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Document 61995CC0251

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 29. April 1997.
SABEL BV gegen Puma AG, Rudolf Dassler Sport.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof - Deutschland.
Richtlinie 89/104/EWG - Angleichung der Rechtsvorschriften über die Marken - Verwechslungsgefahr, die die Gefahr einer gedanklichen Verbindung einschließt.
Rechtssache C-251/95.

Sammlung der Rechtsprechung 1997 I-06191

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1997:221

SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

FRANCIS G. JACOBS

vom 29. April 1997 ( *1 )

1. 

In der vorliegenden Rechtssache möchte der Bundesgerichtshof (Deutschland) Auskunft über die Auslegung des Begriffes der „Verwechslung“ von Marken, der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (im folgenden: Markenrichtlinie oder nur: Richtlinie) ( 1 ) verwendet wird. Es ist das erste Mal, daß der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Richtlinie um die Auslegung dieses Begriffes gebeten wird ( 2 ), auch wenn er sich früher in beschränktem Umfang unter dem Gesichtspunkt der Artikel 30 und 36 des Vertrages mit der Frage der Verwechslung befaßt hat ( 3 ).

Sachverhalt und nationales Verfahren

2.

Die niederländische Inhaberin der IR-Marke 540894, die Sabèl BV, beantragte deren Eintragung in der Bundesrepublik Deutschland ( 4 ).

3.

Die in Rede stehende Marke umfaßt eine gefleckte Raubkatze, ihrem Aussehen nach zu urteilen, einen Gepard, der zur rechten Seite des Bildes rennt, und den darunter stehenden Namen „sabèl“:

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Die Sabèl BV beantragte die Eintragung dieser Marke für folgende Warenklassen:

„14

Articles de bijouterie, y compris boucles d'oreilles, chaînes, broches et épingles.

18

Cuir et imitations du cuir, produits en ces matières non compris dans d'autres classes; sacs et sacs à main.

25

Vêtements, y compris collants, chaussettes et bas, ceintures, écharpes, cravates et bretelles; chaussures; chapellerie.

26

Accessoires de mode non compris dans d'autres classes, tels que passementerie, barrettes, pinces à cheveux, épingles à cheveux et autres ornements semblables pour les cheveux.“

4.

Die Puma Aktiengesellschaft Rudolf Dassler Sport (im folgenden: Puma AG), die Inhaberin von zwei prioritätsälteren Bildzeichen ist, widersprach den Anträgen der Sabel BV. Bei ihrer Marke Nr. 1106066 handelt es sich ebenfalls um eine bildliche Darstellung einer Raubkatze, die zur rechten Seite des Bildes rennt, aber anders als bei der Marke der Sabel BV ist das Tier als Silhouette abgebildet, und es soll vermutlich nicht ein Gepard, sondern ein Puma sein. Ich werde dieses Bildzeichen als die Marke mit dem rennenden Puma bezeichnen.

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Diese Marke ist u. a. für Leder und Lederimitationen, Waren daraus (Taschen) und für Bekleidungsstücke eingetragen.

5.

Bei dem Bildzeichen Nr. 1093901, der anderen Marke der Puma AG, handelt es sich wiederum um eine bildliche Darstellung einer Raubkatze, die aber springt statt rennt und sich zur linken statt zur rechten Seite des Bildes bewegt. Auch diese Raubkatze ist als Silhouette abgebildet, und sie soll vermutlich ebenfalls einen Puma darstellen. Ich werde dieses Bildzeichen als die Marke mit dem springenden Puma bezeichnen. Sie ist u. a. für Juwelierwaren und Schmuckwaren eingetragen:

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6.

Die Prüfungsstelle für Klasse 18 IR des Deutschen Patentamts verneinte die zeichenrechtliche Übereinstimmung zwischen der Marke der Sabèl BV und den Marken der Puma AG und wies die Widersprüche der Puma AG zurück. Dagegen legte die Puma AG beim Bundespatentgericht Beschwerde ein. Diese Beschwerde wurde zurückgewiesen, soweit die Puma AG ihren Widerspruch auf die Marke mit dem springenden Puma gestützt hatte. Dem auf die Marke mit dem rennenden Puma gestützten Widerspruch gab das Bundespatentgericht teilweise statt. Es hielt die zeichenrechtliche Übereinstimmung der Marke der Sabèl BV mit der Marke mit dem rennenden Puma hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klassen 18 und 25 für gegeben, die es als gleich oder gleichartig mit Waren aus dem Warenverzeichnis der Marke mit dem rennenden Puma ansah. Gegen diese teilweise Versagung des Schutzes ihrer Marke für die Bundesrepublik Deutschland legte die Sabèl BV beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde ein.

7.

Die Richtlinie wurde in Deutschland durch das Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen vom 25. Oktober 1994 ( 5 ) umgesetzt, das am 1. Januar 1995 in Kraft trat. § 9 Absatz 1 Nr. 2 des deutschen Gesetzes lehnt sich eng an den Wortlaut von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie an: Nach dieser Vorschrift kann einer Marke der Schutz in Deutschland versagt werden, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer älteren Marke und wegen der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren die Gefahr von Verwechslungen besteht, wobei die Gefahr eingeschlossen ist, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden (das deutsche Gesetz spricht wie die deutsche Fassung der Richtlinie von einer „Gefahr von Verwechslungen“, während in der englischen Fassung der Richtlinie der Begriff „likelihood of confusion“ verwendet wird).

8.

Der Bundesgerichtshof hält eine zeichenrechtliche Verwechslungsgefahr hinsichtlich des Zeichens der Sabel BV und der beiden Marken der Puma AG nicht für gegeben. Er legt die Prinzipien dar, die dieser Schlußfolgerung zugrunde liegen. Es handelt sich im wesentlichen um folgende Grundsätze.

Gesamteindruck

9.

Der Bundesgerichtshof vertritt die Auffassung, daß auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen sei; es sei deshalb nicht zulässig, aus der angegriffenen Bezeichnung ein Element herauszulösen und dessen Übereinstimmung mit dem Klagezeichen festzustellen, auch wenn einem einzelnen Bestandteil eines Zeichens eine besondere, das Gesamtzeichen prägende „Kennzeichnungskraft“ zugemessen werden könne.

10.

Nach Prüfung der Begründung des Bundespatentgerichts kommt der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis, daß es nicht zu beanstanden sei, daß das Bundespatentgericht die Rolle des Bildes in der Marke der Sabel BV hervorgehoben und dem Wortbestandteil der Marke der Sabèl BV eine eher untergeordnete Bedeutung beigemessen habe.

Kennzeichnungskraft

11.

Ein zweiter Grundsatz, von dem der Bundesgerichtshof ausgeht, betrifft die „Kennzeichnungskraft“ des geschützten Zeichens. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs kann einem Zeichen entweder von Hause aus (dabei denkt er vermutlich an die Originalität von erfundenen Namen) oder kraft Verkehrsgeltung „Kennzeichnungskraft“ zukommen. Je größer sich die „Kennzeichnungskraft“ eines Zeichens darstelle, um so größer sei die Verwechslungsgefahr; aus der Bekanntheit eines Zeichens könne nicht abgeleitet werden, daß abgewandelte Zeichen davon eher unterschieden werden könnten. Der Bundesgerichtshof betont jedoch, daß sich die Frage, ob einem prioritätsälteren Zeichen eine besondere „Kennzeichnungskraft“ zukomme, im vorliegenden Fall mangels eines entsprechenden Vorbringens nicht stelle. Damit meint er wahrscheinlich, daß nicht vorgetragen worden sei, daß die Marke der Puma AG mit der rennenden Raubkatze besonders bekannt sei oder daß es sich bei dem rennenden Puma um ein erfundenes Bild handele.

Beschreibende Zeichen

12.

