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Document 61992CC0278

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 23. März 1994.
Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Staatliche Beihilfen für öffentliche Unternehmen des Textilsektors und des Schuhsektors - Kapitaleinlagen.
Verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92.

Sammlung der Rechtsprechung 1994 I-04103

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1994:112

61992C0278

Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs vom 23. März 1994. - KOENIGREICH SPANIEN GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - STAATLICHE BEIHILFEN FUER OEFFENTLICHE UNTERNEHMEN DES TEXTILSEKTORS UND DES SCHUHSEKTORS - KAPITALZUSCHUESSE. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN C-278/92, C-279/92 UND C-280/92.

Sammlung der Rechtsprechung 1994 Seite I-04103


Schlußanträge des Generalanwalts


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Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1. Die vorliegenden Schlussanträge beziehen sich auf drei verbundene Rechtssachen, in denen das Königreich Spanien Entscheidungen der Kommission anficht, mit denen festgestellt wird, daß Spanien unter Verstoß gegen die Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag staatliche Beihilfen gewährt hat. Obwohl einige der Fragen, die sich in den drei Rechtssachen stellen, miteinander in Zusammenhang stehen, gibt es auch erhebliche Unterschiede. Daher werde ich die drei Rechtssachen eine nach der anderen behandeln.

Rechtssache C-278/92 (Hytasa)

2. Die Hilaturas y Tejidos Andaluces SA (Hytasa) war als privates Unternehmen gegründet worden, wurde jedoch 1982 wegen finanzieller Schwierigkeiten von einer staatlichen Einrichtung (dem Patrimonio del Estado) übernommen. Sie verarbeitet verschiedene Textilerzeugnisse in einer Reihe von Fabriken in Sevilla und Umgebung. Die finanziellen Schwierigkeiten von Hytasa endeten mit der Verstaatlichung nicht, und bis 1986 wurde ein Umstrukturierungsplan durchgeführt, der mit der Zuführung eines grossen Kapitalbetrags (6 600 Millionen PTA) durch den Staat verbunden war.

3. Auf eine Beschwerde hin forderte die Kommission die spanischen Behörden am 4. April 1989 auf, ihr alle zweckdienlichen Informationen über angebliche Kapitalzuführungen des Staates nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft am 1. Januar 1986 zu übermitteln. Am 24. November 1989 teilten die spanischen Behörden der Kommission mit, daß Hytasa seit 1986 aus staatlichen Mitteln 7 100 Millionen PTA zugeführt worden seien.

4. Am 30. Mai 1990 kündigten die spanischen Behörden der Kommission an, daß Hytasa privatisiert werde. Nach dem Privatisierungsplan sollte das Unternehmen von Patrimonio del Estado eine Kapitalzuführung in Höhe von 4 300 Millionen PTA erhalten und für 100 Millionen PTA verkauft werden; der Käufer wollte das Kapital des Unternehmens um weitere 3 700 Millionen PTA aufstocken. Ein Fünfjahres-Sanierungsplan wurde aufgestellt, nach dem sich der Absatz um 29 % erhöhen und die Zahl der Beschäftigten um 30 % verringern sollte.

5. Am 3. August 1990 teilte die Kommission Spanien mit, daß sie beabsichtige, in bezug auf die Kapitalzuführungen von 7 100 Millionen PTA zwischen dem 1. Januar 1986 und 1988 und wegen der Bedingungen der beabsichtigten Privatisierung das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einzuleiten. Zu diesem Zeitpunkt war die Privatisierung tatsächlich bereits abgeschlossen, nachdem Hytasa am 25. Juli 1990 an zwei bereits in der Textilindustrie tätige Unternehmen, Hilatura Gossypium SA und Industria Textil del Guadiana SA, verkauft worden war.

6. Im Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag machte Spanien geltend, daß die zwischen 1986 und 1988 vorgenommenen Kapitalaufstockungen in Höhe von 7 100 Millionen PTA keine staatlichen Beihilfen darstellten, da die Investionen der Regierung nach gesunden Kriterien erfolgt seien, nach denen auch ein privater Anleger gehandelt hätte. Diese Kapitalzuführungen seien auf Ereignisse zurückzuführen, die vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft eingetreten seien. Zum Privatisierungsverfahren führte Spanien aus, daß damit keine staatliche Beihilfe verbunden gewesen sei, da das Unternehmen, nachdem es auf dem internationalen Markt zum Verkauf angeboten worden sei, an den Bieter mit dem höchsten Angebot verkauft worden sei. Bei der Bewertung des Unternehmens müssten dessen Verluste in der jüngsten Vergangenheit und die Kosten für die Entlassung seiner Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Wenn der Verkauf mit einer staatlichen Beihilfe verbunden sein sollte, wäre diese mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, weil er Teil eines Umstrukturierungsplans sei, der das Unternehmen wirtschaftlich lebensfähig machen solle, und weil sich das Unternehmen in einem von der Kommission anerkannten Regionalförderungsgebiet, Sevilla, befinde.

7. In der zweiten Hälfte des Jahres 1990 und in der ersten Hälfte des Jahres 1991 fanden offenbar langwierige Verhandlungen zwischen Spanien und der Kommission statt, in deren Verlauf Spanien ersucht wurde, einen überarbeiteten Umstrukturierungsplan für Hytasa vorzulegen. Spanien legte der Kommission am 13. Juni 1991 einen solchen Plan vor.

8. Die Entscheidung 92/317/EWG(1) über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Hilaturas y Tejidos Andaluces SA, heute Mediterráneo Técnica Textil SA, und deren Käufern wurde am 25. März 1992 erlassen. Nach Artikel 1 ist die Beihilfe an Hytasa in Form von zwischen 1986 und 1988 gewährten Kapitalzuführungen in Höhe von 7 100 Millionen PTA rechtswidrig, da sie von der spanischen Regierung und unter Verletzung der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt wurde. In Artikel 1 wurde jedoch weiter festgestellt, daß diese Beihilfe dennoch die Bedingungen für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrages erfuelle und deshalb mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei.

9. Nach Artikel 2 der Entscheidung ist das Element einer staatlichen Beihilfe in Höhe von 4 200 Millionen PTA, das in der von Patrimonio an Hytasa vor deren Privatisierung im Juli 1990 gewährten Kapitalzuführung enthalten ist, rechtswidrig, da es unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 gewährt wurde. In Artikel 2 Absatz 2 wird festgestellt, daß das Beihilfeelement keine der Bedingungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 erfuellt und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist.

10. Artikel 3 verlangt von Patrimonio del Estado die Wiedereinziehung der Beihilfe (4 200 Millionen PTA) von der Mediterráneo Técnica Textil SA (früher Hytasa) nach den Verfahren des innerstaatlichen Rechts, insbesondere denjenigen, die die Verzinsung betreffen.

11. Nach Artikel 4 der Entscheidung dürfen etwaige Vereinbarungen, die eine Entschädigung der Käufer durch den Staat oder durch Patrimonio für eine Rückzahlung erhaltener Beihilfen vorsehen, nicht zur Ausführung gelangen.

12. Nach Artikel 5 sollte die spanische Regierung der Kommission binnen zwei Monaten von der Bekanntgabe der Entscheidung an die zu deren Durchführung getroffenen Maßnahmen mitteilen.

13. Mit Klageschrift, die am 19. Juni 1992 beim Gerichtshof eingereicht worden ist, beantragt Spanien die Nichtigerklärung der Artikel 2, 4 und 5 der Entscheidung. Fünf verschiedene Klagegründe werden vorgetragen, die ich nun nacheinander untersuchen werde.

Erster Klagegrund

14. Mit seinem ersten Klagegrund widerspricht Spanien der Feststellung der Kommission, daß die im Zusammenhang mit der Privatisierungsregelung durchgeführte "Finanzhilfe" rechtswidrig gewesen sei, da die Verfahrensregeln in Artikel 93 EWG-Vertrag verletzt worden seien. Spanien verweist darauf, daß es in Teil V der angefochtenen Entscheidung der Kommission heisst:

"Unter dem Gesichtspunkt des Gemeinschaftsrechts ist die Beihilfe an Hytasa als rechtswidrig anzusehen, da die spanische Regierung es verabsäumt hat, sie der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages im voraus zu melden."

Spanien führt aus, die Kommission sei von den wesentlichen Zuegen der Finanzhilfe am 30. Mai 1990 unterrichtet worden, der Inhalt des Vertrages über den Verkauf von Hytasa sei der Kommission am 25. Juni 1990 mitgeteilt worden, und der wesentliche Inhalt des Umstrukturierungsprogramms für Hytasa sei am 6. Juli 1990 übermittelt worden. Diese Benachrichtigungen seien erfolgt, bevor der Vertrag über den Verkauf am 25. Juli 1990 geschlossen worden sei und bevor Spanien von der Entscheidung der Kommission, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einzuleiten, am 3. August 1990 unterrichtet worden sei.

15. Wie die Kommission ausführt, ist dieser Klagegrund in Ansehung von Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag eindeutig unbegründet, der wie folgt lautet:

"Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, daß sie sich dazu äussern kann. Ist sie der Auffassung, daß ein derartiges Vorhaben nach Artikel 92 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzueglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat."

Demnach berechtigt der blosse Umstand, daß ein Mitgliedstaat ein Vorhaben zur Gewährung von Beihilfen mitgeteilt hat, diesen nicht, die Maßnahme sofort durchzuführen. Er muß warten, bis die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat. Die Kommission muß mit der gebotenen Eile handeln und kann den Mitgliedstaat nicht endlos warten lassen. Sie muß nach einer Vorprüfung rasch entscheiden, ob eine umfassende Überprüfung der Beihilfe nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag vorzunehmen ist. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 11. Dezember 1973 in der Rechtssache Lorenz/Deutschland(2) festgestellt, daß die Kommission nicht mit der gebotenen Eile gehandelt hat, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten entschieden hat, ob eine umfassende Überprüfung nach Artikel 93 Absatz 2 vorzunehmen ist. Ist diese Frist verstrichen, darf der Mitgliedstaat das Vorhaben durchführen; indessen verlangt die Rechtssicherheit, daß dies der Kommission zuvor angezeigt wird.

16. Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung und der Sachverhaltsdarstellung in der Klageschrift Spaniens eindeutig hervor, daß die Kommission vom Vorhaben zur Privatisierung von Hytasa erst am 30. Mai 1990 unterrichtet wurde und daß die Bedingungen des beabsichtigten Verkaufs der Kommission erst am 25. Juli 1990 übermittelt wurden. Einzelheiten des Sanierungsplans wurden erst am 9. Juli 1990 mitgeteilt. Unter diesen Umständen war Spanien eindeutig nicht berechtigt, den Verkauf am 25. Juli 1990 durchzuführen. Indem es dies tat, verstieß es eindeutig gegen die Verfahrensregeln in Artikel 93 EWG-Vertrag.

Zweiter Klagegrund

17. Spanien macht geltend, daß die Kapitalzuführungen an Hytasa vor deren Privatisierung aus folgenden Gründen keine staatliche Beihilfe darstellten.

18. Erstens habe aufgrund des Vertrags über den Verkauf von Hytasa ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Leistungen und Gegenleistungen bestanden. Die Kommission vereinfache die Angelegenheit zu sehr, wenn sie geltend mache, daß die Zahlung des Kaufpreises von 100 Millionen PTA die einzige Gegenleistung gewesen sei, die die Käufer von Hytasa für den Erwerb einer Gesellschaft erbracht hätten, der gerade Kapital in Höhe von 4 300 Millionen PTA zugeführt worden sei. Die Käufer hätten sich auch verpflichtet, ein Umstrukturierungsprogramm zur Gewährleistung der Lebensfähigkeit des Unternehmens durchzuführen. Nach diesem Programm seien sie verpflichtet worden, 2 500 Millionen PTA zu investieren und zusätzlich 2 040 Millionen PTA für die Reduzierung der Belegschaft aufzuwenden. Die Käufer hätten sich im Kaufvertrag auch verpflichtet, auf eine Forderung von Hytasa gegen den Staat in Höhe von 822 750 396 PTA zu verzichten, die Hytasa nach einem Urteil des spanischen Tribunal Supremo zugestanden habe.

19. Vom Standpunkt von Patrimonio del Estado aus betrachtet seien dem Staat aufgrund der Privatisierungsregelung grössere Vorteile als die Vereinnahmung des Kaufpreises von 100 Millionen PTA zugeflossen. Die Alternative zur Privatisierung habe in der Abwicklung bestanden. Die Kosten einer Abwicklung von Hytasa hätten sich auf 5 312 600 000 PTA belaufen. Diesen Betrag erhalte man, wenn man den berichtigten Wert des Gesellschaftsvermögens (8 741 800 000 PTA), den berichtigten Wert der Verbindlichkeiten (6 388 Millionen PTA) und die Kosten für die Entlassungen (7 666 400 000 PTA) berücksichtige: vgl. den Bericht in Anlage VI der Klageschrift, S. 19. Daher sei die Privatisierungsregelung in rein finanzieller Hinsicht ° also ohne Berücksichtigung der sozialen Kosten, die entstanden wären, wenn zugelassen worden wäre, daß Hytasa abgewickelt worden wäre ° für Patrimonio del Estado vorteilhaft gewesen.

20. Auch sei der Schaden zu berücksichtigen, den das Image von Patrimonio del Estado erlitten hätte, wenn zugelassen worden wäre, daß Hytasa abgewickelt worden wäre.

21. Zweitens sei Hytasa entsprechend einem mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang stehenden Verfahren an den Bieter mit dem höchsten Angebot verkauft worden. Spanien bezieht sich hierfür auf einen Satz in der angefochtenen Entscheidung, in der es heisst, daß für den Nachweis, daß der Verkauf keine Elemente staatlicher Beihilfe enthalten habe, nicht nur hätte bewiesen werden müssen, daß die Gesellschaft an den Bieter mit dem höchsten Gebot verkauft worden sei, sondern auch, daß "der Verkauf im Rahmen eines an keinerlei Bedingungen geknüpften offenen Verkaufsangebots, d. h. im Rahmen einer Ausschreibung, bei der jeder potentielle Käufer zur Abgabe eines Angebots für das Unternehmen aufgefordert wird und der Staat keine Bedingungen für das Zustandekommen des Verkaufs stellt, erfolgte"(3). In der angefochtenen Entscheidung heisst es weiter, daß Spanien den Käufern gewisse Auflagen gemacht habe, "die die Verfügungsgewalt über die erworbene Beteiligung vorübergehend einschränken".

22. Hytasa sei 160 möglichen Käufern angeboten worden, von denen nicht alle Spanier gewesen seien. Die Bedingungen des Vertrags seien nicht im voraus festgelegt worden, sondern das Ergebnis von Verhandlungen mit den Käufern gewesen. Sie seien ausgewogen und verhältnismässig gewesen und hätten unmittelbar im Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand gestanden. Die Vertragsbestimmungen, die eine Veräusserung von Hytasa für eine bestimmte Zeit untersagt hätten, hätten dazu gedient, Spekulationen zu verhindern.

