EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 61987CC0374

Verbundene Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 18. Mai 1989.
Orkem gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Untersuchungsbefugnisse der Kommission - Rechte der Verteidigung.
Rechtssache 374/87.
Solvay & Cie gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Wettbewerb - Untersuchungsbefugnisse der Kommission - Rechte der Verteidigung.
Rechtssache 27/88.

Sammlung der Rechtsprechung 1989 -03283

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1989:207

61987C0374

VERBUNDENE SCHLUSSANTRAEGEN DES GENERALANWALTS DARMON VOM 18. MAI 1989. - ORKEM SA VORMALS CDF CHIMIE SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 374/87. - SA SOLVAY UND CIE GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - RECHTSSACHE 27/88. - WETTBEWERB - UNTERSUCHUNGSBEFUGNISSE DER KOMMISSION - VERTEIDIGUNGSRECHTE.

Sammlung der Rechtsprechung 1989 Seite 03283
Schwedische Sonderausgabe Seite 00217
Finnische Sonderausgabe Seite 00231


Schlußanträge des Generalanwalts


++++

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . Die CdF Chimie SA begehrt nach Artikel 173 EWG-Vertrag die Aufhebung einer Entscheidung der Kommission vom 9 . November 1987, mit der diese sie gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr . 17 des Rates vom 6 . Februar 1962 ( im folgenden : Verordnung Nr . 17 ) ( 1 ) aufforderte, bestimmte Auskünfte zu erteilen . Diese Entscheidung erging im Rahmen einer Untersuchung der Kommission wegen des vermuteten Vorliegens von gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen auf dem Thermoplastsektor, insbesondere in bezug auf Polyäthylen niedriger Dichte ( Low density polyethylene; im folgenden : LDPE ), das in der EWG unter anderem von der CdF Chimie SA hergestellt und vertrieben wird .

2 . Die Firma Solvay begehrt ebenfalls nach Artikel 173 EWG-Vertrag die Aufhebung einer Entscheidung der Kommission vom 24 . November 1987, mit der diese sie gemäß derselben Bestimmung der Verordnung Nr . 17 aufforderte, bestimmte Auskünfte zu erteilen . Auch diese Entscheidung erging im Rahmen einer Untersuchung der Kommission auf dem Thermoplastsektor, diesmal jedoch in bezug auf Polyvinylchlorid ( im folgenden : PVC ), das in der EWG unter anderem von der Firma Solvay hergestellt und vertrieben wird .

3 . Die beiden Kommissionsentscheidungen betreffen die CdF Chimie SA und die Firma Solvay nicht wegen desselben Erzeugnisses und folglich auch nicht wegen derselben gegebenenfalls unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag fallenden Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise . Vielmehr war es die weitgehende Übereinstimmung zwischen den Klagegründen beider Firmen, die Sie dazu veranlasst hat, beide Klagen in ein und derselben Sitzung zu verhandeln, und die mich bewogen hat, Ihnen heute meine Schlussanträge zu beiden Klagen gemeinsam vorzutragen .

4 . Zum besseren Verständnis des Zusammenhangs, in dem diese beiden Klagen zu sehen sind, sei darauf hingewiesen, daß die Kommission ihre umfangreichen Ermittlungen im Thermoplastsektor, die sich auf LDPE und PVC konzentrierten, nach Erlaß der Entscheidungen vom November 1987 fortgesetzt hat . Übrigens waren auch an andere LDPE - und PVC-Hersteller/Händler ähnliche Entscheidungen wie an die Firmen CdF Chimie SA und Solvay gerichtet worden . Die Ermittlungen führten am 24 . März 1988 zur Eröffnung von zwei Verfahren wegen Verstössen gegen Artikel 85 Absatz 1; das eine Verfahren betraf LDPE ( 2 ), das andere PVC ( 3 ). Am Ende dieser beiden Verfahren erließ die Kommission am 21 . Dezember 1988 zwei Entscheidungen, mit denen sie Verstösse einiger LDPE - bzw . PVC-Hersteller gegen Artikel 85 EWG-Vertrag feststellte und ihnen Geldbussen auferlegte . Zu diesen Unternehmen gehörten die CdF Chimie SA - unter ihrer neuen Bezeichnung Orkem SA - für den LDPE-Bereich und die Firma Solvay für den PVC-Bereich ( 4 ). Bekanntlich hat die Orkem SA ebenso wie andere Unternehmen am 14 . April 1989 vor Ihnen Klage auf Aufhebung der Entscheidung vom 21 . Dezember 1988 erhoben .

5 . Vor Erlaß der streitigen Entscheidung vom 9 . November 1987 betreffend die CdF Chimie SA war am 20 . August 1987 ein Auskunftsverlangen gemäß Artikel 11 Absätze 2 und 3 der Verordnung Nr . 17 ergangen . Da die Kommission der Ansicht war, die CdF Chimie SA habe ihr "die Mehrzahl der verlangten Auskünfte" ( 5 ) zu Unrecht verweigert, richtete sie gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr . 17 an diese Firma die Entscheidung, mit der sie die Auskünfte anforderte . Aus dem gleichen Grund ersuchte die Kommission die Firma Solvay durch Entscheidung um Auskünfte, weil sie es nicht hinnehmen wollte, daß diese Firma auf ihr Auskunftsverlangen vom 20 . August 1987 "keine der verlangten Auskünfte ... über die Zusammenkünfte der Hersteller und die vermutlichen Kartelle über die Verkaufspreise und die Quoten" ( 6 ) erteilt habe .

I - Zum Fehlen eines vorherigen Auskunftsverlangens gegenüber der CdF Chimie SA

6 . Im Zusammenhang mit den beiden Verfahrensabschnitten des Auskunftsverlangens gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr . 17 - es handelt sich um das einfache Verlangen und sodann die Entscheidung, mit der die Auskünfte verlangt werden - hat die CdF Chimie SA einen Klagegrund vorgebracht, der nur sie betrifft . Sie beruft sich darauf, daß zwar die streitige Entscheidung, mit der die Auskünfte verlangt wurden, an sie gerichtet gewesen sei, nicht jedoch das vorherige "einfache" Auskunftsverlangen, das an ihre Tochtergesellschaft CdF Chimie EP und nicht an sie selbst adressiert gewesen sei; dies sei ein Verstoß gegen den EWG-Vertrag und gegen Artikel 11, insbesondere Absatz 5, der Verordnung Nr . 17 .

7 . Nach Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung Nr . 17 kann die Kommission zur Erfuellung der ihr in Artikel 89 EWG-Vertrag übertragenen Aufgaben - nämlich "auf die Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 niedergelegten Grundsätze" zu achten - "von den Regierungen und den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte einholen ". Artikel 11 Absätze 2 bis 4 der Verordnung Nr . 17 betrifft die Formerfordernisse eines Auskunftsverlangens . In Artikel 11 Absatz 5 heisst es : "Wird eine von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verlangte Auskunft innerhalb einer von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskunft durch Entscheidung an ."

8 . In seinem Urteil vom 26 . Juni 1980, National Panasonic, hat der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt : Wie sich aus dem Wortlaut des Artikels 11 ergebe, sehe dieser

"tatsächlich ... (( ein )) zweistufiges Verfahren (( vor )). Der zweite Abschnitt, in dem die Kommission eine Entscheidung erlässt, die 'die geforderten Auskünfte bezeichnet' , kann erst eingeleitet werden, wenn der erste Abschnitt, in dem die Kommission an ein Unternehmen oder an eine Unternehmensvereinigung ein Auskunftsverlangen richtet, ohne Erfolg geblieben ist" ( 7 ).

9 . Unter Berufung auf dieses Urteil hält die CdF Chimie SA die streitige Entscheidung für rechtswidrig : Der erste Verfahrensabschnitt sei nicht ihr gegenüber abgewickelt worden, da - wie gesagt - das vorherige Auskunftsverlangen nicht an sie selbst, sondern an die CdF Chimie EP gerichtet worden war .

10 . Die Kommission hat hierauf entgegnet, daß die CdF Chimie EP eine 100%ige Tochtergesellschaft der CdF Chimie SA sei, daß diese beiden Unternehmen, selbst wenn sie verschiedene Rechtssubjekte darstellten, demselben Konzern angehörten und daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes, insbesondere nach dem Urteil vom 14 . Juli 1972, ICI/Kommission,

"die sich aus der Verschiedenheit der Rechtspersönlichkeit ergebende formelle Trennung zwischen ... Gesellschaften nicht hindern (( kann )), daß ihr Verhalten auf dem Markt für die Anwendung der Wettbewerbsregeln als Einheit angesehen wird" ( 8 ).

Für dieses einheitliche Verhalten auf dem fraglichen Markt sei es besonders bezeichnend, daß die CdF Chimie SA und die CdF Chimie EP von Beginn der Ermittlungen im LDPE-Sektor an offensichtlich stets die gesamte Post, die die Kommission an sie gerichtet habe, gekannt hätten, und zwar unabhängig davon, an wen sie jeweils formell adressiert worden sei . Die Kommission meint daher - auch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach eine Entscheidung zugestellt ist, wenn sie ordnungsgemäß in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist -, daß das zweistufige Verfahren des Artikels 11 nicht verletzt worden sei .