Schließlich führt der Bundesgerichtshof aus, daß strenge Anforderungen an die Verwechslungsgefahr im kennzeichenrechtlich relevanten Sinne zu stellen seien, wenn die Bestandteile eines Zeichens im wesentlichen beschreibender Art seien und wenig verfremdende Phantasie aufwiesen. Dieser Grundsatz gelte sowohl für Wortbildungen als auch für Abbildungen der Natur. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei wiederholt ausgesprochen worden, daß der Verkehr bei der Begegnung mit einem Zeichen, dem ein sehr allgemeiner Sinngehalt zugrunde liege, im Regelfall keinen Anlaß sehe, sich den Sinngehalt als betrieblichen Herkunftshinweis zu merken.

13.

Der Bundesgerichtshof führt aus, daß es sich bei der zeichnerischen Darstellung der rennenden Raubkatze um ein Motiv handele, das der Natur entnommen sei, und daß diese Darstellung die für solche Tiere typische Bewegung wiedergebe. Die Besonderheiten der Darstellung der rennenden Raubkatze im Zeichen der Puma AG, beispielsweise deren Darstellung in einem Schattenbild, deren Übernahme die kennzeichenrechtliche Ähnlichkeit begründen könnte, seien bei der Marke der Sabèl BV nicht anzutreffen. Deshalb könne die sinngemäße Übereinstimmung des Zeichenbestandteils der Marke der Sabèl BV und der Marke der Puma AG als rennende Raubkatze zur Begründung einer zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr nicht herangezogen werden.

14.

Da der Bundesgerichtshof aber „eine einheitliche Auslegung der [in der Richtlinie] genannten Begriffe der Ähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr“ für geboten hält, hat er dem Gerichtshof folgende Frage nach der Auslegung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie vorgelegt:

Genügt es zur Bejahung der Gefahr der Verwechslung eines aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichens mit einem für gleiche und ähnliche Waren lediglich als Bild eingetragenen Zeichen, das keine besondere Verkehrsbekanntheit genießt, daß die beiden Bilder in ihrem Sinngehalt (hier: springende Raubkatze) übereinstimmen?

Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem Wortlaut der Richtlinie zu, wonach die Verwechslungsgefahr die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird?

15.

Erklärungen sind von der Puma AG, der französischen Regierung, der niederländischen Regierung, der Regierung des Vereinigten Königreichs und der Kommission eingereicht worden. In der mündlichen Verhandlung waren die Sabèl BV, die belgische, die französische und die luxemburgische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission vertreten.

Die Bestimmungen der Richtlinie

16.

Die Markenrichtlinie wurde auf der Grundlage von Artikel 100a des Vertrages erlassen. Mit ihr wurde nicht das Ziel verfolgt, „die Markenrechte der Mitgliedstaaten vollständig anzugleichen“, sondern nur das Ziel, „diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften ... [anzugleichen], die sich am unmittelbarsten auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken“ (dritte Begründungserwägung).

17.

Nach der sechsten Begründungserwägung „schließt [die Richtlinie] nicht aus, daß auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden“.

18.

Die zehnte Begründungserwägung hat folgenden Wortlaut:

„Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist absolut im Falle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder Dienstleistungen. Der Schutz erstreckt sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen. Es ist unbedingt erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr stellt die spezifische Voraussetzung für den Schutz dar; ob sie vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bestimmungen über die Art und Weise der Feststellung der Verwechslungsgefahr, insbesondere über die Beweislast, sind Sache nationaler Verfahrensregeln, die von der Richtlinie nicht berührt werden.“

19.

In der letzten Begründungserwägung wird ausgeführt, daß „alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums gebunden sind“ und daß „es erforderlich [ist], daß sich die Vorschriften dieser Richtlinie mit denen der erwähnten Pariser Verbandsübereinkunft in vollständiger Übereinstimmung befinden“. Weiter wird dort festgestellt, daß die „Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die sich aus dieser Übereinkunft ergeben, ... durch diese Richtlinie nicht berührt [werden]“ und daß „[g]egebenenfalls ... Artikel 234 Absatz 2 des Vertrages Anwendung [findet]“.

20.

Artikel 1 der Richtlinie bestimmt, daß die Richtlinie „auf Individual-, Kollektiv-, Garantie- und Gewährleistungsmarken für Waren oder Dienstleistungen Anwendung [findet], die in einem Mitgliedstaat oder beim Benelux-Markenamt eingetragen oder angemeldet oder mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registriert worden sind“.

21.

Artikel 2 der Richtlinie bestimmt:

„Marken können alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

22.

Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie lautet folgendermaßen:

„Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung,

a)

wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet oder eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt;

b)

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

23.

Der Begriff „ältere Marken“ wird in Artikel 4 Absatz 2 definiert.

24.

Artikel 4 Absatz 3 bestimmt:

„Eine Marke ist auch dann von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung, wenn sie mit einer älteren Gemeinschaftsmarke im Sinne des Absatzes 2 identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll oder eingetragen worden ist, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, falls diese ältere Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft bekannt ist und die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“

25.

Artikel 4 Absatz 4 enthält eine ähnliche Regelung für nationale Marken (im Gegensatz zu Gemeinschaftsmarken), die in einem Mitgliedstaat bekannt sind; der Unterschied liegt nur darin, daß die Mitgliedstaaten hinsichtlich des Erlasses solcher Vorschriften über ein Ermessen verfügen.

26.

Durch Artikel 5 werden die Rechte aus der Marke bestimmt:

„(1)

Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)

ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)

ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, daß das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)

Die Mitgliedstaaten können ferner bestimmen, daß es dem Inhaber gestattet ist, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke eingetragen ist, wenn diese in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wert-Schätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

...

(5)

Die Absätze 1 bis 4 berühren nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“

27.

Bestimmungen, die mit denen der Artikel 4 Absatz 1 und 5 Absatz 1 praktisch identisch sind, enthält die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (im folgenden: Gemeinschaftsmarkenverordnung oder nur: Verordnung) ( 6 ). Diese Verordnung soll es den Wirtschaftsteilnehmern ermöglichen, eine einzige „Gemeinschaftsmarke“ anzumelden, die in der gesamten Gemeinschaft gültig ist ( 7 ). Anmeldungen sind beim Markenamt der Gemeinschaft (im folgenden: Amt) ( 8 ) einzureichen.

28.

In Artikel 8 der Verordnung heißt es:

„(1)

Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

a)

wenn sie mit der älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt;

b)

wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

....

(5)

Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke im Sinne des Absatzes 2 ist die angemeldete Marke auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Gemeinschaftsmarke um eine in der Gemeinschaft bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.“

29.

Der Begriff „ältere Marke“ wird in Artikel 8 Absatz 2 definiert.

30.

Artikel 52 Absatz 1 bestimmt, daß die Gemeinschaftsmarke auf Antrag beim Amt oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren u. a. dann für nichtig erklärt wird, „wenn eine in Artikel 8 Absatz 2 genannte ältere Marke besteht und die Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 oder Absatz 5 erfüllt sind“.

Bisherige Rechtsprechung

31.