23. Drittens habe die Kapitalzuführung, die Patrimonio del Estado bei Hytasa vorgenommen habe, eine Maßnahme dargestellt, die ein privater Investor unternommen hätte. Spanien zitiert das Urteil vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache Belgien/Kommission(4), in dem der Gerichtshof entschieden habe, daß eine Kapitalerhöhung bei einem staatseigenem Unternehmen, die aus öffentlichen Mitteln bestritten werde, keine staatliche Beihilfe darstelle, wenn sich das Unternehmen die betreffenden Beträge auf den privaten Kapitalmärkten hätte beschaffen können, d. h. wenn "ein privater Gesellschafter in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte"(5).

24. Spanien macht geltend, ein privater Investor hätte bereitwillig 3 377 300 000 PTA (d. h. 4 200 Millionen PTA minus 822 700 000 PTA(6), die aufgrund des oben unter Nr. 18 erwähnten Gerichtsurteils geschuldete Summe) aufgewandt, um sich einer Gesellschaft zu entledigen, die voraussichtlich einen Verlust von 5 000 Millionen PTA in den nächsten drei Jahren erleiden würde und die nur zu Kosten von 5 312 600 000 PTA hätte abgewickelt werden können. Der Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 21. März 1991 in der Rechtssache Italien/Kommission (ENI-Lanerossi)(7) entschieden, daß eine Kapitalzuführung durch eine Muttergesellschaft zulässig sei, wenn deren Zweck darin bestehe, eine Einstellung der Tätigkeit unter möglichst günstigen Bedingungen zu ermöglichen, und daß für die Erwägung maßgebend gewesen sei, das Image der Muttergesellschaft zu bewahren. Das Image von Patrimonio del Estado wäre schwer geschädigt worden, wenn es seine Tätigkeit in einem Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit und sozialem Abstieg eingestellt hätte. Eine private Gesellschaft in der gleichen Situation wie Patrimonio del Estado würde sich ebenfalls durch gewerkschaftlichen oder politischen Druck beeinflussen lassen.

25. Viertens sei in der angefochtenen Entscheidung nicht dargetan, daß der Gemeinschaftsmarkt für Fertiggewebe aus Baumwolle und Wollerzeugnisse durch die finanzielle Maßnahme von Patrimonio del Estado beeinträchtigt worden sei. Die Entscheidung beziehe sich ausschließlich auf den Markt für Garne und Webstoffe. Nach dem Verkauf von Hytasa werde das Unternehmen die Lieferung solcher Erzeugnisse einstellen und insoweit sogar zu einem Verbraucher werden. Was Fertigerzeugnisse angehe, auf die Hytasa künftig ihre Tätigkeit konzentrieren werde, rüge die Kommission in der angefochtenen Entscheidung lediglich das Fehlen von statistischen Angaben.

26. Meines Erachtens kann keines der angeführten Argumente die Feststellung der Kommission erschüttern, daß das Vorgehen Spaniens, das in einer Kapitalzuführung von 4 300 Millionen PTA öffentlicher Gelder in eine staatseigene Gesellschaft und der gleichzeitigen Einwilligung darin besteht, daß die Gesellschaft für 100 Millionen PTA verkauft wird, insgesamt betrachtet eine staatliche Beihilfe darstelle.

27. Was das Argument angeht, daß zwischen Verpflichtungen und Vorteilen, die sich aus dem Vertrag über den Verkauf von Hytasa ergäben, ein ausgewogenes Gleichgewicht bestehe, ist dies meines Erachtens nicht der geeignetste Weg, die Frage, ob Spanien den Käufern von Hytasa eine staatliche Beihilfe gewährt hat, oder die Frage, in welcher Höhe eine staatliche Beihilfe gewährt wurde, zu untersuchen. Für die Beantwortung dieser Fragen ist nicht so sehr auf die dem angeblichen Beihilfeempfänger gewährten Vorteile (oder die ihm auferlegten Verpflichtungen) abzustellen, sondern eher auf die Nettokosten des Geschäfts für den Staat. Der von Spanien gewählte Ansatz würde es unter den Umständen des vorliegenden Falles praktisch unmöglich machen, die den Käufern von Hytasa gewährte Finanzhilfe zu beziffern, da einige der angeblich von ihnen übernommenen Verpflichtungen nicht in Geld meßbar sind.

28. Obwohl manchmal die Ansicht vertreten wird, daß eine vom Staat gewährte Finanzhilfe kostenlos gewährt werden müsse, damit sie als staatliche Beihilfe qualifiziert werden könne(8), ist sicherlich die Betrachtungsweise vorzuziehen, daß eine staatliche Beihilfe dann gewährt wird, wenn ein Mitgliedstaat einem Unternehmen Mittel verschafft, die es im gewöhnlichen Verlauf der Ereignisse von einem privaten Investor, der die üblichen geschäftlichen Kriterien anwendet, und unabhängig von anderen Erwägungen sozialer, politischer oder philanthropischer Art, nicht erhalten hätte.

29. Spanien erkennt an, daß das "Kriterium des privaten Investors" der wesentliche Maßstab ist, versucht jedoch darzutun, daß seine Handlungsweise diesem Kriterium entsprochen habe, weil die einzige andere Handlungsmöglichkeit ° nämlich die Abwicklung von Hytasa ° für den Staat kostspieliger gewesen wäre. Die Schwachstelle dieser Argumentation besteht darin, daß Patrimonio del Estado, da Hytasa als Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung ausgestaltet war, als Eigentümer des Aktienkapitals im Falle der Abwicklung des Unternehmens keine weiteren Gelder in die Gesellschaft hätte einbringen müssen. Hätten die Verbindlichkeiten der Gesellschaft ihr Kapital überstiegen, so hätten die Gläubiger von Patrimonio del Estado den Ausgleich des Unterschiedsbetrags nicht verlangen können. Wie die Kommission zu Recht ausführt, ist zwischen den Verpflichtungen von Patrimonio del Estado als Eigentümer des Aktienkapitals der Hytasa und den Verpflichtungen des spanischen Staates als Erbringer von Leistungen der sozialen Sicherheit und der Arbeitslosenunterstützung zu unterscheiden. Die letztere Art von Verpflichtungen kann bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Investors nicht berücksichtigt werden.

30. Betrachtet man die Angelegenheit in diesem Licht, so sind viele der von den Parteien ziemlich ausführlich erörterten Streitpunkte nicht mehr erheblich. Sicherlich ist die unbestrittene Tatsache, daß Hytasa als Ergebnis eines ordnungsgemäß abgelaufenen Ausschreibungsverfahrens an den Bieter mit dem höchsten Angebot verkauft wurde, unerheblich. Daß andere Unternehmen nicht bereit waren, Hytasa zu übernehmen, sofern nicht ein höherer Betrag öffentlicher Finanzierung als Anreiz angeboten worden wäre, beweist nicht, daß die mit dem erfolgreichen Bieter vereinbarten Bedingungen keine staatliche Beihilfe umfassten. Ebenfalls unerheblich ist meines Erachtens die Argumentation mit dem Erfordernis, das Image von Patrimonio del Estado zu wahren. Es vermag kaum zu überzeugen, daß eine staatseigene Holdinggesellschaft allein aus Sorge darüber, daß eines ihrer Unternehmen durch den Konkurs einen so grossen Schaden an ihrem Gesamtimage erleiden würde, privaten Unternehmen als Anreiz für die Übernahme des Unternehmens grosse Geldbeträge anbieten würde.

31. Schwieriger ist das Problem im Zusammenhang mit der durch Gerichtsurteil festgesetzten angeblichen Schuld des spanischen Staates gegenüber Hytasa in Höhe von 822 750 396 PTA, auf die die Käufer nach dem Kaufvertrag verzichten sollten. Grundsätzlich erscheint es logisch, wenn der spanische Staat Hytasa als Ergebnis eines normalen Geschäfts (und somit nicht als Ergebnis eines Versuchs der Gewährung einer staatlichen Beihilfe) einen bestimmten Geldbetrag schuldete, und wenn die Käufer von Hytasa darin einwilligten, auf diese Forderung zu verzichten, diesen Betrag bei der Berechnung der Hytasa gewährten Beihilfe zu berücksichtigen. (Dieses Problem betrifft jedoch nicht die Frage, ob Hytasa und ihre Käufer eine staatliche Beihilfe erhielten; es betrifft nur die Bezifferung der Beihilfe.) Allerdings hat es Spanien, wie die Kommission ausgeführt hat, unterlassen, die Kommission im Verfahren nach Artikel 93 EWG-Vertrag eindeutig auf diesen Punkt hinzuweisen. Die Kommission war nur davon unterrichtet, daß der Kaufvertrag eine Klausel enthielt, wonach auf etwaige Ansprüche gegen den Staat aus einem Urteil des Tribunal Supremo verzichtet wurde. Daher kann ich nicht erkennen, wie die Entscheidung der Kommission, die zum Abschluß jenes Verfahrens erlassen wurde, aus diesem Grund auch nur teilweise für nichtig erklärt werden sollte.

32. Das letzte Problem, das mit dem zweiten Klagegrund Spaniens aufgeworfen wird, besteht darin, ob die Hytasa gewährte Beihilfe den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigte. Die Bedeutung dieses Arguments besteht natürlich darin, daß Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag staatliche Beihilfen nur insoweit verbietet, als sie diese Auswirkung haben.

33. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist das Erfordernis einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten leicht erfuellt. Im Urteil Philip Morris/Kommission hat der Gerichtshof folgendes ausgeführt:(9)

"Verstärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, muß dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden."

34. Es ist offensichtlich, daß staatliche Beihilfen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können, wenn der Empfänger, dessen Wettbewerbsposition durch die Beihilfe verstärkt wird, eine nennenswrte Menge Waren in andere Mitgliedstaaten ausführt. Staatliche Beihilfen können solche Auswirkungen jedoch auch dann haben, wenn der Empfänger keine Waren in andere Mitgliedstaaten ausführt, da die Beihilfe den Empfänger möglicherweise in die Lage versetzt, seine Erzeugung zu erhöhen, so daß der potentielle Markt für aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Waren verringert wird.(10) Eine Beihilfe kann den Handel zwischen Mitgliedstaaten "angesichts der Verflechtung der Märkte, auf denen die Unternehmen der Gemeinschaft tätig sind", auch dann verfälschen, wenn das begünstigte Unternehmen fast seine gesamte Produktion ausserhalb der Gemeinschaft absetzt.(11)

35. Im vorliegenden Fall gab der Staat ganz erhebliche Geldbeträge aus, um ein Unternehmen der Textilindustrie vor der Schließung zu retten, das nicht hätte überleben können, wenn es den Marktkräften ermöglicht worden wäre, frei zu wirken. Die Folge wird sein, daß das Unternehmen grosse Mengen von Waren zum Verkauf in Spanien, in anderen Mitgliedstaaten oder ausserhalb der Gemeinschaft herstellt. Bei den fraglichen Waren handelt es sich um Baumwoll- und Wollgewebe sowie Fertigbekleidung. Es bedarf keiner Stösse von Statistiken oder Bände von ÖCD-Berichten, um zu wissen, daß mit solchen Waren innerhalb und ausserhalb der Gemeinschaft grenzueberschreitender Handel stattfindet: In Sevilla hergestellte Jacken, Hosen, Röcke und Hemden können die Bedürfnisse der Verbraucher in Hamburg, Paris und Athen ebenso befriedigen wie in Lancashire hergestellte Bettücher, Handtücher, Tischdecken und Servietten ihren Weg in Haushalte in Andalusien finden können. Unter diesen Umständen kann meines Erachtens nicht ernstlich behauptet werden, daß die den Käufern von Hytasa gewährte Beihilfe keine merkliche Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gehabt hätte.

Dritter Klagegrund

36. Spanien vertritt die Ansicht, daß selbst dann, wenn die Kapitalzuführung durch Patrimonio del Estado und der gleichzeitige Verkauf von Hytasa eine staatliche Beihilfe dargestellt hätten, diese gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a und c für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären gewesen wäre.

37. Spanien führt dazu erstens aus, daß die Region Sevilla unstreitig grundsätzlich gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a für staatliche Beihilfen in Betracht kommen dürfte, wonach Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig sei oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, erlaubt sind.

38. Spanien rügt, daß die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, daß der Betrag der gewährten Beihilfe (4 200 Millionen PTA nach Angaben der Kommission) den von den Käufern von Hytasa investierten Betrag (2 500 Millionen PTA) bei weitem übersteige. Spanien bemerkt hierzu, die Käufer seien verpflichtet worden, einen Sanierungsplan für Hytasa auszuarbeiten und ungefähr 2 040 Millionen PTA für die Verringerung der Belegschaft um 314 Mitglieder aufzuwenden.

39. Die Beihilfe sei nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a gerechtfertigt, weil ihre günstigen Auswirkungen auf die Region Sevilla, wo 700 Arbeitsplätze erhalten würden, die nachteiligen Auswirkungen der geringfügigen Wettbewerbsverzerrung überwögen.

40. Die Beihilfe sei auch nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c gerechtfertigt, wonach Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können, wenn sie der Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete dienen, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

41. Das zentrale Problem bei der Privatisierung habe darin bestanden, die Gesellschaft durch grundlegende Änderung ihrer Erzeugung und Einbringen von wertvollem Know-how, Fähigkeiten im Design, Bewusstsein für Modefragen und technologische Erneuerung lebensfähig zu machen. Der Sanierungsplan habe eine wesentliche Reduzierung der Belegschaft von Hytasa vorgesehen: Die Zahl der Beschäftigten habe von 1 034 auf 720 verringert werden sollen. Die Gesellschaft habe ihre Erzeugung von Garnen und Webstoffen um 20,8 % bis 30,2 % kürzen und den Verkauf dieser Erzeugnisse vollständig einstellen sollen. (Die Erzeugung habe intern zur Herstellung von Fertigerzeugnissen genutzt werden sollen.) Die Gesellschaft solle sich auf die Herstellung fertiger Bekleidungsstücke konzentrieren.

42. Spanien rügt, daß die Kommission festgestellt habe, daß der Sanierungsplan nicht geeignet sei, die Gesellschaft lebensfähig zu machen. Es zitiert das Urteil vom 14. November 1984 in der Rechtssache Intermills/Kommission(12), in dem der Gerichtshof feststellte, daß die Kommission nicht dargetan habe, "weshalb das Verhalten der Klägerin auf dem Markt nach der durch die Gewährung der Beihilfe ermöglichten Umstellung ihrer Produktion geeignet gewesen sein sollte, die Handelsbedingungen so sehr zu verändern, daß der Untergang des Unternehmens seiner Sanierung vorzuziehen gewesen wäre"(13).

