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Document 61997CC0258

    Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 1. Oktober 1998.
    Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH (HI) gegen Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Unabhängiger Verwaltungssenat für Kärnten - Österreich.
    Öffentliche Dienstleistungsaufträge - Wirkung einer nicht umgesetzten Richtlinie.
    Rechtssache C-258/97.

    Sammlung der Rechtsprechung 1999 I-01405

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1998:457

    61997C0258

    Schlussanträge des Generalanwalts Saggio vom 1. Oktober 1998. - Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH (HI) gegen Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Unabhängiger Verwaltungssenat für Kärnten - Österreich. - Öffentliche Dienstleistungsaufträge - Wirkung einer nicht umgesetzten Richtlinie. - Rechtssache C-258/97.

    Sammlung der Rechtsprechung 1999 Seite I-01405


    Schlußanträge des Generalanwalts


    1 Der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten hat mit Beschluß vom 8. Juli 1997 dem Gerichtshof fünf Fragen nach der Auslegung der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge(1) (im folgenden: Nachprüfungsrichtlinie) und der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge(2) (im folgenden: Dienstleistungsrichtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

    Der rechtliche Rahmen

    2 Artikel 1 Absatz 1 der Nachprüfungsrichtlinie in der Fassung des Artikels 41 der Dienstleistungsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, daß die Entscheidungen der für die Vergabe öffentlicher Aufträge zuständigen Behörden wirksam und vor allem möglichst rasch auf Verstösse gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

    3 Nach Artikel 2 Absatz 7 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, daß die Entscheidungen der für Nachprüfungsverfahren zuständigen Instanzen wirksam durchgesetzt werden können.

    4 Dem folgenden Absatz kommt in unserem Fall besondere Bedeutung zu. Es ist daher sinnvoll, ihn vollständig wiederzugeben.

    "Eine für Nachprüfungsverfahren zuständige Instanz, die kein Gericht ist, muß ihre Entscheidung stets schriftlich begründen. Ferner ist in diesem Falle sicherzustellen, daß eine behauptete rechtswidrige Maßnahme der zuständigen Grundinstanz oder ein behaupteter Verstoß bei der Ausübung der ihr übertragenen Befugnisse zum Gegenstand einer Klage oder einer Nachprüfung bei einer anderen gegenüber den öffentlichen Auftraggebern und der Grundinstanz unabhängigen Instanz, die ein Gericht im Sinne des Artikels 177 des Vertrages ist, gemacht werden können.

    Für Ernennung und Ende der Amtszeit der Mitglieder dieser unabhängigen Instanz gelten bezueglich der für ihre Ernennung zuständigen Behörde, der Dauer ihrer Amtszeit und ihrer Absetzbarkeit die gleichen Bedingungen wie für Richter. Zumindest der Vorsitzende dieser unabhängigen Instanz muß die juristischen und beruflichen Qualifikationen eines Richters besitzen. Die unabhängige Instanz erkennt in einem kontradiktorischen Verfahren; ihre Entscheidungen sind in der von den einzelnen Mitgliedstaaten jeweils zu bestimmenden Weise rechtsverbindlich."

    5 Für die vorliegende Rechtssache sind auch einige Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie von Bedeutung. Diese Richtlinie enthält Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, die in der Gemeinschaft bei Aufträgen beachtet werden müssen, die den in Artikel 7 festgelegten Mindestwert übersteigen. Nach Artikel 8 werden die Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs IA sind, nach den Vorschriften der Abschnitte III, IV, V und VI vergeben, während Aufträge, deren Gegenstand Dienstleistungen des Anhangs IB sind, nach den Artikeln 14 und 16 vergeben werden. Wenn der Auftrag gleichzeitig Dienstleistungen beider Anhänge umfasst, richtet sich die Wahl der anwendbaren Regelung nach der Dienstleistung mit dem höheren Wert. Zu den im Anhang IA aufgeführten Dienstleistungen gehören in der Kategorie 12: Architektur, technische Beratung und Planung; integrierte technische Leistungen; zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung sowie technische Versuche und Analysen.

    6 Nach Artikel 168 der Beitrittsakte(3) mussten die beiden Richtlinien zum Zeitpunkt des Beitritts, d. h. am 1. Januar 1995, in das österreichische Recht umgesetzt sein. Die Nachprüfungsrichtlinie wurde auf Bundesebene durch das Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen umgesetzt(4), das am 1. Juli 1994 in Kraft getreten ist. Auf Landesebene erließ jedes der neun Länder sein eigenes Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge. In Kärnten ist es das Kärntner Auftragsvergabegesetz(5), das am 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist und das im VIII. Abschnitt die Nachprüfung von Vergabeentscheidungen regelt.

    Nach § 59 dieses Gesetzes ist für die Nachprüfungsverfahren der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten (UVS Kärnten) zuständig, der eine unabhängige Verwaltungsbehörde zur Kontrolle der Rechtmässigkeit des Handelns der Landesverwaltung ist. Das Gesetz vom 20. November 1990 (Kärntner Verwaltungssenatsgesetz)(6) regelt die Zuständigkeiten, die Zusammensetzung und die Funktionsweise des UVS Kärnten. Ausserdem gelten die Bestimmungen der österreichischen Verfassung, die den Aufbau und die Funktionsweise der unabhängigen Verwaltungssenate der Länder betreffen(7).