Wie ich eingangs erwähnt habe, hat sich der Gerichtshof früher, vor dem Inkrafttreten der Markenrichtlinie, unter dem Gesichtspunkt der Artikel 30 und 36 des Vertrages mit der Frage der Verwechslung im zeichenrechtlichen Sinne befaßt. Daß die Verwechslung von Warenzeichen prinzipiell einen Grund darstellt, der gegen die Einfuhr von Waren geltend gemacht werden kann, wurde zuerst in der Rechtssache Terrapin ( 9 ) dargelegt und in den Rechtssachen „Hag II“ ( 10 ), Deutsche Renault ( 11 ) und Ideal Standard ( 12 ) bestätigt. In der Rechtssache Deutsche Renault hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, daß der spezifische Gegenstand des Warenzeichenrechts darin besteht, daß der Warenzeicheninhaber gegen die Gefahr von Verwechslungen geschützt wird, mittels deren Dritte widerrechtlich aus dem Ruf der Waren des Zeicheninhabers Vorteile ziehen könnten. Der Gerichtshof hat festgestellt, daß die Kriterien dafür, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, zu den Modalitäten des Schutzes des Warenzeichenrechts gehören, die sich zur damaligen Zeit vorbehaltlich des zweiten Satzes von Artikel 36 nach nationalem Recht bestimmten, und daß das Gemeinschaftsrecht eine enge Auslegung des Begriffes der Verwechslungsgefahr nicht gebietet. Diese Ausführungen wurden später in der Rechtssache Ideal Standard zitiert, in der der Gerichtshof (in Randnr. 19) hervorgehoben hat, daß Artikel 36 Satz 2 es den nationalen Gerichten insbesondere untersagt, die Ähnlichkeit von Erzeugnissen in einer Weise zu beurteilen, die zu einer willkürlichen Diskriminierung oder einer verschleierten Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten führen würde. Auch wenn die Entscheidungen in diesen Rechtssachen auf der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Markenrichtlinie basierten, können sie, wie ich später erläutern werde, bei der Prüfung der vorliegenden Rechtssache von gewissem Nutzen sein.

32.

Es ist auch auf die Feststellungen des Gerichtshofes in früheren Rechtssachen hingewiesen worden, wonach ein Warenzeichen als Herkunftsgarantie dient. Die Sabèl BV und das Vereinigte Königreich berufen sich auf diese Feststellungen zur Stützung ihres Vorbringens, daß der Zeichenschutz nicht weiter reichen könne, als es zum Schutz dieser Funktion erforderlich sei. Meiner Auffassung nach hat dieses Argument einige Überzeugungskraft. Zwar hat der Gerichtshof im allgemeinen deutlich gemacht, daß er nicht danach strebt, den Zweck des Zeichenschutzes abschließend zu definieren. So hat er in der Rechtssache Hoffmann-La Roche ( 13 ) die Garantie der Ursprungsidentität des gekennzeichneten Erzeugnisses als die „Hauptfunktion“ eines Warenzeichens bezeichnet (diese Formulierung spiegelt sich in der zehnten Begründungserwägung der Richtlinie wider, wonach es Zweck des Markenschutzes ist, „insbesondere“ die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten ( 14 )). Der Gerichtshof hat auch, wie ich erwähnt; habe, festgestellt, daß der „spezifische Gegenstand“ des Markenrechts „insbesondere darin [besteht], daß der Inhaber durch das ausschließliche Recht, die Marke beim erstmaligen Inverkehrbringen einer Ware zu nutzen, Schutz vor Konkurrenten erlangt, die unter Mißbrauch der aufgrund der Marke erworbenen Stellung und Kreditwürdigkeit widerrechtlich mit der Marke versehene Waren veräußern“ ( 15 ). Zudem kann angenommen werden, daß der Gerichtshof mit seiner Feststellung in der Rechtssache Bristol-Myers Squibb ( 16 ), daß dem Markeninhaber das Recht zusteht, sich dem Umpacken zu widersetzen, wenn die neue Verpackung schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist und seinem Ruf schaden könnte, anerkannt hat, daß das Markenrecht andere Interessen als nur das Recht schützen kann, eine Verwechslung hinsichtlich der Herkunft eines Erzeugnisses zu verhindern (mit dieser Frage befasse ich mich in meinen Schlußanträgen in der Rechtssache Dior/Evora ( 17 )). Dennoch kann der Umstand, daß der Gerichtshof der Verwechslung im allgemeinen großes Gewicht beimißt, von Bedeutung sein, und zwar auch für die Auslegung der Richtlinie.

Die Vorlagefrage

33.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs liegt die Schwierigkeit in dieser Rechtssache in der Frage, ob die rein assoziative gedankliche Verbindung, die der Verkehr über das Bild der rennenden Raubkatze mit beiden Bezeichnungen herstelle, es rechtfertigen könne, der IR-Marke 540894 den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland für die gleichen Waren der Klasse 18 und für die — nach der Beurteilung des Bundespatentgerichts — ähnlichen Waren der Klasse 25 zu versagen. Diese Schwierigkeit sei insbesondere auf die nicht eindeutige Wortwahl von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Markenrichtlinie zurückzuführen, wonach die Verwechslungsgefahr die Gefahr einschließe, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht werde.

34.

Ich werde mich demgemäß zunächst mit dem zweiten Teil der Frage des Bundesgerichtshofs befassen, in dem die allgemeine Frage nach der Bedeutung von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Markenrichtlinie aufgeworfen wird, soweit dort eine für das Publikum bestehende „Gefahr von Verwechslungen“ erwähnt wird, „die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“. Dies wird bei der Prüfung des ersten Teils der Frage von Nutzen sein, der im wesentlichen dahin geht, ob eine Verwechslung deshalb bejaht werden kann, weil der gleiche Gedanke durch zwei Bildmarken (von denen eine auch einen Wortbestandteil umfaßt) zum Ausdruck gebracht wird.

Der Begriff der „gedanklichen Verbindung“ im Benelux-Recht

35.

Warum dieser Satz zu Problemen geführt hat, läßt sich nur begreifen, wenn man die unterschiedlichen Konzeptionen versteht, von denen die Benelux-Staaten einerseits und die meisten anderen Mitgliedstaaten andererseits hinsichtlich des Markenschutzes ausgehen. Es besteht Einigkeit darüber, daß die in der Richtlinie enthaltenen Verweisungen auf die Gefahr einer gedanklichen Verbindung auf das Benelux-Recht zurückgehen. Nach dem Einheitlichen Benelux-Gesetz über Warenzeichen (im folgenden: Benelux-Gesetz) ( 18 ) konnte der Inhaber eines Warenzeichens, jedenfalls vor der Umsetzung der Richtlinie, jede Verwendung eines Warenzeichens, das mit seinem eigenen eingetragenen Warenzeichen identisch oder diesem ähnlich war, in bezug auf die gleichen oder ähnliche Waren verhindern ( 19 ). Die Ähnlichkeit der Warenzeichen war somit ausreichend; im Gegensatz zur Rechtslage in anderen Mitgliedstaaten verlangte das Benelux-Gesetz keine Verwechslungsgefahr. Auch enthielt es keine ausdrückliche Verweisung auf die Gefahr einer gedanklichen Verbindung. Dieser Begriff wurde vom Benelux-Gerichtshof im Jahr 1983 in der Rechtssache „Union/Union Soleure“ ( 20 ) eingeführt. Der Benelux-Gerichtshof hat dort entschieden, daß eine Ähnlichkeit zwischen einer Marke und einem Zeichen vorliege, wenn — unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles und insbesondere der Unterscheidungskraft der Marke — die Marke und das Zeichen, für sich und in ihren wechselseitigen Beziehungen betrachtet, einander phonetisch, optisch oder begrifflich so sehr gleichen, daß eine gedankliche Verbindung zwischen dem Zeichen und der Marke hervorgerufen werden könne. Der Benelux-Gerichtshof ist nicht der Auffassung seines Generalanwalts gefolgt, daß eine Verwechslung hinsichtlich der Herkunft des Erzeugnisses vorliegen müsse.

36.

Der Begriff der Verwechslung wird auch nicht in dem Benelux-Gesetz zur Durchfüh rung der Richtlinie erwähnt. Durch ein Protokoll vom 2. Dezember 1992 (das am 1. Januar 1996 in Kraft trat) wurde Artikel 13A Absatz 1 des Benelux-Gesetzes dahin geändert, daß das ausschließliche Recht aus einer Marke es dem Inhaber gestattet, jeder kommerziellen Benutzung der Marke oder eines ähnlichen Zeichens in bezug auf die Erzeugnisse, für die die Marke eingetragen ist, oder ähnliche Erzeugnisse entgegenzutreten, wenn für das Publikum die „Gefahr einer gedanklichen Verbindung“ zwischen dem Zeichen und der Marke besteht.