43. Es sei bemerkt, daß sich Spanien sowohl auf Buchstaben a als auch auf Buchstaben c von Artikel 92 Absatz 3 des Vertrages beruft. Da beide Bestimmungen es erlauben, Beihilfen für die Entwicklung bestimmter Gebiete für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären, überschneiden sie sich offensichtlich. Es gibt jedoch einige erhebliche Unterschiede: Insbesondere sieht Buchstabe a nur regionale Beihilfen vor, da sein Anwendungsbereich auf "Gebiete, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht", beschränkt ist; Buchstabe c ermächtigt die Kommission dagegen, zusätzlich zu Regionalbeihilfen (die jedoch gemäß Buchstabe c nicht auf besonders benachteiligte Regionen beschränkt sind) sektorale Beihilfen, d. h. Beihilfen für die Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige zuzulassen. Buchstabe c ist daher möglicherweise ohne geographische Beschränkungen anwendbar, was zweifellos erklärt, weshalb die Verfasser des Vertrages für seine Anwendung die weitere ° in Buchstabe a nicht enthaltene ° Voraussetzung aufstellten, daß die Beihilfen "die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft".

44. Gemeinsam ist beiden Vorschriften, daß sie der Kommission ein weites Ermessen einräumen. Im Urteil vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache Frankreich/Kommission (Boussac)(14) hat der Gerichtshof ausgeführt:

"Im Rahmen des Artikels 92 Absatz 3 EWG-Vertrag verfügt die Kommission über ein weites Ermessen, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind."

45. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß in der Region Sevilla eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht, was bedeutet, daß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a grundsätzlich anwendbar ist. Wie ich bereits ausgeführt habe, verlangt diese Bestimmung von der Kommission nicht ausdrücklich, sich zu vergewissern, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Das bedeutet nicht, daß die Kommission das gemeinsame Interesse völlig ausser acht lassen darf, wenn sie Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a anwendet; der unterschiedliche Wortlaut der Buchstaben a und c von Artikel 92 Absatz 3 führt jedoch eindeutig dazu, daß die Kommission den Mitgliedstaaten in bezug auf Beihilfen für Unternehmen in Regionen mit erheblicher Unterbeschäftigung einen weiteren Ermessensspielraum zubilligen muß. Die angefochtene Entscheidung enthält wenig Belege dafür, daß die Kommission eine solche Unterscheidung getroffen hat, auch wenn sie die mögliche Anwendung der Buchstaben a und c getrennt behandelt hat.

46. Die Begründung in der angefochtenen Entscheidung dafür, daß die Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a abgelehnt wurde, findet sich in den Absätzen 7 bis 10 des Teils VI der Entscheidung. Ich möchte sie vollständig zitieren:

"Was das Element einer staatlichen Beihilfe an Hytasa in Höhe von 4 200 Millionen PTA betrifft, das in der unmittelbar vor dem Verkauf des Unternehmens vollzogenen Kapitalzuführung enthalten ist, so sieht Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a eine Ausnahme für Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten vor, in denen die Lebenshaltung aussergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Obgleich Hytasa ihren Standort in Malaga ° einem nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a für eine Regionalförderung in Betracht kommenden Gebiet ° hat, wurde die fragliche Beihilfe nicht im Rahmen der entsprechenden Regionalförderungsregelungen, sondern auf der Grundlage von Ad-hoc-Beschlüssen der spanischen Regierung in Form von dem Ermessen überlassenen Kapitalzuführungen gewährt.

Selbst wenn die hier angesprochene Beihilfe als Regionalbeihilfe einzustufen wäre, könnte sie nicht nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a für vereinbar erklärt werden, da im Rahmen dieses Artikels gewährte Beihilfen zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen müssen ° was in diesem Fall insbesondere bedeutet, daß die Beihilfe zumindest die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern muß, was bei Hytasa nach den der Kommission bislang vorliegenden Informationen nicht der Fall ist (auf diesen Aspekt wurde bereits in Teil IV näher eingegangen) °, ohne unvertretbare negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft zu haben.

Andererseits kann die Beihilfe an Hytasa in Höhe von 4 200 Millionen PTA ungeachtet der Tatsache, daß ihre Gewährung vom Staat ausdrücklich an die Bedingung geknüpft wurde, daß ein Teil davon von Hytasa für Investitionen verwendet wird (eine in der Mitteilung der Kommission von 1979 über die Grundsätze für die Koordinierung der allgemeinen Beihilferegelungen(15) mit regionaler Zielsetzung festgeschriebene Voraussetzung für die Gewährung von Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftsgebiete), nicht automatisch als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, da die Kommission in Anbetracht der Tatsache, daß die Beihilfe ausserhalb des Geltungsbereichs der von ihr genehmigten Beihilferegelungen gewährt wurde, die Frage der Vereinbarkeit anhand der Merkmale der Beihilfe beurteilen muß. Dabei hat sie unter anderem zu prüfen, ob die geförderten Investitionsvorhaben den von der Gemeinschaft in dem betreffenden Sektor verfolgten Interessen entsprechen und zu einer gesunden Umstrukturierung des Unternehmens beitragen (auf beide Aspekte wird noch einzugehen sein).

Die Beihilfe von 4 200 Millionen PTA überschreitet um ein Beträchtliches die von dem Unternehmen getätigten Investitionen in Höhe von 2 500 Millionen PTA, was in jedem Fall bei einer Investitionsbeihilfe unzulässig ist."

47. Es ist nicht zu beanstanden, daß die Kommission den Standpunkt eingenommen hat, eine gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a gewährte Beihilfe müsse zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen, so daß in Fällen der vorliegenden Art die Beihilfe die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern müsse. Jeder andere Standpunkt hätte die Tür für Betriebsbeihilfen geöffnet, deren Gefahren wohl bekannt sind.

48. Die Schlüsselfrage ist deshalb, ob der von den Erwerbern von Hytasa akzeptierte Umstrukturierungsplan geeignet ist, das gewünschte Ergebnis herbeizuführen. Unglücklicherweise sind die Ausführungen zu diesem Punkt in der angefochtenen Entscheidung ausserordentlich spärlich.

49. In dem zitierten Abschnitt wird kein Versuch unternommen, zu erläutern, weshalb der Umstrukturierungsplan nicht geeignet war, langfristig die Lebensfähigkeit von Hytasa zu sichern. Allerdings wird in dem zitierten Abschnitt an zwei Stellen ausgeführt, daß diese Schlüsselfrage in der Entscheidung behandelt werde. So heisst es im zweiten Absatz der zitierten Passage (d. h. im achten Absatz von Teil VI), daß der Umstand, daß das Ziel der Wiederherstellung der Lebensfähigkeit des Unternehmens nicht erreicht worden sei, in Teil IV erörtert werde. Und am Ende des vorletzten Absatzes der zitierten Passage (d. h. des neunten Absatzes von Teil VI) heisst es, daß auf die Fragen, ob die Investitionsvorhaben von Hytasa den Interessen der Gemeinschaft entsprächen und ob sie zu einer gesunden Umstrukturierung des Unternehmens beitrügen, "noch einzugehen sein" werde.

50. Tatsächlich werden in Teil IV ganz andere Probleme behandelt, und dieser Teil wurde wahrscheinlich irrtümlich zitiert, denn Teil III behandelt die Frage eines Plans zur gesunden Umstrukturierung. Ebenso ist der Hinweis, daß auf die Frage, ob die Investitionsvorhaben von Hytasa zu einer gesunden Umstrukturierung des Unternehmens beitragen, "noch einzugehen sein" werde, nicht ganz richtig. Im restlichen Teil der Entscheidung werden keine Gründe dafür angegeben, daß mit den Investitionsvorhaben das gewünschte Ergebnis nicht erreicht würde. Zwar endet Teil VI der Entscheidung mit der Feststellung, daß die Hytasa gewährte Beihilfe die Handelsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft insofern in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändere, als sie "nicht zu einer echten, die Lebensfähigkeit des Unternehmens voll verbürgenden Umstrukturierung beiträgt"; es wird jedoch kein Grund für diese Feststellung angegeben. Tatsächlich behandeln die vorhergehenden Absätze ganz andere Gesichtspunkte des Umstrukturierungsplans: Der Plan wird mit der Begründung beanstandet, daß keine Veräusserung von Produktivanlagen von Hytasa vorgesehen sei, was bedeute, daß das Unternehmen seine Tätigkeit unter Ausnutzung seiner freien Kapazitäten wieder ausweiten könnte, und die Durchführung des Plans wird deshalb beanstandet, weil am 1. August 1991 nur 260 Mitarbeiter, davon einige nur vorübergehend, entlassen worden seien, was wiederum die Möglichkeit einer späteren Erhöhung der Produktionskapazität bestehen lasse. Dies sind möglicherweise bedeutsame Umstände, soweit sie die Frage betreffen, ob die Erwerber von Hytasa zu einer langfristigen Einschränkung der Tätigkeit des Unternehmens verpflichtet wurden; sie haben jedoch keinen Bezug zu der zentralen Frage, ob der Umstrukturierungsplan die Lebensfähigkeit des Unternehmens herbeiführen würde oder nicht.

51. Was Teil III der Entscheidung angeht, so enthält dieser ebenfalls praktisch keine Ausführungen zu der Frage, weshalb der Umstrukturierungsplan nicht geeignet sein soll, die Lebensfähigkeit von Hytasa zu gewährleisten. Teil III erwähnt einen überarbeiteten Umstrukturierungsplan, der der Kommission von den spanischen Behörden am 13. Juni 1991 vorgelegt worden sei. Der Plan habe "radikale Änderungen in der Produktions- und Absatzpolitik von Hytasa" vorgesehen. Insbesondere habe das Unternehmen nur noch Fertigerzeugnisse verkaufen und demzufolge seine Erzeugung je nach Produkt um 50 % bis 320 % erhöhen sollen. Das Unternehmen habe seine Produktion von Garnen und Rohgeweben um 13 % bis 25 % verringern sollen.(16) Der Plan sehe nunmehr 720 Arbeitsplätze und einen Gewinn in Höhe von 716 Millionen PTA (ungefähr 9 % der Umsätze) im letzten Jahr vor. Weiter ist in der angefochtenen Entscheidung als Zusammenfassung des überarbeiteten Plans folgendes ausgeführt:

"Ein Vergleich zwischen beiden Plänen deckt verschiedene Punkte auf, die Zweifel an der Begründetheit der darin enthaltenen Annahmen oder Prognosen aufkommen lassen; wegen der vielen Widersprüche zwischen den beiden Plänen sieht sich die Kommission nicht in der Lage, die positiven Endprognosen des überarbeiteten Plans zu teilen.

Insbesondere blieben die spanischen Behörden eine Erklärung dafür schuldig, wie die im zweiten Plan vorgesehene Erhöhung des Gesamtwertes der Verkäufe um 23 % zustande kommt, nachdem das Unternehmen den im vorhergehenden Plan noch beibehaltenen Verkauf von Garnen und Rohgeweben einstellen und den Verkauf von Fertiggeweben und Bekleidung in etwa auf dem mengenmässigen Niveau des ersten Plans halten will. Ausserdem fehlt eine Erklärung für die höhere Zahl direkter Arbeitsplätze (720 anstatt 700) bei gleichzeitiger Reduzierung der Produktion."

52. Eine solche Begründung erscheint völlig unangemessen, zumal die Lebensfähigkeit von Hytasa im Lichte des Umstrukturierungsplans ein Problem von grundlegender Bedeutung ist. Obwohl der Ermessensspielraum der Kommission nach Artikel 92 Absatz 3 weit ist, muß sie zumindest eine kohärente, wenn auch knappe Begründung für ihre Feststellungen zu einem solchen wesentlichen Punkt geben.

53. Es gibt zwei weitere Gesichtspunkte, unter denen die Begründung der angefochtenen Entscheidung unzureichend erscheint.

54. Erstens wird in der Entscheidung (im zehnten Absatz von Teil VI) festgestellt: "Die Beihilfe von 4 200 Millionen PTA überschreitet um ein Beträchtliches die von dem Unternehmen getätigten Investitionen in Höhe von 2 500 Millionen PTA, was in jedem Fall bei einer Investitionsbeihilfe unzulässig ist." Spanien rügt meines Erachtens zu Recht, daß die Kommission nicht nur die Ausgabe von 2 500 Millionen PTA für Investitionen im strengen Sinn berücksichtigt hat, sondern auch die 2 040 Millionen PTA, die die Erwerber von Hytasa für Entlassungsabfindungen aufzuwenden hatten. Die Kommission macht geltend, daß sie für die Zwecke der Bewertung der Intensität der Beihilfe die Kosten für die Verringerung der Belegschaft eines Unternehmens nicht berücksichtige.

Diese Betrachtungsweise dürfte im Fall von Beihilfen, die dazu bestimmt sind, daß sich ein unrentables Unternehmen selbst umstrukturiert, seinen Tätigkeitsumfang verringert und wirtschaftlich lebensfähig wird, völlig unlogisch sein. Wenn wirtschaftliche Lebensfähigkeit nur durch Verringerung der Belegschaft erreicht werden kann und wenn dies als Folge von Rechtsvorschriften zum Schutz der Rechte von Arbeitnehmern Entlassungskosten verursacht, so ist es angebracht, diese Kosten als wesentlichen Teil des Umstrukturierungsprogramms anzusehen; sie sind ebenso notwendig wie Investitionen in neue Maschinen zur Anpassung der Produktion des Unternehmens.

55. Zweitens wird in der Entscheidung (im 15. Absatz von Teil VI) ausgeführt:

"In diesem Zusammenhang hat die Kommission nach eingehender Prüfung des ursprünglichen und des überarbeiteten Umstrukturierungsprogramms für Hytasa festgestellt, daß die Produktion und der Vertrieb von Zwischenerzeugnissen zwar in gewissem Umfang reduziert werden soll, diese Reduzierungen aber durch Erhöhungen in der Produktion und im Verkauf von Fertigerzeugnissen mehr als wettgemacht werden. Folglich ist die Kommission der Auffassung, daß der Umstrukturierungsplan für Hytasa nicht die Verpflichtung zu einer Reduzierung der Unternehmenstätigkeiten enthält, die als eine ausgleichende Rechtfertigung für Beihilfen betrachtet werden könnte."

Diese Betrachtungsweise ist unlogisch. Wenn Hytasa umstrukturiert und wirtschaftlich lebensfähig gemacht werden sollte, so musste sie irgend etwas produzieren. Der ganze Zweck des Vorgangs bestand darin, das Unternehmen in die Lage zu versetzen, diejenigen Tätigkeiten einzustellen, die es nicht rentabel ausführen konnte, und mit der Herstellung von Erzeugnissen zu beginnen, die es gewinnbringend verkaufen könnte. Den Umstrukturierungsplan mit der Begründung zu beanstanden, daß die Kürzung des Ausstosses von Hytasa von Zwischenerzeugnissen durch die Steigerung der Herstellung von Fertigerzeugnissen ausgeglichen wird, bedeutet, das gesamte Konzept der Umstrukturierung mißzuverstehen.

