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Document 61996CC0347

Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 23. Oktober 1997.
Solred SA gegen Administración General del Estado.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Superior de Justicia de Madrid - Spanien.
Richtlinie 69/335/EWG - Abgabe auf ein Dokument, mit dem die Einbringung eines Teils des Kapitals beglaubigt wird.
Rechtssache C-347/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 I-00937

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1997:511

61996C0347

Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro vom 23. Oktober 1997. - Solred SA gegen Administración General del Estado. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal Superior de Justicia de Madrid - Spanien. - Richtlinie 69/335/EWG - Abgabe auf ein Dokument, mit dem die Einbringung eines Teils des Kapitals beglaubigt wird. - Rechtssache C-347/96.

Sammlung der Rechtsprechung 1998 Seite I-00937


Schlußanträge des Generalanwalts


1 Die drei Vorlagefragen der Kammer für Verwaltungsstreitigkeiten des Tribunal Superior de Justicia Madrid betreffen die Auslegung der Artikel 4, 5, 7 und 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital(1) (im folgenden: Richtlinie) in ihrer geänderten und ergänzten Fassung(2).

Konkret geht es in einem Streit zwischen der Kapitalgesellschaft Solred SA und der Administración General del Estado um die Frage, ob die Besteuerung der notariellen Urkunde über die Einbringung eines noch ausstehenden Teils des bei Gründung der Gesellschaft insgesamt gezeichneten Gesellschaftskapitals mit der Richtlinie vereinbar ist.

Rechtlicher Rahmen

2 Für die Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts erscheint es mir zweckmässig, die nationalen und die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Erinnerung zu rufen, die hier von Bedeutung sind.

Die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften

3 Gemäß Artikel 1 der Richtlinie erheben die Mitgliedstaaten eine gemäß den Artikeln 2 bis 9 harmonisierte Abgabe auf Kapitalzuführungen an Kapitalgesellschaften. Nach Artikel 4 unterliegen dieser Abgabe u. a. "die Gründung einer Kapitalgesellschaft" (Absatz 1 Buchstabe a) sowie "die Erhöhung des Kapitals einer Kapitalgesellschaft durch Einlagen jeder Art" (Absatz 1 Buchstabe c).

Gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a wird diese Abgabe bei Gründung einer Kapitalgesellschaft auf den tatsächlichen Wert der von den Gesellschaftern geleisteten oder zu leistenden Einlagen jeder Art abzueglich der Lasten und Verbindlichkeiten erhoben, die der Gesellschaft jeweils aus der Einlage erwachsen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung steht es den Mitgliedstaaten frei, die Steuer erst dann zu erheben, wenn die Einlagen tatsächlich geleistet werden(3).4 Artikel 10 lautet: "Abgesehen von der Gesellschaftsteuer erheben die Mitgliedstaaten von Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristischen Personen mit Erwerbszweck keinerlei andere Steuern oder Abgaben auf:

a) die in Artikel 4 genannten Vorgänge;

b) die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge;

c) die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck auf Grund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann." In Abweichung von diesen Bestimmungen können die Mitgliedstaaten jedoch "Abgaben mit Gebührencharakter" erheben (Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e).

Erwähnung verdient schließlich die achte und letzte Begründungserwägung der Richtlinie, wonach die "Beibehaltung anderer indirekter Steuern mit den gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer oder die Wertpapiersteuer ... die Zielsetzungen [gefährdet], die mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen verfolgt werden; infolgedessen ist die Aufhebung dieser Steuern erforderlich".

Die innerstaatlichen Rechtsvorschriften

5 Die innerstaatliche Regelung, die die spanischen Behörden im vorliegenden Fall für anwendbar halten, ergibt sich aus der Neufassung der "Ley del Impüsto sobre Transmisiones Patrimoniales y Actos Jurídicos Documentados" (Gesetz über die Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte), die durch das Real Decreto legislativo Nr. 3050 vom 30. Dezember 1980(4) erlassen wurde.

Artikel 1 Absatz 1 dieses Gesetzes bestimmt, daß die Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte eine indirekte Steuer ist, die auf entgeltliche vermögensrechtliche Übertragungen, gesellschaftsbezogene Vorgänge und beurkundete Rechtsakte erhoben wird. Nach Absatz 2 dieses Artikels kann jedoch für den gleichen Rechtsakt in keinem Fall Steuer für entgeltliche vermögensrechtliche Übertragung und Steuer für gesellschaftsbezogene Vorgänge festgesetzt werden. Hinzuzufügen ist, daß im vorliegenden Verfahren sowohl die Besteuerung gesellschaftsbezogener Vorgänge als auch diejenige der beurkundeten Rechtsakte in Betracht kommen.