37.

Doch ist die Kluft zwischen dem Benelux-Gesetz und den Rechtsvorschriften der anderen Mitgliedstaaten vielleicht nicht so groß, wie dies erscheinen mag. Nach Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs bestehen nämlich in der Praxis wenig Unterschiede zwischen dem im Benelux-Gesetz verwendeten Begriff der gedanklichen Verbindung und dem in den anderen Mitgliedstaaten verwendeten Begriff der Verwechslung, da der letztgenannte Begriff sehr weit ausgelegt werde.

38.

Zwar erfaßt der in Mitgliedstaaten wie Deutschland und Österreich verwendete Begriff der Verwechslung nicht nur die Verwechslung im engen Sinne, d. h. die irrige Annahme, daß die fraglichen Waren vom selben Unternehmen stammen, sondern auch die Verwechslung im weiten Sinne, d. h. die irrige Annahme, daß eine organisatorische oder wirtschaftliche Verbindung zwischen den Unternehmen besteht, die die beiden Erzeugnisse vertreiben. Dennoch teile ich nicht die Auffassung der Regierung des Vereinigten Königreichs, wonach in der Praxis wenig Unterschiede zwischen dem Markenschutz nach dem Benelux-Gesetz und dem Markenschutz nach dem Recht der anderen Mitgliedstaaten bestehen. Auch eine Verwechslung in dem oben beschriebenen weiten Sinne setzt eine Verwechslung hinsichtlich der Herkunft der Erzeugnisse voraus. Offensichtlich geht das Benelux-Gesetz weiter als die Markengesetze der anderen Mitgliedstaaten, weil es Markeninhaber vor der Verwendung identischer oder ähnlicher Zeichen bei einer Sachlage schützt, bei der sich der Verbraucher keineswegs im unklaren über die Herkunft des Erzeugnisses befindet, und somit auch einen Schutz gegen Schäden vorsieht, die durch die sogenannte Verwässerung und Beeinträchtigung von Marken verursacht werden. Diese Begriffe werden durch die Entscheidung des Benelux-Gerichtshofes in der Rechtssache Claeryn und Klarein ( 21 ), auf die die niederländische, die belgische und die luxemburgische Regierung hingewiesen haben, gut veranschaulicht. Nach Artikel 13A Absatz 1 zweiter Gedankenstrich des Benelux-Gesetzes in der damals geltenden Fassung war ein Markeninhaber berechtigt, der Verwendung der Marke oder eines ähnlichen Zeichens entgegenzutreten, wenn Umstände vorlagen, die der Marke auf gewerblichem Gebiet und ohne rechtfertigenden Grund schaden konnten. Die Rechtssache betraf die Marke „Claeryn“ für einen niederländischen Gin und die Bezeichnung „Klarein“ für ein flüssiges Reinigungsmittel, die im Niederländischen offenbar gleich ausgesprochen werden.

39.

In dieser Rechtssache hat der Benelux-Gerichtshof die Ansicht vertreten, daß einer der Vorteile einer Marke die Möglichkeit sei, den Wunsch, die Art von Waren zu kaufen, für die die Marke eingetragen ist, zu stimulieren, und daß diese Möglichkeit durch die Verwendung der Marke oder eines ähnlichen Zeichens für Waren anderer Art beeinträchtigt werden könne. Dazu könne es in zwei unterschiedlichen Situationen kommen: Wenn die Minderung der Unterscheidungskraft der Marke bedeute, daß sie nicht mehr eine unmittelbare gedankliche Verbindung mit den Waren hervorrufen könne, für die sie eingetragen sei und verwendet werde (dies ist wahrscheinlich mit dem Begriff der „Verwässerung“ von Marken gemeint), oder wenn die Waren, für die die kollidierende Marke verwendet werde, auf die Öffentlichkeit in einer solchen Weise wirkten, daß die Anziehungskraft der Marke in Mitleidenschaft gezogen werde (dies ist wahrscheinlich mit dem Begriff der „Beeinträchtigung“ von Marken gemeint). Da der Benelux-Gerichtshof der Auffassung war, daß die Ähnlichkeit der beiden Marken die Verbraucher veranlassen könnte, beim Trinken von „Claeryn“-Gin an ein Reinigungsmittel zu denken, entschied er, daß die Marke „Klarem“ die Marke „Claeryn“ verletze, obwohl er nicht davon ausging, daß die Verbraucher annehmen könnten, daß die Erzeugnisse von derselben Gesellschaft oder miteinander verbundenen Gesellschaften stammten. Ich werde diese Art von gedanklicher Verbindung, die keine Verwechslung hinsichtlich der Herkunft einschließt, im folgenden als „nicht herkunftsbezogene gedankliche Verbindung“ ( 22 ), bezeichnen.

40.

Ein weiteres Beispiel ist die von der belgischen Regierung in der mündlichen Verhandlung angeführte Rechtssache, die die Marken „Monopoly“ und „Anti-Monopoly“ betraf ( 23 ). In dieser Rechtssache gestattete es der Hoge Raad der Nederlanden dem Inhaber der Marke „Monopoly“ für das bekannte Brettspiel, der Verwendung des Zeichens „Anti-Monopoly“ für ein Spiel entgegenzutreten, das in bewußtem Gegensatz zu Monopoly antikapitalistisch war. Diese Rechtssache ist als Beispiel für eine Situation herangezogen worden, in der keine Verwechslungsgefahr bestand, weil eine Marke die Umkehrung, in Wirklichkeit die Verneinung, der anderen war — obwohl darauf hinzuweisen ist, daß in diesem niederländischen Verfahren das Gericht im Rahmen der Beweisaufnahme tatsächlich festgestellt hat, daß es bei einem erheblichen Teil des Publikums zu einer Verwechslung hinsichtlich der beiden Marken kommen würde ( 24 ).

41.

Somit hat ein Markeninhaber nach dem Benelux-Recht mit seinem Begriff der „gedanklichen Verbindung“ das Recht, sich der Verwendung von Zeichen zu widersetzen, die seine Marke „in Erinnerung rufen“, auch wenn nicht die Gefahr besteht, daß die Verbraucher irgendeine Verbindung zwischen dem mit dem konkurrierenden Zeichen versehenen Erzeugnis und dem Markeninhaber annehmen.

Die Entstehungsgeschichte der Richtlinie

42.

Die Benelux-Staaten tragen vor, daß man mit der Richtlinie die Absicht verfolgt habe, ihren Begriff der „gedanklichen Verbindung“ in das gemeinschaftliche Markenrecht zu übernehmen; dafür hätten sie sich in den Beratungen ausgesprochen, die dem Erlaß der Richtlinie vorausgegangen seien. Sie legen die Entstehungsgeschichte der Richtlinie dar und verweisen auf eine angeblich in das unveröffentlichte Ratsprotokoll aufgenommene Erklärung, wonach „der Rat und die Kommission ... zur Kenntnis [nehmen], daß es sich bei der ‚Gefahr der gedanklichen Verbindung‘ um einen Begriff handelt, der insbesondere in der Rechtsprechung der Benelux-Staaten entwickelt worden ist“. In einem Artikel von zwei Mitgliedern der an der Beratung der Richtlinie beteiligten Benelux-Delegation ( 25 ) werden die Erörterungen dargestellt, die hinsichtlich der Verwendung des Begriffes „gedankliche Verbindung“ stattgefunden haben. Gegen Ende dieses Artikels führen sie aus:

„Anfangs hatten die Niederlande versucht, den Text von Artikel 13 A Absatz 1 des Benelux-Gesetzes über Warenzeichen ohne Änderungen in eine fakultative Bestimmung aufzunehmen. Da dies nicht gelang, bemühte man sich um die Zustimmung zu einer Lösung, nach der der vom Benelux-Gerichtshof entwickelte Begriff der ‚Gefahr einer gedanklichen Verbindung‘ eine Alternative zur ‚Verwechslungsgefahr‘ darstellen sollte. Als sich auch für diese Option keine Unterstützung gewinnen ließ, akzeptierten die Benelux-Staaten schließlich in Anbetracht der endgültigen Fassung der Präambel und der Erklärung im Ratsprotokoll ... und auch in Anbetracht der in anderen Fragen erzielten Ergebnisse den endgültigen Kompromißvorschlag der anderen Staaten für Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b des Richtlinienentwurfs: ‚wenn ... für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird‘.“

43.