11 . Gegenüber diesem Vorbringen bestreitet die CdF Chimie SA die Relevanz des Begriffs der Unternehmenseinheit, den der Gerichtshof zu der Frage entwickelt habe, inwieweit Handlungen einer Tochtergesellschaft der Muttergesellschaft zugerechnet werden könnten . In dem sie betreffenden Fall gehe es um eine Verfahrens -, nicht um eine materielle Frage . Sie trägt im wesentlichen vor, die rechtliche Identität eines Unternehmens sei vielleicht materiellrechtlich nicht entscheidend, verfahrensrechtlich müsse sie jedoch unbedingt anerkannt werden, insbesondere dann, wenn die streitige Maßnahme in einem Verfahrensstadium ergehe, in dem die Sachentscheidung - d . h . die Entscheidung darüber, ob ein einheitliches Verhalten rechtlich getrennter Unternehmen vorliege - noch völlig offen sei . Der in der Rechtsprechung verwendete Begriff des "Machtbereichs" könne nicht vom Adressaten eines Rechtsakts auf sämtliche Gesellschaften eines Konzerns ausgedehnt werden; anderenfalls würde gegen den sowohl im nationalen Recht als auch in völkerrechtlichen Übereinkommen verankerten Grundsatz der Individualität und der Autonomie natürlicher oder juristischer Personen verstossen .

12 . Es steht ausser Frage, daß das Auskunftsverlangen vom 20 . August 1987 formell an die CdF Chimie EP, die Entscheidung vom 9 . November 1987 hingegen an die CdF Chimie SA adressiert war . Aus rein verfahrensrechtlicher Sicht erscheint dies zunächst im Hinblick auf Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr . 17 wenig befriedigend . Gleichwohl sollte der zeitliche Ablauf der Ermittlungen der Kommission gegenüber der CdF Chimie SA und der CdF Chimie EP wegen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen im LDPE-Sektor in Erinnerung gerufen werden .

13 . Am 15 . Januar 1987 erlässt die Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr . 17 eine Nachprüfungsentscheidung, die adressiert ist an : "CdF Chimie, Tour Aurore ... Paris La Défense ". Halten wir fest, daß die Kommission sich in diesem Stadium an das betreffende Unternehmen wegen zweier Produkte - LDPE und PVC - wendet . Diese Entscheidung wird Herrn Henwood in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der CdF Chimie EP am 20 . Januar 1987 zugestellt .

14 . Am 9 . April 1987 richtet die Kommission gemäß Artikel 11 Absätze 2 bis 4 der Verordnung Nr . 17 ein Auskunftsverlangen allein wegen des Produkts LDPE an : "CdF Chimie SA, Tour Aurore ... Paris-Défense ". Am 6 . Mai 1987 antwortet die CdF Chimie EP, deren Postanschrift "Tour Aurore ... Paris-Défense" lautet, auf dieses Verlangen . Das Schreiben beginnt wie folgt : "Wir übersenden Ihnen in der Anlage die Antworten auf das Auskunftsverlangen vom 9 . April, das am 15 . April 1987 bei uns eingegangen ist ."

15 . Am 2 . Juli 1987 erlässt die Kommission gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr . 17 eine Entscheidung, mit der sie die CdF Chimie SA, Tour Aurore ( usw .), um Auskünfte ersucht . Am 28 . Juli 1987 übermittelt die CdF Chimie EP der Kommission ein Schreiben, das wie folgt beginnt : "Unter Bezugnahme auf die Entscheidung der Kommission vom 2 . Juli 1987, die der Société CdF Chimie am 9 . Juli 1987 zugestellt wurde und mit der sie ersucht wird, innerhalb von drei Wochen eine Reihe von Auskünften zu erteilen ..."

16 . Am 20 . August 1987 ergeht ein neues Auskunftsverlangen der Kommission, diesmal jedoch an die CdF Chimie EP . Diese antwortet mit Schreiben vom 1 . Oktober 1987, woraufhin die Kommission am 9 . November 1987 gegenüber der CdF Chimie SA die heute vor Ihnen angefochtene Entscheidung erlässt .

17 . Dieser Ablauf der Ereignisse zeigt - selbst wenn wir von der ersten Aktion der Kommission vom 15 . Januar 1987 absehen, die formell die "CdF Chimie" ohne die nähere Angabe "SA" oder "EP" betraf -, daß ein Auskunftsverlangen vom 9 . April 1987 und sodann eine um Auskünfte ersuchende Entscheidung vom 2 . Juli 1987, die alle beide ausdrücklich an die "CdF Chimie SA" gerichtet waren, zu zwei Antworten seitens der CdF Chimie EP vom 6 . Mai bzw . 28 . Juli 1987 führten . Es erscheint mir wichtig, festzuhalten, daß diese beiden Antworten keine Bemerkung, keinen Vorbehalt dazu enthalten, daß die CdF Chimie SA von der CdF Chimie EP getrennt gesehen werden müsste . Im übrigen wurde - entgegen allem, was Ihnen dazu in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden sein mag - die Kommission vor Erlaß der streitigen Entscheidung in keiner Weise darauf hingewiesen, daß zwischen beiden Gesellschaften unterschieden werden müsse . In dem gesamten Schriftwechsel zwischen der Kommission und der einen oder anderen der beiden Gesellschaften tauchen die ersten Vorbehalte erst in der Stellungnahme der CdF Chimie SA vom 26 . November 1987 zu der streitigen Entscheidung vom 9 . November 1987 auf .

18 . Der geschilderte Ablauf der Ereignisse und das Vorbringen der Parteien veranlassen mich zu den folgenden Bemerkungen .

19 . Zunächst meine ich, daß man der CdF Chimie SA recht geben muß, wenn sie geltend macht, im Stadium der Ermittlungen könne keine Einheitlichkeit des Verhaltens von Mutter - und Tochtergesellschaft auf einem bestimmten Markt vermutet werden, selbst wenn es sich um eine 100%ige Tochtergesellschaft handele . Der Gerichtshof hat zwar entschieden :

"... der Umstand, daß die Tochtergesellschaft eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, vermag noch nicht auszuschließen, daß ihr Verhalten der Muttergesellschaft zugerechnet werden kann ." ( 9 )

Er hat jedoch in einer Rechtssache, in der die BMW Belgium, eine 100%ige Tochtergesellschaft von BMW München, geltend machte, kein anderes Ziel verfolgen zu können, als ihr von der Muttergesellschaft zugewiesen worden sei, auch festgestellt :

"Durch das Bestehen einer wirtschaftlichen Abhängigkeit zwischen einer Muttergesellschaft und ihrer Tochtergesellschaft werden weder Unterschiede im Verhalten noch gar Unterschiede der Interessen zwischen beiden Gesellschaften ausgeschlossen ." ( 10 )

Dies lässt meines Erachtens eindeutig darauf schließen, daß aus der Rechtsstellung einer 100%igen Tochtergesellschaft allein noch nicht auf ein einheitliches Marktverhalten geschlossen und die Berechtigung hergeleitet werden kann, die rechtliche Identität des jeweiligen Unternehmens verfahrensrechtlich zu missachten . Die Kommission kann die Einheitlichkeit des Verhaltens erst dann berücksichtigen, wenn sie in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat, daß diese gegeben ist .

20 . Ich meine jedoch auch : Lassen zwei Unternehmen durch ihr Verhalten mit einer gewissen Beständigkeit erkennen, daß sie gegenüber den Verfahrenshandlungen der Kommission austauschbar sind, so kann keines dieser Unternehmen später formalrechtliche Skrupel anführen und sich auf eine rechtliche Identität berufen, zu deren Verwischung es zuvor in einzigartiger Weise beigetragen hat . Vor Erlaß der streitigen Entscheidung vom 9 . November 1987 haben die CdF Chimie SA und die CdF Chimie EP zweifellos für Verwirrung gesorgt oder zumindest eine solche zugelassen, da die CdF Chimie EP zweimal kommentarlos ein an die CdF Chimie SA gerichtetes Schreiben beantwortet hat . Da die CdF Chimie EP insoweit keinerlei Erklärung abgab, durfte die Kommission, die im übrigen wusste, daß die CdF Chimie EP eine 100%ige Tochtergesellschaft der CdF Chimie SA war und daß beide Firmen dieselbe Anschrift hatten, davon ausgehen, daß die CdF Chimie EP normalerweise berechtigt war, im Namen der CdF Chimie SA zu Fragen des LDPE-Marktes Stellung zu nehmen, und daß zwischen beiden Unternehmen nicht unterschieden zu werden brauchte . Übrigens heisst es in dem Schreiben der CdF Chimie EP vom 28 . Juli 1987, mit dem zu der am 2 . Juli 1987 an die CdF Chimie SA gerichteten Entscheidung der Kommission Stellung genommen wurde, daß sich dieses Schreiben "auf die Entscheidung ... vom 2 . Juli 1987, die der Société CdF Chimie ... zugestellt wurde", beziehe . Eine solche Bezugnahme auf "CdF Chimie" musste in diesem Zusammenhang die Vorstellung bestärken, daß die CdF Chimie SA und die CdF Chimie EP gewissermassen eine Einheit bildeten .

21 . Was den im Urteil des Gerichtshofes vom 10 . Dezember 1957, ALMA ( 11 ), verwendeten Begriff "Machtbereich des Empfängers" betrifft, so meine ich, daß das Verhalten der beiden betroffenen Firmen, von denen die eine, CdF Chimie SA, Schreiben empfängt, die die andere, CdF Chimie EP, anscheinend ganz normal - man könnte sagen routinemässig - beantwortet, dazu berechtigt, sie demselben "Machtbereich" zuzuordnen . Es kann somit davon ausgegangen werden, daß ein an die eine gerichtetes Schreiben in den Machtbereich der anderen gelangt und umgekehrt .

22 . Eine solche Lockerung der strengen verfahrensrechtlichen Regeln scheint mir im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu stehen, die in einem gewissen Masse der effektiven Kenntnis von einer Entscheidung Vorrang vor der strikten formellen Ordnungsmässigkeit ihrer Zustellung einräumt . So hat der Gerichtshof in seinem Urteil ICI/Kommission ausgeführt, da die Klägerin vollständige Kenntnis vom Wortlaut einer Entscheidung erlangt und fristgemäß von ihrem Klagerecht Gebrauch gemacht habe, sei es

"unerheblich, ob die Zustellung fehlerhaft war" ( 12 ).