    7 Das vom Kärntner Landtag am 22. April 1997 erlassene Gesetz zur Durchführung der Dienstleistungsrichtlinie(8) ist am 1. Juli 1997 in Kraft getreten, d. h. nach Ablauf der in der Beitrittsakte vorgesehenen Frist. Dieses Gesetz schließt die bereits abgeschlossenen Vergabeverfahren ausdrücklich von seinem Anwendungsbereich aus, weshalb es auf die Ereignisse des Ausgangsverfahrens aus dem Jahr 1996 nicht anwendbar ist.

    Sachverhalt und Ausgangsverfahren

    8 Im Ausgangsverfahren geht es um die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags an die CMT Medizintechnik Gesellschaft mbH, Wien, der sich auf den Bau eines Kinderkrankenhauses in Klagenfurt bezog. Der von der Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft vergebene Auftrag umfasste eine Reihe von Ingenieurleistungen, darunter die Planung und Beratung bezueglich der Installation und des Betriebs verschiedener medizinischer Einrichtungen.

    9 Die HI Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH, München, trat bei dieser Ausschreibung als Mitbewerberin auf. Nach ihrem Ausschluß stellte sie beim UVS Kärnten einen Nachprüfungsantrag, mit dem sie die Nichtigkeit der Vergabe wegen Verstosses gegen die Gemeinschaftsregelung über öffentliche Dienstleistungsaufträge geltend machte. Sie führte insbesondere an, daß sowohl die Anforderungen in der Ausschreibung als auch die Regeln für die Durchführung des Vergabeverfahrens nicht der Dienstleistungsrichtlinie entsprochen hätten.

    10 Der UVS Kärnten hat es für die Entscheidung über die Streitigkeit für notwendig gehalten, dem Gerichtshof fünf Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, die wie folgt lauten:

    1. Ist Artikel 2 Absatz 8 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und Bauaufträge so auszulegen, daß der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten die Bedingungen als zuständige Instanz für Nachprüfungsverfahren betreffend Dienstleistungen erfuellt?

    2. Sind diese oder andere Bestimmungen der Richtlinie 89/665 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, aus welchen ein individueller Anspruch auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens vor Behörden oder Gerichten, die den Bestimmungen des Artikels 2 Absatz 8 der Richtlinie 89/665 entsprechen, abgeleitet wird, so zu interpretieren, daß sie so bestimmt und konkret sind, daß ein einzelner im Falle der Nichtumsetzung der gegenständlichen Richtlinie durch den Mitgliedstaat dem Mitgliedstaat diesen Rechtsanspruch in einem Verfahren mit Erfolg entgegenhalten kann?

    3. Sind die Bestimmungen des Artikels 41 der Richtlinie 92/50/EWG in Verbindung mit der Richtlinie 89/665, welche einen Rechtsanspruch eines einzelnen auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens begründen, so zu interpretieren, daß ein innerstaatliches Gericht mit der Qualifikation des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten bei der Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens auf Grundlage des nationalen Rechts, wie §§ 59 ff. des Kärntner Auftragsvergabegesetzes und die hierzu ergangenen Verordnungen, diese dann ausser acht lassen kann, wenn die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens nach dem Kärntner Auftragsvergabegesetz für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen dies verhindert und demnach trotzdem ein Nachprüfungsverfahren nach dem 8. Abschnitt des Kärntner Auftragsvergabegesetzes durchführen kann?

    4. Sind die im Sachverhalt genannten Leistungen unter Bedachtnahme auf Artikel 10 der Richtlinie 92/50 als Dienstleistungen des Anhangs IA der Richtlinie 92/50, Kategorie 12 (Architektur, technische Beratung und Planung; integrierte technische Leistungen; Stadt- und Landschaftsplanung; zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung; technische Versuche und Analysen), einzustufen?

    5. Sind die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 so auszulegen, daß sie die in der Rechtssache 41/74, van Duyn, Randnummer 12, normierten Voraussetzungen zur unmittelbaren Anwendung einer gemeinschaftlichen Richtlinie erfuellen, so daß Dienstleistungen des Anhangs IA der Richtlinie im Rahmen des darin genannten Verfahrens zu vergeben sind, bzw. sind die relevanten Bestimmungen der Richtlinie im Zusammenhang für die im Anhang IA genannten Dienstleistungen geeignet, die in der genannten Rechtssache normierten Voraussetzungen zu erfuellen?

