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Document 61999CC0354

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 5. April 2001.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland.
Vertragsverletzung - Richtlinie 86/609/EWG - Unvollständige Umsetzung.
Rechtssache C-354/99.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 I-07657

ECLI identifier: ECLI:EU:C:2001:202

61999C0354

Schlussanträge des Generalanwalts Geelhoed vom 5. April 2001. - Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Irland. - Vertragsverletzung - Richtlinie 86/609/EWG - Unvollständige Umsetzung. - Rechtssache C-354/99.

Sammlung der Rechtsprechung 2001 Seite I-07657


Schlußanträge des Generalanwalts


I - Einleitung

1. Dieser Rechtssache liegt eine Klage der Kommission gemäß Artikel 226 EG auf Feststellung zugrunde, dass Irland dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, insbesondere Artikel 25, sowie aus dem EG-Vertrag, insbesondere Artikel 10, verstoßen hat, dass es nicht alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um dieser Richtlinie nachzukommen.

II - Der rechtliche Rahmen

A - Das Gemeinschaftsrecht

2. Artikel 1 beschreibt das Ziel der Richtlinie wie folgt:

Ziel dieser Richtlinie ist es, die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche oder andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere anzunähern, um zu vermeiden, dass sich diese Vorschriften insbesondere durch Wettbewerbsverzerrungen oder Handelshemmnisse nachteilig auf die Schaffung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken."

3. In dieser Rechtssache stehen die Vorschriften zur Umsetzung der Artikel 11 und 12 der Richtlinie sowie des Begriffes Versuche" im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie in Rede. Ferner geht es um die Sanktionsregelung.

4. Der Begriff Versuche" wird in Artikel 2 definiert als jede Verwendung eines Tieres zu Versuchs- oder anderen wissenschaftlichen Zwecken, die zu Schmerzen, Leiden, Ängsten oder dauerhaften Schäden führen können, einschließlich der Eingriffe, die dazu führen sollen oder können, dass ein Tier auf eine solche Art geboren wird; dazu gehören jedoch nicht die von der modernen Praxis als am wenigsten schmerzhaft akzeptierten (d. h. schmerzlosen) Methoden des Tötens oder Kennzeichnens eines Tieres; ein Versuch beginnt, wenn das Tier zum ersten Mal für Verwendungszwecke vorbereitet wird, und endet, wenn im Zusammenhang mit diesem Versuch keine weiteren Beobachtungen mehr zu machen sind; das Ausschalten von Schmerzen, Leiden, Ängsten oder dauerhaften Schäden durch die erfolgreiche Anwendung von Betäubungsmitteln, Analgetika oder anderen Methoden bedeutet nicht, dass diese Definition auf die Verwendung eines so behandelten Tieres nicht mehr zutrifft. Nicht-experimentelle veterinärmedizinische Verfahren, die in landwirtschaftlichen Betrieben oder Kliniken angewandt werden, sind ausgeschlossen."

5. Nach Artikel 3 gilt die Richtlinie für die Verwendung von Tieren bei Versuchen, die für einen der folgenden Zwecke durchgeführt werden:

a) Entwicklung, Herstellung, Qualitäts-, Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsprüfung von Arzneimitteln, Lebensmitteln und anderen Stoffen oder Produkten:

i) zur Verhütung, Vorbeugung, Diagnose oder Behandlung von Krankheiten oder anderen Anomalien oder deren Folgen bei Menschen, Tieren oder Pflanzen;

ii) zur Beurteilung, Feststellung, Regulierung oder Veränderung physiologischer Merkmale bei Menschen, Tieren oder Pflanzen;

b) Schutz der natürlichen Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Mensch oder Tier."

6. Artikel 11 bestimmt:

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieser Richtlinie kann die Behörde aus gerechtfertigten Gründen zulassen, dass im Rahmen eines Versuches Tiere freigelassen werden, sofern sie sich davon überzeugt hat, dass die größtmögliche Vorsorge dafür getroffen worden ist, das Wohlbefinden des Tieres sicherzustellen, und sofern der Gesundheitszustand des Tieres dies zulässt und keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt besteht."

7. Artikel 12 lautet:

(1) Die Mitgliedstaaten legen die Verfahren fest, nach denen die Versuche selbst oder die Angaben betreffend die Personen, die diese Versuche durchführen, der Behörde im Voraus zu melden sind.