6 Schließlich sieht Artikel 31 des Gesetzes im Titel III über die beurkundeten Rechtsakte vor: "Ur- und Abschriften der notariellen Schriftstücke und Urkunden, ebenso wie Zeugenaussagen, sind in jedem Fall je nach Wahl des zuständigen Beamten entweder auf Stempelpapier zu 50 PTA je Doppelblatt oder zu 25 PTA je Einzelblatt abzufassen. Einfache Abschriften unterliegen nicht der Steuer." (Absatz 1). Ferner heisst es: "Wenn notarielle Schriftstücke und Urkunden über eine wertmässig bestimmbare Menge oder einen wertmässig bestimmbaren Gegenstand Rechtsakte oder Verträge enthalten, die in das Eigentums- oder Handelsregister oder in das Register der gewerblichen Schutzrechte eingetragen werden können und nicht der Erbschafts- oder Schenkungssteuer oder den Steuern gemäß Artikel 1 Nummern 1 und 2 dieses Gesetzes unterliegen, ist auf die Erstausfertigung dieser Schriftstücke und Urkunden ausserdem eine Steuer von 0,5 % für diese Rechtsakte oder Verträge zu entrichten. Bei Protesturkunden ist die Steuer zum selben Satz mittels Steuermarken zu entrichten." (Absatz 2).

Sachverhalt und Vorlagefragen

7 Am 21. November 1990 wurde durch notarielle Urkunde die Aktiengesellschaft Solred mit einem Gesellschaftskapital von 300 Millionen PTA gegründet. Zu diesem Zeitpunkt wurden nur 60 % des Kapitals (180 Millionen PTA) eingezahlt. Am 28. November 1990 zahlte Solred an die Finanzverwaltung als Steuer auf vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte - Art der Steuer: "gesellschaftsbezogener Vorgang" - den Betrag von 3 Millionen PTA, was 1 % des Nominalwerts des Gesellschaftskapitals entsprach. Am 17. Januar 1991 wurden die noch ausstehenden 40 % des Kapitals (120 Millionen PTA) in die Gesellschaft formell eingebracht.

Am 7. Februar 1991 reichte die Klägerin des Ausgangsverfahrens bei der Steuerverwaltung einen Vordruck für die Selbstfestsetzung der Steuer für diesen zweiten Vorgang mit dem Hinweis ein, dieser unterliege nicht der Steuer, da bei der Gründung der Gesellschaft bereits die Steuer von 1 % auf das gesamte Gesellschaftskapital entrichtet worden sei.

8 Die Steuerverwaltung erhob jedoch eine Steuer zum Satz von 0,5 % auf den Betrag von 120 Millionen PTA. Ihrer Auffassung nach schloß nämlich die Entrichtung einer Steuer "für gesellschaftsbezogene Vorgänge" in Höhe von 1 % des Gesellschaftskapitals bei der Gründung der Gesellschaft die Erhebung der Steuer auf "beurkundete Rechtsakte" zum Satz von 0,5 % auf die notarielle Urkunde über die Zahlung des noch ausstehenden Teils des Gesellschaftskapitals nicht aus. Da Solred SA mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war, erhob sie beim Tribunal Económico Administrativo Regional Madrid eine Beschwerde, die durch Beschluß vom 13. Dezember 1993 zurückgewiesen wurde.

9 Gegen diesen Beschluß legte Solred Berufung beim Tribunal Superior de Justicia Madrid, Sala de lo Contencioso Administrativo, Sección Primera, ein. Dieses Gericht hat beschlossen, dem Gerichtshof folgende drei Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1. Ist nach zutreffender Auslegung der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 (in der später durch die Richtlinien 73/79 und 73/80, beide vom 9. April 1973, 74/553 vom 7. November 1974 und 85/303 vom 10. Juni 1985 geänderten Fassung), insbesondere ihrer Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a, 5 Absatz 1 Buchstabe a, 7 und 10 Buchstabe a, die Möglichkeit ausgeschlossen, nach der Erhebung einer Steuer gemäß den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auf die Gründung einer Aktiengesellschaft in Höhe eines Satzes von 1 %, der in jedem Fall auf den Nominalwert des Gesellschaftskapitals angewandt wird, auch wenn dieses noch nicht vollständig eingebracht ist, später eine Steuer zu erheben, die die Einzahlung des noch einzubringenden Teils des Kapitals mit einem Satz von 0,5 % belastet?