    Zur Zulässigkeit und zur ersten Vorlagefrage

    11 Vor der Beantwortung der Fragen ist zu prüfen, ob der UVS Kärnten befugt ist, sich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens an den Gerichtshof zu wenden. Dazu ist festzustellen, daß in diesem Verfahren ebenso wie in der Rechtssache Köllensperger(9) sowohl im Vorlagebeschluß als auch in den Erklärungen der Beteiligten kein geringes Durcheinander hinsichtlich der Voraussetzungen, die allgemein erfuellt sein müssen, um von einem "Gericht" im Sinne des Artikels 177 sprechen zu können, und der besonderen Voraussetzungen in dem genannten Artikel 2 Absatz 8 der Nachprüfungsrichtlinie herrscht. Zum besseren Verständnis möchte ich noch einmal daran erinnern, daß die letztgenannten Voraussetzungen die Zusammensetzung und die Funktionsweise der unabhängigen Stelle betreffen, die in zweiter Instanz über die Rechtmässigkeit der Vergabe der öffentlichen Aufträge entscheiden soll.

    12 Dies vorausgeschickt möchte ich gleich klarstellen, daß ich die Zweifel - die in Wirklichkeit nur von der Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens geäussert worden sind - bezueglich der Zuständigkeit des UVS Kärnten, dem Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, nicht teile. Nach meiner Ansicht besitzt dieses Organ nämlich alle nach der Rechtsprechung(10) erforderlichen Eigenschaften, um als Gericht im Sinne des Artikels 177 anerkannt zu werden(11).

    13 Der UVS Kärnten, ein unabhängiger Verwaltungssenat im Sinne des Artikels 129 der österreichischen Verfassung(12), ist durch das genannte Kärntner Verwaltungssenatsgesetz errichtet worden. Dieses Gesetz in Verbindung mit dem Kärntner Auftragsvergabegesetz weist dem UVS Kärnten die ausschließliche Zuständigkeit zu, auf Antrag einer Partei über die Rechtmässigkeit des Verwaltungshandelns einschließlich der Vergabe öffentlicher Aufträge zu entscheiden. Der UVS Kärnten kann die Vergabeentscheidungen für nichtig erklären und einstweilige Maßnahmen verfügen (§ 61 Kärntner Auftragsvergabegesetz). Aus diesen Bestimmungen folgt, daß der UVS Kärnten eine gesetzliche Grundlage hat und die Voraussetzung der obligatorischen Gerichtsbarkeit erfuellt ist. Ausserdem lässt sich der ständige Charakter nicht in Frage stellen, da der UVS Kärnten eine ständige Einrichtung ist, woran auch die Tatsache nichts ändert, daß seine Mitglieder, auch die, die aus der Verwaltung kommen, für eine begrenzte Anzahl Jahren im Amt bleiben. Auch besteht kein Zweifel, daß der Senat Rechtsvorschriften anwendet, da seine Zusammensetzung und seine Funktionsweise durch das allgemeine Gesetz über die unabhängigen Verwaltungssenate (Kärntner Verwaltungssenatsgesetz) und durch das Gesetz über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Kärntner Auftragsvergabegesetz) geregelt werden.

    Ebenso ist das Erfordernis des streitigen Verfahrens erfuellt, wie es vom Gerichtshof verstanden wird(13). Im vorliegenden Fall ist nämlich aufgrund der Verweisung des § 59 Absatz 2 des Kärntner Verwaltungssenatsgesetzes das allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anwendbar(14), das die Einhaltung des Prinzips des streitigen Verfahrens vorschreibt. Dieses Ergebnis wird ausserdem mittelbar durch das Kärntner Verwaltungssenatsgesetz bestätigt, dessen § 13 Absatz 5 bestimmt, daß unter der Leitung des Vorsitzenden eine mündliche Verhandlung stattfindet, in der die Parteien das Recht haben, gehört zu werden.

    14 Im schriftlichen Verfahren sind Zweifel geäussert worden, ob die Regelung der Zusammensetzung und der Funktionsweise des UVS Kärnten dem Erfordernis der Unabhängigkeit des Rechtsprechungsorgans genügt. Ich bin jedoch anders als in der genannten Rechtssache Köllensperger(15) im vorliegenden Fall der Ansicht, daß diese Zweifel nicht begründet sind. Eine Untersuchung der anwendbaren Regelung zeigt nämlich, daß der UVS Kärnten in vollem Umfang den Status der Unabhängigkeit besitzt, der es ihm erlaubt, seine richterliche Aufgabe geschützt vor unzulässigem Druck und unzulässiger Einmischung insbesondere der Verwaltung auszuüben.

    Die Unabhängigkeit des UVS Kärnten und seine Stellung als Dritter im Verfahren werden vor allem durch die einschlägigen Verfassungsbestimmungen garantiert. Artikel 129b Absatz 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) bestimmt klar, daß die Mitglieder der unabhängigen Verwaltungssenate bei Besorgung der ihnen nach der Verfassung und nach den Gesetzen der Länder zukommenden Aufgaben an keine Weisungen gebunden sind. Nach dieser Bestimmung sind die Geschäfte auf die Mitglieder des Senats für die landesgesetzlich bestimmte Zeit im voraus zu verteilen. Eine nach dieser Einteilung einem Mitglied des Senats zufallende Sache darf ihm nur im Falle der Behinderung durch Verfügung des Vorsitzenden abgenommen werden. Nach Absatz 3 dieser Bestimmung dürfen die Mitglieder des Senats vor Ablauf der Bestellungsdauer nur in den gesetzlich ausdrücklich bestimmten Fällen ihres Amtes enthoben werden; hierfür ist ein Kollegialbeschluß des Senats erforderlich. Nach Absatz 4 dürfen die Mitglieder des Senats für die Dauer ihres Amtes keine Tätigkeit ausüben, die Zweifel an der unabhängigen Ausübung ihres Amtes hervorrufen könnte. Hinzuzufügen ist, daß durch § 5 des Kärntner Verwaltungssenatsgesetzes, wonach die Mitglieder des UVS Kärnten in Ausübung ihrer Aufgaben unabhängig und an keine Weisungen gebunden sind, die verfassungsrechtlich bereits vorgesehenen Garantien bestätigt werden.

