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Document 61995CC0220

    Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 12. Dezember 1996.
    Antonius van den Boogaard gegen Paula Laumen.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Arrondissementsrechtbank Amsterdam - Niederlande.
    Brüsseler Übereinkommen - Auslegung des Artikels 1 Absatz 2 - Begriff der ehelichen Güterstände - Begriff der Unterhaltspflicht.
    Rechtssache C-220/95.

    Sammlung der Rechtsprechung 1997 I-01147

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1996:495

    61995C0220

    Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 12. Dezember 1996. - Antonius van den Boogaard gegen Paula Laumen. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Arrondissementsrechtbank Amsterdam - Niederlande. - Brüsseler Übereinkommen - Auslegung des Artikels 1 Absatz 2 - Begriff der ehelichen Güterstände - Begriff der Unterhaltspflicht. - Rechtssache C-220/95.

    Sammlung der Rechtsprechung 1997 Seite I-01147


    Schlußanträge des Generalanwalts


    1. Diese Rechtssache ist dem Gerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens der Arrondissementsrechtbank Amsterdam vorgelegt worden. Der Vorlagebeschluß betrifft im wesentlichen die Frage, wie eine im Rahmen eines Scheidungsverfahrens ergangene Entscheidung des High Court of Justice of England and Wales auf Zahlung eines Pauschalbetrags nach dem Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(1) zu qualifizieren ist. Bezieht sich, genauer gesagt, eine solche Entscheidung auf "die ehelichen Güterstände" im Sinne des Artikels 1 des Übereinkommens, so daß sie nicht nach dem Übereinkommen vollstreckt werden kann, oder bezieht sie sich auf Unterhaltspflichten und ist danach vollstreckbar?

    Die einschlägigen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens

    2. Artikel 1 Absatz 2 des Brüsseler Übereinkommens sieht vor, daß dieses Übereinkommen nicht anzuwenden ist auf "1. den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände ..."

    3. Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens bestimmt:

    "Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:

    1. ...

    2. wenn es sich um eine Unterhaltssache handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder im Falle einer Unterhaltssache, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in bezug auf den Personenstand zu entscheiden ist, vor dem nach seinem Recht für dieses Verfahren zuständigen Gericht, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht lediglich auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien ..."

    4. Das Brüsseler Übereinkommen ist also zweifelsfrei auf Unterhaltssachen, einschließlich solcher, die mit einer Ehescheidung verbunden sind, anwendbar. Der Grund, warum solche Angelegenheiten zu den in Artikel 5 aufgezählten Ausnahmen von der allgemeinen Regel, daß der Beklagte im Staat seines Wohnsitzes zu verklagen ist, hinzugenommen wurden, lag gerade darin, daß einer verheirateten, aber getrennt lebenden Frau ermöglicht werden sollte, ihren Ehemann vor dem Gericht ihres gewöhnlichen Aufenthalts auf Unterhalt zu verklagen(2). Zu diesem Zweck musste eine weitere Ausnahme von dem allgemeinen System des Übereinkommens vorgesehen werden: Artikel 5 Nummer 2 ist die einzige Bestimmung des Übereinkommens, nach der die gerichtliche Zuständigkeit nach dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Alternative zum Wohnsitz bestimmt werden kann. Da sich die beiden Begriffe in den meisten Rechtsordnungen weitgehend decken, fragt es sich, warum Artikel 5 Nummer 2 eine solche Ausnahme von der allgemeinen Regel vorsieht. Der Grund dafür besteht darin, daß in einigen Vertragsstaaten eine Frau mit ihrer Heirat den Wohnsitz ihres Ehemanns erhält; würde man dementsprechend die Zuständigkeit nur den Gerichten verleihen, in deren Zuständigkeitsbereich eine verheiratete, aber getrennt lebende Ehefrau ihren Wohnsitz hatte, würde der Zweck des Übereinkommens nicht in jedem Fall erreicht werden, nämlich die Frau vor dem Gericht ihres Wohnortes statt des ihres getrennt lebenden Ehemanns klagen zu lassen.

    Hintergrund der zu vollstreckenden Entscheidung

    5. Herr Van den Boogaard und Frau Laumen heirateten 1957 in den Niederlanden unter dem Güterstand der Gütergemeinschaft. 1980 vereinbarten sie, wie nach niederländischem Recht zulässig, Gütertrennung und teilten dabei ihre Vermögenswerte in ungefähr gleiche Anteile auf.

    6. Anfang 1982 ließen sich die Parteien im Vereinigten Königreich nieder. 1988 wurde die Ehe vom High Court of Justice, London, geschieden; das englische Gericht ging von seiner Zuständigkeit vermutlich aufgrund der Tatsache aus, daß eine oder beide Parteien ihren Wohnsitz in dem der Einleitung des Scheidungsverfahrens vorangegangenen Jahr in England hatten(3). Die geschiedene Ehefrau wandte sich anschließend an den High Court mit dem Antrag auf "full ancillary relief", nämlich auf Anordnung finanzieller Versorgung und Vermögensauseinandersetzung gemäß Sections 23 und 24 des Matrimonial Causes Act 1973.(4) Mit Entscheidung vom 25. Juli 1990 ordnete Justice Cazalet im wesentlichen an, daß der Ehemann (i) der Ehefrau die eheliche Wohnung und ein Gemälde von De Heem übertrage, (ii) ihr einen Pauschalbetrag von 355 000 UKL zahle und (iii) an sie bis zur Zahlung des Pauschalbetrags und Übertragung der Wohnung und des Gemäldes ohne Unterbrechung regelmässige Zahlungen (zunächst 35 000 UKL pro Jahr gemäß einer früheren Entscheidung in dem Verfahren, später 30 000 UKL pro Jahr) leiste.

    7. In dem Vorlagebeschluß werden einige Auszuege aus dem Urteil von Justice Cazalet zitiert, so die folgenden:

    "Der förmliche Antrag, der bei mir anhängig ist, ist der Antrag einer Ehefrau gegen ihren Ehemann auf $full ancillary relief`, er umfasst regelmässige Zahlungen für sie selbst und die beiden jüngsten Kinder der Familie. Mir ist vorgetragen worden, daß sie in diesem Abschnitt des Verfahrens ihre Klage auf regelmässige Zahlungen für die beiden Kinder nicht weiter betreiben will; sie behält sich ihr Recht vor, die Klage zu einem späteren Zeitpunkt weiter zu betreiben.

    Sie hat mir ferner durch ihren Prozeßbevollmächtigten sagen lassen, daß sie es wünsche, nach Möglichkeit zu einer vollständigen Trennung von ihrem früheren Ehemann zu kommen. Hieraus würde folgen, daß, falls ihr angemessene Kapitalbeträge gezahlt würden, und zu dem Zeitpunkt, zu dem dies geschähe, ihre Klage auf regelmässige Zahlungen abgewiesen werden könnte. Dies würde dann gewährleisten, daß sie nicht mehr auf die Unterstützung ihres Mannes angewiesen wäre.

    ...

    Aus den zwingenden Gründen, die ich angegeben habe(5), bin ich daher nicht der Ansicht, daß die 1980 geschlossene niederländische Trennungsvereinbarung irgendeine Bedeutung für die Entscheidung hat, die ich in diesem Verfahren zu treffen habe.

    ...

    Zieht man dann von der Summe den Gesamtbetrag dieser Zahlen ab, nämlich die 10 000 UKL, die sie hat, und die 35 000 UKL, die sie aus dem Verkauf ihres beweglichen Vermögens erlösen kann, die 430 000 UKL aus [der Immobilie] 39, Connaught Square, und die 60 000 UKL für den [das Gemälde von] De Heem, dessen Übertragung auf sie ich anordne, so daß sie es für diesen Nettobetrag verkaufen kann, so sollte sie in der Lage sein, 535 000 UKL des Betrages von 875 000 UKL, den sie meines Erachtens in bar benötigt, um für sich selbst sorgen zu können, aufzubringen oder zur Verfügung zu haben. Zieht man 535 000 UKL von 875 000 UKL ab, so verbleiben 340 000 UKL. Nach den mir vorliegenden Beweisen bin ich davon überzeugt, daß der Ehemann über die Mittel verfügt, dieser Anordnung nachzukommen. Ferner bin ich davon überzeugt, daß er auch danach noch über umfangreiche Mittel verfügt, um angemessen für seine eigenen Bedürfnisse und die Bedürfnisse der beiden jüngsten Kinder zu sorgen. Ich halte dies auch eindeutig für einen Fall, in dem es angemessen ist, eine $vollständige Trennung` unter Beendigung der finanziellen Beziehungen der Parteien zueinander zu erreichen.

    Vor Abfassung der Entscheidung im einzelnen möchte ich weiteres Vorbringen hören; ich beabsichtige jedoch, zu entscheiden, daß sie ihren gesamten Kapitalbetrag innerhalb von drei Monaten erhalten soll, wiederum vorbehaltlich des weiteren Vorbringens, während die vorläufigen Zahlungen in der Zwischenzeit beibehalten werden sollen. Ferner ist ein weiterer Betrag von 15 000 UKL zu den Kapitalabfindungsbeträgen hinzuzuzählen, damit die Kosten des Schweizer Verfahrens(6) ausgeglichen werden. Damit erhöht sich der Betrag von 340 000 UKL auf 355 000 UKL.

    Dies ist der Kapitalabfindungsbetrag, der meinem Entscheidungsvorschlag entspricht."

    8. Die von Justice Cazalet genannten "zwingenden Gründe", den niederländischen Gütertrennungsvertrag nicht zu berücksichtigen, bestanden hauptsächlich darin, daß die Ehefrau die Vereinbarung aus Angst vor einem drohenden Konkurs des Ehemanns eingegangen war, während der Ehemann ihr in dem nicht preisgegebenen Wissen von einer bevorstehenden beträchtlichen Provisionszahlung zugestimmt hatte. Wie weiter unten ausgeführt(7), bindet nach englischem Recht eine vermögensrechtliche Vereinbarung zwischen Ehegatten das Gericht im Hinblick auf finanzielle und vermögensrechtliche Abmachungen im Scheidungsfall nicht.

    9. Zwei weitere Punkte des Urteils, die das vorlegende Gericht nicht erwähnt hat, können darüber hinaus für die Streitfrage vor dem Gerichtshof von Bedeutung sein.

