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Document 61994CC0021

Schlussanträge des Generalanwalts Léger vom 28. März 1995.
Europäisches Parlament gegen Rat der Europäischen Union.
Richtlinie 93/89/EWG über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten - Erneute Anhörung des Europäischen Parlaments.
Rechtssache C-21/94.

Sammlung der Rechtsprechung 1995 I-01827

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1995:88

SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PHILIPPE LÉGER

vom 28. März 1995 ( *1 )

1. 

Das Europäische Parlament hat mit Klageschrift, die am 20. Januar 1994 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, Klage erhoben auf Nichtigerklärung der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten ( 1 ).

2. 

Nach der Rechtssache C-65/90 (Parlament/Rat) — die zu dem Urteil vom 16. Juli 1992 ( 2 ) geführt hat, mit dem die Verordnung (EWG) Nr. 4059/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind ( 3 ), für nichtig erklärt wurde — und der Rechtssache C-388/92 (Parlament/Rat) — die zu dem Urteil vom 1.Juni 1994 ( 4 ) geführt hat, mit dem die Verordnung (EWG) Nr. 2454/92 des Rates vom 23. Juli 1992 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Personenverkehr mit Kraftomnibussen innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind ( 5 ), für nichtig erklärt wurde — wirft das Parlament dem Rat erneut vor, daß er es nicht gemäß dem Verfahren des Artikels 75 Absatz 1 EWG-Vertrag über den Verkehr ( 6 ) erneut angehört habe.

3. 

Im Rahmen der autonomen Verkehrspolitik bemüht sich die Kommission seit bald dreißig Jahren, die Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Kraftverkehrsunternehmen aus den verschiedenen Mitgliedstaaten zu beseitigen, die sich daraus ergeben, daß diese Verkehrsunternehmen in unterschiedlicher Weise zur Finanzierung der von ihnen benutzten Verkehrswege beitragen. Während manche Beiträge die Form einer von der zurückgelegten Strecke unabhängigen Steuer auf die in einem Mitgliedstaat zugelassenen Kraftfahrzeuge annehmen, hängen andere unmittelbar von der Kilometerzahl ab und werden z. B. in Form einer Maut erhoben. Wie Herr Bourlanges ausgeführt hat ( 7 ),

„[wirkt sich die] gleichzeitige Erhebung dieser beiden Gebührenarten... für einige Transportunternehmen in bestimmten Mitgliedstaaten sehr nachteilig aus, weil sie zweifach zahlen müssen. Zum einen finanzieren sie nämlich in ihrem eigenen Land das eigene Straßennetz über die Kraftfahrzeugsteuer, und zum anderen müssen sie bei Transporten in andere EG-Staaten nochmals in Form einer Autobahnbenutzungsgebühr zahlen.“

4. 

Mit dem Vorschlag einer ersten Richtlinie des Rates zur Anpassung der nationalen Systeme der Steuern für Nutzfahrzeuge, der dem Rat am 17. Juli 1968 vorgelegt wurde ( 8 ), schlug die Kommission vor, daß die Mitgliedstaaten ihre Systeme der Steuern für Nutzfahrzeuge anpaßten, indem sie die bestehenden Steuern „durch eine Abgabe für die Benutzung der Straßen“ ( 9 ) ersetzten, die „den jeweiligen Anteil an den durch den Verkehr der einzelnen Fahrzeuge verursachten Kosten“ ( 10 ) widerspiegele. Gemäß dem Vorschlag ist eine solche Steuer nach dem zulässigen Gesamtgewicht zu bemessen und auf alle Nutzfahrzeuge anzuwenden, Dieser Vorschlag fand nicht die Billigung des Rates.

5. 

Die Bemühungen der Kommission führten nach einem durch zahlreiche Rückschläge gekennzeichneten parlamentarischen Verfahren, das ich im folgenden zusammenfasse, zum Erlaß der Richtlinie 93/89.

6. 

Am 15. Januar 1988 legte die Kommission dem Rat den Vorschlag für eine Richtlinie zur Anlastung der Wegekosten an schwere Nutzfahrzeuge ( 11 ) vor, die die schrittweise Angleichung der einzelstaatlichen Steuern auf das Halten oder die Benutzung schwerer Nutzfahrzeuge ermöglichen sollte. Die Kommission, die sich von dem Vorschlag von 1968 leiten ließ und das „Nationalitätsprinzip“ durch das „Territorialitätsprinzip“ ersetzte, schlug vor, daß die einzelstaatlichen Steuersysteme schrittweise angeglichen würden, damit die Besteuerung unabhängig vom Ort der Zulassung des Kraftfahrzeugs unmittelbar von der tatsächlichen Nutzung der Straßen abhänge. Die Kosten für den Unterhalt dieser Verkehrswege würden dann gerechter verteilt und die für die Verkehrsunternehmen geltenden Wettbewerbsbedingungen angeglichen. Es war vorgesehen, daß nach „dem 31. Dezember 1992 ... die Wegekosten den Nutzern mit Hilfe einer Kombination von Steuern auf das Halten oder die Benutzung von Nutzfahrzeugen nach dem Territorialitätsprinzip und, soweit sie bestehen, von Straßenbenutzungsgebühren angelastet [werden], wobei zu berücksichtigen ist, daß die Dieselkraftstoffsteuer zu diesem Zeitpunkt gemeinschaftsweit harmonisiert sein wird“ ( 12 ).

7. 

Das Parlament billigte den Vorschlag mit Änderungen durch eine legislative Entschließung vom 23. Mai 1989 ( 13 ).

8. 

Dieser Vorschlag wurde vom Rat, der ihn „sehr negativ bewertet“ ( 14 ) haben soll, niemals verabschiedet,

9. 