56. Im Hinblick auf die genannten Unzulänglichkeiten der Begründung der angefochtenen Entscheidung bin ich der Ansicht, daß Artikel 2 Absatz 2 der Entscheidung, mit dem festgestellt wird, daß die Hytasa gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, für nichtig erklärt werden muß.

Vierter Klagegrund

57. Mit dem vierten Klagegrund beanstandet Spanien die Widersprüchlichkeit der Entscheidung der Kommission in bezug auf die für den Zeitraum 1986 bis 1988 gewährte Beihilfe und der Entscheidung über die Kapitalzuführungen im Zeitpunkt der Privatisierung von Hytasa im Jahre 1990. Was den früheren Zeitraum betrifft, sei eine Beihilfe von 7 100 Millionen PTA für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar befunden worden, weil sie dazu bestimmt gewesen sei, die Grundlage für eine endgültige, rentable Umstrukturierung der Gesellschaft nach einem Plan zu schaffen, der Rationalisierungsinvestitionen von 5 000 Millionen PTA und Entlassungskosten von 700 Millionen PTA umfasst habe. In dem späteren Zeitraum seien von den Erwerbern von Hytasa 2 040 Millionen PTA für Entlassungskosten und 2 500 Millionen PTA an Investitionen getätigt worden, die Kommission habe jedoch keine Erklärung dafür gegeben, weshalb es sich dabei nicht um Rationalisierungen und Umstrukturierungen gehandelt habe, die einen staatlichen Beitrag von 4 200 Millionen PTA gerechtfertigt hätten (3 367 300 000 PTA, wenn der Verzicht von Hytasa auf seine Forderung gegen Patrimonio del Estado berücksichtigt werde). Die einzige Erklärung für die unterschiedliche Behandlung habe darin bestanden, daß die frühere Beihilfe auf Umstände zurückzuführen sei, die vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft entstanden seien. Die 1990 ausgeführten Tätigkeiten seien der Höhepunkt eines Verfahrens gewesen, das in dem früheren Zeitraum eingeleitet worden sei und daher ebenfalls auf vor dem Beitritt liegende Umstände zurückzuführen sei. Kurz, Spanien betrachtet die unterschiedliche Behandlung der 1986 bis 1988 gewährten Beihilfe und der späteren Zuschüsse als Beweis für Willkür seitens der Kommission. Das Unterlassen der Angabe hinreichender Gründe für die unterschiedliche Behandlung soll einen Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag darstellen.

58. Angesichts des Ergebnisses, zu dem ich bezueglich des dritten Klagegrundes gelangt bin, möchte ich dieses Vorbringen kurz behandeln.

59. Obwohl die Begründung der angefochtenen Entscheidung unzureichend ist, bin ich nicht der Ansicht, daß sie nur wegen der unterschiedlichen Behandlung der früheren und der späteren Beihilfen für nichtig erklärt werden sollte. Es lässt sich wohl behaupten, daß die Kommission im Hinblick auf die zwischen 1986 und 1988 gewährte Beihilfe ausserordentlich nachsichtig war. Im nachhinein könnte man die Feststellung in Frage stellen, daß diese Beihilfe eine grössere Anstrengung zur Schaffung der Grundlage für eine endgültig lebensfähige Umstrukturierung des Unternehmens dargestellt habe. Daß die Kommission gegenüber der früher gewährten Beihilfe Nachsicht zeigte, bedeutet jedoch nicht, daß sie gegenüber der im Juli 1990 gewährten Beihilfe ebenso großzuegig sein musste. Im Gegenteil, die Kommission durfte den Standpunkt einnehmen, daß in den ersten Jahren der Mitgliedschaft Spaniens in der Gemeinschaft eine großzuegigere Haltung erforderlich war, so daß den spanischen Behörden und den betroffenen Unternehmen eine Zeit der Nachsicht gewährt wurde, innerhalb deren sie sich den Regeln der Gemeinschaft anpassen konnten. In gleicher Weise war die Kommission berechtigt, davon auszugehen, daß im Juli 1990 kein Anlaß mehr für eine Sonderbehandlung bestand.

Fünfter Klagegrund

60. Der fünfte und letzte Klagegrund betrifft die Verpflichtung, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte Beihilfe wiedereinzuziehen. Spanien vertritt die Ansicht, daß diese Verpflichtung gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstosse und daß die angefochtene Entscheidung keine ausreichende Angabe von Gründen für eine solche Verpflichtung enthalte. Auch das berechtigte Vertrauen der Beihilfeempfänger wird angeführt. Es wird behauptet, daß die von der Beihilfe verursachte Wettbewerbsverzerrung nicht schwerwiegend genug gewesen sei, um ein Vorgehen zu rechtfertigen, das zur Schließung eines lebensfähigen Unternehmens führen und somit weitere Arbeitslosigkeit in einer sozial benachteiligten Region verursachen könnte.

61. Würde Artikel 2 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig erklärt, wie ich söben vorgeschlagen habe, so würde dies automatisch dazu führen, daß die Bestimmungen, die von den spanischen Behörden die Wiedereinziehung der Beihilfe (Artikel 3) und das Unterlassen der Ausführung etwaiger Vereinbarungen, die eine Entschädigung der Käufer von Hytasa durch den Staat verlangen (Artikel 4), nichtig wären. Artikel 5, der Spanien verpflichtet, der Kommission die zur Durchführung der Entscheidung getroffenen Maßnahmen mitzuteilen, würde ebenfalls keine Anwendung mehr finden.

62. Falls jedoch der Gerichtshof die Feststellung der Kommission bestätigt, daß die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, meine ich nicht, daß die Bestimmungen, die von den spanischen Behörden die Wiedereinziehung der Beihilfe verlangen, aus einem der nit dem fünften Klagegrund vorgebrachten Gründe für nichtig erklärt werden können.

63. Der wichtigste zu bedenkende Punkt ist, daß sich die Frage der Wiedereinziehung niemals stellen würde, wenn die Mitgliedstaaten ihre Verpflichtung aus Artikel 93 Absatz 3 Satz 1 EWG-Vertrag, die Kommission von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen im voraus zu unterrichten, und ihre Verpflichtung aus Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 EWG-Vertrag, die beabsichtigte Maßnahme nicht durchzuführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat, erfuellen würden. Wenn die Mitgliedstaaten diese Verpflichtungen nicht ernst nehmen, würde dem Beihilfeverbot des Artikels 92 Absatz 1 seine Wirksamkeit genommen, wenn die Kommission nicht befugt wäre, die Wiedereinziehung von Beihilfen anzuordnen, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden. Daher ist eine Berufung auf den Verhältnismässigkeitsgrundsatz als Begründung gegen die Wiedereinziehung einer solchen Beihilfe vergebens: Ein Vorgehen, das erforderlich ist, um die Wirksamkeit eines der grundlegenden Verbote des Vertrages durchzusetzen, kann nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil Belgien/Kommission (Tubemeuse)(17) ausdrücklich anerkannt, daß die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten staatlichen Beihilfe grundsätzlich nicht als Maßnahme betrachtet werden kann, die ausser Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des EWG-Vertrags über staatliche Beihilfen stuende.

64. Spaniens Versuch, sich auf das berechtigte Vertrauen der Empfänger der Beihilfe zu berufen, ist ebenfalls unangemessen. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 20. September 1990 in der Rechtssache Kommission/Deutschland (BUG-Alutechnik)(18) festgestellt, daß sich ein Mitgliedstaat, dessen Behörden eine Beihilfe unter Verletzung des Verfahrens des Artikels 93 gewährt haben, nicht unter Berufung auf das geschützte Vertrauen der Begünstigten der Verpflichtung entziehen kann, Maßnahmen zur Durchführung einer Entscheidung der Kommission zu ergreifen, durch die die Rückforderung der Beihilfe angeordnet wird.(19) Im selben Urteil hat der Gerichtshof entschieden, daß ein beihilfebegünstigtes Unternehmen auf die Ordnungsgemäßheit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen darf, wenn diese unter Beachtung des Verfahrens des Artikels 93 gewährt wurde. Der Gerichtshof hat ausgeführt, daß es einem sorgfältigen Gewerbetreibenden regelmässig möglich ist, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren beachtet wurde.(20)

65. In bezug auf das Erfordernis der Begründung sei bemerkt, daß die angefochtene Entscheidung (in Teil VII) auf die Rechtssache Deufil(21) und die Rechtssache Tubemeuse verweist. Die einschlägigen Grundsätze sind in diesen Urteilen deutlich dargelegt. In der Entscheidung ist auch angegeben, daß die Wiedereinziehung notwendig sei, um durch Rücknahme aller finanziellen Vorteile, die der Empfänger der unrechtmässigen Beihilfe seit deren Gewährung genossen habe, den Status quo wiederherzustellen. Diese Begründung ist meines Erachtens mehr als angemessen.

Rechtssache C 279/92 (Imepiel)

66. Die Industrias Mediterráneas de la Piel SA (Imepiel) ist ein Hersteller von Leder und Schuhen, dessen Betrieb in Vall d' Uxó in der Provinz Castellón de la Plana steht. Sie wurde 1976 vom spanischen Staat übernommen, als sie vor dem Konkurs stand. Seitdem hielt Patrimonio del Estado 99,94 % des Kapitals des Unternehmens. Während des gesamten Zeitraums, in dem das Unternehmen dem Staat gehörte, machte es Verlust. In den mehr als zehn Jahren bis 1987 kamen Verluste von 12 700 Millionen PTA zusammen.

67. Aus Presseberichten erfuhr die Kommission im Dezember 1987, daß der Staat einen Sanierungsplan für das Unternehmen aufgestellt hatte und daß der Firma vom Staat 1 400 Millionen PTA zum Ausgleich der Geschäftsverluste des Jahres 1987 zugeführt worden seien. In einem Gespräch mit der Kommission am 9. Juni 1988 erklärten die spanischen Behörden, daß dem Unternehmen für 1988 weitere 1 929 Millionen PTA an Kapital für eine Umstrukturierung mittels Entlassungen zugeführt worden seien.

68. 1988 fanden verschiedene Gespräche zwischen den spanischen Behörden und der Kommission statt. Auch ein Schriftwechsel kam zustande. Gegenstand der Erörterungen war ein Sanierungsplan für Imepiel. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1988 unterrichtete die Kommission Spanien von der Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag wegen der 3 329 Millionen PTA, die Spanien dem Unternehmen Imepiel zugeführt hatte. Spanien beantwortete das Schreiben der Kommission am 25. Januar 1989 mit der Erklärung, daß das Imepiel von 1986 bis 1988 zugeführte Geld als Teil eines auf drei Jahre angelegten Sanierungsplans anzusehen sei, der das Unternehmen auf eine Privatisierung vorbereite. Im Plan seien u. a. vorgesehen gewesen:

1) die Wiederherstellung der Rentabilität innerhalb von drei Jahren,

2) ein Kapazitätsabbau (von 3,2 Millionen auf 1,74 Millionen Paar Schuhe im Jahr, und bei Leder von 20 Millionen Quadratfuß auf 14,1 Millionen Quadratfuß),

3) ein Abbau der Belegschaft von 1 457 auf 627 Arbeitnehmer.

69. Am 17. März 1989 erfuhr die Kommission von einem Kaufangebot einer Gruppe spanischer Unternehmen. Das Kaufangebot verlangte Finanzhilfen des Staates von über 23 Milliarden PTA.

70. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den spanischen Behörden und der Kommission im Jahre 1989 wurde die Kommission am 24. Januar 1990 über die neuesten Einzelheiten der geplanten Privatisierung unterrichtet. Der Käufer war eine Gesellschaft namens Círculo de Financiación y Gestión SA mit einem Grundkapital von 2 500 Millionen PTA, das zu 25 % eingezahlt war. Der Kaufpreis betrug 100 Millionen PTA. Der Käufer verpflichtete sich, Imepiel mindestens drei Jahre zu behalten. Patrimonio del Estado sollte dem Unternehmen 8 500 Millionen PTA an Kapital zuführen. Der Käufer beabsichtigte, die Schuherzeugung (von 1 250 000 Paar im Jahr 1989 auf 3 445 000 Paar im Jahr 1994) und die Ledererzeugung (von 8 600 000 Quadratfuß auf 15 500 000 Quadratfuß) zu erhöhen.

71. In einer Sitzung am 26. Januar 1990 teilte die Kommission den spanischen Behörden mit, daß der Umstrukturierungsplan wegen der Erhöhung der Produktion unannehmbar sei. Imepiel wurde trotzdem am 2. Februar 1990 privatisiert.

72. Die Kommission erweiterte daraufhin das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 durch Einbeziehung u. a. der Kapitalzuführung von 8 500 Millionen PTA, die im Zusammenhang mit der Privatisierung erfolgen sollte.

73. In dem Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 erhoben die Regierungen Dänemarks, Deutschlands, Italiens, Portugals und des Vereinigten Königreichs Einwände gegen die vorgesehene Finanzhilfe der spanischen Behörden für Imepiel. Der Britische Verband der Schuhhersteller erhob ebenfalls Einwände, er führte aus, daß die spanischen Schuhausfuhren in das Vereinigte Königreich zugenommen hätten und daß spanische Schuhe in den unteren Preisklassen im Wettbewerb stuenden, wo der Wettbewerb stärker beim Preis als bei der Qualität stattfinde.

74. Am 25. März 1992 erließ die Kommission die Entscheidung 92/318/EWG über Beihilfen Spaniens für Industrias Mediterráneas de la Piel SA ("Imepiel")(22). In Artikel 1 dieser Entscheidung wurde festgestellt, daß die Beihilfe in Höhe von 6 029 Millionen PTA, die Imepiel zwischen 1986 und 1988 gewährt wurde, gegen die Verfahrensregeln des Artikels 93 Absatz 3 EWG-Vertrag verstieß. Diese Beihilfe wurde jedoch mit der Begründung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, daß sie die Voraussetzungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c EWG-Vertrag erfuelle.

75. Gemäß Artikel 2 der Entscheidung verstösst die staatliche Beihilfe von 8 400 Millionen PTA (d. h. die Kapitalzufuhr zuvor von 8 500 Millionen PTA abzueglich des Verkaufserlöses von 100 Millionen PTA), die in dem Kapitalzuschuß von Patrimonio del Estado an Imepiel enthalten gewesen und zum Zeitpunkt der Privatisierung am 2. Februar 1990 gewährt worden sei, gegen das Gemeinschaftsrecht, da sie unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag gewährt wurde. Ferner erfuellt danach die Beihilfe keine der Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Artikel 92 Absatz 2 und Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag und ist aus diesem Grund mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

76. Artikel 3 der Entscheidung verlangte von Patrimonio del Estado, den Betrag von 8 400 Millionen PTA nach dem Verfahren und den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, insbesondere betreffend Verzugszinsen, zurückzufordern, wobei die Zinsen von dem Zeitpunkt an fällig sein sollten, zu dem die rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde.