(2) Soll ein Tier einem Versuch unterzogen werden, bei dem mit erheblichen und möglicherweise länger anhaltenden Schmerzen zu rechnen ist, so muss dieser Versuch der Behörde besonders angezeigt und begründet oder von der Behörde ausdrücklich genehmigt werden. Die Behörde hat geeignete gerichtliche oder administrative Schritte zu veranlassen, wenn sie nicht davon überzeugt ist, dass der Versuch für grundlegende Bedürfnisse von Mensch und Tier von hinreichender Bedeutung ist."

8. Artikel 25 bestimmt:

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie bis 24. November 1989 nachzukommen. Sie setzen die Kommission davon unverzüglich in Kenntnis.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die innerstaatlichen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen."

B - Das nationale Recht

9. Die den Bereich der Richtlinie 86/609/EWG betreffenden irischen Rechtsvorschriften finden sich im Cruelty to Animals Act 1876 und in den European Communities (Amendment of Cruelty to Animals Act 1876) Regulations von 1994 (im Folgenden zusammenfassend auch: irisches Gesetz). Die Regulations enthalten eine neue Section 12A, mit der die irische Regierung die volle Wirksamkeit der Richtlinie herbeiführen will.

10. Das irische Gesetz führt u. a. aus, wann und unter welchen Voraussetzungen Tierversuche durchgeführt werden dürfen. So bestimmt Section 2, dass - außer in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen - an lebenden Tieren keine Versuche durchgeführt werden dürfen, wenn zu erwarten ist, dass sie Schmerzen verursachen.

11. Section 12A (9) des irischen Gesetzes ist beinahe wortgleich mit Artikel 11 der Richtlinie:

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieser Regulations kann ein Tier aus gerechtfertigten Gründen im Rahmen eines Versuches freigelassen werden, sofern die größtmögliche Vorsorge dafür getroffen worden ist, das Wohlbefinden des Tieres sicherzustellen, und sofern der Gesundheitszustand des Tieres dies zulässt und keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit oder die Umwelt besteht."

12. Section 12A (10) (i) des irischen Gesetzes bestimmt, dass der Minister die Verfahren festlegt, nach denen die Versuche oder die Angaben über die Personen, die diese Versuche durchführen, der Behörde im Voraus zu melden sind. Weiter heißt es: Soll ein Tier einem Versuch unterzogen werden, bei dem es erhebliche und möglicherweise länger anhaltende Schmerzen erleidet oder erleiden kann, so muss dieser Versuch dem Gesundheitsminister besonders angezeigt und begründet oder von ihm ausdrücklich genehmigt werden. Der Minister unternimmt geeignete gerichtliche oder administrative Schritte, wenn er nicht davon überzeugt ist, dass der Versuch für grundlegende Bedürfnisse von Mensch oder Tier von hinreichender Bedeutung ist."

13. Das irische Gesetz von 1876 enthält einige Bestimmungen, die Sanktionen vorsehen. Nach Section 2 des irischen Gesetzes können Sanktionen gegen Personen verhängt werden, die einen Versuch durchführen oder an der Durchführung eines Versuches teilnehmen. Die Hoechststrafe für den ersten Verstoß beträgt 50 IEP und für den zweiten 100 IEP oder drei Monate Freiheitsentzug.

Nach Section 13 kann bei der Behinderung von bestimmten Untersuchungen eine Sanktion verhängt werden. Die höchste Geldbuße, die in diesem Fall festgesetzt werden kann, beträgt 5 IEP.

III - Vorbringen der Parteien

14. In dieser Rechtssache beantragt die Kommission, die Vertragsverletzung Irlands festzustellen, da die von der irischen Regierung ergriffenen Maßnahmen ihrer Ansicht nach nicht ausreichen und keine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinie enthalten.