Die Kommission legte am 27. November 1990 einen geänderten Vorschlag ( 15 ) vor, der für die Kraftfahrzeugbesteuerung längerfristig dasselbe Ziel festlegte, nämlich „die Anwendung eines gemeinschaftsweiten Systems nach dem Territorialitätsprinzip“ ( 16 ), das schrittweise verwirklicht werden sollte, wobei „ein genauer Zeitplan“ ( 17 ) einzuhalten war. Es war vorgesehen, daß die Mitgliedstaaten ab 1. Januar 1995Mindeststeuersätze festlegen, die jedes Jahr überprüft werden, um eine allmähliche Zunahme „des Wegekostendeckungsgrads ... [herbeizuführen], so daß spätestens bis zum 31. Dezember 1999 wenigstens die gesamten Wegekosten gedeckt werden“ ( 18 ). Diese Steuersätze sollten die Dieselverbrauchsteuern berücksichtigen, und es sollte eine Verringerung durchgeführt werden, um der sich aus den Mautgebühren ergebenden Doppelbesteuerung Rechnung zu tragen.

10. 

Dieser Vorschlag wurde mit zahlreichen Änderungen durch eine legislative Entschließung des Parlaments vom 15. Mai 1992 ( 19 ) gebilligt.

11. 

Das Parlament ging von der Feststellung aus, daß, da „es kein zufriedenstellendes theoretisches Modell für die Ermittlung der anzulastenden Kosten und auch keine hinlänglich genauen, einheitlichen und vollständigen Zahlen gibt, ein Zeitraum von mehreren Jahren erforderlich [ist], um ein zuverlässiges und striktes System der Anlastung der Wegekosten, einschließlich der Umweltkosten, zu prüfen, vorzuschlagen, zu verabschieden und durchzuführen“ ( 20 ), und schlug vor, deutlich zwischen einer Übergangsphase zur Harmonisierung der bestehenden Abgaben und einer endgültigen Phase zu unterscheiden, in der den Verkehrsunternehmen die Wegekosten angelastet würden. Dieser neue Abgabenmechanismus müsse sich mit Vorrang auf die Kraftstoffsteuern und die Gebühren für die Benutzung des Straßennetzes (auch in Form von Abonnements) — die den Anforderungen einer „territorialisierten“ Abgabe in besonderem Maße entsprächen — und nicht auf die Kraftfahrzeugsteuer stützen, die eine „typisch nichtterritoriale Steuer“ sei, deren Höhe und Ertrag „sich in keiner Weise nach der tatsächlichen Benutzung des Straßennetzes durch das steuerpflichtige Fahrzeug“ richteten ( 21 ).

12. 

Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in der Rechtssache C-195/90 ( 22 ) stellte der Gerichtshof fest, daß die Bundesrepublik Deutschland durch den Erlaß des Gesetzes vom 30. April 1990 über Gebühren für die Benutzung von Bundesfernstraßen mit schweren Lastfahrzeugen gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 76 EWG-Vertrag verstoßen hat. Durch dieses Gesetz war für die Lastfahrzeuge, die das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durchfahren, eine Straßenbenutzungsgebühr eingeführt und für die inländischen Verkehrsunternehmen die Kraftfahrzeugsteuer entsprechend gesenkt worden.

13. 

Die Kommission zog die Konsequenzen aus diesem Urteil und legte, wobei sie zum großen Teil die vom Parlament im Mai 1992 vorgetragenen Gedanken übernahm ( 23 ), am 26. Oktober 1992 einen neuen geänderten Vorschlag vor ( 24 ).

14. 

Die Verwirklichung eines auf dem Territorialitätsprinzip beruhenden harmonisierten Abgabensystems für den Straßenverkehr wurde einer späteren Regelung überlassen, die der Rat „baldmöglichst“ ( 25 ) auf der Grundlage eines von der Kommission vor dem 1. Januar 1998 erstellten Berichts mit Vorschlägen erlassen sollte, wobei das Inkrafttreten des harmonisierten Systems spätestens für den 30. Juni 1999 vorgesehen war.

15. 

Nach dem Vorschlag sollte eine Übergangsregelung erlassen werden, die zum einen auf der Festlegung von Mindestsätzen für die Kraftfahrzeugsteuer (die deutlich niedriger waren als die zuvor vorgeschlagenen) und zum anderen auf der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten beruhte, Benutzungsgebühren für ihre Autobahnen zu erheben.

16. 

Der Vorschlag wurde vom Parlament am 18. Dezember 1992 ( 26 ) mit zwei kleinen Änderungen gebilligt, die die Einführung einer zur zurückgelegten Strecke proportionalen Benutzungsgebühr und „auf Grenzstrecken“ eine Befreiung von der Benutzungsgebühr vorsahen,

17. 

Der „Verkehrsministerrat“ vom 19. Juni 1993 prüfte sowohl einen Entwurf zur Rabotage im Rahmen der Güterbeförderung als auch den Vorschlag für eine Richtlinie über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung durch die Mitgliedstaaten,

18. 

Nachdem der Verkehrsausschuß des Parlaments über die Änderungen unterrichtet worden war, die sich aus den Beratungen des Rates ergeben hatten, forderte er den Rat auf, das Parlament erneut anzuhören, was der Rat mit Schreiben der Präsidentschaft vom 8. Oktober 1993 ablehnte.

19. 

Die Richtlinie 93/89 wurde am 25. Oktober 1993 und damit am selben Tag wie die Verordnung (EWG) Nr. 3118/93 des Rates vom 25. Oktober 1993 zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind ( 27 ), endgültig verabschiedet.

20. 

Das Parlament trägt vor, daß der endgültige Text im Vergleich zu dem Text des geänderten Vorschlags wesentliche Änderungen aufweise, die seine erneute Anhörung gerechtfertigt hätten.

