsidenten der in der Region fest niedergelassenen Messeveranstalter und

    - Artikel 5 Absätze 2 und 5, Artikel 10 Absatz 4, Artikel 11 Absätze 2 und 3 und Artikel 15 Absatz 1 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980, wonach ein Vertreter der regionalen Kammern für Industrie, Handel, Landwirtschaft und Handwerk, je drei Vertreter der regionalen Industrie-, Handwerks-, Landwirtschafts- und Handelsverbände sowie drei Vertreter der Gewerkschaften in einer im Verfahren beratend hinzugezogenen Kommission sitzen müssen und die Kammern eine weitere Stellungnahme abgeben.

    156. Die Kommission trägt hierzu vor, die Beteiligung von lokalen oder regionalen Wettbewerbern an der Entscheidung über die Zulassung von Messen und die Anerkennung von Messeveranstaltern würde insbesondere nichtitalienische Messeveranstalter benachteiligen. Sie verweist auf die Schlussanträge von Generalanwalt Gulmann in der Rechtssache C-306/91, wonach der dort streitgegenständliche Beirat dazu führen würde, dass inländische Konkurrenten im Voraus Informationen über die Preispolitik erhalten würden.

    157. Am Beispiel der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980 erläutert die Kommission, dass nicht nur bei der offenen Beteiligung von Vertretern ansässiger Messegesellschaften potentielle Wettbewerber Einfluss nehmen könnten, sondern auch bei der Beteiligung von anderen Vertretern örtlicher Wirtschaftsverbände. Nach diesem Gesetz würden nämlich die gleichen Interessenvertreter Einfluss auf die Zulassung von Messen erhalten, die auch ein Mitspracherecht bei der Besetzung von Führungspositionen der regionalen Messegesellschaften hätten.

    158. Zumindest im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit weist die Kommission darauf hin, dass Veranstalter aus anderen Mitgliedstaaten sich nicht an der Arbeit der regionalen Verbände beteiligen könnten. Aber auch niedergelassene Veranstalter hätten nur einen geringen Einfluss.

    159. Eine besonders einschneidende Privilegierung innerstaatlicher Veranstalter ergebe sich, wenn Subventionen der öffentlichen Hand nur an Gesellschaften gewährt würden, an deren Gründung öffentliche Körperschaften beteiligt gewesen seien, wie dies z. B. die Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978 vorsehe. Daher sei die Behauptung, die zuständigen Stellen entschieden unparteiisch und gerecht, nicht überzeugend.

    160. Vorliegend scheint es sich um zwei unterschiedliche Vorwürfe zu handeln. Zum einen rügt die Kommission die Beteiligung von Vertretern regionaler Wirtschaftsverbände an den verschiedenen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen getroffen werden. Zum anderen rügt sie die Tatsache, dass nur bestimmte Messegesellschaften in den Genuss von Beihilfen kommen könnten, nämlich die Gesellschaften, an denen öffentliche Körperschaften beteiligt seien.

    161. Da der Vorwurf der selektiven Gewährung von Beihilfen allerdings weder im Mahnschreiben noch in der begründeten Stellungnahme erkennbar ist, kann er nicht als konkreter Gegenstand dieses Vertragsverletzungsverfahrens, sondern nur als Argument für die Auffassung zu verstehen sein, die italienischen Stellen könnten bei ihren Entscheidungen befangen sein.

    162. Die Kommission trägt im Übrigen keine konkreten Fälle vor, in denen die genannten Regelungen zur Diskriminierung von Messeveranstaltern geführt hätten. Die Prüfung ist daher auf den Vorwurf zu beschränken, dass die institutionellen Strukturen eine Benachteiligung von Ausrichtern aus anderen Mitgliedstaaten bewirken würden.

    163. Für die Beurteilung, ob die Beteiligung regionaler Wirtschaftsvertreter an den Verfahren ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit oder die Niederlassungsfreiheit ist, ist zunächst daran zu erinnern, dass Maßnahmen nur dann als Eingriff qualifiziert werden können, wenn sie geeignet sind, die Ausübung einer Grundfreiheit zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.

    164. Insofern ist zunächst festzustellen, dass die Kommission nicht beanstandet, die aufgeführten Gremien würden selber Entscheidungen im Zusammenhang mit der Veranstaltung von Messen treffen. Sie meint vielmehr vorrangig, ein Eingriff liege allein darin begründet, dass diese Gremien vor der Entscheidung italienischer Behörden angehört würden und daher Einfluss nehmen könnten.

    165. Eine solche Möglichkeit der Einflussnahme erscheint geeignet, die Ausübung einer Grundfreiheit zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, soweit unmittelbare Konkurrenten der Messeausrichter beteiligt sind. Sie könnten versuchen, notwendige Entscheidungen zu verzögern, übermäßige Einschränkungen anregen oder wettbewerbsrelevante Informationen erhalten. Eine solche Beteiligung ist allerdings nur in Artikel 14 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981 vorgesehen.