    Aufgrund dieser Erwägungen bin ich der Ansicht, daß die Regelung, die für den UVS Kärnten gilt, in vollem Umfang die Voraussetzungen der Unabhängigkeit und der Stellung eines Dritten erfuellt, die für eine ordnungsgemässe Ausübung der richterlichen Aufgaben notwendig sind.

    15 Da die Bedenken hinsichtlich des Gerichtscharakters des UVS Kärnten unbegründet sind, sind die Fragen, die von diesem Senat, der nach den Rechtsvorschriften des Landes Kärnten über die Rechtmässigkeit der Vergabe öffentlicher Aufträge zu entscheiden hat, dem Gerichtshof vorgelegt worden sind, als zulässig anzusehen.

    16 Diesem Ergebnis kommt auch entscheidende Bedeutung für die Beantwortung der ersten Vorlagefrage zu. Es erlaubt nämlich die Feststellung, daß die vom UVS Kärnten erbetene Prüfung der Frage, ob die Regelung seiner eigenen Zusammensetzung und seiner eigenen Funktionsweise den Erfordernissen des Artikels 2 Absatz 8 der Nachprüfungsrichtlinie entspricht, sich erübrigt. Die Gründe hierfür entsprechen den von mir in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Köllensperger angeführten(16): Das österreichische Gesetz weist nämlich die Aufgabe der Nachprüfung einem Organ zu, das "Gericht" im Sinne des Artikels 177 ist und in einziger Instanz entscheidet, während der gesamte Artikel 2 Absatz 8 nur dann gilt, wenn die Mitgliedstaaten es vorziehen - wozu sie befugt sind -, ein zweistufiges Kontrollsystem einzuführen, das in erster Instanz die Entscheidung einer Grundinstanz, die kein "Gericht" ist, und in zweiter Instanz die Entscheidung eines gegenüber den öffentlichen Auftraggebern und der Grundinstanz unabhängigen "Gerichts" umfasst. Nur wenn die Mitgliedstaaten dieses "zweistufige" System vorsehen, findet Artikel 2 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Nachprüfungsrichtlinie Anwendung. Daher müssen nur in diesem Fall die Voraussetzungen bezueglich der Zusammensetzung und der Funktionsweise der unabhängigen Instanz erfuellt sein. Daraus folgt, daß die Regelung des Aufbaus und der Tätigkeit des UVS Kärnten nicht anhand der besonderen Voraussetzungen des Artikels 2 Absatz 8 der Nachprüfungsrichtlinie zu prüfen ist(17).

    17 Ich möchte daher vorschlagen, auf die erste Frage wie folgt zu antworten: Artikel 2 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Nachprüfungsrichtlinie ist dahin auszulegen, daß die dort aufgeführten Erfordernisse ausschließlich die Zusammensetzung der Instanzen betreffen, die unabhängig und für die Nachprüfung der Entscheidungen zuständig sind, die ein Organ getroffen hat, das in erster Instanz für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig und kein Gericht im Sinne des Artikels 177 des Vertrages ist. Die genannte Vorschrift bleibt daher bei der Beurteilung der Zusammensetzung und der Funktionsweise des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten ausser Betracht, da dieser Senat ein Gericht ist, das zuständig ist, in erster und einziger Instanz über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu entscheiden.

    Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage

    18 Bei der zweiten und der dritten Vorlagefrage, die zusammen zu untersuchen sind, geht es darum, ob der UVS Kärnten auch dann zur Nachprüfung im Rahmen der Verfahren der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zuständig ist, wenn spezielle nationale Vorschriften über die Durchführung der Richtlinie 92/50 fehlen. Wie gesagt ist durch Artikel 41 dieser Richtlinie die Nachprüfungsrichtlinie dahin geändert worden, daß in ihren Anwendungsbereich auch Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge fallen.

    19 Das österreichische Gesetz zur Durchführung der Dienstleistungsrichtlinie ist am 1. Juli 1997 in Kraft getreten, d. h. mehr als zwei Jahre nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist. Aufgrund dieser Verspätung erfolgte die Vergabe des im Ausgangsverfahren streitigen Auftrags nach nationalen Vorschriften, die mit der Dienstleistungsrichtlinie unvereinbar waren. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat daher einen Nachprüfungsantrag beim UVS Kärnten eingereicht, der Instanz, die zum Zeitpunkt der streitigen Ereignisse nach dem innerstaatlichen Recht nur für die Nachprüfung von Verfahren zur Vergabe der Liefer- und Bauaufträge zuständig war.