Der Vorrang der effektiven Kenntnis vor der strikten Beachtung der formellen Ordnungsmässigkeit kommt auch in dem bereits erwähnten Urteil Continental Can zum Ausdruck, in dem der Gerichtshof entschieden hat :

"Eine Entscheidung ist im Sinne des Vertrages ordnungsgemäß zugestellt, wenn sie ihrem Adressaten zugeht und dieser in die Lage versetzt worden ist, von ihr Kenntnis zu nehmen . Dies war vorliegend der Fall, denn die streitige Entscheidung ist Continental tatsächlich zugegangen, und das Unternehmen kann sich auch nicht, um diesen Zugang wirkungslos zu machen, auf seine eigene Weigerung berufen, von der Entscheidung Kenntnis zu nehmen ." ( 13 )

23 . Der Gerichtshof bleibt nach meiner Einschätzung genau auf der Linie seiner Rechtsprechung, wenn er entscheidet, daß eine Tochtergesellschaft, die im Rahmen eines Schriftwechsels wegen bestimmter Ermittlungen aufgrund der Verordnung Nr . 17 allem Anschein nach befugt war, die von der Kommission an die Muttergesellschaft gerichteten Schreiben zu beantworten, deren Machtbereich im Sinne der Rechtsprechung angehört, so daß im weiteren Verlauf des betreffenden Verfahrens angenommen werden kann, daß die Muttergesellschaft Kenntnis von den formell an die Tochtergesellschaft gerichteten Maßnahmen hatte .

24 . Im übrigen - und dieses Argument tritt nicht hinter dasjenige des Machtbereichs zurück - dürfte der dem Common law entliehene Begriff "estoppel" es demjenigen, der eine tatsächliche Verwechslung verursacht oder geduldet hat, verwehren, sich später auf die dadurch hervorgerufenen verfahrensrechtlichen Unstimmigkeiten zu berufen .

25 . Schließlich wird es Ihnen nicht gleichgültig sein, daß die Verwechslung zwischen CdF Chimie SA und CdF Chimie EP, wie die Kommission festgestellt hat, bis zu dem Verfahren vor Ihnen angedauert hat, da es in der Antwort auf Ihre schriftliche Frage an die CdF Chimie SA, die die Ihnen vorliegende Klage erhoben hat, unter anderem heisst : "Vor der Beantwortung der ihr vom Gerichtshof gestellten Frage möchte Norsolor bemerken ... ". Nun, Norsolor ist die neue Bezeichnung der CdF Chimie EP, während Ihre Frage an die CdF Chimie SA, die nunmehr Orkem heisst, gerichtet war ... Vielleicht wird es Ihnen ebenso schwer fallen wie mir, von der Kommission zu verlangen, daß sie bei ihren Verfahrenshandlungen hinsichtlich der gebotenen Unterscheidung zwischen CdF Chimie SA Orkem und CdF Chimie EP Norsolor besser Bescheid weiß als diese beiden Firmen selbst .

26 . Ich schlage Ihnen deshalb vor, davon auszugehen, daß die CdF Chimie SA das an die CdF Chimie EP gerichtete Auskunftsverlangen vom 20 . August 1987 gekannt hat, da die CdF Chimie EP in früheren Stadien desselben Untersuchungsverfahrens so aufgetreten ist, als gehöre sie dem Machtbereich der CdF Chimie SA an . Wenn Sie diesem Vorschlag folgen, werden Sie also entscheiden, daß die in Artikel 11 Absatz 5 aufgestellte Voraussetzung der vorherigen Übermittlung eines Auskunftsverlangens erfuellt und der dagegen gerichtete Klagegrund der CdF Chimie SA zurückzuweisen ist .

27 . Wir kommen somit zur Prüfung von Klagegründen der Firma Solvay und der CdF Chimie SA ( im folgenden : Firma CdF Chimie ), die sich im wesentlichen ähneln . Trotz ihrer scheinbaren Unterschiede stehen diese Klagegründe tatsächlich mit der Sorge um die Wahrung von Verteidigungsrechten in den von der Kommission durchgeführten Untersuchungsverfahren in Zusammenhang, wenn die Kommission versucht, Informationen über das etwaige Vorliegen von Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen zu sammeln, die gegen die Wettbewerbsregeln des EWG-Vertrags verstossen . Vielleicht erschien dieser Zusammenhang übrigens Ihnen ebenso wie mir bisweilen zweifelhaft angesichts der Widersprüche, die zwischen einzelnen Rügen zu bestehen oder die innere Logik der einen oder anderen Rüge zu beeinträchtigen scheinen . So erscheint die Kohärenz zwischen der Behauptung, die verlangten Auskünfte seien nicht erforderlich gewesen, da die Kommission bereits über ausreichendes Belastungsmaterial gegen die "befragten" Unternehmen verfüge, und der Behauptung, die Kommission habe durch die Formulierung globaler und sehr allgemeiner Fragen versucht, die Beweislast umzukehren und die Unternehmen durch die Beantwortung dieser umfassenden Fragen selbst die sie belastenden Beweise, die die Kommission nicht habe sammeln können, beibringen zu lassen, auf den ersten Blick nicht sehr augenscheinlich . Auch mag die Vorstellung von einem Recht zur Aussageverweigerung oder darauf, sich nicht selbst belasten zu müssen, das angeblich hinfällig wird, wenn die Kommission auf konkrete Anhaltspunkte Bezug nimmt, von der Vorstellung weit entfernt erscheinen, die Juristen im allgemeinen von einem solchen Recht haben .

28 . Hinter diesen scheinbaren Widersprüchen steht jedoch eine Logik, die in der mündlichen Verhandlung ziemlich deutlich geworden ist : Die Klägerinnen wollen, daß der Befragte erfährt, was der Fragesteller bereits weiß . Ich glaube nicht, irgend jemandes Gedanken falsch wiederzugeben, wenn ich sage, daß es sich hierbei darum handelt, den Unternehmen im Rahmen der von der Kommission im Bereich des Wettbewerbs durchgeführten Untersuchungen zu gestatten, daß sie erfahren, was sie noch verbergen können . Ich möchte sogleich anfügen : Dies ist keineswegs schockierend . Es ist gerade das Wesen der Verteidigung, den gesamten Spielraum auszunutzen, den das Recht gewährt, und zu versuchen, daß eine möglichst extensive Auffassung von diesem Spielraum als positives Recht anerkannt wird . Es gehört also durchaus zu ihrer Rolle, wenn die Klägerinnen eine Reihe von Argumenten vorbringen, um ihrem "Recht auf Wissen" im Stadium der Untersuchung zum Durchbruch zu verhelfen . Demgegenüber ist es Ihre Aufgabe, die Tragweite der in diesem Stadium anwendbaren Rechtsnormen zu bestimmen und festzustellen, ob letztlich ein solches Recht besteht .

29 . Die verschiedenen Klagegründe sind somit unter dem allgemeinen Blickwinkel dieser Frage zu prüfen .

II - Zu der Frage, ob es sich bei den streitigen Entscheidungen um eine "Mitteilung der Beschwerdepunkte" handelt

30 . Ich schlage Ihnen vor, zunächst den Hauptklagegrund der Firma Solvay zu prüfen, der mit dem zweiten Hilfsvorbringen der Firma CdF Chimie praktisch identisch ist . Beide Firmen machen geltend, die streitigen Entscheidungen ordneten zwar dem Anschein nach die Erteilung von Auskünften an, stellten in Wirklichkeit aber Mitteilungen von Beschwerdepunkten dar; die Kommission habe somit nicht nur gegen die Verordnung Nr . 17 des Rates, sondern auch gegen ihre eigene Verordnung Nr . 99/63 ( 14 ) und gegen den Grundsatz der Rechte der Verteidigung verstossen, in dem die Firma Solvay einen "allgemeinen Grundsatz" und die Firma CdF Chimie einen "fundamentalen Grundsatz" sieht . Vereinfacht gesagt, argumentieren die Klägerinnen wie folgt : Die angefochtenen Entscheidungen enthielten ihnen gegenüber die formelle Anschuldigung, an einem gegen Artikel 85 verstossenden Kartell beteiligt gewesen zu sein, wobei die Kommission in den Entscheidungen selbst darauf hinweise, daß sie über Beweismittel für diese Anschuldigung verfüge . Da die Kommission somit den Vorwurf eines Verstosses gegen Artikel 85 erhoben habe, hätte sie die Voraussetzungen der Verordnung Nr . 17 und der Verordnung Nr . 99/63 hinsichtlich der Verteidigungsrechte erfuellen, d . h . den betroffenen Unternehmen die Anhaltspunkte mitteilen müssen, auf denen ihr Vorwurf beruhe; sie hätte ihnen auch die Möglichkeit geben müssen, zu diesen Anhaltspunkten Stellung zu nehmen, ohne daß diese Firmen fortan verpflichtet werden könnten, irgendwelche Fragen zu beantworten . Die streitigen Entscheidungen enthielten jedoch keine genaue Beschreibung der Anhaltspunkte, auf die der erhobene Vorwurf gestützt werde; im übrigen sollten die Unternehmen unter Androhung von Geldbussen oder Zwangsgeldern gezwungen werden, Auskunftsverlangen Folge zu leisten .