Diese Darstellung stimmt mit der Erläuterung für die Aufnahme dieses Begriffes überein, die die französische Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs in ihren schriftlichen Erklärungen gegeben haben. Meiner Auffassung nach sind aber, selbst wenn die Entstehungsgeschichte und die angeblich im Ratsprotokoll enthaltene Erklärung berücksichtigt werden könnten, die Informationen, die sich daraus ergeben, bestenfalls mehrdeutig. Eine Berufung auf die angebliche Erklärung ist meiner Auffassung nach nicht zulässig ( 26 ) doch ist der Inhalt dieser Erklärung jedenfalls unstreitig. Streitig sind dagegen die genauen Folgen der in der Richtlinie enthaltenen Verweisung auf die Gefahr einer gedanklichen Verbindung, und insoweit hilft die Erklärung nicht weiter. Was die Entstehungsgeschichte anbelangt, so ist es bezeichnend, daß sie in diesem Verfahren mit unterschiedlicher Zielsetzung geltend gemacht wurde, nämlich sowohl von denen, die eine weite Auslegung des Begriffes der gedanklichen Verbindung im Sinne der Richtlinie befürworten, als auch von denen, die eine enge Auslegung für zutreffend halten. Ich ziehe daraus den Schluß, daß diese Umstände für die Auslegung der Richtlinie nicht von Nutzen sind.

Der Wortlaut der Richtlinie

44.

Mit guten Gründen läßt sich die Auffassung vertreten, daß sich die Antwort auf den zweiten Teil der Frage des Bundesgerichtshofs schon aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt, ohne daß Quellen außerhalb der Richtlinie als Auslegungshilfe herangezogen werden müßten. Sowohl in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b als auch in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b wird festgestellt, daß die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr einer gedanklichen Verbindung „einschließt“, und nicht umgekehrt. Somit steht fest, daß der Begriff der gedanklichen Verbindung, auch wenn er nach dem Benelux-Recht über die Fälle hinausreichen kann, in denen eine unmittelbare oder mittelbare Verwechslung gegeben ist, im Rahmen der Richtlinie nicht eine so weitgehende Bedeutung haben kann. Die Benelux-Staaten haben nicht geltend gemacht, daß eine nicht herkunftsbezogene gedankliche Verbindung auf eine Verwechslung hinauslaufe, sondern nur, daß sie in die Richdinie einbezogen worden sei. Es ist jedoch kaum ersichtlich, wie eine gedankliche Verbindung, die keine Verwechslung mit sich bringt, unter die Richtlinie fallen kann, wenn die Richtlinie eine Verwechslungsgefahr verlangt, die die Gefahr einer gedanklichen Verbindung einschließt. Richter Laddie hat sich dazu in der englischen Rechtssache Wagamama, die gerade diese Frage betraf, treffend geäußert: Es wäre ein „ungewöhnlicher Sprachgebrauch, wenn bestimmt würde, daß das Kleinere (d. h. die Verwechslungsgefahr) das Größere (d. h. die Gefahr einer gedanklichen Verbindung) einschließt“ ( 27 ).

45.

Der Wortlaut der Präambel geht in dieselbe Richtung. In der bereits zitierten zehnten Begründungserwägung ( 28 ) wird festgestellt, daß die Verwechslungsgefahr „die spezifische Voraussetzung“ für den durch die Marke gewährten Schutz darstellt, und mit dem Wortlaut dieser Begründungserwägung soll, auch wenn er an Klarheit zu wünschen übrigläßt, wohl zum Ausdruck gebracht werden, daß die gedankliche Verbindung eines von mehreren Elementen ist, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind. Zudem wird, wie bereits erwähnt, in dieser Begründungserwägung mit der Feststellung, daß der Zweck des Markenschutzes insbesondere darin besteht, die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten, die Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgegriffen. Ein anderer Zweck wird nicht erwähnt. Vielleicht kann daraus bei vernünftiger Betrachtung der Schluß gezogen werden, daß der Schutz vor der Gefahr einer Verwechslung hinsichtlich der Herkunft ein nützliches Auslegungswerkzeug bei der Beurteilung der Vorschriften über die Eintragungsfähigkeit einer Marke darstellt.

46.

Außerdem haben offensichtlich nur die Benelux-Staaten vor dem Erlaß der Richtlinie das Konzept der nicht herkunftsbezogenen gedanklichen Verbindung in ihrem Markenrecht angewandt. Die Einbeziehung dieses Konzepts in die Richtlinie hätte folglich einen recht weitgehenden Schritt dargestellt. Richter Laddie hat dies in der Rechtssache Wagamama sehr überzeugend dargelegt mit seiner Äußerung, daß man, da eine solche Erweiterung die Markenrechte erheblich ausgedehnt und damit die Wettbewerbsfreiheit der Wirtschaftsteilnehmer beträchtlich eingeschränkt hätte, erwarten würde, daß sie „mit klaren und unzweideutigen Worten festgestellt worden wäre, um den Wirtschaftsteilnehmern in der gesamten Europäischen Union die Erkenntnis zu ermöglichen, daß durch die Gesetzgebung ein neues weites Monopol geschaffen worden war“. Da die meisten Mitgliedstaaten das Konzept der nicht herkunftsbezogenen gedanklichen Verbindung in ihrem Markenrecht offensichtlich nicht angewandt haben und da die Übernahme dieses Konzepts dem freien Handel zuwiderlaufen würde, kann auch nach meiner Auffassung in Anbetracht des Fehlens einer eindeutigen Formulierung dieses Inhalts nicht angenommen werden, daß die Gemeinschaftsgesetzgebung die Anwendung eines solchen Konzepts beabsichtigt hat. Zudem wäre sie damit auch in signifikanter Weise von der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu den Artikeln 30 und 36 des Vertrages abgewichen, die, wie wir gesehen haben, im wesentlichen auf dem Begriff der Verwechslung beruht. Auch insoweit würde man eine deutlichere Formulierung erwarten, wenn dieses Ergebnis beabsichtigt worden wäre.

47.

Aber dies bedeutet — im Widerspruch zu dem, was vorgetragen wurde — nicht, daß die Formulierung „die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“, überflüssig wäre. Wie oben erörtert, kann der Begriff der Verwechslung im Markenrecht in einem engen oder einem weiten Sinne verstanden werden. Somit besteht die Möglichkeit, daß mit der Verweisung auf die „gedankliche Verbindung“ nur klargestellt werden sollte, daß sich der Begriff der Verwechslung nicht auf die Verwechslung in dem Sinne beschränkt, daß ein Verbraucher ein Erzeugnis fälschlich für ein anderes hält, sondern auch die anderen Verwechslungsarten erfaßt, die ich oben in Nummer 37 beschrieben habe.

48.