    20 Das vorlegende Gericht möchte daher wissen, ob trotz der fehlenden Umsetzung der Richtlinie der einzelne auch dann Anspruch auf Durchführung der Verfahren nach Artikel 2 Absatz 8 der Nachprüfungsrichtlinie hat, wenn es um die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags geht. Für den Fall, daß dies zu bejahen ist, stellt das Gericht dem Gerichtshof die Frage, ob dieser Anspruch auch vor einer Instanz verwirklicht werden kann, die zum Zeitpunkt der streitigen Ereignisse nach den nationalen Rechtsvorschriften ausschließlich für die Nachprüfung von Verfahren zur Vergabe von Liefer- und Bauaufträgen zuständig war.

    21 Der vorliegende Fall weist offenkundige Übereinstimmungen mit der genannten Rechtssache Dorsch Consult und der Rechtssache Tögel(18) auf. Insbesondere entsprechen die zweite und die dritte Frage, die der UVS Kärnten dem Gerichtshof vorgelegt hat, völlig der ersten und zweiten Frage des Bundesvergabeamts in der Rechtssache Tögel.

    22 In den genannten Urteilen ist der Gerichtshof zu einem Ergebnis gelangt, dem man meines Erachtens zustimmen kann. Er hat festgestellt, daß "sich aus Artikel 41 der Richtlinie 92/50 nicht ergibt, daß mangels Umsetzung dieser Richtlinie innerhalb der hier vorgesehenen Frist die zur Nachprüfung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau- und Lieferaufträge zuständigen Instanzen auch zur Nachprüfung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge befugt sind"(19). Es ist nämlich grundsätzlich Sache der Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, zu bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten zuständig ist, in denen es um individuelle, auf dem Gemeinschaftsrecht beruhende Rechte geht(20).

    Von diesen Prämissen ausgehend hat der Gerichtshof festgestellt, daß Artikel 41 der Dienstleistungsrichtlinie die Mitgliedstaaten zwar verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine wirksame Nachprüfung auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sicherzustellen, daß diese Bestimmung jedoch nicht angibt, welche nationalen Instanzen zuständig sein müssen, oder verlangt, daß es sich dabei um dieselben Instanzen handelt, die die Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Bau- und Lieferaufträge bestimmt haben(21).

    Der Gerichtshof hat jedoch hinzugefügt, daß das nationale Gericht unter Beachtung der Verpflichtung, das nationale Recht entsprechend der Dienstleistungsrichtlinie auszulegen und den weitestgehenden Schutz der Rechte der einzelnen sicherzustellen, prüfen muß, ob dem einzelnen aufgrund der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts ein Anspruch auf Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zuerkannt werden kann. Die materiellen Vorschriften der Dienstleistungsrichtlinie können dann, soweit sie unmittelbare Wirkung haben(22), vor Gericht gegenüber dem Staat, der die Richtlinie nicht umgesetzt hat, geltend gemacht werden. Das nationale Gericht muß prüfen, ob dieser Anspruch auf Nachprüfung vor denselben Instanzen geltend gemacht werden kann, die auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge vorgesehen sind(23). Ich möchte jedoch hinzufügen, daß es in unserem Fall problematisch ist, zu einem solchen Ergebnis zu kommen: Wie vorstehend festgestellt schließt das seit dem 1. Juli 1997 geltende österreichische Gesetz nämlich die Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie auf bereits anhängige Verfahren ausdrücklich aus.

    Wie der Gerichtshof dann weiter ausgeführt hat, können die Betroffenen, wenn die nationalen Vorschriften nicht in einer der Dienstleistungsrichtlinie entsprechenden Weise ausgelegt werden können, im Rahmen der in nationalem Recht vorgesehenen Verfahren Ersatz des Schadens verlangen, der ihnen dadurch entstanden ist, daß die Richtlinie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist umgesetzt worden ist(24).

    23 Das Ergebnis, zu dem der Gerichtshof in den genannten Rechtssachen gelangt ist, lässt sich gut auf den vorliegenden Fall übertragen, in dem es gerade um die Frage geht, ob die Instanz, die nach der österreichischen Regelung für die Nachprüfung der Vergabe der Liefer- und Bauaufträge zuständig ist, auch für die Nachprüfung auf dem Gebiet der Dienstleistungen zuständig ist. Ich möchte daher vorschlagen, auf die zweite und die dritte Vorlagefrage des UVS Kärnten wie folgt zu antworten: Weder Artikel 2 Absatz 8 noch andere Bestimmungen der Richtlinie 89/665 können dahin ausgelegt werden, daß in Ermangelung nationaler Durchführungsvorschriften zum vorgeschriebenen Zeitpunkt die zur Nachprüfung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau- und Lieferaufträge zuständigen Instanzen auch zur Nachprüfung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge befugt sind. Die Erfordernisse einer der Richtlinie 92/50 entsprechenden Auslegung des nationalen Rechts und eines effektiven Schutzes der Rechte des einzelnen gebieten es dem nationalen Gericht jedoch, zu prüfen, ob dem einzelnen aufgrund der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts ein Anspruch auf Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zuerkannt werden kann.