21. 

Ich werde folgende Punkte prüfen:

die Voraussetzungen für eine erneute Anhörung des Parlaments;

das „Wesen“ des geänderten Vorschlags der Kommission vom 26. Oktober 1992;

die wesentlichen Änderungen;

die zeitlichen Wirkungen des Nichtigkeitsurteils.

I — Die Voraussetzungen für eine erneute Anhörung des Parlaments

22.

Ihre Rechtsprechung hat eine Reihe von Anforderungen aufgestellt, die es ermöglichen, die Beachtung der Befugnisse des Parlaments im Prozeß der Ausarbeitung normativer Handlungen zu gewährleisten ( 28 ).

23.

Unter den verschiedenen Rechtsetzungsverfahren, an denen das Parlament beteiligt ist, ist das Anhörungsverfahren dasjenige, das ihm die geringsten Befugnisse gibt.

24.

Im Interesse der Wahrung des institutionellen Gleichgewichts vertreten Sie gleichwohl die Auffassung, daß diese Anhörung eine wesentliche Formvorschrift ist, deren Mißachtung die Nichtigkeit der betroffenen Handlung zur Folge hat ( 29 ).

25.

Sie achten darauf, daß sie wirksam ist und daß das Parlament durch die Stellungnahmen, die es im Rahmen des Anhörungsverfahrens abgibt, auf den Inhalt der vom Rat erlassenen Rechtsakte Einfluß nehmen kann ( 30 ).

26.

Es geht hier darum, einen Ausgleich zwischen zwei entgegengesetzten Anforderungen zu finden.

27.

Erstens wäre dieses Recht, zu dem Vorschlag der Kommission angehört zu werden, eine bloße Formalität, wenn der Rat die Möglichkeit hätte, endgültig einen anderen Text zu verabschieden, der in keinem Zusammenhang mit dem Vorschlag steht, zu dem sich das Parlament geäußert hat.

28.

Zweitens muß — um zwischen dem Anhörungsverfahren einerseits und dem Zustimmungsverfahren oder den Verfahren der Zusammenarbeit oder Mitentscheidung andererseits klar zu unterscheiden — der Rat die Möglichkeit haben, innerhalb bestimmter Grenzen von dem vorgeschlagenen Text und der Stellungnahme des Parlaments, die ihn rechtlich nicht bindet, abzuweichen.

29.

Genau diese Grenzen haben Sie durch eine heute ganz gefestigte Rechtsprechung abgesteckt: Das Parlament ist erneut anzuhören, „wenn der endgültig verabschiedete Wortlaut als Ganzes gesehen in seinem Wesen von demjenigen abweicht, zu dem das Parlament bereits angehört worden ist, es sei denn, die Änderungen entsprechen im wesentlichen einem vom Parlament selbst geäußerten Wunsch“ ( 31 ),

30.

Was ist unter dem Begriff der wesentlichen Änderung des Rechtsakts oder der Änderung, die „das Wesen des Entwurfs in seiner Gesamtheit berühr[t]“ ( 32 ), zu verstehen?

31.

Sie haben ausgeführt, daß Änderungen, die „unmittelbar den Kern der getroffenen Regelung [berühren, ] ... als wesentlich bezeichnet werden“ ( 33 ) müssen. Dies ist der Fall, wenn die endgültig verabschiedete Verordnung den in dem Vorschlag vorgesehenen Grundsatz der Kabotagefreiheit für den Güterkraftverkehr in den Mitgliedstaaten durch den Grundsatz einer zeitweiligen Zulassung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Kontingents ersetzt ( 34 ). Sie haben also einen sachlichen Unterschied zwischen einer endgültigen Liberalisierung der Beförderungsleistungen und einer befristeten Liberalisierung festgestellt, die zwangsläufig ungewiß ist, da sie durch Nichttätigwerden des Rates wieder in Frage gestellt werden kann ( 35 ),

32.

Dies ist bei der Kabotage im Bereich des Personenverkehrs mit Kraftomnibussen ebenso der Fall gewesen, Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission sah vor, daß jeder Unternehmer des gewerblichen Personenverkehrs mit Kraftomnibussen, der in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dort die Genehmigung für die Personenbeförderung im grenzüberschreitenden Verkehr mit Kraftomnibussen erhalten hat und die Voraussetzungen erfüllt, die in der Richtlinie 74/562/EWG ( 36 ) festgelegt sind, zur innerstaatlichen Personenbeförderung im gewerblichen Linien-, Gelegenheits- oder Pendelverkehr in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem er niedergelassen ist, zugelassen wird. Sie haben entschieden, daß dieser Vorschlag durch die vom Rat erlassene Regelung, deren persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich auf einige Sonderfälle beschränkt wurde, wesentlich geändert worden ist ( 37 ).

33.

Umgekehrt ist eine Änderung nicht wesentlich,

wenn sie „in Wirklichkeit eher eine Änderung in der Methode als eine sachliche Änderung“ ( 38 ) darstellt;

wenn sie die wesentlichen Aspekte der Gesamtregelung, die sie betrifft, unberührt läßt ( 39 );

wenn sie dem Wunsch des Parlaments entspricht ( 40 ).

34.

Um nachzuweisen, daß die Änderungen unmittelbar den Kern der getroffenen Regelung berühren, verwenden Sie ein objektives Kriterium, nämlich den Vergleich zwischen zwei Texten, „zwischen dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission und der angefochtenen Verordnung“ ( 41 ).

35.

Nach der Bestimmung des Wesens des Vorschlags werde ich durch eine vergleichende Prüfung der beiden Texte untersuchen, ob man wesentliche Änderungen feststellen kann.

II — Das „Wesen“ des geänderten Vorschlags der Kommission vom 26. Oktober 1992

36.