Es ist auch vorgetragen worden, daß andere Vorschriften der Richtlinie Marken unter bestimmten Voraussetzungen ohne das Erfordernis einer Verwechslung schützten, selbst wenn die Waren nicht ähnlich seien, und daß ein Verwechslungserfordernis deshalb nicht beabsichtigt sein könne, wenn die Waren ähnlich seien. Dieses Vorbringen ist nicht überzeugend, weil sich die Situation, die von den anderen Vorschriften erfaßt wird, von der hier erörterten Fallgestaltung so sehr unterscheidet, daß sich das Fehlen eines ausdrücklichen Verwechslungserfordernisses erklären läßt. Diese Situation ist gegeben, wenn die ältere Marke „in dem Mitgliedstaat bekannt ist ( 29 ) und die Benutzung der jüngeren Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde“: Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a. Wenn — so wird vorgetragen — eine Verwechslung im Falle von Waren, die nicht ähnlich sind, nicht verlangt werde, dann könne sie erst recht nicht im Falle von ähnlichen Waren verlangt werden. Dieses Vorbringen läßt sich mit dem Wortlaut der Richtlinie, der im Falle von ähnlichen Waren ausdrücklich eine Verwechslung verlangt, unmöglich in Einklang bringen. Zudem liegt es auf der Hand, daß Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a bloß eine andere Prüfung als die einer Verwechslung vorsieht, indem dort der Nachweis verlangt wird, daß die Benutzung der jüngeren Marke die ältere Marke ausnutzen oder beeinträchtigen würde, und daß diese Prüfung dem spezifischen Zweck der Vorschriften, dem Schutz bekannter Marken, entspricht. Aus dem Umstand, daß in diesen Fällen kein Verwechslungserfordernis erwähnt wird, kann unmöglich geschlossen werden, daß die Richtlinie — entgegen ihrem ausdrücklichen Wortlaut — in einer ganz anderen Situation, nämlich bei gewöhnlichen Marken, die ähnliche Waren erfassen, keine Verwechslung verlangt.

49.

Zwar rindet Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a nur Anwendung, wenn die Waren verschiedenartig sind. Doch kann daraus nicht geschlossen werden, daß eine Verwechslung, wenn sie im Falle verschiedenartiger Waren nicht erforderlich sei, im Falle ähnlicher Waren gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b nicht erforderlich sein könne. Wie das Vereinigte Königreich darlegt, liegt der Grund, aus dem Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe a nur Anwendung findet, wenn die Waren verschiedenartig sind, ohne Zweifel darin, daß man sich, wenn die betreffenden Waren mit einer bekannten Marke versehenen Waren ähnlich sind, schwerlich eine Situation vorstellen kann, in der keine Verwechslungsgefahr besteht. Ein mögliches Beispiel, auf das hingewiesen worden ist, ist der bereits erwähnte „Anti-Monopoly“-Fall: Dazu wird gesagt, daß es dem Inhaber der Marke „Monopoly“ gestattet worden sei, der Benutzung des Zeichens „Anti-Monopoly“ entgegenzutreten, obwohl angesichts des bewußt herbeigeführten Gegensatzes zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestanden habe. Selbst in diesem Fall lagen jedoch, wie oben erwähnt, Beweise für eine Verwechslungsgefahr vor.

Der Zweck der Richtlinie

50.

Selbst wenn man im Wortlaut der Richtlinie keinen überzeugenden Beleg für die von mir vertretene Auffassung sehen würde, daß nämlich die Richtlinie ein Verwechslungserfordernis für alle von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b erfaßten Fälle aufstellt, würde diese Auffassung auch durch den Zweck der Richtlinie bestätigt. Es wäre mit dem Zweck einer auf der Grundlage von Artikel 100a des Vertrages erlassenen Richtlinie kaum vereinbar, wenn man einer Auslegung folgen würde, die den Schutzumfang von Marken in vielen Mitgliedstaaten ausweiten und damit den Handel im Ergebnis einschränken würde. Wie die Kommission darlegt, sollen durch die auf der Grundlage von Artikel 100a erlassenen Richtlinien die Ziele des Artikels 7a verwirklicht und insbesondere soll der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt gewährleistet werden. In der ersten Begründungserwägung der Richtlinie wird auf diese Ziele mit der Feststellung hingewiesen, daß das „gegenwärtig in den Mitgliedstaaten geltende Markenrecht ... Unterschiede auf [weist], durch die der freie Warenverkehr und der freie Dienstleistungsverkehr behindert ... werden können“, und daß zur „Errichtung und zum Funktionieren des Binnenmarktes ... folglich eine Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten erforderlich [ist]“. Die Kommission zieht daraus, meines Erachtens zu Recht, den Schluß, daß diese Ziele gegen eine extensive Auslegung der Verwechslungsgefahr sprächen, die zu nicht gerechtfertigten Einschränkungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs führen würde.

51.

Zudem muß die Richtlinie dahin verstanden werden, daß sie einen gemeinsamen Standard festlegt, auf dessen Grundlage Marken aus verschiedenen nationalen Systemen koexistieren könnten. Dieser Standard ist deshalb nicht auf einem zu hohen Niveau festzusetzen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Richtlinie vielleicht von Harmonisierungsmaßnahmen in anderen Sektoren, wo ein hohes Schutzniveau im Allgemeininteresse wünschenswert sein kann und wo es zur Gewährleistung des freien Handels allein darauf ankommt, daß für alle Mitgliedstaaten derselbe Standard festgesetzt wird. Die Markenrichtlinie würde bei einer zu strengen Auslegung zur Abschottung der nationalen Märkte führen. Die Richtlinie ist in Ermangelung einer darauf gerichteten klaren Absicht deshalb nicht dahin zu verstehen, daß sie den restriktivsten Standard vorschreibt, der sich in den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten finden läßt.

Der Kontext der Richtlinie

52.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Einführung der Gemeinschaftsmarke durch die Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ( 30 ) hinzuweisen, die, wie oben erwähnt, Vorschriften über die Verwechslung von Marken enthält, die mit denen in der Richtlinie praktisch identisch sind. Es ist ohne Zweifel angemessen, die Vorschriften der Richtlinie in derselben Weise auszulegen wie die entsprechenden Vorschriften der Verordnung. Eine Gemeinschaftsmarke kann nur für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft erteilt werden, und somit reicht eine Kollision mit nur einer Marke in einem einzigen Land aus, um die Eintragung einer Marke als Gemeinschaftsmarke zu verhindern. Einem Antrag auf Eintragung einer Marke kann eine bestehende Gemeinschaftsmarke, eine in einem Mitgliedstaat eingetragene Marke oder, unter bestimmten Umständen, ein nicht eingetragenes, aber in einem Mitgliedstaat anerkanntes Recht entgegengehalten werden ( 31 ). Ein zu weitgehender Schutz für Marken auf der Grundlage der Gefahr einer „gedanklichen Verbindung“ mit anderen Marken würde die Eintragung vieler Marken auf Gemeinschaftsebene folglich sehr erschweren. Soll das Gemeinschaftsmarkensystem tatsächlich funktionieren und soll es nicht zu einer Flut von Widerspruchsverfahren gegen Anmeldungen kommen, so muß es möglich sein, Marken bei Fehlen einer genuinen und angemessen substantiierten Verwechslungsgefahr einzutragen.

53.

Außerdem wird der Begriff der gedanklichen Verbindung in den internationalen Übereinkünften, an denen die Gemeinschaft und/oder die Mitgliedstaaten beteiligt sind, nicht genannt. Zwar wird in der letzten Begründungserwägung der Richtlinie betont, daß sich ihre Vorschriften „mit denen der ... Pariser Verbandsübereinkunft ( 32 ) in vollständiger Übereinstimmung befinden“ müssen, doch wird in dieser Übereinkunft nur die Verwechslung ausdrücklich erwähnt. Nach Absatz 3 Nummer 1 des Artikels 10bis, der den unlauteren Wettbewerb betrifft, sind u. a. alle Handlungen zu untersagen, „die geeignet sind, auf irgendeine Weise eine Verwechslung mit der Niederlassung, den Erzeugnissen oder der gewerblichen oder kaufmännischen Tätigkeit eines Wettbewerbers hervorzurufen“ ( 33 ). Außerdem sieht Artikel 6bis, der notorisch bekannte Marken betrifft, vor, daß sich die Verbandsländer verpflichten, „die Eintragung einer Fabrik- oder Handelsmarke zurückzuweisen oder für ungültig zu erklären und den Gebrauch der Marke zu untersagen, wenn sie eine verwechslungsfähige Abbildung, Nachahmung oder Übersetzung einer anderen Marke darstellt, von der es nach Ansicht der zuständigen Behörde des Landes der Eintragung oder des Gebrauchs dort notorisch feststeht, daß sie ... für gleiche oder gleichartige Erzeugnisse benutzt wird. Das gleiche gilt, wenn der wesentliche Bestandteil der Marke die Abbildung einer solchen notorisch bekannten Marke oder eine mit ihr verwechslungsfähige Nachahmung darstellt.“ ( 34 )

54.