    10. Erstens folgt aus dem Urteil eindeutig, daß der Betrag von 875 000 UKL, von dem Justice Cazalet in obiger Berechnung ausgegangen ist und den er als den für die geschiedene Ehefrau notwendigen Gesamtbetrag ansah, damit diese für sich selbst sorgen könne, die Summe darstellt von i) 375 000 UKL für den Erwerb einer angemessenen Wohnung und den Umzug dorthin und ii) 500 000 UKL als dem nach englischer Rechtsprechung berechneten kapitalisierten Betrag für ein Jahreseinkommen in Höhe von 30 000 UKL, dem von Justice Cazalet für die Ehefrau für angemessen gehaltenen Betrag.

    11. Zweitens weist Justice Cazalet darauf hin, daß die geschiedene Ehefrau, die 55 Jahre alt sei und noch die drei jüngsten ihrer sechs Kinder aus der Ehe zu versorgen habe, nicht als erwerbsfähig gelten könne.

    Das Vollstreckungsverfahren

    12. Am 21. Mai 1992 gab der Präsident der Arrondissementsrechtbank Amsterdam dem Antrag von Frau Laumen, der geschiedenen Ehefrau, statt, die beiden Entscheidungen unter Berufung auf das Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen, das ich weiter unter untersuchen werde, für vollstreckbar zu erklären. Es besteht eine gewisse Unklarheit bezueglich der von den Parteien verwendeten Begriffe: Aus den Akten des nationalen Gerichts geht hervor, daß in Wirklichkeit nicht die frühere Verurteilung zu regelmässigen Zahlungen vollstreckt werden sollte - die im Juli 1991 ausgelaufen war -, sondern der sich auf periodisch wiederkehrende Geldleistungen beziehende Teil der sie ersetzenden endgültigen Entscheidung und daß mit der Bezugnahme auf die endgültige Entscheidung die darin angeordnete Leistung eines Pauschalbetrags gemeint war.

    13. Am 19. Juli 1993 legte der geschiedene Ehemann Herr Van den Boogaard bei der Arrondissementsrechtbank Amsterdam Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung ein, soweit diese sich auf die endgültige Entscheidung bezog. Er begründete seinen Rechtsbehelf offensichtlich damit, daß jene Entscheidung keine Entscheidung über den Unterhalt darstelle und folglich nicht nach dem Haager Übereinkommen vollstreckbar sei. Vor dem nationalen Gericht ist er anscheinend damit einverstanden, daß die frühere jährliche Zahlung von 35 000 UKL eine Unterhaltszahlung darstellte, und erklärt seine Zahlungsbereitschaft. Er bringt jedoch vor, daß die endgültige Entscheidung (implizit: abgesehen von den regelmässigen Zahlungen), soweit sie sich auf die Scheidung bezieht, den Personenstand und, soweit sie sich auf die Aufteilung von Vermögensgütern bezieht, die ehelichen Güterstände betreffe. Sie sei also weder nach dem Haager Übereinkommen noch nach dem Brüsseler Übereinkommen vollstreckbar.

    14. Festzustellen ist, daß Herr Van den Boogaard den Widerspruch nach Ablauf der Zweimonatsfrist des Artikels 36 des Brüsseler Übereinkommens für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung eingelegt hat. In der ersten Instanz obliegt es freilich allein dem nationalen Gericht, im Lichte der besonderen Umstände des Falles zu bestimmen, ob eine Vorabentscheidung für den Erlaß des Urteils erforderlich ist(8); anzumerken ist jedoch, daß das nationale Gericht, hätte es das Brüsseler Übereinkommen für anwendbar gehalten, Artikel 36 von sich aus hätte anwenden müssen (und noch anwenden müsste)(9).

    15. Die Arrondissementsrechtbank tendiert zu der Auffassung, daß die endültige Entscheidung "(unter anderem) $die ehelichen Güterstände` im Sinne von Artikel 1 ... des Brüsseler Übereinkommens betrifft"; in diesem Fall hätte die Vollstreckungsklausel weder auf der Grundlage des Brüsseler Übereinkommens noch nach dem Haager Übereinkommen erteilt werden dürfen. Zur Begründung führte sie aus:

    "[J]edoch hat diese Entscheidung unter Berücksichtigung der Herrn Van den Boogaard hierbei auferlegten Verpflichtungen, die auf eine Vermögensübertragung - insbesondere Übertragung der Herrn Van den Boogaard gehörenden Wohnung und des ihm gehörenden Gemäldes - hinauslaufen, und ferner unter Berücksichtigung der Begründung des englischen Gerichts - das ausdrücklich festgestellt hat, daß es die Eheverträge nicht für bindend hält - solche Folgen für die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien, daß nicht von einer $Entscheidung über Unterhaltspflichten` ... gesprochen werden kann."

    16. Unter anderem angesichts des von den kontinentalen Systemen abweichenden Rechtssystems des Vereinigten Königreichs, das in seinem Common law den Begriff "eheliche Güterstände" nicht kennt, hält es die Rechtbank jedoch für angebracht, vor einer weiteren Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Ist die Entscheidung des englischen Gerichts, die jedenfalls auch eine Unterhaltspflicht betrifft, als Urteil anzusehen, das (auch) die ehelichen Güterstände im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 Nummer 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen betrifft, obwohl

    a) der Einkommensbedarf kapitalisiert wird,

    b) die Übertragung der Wohnung und des Gemäldes von De Heem angeordnet wird, die nach diesem Urteil dem Mann gehören,

    c) das englische Gericht selbst ausdrücklich in seinem Urteil die Auffassung vertritt, daß es den Ehevertrag nicht für verbindlich hält,

    d) aus diesem Urteil nicht klar hervorgeht, inwieweit die unter c angegebene Auffassung seine Entscheidung beeinflusst hat?

    17. Aus dem Vorlagebeschluß geht nicht klar hervor, was genau mit der "Entscheidung des englischen Gerichts" gemeint ist, die die Anordnungen zur Übertragung der Wohnung und des Gemäldes sowie zur Leistung des Pauschalbetrags und der periodisch wiederkehrenden Geldleistungen beinhaltet. Wie oben erwähnt, folgt aus den Akten des nationalen Gerichts, daß Streitgegenstand vor diesem die Vollstreckbarkeit der Verurteilung zur Zahlung des Pauschalbetrags war, und ich unterstelle, daß das nationale Gericht diesen Aspekt der Entscheidung von Justice Cazalet meint. Das vorlegende Gericht ersucht jedoch auch um Auskunft darüber, ob die in der Vorlagefrage unter a bis d aufgeführten Punkte für die Vollstreckbarkeit der Verurteilung zur Zahlung des Pauschalbetrags, einschließlich der parallelen Verurteilungen zur Übertragung des Eigentums an bestimmten Gegenständen, erheblich sind.

    18. Schriftliche Erklärungen haben nur eingereicht die österreichische Regierung und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften; die Parteien und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften waren in der mündlichen Verhandlung vertreten.

    19. Die Vorlagefrage des nationalen Gerichts bezieht sich auf die Vollstreckung der konkreten Entscheidung von Justice Cazalet und ist damit sehr spezifisch. Wie ich noch erläutern werde, sollte der Gerichtshof meiner Ansicht nach jedoch eher einige allgemeine Leitlinien geben, die sowohl das vorlegende Gericht im konkreten Fall anwenden könnte als auch andere Gerichte, wenn sie künftig mit einem ähnlich gelagerten Problem befasst werden. Ehe ich versuchen werde, einige Leitlinien zu formulieren, möchte ich die Entstehungsgeschichte und den Anwendungsbereich der relevanten Bestimmungen des Übereinkommens eingehend untersuchen. Ich hoffe, dadurch sowohl die Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen Recht und dem Common law hinsichtlich der in der vorliegenden Rechtssache aufgeworfenen Streitfrage darzulegen als auch dazu beizutragen, die Rechtssysteme insoweit aufeinander abzustimmen. Zunächst jedoch will ich mich einer anderen hier aufgeworfenen Frage zuwenden, nämlich der Beziehung zwischen den beiden Übereinkommen, auf die sich die Parteien des Ausgangsverfahrens berufen.

    Das Verhältnis zwischen dem Brüsseler Übereinkommen und dem Haager Übereinkommen

    20. Obwohl Frau Laumen ihren Antrag auf Vollstreckbarerklärung auf das Haager Übereinkommen stützte, legte das vorlegende Gericht den Antrag dahin gehend aus, "daß sich die Antragsgegnerin hilfsweise auch auf das Brüsseler Übereinkommen berufen wollte, soweit dies zu einem für sie günstigeren Ergebnis als eine Berufung auf das ... Haager Übereinkommen führen würde".

    21. Das Haager Übereinkommen, das zwischen dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden seit 1981 in Kraft ist, stellt ein System für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen auf. In Artikel 1 heisst es, daß dieses Übereinkommen anzuwenden ist

    "auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe ...

    1. zwischen einem Unterhaltsberechtigten und einem Unterhaltsverpflichteten ..."

    22. Die maßgeblichen Bestimmungen der Artikel 1 und 5 Nummer 2 des Brüsseler Übereinkommens sind oben aufgeführt (Nrn. 2 und 3).

    23. Demgemäß überschneiden sich das Haager Übereinkommen und das Brüßseler Übereinkommen, soweit es um die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen geht. Entscheidungen über die ehelichen Güterstände hingegen sind nach keinem der beiden Übereinkommen vollstreckbar.

    24. Artikel 57 Absatz 1 des Brüsseler Übereinkommens in der geltenden Fassung(10) sieht vor, daß das Brüsseler Übereinkommen solche Übereinkommen unberührt lässt, denen die Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln. So gilt das Haager Übereinkommen ungeachtet der Tatsache weiter, daß Unterhaltspflichten in den Geltungsbereich des Brüsseler Übereinkommens fallen.

    25. Artikel 25 Absatz 2 des Beitrittsabkommens von 1978(11) lautet:

    "Um eine einheitliche Auslegung des Artikels 57 Absatz 1 zu sichern, wird dieser Absatz in folgender Weise angewandt:

    ...

    b) ...