31 . Die Kommission erwidert im wesentlichen, das Stadium der Untersuchung unterscheide sich von der Mitteilung der Beschwerdepunkte und gehe dieser zeitlich voraus . Sie habe deshalb Beweismittel für den Verstoß, der Gegenstand der Untersuchung gewesen sei, angeführt, weil sie den Anforderungen des Artikels 11 Absatz 3 der Verdnung Nr . 17 betreffend Auskunftsverlangen habe gerecht werden wollen . Die Erwähnung derartiger Anhaltspunkte sei keineswegs charakteristisch für eine Mitteilung von Beschwerdepunkten im Sinne des Artikels 19 Absatz 1 der Verordnung Nr . 17; die Klägerinnen machten zu Unrecht geltend, daß die mit dieser Mitteilung korrespondierenden Verteidigungsrechte verletzt worden seien .

32 . Wie die Darstellung des wesentlichen Parteivorbringens bereits gezeigt hat, ist der Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die streitigen Entscheidungen seien verschleierte Mitteilungen von Beschwerdepunkten, deshalb von Belang, weil nach der Verordnung Nr . 17 und der Verordnung Nr . 99/63 die Wahrung der Verteidigungsrechte im Rahmen der Mitteilung der Beschwerdepunkte einen viel höheren Stellenwert hat als im Rahmen der eigentlichen Untersuchungsmaßnahmen der Kommission .

33 . Gemäß Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr . 17 gibt die Kommission "vor Entscheidungen aufgrund der Artikel 2, 3, 6, 7, 8, 15 und 16 ... den beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen Gelegenheit, sich zu den von der Kommission in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten zu äussern ". Was insbesondere das Vorgehen der Kommission betrifft, mit dem sie Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 abstellen oder sanktionieren will, so ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 19 Absatz 1 Anwendung findet, bevor Entscheidungen erlassen werden, die "die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen ... verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen" ( 15 ), und bevor Entscheidungen erlassen werden, mit denen gegen die "Unternehmen und Unternehmensvereinigungen", die "vorsätzlich oder fahrlässig ... gegen Artikel 85 Absatz 1 ... verstossen" ( 16 ), Geldbussen festgesetzt werden .

34 . Nach Artikel 2 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung Nr . 99/63 teilt "die Kommission ... den Unternehmen und Unternehmensvereinigungen die in Betracht gezogenen Beschwerdepunkte schriftlich mit ". Gemäß Artikel 3 dieser Verordnung äussern sich "die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen ... schriftlich innerhalb der gesetzten Frist zu den in Betracht gezogenen Beschwerdepunkten", wobei sie "in ihren schriftlichen Bemerkungen alles zu ihrer Verteidigung Zweckdienliche vortragen ..., alle zweckdienlichen Unterlagen beifügen ... (( und )) vorschlagen (( können )), daß die Kommission Personen hört, die die vorgetragenen Tatsachen bestätigen können ". Ausserdem bestimmt Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung : "Die Kommission gibt Personen, die dies in ihrer schriftlichen Äusserung beantragt haben, Gelegenheit zur mündlichen Erläuterung, wenn sie ein ausreichendes Interesse glaubhaft machen oder wenn die Kommission eine Geldbusse oder ein Zwangsgeld gegen sie festsetzen will ." Gemäß Artikel 4 der Verordnung schließlich zieht "die Kommission ... in ihren Entscheidungen nur die Beschwerdepunkte in Betracht, zu denen die Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, gegen die sich die Entscheidung richtet, Gelegenheit zur Äusserung gehabt haben ".

35 . Zur "Konsistenz" einer Mitteilung der Beschwerdepunkte hat sich der Gerichtshof mehrfach geäussert . In dem Urteil vom 13 . Februar 1979, Hoffmann-La Roche, hat er sowohl aus den söben genannten Bestimmungen der Verordnungen Nrn . 17 und 99/63 als auch aus dem "ihnen zugrundeliegenden" allgemeinen Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs hergeleitet, daß die Wahrung der entsprechenden Rechte

"es erfordert, dem betroffenen Unternehmen im Laufe des Verwaltungsverfahrens Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptung einer Verletzung von Artikel 86 des Vertrages herangezogenen Unterlagen Stellung zu nehmen" ( 17 ).

36 . Wie sich aus Artikel 19 Absatz 1 der Verordnung Nr . 17 jedoch ausdrücklich ergibt, gilt für die aufgrund des Artikels 11 oder des Artikels 14 ergangenen Entscheidungen nicht die rechtliche Regelung, die ich in ihren grossen Zuegen gerade dargestellt habe . In seinem Urteil National Panasonic äussert sich der Gerichtshof zu diesem Punkt sehr deutlich . Zu der Auffassung, der Anspruch eines Unternehmens auf rechtliches Gehör vor Erlaß einer Nachprüfungsentscheidung aufgrund von Artikel 14 Absatz 3 sei verletzt worden, hat der Gerichtshof ausgeführt,

"daß dieser Anspruch im wesentlichen im Rahmen von Gerichts - oder Verwaltungsverfahren gegeben ist, die auf die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder auf Feststellung einer Rechtswidrigkeit gerichtet sind, beispielsweise der Verfahren nach der Verordnung Nr . 99/63 ... Das Nachprüfungsverfahren ... betrifft demgegenüber nicht die Abstellung einer Zuwiderhandlung oder die Feststellung einer Rechtswidrigkeit; es soll der Kommission vielmehr nur ermöglichen, die Unterlagen zusammenzustellen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen ".

Und der Gerichtshof hat hinzugefügt :

"Erst wenn die auf diese Weise zusammengetragenen Beurteilungskriterien nach Auffassung der Kommission die Eröffnung eines Verfahrens im Sinne der Verordnung Nr . 99/63 zulassen, ist das Unternehmen oder der Unternehmensverband ... vor Erlaß einer solchen Entscheidung zu hören ." ( 18 )

37 . Diese sehr klare rechtliche Unterscheidung zwischen der auf der Untersuchungsbefugnis der Kommission beruhenden Nachprüfung und der Mitteilung der Beschwerdepunkte - "dem ersten Abschnitt des Verwaltungsverfahrens" im eigentlichen Sinne, wie es in dem bereits erwähnten Urteil Hoffmann-La Roche heisst ( 19 ) - gilt ohne jeden Zweifel auch im Hinblick auf das andere Ermittlungsinstrument, das der Kommission im Rahmen ihrer Untersuchungsbefugnis zur Verfügung steht, nämlich das Auskunftsverlangen . Ähnlich wie die Nachprüfung betrifft das Auskunftsverlangen weder die Abstellung einer Zuwiderhandlung noch die Feststellung einer Rechtswidrigkeit; es soll der Kommission vielmehr nur ermöglichen, die Informationen zu erlangen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen . Insoweit kommen also auch die Verteidigungsrechte nicht zur Anwendung, die in dem Fall bestehen, in dem nach Auffassung der Kommission die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Verfahrens erfuellt sind . Ich folge in diesem Punkt vollinhaltlich dem Vorbringen der Kommission und der Französischen Republik . Deren Auffassung wird im übrigen von niemandem in Zweifel gezogen, selbst nicht von der Lehre, auf die die Klägerinnen einige ihrer Argumente stützen . In der Tat ist in dem jüngst erschienen Werk von Asteris Pliakos mit dem Titel Les droits de la défense et le droit communautaire de la concurrence zu lesen : "Erst nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens können die Unternehmen zu den Beschwerdepunkten Stellung nehmen, die die Kommission in ihren Entscheidungen gegen sie in Betracht zu ziehen gedenkt ." ( 20 )

38 . Ich meine daher, daß der betreffende Klagegrund nur dann durchgreifen könnte, wenn sich erwiese, daß die streitigen Entscheidungen nicht der Kommission ermöglichen sollen, die Informationen zu erlangen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen, sondern wenn sie offensichtlich zum Ausdruck brächten, daß die der Kommission vorliegenden Beurteilungskriterien so beschaffen sind, daß sie mit ziemlicher Sicherheit die Eröffnung eines Verwaltungsverfahrens im Sinne der Verordnung Nr . 99/63 und der söben analysierten Rechtsprechung des Gerichtshofes zulassen . Wie verhält es sich damit?

39 . In der gegen die Firma CdF Chimie gerichteten Entscheidung vom 9 . November 1987 heisst es, die Kommission ermittle wegen "des vermuteten Vorliegens von gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossenden Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen" ( 21 ) im Thermoplastsektor, zu dem das von der Firma CdF Chimie hergestellte und vertriebene LDPE gehöre; aufgrund von früheren Nachprüfungen bei der Klägerin und anderen Unternehmen sowie aufgrund von an diese gerichteten Auskunftsverlangen könne die Kommission "vermuten", daß die Firma CdF Chimie bei der Festsetzung von Verkaufspreiszielen und bei der Einführung von Quoten oder von mengenmässigen Zielen durch die den Gemeinsamen Markt mit thermoplastischen Erzeugnissen beliefernden Hersteller "beteiligt gewesen sei" ( 22 ). Die Kommission führt sodann aus, daß sie am 20 . August 1987 ein Auskunftsverlangen an die Klägerin gerichtet habe, und benennt die Gründe, die diese angeführt habe, um ihr die meisten Auskünfte zu verweigern . Diese Gründe lassen sich im wesentlichen dahin zusammenfassen, daß der Kommission das Recht bestritten wird, die fraglichen Auskünfte zu verlangen . Unter Hinweis auf Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr . 17 sowie deren Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b und 16 Absatz 1 Buchstabe c betreffend die Befugnis der Kommission, gegen Unternehmen, die unrichtige Auskünfte erteilen oder die Erteilung vollständiger oder richtiger Auskünfte verweigern, Geldbussen oder Zwangsgelder festzusetzen, erlässt die Kommission sodann die Entscheidung, mit der sie von der Klägerin verlangt, innerhalb von zwei Wochen die in einem Anhang aufgeführten Auskünfte zu erteilen .