2. Gilt die Beschränkung des Artikels 10 der Richtlinie 69/335 auch dann, wenn die zweite Steuer zwar nicht speziell auf Kapitaleinlagen abzielt, sondern auf das Schriftstück, durch das diese in der vorgeschriebenen Form geleistet werden, und wenn diese Förmlichkeit nach dem innerstaatlichen Gesellschaftsrecht obligatorisch ist und deshalb ein Satz von 0,5 % auf die Höhe der in das Schriftstück aufgenommenen Einlage angewandt wird?

3. Klärung der unmittelbaren Wirkung der genannten Richtlinie 69/335 (mit den späteren Änderungen) und Hinweise auf ihre Auswirkung und ihren eventuellen Vorrang gegenüber innerstaatlichen Rechtsvorschriften, falls diese nicht im Einklang mit dieser Richtlinie ausgelegt werden können.

Zur ersten und zweiten Vorlagefrage

10 Mit seinen beiden ersten Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die vorerwähnten Bestimmungen der Richtlinie der Erhebung einer Steuer in Höhe von 0,5 % auf den nach der Gründung einer Kapitalgesellschaft eingebrachten Teil des Gesellschaftskapitals entgegenstehen, sofern bei dieser Gründung bereits eine Steuer in Höhe von 1 % auf den Nominalwert des vollständigen Gesellschaftskapitals erhoben worden war, also auch auf den noch nicht eingebrachten Teil des Kapitals.

11 Der Gerichtshof hat bereits Gelegenheit gehabt, die Ziele und den Inhalt der Richtlinie zu verdeutlichen. Insbesondere hat er in seinem Urteil in der Rechtssache Ponente Carni und Cispadana Costruzioni(5) darauf hingewiesen, daß die Richtlinie, wie aus den Begründungserwägungen hervorgehe, auf die Förderung eines freien Kapitalverkehrs abziele, der als wesentliche Voraussetzung für die Schaffung einer Wirtschaftsunion mit ähnlichen Eigenschaften wie ein Binnenmarkt anzusehen sei. Die Verfolgung dieses Zieles setze hinsichtlich der Steuern auf die Ansammlung von Kapital voraus, daß die bisher in den Mitgliedstaaten geltenden indirekten Steuern aufgehoben und durch eine innerhalb des Gemeinsamen Marktes nur einmal und in allen Mitgliedstaaten in gleicher Höhe erhobene Steuer ersetzt würden.

12 Wortlaut und Ziel der Richtlinie, wie sie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung umrissen hat, liefern einen ersten besonders wichtigen Anhaltspunkt für die Lösung der uns hier beschäftigenden Fragen: Die Bestimmungen der Richtlinie, insbesondere diejenigen, die den Mitgliedstaaten Verpflichtungen auferlegen, sind so weit wie möglich auszulegen. Dagegen sind die Ausnahmebestimmungen (Artikel 12) eng zu interpretieren. Das Erfordernis, der Richtlinie ihre praktische Wirksamkeit zu sichern, verlangt deshalb, daß jede unmittelbare oder mittelbare Besteuerung von unter die Richtlinie fallenden Rechtshandlungen im Licht der Bestimmungen der Richtlinie beurteilt werden muß.

13 Wie bereits erwähnt, ist Artikel 10 der Richtlinie von ausschlaggebender Bedeutung. Diese Vorschrift verbietet es den Mitgliedstaaten, abgesehen von der Gesellschaftsteuer irgendeine andere Steuer oder Abgabe zu erheben. Dies gilt für drei Arten von Vorgängen: erstens für die in Artikel 4 genannten (u. a. die Gründung der Gesellschaft), zweitens für die Einlagen, Darlehen oder Leistungen "im Rahmen" der in Artikel 4 genannten Vorgänge und drittens für die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehende "Eintragung" oder sonstige Formalität, der eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann.

14 Zusammen soll durch diese Vorschriften vermieden werden, daß mehrere Steuern, die nebeneinander bestehen und auf der gleichen Besteuerungsgrundlage erhoben werden, zu einer Steuerlast führen, die über dem in Artikel 7 der Richtlinie als Hoechstsatz vorgeschriebenen Satz von 1 % liegt. Anderenfalls würde die Harmonisierung der Steuern, die auf die Einbringung von Kapital erhoben werden, dadurch in Frage gestellt, daß die Mitgliedstaaten mittelbare Steuern beibehielten, die an ein und denselben Tatbestand anknüpfen.