15. Die erste Rüge der Kommission betrifft den Begriff Versuche". Dieser Begriff ist in der Richtlinie näher definiert und grenzt damit deren sachlichen Anwendungsbereich ab. Die Kommission weist darauf hin, dass es aus diesem Grund wichtig sei, dass die Begriffsbestimmung im nationalen Recht inhaltlich mit der der Richtlinie übereinstimme. Das irische Gesetz verwende den Begriff jedoch, ohne ihn näher zu definieren. Außerdem beziehe sich das irische Gesetz von 1876 nur auf Versuche, die Schmerzen verursachten; die geänderte Fassung von 1994 habe daran nichts geändert. Die Richtlinie hingegen erstrecke sich nicht allein auf Versuche, bei denen zu erwarten sei, dass sie dem Tier Schmerzen bereiteten, sondern auch auf Versuche, die zu Leiden, Ängsten oder dauerhaften Schäden führen könnten, falls solche Tierversuche für einen der in Artikel 3 der Richtlinie genannten Zwecke vorgenommen würden. Mit anderen Worten erstrecke sich die Richtlinie auf alle Situationen, in denen die objektive Möglichkeit bestehe, dass Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden verursacht würden, während die irischen Rechtsvorschriften nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Fälle Bezug nähmen, in denen zu erwarten sei, dass der beabsichtigte Versuch Schmerzen verursachen werde.

Die Kommission meint ferner, dass die Definition des Versuches mehrere wichtige Bestandteile enthalte, die bei Fehlen einer gleichwertigen Definition in den irischen Rechtsvorschriften zu Rechtsunsicherheit führen könnten. Es wird auf die Tatsache hingewiesen, dass der Anwendungsbereich der irischen Rechtsvorschriften auf Versuche an lebenden Tieren beschränkt sei, während die Richtlinie auch Versuche in der pränatalen Phase erfasse (deren Folgen das Tier nach der Geburt erleide); außerdem gehe aus diesen Vorschriften nicht eindeutig hervor, wann ein Versuch beginne und wann er ende.

16. Die zweite von der Kommission geltend gemachte Rüge betrifft die dem Artikel 11 der Richtlinie entsprechende Bestimmung in den irischen Rechtsvorschriften. In Section 12A (9) des irischen Gesetzes fehle die Passage über die zuständige Behörde. Deshalb sei in Abweichung von Artikel 11 der Richtlinie nicht geregelt, dass sich die zuständige Behörde vor der Freilassung eines Tieres vergewissern müsse, ob bestimmte Vorbedingungen erfuellt seien.

17. Die dritte Rüge geht dahin, dass Irland, obwohl das irische Gesetz die Festlegung der Verfahren durch den Minister vorsehe, keine Verfahren im Sinne von Artikel 12 Absatz 1 festgelegt habe oder diese jedenfalls der Kommission nicht mitgeteilt habe.

18. Schließlich ist die Kommission der Auffassung, dass die Sanktionsregelung der irischen Rechtsvorschriften unwirksam sei. Erstens bezögen sich die Sanktionen nur auf eine beschränkte Anzahl von Verstößen, und zweitens seien die Sanktionen, die verhängt werden könnten, nicht abschreckend genug. Die Beträge der Geldbußen seien seit 1876 nicht mehr angepasst worden. Dazu komme, dass die irische Regierung Verstöße gegen die Richtlinie nicht auf die gleiche Weise bestrafe wie Verstöße gegen nationales Recht, deren Charakter und Bedeutung vergleichbar seien. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht, ohne dabei eine wirksame Durchsetzung dieser Normen mit den dazugehörenden angemessenen Sanktionen vorzusehen, gegen Artikel 10 EG-Vertrag verstoße.

19. Die irische Regierung erkennt das Problem in Bezug auf die Definition des Begriffes der Versuche und dass - wie von der Kommission vorgetragen - die irischen Rechtsvorschriften nicht allen Anforderungen genügten. Sie beabsichtige deshalb, die gewünschten Anpassungen durch eine Gesetzesänderung vorzunehmen. Obgleich sie einräumt, dass hinsichtlich des Anwendungsbereichs der geltenden Rechtsvorschriften Unklarheiten bestehen könnten, meint sie, dass die bestehende Praxis einschließlich der Anwendung des Begriffes Versuch" im irischen Gesetz de facto den Anforderungen der Richtlinie in Bezug auf Leiden und dauerhafte Schäden genüge. Sie trägt ferner vor, dass in den irischen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen unter den Begriff Versuche, bei denen zu erwarten ist, dass sie Schmerzen verursachen", auch Versuche fielen, die Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden verursachen könnten.