Der geänderte Vorschlag der Kommission weist drei Merkmale auf, die den „Kern seiner Regelung“ darstellen:

1)

Er unterscheidet klar zwischen einer „Übergangsphase ..., in der die derzeit erhobenen Abgaben harmonisiert“ ( 42 ) werden, und der Endphase mit der Verwirklichung eines „harmonisierten Abgabensystems für den Straßenverkehr“ ( 43 ), das die Wegekosten berücksichtigt und auf dem Territorialitätsprinzip beruht. Diese Phase soll spätestens am 30. Juni 1999 beginnen.

2)

Der Gemeinschaftsgesetzgeber läßt die Einführung des harmonisierten Systems mit der in Artikel 12 der Verordnung Nr. 3118/93 vorgesehenen vollständigen Liberalisierung der Kabotage zusammenfallen. Denn der Zugang der Verkehrsunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten zu dem nationalen Verkehrsnetz, den diese Liberalisierung ermöglicht, macht die Beteiligung der Benutzer an den Wegekosten erforderlich.

3)

Die Übergangsphase weist drei Merkmale auf: i) Für die Besteuerung von Nutzfahrzeugen werden Mindestsätze angewandt. Diese Sätze können vom Rat alle zwei Jahre angepaßt werden ( 44 ). Bestimmte Mitgliedstaaten dürfen jedoch vorübergehend ermäßigte Sätze anwenden ( 45 ), ii) Maut-und Benutzungsgebühren werden in eingeschränktem Umfang zugelassen und nur auf dem Autobahnnetz gestattet ( 46 ), iii) Die Mautgebühren können zu Erstattungen führen ( 47 ).

37.

In der Richtlinie 93/89 wird an einem „stufenweisen“ Vorgehen festgehalten. Die Einführung einer auf das Territorialitätsprinzip gestützten Regelung zur Anlastung der Wegekosten wird zu einem nicht verbindlichen Ziel, das die Kommission „gegebenenfalls“ in einem dem Rat spätestens zum 31. Dezember 1997 zu erstattenden Bericht vorschlagen kann ( 48 ).

38.

Die Richtlinie weicht von dem Vorschlag hauptsächlich in fünf Punkten ab:

Bezüglich der Mindestsätze (die mit den von der Kommission vorgeschlagenen übereinstimmen) können in weitem Umfang Ermäßigungen oder Steuerbefreiungen angewandt werden ( 49 ); die Mindestsätze können nicht vor 1998 angepaßt werden ( 50 );

die Möglichkeit der Erstattung von Maut- und Straßenbenutzungsgebühren wird völlig beseitigt;

die Möglichkeit der Erhebung von Maut-und Benutzungsgebühren wird nicht mehr auf die Autobahnen beschränkt ( 51 );

für die Benutzungsgebühren wird ein Höchstbetrag festgelegt ( 52 );

Artikel 7 Buchstabe e gestattet es den Mitgliedstaaten, für die in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Fahrzeuge eine Benutzungsgebühr zu erheben.

39.

Weicht der Text, auf den sich der Rat als Kompromiß geeinigt hat, als Ganzes gesehen wesentlich von dem Vorschlag ab, zu dem das Parlament angehört worden ist? Dies habe ich jetzt zu prüfen.

III — Die wesentlichen Änderungen

40.

Es versteht sich von selbst, daß der endgültig verabschiedete Text mit dem letzten geänderten Vorschlag der Kommission, nämlich dem vom 26. Oktober 1992, zu dem das Parlament am 18. Dezember 1992 seine Stellungnahme abgegeben hat, verglichen werden muß.

41.

Ich denke, daß der endgültig verabschiedete Text den Text des Vorschlags in seinem Wesen ändert, soweit er die Beibehaltung des Status quo ohne einen nennenswerten Vorstoß zu einer Harmonisierung der Besteuerung ermöglicht, Er weist wesentliche Änderungen auf, die noch ausgeprägter sind als diejenigen, die Sie in den die Rabotage betreffenden Urteilen C-65/90 und C-3 88/92, Parlament/Rat, festgestellt haben. Er setzt sich nicht dasselbe Ziel wie der Vorschlag (A), und er sieht nicht dieselben Mittel vor (B).

A — Das Ziel des Vorschlags — der Übergang zur Endphase mit der Festlegung eines harmonisierten Systems — ist nicht das Ziel der Richtlinie

42.

Auf den ersten Blick stimmen der Vorschlag und die Richtlinie hinsichtlich des zu erreichenden Zieles überein; „Die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten erfordert die Harmonisierung der Abgabensysteme — Kraftfahrzeugsteuern, Kraftstoffsteuern und Gebühren für die Benutzung von Verkehrseinrichtungen — und die Einführung eines gerechten Mechanismus für die Anlastung der Wegekosten an die Verkehrsunternehmer.“ ( 53 ) Sie stimmen darin überein, daß diese Regelung zur Anlastung der Kosten „nach Möglichkeit“ ( 54 ) auf dem Territorialitätsprinzip beruhen muß, ohne daß in einem dieser Texte die vollständige Aufgabe des Nationalitätsprinzips erwähnt wird,

43.

In beiden Texten wird festgestellt, daß ein Modell zur Ermittlung und Anlastung der Wegekosten gegenwärtig nicht verfügbar ist ( 55 ),

44.

Die Arbeiten des Parlaments hatten diese Schwierigkeit deutlich gemacht. In den Verhandlungen vom 14. Mai 1992 führte der Berichterstatter Bourlanges folgendes aus: „Wir wollen mit einer Harmonisierung auf einem zufriedenstellenden Niveau, einem relativ niedrigen Niveau beginnen, auch wenn wir uns der Kommission hinsichtlich einer regelmäßigen Erhöhung der Gebühren als Anlastung nicht anschließen können, weil wir ja wissen, daß wir heute nicht über die Mittel für eine Realisierung dieser Anlastung verfügen. Dies wird unsere Aufgabe für die bevorstehenden Monate und Jahre sein.“ ( 56 )

45.