15 Unbestreitbar bedeutet aber die Besteuerung der notariellen Urkunden (deren Berechtigung in der formellen Feststellung der Kapitaleinbringung liegt), daß die Einbringung des Gesellschaftskapitals, was den nach der Gründung eingezahlten Teil betrifft, faktisch mit einem Satz von 1,5 % belastet wird. Dem lässt sich auch nicht, wie die spanische Regierung meint, entgegenhalten, die Steuer treffe nicht die Einbringung als gesellschaftsbezogenen Vorgang, sondern den Rechtsakt, durch den sie verwirklicht wird. Die Richtlinie zielt, wie gesagt, nach ihrem Wortlaut gerade darauf ab, zu verhindern, daß das allgemeine Verbot des Artikels 10 einfach dadurch umgangen wird, daß die Steuer anders qualifiziert wird, die Merkmale aber die gleichen geblieben sind.

16 Meines Erachtens kann nicht in Zweifel gezogen werden, daß die im vorliegenden Verfahren streitige Steuer, auch wenn sie formell den Rechtsakt betrifft, durch den die Einbringung eines Teils des Kapitals formell festgestellt wird, tatsächlich anläßlich und wegen der für die Vervollständigung des Gesellschaftskapitals notwendigen Einbringung gefordert wird. Es handelt sich also um eine indirekte Steuer, die die gleichen Merkmale aufweist wie die auf die Kapitaleinbringung erhobene Steuer(6). Sie fällt daher grundsätzlich in den Anwendungsbereich von Artikel 10.

17 Zwar ist, wie die spanische Regierung vorgetragen hat, die Steuer, um deren Erhebung es im Ausgangsrechtsstreit geht, nicht so gestaltet, daß sie ausschließlich auf Rechtsakte angewandt würde, durch die eine Kapitaleinbringung förmlich festgestellt wird, sondern auf alle Rechtsakte, die einer von den nationalen Rechtsvorschriften verlangten äusseren Form genügen müssen. Wie die Kommission klargestellt hat, genügt dieser eine Umstand jedoch nicht, um die streitige Abgabe vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen, da ihre Zahlung nach spanischem Recht unter anderem bei Rechtsakten zwingend vorgeschrieben ist, durch die eine Kapitaleinbringung förmlich festgestellt wird. Es steht nämlich ausser Frage, daß die Abgabe vorliegend nicht erhoben worden wäre, wenn eine (wenn auch aufgeschobene) Kapitaleinbringung nicht stattgefunden hätte.

18 Wenn dies zutrifft, so ist die Rechtswidrigkeit der streitigen Steuer bereits in mehrerer Hinsicht offenkundig. Es ist nämlich nach meiner Meinung schwer vorstellbar, daß eine Steuer auf eine Kapitaleinbringung als unzulässig anzusehen ist, wenn sie bei Gründung der Gesellschaft erhoben wird, dagegen erlaubt sein soll, wenn sie später erhoben wird(7).

19 Letztlich belastet die in Rede stehende Steuer, sei es auch nur mittelbar, die Einbringung von Kapital in eine Kapitalgesellschaft. Jede andere Entscheidung würde den Mitgliedstaaten gestatten, die in der Richtlinie niedergelegten Verpflichtungen allzu leicht zu umgehen. Überdies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes, daß die Qualifizierung einer Steuer nicht aufgrund ihrer Bezeichnung im nationalen Recht vorzunehmen ist, sondern nach den objektiven Merkmalen, die sich aus dem Vorabentscheidungsersuchen und dem Akteninhalt ergeben(8).

20 Zu prüfen ist daher, ob die im Ausgangsrechtsstreit streitige Steuer in eine der oben genannten Kategorien des Artikels 10 fällt. Dieses Problem ist von Solred und der spanischen Regierung eingehend behandelt worden, während die Kommission sich darauf beschränkt hat, ganz allgemein die Unvereinbarkeit der streitigen Steuer mit Artikel 10 geltend zu machen. Lassen Sie mich gleich sagen, daß die Beantwortung der Frage nicht von vornherein feststeht; eine Auslegung der Vorschriften der Richtlinie in dem Sinne, daß deren praktische Wirksamkkeit gewährleistet ist, kann dabei jedoch hilfreich sein.

21 Die Klägerin des Ausgangsverfahrens vertritt im wesentlichen den Standpunkt, die Besteuerung beurkundeter Rechtsakte sei mit Artikel 10 Buchstabe c unvereinbar. Ihrer Auffassung nach liegen die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschrift vor. Erstens treffe die streitige Steuer eine der Ausübung der Tätigkeit vorangehende Formalität: Ohne die förmliche Feststellung der Einbringung des noch ausstehenden Kapitals sei die betroffene Gesellschaft nach spanischem Recht nicht in der Lage, bestimmte typische gesellschaftliche Tätigkeiten wie z. B. eine spätere Kapitalerhöhung vorzunehmen. Zweitens belaste die in Rede stehende Steuer die Gesellschaft insofern aufgrund ihrer Rechtsform, als nach spanischem Recht die formelle notarielle Beurkundung einer nach der Zeichnung erfolgenden Kapitaleinzahlung vorgeschrieben sei.