77. Artikel 4 verpflichtete die spanische Regierung, der Kommission binnen zwei Monaten ab dem Datum der Bekanntgabe der Entscheidung die zu deren Durchführung getroffenen Maßnahmen mitzuteilen.

78. Mit Klageschrift, die am 19. Juni 1992 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, hat Spanien die Nichtigerklärung der Artikel 2, 3, 4 und 5(23) der Entscheidung 92/318 beantragt.

79. Es sind sechs Klagegründe vorgetragen worden, die ich nun nacheinander prüfen werde.

Erster Klagegrund

80. Spanien macht geltend, daß Imepiel im Zeitpunkt ihrer Privatisierung zugute gekommenen Kapitalzuführungen keine staatliche Beihilfe darstellten, weil Patrimonio del Estado das normale Verhalten eines privaten Investors gezeigt habe. Im Hinblick auf die Lage, in der sich Imepiel befunden habe, seien dem Staat zwei Möglichkeiten geblieben: Imepiel zu verkaufen oder sie zu sanieren. Die Kosten der Abwicklung hätten die Kosten der Privatisierung weit überstiegen. Insbesondere hätte Patrimonio del Estado 7 900 Millionen PTA für Entlassungsabfindungen für eine Belegschaft von 1 450 Personen aufwenden müssen. Spanien erwähnt auch die "Kosten der Arbeitslosenversicherung für den Staat" und die Ausgaben für die Finanzierung "öffentlicher Beihilfen für die Wiederherstellung der industriellen Struktur". Es schließt daraus, daß die "volkswirtschaftlichen Kosten der sozialen Folgen der Abwicklung" die Kosten der Kapitalzufuhr, gegen die die Kommission Einwände erhoben habe, bei weitem überstiegen hätten, und daß die betroffene Region eine "besonders notleidende Region [ist], in der 80 % der Beschäftigung von dem Imepiel-Werk abhängen".

81. Das Vorbringen zur Begründung dieses Klagegrunds ähnelt dem Vorbringen zur Begründung des zweiten Klagegrunds in der Rechtssache C-278/92. Aus den gleichen Erwägungen, wie sie in den Abschnitten 26 bis 30 angestellt worden sind, ist das Vorbringen eindeutig unbegründet. Ein gewöhnlicher privater Investor hätte das Kapital einer Gesellschaft nicht um 8 500 Millionen aufgestockt, und gleichzeitig in den Verkauf der Gesellschaft für 100 Millionen PTA eingewilligt. Im vorliegenden Fall wird aus der Klage Spaniens deutlich, daß Spanien das Kriterium des privaten Investors falsch angewandt hat, als es in die Kosten der Sanierung von Imepiel die Kosten des Staates für die Arbeitslosenversicherung und staatliche Beihilfen für die Wiederherstellung der Industriestruktur einbezog. Solche Gesichtspunkte sind für das Kriterium des privaten Investors eindeutig nicht erheblich.

Zweiter Klagegrund

82. Spanien führt aus, daß Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erkläre, wenn diese "durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen" und "soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen".

83. Die Kapitalzuführung durch Patrimonio del Estado verfälsche den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten nicht. Der Anteil von Imepiel am europäischen Markt sei geringfügig, und die Kapitalzuführungen hätten zu keinerlei Diskriminierung von Wettbewerbern geführt. Spanien gibt genaue Zahlen zur Bezifferung des Marktanteils von Imepiel an: Nach der Privatisierung habe Imepiel einen Anteil von 1,5 % am spanischen Markt und von 0,8 % am Gemeinschaftsmarkt gehabt; seit 1988 habe die Erzeugung des Unternehmens 0,2 % der gesamten Gemeinschaftserzeugung nicht überstiegen.

84. Das vom Staat zugeführte Kapital sei zur Begleichung der bestehenden Schulden von Imepiel zu verwenden gewesen. Ziel sei es gewesen, die finanzielle Gesundheit des Unternehmens wiederherzustellen und seinen Fortbestand zu ermöglichen.

85. Dieser Klagegrund ist eindeutig nicht stichhaltig. Angesichts des in der angefochtenen Entscheidung geschilderten Sachverhalts kann nicht ernstlich behauptet werden, daß die Gewährung von 8 400 Millionen PTA an Imepiel nicht "durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb zu verfälschen" gedroht habe oder daß sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtige. Als Ergebnis dieser Beihilfegewährung konnte ein unrentables Unternehmen im Geschäft bleiben und eine umfangreiche Steigerung seines Absatzes planen: Seine Schuhproduktion sollte von 1 250 000 Paar im Jahr 1989 auf 3 445 000 Paar im Jahr 1994 und seine Ledererzeugung im selben Zeitraum von 8 600 000 Quadratfuß auf 15 500 000 Quadratfuß gesteigert werden. Dies sind ganz erhebliche Warenmengen, mit denen der Bedarf von Verbrauchern in Spanien, in anderen Mitgliedstaaten oder in Nichtmitgliedstaaten befriedigt werden konnte. Die zuvor in den Abschnitten 33 bis 35 angestellten Erwägungen gelten in gleichem Maß für den Schuhhandel.

86. Zwar mag der Anteil von Imepiel am gesamten Schuhmarkt der Gemeinschaft von 1 290 Millionen Paar in Prozenten ausgedrückt gering sein; dies ist jedoch die Folge der fragmentarischen Struktur des Sektors der Schuhherstellung, der nach der angefochtenen Entscheidung aus rund 15 000 Betrieben mit durchschnittlich 24 Beschäftigten besteht. Imepiel ist daher ein bedeutender Hersteller. Ferner entfallen, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, 42 % der Gemeinschaftsproduktion auf den innergemeinschaftlichen Handel. In einer solchen Situation muß eine Beihilfe, die es einem notleidenden Hersteller ermöglicht, nicht nur im Geschäft zu bleiben, sondern seinen Ausstoß zu verdoppeln, notwendigerweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

87. Das Vorbringen, daß das vom Staat zugeführte Kapital dazu benutzt werden sollte, die Schulden von Imepiel zu begleichen, ist unerheblich. Ohne die Beihilfe hätte das Unternehmen sich um eine andere Finanzierungsquelle zur Begleichung dieser Schulden bemühen müssen und wäre nicht in der Lage gewesen, zu überleben. Wie auch immer man das Problem betrachtet, die Beihilfe half eindeutig, die Stellung von Imepiel zu stärken.

88. Das Argument, daß die Beihilfe keine Diskriminierung gegenüber den Wettbewerbern herbeigeführt habe, ist einfach absurd. Das Wesen staatlicher Beihilfe besteht darin, daß sie den Wettbewerb durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen (d. h. derjenigen, die die Beihilfe empfangen) zum Nachteil anderer (d. h. derjenigen, die sie nicht empfangen) verzerrt. Um nichtdiskriminierend zu wirken, hätte die Beihilfe allen Schuhherstellern in der Gemeinschaft nach dem gleichen Satz gewährt werden müssen.

Dritter Klagegrund

89. Spanien vertritt die Ansicht, falls die Kapitalzufuhr für Imepiel im Zeitpunkt von deren Privatisierung eine staatliche Beihilfe darstelle, sei sie gleichwohl als gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EWG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen sei. Imepiel sei eine sektorielle Beihilfe gewährt worden, also eine Beihilfe, die bestimmte Anpassungen oder die Einstellung bestimmter Tätigkeiten erleichtern solle. Die Imepiel gewährte Beihilfe erfuelle die Voraussetzungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c, da (i) sie angesichts der Situation des betreffenden Industriezweigs absolut notwendig gewesen sei, (ii) ihr Endzweck darin bestanden habe, die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen, (iii) sie mit einem Plan zur Umstrukturierung verbunden gewesen sei, der einen zwischen Patrimonio del Estado und den Erwerbern zu vereinbarten Sanierungsplan beinhaltet habe, und (iv) die Beihilfe verhältnismässig gewesen sei, da die Verzerrung des Marktes geringfügig gewesen sei.

90. Der Hauptzweck der Beihilfe habe darin bestanden, Imepiel in die Lage zu versetzen, sich einem auf freiem Wettbewerb beruhenden Markt anzupassen. Imepiel sei zu einem Zeitpunkt verstaatlicht worden, als der spanische Staat eine Industriepolitik verfolgt habe, die nicht immer auf den Grundsätzen des freien Marktes beruht habe. Der Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft habe grundlegende Änderungen dieser Politik erfordert. Die Beihilfe für Imepiel sei dazu bestimmt gewesen, diesen Anpassungsprozeß zu erleichtern.

91. Ferner befinde sich Imepiel in einer Region mit hoher Arbeitslosigkeit, von der die Kommission anerkannt habe, daß sie für "finanzielle Anreize" in Betracht komme. Imepiel sorge unmittelbar oder mittelbar für 80 % der Beschäftigung in der Region Vall d' Uxó.

92. Die Ausführungen oben in Abschnitt 44 über den Ermessensspielraum der Kommission bei der Bestimmung, ob eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, gelten auch im vorliegenden Fall.

93. Zwar führt Spanien die hohe Arbeitslosigkeit in der Region Vall d' Uxó an, es beruft sich jedoch im vorliegenden Fall nicht auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a des Vertrages, sondern nur auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c. In der angefochtenen Entscheidung hatte die Kommission tatsächlich festgestellt, daß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a nicht angewandt werden könne, weil die Lebenshaltung in Vall d' Uxó nicht aussergewöhnlich niedrig sei und dort auch keine erhebliche Unterbeschäftigung herrsche. Ich habe bereits ausgeführt, daß der unterschiedliche Wortlaut der Buchstaben a und c des Artikels 93 Absatz 3 bedeutet, daß die Kommission bei der Anwendung von Buchstabe c strenger sein sollte. Insbesondere muß die Kommission abwägen, ob die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

94. Gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c genehmigte Beihilfen können der Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige (sektorale Beihilfe) oder der Entwicklung bestimmter Wirtschaftsgebiete (regionale Beihilfen) dienen. Die angefochtene Entscheidung behandelte (in Teil VI) die Möglichkeit, die Imepiel gewährte Beihilfe als regionale Beihilfe zu behandeln. Eine solche Möglichkeit wurde aus verschiedenen Gründen abgelehnt: Die Intensität der Beihilfe habe die Obergrenze (30 % des produktiven Investitionskapitals) überstiegen, die die Kommission für regionale Beihilfen in Vall d' Uxó gezogen habe; die Entscheidung, dieses Gebiet als Fördergebiet der Regionalpolitik anzuerkennen, habe die Kommission getroffen, um eine Diversifizierung zu fördern, namentlich als Sicherheitsnetz für die Entlassungen bei Imepiel, nicht aber als Stütze für Imepiel selbst; die fragliche Beihilfe sei auf der Grundlage einer Ad-hoc-Entscheidung gewährt worden, und habe die Natur einer Betriebsbeihilfe für ein notleidendes Unternehmen, da sie nicht an die Bedingung geknüpft gewesen sei, Investitionen zu tätigen oder Arbeitsplätze zu schaffen. Selbst wenn also die Beihilfe als regionale Beihilfe zu betrachten sei, könnte sie nur dann gerechtfertigt werden, wenn damit ein Beitrag zur langfristigen Entwicklung der Region verbunden wäre, mit dem das betroffene Unternehmen auf eigene Füsse gestellt worden wäre, und wenn das Unternehmen verpflichtet würde, einen Umstrukturierungsplan zur Verbesserung seiner Wettbewerbsstellung vorzulegen. Obwohl die angefochtene Entscheidung zu diesem Punkt etwas kurz gefasst ist, geht aus ihr wohl doch indirekt hervor, daß diese Voraussetzungen nicht erfuellt waren.

95. Zu der Frage, ob die Beihilfe als sektorale Beihilfe gerechtfertigt sein könne, führt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, daß sie bei Beihilfen für notleidende Unternehmen strenge Maßstäbe anlege, da hierbei in besonderem Masse die Gefahr bestehe, daß Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Schwierigkeiten in ein anderes Land verlagert würden; solche Beihilfen erhielten den Status quo und blockierten so die Marktkräfte, durch die Firmen, die dem Wettbewerb nicht gewachsen seien, zum Ausscheiden gezwungen wären. Ferner wird in der Entscheidung ausgeführt, daß die Kommission verlange, daß der Staat dem Unternehmen zur Auflage mache, ein solides Umstrukturierungs- oder Umstellungsprogramm zu verwirklichen, das die Ertragskraft des Unternehmens nachhaltig wiederherstelle. Ferner sei es erforderlich, daß "der Empfänger zum Ausgleich den Wirtschaftszweig gemeinschaftsweit entlastet, indem er seine Präsenz auf dem Markt einschränkt". Die angefochtene Entscheidung enthält keine Ausführungen zur Ertragskraft von Imepiel unter dem Gesichtspunkt des im Zeitpunkt von deren Privatisierung aufgestellten Umstrukturierungsplans, lehnt diesen Plan jedoch mit der Begründung ab, daß dieser keine die Beihilfegewährung ausgleichende Rechtfertigung enthalte. Der grundlegende Einwand der Kommission besteht wohl darin, daß Imepiel keineswegs seine Tätigkeit eingeschränkt und neu orientiert habe, sondern statt dessen einfach den Ausstoß ihrer bisherigen Erzeugnisse zu erhöhen beabsichtigt habe.

96. Ich glaube nicht, daß festgestellt werden kann, daß die Kommission durch die Entscheidung, daß die Imepiel gewährte Beihilfe nicht als regionale oder sektorale Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden kann, ihr weites Ermessen nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EWG-Vertrag überschritten hat. Meines Erachtens war die Kommission berechtigt, auszuführen, daß "Rettungs"-Beihilfen, die dazu bestimmt sind, ein Unternehmen vor den gewöhnlichen Folgen des Verlusts seiner Wettbewerbsfähigkeit zu retten, nach besonders strengen Kriterien beurteilt werden müssen.