Abweichungen bestehen zwischen den beiden Texten hinsichtlich der Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind, daß ein gemeinschaftliches System der Besteuerung, das den Verkehrsunternehmen die Wegekosten des Straßenverkehrs gemäß dem Territorialitätsprinzip auferlegt, nicht sofort verwirklicht werden kann.

46.

Der Vorschlag unterscheidet zwischen einer Übergangsphase, in der Mindestsätze für die derzeit geltenden Kraftfahrzeugsteuern festgelegt werden ( 57 ), und einer Endphase, die spätestens am 30. Juni 1999 ( 58 ) zum Abschluß eines schon jetzt festgelegten genauen Zeitplans beginnen soll.

47.

Die Richtlinie sieht eine erste Stufe ( 59 ) vor, in der Mindestsätze für die derzeit geltenden Kraftfahrzeugsteuern festgelegt werden ( 60 ). Nur in der Bedingungsform und als Möglichkeit ( 61 ) erwähnt sie „die Einführung einer auf das Territorialitätsprinzip gestützten Regelung zur Anlastung der Wegekosten“. Die Richtlinie sieht vor, daß die Kommission „gegebenenfalls“ einen Bericht mit Vorschlägen für die Einführung einer auf das Territorialitätsprinzip gestützten Regelung zur Anlastung der Wegekosten erstellt, und beschränkt sich damit auf einen Hinweis auf die allgemeine Initiativbefugnis, die der Kommission nach Artikel 155 Absatz 3 EG-Vertrag zusteht. Sie setzt keine Frist für den Übergang zur Endphase des harmonisierten Systems der Anlastung der Wegekosten, das nicht vorgeschrieben wird.

48.

Die Anlastung der Wegekosten an die Verkehrsunternehmen setzt die Erhebung wirtschaftlicher und statistischer Daten durch die Mitgliedstaaten und den Entwurf einer Anlastungsmethode oder eines Anlastungsmodells voraus, deren Komplexität die Mitgliedstaaten ermessen konnten. Hierin liegt nach meiner Auffassung die Erklärung für die Vorsicht des Rates.

49.

Die Änderung läßt sich zwar erklären, stellt aber gleichwohl eine wesentliche Änderung des Vorschlags dar: Der Rat hat sich nicht auf die Verlängerung der Übergangsphase beschränkt. Er hat den Übergang zur Endphase — der in dem Vorschlag in verbindlicher Weise spätestens für den 30, Juni 1999 vorgesehen war — als bloße Möglichkeit ausgestaltet und nicht verbindlich vorgeschrieben, als ob er an der „Machbarkeit“ des Endziels, das er sich gesetzt hat, zweifeln würde. Der Rat ist nicht mehr verpflichtet, bis zum 31, Dezember 1998 ein harmonisiertes System zu erlassen, und auch die Kommission ist nicht mehr verpflichtet, in ihrem Bericht an den Rat Vorschläge für die Einführung einer auf das Territorialitätsprinzip gestützten Regelung zur Anlastung der Wegekosten vorzulegen ( 62 ). Mit anderen Worten, die Richtlinie könnte in der Weise angewandt werden, daß die Gemeinschaft niemals zu einem harmonisierten System übergeht, in dem den Verkehrsunternehmen die Wegekosten angelastet werden. Die Richtlinie weicht hier grundlegend von dem Vorschlag ab, der sich das Ziel setzte, dieses System innerhalb bereits jetzt festgelegter Fristen zu verwirklichen. Sie unterscheidet sich auch von der Haltung des Parlaments, die der Berichterstatter Bourlanges in folgender Weise zusammenfassen konnte: „Wir haben... nicht die erforderlichen Daten und auch kein Kostenkonzept, das uns zufriedenstellend erschiene. Allerdings sollten wir diese wirtschaftlichen, statistischen Schwierigkeiten nicht zum Anlaß nehmen, die Hände in den Schoß zu legen.“ ( 63 )

50.

Mit diesen Unterschieden vergleichbar sind die Unterschiede zwischen dem Text des Kommissionsvorschlags und dem Text der Verordnung Nr. 4059/89, die Sie in der Rechtssache C-65/90, die zu dem erwähnten Urteil vom 16. Juli 1992, Parlament/Rat, geführt hat, geprüft haben. Sie haben ausgeführt, daß die Ersetzung des Grundsatzes der Kabotagefreiheit für die Güterkraftverkehrsunternehmen durch den Grundsatz einer zeitweiligen Zulassung im Rahmen eines gemeinschaftlichen Kontingents eine wesentliche Änderung darstellte, zumal der Übergang zur endgültigen Liberalisierung des Verkehrs in der endgültig verabschiedeten Verordnung nicht mehr als Programm enthalten war.

51.

Ebenso war in der Rechtssache C-388/92, Parlament/Rat, in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission der Grundsatz der völligen Freiheit der Kabotage im Bereich des Personenlinienverkehrs mit Kraftomnibussen ebenso wie in den Bereichen des „Pendelverkehrs“ und des „Gelegenheitsverkehrs“ niedergelegt worden. Die letztlich erlassene Verordnung Nr. 2454/92 beschränkte hinsichtlich des Linienverkehrs den Anwendungsbereich der Kabotage auf die bloßen Sonderformen des Linienverkehrs zur Beförderung von Arbeitnehmern, Schülern und Studenten in den Grenzzonen. Nach Artikel 12 der Verordnung konnte die Kabotage nur durch eine neue Verordnung des Rates ( 64 ) auf andere Formen des Linienverkehrs ausgedehnt werden. Sie haben aus einem Vergleich zwischen dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission und der angefochtenen Verordnung geschlossen, daß „die vorgenommenen Änderungen den Anwendungsbereich der Regelung beim Linienverkehr auf bestimmte Arten des Personenverkehrs mit Kraftomnibussen und auf bestimmte enge Grenzzonen beschränkt haben, so daß sie die Regelung in ihrem Kern berühren“ ( 65 ).