22 Dagegen vertritt die spanische Regierung die Meinung, daß keine der beiden Bedingungen für die Anwendung von Artikel 10 Buchstabe c erfuellt ist. Vor allem sei die Einzahlung der entsprechenden Beträge für die vorher nicht voll eingezahlten Aktien keine Voraussetzung für die Gründung der Gesellschaft, da das spanische Gesetz(9) in Durchführung von Artikel 9 der Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976(10) die Gründung von Aktiengesellschaften auch bei Einzahlung lediglich eines Viertels des Gesellschaftskapitals zulasse, wohingegen das Kapital vollständig gezeichnet sein müsse. Die spanische Regierung räumt jedoch ein, daß die Gesellschaft zwar vollständig errichtet sei, wenn die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen erfuellt seien, darunter die Einzahlung von mindestens einem Viertel des Gesellschaftskapitals, daß aber die Notwendigkeit bestehen bleibe, nachträglich den noch ausstehenden Teil des Kapitals einzubringen. Überdies bestreitet die spanische Regierung, daß es sich um Formalitäten handele, denen die Gesellschaft "aufgrund ihrer Rechtsform" unterworfen sei.

23 In Wahrheit ist Artikel 10 Buchstabe c sicherlich allgemeiner und umfassender formuliert, als die spanische Regierung meint. Er bezieht sich nämlich auf die einleitenden Formalitäten nicht im Hinblick auf die Gründung der Gesellschaft, sondern im Hinblick auf die "Ausübung einer Tätigkeit". Artikel 10 der Richtlinie untersagt also abgesehen von der harmonisierten Gesellschaftsteuer jede andere Steuer auf eine Formalität, die für die volle Entfaltung der typischen Tätigkeiten einer Kapitalgesellschaft wesentlich ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Besteuerung zeitlich an den Moment der Gründung oder Eintragung der Gesellschaft geknüpft ist oder ob sie später erfolgt. Entscheidend ist, daß sie eine Formalität trifft, die unerläßlich ist, damit die Gesellschaft ihre Tätigkeit vollständig entfalten kann.

24 Im vorliegenden Fall ist jedoch, auch wenn, wie gesagt, die auf registrierte Rechtsakte erhobene Steuer zwar formal auf den notariellen Akt zielt, tatsächlich hingegen einzig und allein die Einzahlung des noch ausstehenden Teils des Gesellschaftskapitals der Firma Solred belastet, die vollständige Einzahlung der Aktien durch die Kapitaleinbringung nicht als eine Formalität anzusehen, die der Ausübung der gesellschaftsbezogenen Tätigkeit vorangeht. Der in Artikel 10 Buchstabe c der Richtlinie verwendete Ausdruck "Ausübung einer Tätigkeit" ist offenkundig auf die Ausübung der gesellschaftsbezogenen Tätigkeiten im Sinne der Verfolgung des Gesellschaftszwecks zu beziehen. Daß es bei nicht vollständiger Einzahlung der Aktien nicht möglich ist, beispielsweise typische gesellschaftsbezogene Handlungen wie etwa spätere Erhöhungen des Gesellschaftskapitals vorzunehmen, ist daher ein Tatbestand, der nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 10 Buchstabe c fällt.

25 Dagegen ist die streitige Steuer unter einem anderen Gesichtspunkt mit Artikel 10 sicherlich unvereinbar. Es sei daran erinnert, daß die Buchstaben a und b dieser Vorschrift es den Mitgliedstaaten untersagen, nach der Erhebung der harmonisierten Gesellschaftsteuer weitere Steuern entweder auf "die in Artikel 4 genannten Vorgänge", zu denen die Gründung der Gesellschaft gehört, oder auf "die Einlagen, Darlehen oder Leistungen im Rahmen der in Artikel 4 genannten Vorgänge" zu erheben.

26 Die Einbringung des bei der Gründung noch nicht eingezahlten Kapitalteils ist im vorliegenden Fall nicht Voraussetzung für die Vollendung der Gründung, da, wie bereits dargelegt, die Kapitalgesellschaft mit der Einzahlung von (mindestens) einem Viertel des Kapitals vollständig errichtet ist. Die streitige Steuer ist daher nach meiner Ansicht nicht als eine der nach Artikel 10 Buchstabe a verbotenen Maßnahmen anzusehen. Dagegen meine ich, daß man, was Buchstabe b dieses Artikels angeht, zu einem anderen Ergebnis gelangen kann. In der Tat kann die Einbringung des gezeichneten, aber bisher nicht eingezahlten Gesellschaftskapitals, auch wenn sie nicht als "Gründung der Gesellschaft" im eigentlichen Sinne anzusehen ist, unter den Tatbestand der im Rahmen dieses Vorgangs erfolgten Einzahlungen subsumiert werden.