    Zur vierten und zur fünften Vorlagefrage

    24 Die vierte und die fünfte Vorlagefrage betreffen die Auslegung einiger Vorschriften der Nachprüfungsrichtlinie. Mit der vierten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob die von der Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft ausgeschriebenen Leistungen unter die Kategorie 12 des Anhangs IA der Dienstleistungsrichtlinie fallen. Als Folge dieser eventuellen Einordnung müsste die Vergabe des Auftrags gemäß den Verfahren nach den Abschnitten III, IV, V und VI der Dienstleistungsrichtlinie erfolgt sein.

    Wie gesagt umfasst die Kategorie 12: Architektur, technische Beratung und Planung; integrierte technische Leistungen; Stadt- und Landschaftsplanung; zugehörige wissenschaftliche und technische Beratung sowie technische Versuche und Analysen. Die letzte Gruppe entspricht der CPC-Referenz-Nr. 867 der Nomenklatur der Vereinten Nationen für die zentrale Gütersystematik.

    25 Ich teile die von allen Verfahrensbeteiligten vertretene Auffassung, daß die Dienstleistungen, um die es im Ausgangsverfahren geht, als "technische Beratung und Planung" nach der genannten Kategorie 12 einzuordnen sind. Die Ausschreibung des streitgegenständlichen Auftrags bezog sich nämlich auf Dienstleistungen von Ingenieurbüros für die technische Beratung und Planung für die Errichtung eines Kinderkrankenhauses im Landeskrankenhaus Klagenfurt mit den entsprechenden ambulanten Einrichtungen, Operationssaal, Röntgenlabor sowie fünf kinderinternen Stationen und einer kinderchirurgischen Station, Dienstleistungen der Planung für die Sanitär-, Heizungs- und Luftinstallationen mit Klimatechnik, der Elektro-, Stark- und Schwachstrominstallationen, der "statischen und konstruktiven Bearbeitung" und der Planung der medizinischen Einrichtungen. Alle diese Dienstleistungen können ohne Frage als "technische Beratung und Planung" sowie "wissenschaftliche und technische Beratung" im Sinne der Kategorie 12 angesehen werden. Sie fallen deshalb vollständig in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie, so daß die Aufträge für diese Dienstleistungen gemäß den Vorschriften der Abschnitte III bis VI der Dienstleistungsrichtlinie zu vergeben waren.

    26 Mit der fünften Frage ersucht der UVS Kärnten den Gerichtshof schließlich um eine Entscheidung über die unmittelbare Wirksamkeit der Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie. In seiner Frage bezieht sich der UVS Kärnten zwar allgemein auf die Richtlinie, nennt aber in der Begründung des Vorlagebeschlusses ausdrücklich nur die Artikel 1 bis 7.

    27 Es ist bekanntlich ständige Rechtsprechung(25), daß die Bestimmungen einer Richtlinie, die nicht oder nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden ist, inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sein müssen, damit sich der einzelne gegenüber dem Staat auf sie berufen kann.

    28 Die fünfte Frage entspricht dem zweiten Teil der dritten Frage, die dem Gerichtshof in der Rechtssache Tögel vorgelegt worden ist. In dem Urteil vom 24. September 1998 hat der Gerichtshof festgestellt, daß die Bestimmungen der Dienstleistungsrichtlinie vom einzelnen unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden können(26). Ich sehe keine Gründe, diesem Ergebnis, das auf einer Untersuchung des Wortlauts der Richtlinie beruht, nicht zuzustimmen. Die Vorschriften des Abschnitts I über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie (Artikel 1 bis 7) können zwar aufgrund ihrer Natur dem einzelnen keine subjektiven Rechte verleihen, sind jedoch für die Feststellung der Berechtigten und Verpflichteten im Sinne der Richtlinie unerläßlich, so daß sie in Verbindung mit den materiellen Vorschriften unmittelbar vor Gericht geltend gemacht werden können.

    Die Vorschriften des Abschnitts II (Artikel 8 bis 10) über die Verfahren für die in den Anhängen IA und IB aufgeführten Dienstleistungen verpflichten die öffentlichen Auftraggeber, die Verfahren nach den Abschnitten III bis VI für die in Anhang IA aufgeführten Dienstleistungen und die Verfahren nach den Artikeln 14 und 16 für die in Anhang IB aufgeführten Dienstleistungen einzuhalten. Diese Vorschriften unterliegen keinen Bedingungen und sind hinreichend klar und genau, um dem einzelnen subjektive Rechte zu verleihen, die er vor Gericht geltend machen kann.

    Gleiches gilt grundsätzlich für die Vorschriften in den folgenden Abschnitten. Diese betreffen die "Wahl der Vergabeverfahren und Durchführung von Wettbewerben" (Abschnitt III), "Gemeinsame technische Vorschriften" (Abschnitt IV), "Gemeinsame Bekanntmachungsvorschriften" (Abschnitt V) und "Gemeinsame Teilnahmebestimmungen" (Abschnitt VI). Diese Vorschriften regeln im einzelnen die Verpflichtungen der öffentlichen Auftraggeber bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibungen. Die Beachtung der dort genannten Regeln kann daher unmittelbar von einem einzelnen vor den zuständigen Gerichten geltend gemacht werden(27).