20. Die irische Regierung hat mitgeteilt, dass sie ihre Rechtsvorschriften ändern werde, um die Bedenken der Kommission hinsichtlich der Umsetzung der Artikel 11 und 12 der Richtlinie auszuräumen. Sie hat jedoch betont, dass die Regelung, die gegenwärtig in Irland für Personen gelte, die wissenschaftliche Forschung unter Verwendung von Tieren betreiben wollten, streng sei. Die irische Regierung weist darauf hin, dass in ihren Rechtsvorschriften jeder Versuch, der Schmerzen verursachen könne, verboten sei, außer wenn der Minister der Auffassung sei, dass solche Versuche im Interesse der medizinischen Wissenschaft erforderlich seien. Außerdem hebt sie hervor, dass im Antrag auf Genehmigung der Versuchstätigkeit detailliert anzugeben sei, welches Schicksal das Versuchstier habe. Wenn ein Tier freigelassen oder zu seiner Herde zurückgebracht werde, müsse dies im Antrag angegeben werden. Im Übrigen sei die Genehmigung an Bedingungen geknüpft. Schließlich weist die irische Regierung darauf hin, dass die meisten Tiere nach einem Versuch schmerzlos getötet würden.

21. Was das Verfahren angeht, so hat die irische Regierung darauf hingewiesen, dass das Verfahren in Irland verlange, dass der Antragsteller dem Ministerium vorab die Einzelheiten der Versuche und der betreffenden Verfahren mitteile. Dies ergebe sich aus den allgemeinen Bestimmungen, die für Genehmigungsverfahren gälten. So müsse ein Genehmigungsantrag Angaben über die Art und den Zweck der Versuche enthalten; zugleich müsse ein detailliertes Protokoll eingereicht werden. Darüber hinaus sei anzugeben, wo die Versuche durchgeführt würden, über welche Qualifikationen die Antragsteller verfügten und welche Stellung sie in der betreffenden Forschungseinrichtung, für die sie die Versuche durchführten, bekleideten.

22. In Bezug auf die Sanktionen hat die irische Regierung mitgeteilt, dass sie die Beanstandungen der Kommission anerkenne und auch diesen Gesichtspunkt im Rahmen der beabsichtigten Gesetzesanpassung berücksichtigen werde. Sie bleibe jedoch der Ansicht, dass eine Genehmigungsregelung, verbunden mit der Möglichkeit der Einziehung einer bereits erteilten Genehmigung, auch eine hinreichend präventive Wirkung habe.

IV - Rechtliche Würdigung

23. Zunächst ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten schon bis zum 24. November 1989 alle erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie hätten treffen müssen. Irland hatte nach diesem Termin mehrere Male die Gelegenheit, ihre vollständige Umsetzung herbeizuführen. Ein erstes Schreiben der Kommission stammt bereits von 1990. Darauf teilte die irische Regierung mit, dass die Richtlinie durch eine Überarbeitung des Genehmigungs- und Registrierungsverfahrens umgesetzt werden solle. Die Kommission hielt dies für unzureichend und sandte Irland ein Aufforderungsschreiben. Sodann gab die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab. Die irische Regierung reagierte darauf mit der Anpassung des Gesetzes durch die European Communities (Amendment to Cruelty to Animals Act 1876) Regulations 1994. Nach der Prüfung der Gesetzesanpassung gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Richtlinie immer noch nicht ordnungsgemäß umgesetzt sei. Sie sandte Irland daraufhin ein weiteres Schreiben mit der Aufforderung, sich binnen zwei Monaten dazu zu äußern. Schließlich wurde am 17. Dezember 1998 eine ergänzende mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt. In dieser Stellungnahme stellte die Kommission erneut klar, bei welchen Punkten noch Mängel bestanden, und forderte die irische Regierung auf, binnen einer Frist von zwei Monaten die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Im Antwortschreiben der irischen Regierung vom 16. März 1999 wurde der Standpunkt der Kommission anerkannt und zugleich mitgeteilt, dass Änderungsvorschriften in Vorbereitung seien, die etwa Ende Juni 1999 der Kommission zur Beurteilung vorgelegt würden. Seitdem hat die Kommission jedoch nichts weiter gehört, und das hat zum vorliegenden Verfahren geführt.