27 Dieser letztgenannte Tatbestand bezieht sich offensichtlich auf eine Gesamtheit von Vorgängen, die über die für die Gründung der Gesellschaft erforderlichen Vorgänge hinausgeht. Unter ihn können somit auch andere Tätigkeiten wie die spätere Einzahlung eines Teils des ursprünglich gezeichneten Gesellschaftskapitals fallen, die mit Sicherheit "im Rahmen" des Vorgangs "Gesellschaftsgründung" liegen, da sie den ursprünglichen Willen der Gesellschafter widerspiegeln und durchführen und technisch notwendig sind, damit die Kapitalgesellschaft alle ihre typischen Tätigkeiten entfalten kann. Anders ausgedrückt: Daß die vollständige Einzahlung des Gesellschaftskapitals keine notwendige Bedingung für die Gründung der Gesellschaft ist, besagt nicht, daß es sich um einen Vorgang handelte, der mit der Gründung selbst nichts zu tun hätte. Die vollständige Freigabe der Aktien als Folge der Einbringung des gesamten Gesellschaftskapitals ist sicherlich eine Tätigkeit, die im Rahmen des Vorgangs "Gründung der Gesellschaft" liegt.

28 Für diese Auslegung lässt sich eine bestimmte Passage des Worlauts von Artikel 5 der Richtlinie heranziehen. Wie erinnerlich, betrifft diese Vorschrift die Modalitäten der Steuerfestsetzung. Absatz 1 Buchstabe a über die Einlagen u. a. für die Gründung der Gesellschaft räumt den Mitgliedstaaten die Befugnis ein (von der die spanische Regierung keinen Gebrauch macht), die Steuer schrittweise nach Maßgabe der erfolgten Einzahlungen zu erheben. Es liegt auf der Hand, daß die Vorschrift damit auch etwaige spätere Einzahlungen erfassen will, die gerade "im Rahmen" der Gründung der Gesellschaft erfolgen. Wie kaum wiederholt zu werden braucht, ist es völlig unerheblich, daß die streitige Steuer auf die Urkunde zielt, mit der die Einbringung förmlich festgestellt wird, und nicht auf die Einbringung selbst: Hierzu ist bereits gesagt worden, daß die allgemeine Formulierung am Ende von Satz 1 von Artikel 10, wonach die Staaten "keinerlei andere Steuern oder Abgaben" erheben dürfen, jeden Zweifel in dieser Hinsicht beseitigt.

29 Nach alledem bin ich der Meinung, daß Artikel 10 der Richtlinie dahin auszulegen ist, daß er der Erhebung einer Steuer auf beurkundete Rechtsakte in Höhe von 0,5 % des nach der Gründung der Gesellschaft eingezahlten Kapitals entgegensteht, wenn bereits bei der Gründung eine Gesellschaftsteuer in Höhe von 1 % des gesamten Nominalwerts des Gesellschaftskapitals entrichtet worden war.

30 Obwohl der Vorlagebeschluß insoweit keinerlei Hinweise enthält, möchte ich weiterhin bemerken, daß die streitige Steuer in keinem Fall aufgrund der in Artikel 12 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen gerechtfertigt werden kann. Lediglich die Kommission hat sich hierzu geäussert und die Anwendung von Artikel 12 in unserem Fall ausgeschlossen. Im übrigen genügt die Feststellung, daß eine Steuer, die die spätere Einbringung eines Teils des Kapitals prozentual belastet, eine Abgabe allgemeiner Natur ist, der keine Gegenleistung der Verwaltung gegenübersteht(11). Dies ist dagegen offensichtlich bei der für den gleichen Vorgang geforderten Stempelsteuer der Fall.

Zur dritten Vorlagefrage

31 Mit seiner dritten Frage prüft das vorlegende Gericht die Möglichkeit, die streitige innerstaatliche Rechtsvorschrift richtlinienkonform auszulegen. In dem Verfahren vor dem Gerichtshof haben sowohl die Kommission als auch die Firma Solred vorgeschlagen, die Artikel 1 und 31 des spanischen Gesetzes so auszulegen, daß ihre Vereinbarkeit mit der Richtlinie gewährleistet ist. Solred hat zusätzlich ausgeführt, letztlich sei es gerade die Auslegung der innerstaatlichen Rechtsnormen durch die spanische Steuerverwaltung, die mit der Richtlinie unvereinbar sei.