40 . Die verlangten Auskünfte sind im Anhang unter vier Überschriften zusammengefasst . Unter der ersten - "Zusammenkünfte der Hersteller" - heisst es : "Die der Kommission vorliegenden Beweismittel zeigen, daß Ihr Unternehmen an diesen Zusammenkünften teilgenommen und einige sogar organisiert hat ." Es folgen die Fragen, auf die ich im einzelnen nicht eingehen werde . Sie betreffen Ort, Datum und Häufigkeit der Zusammenkünfte, die Angabe, an welchen Zusammenkünften die Firma CdF Chimie teilgenommen hat, die Benennung der übrigen beteiligten Unternehmen, die Regelmässigkeit ihrer Teilnahme sowie die Benennung der jeweiligen Unternehmensvertreter und/oder die Angabe ihrer Funktion . Die Kommission verlangt Kopien aller Unterlagen, die sich auf die betreffenden Zusammenkünfte beziehen und die vorher, gleichzeitig oder danach erstellt wurden .

41 . Unter der Überschrift "Anzustrebender Preis oder Mindestpreis" bemerkt die Kommission, nach den von ihr eingeholten Unterlagen sei bei den Zusammenkünften der Hersteller eines der wichtigsten behandelten Themen die Frage von Initiativen zur Festlegung und Aufrechterhaltung von für alle Teilnehmer befriedigenden Preisniveaus für LDPE gewesen . Es folgen Fragen nach allen Initiativen, die von den Teilnehmern möglicherweise erörtert, vorgeschlagen, ins Auge gefasst oder genehmigt wurden, mit Angabe der Zeitpunkte und Vorlage der Preistabellen, und sodann Fragen nach den Preisinstruktionen der Zentrale der Klägerin an deren Handelsvertreter sowie nach deren Berichten an die Zentrale . Hervorheben möchte ich insbesondere das Ersuchen um Übermittlung einer Kopie aller Schriftstücke "jeder Art, aus denen die angestrebten oder empfohlenen Verkaufspreise für die wichtigsten Qualitäten in den einzelnen Ländern des Gemeinsamen Marktes hervorgehen ".

42 . Unter der Überschrift "Quoten, Ziele oder Aufteilungen zwischen den Herstellern von LDPE" führt die Kommission aus, nach den von ihr eingeholten Unterlagen hätten die Hersteller bei ihren Zusammenkünften jährliche Verkaufsziele für jedes einzelne Unternehmen aufgestellt, wobei eine Schätzung für den gesamten verfügbaren europäischen Markt vorgenommen und dieser sodann zwischen den Herstellern aufgeteilt worden sei . Es schließen sich Fragen nach den Methoden der Aufteilung, nach der Kontrolle der Einhaltung der Quoten sowie nach den Informationen, die die Klägerin anderen Herstellern über ihre eigene Produktion oder ihren eigenen Absatz von LDPE gemacht hatte .

43 . Unter der Überschrift "Der Fides übermittelte Erklärungen und von dieser bereitgestellte Statistiken" folgen Fragen nach dem Informationsaustausch mit der Fides für LDPE, und zwar insbesondere hinsichtlich der von der Klägerin an die Fides sowie der von dieser monatlich übermittelten Informationen .

44 . Über die Einzelheiten der verlangten Auskünfte hinaus ist es interessant festzustellen, daß der Anfang der Entscheidung, insbesondere Seite 1, im Konditional gehalten ist, während der gesamte Anhang allgemein im Indikativ steht . So wird die Klägerin gebeten anzugeben, an welchen Zusammenkünften sie "teilgenommen hat" und welche Personen sie in welcher Funktion "vertreten haben"; sie soll Kopien aller Schriftstücke vorlegen, "aus denen die angestrebten oder empfohlenen Verkaufspreise für die wichtigsten Qualitäten in den einzelnen Ländern des Gemeinsamen Marktes hervorgehen", und weiter angeben, welche Informationen sie einem oder mehreren anderen Herstellern über die Mengen von LDPE "gemacht hat", die sie produziert oder abgesetzt habe, usw .

45 . Was die an die Firma Solvay gerichtete streitige Entscheidung vom 24 . November 1987 betrifft, so genügt der Hinweis, daß die Auskünfte - abgesehen von einigen Unterschieden in den Daten und darin, daß es sich bei dem in Rede stehenden thermoplastischen Erzeugnis nicht um LDPE, sondern um PVC handelt - mit derselben Formulierung wie gegenüber der Firma CdF Chimie angefordert werden . Allerdings sind sie weniger zahlreich als im Falle der Firma CdF Chimie, obwohl die zuvor an beide Firmen gerichteten Auskunftsverlangen fast identisch waren . Dies mag darauf zurückzuführen sein, daß die Firma Solvay anders als die Firma CdF Chimie sich bereit erklärt hat, einige der zuvor verlangten Auskünfte über die Zusammenkünfte, die Preise, die Quoten und die an die Fides weitergegebenen Informationen zu erteilen .

46 . Angesichts des Wortlauts der beiden streitigen Entscheidungen ist als erstes festzustellen, daß sie die Aussage enthalten, die beiden betroffenen Firmen stuenden aufgrund von durch Nachprüfungen oder Auskunftsersuchen gesammelten Informationen in dem Verdacht, an gemäß Artikel 85 Absatz 1 verbotenen Vereinbarungen zwischen Herstellern beteiligt gewesen zu sein . Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, daß in den Entscheidungen der Vorwurf eines Verstosses gegen diese Bestimmung erhoben würde . Die Kommission hat nämlich dadurch, daß sie zur Rechtfertigung der von ihr formulierten Auskunftsverlangen den Verdacht, es lägen gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossende Vereinbarungen vor, geäussert hat, meines Erachtens nichts anderes getan, als Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung Nr . 17 zu respektieren, der sie verpflichtet, auf den Zweck ihres Verlangens hinzuweisen . In bezug auf die Nachprüfungsentscheidung, die gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr . 17 ebenfalls den Zweck der Nachprüfung bezeichnen muß, hat der Gerichtshof in seinem Urteil National Panasonic entschieden, indem die Kommission angegeben habe, sie verfolge den Zweck,

"Umstände nachzuprüfen, aus denen sich das Vorliegen eines vertragswidrigen Ausfuhrverbots ergeben könnte" ( 23 ),

habe sie ihre Entscheidung mit einer den Anforderungen der Verordnung Nr . 17 gerecht werdenden Begründung versehen . Diese Lösung ist auf den Zweck des Auskunftsverlangens zu übertragen . Indem die Kommission den Verdacht ausspricht, es liege eine Zuwiderhandlung vor, entspricht sie nur den Anforderungen des Artikels 11 Absatz 3 der Verordnung Nr . 17 hinsichtlich des Zwecks des Auskunftsverlangens . In der Äusserung des Verdachts, es lägen Vereinbarungen zwischen LDPE - oder zwischen PVC-Herstellern vor, kann daher für sich allein kein Anhaltspunkt dafür gesehen werden, daß es sich bei den streitigen Entscheidungen nicht um Auskunftsverlangen handelte .

47 . Auch der Umstand, daß der Verdacht des Vorliegens eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 überdies dahin gehend "individualisiert" ist, daß ausdrücklich die Klägerinnen verdächtigt werden, daran beteiligt gewesen zu sein, führt meines Erachtens bei den Gegebenheiten des Falles nicht zu der Annahme, daß die fraglichen Entscheidungen den Charakter von Auskunftsverlangen verlören und sich als Mitteilungen von Beschwerdepunkten entpuppten . Von dem Moment an, wo der Hinweis auf einen Verdacht, die europäischen LDPE - und PVC-Hersteller hätten gegen Artikel 85 Absatz 1 verstossen, den gesetzlichen Anforderungen entspricht, wird nach meinem Dafürhalten aus dem Auskunftsverlangen nicht allein deshalb eine Mitteilung von Beschwerdegründen, weil einem europäischen LDPE - oder PVC-Hersteller, an den ein Auskunftsverlangen gerichtet ist, formell mitgeteilt wird, daß gegen ihn der Verdacht bestehe, an der etwaigen Zuwiderhandlung, um die es geht, beteiligt gewesen zu sein . In der Verdächtigung eines Unternehmens könnte nur dann die Mitteilung von Beschwerdepunkten gesehen werden, wenn die Kommissionsentscheidung den Eindruck erweckte, als halte die Kommission aufgrund dieser Verdachtsmomente das Unternehmen der Zuwiderhandlung für überführt, ohne neue Informationen zur Untermauerung dieser Überzeugung wirklich zu benötigen . Dies ist jedoch bei den streitigen Entscheidungen nicht der Fall .

48 . Gewiß hat die Verwendung des Indikativs sogar bei der Formulierung der verlangten Auskünfte zur Folge, daß diese nach aussen hin nicht als Maßnahmen zur Klärung der Frage, ob das betroffene Unternehmen tatsächlich eine Zuwiderhandlung begangen hat, in Erscheinung treten, sondern sich so darstellen, als sollte der Umfang einer Zuwiderhandlung geklärt werden, deren Vorliegen als erwiesen gilt . Diese Formulierung halte ich denn auch für bedauerlich . Dennoch ist bei der Bewertung ihrer Konsequenzen eine gewisse Differenzierung angebracht . In der Tat meine ich, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Erhebung von Beschuldigungen, die gegenüber einem Unternehmen bereits ein gewisses Maß an Konkretisierung aufweisen, mit einem Auskunftsverlangen nicht unvereinbar sind, so daß die Formulierung dieser Beschuldigungen ein solches Verlangen nicht ausschließt .