    Hinzuzufügen ist jedoch, daß der Gerichtshof in dem Urteil Tögel der Auffassung des Generalanwalts gefolgt ist und festgestellt hat, daß in dem hier behandelten Teil der Richtlinie Vorschriften, die er allerdings nicht einzeln angeführt hat, anzutreffen sind, die nicht klar, genau und unbedingt sind und daher vor einem Gericht nicht unmittelbar geltend gemacht werden könnten(28). Die Feststellung, daß diejenigen Vorschriften der gerade genannten Abschnitte, die aufgrund ihres Wortlauts nicht klar und unbedingt sind, keine unmittelbare Wirkung haben, war deshalb angemessen, weil eine eingehende Untersuchung sämtlicher Vorschriften der söben genannten Abschnitte nach dem Sachverhalt der Rechtssache nicht erforderlich war. Eine Überprüfung der unmittelbaren Wirksamkeit der einzelnen Vorschriften dieser Abschnitte bleibt in der Tat einer Vorabentscheidung vorbehalten, in der eine solche Prüfung konkret erforderlich ist(29).

    Eine entsprechende Feststellung ist erst recht im vorliegenden Fall vertretbar: Erstens verlangt es der Sachverhalt nicht, sämtliche Vorschriften der Richtlinie in den gerade genannten Abschnitten (insgesamt 27 Artikel) im einzelnen auszulegen. Zweitens lässt sich der Begründung des Vorlagebeschlusses, die allerdings sehr sparsam mit Hinweisen ist, entnehmen, daß das Interesse des Gerichts sich offensichtlich auf die Artikel im ersten Teil der Richtlinie beschränkt. Aus diesen Gründen möchte ich, wenn ich auch Bedenken habe, ob die fünfte Frage angesichts ihrer Unbestimmtheit hinsichtlich der Abschnitte III bis VI der Dienstleistungsrichtlinie tatsächlich beantwortet werden muß, dem Gerichtshof vorschlagen, wie im Urteil Tögel zu antworten.

    29 Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten wie folgt zu antworten:

    1. Artikel 2 Absatz 8 Unterabsatz 2 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 ist dahin auszulegen, daß die dort aufgeführten Erfordernisse ausschließlich die Zusammensetzung der Instanzen betreffen, die unabhängig und für die Nachprüfung der Entscheidungen zuständig sind, die ein Organ getroffen hat, das in erster Instanz für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig und kein Gericht im Sinne des Artikels 177 des Vertrages ist. Die genannte Vorschrift bleibt daher bei der Beurteilung der Zusammensetzung und der Funktionsweise des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten ausser Betracht, da dieser Senat ein Gericht ist, das zuständig ist, in erster und einziger Instanz über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu entscheiden.

    2. Weder Artikel 2 Absatz 8 noch andere Bestimmungen der Richtlinie 89/665 können dahin ausgelegt werden, daß in Ermangelung nationaler Durchführungsvorschriften zum vorgeschriebenen Zeitpunkt die zur Nachprüfung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau- und Lieferaufträge zuständigen Instanzen auch zur Nachprüfung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge befugt sind. Die Erfordernisse einer der Richtlinie 92/50/EWG entsprechenden Auslegung des nationalen Rechts und eines effektiven Schutzes der Rechte des einzelnen gebieten es dem nationalen Gericht jedoch, zu prüfen, ob dem einzelnen aufgrund der einschlägigen Vorschriften des nationalen Rechts ein Anspruch auf Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zuerkannt werden kann.

    3. Die von der Landeskrankenanstalten-Betriebsgesellschaft ausgeschriebenen Leistungen für das Bauvorhaben des Krankenhauses von Klagenfurt sind Leistungen der technischen Beratung und Planung, die in die Kategorie 12 des Anhangs IA der Dienstleistungsrichtlinie fallen. Daher musste die Auftragsvergabe für diese Leistungen gemäß den Verfahren in den Abschnitten III, IV, V und VI der Richtlinie erfolgen.

    4. Die Vorschriften der Abschnitte I und II der Dienstleistungsrichtlinie sind unbedingt und hinreichend klar und genau, um vor den nationalen Gerichten unmittelbar geltend gemacht werden zu können. Die Vorschriften der Abschnitte III, IV, V und VI können von einem einzelnen vor einem nationalen Gericht geltend gemacht werden, soweit eine Prüfung der einzelnen Vorschriften ergibt, daß sie unbedingt und hinreichend genau und klar sind.

    (1) - ABl. L 395, S. 33.

    (2) - ABl. L 209, S. 1. Die Richtlinie 92/50/EWG wurde zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinie 92/50/EWG, 93/36/EWG und 93/37/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungs-, Liefer- und Bauaufträge, ABl. L 328, S. 1.

    (3) - Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 1994, C 241, S. 21).

    (4) - Das Bundesgesetz, ursprünglich veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 1993, Nr. 639, wurde später nach der Kodifizierung des Gebietes der öffentlichen Aufträge durch das Gesetz vom 27. Mai 1997 erneut veröffentlicht (Bundesgesetzblatt 1997, Nr. 56).