    Sind der Urteilsstaat und der Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, Parteien eines Vertrages über ein besonderes Rechtsgebiet, der die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regelt, so sind diese Voraussetzungen anzuwenden. In dem Fall können die Bestimmungen des geänderten Übereinkommmens von 1968 über das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren der Entscheidungen angewandt werden."(12)

    26. Artikel 23 des Haager Übereinkommens sieht jedoch vor:

    "Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, daß eine andere internationale Übereinkunft zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat ... angewendet wird, um die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder eines Vergleichs zu erwirken."

    27. Die Wirkung dieser beiden Bestimmungen scheint darin zu bestehen, daß man sich in dem Fall, daß sowohl das Brüsseler Übereinkommen als auch ein spezielles Übereinkommen einschlägig sind, für die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung auf jedes der beiden stützen kann, daß aber der prozessuale Rahmen des Brüsseler Übereinkommens als der einfachere und schnellere in jedem Fall zur Verfügung steht(13) der Besonderen Kommission, die von der Haager Konferenz über Internationales Privatrecht damit beauftragt war, die Arbeit der Zwölften Sitzung über Unterhaltspflichten vorzubereiten, und damit aus der Entstehungsgeschichte des Haager Übereinkommens von 1973 geht hervor, daß Artikel 23 einem Unterhaltsgläubiger ermöglichen sollte, sich auf für ihn günstigere Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung zu berufen. Es wird in diesem Bericht festgestellt, daß "diese Vorschrift" insbesondere als Ergebnis "des bevorstehenden(15) Inkrafttretens des Brüsseler Übereinkommens von grösster Bedeutung ist ... Man kann davon ausgehen, daß man Artikel 23 oft heranziehen wird, vor allem, wenn es um private Beziehungen zwischen Angehörigen der Länder des Gemeinsamen Marktes geht."(16)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>29. In dem Bericht wird dann die Auffassung der Besonderen Kommission dargelegt, daß jeder Unterhaltsgläubiger ungeachtet des Artikels 57 des Brüsseler Übereinkommens das Recht behält, sich gemäß Artikel 23 des Haager Übereinkommens für die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens anstelle des Haager Übereinkommens zu entscheiden(17).<"C_IT", Font = F11, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Hintergrund von Artikel 1 - "Die ehelichen Güterstände"<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>30. Die sechs ursprünglichen Unterzeichnerstaaten des Brüsseler Übereinkommens besassen (und besitzen) alle eine genaue gesetzliche Regelung der ehelichen Güterstände (im weitesten Sinne, einschließlich der Güter und Einkünfte)(18). Bei der Eheschließung können die Eheleute eine besondere Vereinbarung über ihre güterrechtlichen Verhältnisse treffen, die von der allgemeinen Gütergemeinschaft bis zur Gütertrennung mit verschiedenen Abstufungen dazwischen reichen kann. Wurde keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gilt ein gesetzlicher Güterstand. In manchen Ländern gibt es zudem zwingende gesetzliche Bestimmungen, die unabhängig von der Wahl eines besonderen Güterstands durch die Eheleute gelten. In manchen Ländern kann der ursprüngliche Güterstand später geändert werden: So haben z. B. im vorliegenden Fall die geschiedenen Eheleute unter der in den Niederlanden geltenden Gütergemeinschaft geheiratet, später aber allgemeine Gütertrennung vereinbart.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>31. Aus dem Jenard-Bericht(19) geht hervor, daß Artikel 1 des Übereinkommens dazu dienen sollte, dieses Mosaik nationaler Regeln über die güterrechtlichen Verhältnisse zwischen Eheleuten von der Anwendung des Übereinkommens auszuschließen(20). Dafür gab es zwei verschiedene, sich aber überschneidende Gründe.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>32. Erstens unterschieden sich sowohl die materiellen Rechte, einschließlich der zwingenden und der mangels Vereinbarung anwendbaren sowie der besonderen Regeln, als auch die Kollisionsnormen, die bei einer Eheschließung mit Auslandsberührung bestimmten, welches Güterrecht anwendbar war, erheblich zwischen den ursprünglichen Vertragsstaaten. Anscheinend wurde es als "politisch unmöglich" und "utopisch" angesehen, eine quasi-automatische gegenseitige Vollstreckung von Entscheidungen auf diesem Gebiet ohne vorherige Harmonisierung vor allem der Kollisionsnormen gewährleisten zu wollen(21). Nach dem Jenard-Bericht wäre es angesichts der zwischen den verschiedenen Rechtssystemen insbesondere hinsichtlich der Kollisionsnormen bestehenden Unterschiede schwierig gewesen, "auf eine Nachprüfung dieser Normen im Exequatur-Verfahren zu verzichten, womit man das Wesen des Übereinkommens verändert und seine fortschrittliche Tendenz geschwächt hätte"(22).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>33. Zweitens gab es Überlegungen des Ordre public. Diese sind natürlich in einem Bereich, der oft mit dem der Ehescheidung assoziiert wird, besonders stark, in dem das Recht "in unterschiedlichen sittlichen und religiösen Auffassungen wurzelt, was es für ein Land schwierig macht, die Entscheidungen der Gerichte eines anderen Landes anzuerkennen"(23). Dies galt um so mehr vor 30 Jahren, als das Übereinkommen abgefasst wurde. Hätte man den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf derart sensible Angelegenheiten erstreckt, so hätte gewiß die Gefahr eines Mißbrauchs des Begriffes des Ordre public durch die nationalen Gerichte bestanden, wenn diese sich nämlich geweigert hätten, Entscheidungen gemäß Artikel 27 Absatz 1 als Verstoß gegen den Ordre public anzuerkennen, der aber "nur in Ausnahmefällen eine Rolle spielen [kann]"(24). Das Ziel des Übereinkommens, die automatische Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, wäre offensichtlich unterlaufen worden, wenn, um es noch einmal mit den Worten von Droz zu sagen, "Fallgestaltungen, die in den Augen des entscheidenden Richters schockierend sind, unter Berufung auf den Ordre public schlicht und einfach ausgeschlossen würden"(25). Zur Veranschaulichung eines Falles zu den ehelichen Güterständen führt Droz als Beispiel eine niederländische Entscheidung an. Sie betrifft eine Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht zwischen einem niederländisch-italienischen Paar, das nach einer in Italien nicht anerkannten Ehescheidung geheiratet hatte.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>34. Der Sachverständigenausschuß, der den Entwurf des Brüsseler Übereinkommens abgefasst hatte, kam zu der Auffassung, daß der gesamte Fragenkomplex im Zusammenhang mit den Ausnahmen des Artikels 1 Absatz 2 Nummer 1 nach Inkrafttreten des Übereinkommens gegebenenfalls neu erörtert werden sollte(26). Im Jahr 1994 setzte der Rat eine Arbeitsgruppe für eine Erweiterung des Brüsseler Übereinkommens ein. Sie befasst sich zur Zeit mit Verhandlungen über ein neues Übereinkommen, allgemein als "Brüssel II" bekannt. Dieses neue Übereinkommen scheint sich aber auf die gerichtliche Zuständigkeit in den Bereichen Scheidung, gesetzliche Trennung, Ehegültigkeit und möglicherweise Sorgerecht für Kinder zu beschränken und wird keine Regelung für den Bereich der ehelichen Güterstände bringen(27).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>35. Die Terminologie des Artikels 1 des Brüsseler Übereinkommens führte beim Beitritt des Vereinigten Königreichs und Irlands zu einem besonderen Problem. In den Rechtsordnungen dieser Länder gibt es weder den Begriff des zwingenden oder mangels Vereinbarung eingreifenden gesetzlichen Güterstands noch den des besonderen vertraglichen Güterstands. Vereinbarungen zwischen Eheleuten unterliegen, auch wenn sie vor oder nach der Eheschließung getroffen werden, den allgemeinen Regeln und werden wie Vereinbarungen mit Dritten behandelt.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>36. Wegen dieses Unterschieds zwischen dem Ansatz der Länder des Common law und dem der sechs ursprünglichen kontinentaleuropäischen Vertragsstaaten wird der Begriff der ehelichen Güterstände im Schlosser-Bericht relativ ausführlich behandelt(28). Schlosser analysiert eingehender als Jenard die Rechtslage in den sechs ursprünglichen Vertragsstaaten und stellt heraus, daß unter dem Begriff der ehelichen Güterstände nicht in allen der untersuchten Rechtssysteme dieselben rechtlichen Beziehungen verstanden werden. Er führt dazu aus:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Um die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten sachlich gerecht zu ordnen, bedienen sich diese Rechtsordnungen nicht oder jedenfalls nicht überwiegend der im bürgerlichen Vermögensrecht sonst bekannten Rechtsfiguren und Rechtsinstitute. Sie haben vielmehr exklusive Rechtsinstitute entwickelt, deren Anwendbarkeit auf die Beziehungen unter Ehegatten beschränkt ist und deren wichtigste Eigenart in einer vermögensrechtlichen Globalregelung besteht. Es gibt aber nicht etwa in jeder Rechtsordnung nur eine einzige solche Globalregelung. Vielmehr stehen den Ehegatten mehrere davon zur Auswahl, die von der $allgemeinen Gütergemeinschaft` bis zur strikten $Gütertrennung` reichen können. Auch letztere ist aber, wenn von den Ehegatten gewählt, ein besonderer $Güterstand`, obwohl dann gerade kaum noch ehebedingte vermögensrechtliche Besonderheiten bestehen ... Treffen die Ehegatten keine Wahl, so gilt eine der vorgesehenen Globalregelungen kraft Gesetzes (sogenannter $gesetzlicher Güterstand`).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>...<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>Manche Regelungen gelten für alle Ehen unabhängig davon, in welchem speziellen Güterstand die Ehegatten leben ... Der Sinn von Artikel 1 Absatz 2 Nr. 1 verlangt, auch die für alle Ehen bestehenden vermögensrechtlichen Sonderbeziehungen vom Anwendungsbereich des EuGVÜ auszunehmen, sofern sie nicht unter den Begriff $Unterhaltsansprüche` fallen ...