49 . Wie ich zuvor dargelegt habe, lässt sich aus dem Urteil National Panasonic entnehmen, daß der wesentliche Unterschied zwischen Ermittlungsmaßnahmen und der Eröffnung eines Verfahrens im eigentlichen Sinne, das sodann die Mitteilung der Beschwerdepunkte erforderlich machen würde, darin zu sehen ist, daß durch die Ermittlungsmaßnahmen die Informationen erlangt werden sollen, die erforderlich sind, um

"die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen" ( 24 ),

während die Verfahrenseröffnung erst dann erfolgt, wenn die Kommission sich eine feste Meinung gebildet hat und die zusammengetragenen Beurteilungskriterien nach ihrer Auffassung die Eröffnung eines Verfahrens zulassen . Nun, wir haben es hier mit Entscheidungen zu tun, die zwar die betroffenen Unternehmen bereits einer Teilnahme an einer Zuwiderhandlung verdächtigen, von ihnen aber unbestreitbar auch zahlreiche Auskünfte verlangen . Ich meine, daß die Kommission auf diese Weise Auskünfte erlangen will, die zumindest zur Überprüfung des Umfangs der von ihr vermuteten Zuwiderhandlung geeignet sind . Da diese Auskunftsverlangen nicht unbedeutend oder gekünstelt, sondern wichtig erscheinen, kann nicht angenommen werden, daß die Kommission sich bereits eine feste Meinung gebildet hätte . Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ergeht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes erst, wenn die Kommission die zusammengetragenen Beurteilungskriterien für ausreichend hält, um das eigentliche Verfahren zu eröffnen . Das bedeutet, daß sie in diesem Stadium keine Informationen mehr zu sammeln braucht, um sich eine feste Meinung zu bilden . Der Umstand, daß Auskünfte verlangt werden, deren Relevanz offensichtlich und unbestreitbar ist, ist gerade das Zeichen dafür, daß noch nicht das Stadium erreicht ist, in dem die Kommission der Meinung ist, über ausreichende Beurteilungskriterien zu verfügen, und sei es auch nur noch hinsichtlich des Umfangs und nicht mehr hinsichtlich des tatsächlichen Vorliegens einer Zuwiderhandlung . In Umkehrung des Satzes könnten wir sagen : Die Wichtigkeit der verlangten Auskünfte steht der Annahme entgegen, daß die Kommission bereits vom Vorliegen einer Situation überzeugt wäre, die zuverlässig und unvermeidlich die Eröffnung eines Verfahrens rechtfertigte .

50 . Nach diesem Resümee brauche ich Ihnen die in den angefochtenen Entscheidungen formulierten Auskunftsverlangen nicht in allen Einzelheiten wiederzugeben . Ich meine unter diesen Umständen - welche Beschuldigungen in diesen Entscheidungen gegenüber den Klägerinnen auch ausdrücklich oder stillschweigend formuliert worden sein mögen -, daß es die objektive Bedeutung der von ihnen verlangten Auskünfte verbietet, in diesen Entscheidungen als Auskunftsverlangen getarnte Mitteilungen von Beschwerdepunkten zu sehen . Die entsprechenden Klagegründe sollten daher zurückgewiesen werden .

III - Zu der Frage, ob von der Befugnis, Auskünfte zu verlangen, in rechtswidriger Weise Gebrauch gemacht worden ist

51 . Wir sollten nunmehr eine Reihe von Argumenten der Firma CdF Chimie prüfen . Im Rahmen ihres ersten Hilfsvorbringens, das global auf eine Verletzung der Verordnung Nr . 17 und der fundamentalen Grundsätze der Verteidigungsrechte gestützt ist, macht sie geltend, die Kommission könne weder Informationen noch die Übergabe von Schriftstücken verlangen, die wesens - und umfangmässig keine Auskünfte im Sinne von Artikel 11 der Verordnung Nr . 17 darstellten . Mit der streitigen Entscheidung verlange die Kommission keine Auskünfte, sondern versuche unter Umkehrung des normalen Gangs des Untersuchungsverfahrens, Schriftstücke und Informationen zu erlangen . Zwar könne die Kommission nach Artikel 11 alle erforderlichen Auskünfte einholen; hingegen verkenne sie diese Bestimmung völlig, wenn sie meine, die Unternehmen zwingen zu können, selbst diese Aufgabe zu erfuellen . Wenn schließlich wie im vorliegenden Fall das Auskunftsverlangen im Anschluß an eine gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr . 17 durchgeführte Nachprüfung ergehe, müsse es auf Klarstellungen zu einzelnen Punkten, die nicht ordnungsgemäß aufgedeckt worden seien, gerichtet sein und dürfe keinen derartigen Umfang annehmen, daß von dem betroffenen Unternehmen letztlich verlangt werde, anstelle der Kommission komplette Unterlagen mit Beweismitteln zur Untermauerung seiner eigenen Geständnisse zusammenzustellen und das Ergebnis eigener Ermittlungen bei anderen Herstellern zu präsentieren .

52 . Ich muß Ihnen gestehen, daß mir die rechtliche Bedeutung dieses Vorbringens nicht sofort mit der gebotenen Klarheit ersichtlich war . Nach genauerer Überlegung meine ich jedoch, daß es wie folgt verstanden werden kann : Die Kommission soll nicht befugt sein, gemäß Artikel 11

1 ) Informationen zu verlangen, die das betroffene Unternehmen noch nicht besitze, sondern erst bei Dritten einholen müsste,

2 ) Schriftstücke zu verlangen, die als solche gemäß Artikel 14 angefordert werden müssten,

3 ) andere Auskünfte als Klarstellungen zu bestimmten Punkten zu verlangen, die durch eine frühere Nachprüfung nicht aufgedeckt worden seien, wenn eine solche Nachprüfung stattgefunden habe, was sehr umfangreiche Auskunftsverlangen ausschließe .

53 . Die Kommission hat hierauf entgegnet, die Verordnung Nr . 17 biete keinen Anlaß zu der Annahme, daß der Begriff "Auskünfte" Schriftstücke ausschließe, die die fraglichen Auskünfte enthielten; im übrigen schließe Artikel 11 dieser Verordnung durch die Verwendung des Ausdrucks "alle erforderlichen Auskünfte" jeden Gedanken an eine quantitative Begrenzung aus .

54 . Ich meine nicht, daß Sie sich sehr lange mit dem Vorbringen der Klägerin befassen müssen .

55 . Zunächst ist es klar, daß die Kommission von einem Unternehmen nur Informationen verlangen darf, die dieses bereits besitzt, selbst wenn es sie gegebenenfalls in eine bestimmte Form bringen muß . Das Auskunftsverlangen kann nicht darauf gerichtet sein, daß ein Unternehmen Informationen bei Dritten beschaffen muß . Es wäre daher sicherlich rechtswidrig, wenn die Kommission Informationen einholen wollte, von denen sie weiß, daß das betroffene Unternehmen sie nicht besitzt oder nicht besitzen kann . Allerdings muß diese Rechtswidrigkeit aus den objektiven Fakten resultieren und nicht nur aus Behauptungen des Unternehmens . Im vorliegenden Fall geht weder aus dem Wortlaut der streitigen Entscheidung noch anderweitig aus den Akten hervor, daß die Kommission von der Firma CdF Chimie Informationen verlangt hätte, die diese offensichtlich nicht besaß oder besitzen konnte . Auch soweit es zum Beispiel um Zusammenkünfte geht, an denen die Firma CdF Chimie nicht teilgenommen hat, werden mit der Entscheidung Auskünfte zu jeder "bekannten" ( 25 ) Zusammenkunft verlangt . Wenn kein objektiver Anhaltspunkt darauf schließen lässt, daß die Informationen bewusst von einem Unternehmen verlangt werden, das darüber nicht verfügt oder verfügen kann, so hat dieses Unternehmen den Beweis für die behauptete Rechtswidrigkeit zu führen - notfalls im Wege einer Klage vor dem Gerichtshof wegen einer Entscheidung der Kommission, mit der eine Geldbusse wegen Erteilung unzutreffender Auskünfte oder ein Zwangsgeld zur Erlangung vollständiger und richtiger Auskünfte auferlegt wurde . Solange jedoch eine derartige Rechtswidrigkeit nicht objektiv zutage tritt, kann die angefochtene Entscheidung insoweit nicht beanstandet werden .

56 . Zu der von der Klägerin bestrittenen Möglichkeit, im Wege eines Auskunftsverlangens Schriftstücke zu erlangen, ist zu bemerken : Nichts in der Verordnung Nr . 17 berechtigt zu der Annahme, daß die Nachprüfung gemäß Artikel 14 der einzige Weg zur Erlangung von Schriftstücken wäre . Wie von der Kommission zu Recht hervorgehoben worden ist, hat der Gerichtshof sich in seiner Rechtsprechung für die gegenteilige Lösung entschieden : In dem Urteil AM & S vom 18 . Mai 1982 ( 26 ) heisst es, nach den Artikeln 11 und 14 der Verordnung Nr . 17 könne die Kommission die für die Verfolgung von Verstössen gegen die Wettbewerbsregeln erforderlichen Auskünfte einholen und Nachprüfungen vornehmen; soweit der Schriftwechsel zwischen Anwalt und Mandant die Tätigkeit des Mandanten auf dem Markt zum Gegenstand habe, gehöre er zu den "in Artikel 11 und 14 genannten Unterlagen ". Der Gerichtshof hat somit mittelbar, aber ausdrücklich anerkannt, daß Schriftstücke auf der Grundlage sowohl des Artikels 11 als auch des Artikels 14 erlangt werden können . Im übrigen hatte Generalanwalt Warner in seinen Schlussanträgen in einer vorhergehenden Rechtssache diese Möglichkeit angesprochen und dargelegt,

"daß die Kommission in Artikel 11 in die Lage versetzt wird, die Mitwirkung des betroffenen Unternehmens bei der Beschaffung von Auskünften zu erlangen und erforderlichenfalls zu erzwingen, die in im Besitz des Unternehmens befindlichen Unterlagen enthalten sein können, aber nicht müssen" ( 27 ).