    166. Weder ein zwingendes Allgemeininteresse noch eine eventuelle Betrauung dieser konkurrierenden Messegesellschaften mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erscheinen geeignet, diesen Eingriff in Grundfreiheiten zu rechtfertigen.

    167. Die Beteiligung allgemeiner Wirtschaftsrepräsentanten oder von Vertretern der Adressaten einer Messe kann dagegen nicht in jedem Fall als Eingriff angesehen werden. Diese Kreise können wertvolle Kenntnisse und Erfahrungen in das Verfahren einbringen. Ein Eingriff in die Grundfreiheiten könnte insofern nur festgestellt werden, wenn konkrete Vorfälle belegt werden, in denen diese Beteiligung zum Nachteil von Messeveranstaltern aus anderen Mitgliedstaaten gewirkt hat.

    168. Die Hinweise der Kommission auf die Beteiligung der betreffenden Gremien an der Besetzung von Führungspositionen regionaler Messegesellschaften und auf die Regelungen über die Vergabe von Subventionen führen auch nicht zu einem anderen Ergebnis.

    169. Eine Beteiligung bei der Besetzung von Führungspositionen von konkurrierenden Unternehmen führt nicht zur Gleichstellung dieser Gremien mit Konkurrenten von Messegesellschaften. Aus dieser Beteiligung ergibt sich nämlich nicht, dass sie auch ein wirtschaftliches Interesse am Erfolg regionaler Messegesellschaften hätten. Was die Regelung der Subventionsvergabe angeht, so ergibt sich deren diskriminierende Regelung nicht aus der Beteiligung von Wirtschaftsvertretern, sondern allein aus den restriktiven Regelungen des betreffenden Gesetzes.

    170. Somit konnte die Kommission nicht darlegen, dass die Beteiligung regionaler Wirtschaftsvertreter an den hoheitlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Messen einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit oder Niederlassungsfreiheit bewirkt.

    171. Diese Rüge der Kommission ist daher nur insoweit erfolgreich, als sie die Beteiligung von Konkurrenten an den Entscheidungen im Zusammenhang mit der Durchführung von Messen rügt (Artikel 14 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981).

    IV - Kosten

    172. Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung sind der unterliegenden Partei auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten aufzuerlegen. Die Italienische Republik ist in neun von zwölf Punkten voll unterlegen, in einem zehnten zumindest teilweise. Für das Scheitern der Klage im Hinblick auf einen Klagegrund wegen der Aufhebung der gerügten Vorschriften vor Versendung des Mahnschreibens trifft die Italienische Republik - wie in Nr. 35 dargelegt - zumindest ein Mitverschulden, weil sie den Vorwurf nicht angemessen beantwortet hat. Folglich ist dem Kostenantrag der Kommission zu entsprechen und die Italienische Republik zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

    V - Ergebnis

    173. Daher wird vorgeschlagen, wie folgt zu entscheiden:

    1. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 59 ff. EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG ff.) verstoßen, dass sie folgende Rechtsvorschriften beibehalten hat:

    - Artikel 2 Absatz 1 des Regio decreto-legge Nr. 454 vom 29. Januar 1934,

    - Artikel 2 Absatz 1 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972,

    - Artikel 2 Absätze 4, 6 und 7 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 390 vom 18. April 1994,

    - Artikel 4 der Legge Regionale della Liguria Nr. 40 vom 14. Juli 1978,

    - Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben e, f, g und h, Artikel 6 Absatz 4 und Artikel 7 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988,

    - Artikel 4 und 5 Absatz 6 Buchstaben a und c, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980,

    - Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c, Artikel 4 Absatz 2 und Artikel 15 Absatz 3 der Legge Regionale della Lombardia Nr. 45 vom 29. April 1980,

    - Artikel 3, 4 und 8 letzter Absatz der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981,

    - Artikel 3 und 5, Artikel 12 und 19 Absatz 1 der Legge Provinciale della Provincia autonoma di Trento Nr. 35 vom 2. September 1978.

    2. Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 52 ff. EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 43 EG ff.) und den Artikeln 59 ff. EG-Vertrag verstoßen, dass sie folgende Rechtsvorschriften beibehalten hat:

    - Artikel 3 des Decreto del Presidente della Repubblica Nr. 7 vom 15. Januar 1972,

    - Artikel 2 Buchstaben c und d, Artikel 3 Buchstaben b und c und Artikel 5 Buchstabe a der Legge Regionale della Liguria Nr. 12 vom 3. November 1972,

    - Artikel 8 Absatz 1 der Legge Regionale del Veneto Nr. 35 vom 2. August 1988,

    - Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 11 Buchstaben a, b, c und d der Legge Regionale dell'Emilia-Romagna Nr. 43 vom 26. Mai 1980,

    - Artikel 5 und 14 der Legge Regionale del Friuli Venezia Giulia Nr. 10 vom 23. Februar 1981.

    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    4. Die Italienische Republik trägt die Kosten des Rechtsstreits.

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