<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>In Anbetracht dieses Befundes stellt sich die gleiche Problematik, auf welche die Expertengruppe schon im Zusammenhang mit dem Begriff $Zivil- und Handelssachen` gestossen war. Es war jedoch möglich, den Begriff $eheliche Güterstände` nicht nur negativ abzugrenzen ..., sondern auch im Positiven, wenngleich vergröbernd, zu umschreiben. Dies erlaubt es insbesondere der Einführungsgesetzgebung im Vereinigten Königreich und in Irland, darauf aufbauend dem dortigen Richter zu sagen, welche Rechtsbeziehungen ... zu den ehelichen Güterständen gehören ... Eine förmliche Anpassung war daher entbehrlich.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>In negativer Abgrenzung lässt sich mit Sicherheit sagen, daß Unterhaltsansprüche unter Ehegatten in keiner Rechtsordnung aus Regelungen entspringen, die zu den Normen über die ehelichen Güterstände gehören. Als Unterhaltsansprüche lassen sich auch nicht nur periodisch wiederkehrende Geldleistungen bezeichnen ...<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Das Übereinkommen gilt dann nicht ..., wenn der Rechtsstreit Fragen zum Gegenstand hat, die während der Ehe oder nach deren Auflösung zwischen den Ehegatten untereinander ... wegen solcher Rechte an oder auf Vermögen entstanden sind, die sich aus der ehelichen Beziehung ergeben. Die genannten Rechte umfassen auch alle durch Gesetz oder Ehevertrag festgelegten Verwaltungs- und Verfügungsrechte, bezogen auf Vermögen, das den Ehegatten wechselseitig gehört."(29) <"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>37. In dem Durchführungsgesetz des Vereinigten Königreichs wurde lediglich der Wortlauf des Übereinkommens wiederholt, aber leider nicht, wie es nahegelegen hätte, der Begriff der "ehelichen Güterstände" erläutert. Wie unten dargelegt, entwickelte sich das englische Recht jedoch danach so, daß es unmöglich wurde, eine klare gesetzliche Unterscheidung zu treffen.<"C_IT", Font = F11, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Hintergrund des Artikels 5 Nummer 2 - "Unterhalt"<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>38. Das Brüsseler Übereinkommen enthält keine Definition des "Unterhalts". Schlosser stellt fest, daß der Unterschied zwischen dem Unterhaltsbegriff dieses Übereinkommens und dem des Haager Übereinkommens von 1973 nicht groß ist(30). Letzteres enthält ebenfalls keine Definition. In dem Bericht der Besonderen Kommission, die den Entwurf abgefasst hat, wird erklärt:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Die Sachverständigen riefen in Erinnerung, daß ihre Kollegen, die 1956 unter der Schirmherrschaft der Haager Konferenz oder der Organisation der Vereinten Nationen zusammengekommen waren, beim Versuch, diese Definitionen aufzustellen, nicht zu einem befriedigenden Text gelangt waren."(31)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>39. Den vorbereitenden Arbeiten zum Haager Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern anwendbare Recht und zum Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, auf das sich dieses Zitat bezieht, kann allenfalls entnommen werden, daß der Begriff weit ausgelegt werden sollte(32).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>40. Dem Schlosser-Bericht lässt sich eine Reihe von Punkten entnehmen, die für die Überlegungen zum Unterhaltsbegriff des Artikels 5 Nummer 2 des Brüsseler Übereinkommens hilfreich sind.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>41. Zunächst muß ein Unterhaltsanspruch (wie bereits erwähnt)(33) nicht auf periodisch wiederkehrende Geldleistungen gerichtet sein. Schlosser führt dazu aus:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Allein die Tatsache, daß die Gerichte des V. K. die Befugnis besitzen, nach Scheidung einer Ehe nicht nur periodische Zahlungen des einen Ehegatten an den anderen, sondern auch die Leistung eines einmaligen Geldbetrags anzuordnen, schließt daher nicht aus, von einem Verfahren bzw. einer Entscheidung über Unterhaltsansprüche zu sprechen. Selbst die Begründung dinglicher Sicherheiten und die Übertragung von Vermögensgegenständen, wie sie etwa auf dem Kontinent das italienische Scheidungsgesetz in seinem Artikel 8 kennt, können Unterhaltsfunktion haben."(34)<"C_IT", Font = F3, Top Margin = 0.000 inches, NewPage = No, Tab Origin = Column>42. Ausserdem ist es schwierig, zwischen einem Anspruch auf Unterhalt einerseits und Anspruch auf Schadensersatz und Vermögensauseinandersetzung andererseits zu unterscheiden(35). Hierzu führt Schlosser aus:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Auch auf dem europäischen Kontinent spielt bei Bemessung des Unterhalts, den ein geschiedener Ehegatte seinem früheren Parner schuldet, das Motiv einer Entschädigung des schuldlos Geschiedenen für den Verlust der ihm aus der Ehe erwachsenen Rechtsstellung eine Rolle ...<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>Das von richterlichen Ermessensbefugnissen geprägte und systematischen Festlegungen abholde Recht des V. K. macht indes keinen Unterschied danach, ob die auferlegten Leistungen Schadensersatz- oder Unterhaltsfunktion haben sollen."(36)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Vorstellung von einer Entschädigung des schuldlos Geschiedenen muß heute jedoch eine sehr viel geringere Bedeutung beigemessen werden angesichts der deutlichen scheidungsrechtlichen Tendenz weg vom Verschuldensprinzip hin zu einer einverständlichen Scheidung, wie sie in den Jahren zwischen 1970 und 1978 in Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal und dem Vereinigten Königreich eingeführt wurde(37).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>43. Schließlich kann der Leistung eines Pauschalbetrags zwischen Ehegatten sehr wohl der Gedanke einer Vermögensauseinandersetzung oder der Entschädigung zugrunde liegen. Wenn nämlich beide Ehegatten gut verdienen, kann die Leistung eines Pauschalbetrags nur einer Vermögensauseinandersetzung oder einer Entschädigung für immateriellen Schaden dienen und hat folglich keine Unterhaltsfunktion. Schlosser wiederholt, daß das Übereinkommen überhaupt nicht anwendbar ist, wenn die geltend gemachte oder angeordnete Zahlung ehegüterrechtlich einzuordnen ist, und daß für die Anwendung des Artikels 5 Nummer 2 im Fall einer Pauschalsumme allein darauf abzustellen ist, ob der Zahlung Unterhaltsfunktion zukommen soll(38).<"C_IT", Font = F11, NewPage = No, Tab Origin = Column>Die Rechtsprechung<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>44. Die Rechtsprechung zur Auslegung der hier einschlägigen Artikel 1 und 5 Nummer 2 des Brüsseler Übereinkommens ist leider spärlich und recht unergiebig.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>45. In der Rechtssache De Cavel ("De Cavel I")(39) untersuchte der Gerichtshof die Reichweite des Begriffes der "ehelichen Güterstände" als Ausnahmekriterium im Sinne des Artikels 1. Der Fall betraf die Vollstreckung einer französischen Verfügung in Deutschland, mit der "als sichernde Maßnahme in einem Ehescheidungsverfahren zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens die Siegelung der Möbel, der Kleidungsstücke und der sonstigen Fahrnis in der Wohnung der Parteien [in Deutschland] sowie die Siegelung eines Schließfaches und die Pfändung von Bankkonten der Antragsgegnerin bei zwei Bankinstituten [in Deutschland] angeordnet wurde"(40).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>46. Der Gerichtshof führte dazu aus:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Wird während eines Ehescheidungsverfahrens die einstweilige Regelung der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen Ehegatten erforderlich, dann steht diese in engem Zusammenhang mit den Gründen für die Scheidung sowie mit den persönlichen Verhältnissen der Ehegatten und der Kinder, die aus der Ehe hervorgegangen sind; sie ist daher nicht zu trennen von den Fragen des Personenstands, die durch die Auflösung der Ehe und die Aufhebung des ehelichen Güterstands aufgeworfen werden. Daraus folgt, daß der Begriff der $ehelichen Güterstände` nicht nur die in einigen nationalen Rechtsordnungen besonders und ausschließlich für das Rechtsverhältnis der Ehe vorgesehenen Güterstände umfasst, sondern ebenso alle vermögensrechtlichen Beziehungen, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben. Auseinandersetzungen über das Vermögen der Ehegatten während eines Scheidungsverfahrens können somit je nach Lage des Falls folgende Bereiche betreffen oder eng mit ihnen zusammenhängen: 1. Fragen des Personenstands; 2. vermögensrechtliche Beziehungen zwischen den Ehegatten, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben; 3. vermögensrechtliche Beziehungen, die zwischen den Ehegatten bestehen, jedoch keinen Zusammenhang mit der Ehe ausweisen. Während Rechtsstreitigkeiten der letzten Gruppe in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, sind solche im Zusammenhang mit den beiden erstgenannten Gruppen davon auszuschließen."(41)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>47. Mit diesen Feststellungen folgte der Gerichtshof den Ausführungen von Generalanwalt Warner, der vorgeschlagen hatte,<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"dem Begriff aufgrund des Umstands eine weite Bedeutung beizumessen, daß praktisch nur wenige Fälle von vermögensrechtlichen Streitigkeiten zwischen Ehegatten dankbar sind, in denen der $ehelichen Beziehung` keine Bedeutung zukommt ... Im Ergebnis sollte meiner Ansicht nach eine Vermutung dahin gehend gelten, daß eine Entscheidung oder eine Anordnung, die eine vermögensrechtliche Streitigkeit zwischen Ehegatten betrifft, vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgenommen ist, soweit der jeweils in Frage stehenden Entscheidung oder Anordnung nicht auf den ersten Blick zu entnehmen ist, daß dies nicht der Fall ist."(42)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>48. Der Generalanwalt ging dann kurz auf Anordnungen in Unterhaltssachen ein und stellte fest, daß sie "in der Regel auf die Zahlung von Geld gerichtet [sind]. Sie entfalten schuldrechtliche Wirkungen und lassen den vermögensrechtlichen Bereich unberührt mit Ausnahme des Falles, daß eine dinglich gesicherte Unterhaltsleistung angeordnet wird, doch ist das Vermögen dann nur in beschränktem Umfang und auf besondere Weise betroffen."(43)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>49. Der Gedankengang des Gerichtshofes in der Rechtssache De Cavel I ist nicht ganz klar. Eine Prüfung des Urteils legt den Schluß nahe, daß es für den Gerichtshof darauf ankam, daß die fraglichen sichernden Maßnahmen akzessorischer Natur waren. Sie seien nämlich "geeignet, die verschiedenartigsten Ansprüche zu sichern. Daher bestimmt sich ihre Zugehörigkeit zum Anwendungsbereich des Übereinkommens nicht nach ihrer eigenen Rechtsnatur, sondern nach derjenigen der durch sie gesicherten Ansprüche".