Ich habe dem nichts hinzuzufügen . Dieser Punkt erscheint mir hinreichend geklärt .

57 . Schließlich muß ich Ihnen gestehen : Ich habe weder in der Verordnung Nr . 17 noch in Ihrer Rechtsprechung den geringsten Anhaltspunkt dafür gefunden, daß die Kommission, wenn sie zunächst von ihrer Nachprüfungsbefugnis gemäß Artikel 14 Gebrauch gemacht hat, im Rahmen desselben Untersuchungsverfahrens deswegen in ihrer Befugnis, gemäß Artikel 11 Auskünfte zu verlangen, beschränkt wäre . Ich habe die vom Vertreter der Firma CdF Chimie in der mündlichen Verhandlung zitierten Urteile nachgelesen, darin jedoch nichts gefunden, was für die These spräche, daß ein nach einer Nachprüfung ergangenes Auskunftsverlangen nur auf die Klarstellung der bereits eingeholten Informationen gerichtet sein könnte . Die Firma CdF Chimie scheint das Urteil National Panasonic wohl etwas mißverstanden zu haben .

58 . In diesem Urteil hat der Gerichtshof ausgeführt, die beauftragten Bediensteten der Kommission könnten im Rahmen einer Nachprüfung

"Auskünfte zu besonderen konkreten Fragen verlangen ..., die sich aus den von ihnen geprüften Büchern und Geschäftsunterlagen ergeben" ( 28 ),

was bedeutet, daß die Kommissionsbediensteten im Rahmen einer Nachprüfung begrenzte Auskünfte verlangen können . Dies ist, wie in dem Urteil hervorgehoben wird, deshalb gerechtfertigt, weil vor Erlaß einer Entscheidung, mit der Auskünfte angefordert werden, stets ein einfaches Auskunftsverlangen formuliert werden muß, während eine Nachprüfungsentscheidung ergehen kann, ohne daß die Kommission zuvor versucht hat, eine Nachprüfung im Wege eines einfachen Auftrags durchzuführen . Aus diesem Grund muß die Möglichkeit, Auskünfte im Rahmen einer Nachprüfung zu verlangen, begrenzt werden, damit die Kommission nicht versucht ist, Auskünfte häufig auf diesem Weg einzuholen und sich so der Pflicht, zuvor ein einfaches Auskunftsverlangen zu formulieren, zu entziehen . Ich sehe jedoch nicht, inwieweit dadurch die Befugnis beschränkt werden sollte, bei Beachtung des zweistufigen Verfahrens gemäß Artikel 11 Auskünfte im Anschluß an eine Nachprüfung zu verlangen .

59 . Wie bereits Generalanwalt Warner in seinen vorerwähnten Schlussanträgen möchte auch ich ein zu Artikel 47 Absatz 1 EGKS-Vertrag ergangenes Urteil anführen . Nach dieser Bestimmung kann "die Hohe Behörde ... die für die Erfuellung ihrer Aufgaben notwendigen Auskünfte einholen ... (( und )) die erforderlichen Nachprüfungen vornehmen lassen ". Der Gerichtshof hat in dem Urteil vom 14 . April 1960, Acciaieria di Brescia, entschieden, durch diese Bestimmung werde

"einmal die Auskunftspflicht der Unternehmen und zum anderen der Umfang der Nachprüfungen festgestellt, die gleichzeitig erfolgen können" ( 29 ).

Der Gerichtshof hat weiter ausgeführt : Die Ansicht der Klägerin in der ihm vorliegenden Rechtssache, die Auskunfts - und die Nachprüfungsbefugnis

"seien nacheinander in zwei getrennten Stufen auszuüben und zwischen ihnen bestehe eine bestimmte Rangordnung, findet im Text des Vertrages keine Stütze" ( 30 )

und sei daher abzulehnen .

60 . Obwohl wir es vorliegend nicht mit Artikel 47 EGKS-Vertrag, sondern mit der Verordnung Nr . 17 zu tun haben, meine ich, daß auch weder diese Verordnung noch die Rechtsprechung des Gerichtshofes den Schluß auf eine "Rangordnung" oder ein Subordinationsverhältnis zwischen dem Auskunftsverlangen und der Nachprüfung zulässt . Ich schließe mich also insoweit der Kommission an, die der Meinung ist, daß diese beiden Untersuchungsinstrumente verhältnismässig unabhängig seien und daß die Kommission je nach den Erfordernissen ihrer Ermittlungen das eine oder das andere oder aber das eine und anschließend das andere einsetzen könne, ohne daß der Einsatz des einen die Möglichkeiten eines späteren Einsatzes des anderen beschränken würde .

61 . Keines der Argumente, mit denen die Firma CdF Chimie einen rechtswidrigen Gebrauch der Befugnis, Auskünfte zu verlangen, geltend macht, erscheint somit überzeugend .

IV - Zur Erforderlichkeit der verlangten Auskünfte

62 . Ich halte es nun für notwendig, zur Prüfung eines Arguments überzugehen, das die Firma CdF Chimie und die Firma Solvay übereinstimmend vorbringen und dem zufolge die mit den streitigen Entscheidungen verlangten Auskünfte nicht erforderlich im Sinne von Artikel 11 der Verordnung Nr 17 waren . Mit diesem Argument, das den zweiten Teil des Hilfsvorbringens der Firma Solvay und das zweite Argument des ersten Hilfsvorbringens der Firma CdF Chimie darstellt, kann man das dritte Argument des letztgenannten Hilfsvorbringens in Verbindung bringen, mit dem eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes geltend gemacht wird .

63 . Die Klägerinnen tragen vor, die Kommission habe Auskünfte verlangt, die nicht erforderlich gewesen seien, da sie ihnen mitgeteilt habe, daß sie über Beweismittel für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung und für ihre Beteiligung daran verfüge . Nach Artikel 11 der Verordnung Nr . 17 dürfe die Kommission jedoch nur erforderliche Auskünfte einholen . Es genüge insoweit nicht, daß die Auskünfte lediglich nützlich seien . Die Firma CdF Chimie ist ausserdem der Ansicht, die sie betreffende Entscheidung verstosse gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz, da von ihr die Vorlage von Schriftstücken und die Erteilung von Auskünften verlangt worden sei, die in keinem Verhältnis zu denjenigen gestanden hätten, über die die Kommission nach eigenem Bekunden bereits verfügt habe, wobei keine klaren Angaben gemacht worden seien, anhand deren die Erforderlichkeit des Verlangens hätte beurteilt werden können .

64 . Die Kommission entgegnet, Artikel 11 enthalte zwar tatsächlich ein Kriterium der Notwendigkeit; ihr stehe jedoch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bei der Beurteilung dieser Erforderlichkeit ein weiter Spielraum zu . Sie habe niemals behauptet, bereits Beweise für das Verschulden der Klägerinnen zu besitzen; mit den Auskunftsverlangen habe sie vielmehr ihre Untersuchung fortführen wollen, um die betroffenen Unternehmen nicht leichtfertig anzuklagen und um die Verantwortlichkeit eines jeden von ihnen eindeutig festzustellen . Es sei daher erstaunlich, daß ihr dies zum Vorwurf gemacht werde; wenn sie nämlich in Wettbewerbsverfahren anders vorginge, würde dies vom Gerichtshof wegen unzureichender Beweise beanstandet .

65 . Es trifft zu, daß von den der Kommission gemäß Artikel 11 und auch gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr . 17 übertragenen Ermittlungsbefugnissen ausdrücklich nur Gebrauch gemacht werden darf, wenn dies erforderlich ist . Die Kommission kann "von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte einholen" ( 31 ) und "bei Unternehmen und Unternehmensvereinigungen alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen" ( 32 ). Es ist ebenfalls richtig, daß der Gerichtshof bei der Beurteilung dieser Erforderlichkeit der Kommission einen weiten Spielraum zubilligt . So spricht der Gerichtshof in seinem Urteil National Panasonic im Rahmen einer Analyse des Artikels 11 von "Auskünften, die zu erlangen die Kommission für nützlich hält" ( 33 ). In dem später ergangenen Urteil AM & S hat er zu Artikel 14 Absatz 1 ausgeführt, da die Kommission die Vorlage der Schriftstücke verlangen könne,

"deren Offenlegung sie für 'erforderlich' hält, um einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages ermitteln zu können, ist es grundsätzlich Sache der Kommission selbst und nicht des betroffenen Unternehmens oder eines Dritten, sei er Sachverständiger oder Schiedsrichter, darüber zu entscheiden, ob der Kommission ein Schriftstück vorzulegen ist" ( 34 ).

66 . Die Beurteilung der Erforderlichkeit der Auskünfte oder Nachprüfungen kann jedoch nicht völlig in das Ermessen der Kommission gestellt werden . In der Lehre wurden bestimmte Kriterien der Erforderlichkeit herausgearbeitet . So meinen Thiesing, Schröter und Hochbaum, daß "die Kommission von ihren Befugnissen aus Artikel 11 nur Gebrauch machen kann, wenn und soweit dies zur Erreichung des Ziels unerläßlich erscheint, um dessen willen die Auskünfte verlangt werden ". Sie fügen hinzu, daß "von der Befugnis, Auskünfte zu verlangen, also kein Gebrauch gemacht werden darf, um Fakten zu sammeln, die der Kommission bereits bekannt oder allgemein zugänglich sind", und daß "auch Auskunftsverlangen unzulässig sind, die allein dazu dienen, der Verwaltung die Arbeit zu erleichtern ". Schließlich schreiben sie, daß "das Mittel des Auskunftsverlangens in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck stehen muß" ( 35 ). Gleichwohl kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gerichtshof, wie sich aus seiner Rechtsprechung ergibt, kontrollieren müsste, ob die durch diese Lehrmeinungen aufgestellten Regeln vollständig - "auf den Millimeter genau" - eingehalten werden . In Wirklichkeit dürfte es angesichts des Spielraums, den der Gerichtshof der Kommission bei der Beurteilung der Erforderlichkeit zuerkennt, vielmehr so sein, daß der Gerichtshof lediglich überprüft, ob die von der Kommission beschlossenen Ermittlungsmaßnahmen nicht überzogen und damit unverhältnismässig sind .