97. Wenn ein früher rentables Unternehmen während eines Zeitraums von mehreren Jahren ständig Betriebsverluste macht, deutet dies darauf hin, daß es sich einem sich ändernden Markt nicht angepasst hat, mit anderen Worten, daß es entweder auf Änderungen in der Nachfrage oder auf einen intensiveren Wettbewerb durch andere Unternehmen nicht reagiert hat. Wenn es sich die Mitgliedstaaten zur Praxis machen würden, Unternehmen, die sich in einer solchen Situation befinden, zu retten, wären die Folgen für die Gemeinschaft insgesamt katastrophal: Der Wettbewerb würde verzerrt; leistungsfähigen Unternehmen würde ihr Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht leistungsfähigen Unternehmen genommen, der normalerweise ihre Belohnung für gesunde Geschäftsführung und geschäftlichen Weitblick gewesen wäre; die Arbeitslosigkeit würde in andere Mitgliedstaaten verlagert, und langfristig gäbe es wenig Hoffnung auf eine leistungsfähige Industrie in der Gemeinschaft, die zum Wettbewerb mit Unternehmen in nicht der Gemeinschaft angehörenden Ländern fähig wäre.

98. Die Kommission nimmt daher mit Recht den Standpunkt ein, daß "Rettungs"-Beihilfen nur unter der Voraussetzung gewährt werden dürfen, daß der Empfänger ein solides Umstrukturierungsprogramm vorlegt. Wenn die Beihilfe den Empfänger nur in die Lage versetzt, seine gegenwärtigen Tätigkeiten fortzusetzen, jedoch in viel grösserem Umfang, besteht wenig Aussicht darauf, daß der Empfänger langfristig lebensfähig wird, denn es ist unwahrscheinlich, daß das Unternehmen, sobald es vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit gerettet worden ist, rentabel betreibt, was es in jüngster Vergangenheit in unrentabler Weise betrieben hat. Wird die Beihilfe jedoch unter der Voraussetzung gewährt, daß der Empfänger seine Geschäftstätigkeit bereinigt oder seine Mittel umverteilt, so daß verlustbringende Tätigkeiten zugunsten rentabler Tätigkeiten aufgegeben werden, dann erscheint es auf den ersten Blick möglich, die Beihilfe zu genehmigen.

99. In dieser Beziehung besteht ein bedeutender Unterschied zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache Hytasa, in der die Empfänger der Beihilfe einen Umstrukturierungsplan aufgestellt hatten, der in Anbetracht der Sachlage einen echten Versuch zur Änderung des Schwerpunkts der Tätigkeiten des Unternehmens darstellte. Im Fall von Imepiel gibt es wenig Belege dafür, daß der Erwerber des Unternehmens eine grössere Umstrukturierung durchführen wollte. Sicherlich enthalten die in Anlage II zur Klageschrift wiedergegebenen Auskünfte, die Spanien der Kommission am 30. Januar 1990 gegeben hat, sehr wenig Einzelheiten darüber, wie die Erwerber von Imepiel beabsichtigten, ihr Ziel, die Gesellschaft binnen vier Jahren rentabel zu machen, in anderer Weise erreichen wollten als durch die Herstellung von immer mehr Schuhen. Wenn jeder mit Verlust arbeitende Schuhhersteller in der Gemeinschaft versuchen würde, seine Schwierigkeiten durch Verdopplung seines Ausstosses mit Hilfe staatlicher Beihilfen zu überwinden, würde dies zu einer Überversorgung der Märkte und zum wirtschaftlichen Ruin für alle führen. Unter diesen Umständen durfte die Kommission meines Erachtens der Ansicht sein, daß die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar war.

Vierter Klagegrund

100. Dieser Klagegrund entspricht weitgehend dem vierten Klagegrund in der Rechtssache C-278/92. Spanien vertritt die Ansicht, daß die angefochtene Entscheidung gegen Artikel 190 EWG-Vertrag verstosse, da die Gründe, auf die sie gestützt worden sei, widersprüchlich seien. Der Kern des Vorbringens besteht darin, daß es nicht gerechtfertigt gewesen sei, die zwischen 1986 und 1988 gewährte Beihilfe anders als die im Zusammenhang mit der Privatisierung von Imepiel gewährte Beihilfe zu behandeln. Falls eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt gewesen sei, hätte die zuletzt gewährte Beihilfe großzuegiger behandelt werden müssen.

101. Meines Erachtens ist dieser Klagegrund aus den oben in Abschnitt 59 dargelegten Gründen zurückzuweisen.

Fünfter Klagegrund

102. Mit seinem fünften Klagegrund rügt Spanien, daß die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstosse. Die Kommission müsse nicht in jedem Fall die Wiedereinziehung der Beihilfe verlangen, sondern dürfe dies tun, soweit es angebracht sei; in diesem Fall müsse sie ihr Vorgehen begründen. In der angefochtenen Entscheidung seien keine Gründe für die Anordnung der Wiedereinziehung der Beihilfe angegeben.

103. Zur Rechtssicherheit und dem Vertrauensschutz führt Spanien aus, daß Imepiel seinem Umstrukturierungsplan die Annahme zugrunde gelegt habe, daß es den zugesagten Beihilfebetrag von Patrimonio del Estado erhalten würde. Imepiel habe in rechtlich geschützter Weise darauf vertraut, daß die Beihilfe rechtmässig sei.

104. Meines Erachtens ist dieser Klagegrund aus den oben in den Abschnitten 63 bis 65 angegebenen Gründen zurückzuweisen. Obwohl die Begründung in der angefochtenen Entscheidung in diesem Punkt besonders spärlich ist, ist zu bemerken, daß auf das Urteil Deufil(24) verwiesen wurde. Da die Wiedereinziehungsverpflichtung die selbstverständliche Folge davon ist, daß eine Beihilfe gewährt worden ist, ohne daß die Genehmigung der Kommission abgewartet wurde, war die Kommission meines Erachtens nicht verpflichtet war, besondere Gründe für die Ausübung der Befugnis anzugeben, die ihr der Gerichtshof in der Rechtssache Deufil zugesprochen hat.

Sechster Klagegrund

105. Mit dem sechsten Klagegrund macht Spanien geltend, daß es ihm die gegenwärtige Lage von Imepiel, über deren Vermögen jetzt der Konkurs eröffnet worden sei, unmöglich mache, seine Verpflichtung zur Wiedereinziehung der Beihilfe zu erfuellen.

106. Dieser Klagegrund ist meines Erachtens zurückzuweisen, da die Gültigkeit der angefochtenen Entscheidung im Lichte der im Zeitpunkt ihres Erlasses herrschenden Umstände zu beurteilen ist. Die Gültigkeit der Entscheidung kann nicht einfach dadurch beeinträchtigt werden, daß es der spätere Verlauf der Ereignisse schwierig oder sogar unmöglich macht, die Entscheidung durchzuführen.(25)

107. Die Ausführungen über die allgemeine Schwierigkeit der Durchsetzung der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen, die ich in Abschnitt 38 meiner ebenfalls heute gehaltenen Schlussanträge in der Rechtssache C-42/93 gemacht habe, gelten auch für die vorliegende Rechtssache.

Rechtssache C-280/92 (Intelhorce)

108. Die Industrias Textiles de Guadalhorce SA wurde 1957 von der staatlichen spanischen Holding Instituto Nacional de Industria gegründet. Das Unternehmen stellt Baumwolltextilien her und vermarktet sie. Seine Produktionsstätte befindet sich in der Nähe von Malaga in der Region Andalusien. Seine vertikal integrierten Produktionstätigkeiten umfassen die Bereiche Baumwollspinnerei, Baumwollweberei und Fertigung von Baumwollbekleidung. Ende der sechziger Jahre machte das Unternehmen einige Jahre lang Verluste. Es wurde 1972 privatisiert. 1975 wurde es in Intelhorce SA umbenannt. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre verschlechterte sich die Wettbewerbsposition des Unternehmens. 1980 wurde es ° offensichtlich zum Zweck der Aufrechterhaltung seiner Tätigkeit und der Erhaltung der Arbeitsplätze ° wieder verstaatlicht. Die Wiederverstaatlichung erfolgte durch Patrimonio del Estado, das einen Umstrukturierungsplan aufstellte, der die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern sollte. Von 1980 bis 1985 tätigte das Unternehmen Investitionen in Höhe von insgesamt 6 Milliarden PTA, und die Belegschaft wurde von 2 785 auf 2 094 verringert. In dieser Zeit führte der Staat dem Unternehmen 17 Milliarden PTA an Kapital zu. Trotz dieser Investitionen machte Intelhorce 1985 1 300 Millionen PTA Verlust bei einem Umsatz von 9 400 Millionen PTA.

109. Auf eine Beschwerde hin forderte die Kommission die spanischen Behörden mit Schreiben vom 4. April 1989 auf, ihr Informationen über angebliche nach dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft erfolgte Kapitalzuwendungen des Staates zum Ausgleich der Betriebsverluste von Intelhorce zu übermitteln. Mit einer Reihe von Schreiben zwischen August 1989 und Mai 1990 übermittelte Spanien die angeforderten Informationen. Nach diesen Informationen führte der spanische Staat mit einer Reihe von fünf Kapitalaufstockungen zwischen Juni 1986 und Mai 1989 Intelhorce 7 820 Millionen PTA zu. Die Kapitalaufstockungen dienten vornehmlich dazu, neben Ersatzinvestitionen die Kosten des Personalabbaus zu finanzieren. Von 1986 bis 1989 wandte Intelhorce 5 Milliarden PTA für Investitionen und mehr als 1,1 Milliarden PTA für Entlassungsmaßnahmen auf. Seine Belegschaft wurde von 1 883 Ende Mai 1986 auf 1 617 im Juni 1989 verringert. Intelhorce verzeichnete 1986 und 1988 Verluste von 2 093 Millionen PTA und von 2 413 Millionen PTA.

110. Die spanischen Behörden unterrichteten die Kommission auch davon, daß sie beschlossen hätten, Intelhorce zu privatisieren. Im Januar 1988 wurde an 106 Unternehmen, die als mögliche Kaufinteressenten für Intelhorce angesehen wurden, ein Verkaufsprospekt versandt. Nach Verhandlungen mit möglichen Bietern gingen drei endgültige Angebote ein. Die spanischen Behörden entschieden sich für das Angebot der Benorbe SA und der Benservice SA, zwei Unternehmen der Benetton-Gruppe. Folgende Konditionen wurden für den Verkauf von Intelhorce vereinbart:

° Vor Vertragsabschluß führt der spanische Staat Intelhorce weitere 5 869 Millionen PTA in Form einer von Patrimonio del Estado gezeichneten Kapitalaufstockung zu.

° Die Bieter erwerben die Intelhorce-Anteile zum Preis von 2 Milliarden PTA, wobei Benorbe 70 % und Benservice 30 % übernimmt; die Zahlung des Preises erfolgt in drei Raten von 700, 700 und 600 Millionen PTA jeweils am 1. Juni der Jahre 1991, 1992 und 1993.

° Die neuen Eigentümer zeichnen für Intelhorce eine Kapitalaufstockung in Höhe von 2 Milliarden PTA, wovon 25 % beim Kauf gezahlt werden.

Es wurde auch vereinbart, daß die neuen Eigentümer nach der Übernahme von Intelhorce drei Jahre lang beim Staat keine Genehmigung für Kurzarbeit beantragen und vier Jahre lang die erworbenen Anteile nicht veräussern dürfen.

111. Die spanischen Behörden teilten der Kommission mit, daß die anderen beiden Angebote für den Staat kostspieliger gewesen wären: Beide Bieter hätten höhere Kapitalzuführungen des Staates verlangt und nur einen symbolischen Preis für die Übernahme der Intelhorce-Anteile geboten. Das ausgewählte Angebot habe unter Berücksichtigung des von den Käufern vorgelegten Fünfjahres-Umstrukturierungsprogramms die grössten Erfolgsaussichten hinsichtlich der wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit geboten.

112. Am 25. Juli 1990 beschloß die Kommission, im Zusammenhang mit den Kapitalzuführungen in Höhe von 13 689 Millionen PTA an Intelhorce, die der Staat zwischen dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft am 1. Januar 1986 und der Privatisierung von Intelhorce im August 1990 geleistet hatte (zusammengesetzt aus den 7 820 Millionen, die zwischen Juni 1986 und Mai 1989 geleistet wurden, sowie dem bei der Privatisierung vorgesehenen zusätzlichen Kapital von 5 869 Millionen), das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag zu eröffnen. Das Verfahren betraf auch die zusätzliche Beihilfe, die der Staat möglicherweise im Zusammenhang mit der Privatisierung gewährt hat, indem er einen Kaufpreis akzeptierte, der unter dem Nettowert des Unternehmens lag. Der Beschluß der Kommission, das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 EWG-Vertrag einzuleiten, wurde der spanischen Regierung mit Schreiben vom 18. September 1990 mitgeteilt.

113. Im Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 führte Spanien zu den zwischen Juni 1986 und Mai 1989 vorgenommenen Kapitalzuführungen aus, sie seien Teil eines Umstrukturierungsplans zur Sicherung der Lebensfähigkeit des Unternehmens, und die Investitionen der spanischen Regierung seien nach gesunden Kriterien erfolgt, nach denen auch ein privater Anleger gehandelt hätte; von den in Rede stehenden öffentlichen Interventionen könne nicht behauptet werden, sie beeinträchtigten den Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt, da die Marktpräsenz des Unternehmens in der fraglichen Zeit rückläufig gewesen sei; auch seien diese Kapitalzuführungen, speziell diejenigen der Jahre 1986 und 1987, auf Ereignisse zurückzuführen, die vor dem Beitritt Spaniens zur Gemeinschaft eingetreten seien.

114. Zu den Konditionen für den Kauf von Intelhorce erklärte die spanische Regierung, daß diese keine Elemente staatlicher Beihilfe enthalten hätten, zumal das Unternehmen an den Bieter mit dem höchsten Angebot verkauft worden sei, nachdem es auf dem internationalen Markt zum Verkauf angeboten worden sei. Bei der Bewertung von Intelhorce müsse dessen geschäftliche Position berücksichtigt werden, insbesondere die schwerwiegenden Verluste 1988 und 1989. Auch die Verringerung der Belegschaft von Intelhorce müsse berücksichtigt werden: Der Abbau von 650 Arbeitsplätzen nach dem Umstrukturierungsplan werde Kosten in Höhe von 3 600 Millionen PTA mit sich bringen.

115. Selbst dann, wenn der Verkauf von Intelhorce Elemente eine Beihilfe enthalten habe, sei diese gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a EWG-Vertrag als Regionalförderung gerechtfertigt gewesen, denn das Unternehmen habe seinen Standort in Malaga, einem von der Kommission anerkannten Regionalförderungsgebiet, gehabt, und der Verkauf habe dazu gedient, die vollständige Sanierung des Unternehmens zu gewährleisten.