(44) Die Ratio decidendi war anscheinend, daß die Maßnahmen, da sie akzessorisch zu Verfahren waren, die eindeutig ausserhalb des Geltungsbereichs des Übereinkommens lagen (Scheidung und nachfolgende Aufhebung des ehelichen Güterstands nach französischem Recht), damit ebenfalls ausserhalb seines Geltungsbereichs lagen.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>50. In der weiteren Rechtssache De Cavel (De Cavel II)(45) zwischen denselben Parteien ging es unter anderem um die Vollstreckbarkeit eines französischen Urteils auf eine monatliche Entschädigungsleistung im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsverfahren. Nach den maßgebenden Bestimmungen (Artikel 270 ff.) des Code civil sollen derartige Zahlungen soweit wie möglich den Unterschied zwischen den jeweiligen Lebensverhältnissen der Parteien vor und nach der Scheidung ausgleichen. Ihre Höhe bestimmt sich demnach nach den Mitteln des zahlenden Ehegatten und den Bedürfnissen des anderen. Die Vorlagefrage ging dahin, ob das Übereinkommen auch auf die Vollstreckung einer Anordnung in einem Ehescheidungsverfahren anzuwenden ist, durch die einer der Parteien ein Unterhaltsbetrag zuerkannt wird. Der Rechtsstreit kam vor der Änderung des Artikels 5 Nummer 2 beim Beitritt des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks vor den Gerichtshof, mit der klargestellt wurde, daß sich der Geltungsbereich des Übereinkommens auf solche akzessorischen Ansprüche erstreckt. Wie vorauszusehen, entschied der Gerichtshof, daß die Ausgleichszahlungen Unterhaltsfunktion haben. Er schloß daraus, daß sich der Anwendungsbereich des Übereinkommens "auf Unterhaltsverpflichtungen erstreckt, die durch Gesetz oder Richterspruch einem Ehegatten für die Zeit nach der Scheidung auferlegt werden"(46).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>51. In seiner Entscheidung in der Rechtssache De Cavel II wollte der Gerichtshof ausserdem die Begründung seines früheren Urteils neu formulieren. In einer dritten Rechtssache über den Ausschluß der "ehelichen Güterstände", W./H.(47), (auf die nicht weiter einzugehen ist, da ihr für die Bedeutung des Artikels 5 Nr. 2 nichts weiter zu entnehmen ist) wiederholte der Gerichtshof jedoch den im Urteil De Cavel I niedergelegten Grundsatz, ohne seine Ausführungen in der dazwischen liegenden Rechtssache zu beachten. Folglich bleibt die erste Entscheidung maßgebend.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>52. Gegen diese weite Auslegung der "ehelichen Güterstände" durch den Gerichtshof mag sprechen, daß die Bestimmung als Ausnahme vom allgemeinen Anwendungsbereich des Übereinkommens für "Zivil- und Handelssachen" eher eng auszulegen sein sollte. Im Jenard-Bericht heisst es, daß der Begriff "Zivil- und Handelssachen" sehr weit sei und daß mit dem Ausschluß einzelner Rechtsgebiete anstelle einer positiven Umschreibung des Geltungsbereichs des Übereinkommens diese weite Auslegung habe beibehalten werden sollen: "In diesem Rahmen ist das Übereinkommen weit auszulegen."(48)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>53. Man sollte vielleicht auch bedenken, daß sich der Gerichtshof im Urteil De Cavel I nicht auf die Abgrenzung von "ehelichen Güterständen" und Unterhalt konzentriert hat. Was die Trennungslinie zwischen diesen beiden Begriffen angeht, wirkt sich eine weite Auslegung des ersten zwangsläufig zu Lasten des Geltungsbereichs des zweiten aus. Ich kann keinen Grund dafür erkennen, auf diese Weise das Gleichgewicht zwischen zwei gleichrangigen Vorschriften zu stören.<"C_IT", Font = F11, NewPage = No, Tab Origin = Column>Finanzielle Regelung im Ehescheidungsverfahren in England und Wales<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>54. Streitgegenstand in der vorliegenden Rechtssache ist die Frage, ob die Anordnung eines englischen Gerichts im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens nach Artikel 1 des Brüsseler Übereinkommens von dessen Geltungsbereich ausgenommen ist. Offensichtlich stimmen die Regeln des Vereinigten Königreichs zum ehelichen Güterrecht nicht mit denen der kontinentaleuropäischen Vertragsstaaten überein. Die Frage lautet, inwieweit sie daher nicht unter die Ausnahmevorschrift fallen. Ehe man sich dieser Frage zuwendet, ist es vielleicht sinnvoll, zunächst kurz auf den gesetzlichen Rahmen für die finanzielle Regelung im englischen Ehescheidungsverfahren einzugehen.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>55. Seit dem Inkrafttreten des Married Women's Property Act von 1882, wonach eine verheiratete Frau Eigentum erwerben, behalten und darüber verfügen kann wie eine "feme sole"(49) (ledige Frau), geht das englische Recht von der Vermutung einer Gütertrennung aus. Diese Vermutung kann natürlich widerlegt werden, wenn ausdrücklich oder stillschweigend vorgesehen ist, daß bestimmte Güter gemeinsames Vermögen darstellen.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>56. Die Befugnisse der englischen Gerichte, im Scheidungsverfahren die Leistung eines Pauschalbetrags und die Übertragung des Eigentums an bestimmten Gegenständen anzuordnen, sind relativ jung. Die Befugnis, die Leistung eines Pauschalbetrags anzuordnen, wurde 1963 eingeführt (obwohl die Befugnis, den Unterhalt durch Bewilligung eines solchen Betrages sicherzustellen, über den Matrimonial Causes Act von 1950 und den Judicature Act von 1925 weiter zurück ins 19. Jahrhundert verfolgt werden kann). Die Befugnis, die Übertragung von Eigentum anzuordnen, geht auf den Matrimonial Proceedings and Property Act von 1970 zurück: Bis dahin konnten die Gerichte in einem Ehescheidungsverfahren keine Übertragung von Eigentum zwischen den Ehegatten anordnen, sondern waren insofern an die bestehenden Eigentumsverhältnisse gebunden(50). Die meisten Regelungen des Gesetzes von 1970 gelten in dem heutigen Gesetz, dem Matrimonial Causes Act von 1973, weiter. Für die vorliegende Rechtssache sind Sections 21, 23, 24, 25 und 25A(51) dieses Gesetzes von 1973 besonders wichtig. Sie enthalten folgende Regelung.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>57. In Ehescheidungsverfahren (sowie bei Ehenichtigkeit oder rechtswirksamer Trennung) verfügen die englischen Gerichte über ein weites Ermessen hinsichtlich des Erlasses finanzieller Maßnahmen, einschließlich periodischer oder pauschalierter Zahlungen zwischen den Ehegatten, und eines Vermögensausgleichs, einschließlich der Übertragung von Eigentum von einem Ehegatten auf den anderen. Die Ermessensbefugnisse hinsichtlich der Vermögensauseinandersetzung zwischen Ehegatten stehen in deutlichem Kontrast zu einigen kontinentaleuropäischen Rechtssystemen, wo die Gerichte im Ehescheidungsverfahren keine Übertragung von Eigentum anordnen können, da sie an die geltenden Eigentumsverhältnisse gebunden sind, die ihrerseits in der Regel auf einer früheren Vereinbarung beruhen oder kraft Gesetzes gelten.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>58. Das englische Gericht muß bei der Ermessensausübung alle Umstände des Falles berücksichtigen, wobei der Vorrang dem Wohl der minderjährigen Kinder der Familie gebührt. Will das Gericht seine Befugnisse ausüben, die Leistung eines Pauschalbetrags oder einen Vermögensensausgleich in bezug auf den anderen Ehegatten (im Gegensatz zu einem Kind der Familie) anzuordnen, so muß es das Einkommen, die Erwerbsfähigkeit, das Vermögen sowie andere finanzielle Quellen eines jeden der beiden Ehegatten berücksichtigen, weiterhin ihren jeweiligen finanziellen Bedarf, ihre Verpflichtungen und Verbindlichkeiten, den Lebensstandard der Familie vor dem Scheitern der Ehe, das Alter der Ehegatten und die Dauer der Ehe, mögliche körperliche oder geistige Behinderungen der Ehegatten, den Beitrag eines jeden Ehegatten zum Wohl der Familie, einschließlich der Pflege des Heims und der Versorgung der Familie, ihr jeweiliges Verhalten, soweit es nach Ansicht des Gerichts unbillig wäre, dieses nicht zu berücksichtigen, sowie die Höhe künftiger Ansprüche, z. B. eine Pension, die der andere Ehegatte nicht mehr wird erwerben können.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>59. Über diese besonderen Leitlinien hinaus nennt das Gesetz kein allgemeines mit der Anordnung zu verfolgendes Ziel. Vor der Gesetzesänderung von 1984 musste das Gericht seine gesetzlichen Befugnisse so ausüben, "daß die Parteien, soweit es möglich und unter Berücksichtigung ihres Verhaltens gerecht ist, in die Lage versetzt werden, in der sie sich befänden, wenn die Ehe fortbestuende und jede Partei ihren finanziellen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten gegenüber der anderen ordnungsgemäß nachgekommen wäre"(52). Mit der Neufassung der Section 25 im Jahr 1984 wurde diese Regelung fallengelassen. Gleichzeitig wurde das Gesetz dahin gehend geändert, daß das Gericht in allen Fällen, in denen es bei oder nach einer Ehescheidung oder -nichtigkeitserklärung eine Anordnung zugunsten einer Partei trifft, erwägen muß, seine Ermessensbefugnisse so auszuüben, "daß die gegenseitigen finanziellen Verpflichtungen der Parteien aufgehoben werden, sobald das Gericht dies nach Erlaß des Urteils für recht und billig hält"(53). Das Gericht muß, mit anderen Worten, nun erwägen, eine "vollständige Trennung" ("clean break") herbeizuführen.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>60. Die Parteien können die Befugnisse des Gerichts nach dem Matrimonial Causes Act von 1973 nicht durch eine private Vereinbarung ausschließen(54). Daher bindet eine frühere Vereinbarung zwischen Ehegatten über ihre Eigentumsverhältnisse das Gericht bei einer Anordnung im Ehescheidungsverfahren nicht, stellt aber gleichwohl einen Umstand dar, den es berücksichtigen muß(55). Dies steht wiederum in starkem Kontrast zur Rechtslage in einigen kontinentaleuropäischen Rechtssystemen, in denen das Gericht bei einem Streit zwischen Ehegatten über ihre Vermögensverhältnisse jede zwischen ihnen getroffene Vereinbarung oder, mangels einer solchen, die kraft Gesetzes bestehenden Eigentumsverhältnisse gelten lassen muß.