52.

Diese Art von Begründung lege ich Ihnen in der vorliegenden Rechtssache nahe,

Der Rat hat, indem er den Übergang zu einem auf das Territorialitätsprinzip gestützten harmonisierten System als bloße Wahlmöglichkeit ausgestaltet hat, den Vorschlag der Kommission wesentlich geändert:

Was in dem Vorschlag der Kommission wie eine Übergangslösung erscheint, kann in der Richtlinie potentiell zu einer endgültigen Lösung werden;

es ist nicht mehr vorgesehen, die auf das Territorialitätsprinzip gestützte Harmonisierung der Abgabensysteme mit der Liberalisierung der Kabotage zeitlich zusammenfallen zu lassen.

Zudem fordert die Richtlinie in äußerst eingeschränktem Maße zur Weiterentwicklung des Abgabenwesens auf dem Gebiet des Verkehrs auf. Tatsächlich ist man nicht weit von der Beibehaltung der gegenwärtigen Situation entfernt. Dies gilt es jetzt darzulegen.

Β — Anders als der Vorschlag sieht die Richtlinie nicht die Mittel vor, um zu einer wirklichen Harmonisierung zu gelangen

53.

Zwar sind Mindestsätze vorgesehen, doch können fünf Länder der Gemeinschaft — diejenigen, die bereits niedrige Steuern vorsehen — vorübergehend ermäßigte Sätze beibehalten, die der Vorschlag auf drei Länder beschränkte. Diese Sätze bleiben bis zum 31. Dezember 1997 unverändert ( 66 ). Ich sehe in dieser Vorschrift keine wesentliche Änderung. Es handelt sich eher um eine Änderung der Methode, die die stärkere Progression bei der Erhöhung der Steuern in den Mitgliedstaaten, deren Steuersätze am niedrigsten sind, berücksichtigt ( 67 ).

54.

Ich bin auch der Auffassung, daß Artikel 7 Buchstaben e und f der Richtlinie das Wesen des Vorschlags nicht in Frage stellt. Zwar berücksichtigt die erste dieser Vorschriften nur die im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaats zugelassenen Fahrzeuge und wendet das Territorialitätsprinzip nicht mit aller Strenge an, doch ist weder von der Kommission noch vom Rat jemals behauptet worden, daß die Anwendung dieses Prinzips nicht durch eine gewisse Berücksichtigung des Nationalitätsprinzips gemildert werden könne.

55.

Dagegen stellen zwei Punkte meines Erachtens wesentliche Änderungen dar.

56.

Erstens behält die Richtlinie in unvergleichlich größerem Maße als der Vorschlag die Möglichkeit der Kumulierung der Kraftfahrzeugsteuern und der Mautgebübren bei, ohne daß mittel- oder langfristig ein Mechanismus vorgesehen ist, um die durch diese Kumulierung verursachten Verzerrungen vor der Verwirklichung eines auf dem Territorialitätsprinzip beruhenden Abgabensystems durch die Einführung eines Erstattungssystems ( 68 ) zu beseitigen.

57.

Zweitens dehnt die Richtlinie in ihrem Artikel 6 in schwer kontrollierbarer Weise die Fälle von Ausnahmen, Befreiungen oder Ermäßigungen der Mindestsätze aus. Diese können u. a. „aus besonderen Gründen sozial-bzw. wirtschaftspolitischer Art oder aus Gründen der Infrastrukturpolitik ... [des betreffenden] Staates“ ( 69 ) angewandt werden.

58.

Letztlich bin ich der Auffassung, daß der Vorschlag einen tatsächlichen Vorstoß zu einer Beseitigung der durch das Abgabensystem hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen darstellte, daß die Richtlinie dagegen eine fast vollständige Beibehaltung des Status quo ( 70 ) ermöglicht und die Entwicklungsmöglichkeiten ganz dem Ermessen des Rates überläßt.

59.

Ich bin im übrigen der Ansicht, daß gerade die Zaghaftigkeit der in der Richtlinie vorgesehenen Schritte und der Umfang der durch sie ermöglichten Ausnahmen und Befreiungen der Festlegung eines genauen Zeitplans entgegengestanden haben.

60.

Ich komme folglich zu dem Schluß, daß die vom Rat letztlich verabschiedete Richtlinie „als Ganzes gesehen“ ( 71 ) deutlich von dem Vorschlag abweicht, zu dem das Parlament angehört worden ist. Die angefochtene Richtlinie ist deshalb für nichtig zu erklären.

61.

Ich mache eine letzte Bemerkung. Der Rat behauptet, daß sich das Parlament zu den Änderungen, die durch die Richtlinie an dem Vorschlag vorgenommen worden seien, jedenfalls bereits geäußert habe und daß seine Auffassung dem Rat bekannt gewesen sei ( 72 ). Ich stelle fest, daß dies in dem zentralen Punkt des Verzichts auf jeden Zeitplan für den Übergang zur Endphase, hinsichtlich des nicht zwingenden Charakters dieses Übergangs und hinsichtlich der Ausdehnung der Fälle von Ausnahmen, Befreiungen oder Ermäßigungen der Steuersätze nicht der Fall gewesen ist.

IV — Die zeitlichen Wirkungen des Nichtigkeitsurteils

62.