32 Diese Auffassung geht vom Wortlaut von Artikel 31 des Gesetzes über vermögensrechtliche Übertragungen und beurkundete Rechtsakte aus. Wie erinnerlich, ist nach dieser Vorschrift die Steuer auf registrierte Rechtsakte nur dann zu entrichten, wenn es sich um Akte oder Verträge handelt, die nicht bereits den in Artikel 1 Absätze 1 und 2 des gleichen Gesetzes vorgesehenen Steuern unterliegen, unter die die gesellschaftsbezogenen Vorgänge fallen. Alles in allem können nach spanischem Recht Rechtsakte, die als gesellschaftsbezogene Vorgänge steuerpflichtig sind, nicht der Steuer auf beurkundete Rechtsakte unterworfen werden. Hiernach wäre es also auch nach dieser innerstaatlichen Regelung verboten, die Steuer auf die Kapitaleinbringung (als eines "gesellschaftsbezogenen Vorgangs") mit derjenigen zu kumulieren, die nach Artikel 31 Absatz 2 für die Registrierung der notariellen Beurkundung der Einzahlung des noch ausstehenden Teils des Kapitals geschuldet wird. Die Kommission gelangt, wenn auch mit grösster Vorsicht, insoweit zu dem gleichen Ergebnis, wenn sie bemerkt, bereits dem Wortlaut der beiden Vorschriften lasse sich entnehmen, daß die Einbringung des Gesellschaftskapitals der in Gründung befindlichen Gesellschaft nicht Gegenstand einer Steuer sein könne, die zusätzlich zu der Steuer für gesellschaftsbezogene Vorgänge erhoben wird, selbst wenn spätere Einlagen durch notariellen Akt förmlich festgestellt würden.

33 Nach meiner Meinung ist es nicht Aufgabe des Gerichtshofes, sich zur Auslegung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu äussern. Nach ständiger Rechtsprechung sind die nationalen Gerichte verpflichtet, das innerstaatliche Recht unter Berücksichtigung von Wortlaut und Zweck der maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Norm auszulegen(12). Nach der Klärung, was Artikel 10 Buchstabe c der Richtlinie inhaltlich bedeutet und was er nicht zulässt, ist es dann Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die innerstaatliche Rechtsvorschrift richtlinienkonform ausgelegt werden kann oder ob sie unangewandt bleiben muß, so daß die gemeinschaftsrechtliche Vorschrift in dem konkreten Fall ihre unmittelbaren Wirkungen entfalten kann.

34 Schließlich ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um "Klärung" der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie, ihrer Auswirkung und ihres eventuellen Vorrangs gegenüber der mit ihr unvereinbaren innerstaatlichen Rechtsvorschrift. Hierauf lässt sich meines Erachtens sehr kurz antworten. Die Vorschriften der Richtlinie, die den Mitgliedstaaten Verpflichtungen auferlegen, haben eine unmittelbare Wirkung auf Rechtsverhältnisse zwischen Privatpersonen und Behörden(13). Artikel 10 erfuellt meines Erachtens ohne Zweifel die Voraussetzungen (Klarheit, Genauigkeit, Unbedingtheit), von denen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Möglichkeit der einzelnen abhängt, sich vor den nationalen Gerichten unmittelbar auf die betreffende Rechtsnorm zu berufen. Dem Verbot anderer Steuern als der Gesellschaftsteuer enspricht das Recht des einzelnen, sich vor den nationalen Gerichten auf die in Rede stehende Regelung zu berufen, um sich gegen ihr widersprechende Steuerforderungen zu wehren.

35 Was den Vorrang der gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift vor den mit ihr unvereinbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften betrifft, so genügt es, den "klassischen" Passus des Urteils in der Rechtssache Simmenthal in Erinnerung zu rufen, wonach "das staatliche Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden hat, gehalten ist, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede - auch spätere - entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne daß es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste"(14).

Ergebnis

36 Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Tribunal Superior de Justicia Madrid wie folgt zu beantworten:

1. Artikel 10 der Richtlinie 69/335/EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital ist dahin auszulegen, daß er der Erhebung einer Steuer in Höhe von 0,5 % auf die Einbringung eines ausstehenden Teils des Gesamtkapitals entgegensteht, sofern bei Gründung der Gesellschaft die Gesellschaftsteuer auf das gesamte Gesellschaftskapital bereits vollständig zu dem nach der Richtlinie zulässigen Hoechstsatz entrichtet worden ist.