116. In dem Bestreben, seine Entscheidung, die Privatisierung von Intelhorce finanziell zu unterstützen, zu rechtfertigen, legt Spanien grosses Gewicht auf den mit den Käufern vereinbarten Umstrukturierungsplan. Dieser beinhaltete die Schaffung eines doppelten Verkaufsstellennetzes für den Verkauf von Fertigartikeln aus der Herstellung von Intelhorce in den Bereichen Haushaltswäsche und Bekleidung mit innovativem Design und einem neuen werbewirksamen Warenzeichen. Später musste das Umstrukturierungsprogramm infolge einer Überschwemmungskatastrophe in der Provinz Malaga, die die Produktionskapazität von Intelhorce beeinträchtigte, teilweise geändert werden.

117. Am 25. März 1992 erließ die Kommission die Entscheidung 92/321/EWG über eine Beihilfe Spaniens zugunsten von Intelhorce SA (ehemals Industrias Textiles de Guadalhorce SA), heute GTE General Textil España SA, staatliches Unternehmen der Baumwollindustrie(26). In Artikel 1 der Entscheidung wird festgestellt, daß die Beihilfe an Intelhorce in Form von zwischen 1986 und Mai 1989 gewährten Kapitalzuführungen in Höhe von 7 820 Millionen PTA rechtswidrig sei, da sie von der spanischen Regierung unter Verletzung der Verfahrensvorschriften des Artikels 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt worden sei. Allerdings wurde diese Beihilfe für gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EWG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt.

118. Gemäß Artikel 2 der Entscheidung ist das Element einer staatlichen Beihilfe in Höhe von 4 405 Millionen PTA, das in der von Patrimonio del Estado an Intelhorce vor deren Privatisierung im August 1989 gewährten Kapitalzuführung enthalten ist, rechtswidrig, da es unter Verletzung von Artikel 93 Absatz 3 des Vertrages gewährt worden ist. Diese Beihilfe wurde für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, da sie keine der Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absätze 2 und 3 erfuelle. Die Zahl von 4 405 Millionen PTA wurde wie folgt errechnet: Die Kommission zog von den Kapitalzuführungen in Höhe von 5 869 Millionen PTA den von Benorbe und Benservice für die Beteiligung an Intelhorce gezahlten Preis ab. Anstatt jedoch einfach 2 Milliarden PTA abzuziehen, berücksichtigte die Kommission den Umstand, daß der Preis in drei Raten gezahlt werden sollte, die 1991, 1992 und 1993 fällig waren. Unter Anwendung eines "Aktualisierungssatzes" von 12,1 % errechnete die Kommission, daß der Wert des von Benorbe und Benservice für den Erwerb von Intelhorce gezahlten Preises im Zeitpunkt des Verkaufs 1 464 Millionen PTA betragen habe. Daher belaufe sich das Element einer staatlichen Beihilfe auf 4 405 Millionen PTA (5 869 Millionen ° 1 464 Millionen = 4 405 Millionen).

119. Artikel 3 der Entscheidung verlangt von Patrimonio del Estado die Wiedereinziehung von 4 405 Millionen PTA von Intelhorce (oder GTE General Textil España SA, wie das Unternehmen jetzt heisst). Die Beihilfe ist nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zurückzuzahlen, wobei Zinsen vom Zeitpunkt der Beihilfegewährung an fällig sind.

120. Artikel 4 verpflichtet die spanische Regierung, der Kommission binnen zwei Monaten, gerechnet ab der Bekanntgabe der Entscheidung, die zu deren Durchführung getroffenen Maßnahmen mitzuteilen.

121. Mit Klageschrift, die am 19. Juni 1992 beim Gerichtshof eingegangen ist, hat Spanien Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 92/321 erhoben.

122. Die Klage Spaniens, die etwas anders als die Klagen in den Rechtssachen C-278/92 und 279/92 formuliert ist, wird auf drei Gründe gestützt. Ich werde sie nun nacheinander prüfen.

Erster Klagegrund

123. Spanien macht geltend, daß die Kapitalzuführungen für Intelhorce aus zwei Gründen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 EWG-Vertrag darstellten.

124. Erstens hätten die Kapitalzuführungen den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigt. Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung bloß die allgemeine Situation auf dem Textilsektor in der Gemeinschaft untersucht und keine Angaben über den spanischen Markt oder über die besondere Situation von Intelhorce gemacht. In der angefochtenen Entscheidung sei daher keine Begründung für die Feststellung gegeben worden, daß der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch die Intelhorce gewährte finanzielle Unterstützung beeinträchtigt worden sei.

125. Zweitens habe die Handlungsweise des Staates dem normalen Verhalten eines privaten Investors entsprochen. Intelhorce sei an den Bieter verkauft worden, der das höchste Angebot gemacht habe, und die getroffene Lösung sei wirtschaftlich die vorteilhafteste gewesen. Der Verkauf habe unter transparenten Umständen mittels einer internationalen Ausschreibung stattgefunden, die an keine Vorbedingungen gebunden gewesen sei und allen möglichen Käufern offengestanden habe. Das zum Zug gekommene Angebot sei das für den Staat von einem rein finanziellen Standpunkt aus betrachtet attraktivste gewesen, da die anderen Angebote einen höheren Kapitalzuschuß vom Staat verlangt hätten. Die einzige Alternative zur Privatisierung hätte in der Abwicklung des Unternehmens bestanden. Die Kosten dieser Abwicklung wären sehr viel höher gewesen, denn es hätte Abfindungszahlungen an 1 671 Beschäftigte (11 362,8 Millionen PTA) und Arbeitslosenunterstützung (die den Staat 3 Milliarden PTA gekostet hätte) erforderlich gemacht. Spanien führt die Kosten von Beihilfen für die Wiederherstellung der Industriestruktur der betroffenen Region an und macht geltend, daß die Abwicklung politisch und sozial nicht durchzuführen gewesen wäre, da Intelhorce ein öffentliches Unternehmen in einem Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit, erheblichem Mangel an Industrie und "starker sozialer Opposition" gegen einen solchen Schritt gewesen sei. Die Provinz Malaga sei wirtschaftlich unterentwickelt und habe eine hohe Arbeitslosenquote (28,8 % gegenüber einem nationalen Durchschnitt von 18,5 %). Intelhorce sei der grösste Arbeitgeber in der Provinz, seine Belegschaft stelle 1 % der Gesamtzahl der Beschäftigten dar. Schließlich führt Spanien wie in der Rechtssache C-278/92 die Notwendigkeit an, Schaden für das Image von Patrimonio del Estado zu vermeiden.

126. Meines Erachtens ist dieser Klagegrund zurückzuweisen. Was zunächst die Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten angeht, so gelten meine Ausführungen in den Abschnitten 33 bis 35 zur Rechtssache C-278/92 entsprechend für den vorliegenden Fall. Zudem enthielt die angefochtene Entscheidung eingehende Angaben über den Umfang des innergemeinschaftlichen Handels mit Baumwollerzeugnissen. In der Entscheidung ist (in Teil V) ausgeführt, daß sich die gesamte Textilerzeugung der Gemeinschaft 1988 auf 86 691 Millionen ECU belaufen habe und daß mehr als 20 % davon auf Baumwolltextilien entfallen seien; die spanische Produktion betrage rund 11 % der Gemeinschaftsproduktion von Baumwollgarnen und 13 % der Gemeinschaftsproduktion von Baumwoll-Rohgeweben; der innergemeinschaftliche Handel mit Baumwolltextilien sei intensiv, er mache 22 %, 34 % und 63 % der Gemeinschaftserzeugung von Garnen, Rohgeweben und Fertiggeweben aus; Intelhorce sei an diesem Handel beteiligt und nehme, wie von den spanischen Behörden eingeräumt werde, "auf dem spanischen Markt eine bedeutende Stellung ein". In der Entscheidung wird weiter ausgeführt, daß der Markt für Baumwollspinnstoffe "wegen der stagnierenden Nachfrage und des zunehmenden Importdrucks aus Drittländern mit der Folge niedriger Preise und grosser brachliegender Kapazität bekanntlich ganz oben auf der Skala der empfindlichen Erzeugnisse" stehe. Obwohl in der Entscheidung nicht der genaue Marktanteil von Intelhorce oder der Prozentsatz der Erzeugnisse dieses Unternehmens, der in andere Mitgliedstaaten ausgeführt wird, angegeben ist, ist diese Angabe von Gründen im Lichte der oben in den Abschnitten 33 und 34 der zitierten Rechtsprechung angemessen.

127. Was die Anwendung des Kriteriums des privaten Investors angeht, so gelten die oben in den Abschnitten 28 bis 30 im Zusammenhang mit der Rechtssache C-278/92 angestellten Erwägungen gleichermassen für den vorliegenden Fall. Im vorliegenden Fall führten die spanischen Behörden Intelhorce 5 869 Millionen PTA zu und willigten gleichzeitig in den Verkauf der Gesellschaft für 2 Milliarden PTA ein. So handelt kein vernünftiger privater Investor, der die übliche geschäftliche Umsicht anwendet. Ferner geht wie in der Rechtssache C-279/92 aus dem Wortlaut der Klage Spaniens hervor, daß dessen Verständnis von dem Kriterium des privaten Investors irrig ist: In dem Bestreben, nachzuweisen, daß die Kosten der Sanierung von Intelhorce die Kosten der Privatisierung des Unternehmens zu den mit Benservice und Benorbe vereinbarten Bedingungen überstiegen hätten, führt Spanien die Kosten der Arbeitslosenunterstützung und der Beihilfe zur Wiederherstellung der Industriestruktur der betreffenden Region an und hebt die politischen und sozialen Dimensionen des Problems hervor. Solche Erwägungen sind im Rahmen des Kriteriums des privaten Investors nicht erheblich.

128. Schließlich ist das Argument, daß das Image von Patrimonio del Estado bewahrt werden müsse, aus den oben in Abschnitt 30 angegebenen Gründen zurückzuweisen.

Zweiter Klagegrund

129. Spanien macht geltend, daß die Kapitalzuführung an Intelhorce im Zusammenhang mit dessen Privatisierung selbst dann, wenn es sich um eine Beihilfe gehandelt hätte, gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a und c EWG-Vertrag für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar hätte erklärt werden müssen.

130. Zu Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a führt Spanien aus, daß die Käufer von Intelhorce beträchtliche finanzielle und organisatorische Anstrengungen unternommen hätten, um das Unternehmen lebensfähig zu machen, wobei der maßgebende Umstand ihr Know-how gewesen sei. Der Verkauf sei nicht dazu bestimmt gewesen, das Unternehmen künstlich im Geschäft zu halten, sondern dessen volle wirtschaftliche Sanierung zu gewährleisten. Der Sanierungsplan habe eine Verringerung der Belegschaft um 40 % und eine Kürzung des Absatzes der herkömmlichen Erzeugnisse von Intelhorce vorgesehen. Ende 1993 seien die Produktion von Garnen um 21 % und die Produktion von Bekleidung um 50 % zurückgegangen.

131. In bezug auf Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c wendet sich Spanien gegen die Ansicht der Kommission, daß diese Bestimmung nicht angewandt werden könne, wenn kein solides Umstrukturierungs- oder Umstellungsprogramm vorhanden sei. Die gesamte Privatisierung sei auf den von den Erwerbern vorgelegten Sanierungsplan konzentriert gewesen. Zudem habe eine wesentliche Verringerung der Produktionskapazität von Intelhorce stattgefunden. Zusätzlich zu den angegebenen Zahlen führt Spanien aus, daß der jährliche Umsatz von Intelhorce 1990, 1991 und 1992 7 Milliarden, 6 300 Millionen und 5 670 Millionen PTA betragen habe.

132. Spanien rügt, daß die Kommission sich selbst widerspreche, wenn sie ausführe, daß die zwischen 1986 und Mai 1989 gewährten Beihilfen die Anforderungen von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c erfuellten, die für die Zwecke der Privatisierung von Intelhorce gewährten Beihilfen jedoch nicht. In der angefochtenen Entscheidung sei kein Grund angegeben, der eine solch unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte.

133. Es ist zu bemerken, daß sich Spanien wie in der Rechtssache C-278/92 sowohl auf Buchstaben a als auch auf Buchstaben c von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag beruft. Es ist nicht bestritten, daß die Region Malaga wie die Region Sevilla von grosser Arbeitslosigkeit betroffen ist, was bedeutet, daß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a grundsätzlich anwendbar ist. Die Ausführungen oben in den Abschnitten 43 bis 45 zum Verhältnis zwischen den Buchstaben a und c von Artikel 92 Absatz 3 gelten auch für den vorliegenden Fall.

134. Aus den angefochtenen Entscheidungen in der vorliegenden Rechtssache und in der Rechtssache C-278/92 wird deutlich, daß die Kommission der Ansicht ist, daß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a weitestgehend nur auf Beihilfen angewandt werden sollte, die im Rahmen von Regionalförderungsregelungen gewährt werden. Es widerstrebt der Kommission, Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a auf Ad-hoc-Beihilfen in Form von dem Ermessen überlassenen Kapitalzuführungen anzuwenden: siehe Teil VII Absätze 6 und 7 der Entscheidung 92/321. Die Kommission ist jedoch bereit, solche Beihilfen ausnahmsweise zu genehmigen, wenn sie "zur langfristigen Entwicklung einer Region beitragen", was bedeutet, daß sie "zumindest die Lebensfähigkeit des Unternehmens sichern [müssen] ..., ohne unvertretbare negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft zu haben": Teil VII Absatz 7 der Entscheidung. Die Kommission spricht auch ° jedoch eher im Zusammenhang mit der Anwendung von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c ° von dem Erfordernis einer "ausgleichende[n] Rechtfertigung der Beihilfe in Form eines Beitrags des Begünstigten zur Verwirklichung der Gemeinschaftsziele des Artikels 92 Absatz 3 EWG-Vertrag": Teil VII Absatz 11 der Entscheidung.

135. Der Begriff der ausgleichenden Rechtfertigung, der in den Entscheidungen der Kommission in diesem Bereich immer wieder auftaucht, bedeutet wohl, daß das betreffende Unternehmen, um die Gewährung staatlicher Beihilfen zu rechtfertigen, einen positiven Beitrag zur Wettbewerbssituation in der Gemeinschaft insgesamt leisten muß, beispielsweise durch Abbau seiner Produktionskapazität, Verringerung seines Ausstosses sensibler Waren, deren Markt gesättigt ist, und durch Konzentrierung seiner Produktivkräfte auf Gebiete, in denen die Wirtschaft weniger durch Überversorgung und unzureichende Nachfrage gestört wird.

136. Die Kommission ist mit anderen Worten gegen Ad-hoc-Beihilfen, die den Empfänger bloß dazu veranlassen würden, mehr und mehr Waren zu produzieren, für die es keine echte Nachfrage gibt, da dies nicht dazu beitragen würde, die langfristige Lebensfähigkeit des Empfängers zu gewährleisten, und die Wettbewerbssituation in der Gemeinschaft insgesamt verschlimmern würde. Andererseits ist die Kommission bereit, Ad-hoc-Beihilfen wohlwollend zu behandeln, die den Empfänger in die Lage versetzen, sich Änderungen in der Nachfrage anzupassen und auf diese Weise langfristig die Lebensfähigkeit ohne übermässigen Schaden für das gemeinsame Interesse zu erreichen. Wenn dies tatsächlich die Lösung der Kommission ist, so ist sie meines Erachtens korrekt.