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>61. Eine der durch das Gesetz von 1970, dem Vorgänger des Gesetzes von 1973, eingeführten Änderungen war die Abschaffung der früheren Terminologie, die zwischen Alimenten, Unterhaltszahlungen und periodisch wiederkehrenden Geldleistungen unterschieden hatte. Heute wird all dies als finanzielle Maßnahmen bezeichnet und kann als periodische Zahlungen oder als Leistung eines Pauschalbetrags erfolgen. Der Unterhaltsbegriff wurde abgeschafft, da er auf eine gewisse Unterlegenheit des Unterhaltberechtigten schließen lasse(56). Obwohl ein Pauschalbetrag der Unterhaltsfunktion dienen kann - er wird bei einer "vollständigen Trennung" ("clean break"), wie sie das Gericht nun möglichst vornehmen soll, sogar das einzige Mittel für die Anordnung einer Unterhaltszahlung zwischen Ehegatten darstellen - besteht der "wichtigere Zweck der Ermessensbefugnis ... darin, die Vermögenswerte der Parteien gegenseitig auszugleichen. Besitzt der Ehemann z. B. Aktien, kann das Gericht der Ehefrau einen Teil des Gewinns daraus zuerkennen. [Es] kann dies direkt tun, indem es ihre Übertragung in natura anordnet; viel häufiger jedoch wird es den Ehemann zur Zahlung eines Pauschalbetrags an die Ehefrau verurteilen."(57)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>62. Insgesamt gesehen legen die oben zusammengefassten Vorschriften nahe, daß es willkürlich sein kann, zu versuchen, im Hinblick auf eine gerichtliche Anordnung zwischen der gerechten Vermögensauseinandersetzung und einer Unterhaltsleistung zu trennen. Dies wiederum lässt darauf schließen, daß es im Einzelfall erforderlich ist, den Hauptzweck der Anordnung zu berücksichtigen, will man dem Bestreben des Gerichtshofes Rechnung tragen, im Interesse einer einheitlichen Anwendung eine eigenständige Auslegung der in dem Übereinkommen verwendeten Begriffe und Konzepte zu entwickeln(58). Auf diesen umstrittenen Punkt werde ich noch zurückkommen.<"C_IT", Font = F11, NewPage = No, Tab Origin = Column>Leitlinien für das nationale Gericht<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>63. Im Lichte der bisherigen Ausführungen will ich nun einige Leitlinien vorschlagen, die dem nationalen Gericht bei seiner Entscheidung darüber helfen sollen, ob sich in einem englischen Ehescheidungsverfahren die Anordnung eines Pauschalbetrags auf "die ehelichen Güterstände" im Sinne des Artikels 1 des Übereinkommens oder auf eine Unterhaltsleistung bezieht. Bei der Formulierung dieser Leitlinien will ich auch auf die Bedeutung der damit verbundenen besonderen Fragen eingehen, wie auf die Kapitalisierung des Einkommensbedarfs, die parallele Anordnung der Übertragung von Eigentum und Nichtbeachtung eines kontinentaleuropäischen güterrechtlichen Vertrages durch das englische Gericht.<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Die Stellung der Anordnungen im englischen Ehescheidungsverfahren im Zusammenhang des Übereinkommens: allgemeine Bemerkungen<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>64. Vorab möchte ich feststellen, daß die blosse Tatsache, daß das englische Recht keine besondere Regelung für die ehelichen Güterstände trifft, nicht bedeutet, daß eine Anordnung in einem englischen Ehescheidungsverfahren nie eine Ausnahme im Sinne des Artikels 1 darstellt und daß damit jede Anordnung als eine nicht ausdrücklich vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausgenommene Zivilsache nach dem Übereinkommen vollstreckbar ist.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>65. Zunächst war beim Beitritt des Vereinigten Königreichs und Irlands zweifellos vorgesehen, daß die Definition in irgendeiner Weise auch in diesen Staaten gelten sollte: vgl. dazu die oben in Nummer 36 erwähnten Ausführungen im Schlosser-Bericht, einschließlich der Aufforderung an den Gesetzgeber dieser Staaten, eine Definition vorzunehmen. So sah es im übrigen auch Generalanwalt Warner, der in der Rechtssache De Cavel I(59) feststellte, daß sich mit dem Beitritt des Vereinigten Königreichs und Irlands zum Übereinkommen die Unterschiede zwischen den Güterstandsregelungen vergrössern würden, die nach Artikel 1 vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausgenommen sein sollten(60).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>66. Jedenfalls gibt es keinen zwingenden begrifflichen Grund, ein Rechtssystem, das durch die im Common law geltende Vermutung der Gütertrennung, vorbehaltlich einer richterlichen Ermessensbefugnis bezueglich der Anpassung dieser Eigentumsverhältnisse bei Auflösung der Ehe, gekennzeichnet ist, in irgendeiner Weise anders zu behandeln als ein Rechtssystem, das zu demselben Ergebnis durch eine gesetzliche Regelung gelangt. Dieser Ansatz wird auch vom Schlosser-Bericht gestützt, wonach sogar die strikte Gütertrennung, wenn von den Ehegatten gewählt (wie es in England hilfsweise der Fall ist), "ein besonderer $Güterstand`" ist.(61)<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>67. Zudem gelten die Gründe dafür, "die ehelichen Güterstände" vom Geltungsbereich des Brüsseler Übereinkommens auszunehmen - nämlich der Ordre public und die Unterschiede zwischen materiellem Recht und Kollisionsrecht - in gleicher Weise für das englische Recht. Das Argument des Ordre public ist eindeutig ebenso stark, und die Unterschiede des materiellen und des Kollisionsrechts gegenüber dem der kontinentaleuropäischen Rechtssysteme sind, zumindest was das materielle Recht anbelangt, grösser als die Unterschiede zwischen den verschiedenen kontinentaleuropäischen Rechtssystemen. Vor allem sollte man im Hinblick auf die Kollisionsnormen der Länder des Common law für die ehelichen Güterstände nicht meinen, diese seien weniger komplex oder mannigfaltig als die der kontinentaleuropäischen Rechtssysteme: vgl. dazu die Antwort des Vereinigten Königreichs in dem Fragebogen der Haager Konferenz über Internationales Privatrecht über die Kollisionsnormen für das eheliche Güterrecht(62).<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>68. Schließlich ist die Gegenmeinung, wonach die englischen Regeln als Teil des allgemeinen Rechts anstelle eines besonderen ehelichen Güterrechts nicht unter die Definition der "ehelichen Güterstände" fallen, nur schwer mit der weiten Auslegung dieses Begriffes zu vereinbaren, wie sie der Gerichtshof im Urteil De Cavel I(63) vertreten hat, insbesondere mit der Feststellung, daß der Begriff "nicht nur die in einigen nationalen Rechtsordnungen besonders und ausschließlich für das Rechtsverhältnis der Ehe vorgesehenen Güterstände umfasst, sondern ebenso alle vermögensrechtlichen Beziehungen, die sich unmittelbar aus der Ehe oder ihrer Auflösung ergeben"(64).<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Die Bedeutung des früheren kontinentaleuropäischen Ehevertrags <"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>69. Das vorlegende Gericht stellt die Frage nach der Bedeutung des niederländischen Ehevertrags (also des von den Ehegatten während der Ehe, für die ursprünglich Gütergemeinschaft galt, vereinbarten Güterstands der allgemeinen Gütertrennung) für die Einordnung und damit die Vollstreckbarkeit des englischen Urteils. Genauer gesagt fragt das vorlegende Gericht, ob es von Bedeutung ist, daß das englische Gericht festgestellt hat, daß es den Ehevertrag für nicht verbindlich halte, und daß dem Urteil nicht zu entnehmen ist, inwieweit diese Auffassung die Entscheidung beeinflusst hat.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>70. Für einen Antrag auf Zulassung der Vollstreckung nach dem Brüsseler Übereinkommen kommt es allein darauf an, ob - oder inwieweit - die Anordnung den Charakter einer Unterhaltsentscheidung hat, so daß sie in den Geltungsbereich des Übereinkommens fällt und danach vollstreckbar ist.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>71. Ich kann nicht erkennen, warum die Aussage des englischen Gerichts, es halte die Vereinbarung der Gütertrennung für nicht verbindlich, für die Einordnung der schließlich ergangenen Anordnung bedeutsam sein sollte. Nach englischem Recht war diese Vereinbarung für das Gericht nicht verbindlich, obwohl sie einen von ihm zu beachtenden Umstand darstellt. Aus dem Urteil folgt deutlich, daß das englische Gericht den Ehevertrag und seine Auswirkungen auf die ihm vorliegenden Streitpunkte eingehend untersucht hat. Es hat ihn nämlich insofern gelten lassen, als es davon ausging, daß die früheren Ehegatten ihre verschiedenen Vermögenswerte vertragsgemäß nicht gemeinschaftlich besessen haben. Es wollte daraus jedoch nicht schließen, daß die Ehefrau mit dem Vertrag alle Rechte auf einen späteren Kapitalausgleich verwirkt hat. Die Gründe des Gerichts, den Ehevertrag insoweit nicht zu beachten, haben anscheinend allein mit der Fairneß der Vereinbarung unter den gegebenen Umständen zu tun.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>72. Ich halte daher in dieser Rechtssache den Umstand, daß das englische Gericht diesen Aspekt der Vereinbarung unbeachtet ließ, für unerheblich in bezug auf den Streitgegenstand vor dem Gerichtshof, nämlich die Frage, ob die Verurteilung zur Leistung eines Pauschalbetrags den Charakter einer Unterhaltsentscheidung hat und damit vollstreckbar ist.<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Pauschalbetrag als Unterhalt<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>73. Wendet man sich den Kriterien für die Einordnung der Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags zu, steht an einem Ende des Spektrums der Fall, daß der Berechtigte keine Erwerbsmöglichkeit hat und der Pauschalbetrag im Rahmen einer "vollständigen Trennung" ("clean break") dem berechtigten Ehegatten anstelle von periodischen Zahlungen zuerkannt wird. Hier muß dem Pauschalbetrag zumindest teilweise Unterhaltsfunktion zugesprochen werden. Schlosser erkennt dies ausdrücklich an. Er geht sogar noch weiter und stellt fest, daß die Übertragung von Eigentum bei der Ehescheidung unter bestimmten Umständen Unterhaltsfunktion habe(65). Die Kommission vertritt dieselbe Auffassung, indem sie darauf hinweist, daß die Übertragung von Eigentum als solche nicht automatisch vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausgenommen sei, sondern nur insoweit, als sie keinen Unterhaltscharakter habe. Sie verweist auf ihre schriftlichen Erklärungen in der Rechtssache De Cavel II(66), wonach, wenn "eine im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens festgesetzte Leistung dazu bestimmt [sei], dem bedürftigen Ehegatten einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen, ... es sich um Unterhalt im Sinne des Übereinkommens [handele]"(67). Daraus folgert die Kommission zu Recht, daß die Leistung eines Pauschalbetrags oder die Übertragung von Eigentum, wenn mit ihr dieser Zweck verfolgt wird, ungeachtet ihrer Form Unterhaltscharakter hat. Auch nach Auffassung der österreichischen Regierung kommt einem Pauschalbetrag insoweit Unterhaltsfunktion zu, als bei Festlegung seiner Höhe die jeweiligen Bedürfnisse der Ehegatten und ihre finanziellen Möglichkeiten berücksichtigt würden. Zu beachten sind also die mit der jeweiligen Anordnung verfolgten Ziele. Es ist zu hoffen, daß die nationalen Gerichte bei der Abfassung von Entscheidungen an dieses Erfordernis denken werden, so daß man diesen Zweck den Entscheidungsgründen entnehmen kann.