    (5) - LGBl. 1994, Nr. 55.

    (6) - LGBl. 1990, Nr. 104.

    (7) - Vgl. nachstehend Nr. 14.

    (8) - LGBl. 1997, Nr. 58.

    (9) - Rechtssache C-103/97, in der ich meine Schlussanträge in der Sitzung vom 24. September vorgetragen habe.

    (10) - Vgl. u. a. die Urteile vom 30. Juni 1966 in der Rechtssache 61/65 (Vaassen-Göbbels, Slg. 1966, 584), vom 11. Juni 1987 in der Rechtssache 14/86 (Pretore di Salò, Slg. 1987, 2545), vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 109/88 (Danfoß, Slg. 1989, 3199), vom 27. April 1994 in der Rechtssache C-393/92 (Almelo, Slg. 1994, I-1477), und vom 17. September 1997 in der Rechtssache C-54/96 (Dorsch Consult, Slg. 1997, I-4961).

    (11) - Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist auf eine Reihe von Gesichtspunkten abzustellen wie gesetzliche Grundlage der Einrichtung, ständiger Charakter, obligatorische Gerichtsbarkeit, streitiges Verfahren, Anwendung von Rechtsnormen durch diese Einrichtung sowie Stellung eines Dritten und Unabhängigkeit.

    (12) - Nach dieser Bestimmung sind die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern und der Verwaltungsgerichtshof in Wien zur Sicherung der Gesetzmässigkeit des Handelns der Verwaltung berufen. In dem anschließenden Artikel 129 a Absatz 1 werden die verschiedenen Zuständigkeiten der Senate aufgeführt, die sie nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzugs ausüben. Zu diesen gehört die Zuständigkeit, über Beschwerden von Personen zu erkennen, die behaupten, durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (Nr. 2), und die Zuständigkeit, in sonstigen Angelegenheiten, die ihnen durch die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetze zugewiesen werden, zu erkennen (Nr. 3).

    (13) - Der Gerichtshof hat es nach der Feststellung, daß das "Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens ... kein absolutes Kriterium dar[stellt]", in Randnr. 31 des genannten Urteils Dorsch Consult für ausreichend gehalten, daß die Verfahrensbeteiligten vor einer Entscheidung der Vergabeprüfstelle von dieser Stelle gehört werden.

    (14) - Vgl. II. Teil §§ 37 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. 1991, Nr. 51.

    (15) - Vgl. Nrn. 22 bis 31 meiner Schlussanträge.

    (16) - Schlussanträge (zitiert in Fußnote 9, Nrn. 34 bis 43), auf die wegen einer genaueren Untersuchung verwiesen wird.

    (17) - In meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Köllensperger habe ich in den in der vorstehenden Fußnote genannten Nummern Sinn und Zweck einer Bestimmung dargestellt, die sicherlich nicht durch besondere Klarheit hervorsticht.

    (18) - Urteil vom 24. September 1998 in der Rechtssache C-76/97, Slg. 1998, I-0000.

    (19) - Urteil Dorsch Consult, Randnr. 46, Urteil Tögel, Randnr. 28.

    (20) - Urteil Dorsch Consult, Randnr. 40, und Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, Nr. 47. Vgl. auch Urteil Tögel, Randnr. 22.

    (21) - Urteil Dorsch, Randnr. 41, Urteil Tögel, Randnr. 23.

    (22) - Hierzu ausführlicher nachstehend unter Nrn. 28 ff.

    (23) - Urteil Dorsch Consult, Randnr. 46, Urteil Tögel, Randnr. 28.

    (24) - Urteil Dorsch Consult, Randnr. 45, Urteil Tögel, Randnr. 27.

    (25) - Vgl. u. a. die Urteile vom 4. Dezember 1974 in der Rechtssache 41/74 (Van Duyn, Slg. 1974, 1337, Randnr. 12), vom 19. Januar 1982 in der Rechtssache 8/81 (Becker, Slg. 1982, 53, Randnr. 25) und vom 20. September 1988 in der Rechtssache 31/87 (Beentjes, Slg. 1988, 4635, Randnr. 40).

    (26) - Randnrn. 1 bis 47 des genannten Urteils. Vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalt Fennelly vom 2. April 1998, Nrn. 49 bis 57.

    (27) - Vgl. Randnr. 46 des Urteils Tögel und die Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly, Nr. 57.

    (28) - Urteil Tögel, Randnr. 46, und Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly, Nr. 57. Als Beispiel sei Artikel 21 der Richtlinie genannt, der den öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit einräumt, im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Hinweise auf die Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge zu veröffentlichen, die nicht der Veröffentlichungspflicht nach Artikel 15 ff. der Dienstleistungsrichtlinie unterliegen. Es ist klar, daß eine derartige Vorschrift keine unmittelbaren Wirkungen hat, da sie aufgrund ihrer Natur von einem einzelnen nicht unmittelbar vor Gericht geltend gemacht werden kann.

    (29) - Schlussanträge des Generalanwalts Fennelly, Nr. 57.

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