137. In der angefochtenen Entscheidung lehnte die Kommission die Genehmigung der Beihilfe für Intelhorce mit der Begründung ab, daß die beiden von Intelhorce und den spanischen Behörden aufgestellten Umstrukturierungsprogramme keine ausreichende ausgleichende Rechtfertigung im dargelegten Sinn enthielten und nicht geeignet seien, die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Zur ausgleichenden Rechtfertigung führte die Kommission (in Teil VII Absatz 15 der Entscheidung) aus, daß keines der beiden Umstrukturierungsprogramme eine Verpflichtung zur Verringerung der Produktionskapazitäten vorsehe. Das ursprüngliche Programm habe "sogar eine Expansion des Unternehmens in Form einer Steigerung der Gesamtverkäufe (bei traditionellen Produkten wie auch im Rahmen des Verkaufsstellennetzes) um 91 % von 7 754 Millionen PTA 1990 auf 14 787 Millionen PTA 1994" vorgesehen. Obwohl das überarbeitete Programm einen leichten Rückgang der Verkäufe (um 6,5 % von 1990 bis 1992) vorgesehen habe, habe Intelhorce nichts daran gehindert, seine Tätigkeiten nach 1992 unter Ausnutzung seiner freien Kapazitäten auszuweiten.

138. Zur langfristigen Lebensfähigkeit von Intelhorce führte die Kommission aus, daß das Hauptziel des ursprünglichen Programms darin bestanden habe, die Stellung von Intelhorce durch die Schaffung zweier Verkaufstellennetze für Haushaltswäsche und Bekleidung aus eigener Herstellung zu verbessern. Für Haushaltswäsche habe Intelhorce 15 eigene Verkaufsstellen und 22 Verkaufsstellen im Rahmen von Franchising-Verträgen geplant, während die Zahlen für Kleidung 14 und 50 Verkaufsstellen betragen hätten: siehe Teil IV Absätze 3 und 4. Man habe erwartet, daß die Verkaufsstellen einen Gewinn von 1 471 Millionen PTA im Jahr 1994 erbringen würden und daß der Gesamtgewinn von Intelhorce in diesem Jahr bei 1 044 Millionen PTA liegen würde: siehe Teil IV Absatz 4. Das ursprüngliche Programm habe, teilweise wegen Überschwemmungen in der Provinz Malaga im November und Dezember 1989 und teilweise ° so die angefochtene Entscheidung ° in Anbetracht "der erwiesenen Unfähigkeit des Unternehmens, die neue Strategie für Bekleidungsartikel in die Praxis umzusetzen", geändert werden müssen: siehe Teil IV Absatz 8. Das überarbeitete Programm habe die Zurückstellung der geplanten Fertigung von Bekleidungsartikeln einschließlich der entsprechenden Vertriebseinrichtung auf unbestimmte Zeit, das Zurückfahren der Produktion und einen weiteren Personalabbau um 1 000 Beschäftigte vorgesehen: siehe Teil IV Absätze 8 und 9. In dem überarbeiteten Programm seien die voraussichtlichen Verluste auf insgesamt 1 894 Millionen PTA im Jahr 1990 geschätzt worden, die sich im Jahr 1992 auf 1 712 Millionen hätten verringern sollen: siehe Teil IV Absatz 10.

139. Obwohl die Überlegungen der Kommission in bezug auf die langfristige Lebensfähigkeit nicht so eingehend dargelegt wurden, wie dies wohl möglich gewesen wäre, umfasst die von mir vorgenommene Aufstellung der einschlägigen Teile der angefochtenen Entscheidung meines Erachtens hinreichende Angaben, die die Feststellung der Kommission tragen, daß weder das ursprüngliche noch das überarbeitete Programm geeignet gewesen sei, Intelhorce von einem chronisch unrentablen in ein wirtschaftlich lebensfähiges Unternehmen umzuwandeln. Die Kommission fasst die trostlose Situation gut zusammen, wenn sie (in Teil VII Absatz 15) ausführt, daß das Unternehmen sowohl nach dem ursprünglichen als auch nach dem überarbeiteten Umstrukturierungsprogramm "weiterhin mit Verlust gearbeitet hätte". Es gibt also wenig Beweise für eine "ausgleichende Rechtfertigung" in dem in Abschnitt 135 dargelegten Sinn.

140. Vielleicht am bedeutsamsten ist, daß die spanischen Behörden anscheinend eingeräumt haben, daß das überarbeitete Programm ungeeignet war; dies wird aus den letzten fünf Absätzen von Teil VII der Entscheidung deutlich. Dort wird ausgeführt, daß die Kommission die spanischen Behörden in einem Treffen am 18. März 1991 aufforderte, bis 10. Mai 1991 einen nochmals überarbeiteten Umstrukturierungsplan vorzulegen. Trotz zweier Mahnungen waren die spanischen Behörden dieser Aufforderung im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidungen noch nicht nachgekommen. Sie versuchten allerdings auch nicht, das vorhandene überarbeitete Programm zu verteidigen. Im Gegenteil, mit Schreiben vom 12. Juni und vom 18. Juli 1991 ersuchten sie die Kommission, ihre Entscheidung in dieser Sache zurückzustellen, bis sie einen neuen Umstrukturierungsplan vorlegen könnten, über den zur Zeit mit den neuen Eigentümern verhandelt werde. Dennoch steht fest, daß die spanischen Behörden die mangelnde Eignung des Umstrukturierungsprogramms anerkannten, sie und die neuen Eigentümer von Intelhorce jedoch nicht in der Lage waren, sich über ein verbessertes Programm zu einigen.

141. Im Lichte der angestellten Erwägungen komme ich zu dem Ergebnis, daß der zweite Klagegrund zurückzuweisen ist.

Dritter Klagegrund

142. Spanien wendet sich gegen die Verpflichtung für Patrimonio del Estado aus Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung, die Beihilfe wiedereinzuziehen. Es macht geltend, daß durch die Wiedereinziehung der Beihilfe dem betreffenden Unternehmen und seinen Beschäftigten eine unverhältnismässige Belastung auferlegt und die wirtschaftliche Lage in der Region verschlechtert würde, daß die angefochtene Entscheidung keine hinreichende Begründung für die Anordnung der Wiedereinziehung der Beihilfe enthalte und daß der wiedereinzuziehende Betrag jedenfalls falsch berechnet sei.

143. Zu dem zuletzt genannten Punkt führt Spanien aus, daß die Kommission zwar bei der Berechnung des Wertes der Beihilfe richtigerweise von dem Betrag von 2 Milliarden PTA, den Benorbe und Benservice für Intelhorce gezahlt hätten, eine bestimmte Summe abgezogen habe, um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß nicht sofort der volle Betrag fällig gewesen sei, daß jedoch eine ähnliche Berichtigung des Wertes der Kapitalzuführungen von Patrimonio del Estado hätte vorgenommen werden müssen, da auch diese in mehreren Raten vorgenommen worden seien.

144. Abgesehen von dem Argument, das die Bezifferung der Intelhorce gewährten Beihilfe betrifft, ähneln alle anderen innerhalb dieses Klagegrunds vorgetragenen Argumente sehr denjenigen, die im Rahmen des fünften Klagegrunds in den Rechtssachen C-278/92 und C-279/92 vorgebracht worden sind. Sie sind aus den oben in den Abschnitten 63 bis 65 und 104 angegebenen Gründen zurückzuweisen.

145. Was das Argument zur Bezifferung angeht, verteidigt sich die Kommission mit zwei Punkten. Erstens führt sie aus, daß der Geldbetrag unabhängig davon, wann Intelhorce und deren Erwerber in der Lage gewesen seien, die Kapitalzuführungen zu nutzen, vom Staat in dem Zeitpunkt aufgewandt worden sei, in dem das Eigentum an den Anteilen auf die Erwerber übertragen worden sei; die Mittel seien zum Zeitpunkt des Verkaufs von Intelhorce Teil der Aktiva dieses Unternehmens geworden, auch wenn der Zeitpunkt, zu dem sie hätten genutzt werden können, hinausgeschoben worden sei. Auf ein Bankkonto eingezahlte Mittel würden im allgemeinen verzinst, und der Kommission lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß dies hier nicht der Fall gewesen sei. Die Kommission führt dann ° rein vorsorglich ° aus, sie habe durch Presseberichte erfahren, daß die spanischen Behörden Intelhorce erlaubt hätten, die fraglichen Mittel früher als ursprünglich bestimmt zu nutzen.

146. In seiner Erwiderung versucht Spanien in keiner Weise, sich mit dem ersten Argument der Kommission ° die Intelhorce gewährten Mittel hätten Intelhorce und deren Erwerbern vom Zeitpunkt der Übertragung des Unternehmens an Zinsen verschafft °, auseinanderzusetzen, und konzentriert sich ganz auf das Hilfsvorbringen der Kommission. Hierzu führt es aus, daß die Zeitpunkte, zu denen Intelhorce Zugang zu den nacheinander gewährten Raten der Kapitalzuführungen gehabt habe, im Einklang mit dem Vertrag um wenige Monate vorverlegt worden seien.

147. Die Frage, ob und zu wessen Gunsten auf die Kapitalzuführungen nach dem Zeitpunkt, zu dem Intelhorce an Benorbe und Benservice verkauft worden war, Zinsen anfielen, ist entscheidend. Wurden diese Gelder im Zeitpunkt des Privatisierungsvorgangs Eigentum von Intelhorce und brachten sie ihr von diesem Zeitpunkt an Zinsen, so ist der Umstand, daß die Gesellschaft die Gelder bis auf weiteres nicht nutzen konnte, für die Zwecke der Berechnung des Wertes der Intelhorce vom Staat gewährten Kapitalzuführungen unerheblich. Die Zinsen würden die Verzögerung des Zugangs von Intelhorce zu den Geldern ausgleichen. Spaniens Schweigen zu dieser Frage in seiner Erwiderung führt unausweichlich zu dem Schluß, daß die Sachdarstellung der Kommission in ihrer Klagebeantwortung richtig ist. Es gibt daher keine Gründe, die Methode in Frage zu stellen, mit der der Betrag der Beihilfe in der angefochtenen Entscheidung berechnet wurde. Daher ist der dritte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

Antrag

148. Ich komme daher zu dem Ergebnis, daß in der Rechtssache C-278/92 (Hytasa) Artikel 2 Absatz 2 sowie die Artikel 3 und 4 der Entscheidung 92/317/EWG für nichtig zu erklären sind; in den Rechtssachen C-279/92 und C-280/92 ist die Klage Spaniens abzuweisen. Es bleibt die Frage der Kosten. Wären die Klagen nicht verbunden worden, hätte ich den Standpunkt vertreten, daß in der Rechtssache C-278/92 gemäß Artikel 69 § 3 der Verfahrensordnung jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen gehabt hätte, da jede Partei teils obsiegt hätte und teils unterlegen wäre, und daß in den Rechtssachen C-279/92 und C-280/92 Spanien gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung zur Tragung der Kosten der Kommission zu verurteilen gewesen wäre. Da die Rechtssachen jedoch nach Einreichung der Klagebeantwortung der Kommission verbunden worden sind, scheint es eher angebracht, über die Kosten insgesamt zu entscheiden und anzuordnen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit sämtlichen Verfahren zu tragen hat.

149. Daher schlage ich vor,

1) in der Rechtssache C-278/92 Artikel 2 Absatz 2 sowie die Artikel 3 und 4 der Entscheidung 92/317/EWG der Kommission für nichtig zu erklären;

2) in den Rechtssachen C-279/92 und C-280/92 die Klagen abzuweisen;

3) jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

(*) Originalsprache: Englisch.

(1) ° ABl. 1992, L 171, S. 54.

(2) ° Rechtssache 120/73 (Slg. 1973, 1471, Randnr. 4); siehe auch Urteil vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82 (Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 11) mit weiteren Nachweisen.

(3) ° Entscheidung 92/317, Abschnitt IV, sechster Absatz.

(4) ° Rechtssache 234/84 (Slg. 1986, 2263).

(5) ° A. a. O., Randnr. 14.

(6) ° Spanien gibt manchmal die genaue Zahl an, wie sie unter Nr. 18 aufgeführt ist, manchmal rundet es die Zahl ab.

(7) ° Rechtssache C-303/88 (Slg. 1991, I-1433).

(8) ° Despina Schina: State Aids under the EEC Treaty ° Articles 92 to 94, Oxford, 1987, S. 15, Abschnitt 50; anderer Ansicht Wenig in Gröben, Thiesing und Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Auflage, S. 2645, Abschnitt 5; vgl. auch Bellamy und Child, Common Market Law of Competition, 3. Auflage, Abschnitt 14-004, und Hancher, Ottervanger und Slot, EC State Aids, 1993, S. 21, Abschnitt 2.6.

(9) ° Rechtssache 730/79 (Slg. 1980, 2671, Randnr. 11).

(10) ° Urteil vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87 (Frankreich/Kommission, Slg. 1988, 4067, Randnr. 19).

(11) ° Urteil vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87 (Tubemeuse, Slg. 1990, I-959, Randnr. 35).

(12) ° Rechtssache 323/82 (Slg. 1984, 3809).

(13) ° A. a. O., Randnr. 39 des Urteils.

(14) ° Rechtssache C-301/87 (Slg. 1990, I-307, Randnr. 49); vgl. auch das Urteil Philip Morris (a. a. O., Fußnote 9), Randnr. 17 und 24 und das Urteil in der Rechtssache 310/85 (Deufil/Kommission, Slg. 1987, 901, Randnr. 18).

(15) ° ABl. C 31, S. 9.

(16) ° In diesem Punkt stimmt die französische Fassung der Entscheidung [AdÜ: wie die deutsche] nicht mit der spanischen und der englischen Fassung überein. Nur die spanische Fassung ist verbindlich.

(17) ° Rechtssache C 142/87, bereits angeführt in Fußnote 11, Randnr. 66.

(18) ° Rechtssache C-5/89 (Slg. 1990, I-3437).

(19) ° A. a. O., Randnr. 17.

(20) ° A. a. O., Randnr. 14.

(21) ° Angeführt oben in Fußnote 14.

(22) ° ABl. 1992, L 172, S. 76.

(23) ° Artikel 5 bestimmt nur, daß die Entscheidung an das Königreich Spanien gerichtet ist.

(24) ° Angeführt oben in Fußnote 14.

(25) ° Siehe Rechtssache C-142/87, angeführt in Fußnote 11, Randnrn. 58 bis 63 des Urteils.

(26) ° ABl. 1992, L 176, S. 57.

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