Der Rat und die deutsche Regierung haben den Gerichtshof ersucht, die Wirkungen einer etwaigen Nichtigerklärung der Richtlinie zu beschränken. Das Parlament hat dagegen keine Einwände erhoben ( 73 ).

63.

Nach Ihrer Rechtsprechung können es bei der Nichtigerklärung einer Richtlinie gewichtige Gründe der Rechtssicherheit, die mit denjenigen vergleichbar sind, die bei der Nichtigerklärung bestimmter Verordnungen zum Tragen kommen, rechtfertigen, „daß der Gerichtshof von der ihm in Artikel 174 Absatz 2 EWG-Vertrag ausdrücklich fűiden Fall der Nichtigerklärung einer Verordnung eingeräumten Befugnis Gebrauch macht und daß er die Wirkungen der streitigen Richtlinie bezeichnet, die aufrechtzuerhalten sind“ ( 74 ).

64.

Die Mitgliedstaaten mußten ab 1. Januar 1995 ihre Steuersysteme angleichen und die Mindestsätze anwenden ( 75 ). Würden die Wirkungen der Richtlinie nicht aufrechterhalten, so würde im Ergebnis der Status quo ante wiederhergestellt und das aufgehoben, was immerhin eine Annäherung und einen — wenn auch begrenzten — Beginn einer Harmonisierung der Abgabensätze auf dem Gebiet des Verkehrs in der Gemeinschaft darstellt und zur Verwirklichung der autonomen Verkehrspolitik beiträgt.

65.

Die Notwendigkeit, eine Diskontinuität im Programm zur Harmonisierung der Verkehrsabgaben zu verhindern, und einleuchtende Erwägungen der Rechtssicherheit (wegen der in Anwendung der Richtlinie seit 1. Januar 1995 eingeführten Steuern könnte es zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten kommen) sowie der Umstand, daß Artikel 8 der Richtlinie bereits durchgeführt worden ist ( 76 ), rechtfertigen es, die Wirkungen der für nichtig erklärten Richtlinie aufrechtzuerhalten, bis der Rat nach ordnungsgemäßer Anhörung des Parlaments in diesem Bereich eine neue Regelung erlassen hat ( 77 ).

66.

Schließlich könnte der Gerichtshof nicht, wie dies das Parlament fordert, dem Rat aufgeben, innerhalb einer vom Gerichtshof festzulegenden Frist eine neue Regelung zu erlassen, ohne gegen Artikel 176 EG-Vertrag zu verstoßen.

67.

Ich beantrage daher,

1)

die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten für nichtig zu erklären;

2)

die Wirkungen dieser Richtlinie aufrechtzuerhalten, bis der Rat nach ordnungsgemäßer Anhörung des Parlaments in diesem Bereich eine neue Richtlinie erlassen hat;

3)

dem Rat die Kosten dieses Verfahrens aufzuerlegen, mit Ausnahme der mit der Streithilfe zusammenhängenden Kosten, die von der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich zu tragen sind.


( *1 ) Originalsprache: Französisch.

( 1 ) ABl. L 279, S. 32.

( 2 ) Slg. 1992, I-4593.

( 3 ) ABl. L 390, S. 3.

( 4 ) Slg. 1994, I-2067.

( 5 ) ABl. L 251, S. 1.

( 6 ) Dieser Artikel wurde durch Artikel G.16 des Vertrages über die Europäische Union geändert, der das Anhörungsverfahren durch das in Artikel 189c EG-Vertrag vorgesehene Verfahren der Zusammenarbeit ersetzte.

( 7 ) ABl., Anhang, Nr. 3-425, Verhandlungen des Europäischen Parlaments vom 18. Dezember 1992, S. 414.

( 8 ) ABl. C 95, S, 41.

( 9 ) Artikel 4.

( 10 ) Dritte Begründungserwägung.

( 11 ) KOM(87) 716 endg., ABl. C 79, S, 8.

( 12 ) Artikel 10 Absatz 1.

( 13 ) ABL. C 158, S. 51.

( 14 ) Bericht Bourlanges vom 23. Januar 1992, Sitzungstlokumente des Europäischen Parlaments, A3-0026/92, S. 17.

( 15 ) KOM(90) 540 endg., ABl. 1991, C 75, S. 1

( 16 ) Sechste Begründungserwägung.

( 17 ) Siebte Begründungserwägung.

( 18 ) Artikel 10 Absatz 8.

( 19 ) ABl. C 150, S. 324.

( 20 ) Änderung Nr. 4 (Hervorhebung von mir).

( 21 ) Bericht Bourlanges vom 27. Februar 1992, Sitzungsdokumente des Europäischen Parlaments, A3-0083/92, S. 24 und 25.

( 22 ) Kommission/Deutschland, Slg. 1992, I-3141.

( 23 ) Vgl, die Ausführungen von Herrn Millan, der die Kommission in der Verhandlung vom 18, Dezember 1992 im Parlament vertrat (ABI., Anhang, Nr. 3-425, Verhandlungen des Europäischen Parlaments, Sitzungsperiode 1992-1993, S. 370), und den von Herrn Bourlanges verfaßten Bericht des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr vom 15, Dezember 1992, Sitzungsdokumente des Europaischen Parlaments, A3-0421/92, S. 6, Nr. 4.

( 24 ) KOM(92) 405 endg., ABl, C 311, S. 63.

( 25 ) Artikel 9 Absatz 1,

( 26 ) ABl. 1993, C 21, S, 522, Bemerkenswert ist, daß das Parlament am 19. November 1992 um eine Stellungnahme gebeten wurde und diese nach weniger als einem Monat abgegeben hat.