Ähnliche Bestimmungen enthält folgender Artikel 16 Absatz 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) ( 35 )„Dem Inhaber einer eingetragenen Marke steht das ausschließliche Recht zu, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr identische oder ähnliche Zeichen für Waren oder Dienstleistungen, die identisch oder ähnlich denen sind, für welche die Marke eingetragen ist, zu benutzen, wenn diese Benutzung die Gefahr von Verwechslungen nach sich ziehen würde. Bei der Benutzung identischer Zeichen für identische Waren oder Dienstleistungen wird die Verwechslungsgefahr vermutet.“ ( 36 ) Es besteht daher kein Widerspruch zwischen der Richtlinie, wie ich sie verstehe, und diesen internationalen Übereinkünften.

55.

In Anbetracht des Wortlauts, des Zwekkes und des Kontextes der Richtlinie bin ich daher der Auffassung, daß die Gefahr einer gedanklichen Verbindung mit einer älteren Marke zwar einen zu berücksichtigenden Faktor darstellt, daß die Eintragung einer Marke aber nur dann abgelehnt werden kann, wenn erwiesen ist, daß eine genuine und angemessen substantiierte Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen besteht.

56.

Folglich ist der zweite Teil der vom Bundesgerichtshof vorgelegten Frage meiner Auffassung nach dahin zu beantworten, daß die Verwendung des Begriffes „gedankliche Verbindung“ in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Markenrichtlinie nicht bedeutet, daß die Eintragung einer Marke allein deshalb abgelehnt werden kann, weil dieser Marke und einer anderen Marke der gleiche Gedanke zugrunde liegt und somit die Gefahr besteht, daß das Publikum die beiden Marken in dem Sinne gedanklich in Verbindung bringt, daß die eine die andere lediglich in Erinnerung ruft, ohne daß es bei den Verbrauchern zu Verwechslungen kommen könnte.

57.

Ich wende mich jetzt dem ersten Teil der Vorlagefrage zu. Der Bundesgerichtshof möchte wissen, ob es zur Bejahung der Verwechslungsgefahr ausreicht, daß eine aus Wort und Bild zusammengesetzte Marke und eine nur aus einem Bild bestehende Marke, die für identische und ähnliche Waren benutzt werden oder eingetragen sind, den gleichen Gedanken (im vorliegenden Fall: rennende Raubkatze) zum Ausdruck bringen. Er führt dazu aus, daß die eingetragene Marke „keine besondere Verkehrsbekanntheit genießt“.

58.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Richtlinie, wie ich eben dargelegt habe, die Gefahr voraussetzt, daß der Verbraucher hinsichtlich der Herkunft der Waren in irgendeiner Weise irregeführt wird. Ob angesichts des im Einzelfall gegebenen Sachverhalts eine solche Gefahr besteht, ist im wesentlichen eine vom nationalen Gericht zu entscheidende Tatsachenfrage. Die Frage des Bundesgerichtshofs wirft jedoch zwei Rechtsfragen auf.

59.

Erstens wird in der gestellten Frage von einem Sachverhalt ausgegangen, bei dem eine Marke neben einem Bild einen Wortbestandteil umfaßt, während dies bei der anderen Marke nicht der Fall ist, und der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, daß dieser Umstand für sich genommen einer Ähnlichkeit der beiden Marken im Sinne des Markenrechts nicht entgegenstehe, da auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen sei. Der Grundsatz, daß der Gesamteindruck der Marken zu berücksichtigen ist, scheint in den Mitgliedstaaten allgemein angewandt zu werden; in der Tat versteht sich dies vielleicht von selbst. Da das wesentliche Kriterium die Verwechslungsgefahr ist:, muß die Auffassung des Bundesgerichtshofs, daß es auf den Gesamteindruck der Marke ankomme, zutreffend sein. Folglich reicht die Einbeziehung eines Wortbestandteils in eine von zwei Bildmarken als solche nicht aus, um die Feststellung auszuschließen, daß eine Verwechslungsgefahr besteht, die sich aus der Ähnlichkeit der beiden Marken ergibt. Ob die Einbeziehung eines Wortbestandteils in eine Marke im Einzelfall ausreicht, um die aus der Ähnlichkeit der Bildbestandteile der beiden Marken folgende Verwechslungsgefahr auszuschließen, ist im wesentlichen eine Tatsachenfrage, über die das nationale Gericht zu entscheiden hat.

60.

Zweitens möchte der Bundesgerichtshof wissen, ob er die Feststellung einer Verwechslungsgefahr grundsätzlich auf den bloßen Umstand stützen kann, daß „die beiden Bilder in ihrem Sinngehalt (hier: springende Raubkatze) übereinstimmen“.

61.

Meiner Auffassung nach können, wenn zwei Bildmarken den gleichen Gedanken zum Ausdruck bringen, Umstände vorliegen, unter denen, selbst wenn die eingetragene Marke nicht bekannt ist und die beiden Bilder so unterschiedlich wie möglich gezeichnet sind, das Publikum die beiden Marken gleichwohl verwechseln kann. Zum Beispiel könnte eine Marke aus einem ungewöhnlichen erfundenen Bild oder einer ungewöhnlichen Kombination natürlicher Bilder bestehen, etwa aus einem Puma, der Geige spielt, oder einem Puma, der mit einer Schlange und einem Vogel eine Gruppe bildet. Ich halte es nicht für unangemessen, daß solche Marken nach dem Markenrecht gegen die Wiedergabe des damit zum Ausdruck gebrachten Begriffes geschützt werden, mögen die konkurrierenden Marken auch noch so unterschiedlich gezeichnet sein.

62.

Vertretbar ist die Auffassung, daß Fälle, in denen die Ähnlichkeit von zwei Marken rein begrifflich ist, nur nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb beurteilt werden sollten. Ich sehe jedoch keinen Grund dafür, die Richtlinie so auszulegen, daß sie die begriffliche Ähnlichkeit vom Bereich des Markenschutzes ausschließt. Die Richtlinie verlangt allein, daß als Folge der Ähnlichkeit der Marken eine Verwechslungsgefahr besteht. Sie enthält keine Einschränkungen in dem Sinne, daß es nur auf eine bestimmte Art und Weise zu dieser Verwechslung kommen kann. Außerdem scheint ein auf die begriffliche Ähnlichkeit gestützter Markenschutz in den Mitgliedstaaten nicht unüblich zu sein. Doch wird es meiner Auffassung nach schwierig sein, die Verwechslungsgefahr allein auf der Grundlage der begrifflichen Ähnlichkeit bei einer Sachlage darzutun, bei der die ältere Marke nicht bekannt ist, insbesondere wenn das fragliche Bild, wie hier, nicht besonders kreativ oder ungewöhnlich ist.

63.

Demnach ist der erste Teil der Vorlagefrage meiner Auffassung nach dahin zu beantworten, daß die Feststellung einer Verwechslungsgefahr auf den Umstand gestützt werden kann, daß die durch die Bildbestandteile von zwei Marken zum Ausdruck gebrachten Gedanken ähnlich sind, sofern erwiesen ist, daß eine genuine und angemessen substantiierte Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen besteht.

Ergebnis

64.

Ich bin demgemäß der Auffassung, daß die vom Bundesgerichtshof vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten sind:

1.

Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, daß die Gefahr einer gedanklichen Verbindung mit einer älteren Marke zwar einen zu berücksichtigenden Faktor darstellt, daß die Eintragung einer Marke aber nur dann abgelehnt werden kann, wenn erwiesen ist, daß eine genuine und angemessen substantiierte Gefahr von Verwechslungen hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen besteht.