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>74. Das vorlegende Gericht stellt die Frage, ob die Tatsache relevant ist, daß der Einkommensbedarf kapitalisiert wird. Diese Frage umfasst in Wirklichkeit zwei verschiedene Punkte.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>75. Zunächst geht sie dahin, ob es sich bei einem Pauschalbetrag überhaupt um Unterhalt handeln kann. Ich habe meine Ansicht, daß dem so ist, bereits dargelegt.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>76. Zweitens geht sie dahin, ob für diese Einordnung die Tatsache bedeutsam ist, daß ein Pauschalbetrag in bestimmter Höhe festgesetzt wurde, um auf diese Weise einem vorher festgelegten Einkommensbedarf zu genügen. Meiner Ansicht nach und auch nach Auffassung der Kommission ist diese Tatsache ein starkes Indiz dafür, daß der Pauschalbetrag eine Einkommensquelle sei und nicht der Neuverteilung des Eigentums dienen soll. Dies wiederum wird nahelegen, daß der Pauschalbetrag ungeachtet seiner Bezeichnung Unterhaltscharakter hat: Es beweist, daß das Gericht ein Einkommen sichern wollte, ohne periodische Zahlungen anzuordnen. In der vorliegenden Rechtssache z. B. stellte das Gericht im Zusammenhang mit dem Betrag von 500 000 UKL, einem Teil der zugesprochenen Gesamtsumme, klar, daß es den Einkommensbedarf kapitalisierte, um zu gewährleisten, daß die geschiedene Ehefrau "nicht mehr auf die Unterstützung ihres [geschiedenen] Mannes angewiesen" wäre.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>77. Hat man einmal anerkannt, daß sich ein Pauschalbetrag ungeachtet seiner Kapitalisierung auf den Unterhalt beziehen kann, kann diese Feststellung nicht durch die blosse Tatsache erschüttert werden, daß das Gericht bei Bestimmung der angemessenen Höhe die jeweiligen Eigentumsverhältnisse an dem ehelichen Vermögen berücksichtigte, und in derselben Entscheidung, mit der es die Leistung des Pauschalbetrags anordnete, einen gewissen Vermögensausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten anordnete. Damit der angemessene Pauschalbetrag nach Auflösung der Ehe genau und gerecht berechnet werden kann, wird das Gericht diese Faktoren beachten müssen. Es sind sogar Umstände denkbar, unter denen eine direkte Übertragung von Eigentum anstelle der oder zusätzlich zur Leistung eines Pauschalbetrags die angemessenere Lösung darstellt.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>78. Zu bedenken ist auch, daß eine parallele Anordnung zur Übertragung von Eigentum dazu führen kann - und in der Tat häufig dazu führen wird -, daß der Pauschalbetrag niedriger ausfällt, als er es ohne diese Anordnung gewesen wäre, da der Empfänger in die Lage versetzt wird, einen Teil des gesamten Kapitalbetrags, den das Gericht für angemessen hält, selbst zu erzielen. Dieser Gesichtspunkt wird in der vorliegenden Rechtssache gut veranschaulicht. Obwohl Justice Cazalet von einem Gesamtbetrag in Höhe von 875 000 UKL ausging, den die geschiedene Ehefrau seines Erachtens "in bar benötigt, um für sich selbst sorgen zu können", belief sich der zugesprochene Pauschalbetrag auf 340 000 UKL, da der Vermögensausgleich grossenteils dadurch vorgenommen wurde, daß ihr der geschiedene Ehemann Eigentum an Vermögensgegenständen, die ihm direkt oder indirekt gehörten, im Hinblick auf deren Verkauf übertragen musste.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>79. Da aus dem Urteil von Justice Cazalet hervorgeht, daß die insgesamt zugesprochenen 875 000 UKL den Betrag darstellen, den die geschiedene Ehefrau seiner Ansicht nach braucht, um für sich selbst sorgen zu können, und da es sich bei dem Pauschalbetrag in Höhe von 340 000 UKL, um dessen Vollstreckung es hier geht, um einen Teil des Gesamtbetrags handelt, müsste dementsprechend das vorlegende Gericht diesen Pauschalbetrag richtigerweise als Unterhalt ansehen und damit als vollstreckbar sowohl nach dem Brüsseler Übereinkommen als auch nach dem Haager Übereinkommen.<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Pauschalbetrag als Vermögensauseinandersetzung<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>80. Am anderen Ende des Spektrums, bei gutem Verdienst beider Parteien, wird die Zahlung eines Pauschalbetrags oft nicht als Unterhaltszahlung, sondern zur Vermögensauseinandersetzung angeordnet werden. In diesem Extremfall betrifft sie meines Erachtens "die ehelichen Güterstände" und ist damit nach dem Brüsseler Übereinkommen nicht vollstreckbar.<"C_IT", Font = F22, NewPage = No, Tab Origin = Column>Zusammengesetzte Anordnungen<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>81. Unausweichlich wird es jedoch auch Anordnungen auf Leistung eines Pauschalbetrags geben, die irgendwo zwischen diesen beiden Extremen - unzweifelhaft Unterhalt oder Vermögensauseinandersetzung - liegen. Einige davon dürften die Merkmale beider Typen aufweisen: Sie dienen zum einen Teil der Sicherung des Unterhalts, im übrigen der Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten. Vorausgesetzt, daß die Anordnung eindeutig und vollständig begründet ist, sollte das Gericht, bei dem der Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt wird, selbst in der Lage sein, die beabsichtigten Proportionen festzustellen. Zusätzlich zu einer klaren Begründung ist es unerläßlich, daß eine derartige zusammengesetzte Anordnung rechnerisch transparent ist, so daß das Gericht, das um Vollstreckbarerklärung ersucht wird, den vollstreckbaren vom nicht vollstreckbaren Teil trennen kann. Selbst wenn die Anordnung eines Pauschalbetrags nicht von vornherein erkennen lässt, daß sie sowohl dem Unterhaltsbedarf als auch einer Vermögensauseinandersetzung dienen soll, sollte das vollstreckende Gericht meiner Ansicht nach zu dem Schluß kommen, daß sich unter Umständen, unter denen der als angemessen angesehene Unterhalt schon gesichert ist, der Restbetrag auf das eheliche Güterrecht bezieht (z. B. in dem Fall, daß der Unterhalt durch ein bestimmtes Einkommen erzielt wird, das aus einer Kapitalsumme herrührt, die einen Teil des angeordneten Pauschalbetrags darstellt). <"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>82. Sollte ein nationales Gericht in einer bestimmten Rechtssache entscheiden, daß sich eine englische Anordnung eines Pauschalbetrags teilweise auf den Güterstand und teilweise auf Unterhalt bezog, könnte es nach Artikel 42 Absatz 2 des Brüsseler Übereinkommens eine Vollstreckung in dem Umfang zulassen, in dem sich die Anordnung auf den Unterhalts bezog, ungeachtet der Tatsache, daß die Anordnung, soweit sie die ehelichen Güterstände zum Gegenstand hatte, nicht vollstreckbar wäre.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>83. Artikel 42 sieht vor:<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>"Ist durch die ausländische Entscheidung über mehrere mit der Klage geltend gemachte Ansprüche erkannt und kann die Entscheidung nicht im vollen Umfang zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden, so lässt das Gericht sie für einen oder mehrere dieser Ansprüche zu.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>Der Antragsteller kann beantragen, daß die Zwangsvollstreckung nur für einen Teil des Gegenstands der Verurteilung zugelassen wird."<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>84. Absatz 2 soll die Fälle erfassen, in denen z. B. um Vollstreckung eines Urteils auf Zahlung eines Geldbetrags ersucht wird, ein Teil dieses Betrages aber nach Erlaß des Urteils gezahlt wurde. Absatz 1 hingegen soll die Fällen erfassen, in denen sich ein Urteil auf getrennte und voneinander unabhängige Klageansprüche bezieht, von denen ein Teil nicht vollstreckbar ist(68). Meiner Ansicht nach gibt es keinen Grund, warum eine teilweise Vollstreckung nach Absatz 2 in Analogie zu Absatz 1 nicht auch möglich sein sollte, wenn sich ein Teil des in Frage stehenden Geldbetrags auf eine nach dem Brüsseler Übereinkommen vollstreckbare Forderung bezieht und der übrige Teil auf eine nicht danach vollstreckbare Forderung. Die Frage, ob das Gericht, das um Zulassung der Vollstreckung ersucht wird, eine teilweise Vollstreckung seiner eigenen Entscheidung anordnen oder eine Änderung des Antrags zulassen kann, wird von den jeweils geltenden Verfahrensvorschriften abhängen.<"C_IT", Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>85. Zusammenfassend ist festzustellen, daß ein Urteil, das als Ganzes genommen so betrachtet werden kann, daß es im wesentlichen den Charakter einer Unterhaltsentscheidung hat, als Ganzes anerkannt und vollstreckt werden sollte. Wo eine klare Trennung verschiedener Aspekte eines Urteils möglich ist, sollte es, soweit es den Unterhalt betrifft, nach der oben zitierten Vorschrift anerkannt und vollstreckt werden.<"C_CC", Font = F11, Tab Origin = Column>Ergebnis<"C_CC", Font = F3, Tab Origin = Column>Ich schlage daher vor, die von der Arrondissementsrechtbank Amsterdam vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:<"C_CC", Font = F3, Tab Origin = Column>Eine im Rahmen eines Scheidungsverfahrens ergangene Anordnung fällt ungeachtet ihrer Form unter das Brüsseler Übereinkommen, wenn sie im wesentlichen den Unterhalt betrifft. Dementsprechend ist eine Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags vollstreckbar, wenn sie im wesentlichen den Unterhalt betrifft. Der Umstand, daß eine Verurteilung zur Zahlung eines Pauschalbetrags mit einer Anordnung auf Übertragung des Eigentums an bestimmten Gegenständen von einem Ehegatten auf den anderen verbunden ist, steht ihrem Charakter als Unterhaltsentscheidung nicht entgegen.