( 27 ) ABl. L 279, S, 1,

( 28 ) Vgl. zu dieser Frage meine Ausführungen in den Schlußanträgen in der anhängigen Rechtssache C-417/93, Parlament/Rat, Nrn. 19 ff.

( 29 ) Urteil vom 29. Oktober 1980 in der Rechtssache 138/79 (Roquette Frères/Rat, Sig. 1980, 3333, Randnr. 33).

( 30 ) Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 165/87 (Kommission/Rat, Slg. 1988, 5545, Randnr. 20).

( 31 ) Urteil C-65/90, Parlament/Rat (a. a. O., Randnr. 16. Hervorhebung von mir). Vgl. zuletzt Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/93 (Deutschland/Rat, Slg. 1994, I-1973, Randnr. 38).

( 32 ) Ebenda, Randnr. 20 (Hervorhebung von mir).

( 33 ) Ebenda, Randnr. 19 (Hervorhebung von mir).

( 34 ) Ebenda.

( 35 ) Siehe die Schlußanträge des Generalanwalts Darmon in der Rechtssache C-65/90 (Parlament/Rat, a. a. O,, Nr. 40).

( 36 ) Richtlinie des Rates vom 12, November 1974 Ober den Zugang zum Beruf des Pcrsoncnkraftvcrkehrsuntcrnehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr (ABl. L 308, S. 23).

( 37 ) Vgl. Urteil C-388/92 (Parlament/Rat, a. a. O.).

( 38 ) Urteile vom 4. Februar 1982 in den Rechtssachen 817/79 (Buyl/Kommission, Slg. 1982, 245, Randnr. 23), 828/79 (Adam/Kommission, Slg. 1982, 269, Randnr. 24) und 1253/79 (Battaglia/Kommission, Slg. 1982, 297, Randnr. 24).

( 39 ) Urteil vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69 (ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 178).

( 40 ) Randnr. 23 des Urteils Buyl/Kommission (a. a. O., Fußnote 38).

( 41 ) Urteil C-388/92, Parlament/Rat (a. a. O., Randnr. 13).

( 42 ) Fünfte Begründungserwägung.

( 43 ) Artikel 9 Absatz 1.

( 44 ) Anikel 8 Absatz 3.

( 45 ) Anikel S Absatz 2.

( 46 ) Artikel 5.

( 47 ) Artikel 10.

( 48 ) Artikel 12.

( 49 ) Artikel 6.

( 50 ) Artikel 6 Absatz 7.

( 51 ) Artikel 7.

( 52 ) Artikel 7 Duchstabe f.

( 53 ) Dritte Begründungserwägung des Vorschlags (Hervorhebung von mir). Vgl. den damit fast identischen Text der ersten Begründungserwägung der Richtlinie,

( 54 ) Sechste Begründungserwägung des Vorschlags, Vgl. _ die letzte Begründungserwägung und Artikel 12 der Richtlinie.

( 55 ) Vgl. die dreizehnte Begründungserwägung des Vorschlags und die zehnte Begründungserwägung der Richtlinie,

( 56 ) ABl., Anhang, Nr. 3-418, Verhandlungen des Europäischen Parlaments, S. 353. Vgl. die wesentlichen Ausführungen des Berichts Bourlanges vom 23. Januar 1992 (zitiert in Fußnote 14) zu dieser Frage (Nrn. 9 ff.).

( 57 ) Zehnte Begründungserwägung.

( 58 ) Artikel 9 des Vorschlags.

( 59 ) Zweite Begründungserwägung.

( 60 ) Fünfte Begründungserwägung.

( 61 ) Vgl. die Formulierungen „etwaige Anpassung“ in der vierzennten Begründungserwägung und „gegebenenfalls“ in Artikel 12 Absatz 1 Unterabsatz 3.

( 62 ) Artikel 12 Absatz 1 Unterabsatz 3 der Richtlinie.

( 63 ) ABl,, Anhang, Nr. 3-418, Verhandlungen des Europäischen Parlaments, S, 353.

( 64 ) Vgl, Randnr, 12 des Urteils C-388/92 (Parlament/Rat, a. a. O,),

( 65 ) Ebenda, Randnr. 13.

( 66 ) Artikel 6 Absatz 7 der Richtlinie.

( 67 ) Vgl. die sechste Begründungserwägung der Richtlinie. Diese Vorsicht zeigte sich auch in den Überlegungen innerhalb des Parlaments: „Politisch läßt sich ein Prozeß einer regelmäßigen und ständigen Anhcbung der spezifischen Steuer auf den Straßengüterverkehr auf der Grundlage so bruchstückhaftcr, ungewisser und empirischer Berechnungen wie die, über die wir verfügen, nicht rechtfertigen“ (Bericht Bourlangcs vom 23. Januar 1992, zitiert in Fußnote 14, S. 22).

( 68 ) Siehe Artikel 10 des geänderten Vorschlags.

( 69 ) Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a der Richtlinie.

( 70 ) Siehe dazu die Erklärungen des Parlaments, Nr. 31 der Klageschrift.

( 71 ) Randnr. 178 des Urteils ACF Chemiefarma/Kommission(zitiert in Fußnote 39).

( 72 ) Nr. 8 der Gegenerwiderung.

( 73 ) Nr. 13 der Erklärungen des Parlaments zum Streithilfeschriftsatz der Regierung der Bundesrepublik Deutschland.

( 74 ) Randnr. 26 des Urteils vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-295/90 (Parlament/Rat, Slg. 1992,I-4193).

( 75 ) Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie.

( 76 ) Vgl. die gemeinsame Benutzungsgebühr im Königreich Dänemark, in der Bundesrepublik Deutschland und den Benelux-Staatcn.

( 77 ) Vgl. die Randnrn. 23 und 24 des Urteils C-65/90 (Parlament/Rat, a. a. O.).

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