24. Im vorliegenden Fall geht es um einzelne Teilaspekte der Richtlinie. Nach ständiger Rechtsprechung sind die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung von Richtlinien streng auszulegen. Obwohl die Mitgliedstaaten in der Wahl der Mittel und Methoden zur Umsetzung einer Richtlinie frei sind, ändert diese Freiheit nichts daran, dass ein Mitgliedstaat verpflichtet ist, im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie entsprechend ihrer Zielsetzung zu erreichen. Die Mitgliedstaaten müssen hierzu einen eindeutigen gesetzlichen Rahmen auf dem betreffenden Gebiet schaffen, durch den die nationale Rechtsordnung in Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie gebracht wird, und zwar in einer Form, die keine Zweifel oder Mehrdeutigkeiten bestehen lässt.

25. Meines Erachtens hat die Kommission die Bedeutung einer korrekten Umsetzung des Begriffes Versuche" in das innerstaatliche Recht überzeugend dargelegt. Dieser Begriff ist nämlich ein Schlüsselbegriff, der den sachlichen Geltungsbereich der Richtlinie abgrenzt. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass der Begriff exakt in das innerstaatliche Recht übernommen wird. Die irische Regierung hat diese Rüge der Kommission schließlich auch anerkannt.

26. Dies hat sie auch bezüglich der von der Kommission zu den Artikeln 11 und 12 der Richtlinie vorgetragenen Gesichtspunkten getan. Ich weise darauf hin, dass die irische Regierung zugesagt hat, ihre Rechtsvorschriften entsprechend den Wünschen der Kommission anzupassen. Das ändert nichts daran, dass ich feststellen muss, dass Irland säumig ist und der Klage der Kommission auch in diesen Punkten stattzugeben ist.

27. In Bezug auf die Sanktionsregelung kann ich mich kurz fassen. Ich stimme mit der Kommission darin überein, dass die Höhe der Geldbußen, die in Irland verhängt werden können, völlig unangemessen ist. Von den Hoechstbeträgen ging vielleicht vor 150 Jahren noch eine abschreckende Wirkung aus; angesichts der inzwischen eingetretenen Geldentwertung haben sie heute jedoch nur noch symbolischen Charakter. Dies gilt umso mehr, als Tierversuche auch im industriellen Maßstab durchgeführt werden. Im Übrigen hat die irische Regierung diesen Punkt auch nicht bestritten und eine Anpassung zugesagt.

28. Darüber hinaus obliegt den Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung, auch wenn eine gemeinschaftsrechtliche Regelung keine besondere Vorschrift enthält, die für den Fall eines Verstoßes gegen die Regelung eine Sanktion vorsieht, wie das im vorliegenden Fall bei der Richtlinie der Fall ist, eine allgemeine Verpflichtung gemäß Artikel 10 EG, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten. Dabei müssen die Mitgliedstaaten insbesondere darauf achten, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht. Obwohl den Mitgliedstaaten die Wahl der Sanktionen verbleibt, müssen die Sanktionen jedenfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Deshalb stimme ich mit der Kommission darin überein, dass Irland im vorliegenden Fall seinen Verpflichtungen aus Artikel 10 des Vertrages nicht nachgekommen ist.

29. Das Vorbringen Irlands, dass von der Möglichkeit der Einziehung der Genehmigung eine präventive Wirkung ausgehe, ist nicht überzeugend. Eine Genehmigungsregelung kann nur dann funktionieren, wenn das ihr zugrunde liegende Verbot wirksam durchgesetzt werden kann. Bei dieser Durchsetzung spielt zweifellos auch die Schwere der vorgesehenen Sanktion eine Rolle.

30. Alles in allem dringt die irische Regierung mit ihrer Verteidigung gegen das Vorbringen der Kommission nicht durch. Darüber hinaus läuft das vorliegende Verfahren schon lange, und Irland hatte mehrmals Gelegenheit, die Richtlinie ordnungsgemäß in seine nationale Rechtsordnung umzusetzen. Daher ist der Klage der Kommission meiner Auffassung nach stattzugeben.

31. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission dies beantragt hat und Irland mit seinem Vorbringen unterliegen muss, ist diesem Antrag meines Erachtens stattzugeben.

Ergebnis

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1. Irland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere, insbesondere Artikel 25, sowie aus Artikel 10 EG-Vertrag verstoßen, dass es nicht alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Artikel 2 (Begriff Versuche"), 11 und 12 der Richtlinie erlassen und keine wirksamen Sanktionen für Verstöße gegen die Anforderungen der Richtlinie vorgesehen hat;

2. Irland trägt die Kosten des Verfahrens.

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