    (1) - Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, ABl. L 304, S. 77, und des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland, ABl. L 388, S. 1.

    (2) - Vgl. den Bericht von P. Jenard über das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. 1979, C 59, S. 1 (nachfolgend: Jenard-Bericht).

    (3) - Section 5 (2) des Domicile and Matrimonial Proceedings Act 1973.

    (4) - Vgl. unten, Nrn. 57 und 58.

    (5) - Vgl. unten, Nr. 8.

    (6) - Das Urteil bezieht sich hier auf ein letztlich ergebnisloses Verfahren der Ehefrau, mit dem sie versucht hat, eine beträchtliche Provisionszahlung, die der Ehemann angeblich 1982 erhalten hatte, aufzuspüren. Beträge in Höhe von 237 000 UKL waren von dem Konto abgehoben worden, eine Woche bevor die Schweizer Gerichte eine Sperranordnung erließen, mit der dann nur der auf dem Konto übriggebliebenene eine Gulden gesperrt wurde.

    (7) - Vgl. unten, Nr. 60.

    (8) - Urteil vom 27. Oktober 1993 in der Rechtssache C-127/92 (Enderby, Slg. 1993, I-5535, Randnr. 10).

    (9) - Urteil vom 4. Februar 1988 in der Rechtssache 145/86 (Hoffmann, Slg. 1988, 645, Randnrn. 26 bis 34).

    (10) - Zitiert oben, Nr. 1.

    (11) - Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und zu dem Protokoll über seine Auslegung durch den Gerichtshof (ABl. L 304, S. 1).

    (12) - Eine gleichlautende Vorschrift wie Artikel 25 Absatz 2 des Beitrittsübereinkommens von 1978 wurde mit dem Beitrittsübereinkommen von 1989 als Artikel 57 Absatz 2 in das Brüsseler Übereinkommen eingefügt.

    (13) - Anzumerken ist, daß der prozessuale Rahmen möglicherweise weiter vereinfacht wird durch das Übereinkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften über die Verfahrensvereinfachung bei der Vollstreckung von Unterhaltsverpflichtungen, unterzeichnet am 6. November 1990. Dieses Übereinkommen tritt 90 Font = F3, NewPage = No, Tab Origin = Column>28. Diese Auslegung wird durch die vorbereitenden Arbeiten zum Haager

    (14) - Bericht von M. Verwilghen, veröffentlicht in: Actes et documents de la Douzième session - Band IV - Obligations alimentaires, Den Haag, Bureau Permanent de la Conférence, 1975, S. 95.

    (15) - Das Brüsseler Übereinkommen trat am 1. Februar 1973 in Kraft; der Bericht der Besonderen Kommission wurde im Juni 1972 erstellt.

    (16) - Absatz 117 des Berichts.

    (17) - Absatz 118.

    (18) - Vgl. dazu auch den Jenard-Bericht, S. 11, den Bericht von Professor Peter Schlosser über das Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und zu dem Protokoll über seine Auslegung durch den Gerichtshof, ABl. 1979, C 59, S. 71 (nachfolgend: Schlosser-Bericht), Abschnitte 45 bis 47, und die Schlussanträge von Generalanwalt Warner in der Rechtssache 143/78 (De Cavel, Slg. 1979, 1055, 1073).

    (19) - Zitiert oben, Fußnote 2.

    (20) - S. 11.

    (21) - Vgl. die Kommentierung des Urteils in der Rechtssache De Cavel von G.A.L. Droz in: Revü critique de droit international privé, 1980, S. 621, 626.

    (22) - S. 10.

    (23) - Vgl. die Erklärungen des Vereinigten Königreichs in der Rechtssache De Cavel, zitiert oben, Fußnote 18, S. 1061.

    (24) - Jenard-Bericht, S. 44; Urteil in der Rechtssache Hoffmann, zitiert oben, Fußnote 9, Randnr. 21, und Urteil vom 20. Oktober 1996 in der Rechtssache C-78/95 (Hendrikman und Feyen, Slg. 1996, I-0000, Randnr. 23).

    (25) - G.A.L. Droz, Compétence judiciaire et effets des jugements dans le marché commun, Paris, Librairie Dalloz, 1972, S. 34, Abschnitt 43, Absatz 2.

    (26) - Jenard-Bericht, S. 11.

    (27) - Vgl. weiter P. Beaumont und G. Moir, Brussels Convention II: A New Private International Law Instrument in Family Matters for the European Union or the European Community?, European Law Review, 1995, S. 268; K. D. Kerameus, The Scope of Application of the Brussels Convention and its Extension to Matrimonial Matters, La cooperazione giudiziaria nell'Europa dei cittadini situazione esistente prospettive di sviluppo (Speciale documenti giustizia - 1, 1996), Spalten 69 bis 78.

    (28) - Zitiert oben, Fußnote 18.

    (29) - Nrn. 45 bis 50.

    (30) - Schlosser-Bericht, Nr. 92.

    (31) - Bericht von M. Verwilghen, zitiert oben, Fußnote 14, S. 99, Absatz 10.

    (32) - Actes de la Huitième session, Den Haag, Bureau Permanent de la Conférence, 1957, S. 167.

    (33) - Vgl. das Zitat oben, Nr. 36, letzter Abschnitt.

    (34) - Nr. 93.

    (35) - Nr. 94.

    (36) - Nr. 95.

    (37) - Vgl. als rechtsvergleichende Studie D. Dumuse, Le divorce par consentement mutül dans les législations européennes, Genf, Librairie Droz, 1980.

    (38) - Nr. 96.

    (39) - Zitiert in Fußnote 18.

    (40) - Randnr. 2.

    (41) - Randnr. 7.

    (42) - Schlussanträge, S. 1074.

    (43) - Schlussanträge, S. 1075.

    (44) - Randnr. 8.

    (45) - Urteil vom 6. März 1980 in der Rechtssache 120/79 (Slg. 1980, 731).

    (46) - Randnr. 11.

    (47) - Urteil vom 31. März 1982 in der Rechtssache 25/81 (Slg. 1982, 1189).

    (48) - S. 9 f.

    (49) - Altfranzösisch.

    (50) - Pettitt/Pettitt [1970] AC 777 und Gissing/Gissing [1971] AC 886.

    (51) - Sections 25 und 25A wurden durch den Matrimonial and Family Proceedings Act 1984 eingefügt.

    (52) - Section 25.

    (53) - Section 25A (1).

    (54) - Hyman/Hyman [1929] AC 601.

    (55) - Dean/Dean [1978] Fam. 161.

    (56) - Law Commission Paper No 25: Report on Financial Provision in Matrimonial Proceedings, which led to the 1970 Act; zitiert in: S. Cretney, The Maintenance Quagmire, Modern Law Review, 1970, 662.

    (57) - P. M. Bromley und N. V. Lowe, Family Law, London, Butterworths, 1992, S. 733.

    (58) - Urteil vom 14. Oktober 1976 in der Rechtssache 29/76 (LTU, Slg. 1976, 1541).

    (59) - Zitiert oben, Fußnote 18.

    (60) - Vgl. die Schlussanträge, S. 1073.

    (61) - Nr. 45.

    (62) - Actes et documents de la Treizième session, Tome II, Matrimonial property regimes, Den Haag, Bureau Permanent de la Conférence, 1978, S. 65 bis S. 70. Diese Sitzung der Haager Konferenz führte zur Annahme des Haager Übereinkommens über das auf eheliche Güterstände anwendbare Recht vom 14. März 1978; ungeachtet seiner Beteiligung an dem Entwurf ist das Vereinigte Königreich diesem Übereinkommen nicht beigetreten.

    (63) - Zitiert oben, Fußnote 18.

    (64) - Randnr. 7.

    (65) - Schlosser-Bericht, Nr. 93, zitiert oben, Nr. 41.

    (66) - Zitiert oben, Fußnote 45.

    (67) - S. 736.

    (68) - Vgl. Jenard-Bericht, S. 53. Anzumerken ist, daß Artikel 10 des Haager Übereinkommens weitgehend dieselbe Regelung trifft wie Artikel 42 Absatz 1.

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