2.

Die Eintragung einer Marke kann nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil dieser Marke und einer anderen Marke der gleiche Gedanke zugrunde liegt und somit die Gefahr besteht, daß das Publikum die beiden Marken in dem Sinne gedanklich in Verbindung bringt, daß die eine die andere lediglich in Erinnerung ruft, ohne daß eine Gefahr von Verwechslungen in dem oben beschriebenen Sinne bestehen würde.

3.

Besteht eine Ähnlichkeit zwischen einer Bildmarke und einer aus Wort und Bild zusammengesetzten Marke, so reicht die Einbeziehung eines Wortbestandteils in eine der Marken als solche nicht aus, um die Feststellung auszuschließen, daß eine Gefahr von Verwechslungen in dem oben beschriebenen Sinne besteht.

4.

Die Eintragung einer Marke kann deshalb abgelehnt werden, weil die durch die Bildbestandteile von zwei Marken zum Ausdruck gebrachten Gedanken ähnlich sind, sofern erwiesen ist, daß eine Gefahr von Verwechslungen in dem oben beschriebenen Sinne besteht.


( *1 ) Originalsprache: Englisch.

( 1 ) Richtlinie 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 (ABl. 1989, L 40, S. 1).

( 2 ) Nach Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie sollten die Mitglied-Staaten ihre Bestimmungen bis zum 28. Dezember 1991 umsetzen. Mit der Entscheidung 92/10/EWG (ABl. 1992, L 6, S. 35) hat der Rat jedoch von der ihm durch Artikel 16 Absatz 2 übertragenen Befugnis Gebrauch gemacht und die Frist zur Umsetzung der Richtlinie bis zum 31. Dezember 1992 verlängert.

( 3 ) Darauf wird in Nr. 30 dieser Schlußanträge eingegangen.

( 4 ) Eine IR-Marke ist eine auf internationaler Ebene gemäß dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken eingetragene Marke. Nach diesem Abkommen kann ein Antragsteller eine Marke, die er im Land seines Wohnsitzes oder seiner gewerblichen Niederlassung hat eintragen lassen, in den von ihm bezeichneten anderen Vertragsstaaten registrieren lassen, sofern diese Staaten nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach ihrem nationalen Recht dagegen Einwendungen erheben.

( 5 ) BGBl. I S. 3082.

( 6 ) ABl. 1994, L 11, S. 1.

( 7 ) Artikel 1.

( 8 ) Dieses Amt trägt die irreführende Bezeichnung „Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)“ (Artikel 2 der Verordnung), wird aber allgemein Markenamt der Gemeinschart genannt.

( 9 ) Rechtssache 119/75 (Slg. 1976, 1039).

( 10 ) Rechtssache 10/89 (HAG GF, Slg. 1990, I-3711).

( 11 ) Rechtssache C-317/91 (Deutsche Renault, Slg. 1993, I-6227).

( 12 ) Rechtssache C-9/93 (IHT Internationale Heiztechnik und Danziger, Slg. 1994, I-2789).

( 13 ) Rechtssache 102/77 (Slg. 1978, 1139).

( 14 ) Siehe oben, Nr. 17.

( 15 ) Vgl. z. B. Urteil in der Rechtssache Hoffmann-La Roche (zitiert in Fußnote 13) sowie die Urteile vom 12. Juli 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-427/93, C-429/93 und C-436/93 (Bristol Myers-Squibb u. a., Slg. 1996, I-3457), in den verbundenen Rechtssachen C-71/94, C-72/94 und C-73/94 (Eurim-Pharm, Slg. 1996, I-3603) und in der Rechtssache C-232/94 (MPA Pharma, Slg. 1996, I-3671).

( 16 ) Zitiert in Fußnote 15.

( 17 ) Schlußanträge vom 29. April 1997 in der Rechtssache C-337/95 (Parfums Christian Dior SA und Parfums Christian Dior BV/Evora BV).

( 18 ) Dieses Gesetz ist im Anhang zum Benelux-Warenzeichenübereinkommen vom 19. März 1962 enthalten.

( 19 ) Artikel 13A des Benelux-Gesetzes.

( 20 ) „Il y a ressemblance entre une marque et un signe lorsque, compte tenu des particularités de l'espèce, notamment du pouvoir distinctif de la marque, la marque et le signe, considérés en soi et dans leurs rapports mutuels, présentent sur le plan auditif, visuel ou conceptuel une similitude de nature à établir une association entre le signe et la marque“ (Urteil vom 20. Mai 1983 in der Rechtssache A 82/5, Henri Jullien BV/Verschuere Norbert [auch als Rechtssache „Union/Union Soleure“ bekannt], Rechtsprechung des Benelux-Gerichtshofes 1983, S. 36).

( 21 ) Urteil vom 1. März 1975 in der Rechtssache A 74/1 (Rechtsprechung des Benelux-Gerichtshofes 1975, S. 472).

( 22 ) Dieser Begriff („non-origin association“) wurde von Richter Laddie vom englischen High Court in der Rechtssache Wagamama Ltd/City Centre Restaurants plc u. a. (F. S. R. 1995, 713), auf die ich später eingehen werde, verwendet.

( 23 ) Edor/General Mills Fun (Ned. Jur. 1978, 83).

( 24 ) Vgl. W. R. Cornish, Intellectual Property, 3. Auflage, S. 622.

( 25 ) Fustirer und Geuze, „Scope of Protection of the Trade Mark, in the Benelux Countries and EEC-harmonization“, ECTA Newsletter, März 1989, 215 (zitiert von Cornish, a. a. O., S. 620, Anmerkung 44).

( 26 ) Vgl. Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache C-292/89 (Antonisscn, Slg. 1991, I-745, Randnr. 18) und in den verbundenen Rechtssachen C-197/94 und C-252/94 (Bautiaa und Société Française Maritime, Slg. 1996, II-505, Randnr. 51).

( 27 ) Zitiert in Fußnote 22, S. 723.

( 28 ) Siehe oben, Nr. 17.

( 29 ) Oder wenn sie, im Falle einer Gemeinschaftsmarke, in der Gemeinschaft bekannt ist: Artikel 4 Absatz 3.

( 30 ) Zitiert in Fußnote 6.

( 31 ) Vgl. Artikel 8 Absätze 1 und 2 der Verordnung.

( 32 ) Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967.

( 33 ) Artikel 6 bestimmt jedoch, daß die „Bedingungen für die Hinterlegung und Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken ... in jedem Land durch die innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmt [werden]“, und nach Artikel 6quinquies B Nr. 1 darf die Eintragung von Fabrikoder Handelsmarken u. a. dann verweigert oder für ungültig erklärt werden, wenn diese „geeignet sind, Rechte zu verletzen, die von Dritten in dem Land erworben sind, in dem der Schutz beansprucht wird“. Artikel 5 Absatz 1 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken (siehe oben, Fußnote 4) bestimmt, daß eine Vertragspartei den aus der internationalen Registrierung folgenden Schutz nur unter den Bedingungen verweigern kann, die nach der Pariser Verbandsübereinkunft anwendbar wären.

( 34 ) Nach dem TRIPS findet dieser Artikel sinngemäß auf Dienstleistungen und unter bestimmten Voraussetzungen auf verschiedenartige Waren und Dienstleistungen Anwendung (vgl. Artikel 16 Absätze 2 und 3).

( 35 ) ABl. 1994, L 336, S. 214.

( 36 ) Artikel 15 Absatz 2 des TRIPS sieht jedoch vor, daß die Mitglieder die Eintragung einer Marke aus anderen als den in diesem Übereinkommen genannten Gründen (Artikel 15 Absatz 1) verweigern können, sofern sie nicht von den Bestimmungen der Pariser Verbandsübereinkunft abweichen.

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