2. Artikel 10 der Richtlinie 69/335 ist hinreichend klar, genau und unbedingt, um von den einzelnen gegenüber den Behörden geltend gemacht und von den Gerichten anstelle der mit dieser Bestimmung unvereinbaren nationalen Rechtsvorschriften angewandt werden zu können.

(1) - ABl. L 249, S. 25.

(2) - Richtlinien 73/79/EWG und 73/80/EWG, beide vom 9. April 1973 (ABl. L 103, S. 13 bzw. S. 15); Richtlinie 74/553/EWG vom 7. November 1974 (ABl. L 303, S. 9); Richtlinie 85/303/EWG vom 10. Juni 1985 (ABl. L 156, S. 23).

(3) - Der nachfolgende Artikel 7 bestimmt: "Mit Ausnahme der in Artikel 9 genannten Vorgänge befreien die Mitgliedstaaten von der Gesellschaftsteuer die Vorgänge, die am 1. Juli 1984 steuerfrei waren oder einem Gesellschaftsteuersatz von 0,50 v. H. oder weniger unterlagen" (Absatz 1 Unterabsatz 1). "Für die Befreiung gelten die zu diesem Zeitpunkt anwendbaren Bedingungen für die Gewährung der Befreiung oder gegebenenfalls für die Anwendung eines Steuersatzes von 0,50 v. H. oder weniger" (Absatz 1 Unterabsatz 2). "Die Mitgliedstaaten können entweder alle anderen als die in Absatz 1 bezeichneten Vorgänge von der Gesellschaftsteuer befreien oder darauf die Steuer mit einem einheitlichen Satz von höchstens 1 v. H. erheben" (Absatz 2).

(4) - Die gegenwertige Fassung ist im Boletín Oficial del Estado vom 20. Oktober 1993 veröffentlicht.

(5) - Urteil vom 20. April 1993 in den verbundenen Rechtssachen C-71/91 und C-178/91 (Slg. 1993, I-1915); vgl. auch die Urteile vom 27. Juni 1979 in der Rechtssache 161/78 (Conradsen, Slg. 1979, 2221) und vom 11. Juni 1996 in der Rechtssache C-2/94 (Denkavit Internationaal u. a., Slg. 1996, I-2827).

(6) - Siehe Randnr. 29 des Urteils Ponente Carni und Cispadana Costruzioni (zitiert in Fußnote 5).

(7) - Der Sachverhalt unterscheidet sich nicht wesentlich von demjenigen, der dem Gerichtshof in seinem Urteil an der Rechtssache Ponente Carni (zitiert in Fußnote 5) die Feststellung erlaubt hat, daß die im italienischen Recht vorgesehene jährliche Registrierungsabgabe verboten ist, vgl. auch Randnr. 31 des Urteils: "Der Umstand, daß die Abgabe nicht nur bei der Eintragung der Gesellschaft fällig wird, sondern auch in jedem darauffolgenden Jahr, kann für sich allein nicht dazu führen, daß die Abgabe vom Verbot des Artikels 10 nicht erfasst wird ... [J]ede andere Auslegung würde Artikel 10 die Wirkung nehmen". Der einzige Unterschied zu dem vorliegenden Fall besteht darin, daß die Steuer hier nur wegen einer bestimmten Entscheidung der Kapitalgesellschaft erhoben wird, nämlich wegen des Beschlusses, die Einzahlung des Gesellschaftskapitals teilweise aufzuschieben. Wie mir scheint, bietet jedoch die Richtlinie weder ihrem Wortlaut noch ihren Zielen nach eine hinreichende Rechtfertigung für eine "Bestrafung" dieser Entscheidung, so wie dies die spanische Regierung behauptet.

(8) - Urteil vom 13. Februar 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-197/94 und C-252/94 (Bautiaa und Société française maritime, Slg. 1996, I-505).

(9) - Artikel 12 der neugefassten Ley de Sociedades Anónimas (BÖ Nr. 310 vom 27. Dezember).

(10) - ABl. L 26, S. 1.

(11) - Vgl. Randnrn. 33 ff. des Urteils Ponente Carni und Cispadana Costruzioni (zitiert in Fußnote 5). In seinem Urteil vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 36/86 (Dansk Sparinvest, Slg. 1988, 409) hat der Gerichtshof festgestellt, daß die Ausnahmen von dem Verbot der Erhebung anderer Steuern als der Gesellschaftsteuer in Artikel 12 erschöpfend aufgezählt sind.

(12) - Urteil vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-106/89 (Marleasing, Slg. 1990, I-4135).

(13) - Urteil vom 28. März 1990 in der Rechtssache C-38/88 (Siegen, Slg. 1990, I-1447).

(14) - Urteil vom 9. März 1978 in der Rechtssache 106/77 (Slg. 1978, 629).

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