67 . In dem bereits erwähnten Urteil Acciaieria di Brescia hat der Gerichtshof zu Artikel 47 EGKS-Vertrag ausgeführt,

"daß die Notwendigkeit der von der Hohen Behörde geforderten Auskünfte sich aus der Entscheidung ergeben muß"

und daß in dieser Hinsicht

"nur der verfolgte Zweck als Maßstab dienen" könne ( 36 ).

Später hat der Gerichtshof ebenfalls im Zusammenhang mit Ermittlungsmaßnahmen der Hohen Behörde aufgrund derselben Bestimmung entschieden :

"Die Befugnisse der Hohen Behörde bei der Anwendung von Artikel 47 werden durch die Erfordernisse der Kontrolle begrenzt ". ( 37 )

Es sei Sache des Gerichtshofes,

"zu prüfen, ob die Kontrollmaßnahmen der Hohen Behörde die Grenzen des Erlaubten überschritten haben" ( 38 ).

In diesem Zusammenhang war nach Auffassung des Gerichtshofes die Forderung nach Übersendung von Stromrechnungen durch Unternehmen

"nicht übertrieben und stand auch nicht ausser Verhältnis zu dem angestrebten Ziel" ( 39 ).

68 . Was nun den EWG-Vertrag und die Verordnung Nr . 17 anbelangt, so hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit einer Nachprüfungsentscheidung ohne vorhergehenden Nachprüfungsauftrag, hinsichtlich deren ein Verstoß gegen den Verhältnismässigkeitsgrundsatz mit der Begründung geltend gemacht wurde, daß eine Nachprüfung durch Auftrag ausgereicht hätte, entschieden :

"Da die angefochtene Entscheidung der Kommission nur erlauben sollte, die für die Beurteilung einer möglichen Vertragsverletzung erforderlichen Umstände zusammenzutragen, hat die Kommission nicht ausser Verhältnis zu den angestrebten Zwecken gehandelt und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit somit nicht verletzt ." ( 40 )

69 . Unter Berücksichtigung sowohl des der Kommission zustehenden Beurteilungsspielraums als auch des Geistes der gerade zitierten Rechtsprechung scheint es mir, daß Sie die Frage der Erforderlichkeit der Auskunftsverlangen unter zwei Gesichtspunkten, die einander übrigens ergänzen, prüfen sollten . Der erste betrifft die Frage, ob der Gegenstand der Auskunftsersuchen dem angestrebten Ziel entspricht . Dies bedeutet konkret, daß sich die von der Kommission verlangten Auskünfte auf Informationen beziehen müssen, die allem Anschein nach mit der von ihr untersuchten Zuwiderhandlung im Zusammenhang stehen . Der zweite Gesichtspunkt betrifft die Frage, ob der Umfang der verlangten Auskünfte dem angestrebten Ziel entspricht . Hierbei geht es darum, daß die verlangten Auskünfte, selbst wenn sie durch die Untersuchung einer Zuwiderhandlung objektiv gerechtfertigt sind, gemessen an dem angestrebten Ziel nicht als offensichtlich - dies sei hervorgehoben - unverhältnismässig, überzogen erscheinen .

70 . Unter diesen Aspekten ist meines Erachtens zu prüfen, ob die in den streitigen Entscheidungen formulierten Auskunftsverlangen "erforderlich" im Sinne von Artikel 11 der Verordnung Nr . 17 waren .

71 . Was zunächst die Zusammenkünfte von Herstellern anbelangt, so teilt die Kommission der Firma CdF Chimie bzw . der Firma Solvay mit, die ihr vorliegenden Beweismittel zeigten, daß beide Firmen an diesen Zusammenkünften teilgenommen hätten, wobei die Firma CdF Chimie einige sogar organisiert habe . Ein solcher Ausgangspunkt schließt meines Erachtens keineswegs aus, daß, wie in den beiden streitigen Entscheidungen geschehen, Auskünfte über Ort und Datum der Zusammenkünfte, über die Identität der beteiligten Unternehmen, die Funktion der Unternehmensvertreter sowie die Benennung der Vertreter der Klägerinnen bei diesen Zusammenkünften verlangt werden . Derartige Informationen erscheinen vielmehr geeignet, zu klären, ob Tatbestandsmerkmale eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 erfuellt sind, insbesondere ob "Vereinbarungen zwischen Unternehmen" im Sinne dieser Vorschrift vorliegen . Sie können nicht von vornherein als überfluessig betrachtet werden . Vor allem hinsichtlich der Klägerinnen erscheint es keineswegs belanglos, genau zu ermessen, inwieweit sie an den Zusammenkünften beteiligt waren . Was das allein an die Firma CdF Chimie gerichtete Ersuchen um Vorlage aller Unterlagen über eine der Zusammenkünfte anbelangt, so erscheint mir der Umstand, daß sich die erbetenen Unterlagen auf die Zusammenkünfte von Herstellern beziehen, ebenfalls geeignet, zu klären, ob bestimmte Tatbestandsmerkmale eines Rechtsverstosses erfuellt sind . Im übrigen vermag ich in diesen verschiedenen Auskunftsersuchen nichts offensichtlich Unverhältnismässiges zu erkennen .

72 . Zu den Preisen erklärt die Kommission, nach den ihr vorliegenden Unterlagen sei es das Ziel der Zusammenkünfte gewesen, Preise für LDPE ( in der die Firma CdF Chimie betreffenden Entscheidung ) bzw . für PVC ( in der die Firma Solvay betreffenden Entscheidung ) festzulegen und aufrechtzuerhalten . Ich meine daher, daß die verschiedenen Fragen, die zu den Einzelheiten der Organisation der Preisinitiativen sowohl auf globaler Ebene als auch ( in der die Firma CdF Chimie betreffenden Entscheidung ) in bezug auf die unternehmensinternen Mechanismen gestellt wurden, zweifellos von Interesse für die Feststellung sind, ob ein anderes Tatbestandsmerkmal eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 erfuellt ist - bezieht sich diese Bestimmung doch auf Vereinbarungen zur "unmittelbaren oder mittelbaren Festsetzung der Preise ". Angesichts dessen scheinen mir auch diese Auskunftsverlangen in keiner Weise unverhältnismässig zu sein .

73 . Hinsichtlich der Quoten führt die Kommission an, aus den ihr vorliegenden Unterlagen gehe hervor, daß die Hersteller bei ihren Zusammenkünften Verkaufsziele für jedes einzelne Unternehmen fixiert hätten, und beschreibt das allgemeine Schema des Systems . Ich halte es keineswegs für überfluessig, zu verlangen - wie es die Kommission getan hat -, daß die Klägerinnen die Modalitäten der Festlegung der Quoten und der Kontrolle ihrer Einhaltung mitteilen und daß die Firma CdF Chimie angibt, welche Informationen über ihre LDPE-Produktion sie anderen Herstellern zukommen ließ . Dies erscheint überhaupt nicht belanglos für die Feststellung, ob Vereinbarungen zur "Aufteilung der Märkte" im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 gegeben sind . Im übrigen lassen diese Auskunftsverlangen kein offensichtliches Anzeichen einer etwaigen Unverhältnismässigkeit erkennen .

74 . Schließlich beziehen sich die Fragen, die zu den der Firma Fides übermittelten Erklärungen gestellt werden und allein die Firma CdF Chimie betreffen, auf ein System des Informationsaustauschs zwischen LDPE-Herstellern . Ein System des Informationsaustauschs zwischen Herstellern, die in dem Verdacht stehen, Preis - und Marktaufteilungsabsprachen getroffen zu haben, kann dazu beitragen, nach Artikel 85 Absatz 1 verbotene Verhaltensweisen genauer zu charakterisieren . Auch die Fragen nach einem solchen System können daher meines Erachtens nicht als überfluessig angesehen werden . Sie erscheinen mir so, wie die Kommission sie formuliert hat, auch nicht offensichtlich zu weit zu gehen .

75 . Es ist richtig, daß die Klägerinnen die ihres Erachtens fehlende Notwendigkeit der von der Kommission verlangten Auskünfte darin sehen, daß die Kommission ihnen gleichzeitig mit dem Auskunftsverlangen mitgeteilt habe, sie verfüge über Informationen, wonach die beiden Firmen an nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verbotenen abgestimmten Verhaltensweisen beteiligt gewesen seien . Dieser Umstand darf zwar nicht ausser acht gelassen werden, er ist jedoch zumindest zu relativieren . In der Tat ist daran zu erinnern, daß die Kommission durch den Hinweis, daß sie wegen eines etwaigen Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 ermittle, im Einklang mit Artikel 11 Absatz 3 der Verordnung Nr . 17 handelt, wonach auf den Zweck des Verlangens hingewiesen werden muß . Ich habe Ihnen bei der Prüfung des Vorbringens im Zusammenhang mit der "verschleierten" Mitteilung der Beschwerdepunkte dargelegt : Es ist insoweit belanglos, wenn die Kommission den Unternehmen nicht nur mitteilt, daß sie das Vorliegen eines Rechtsverstosses nachprüfen wolle, sondern auch, daß sie die Unternehmen verdächtige, daran mitgewirkt zu haben . Es kann von der Kommission unmöglich verlangt werden, keine Ermittlungsmaßnahmen gegenüber Unternehmen zu treffen, wenn ihr Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Unternehmen möglicherweise an Zuwiderhandlungen gegen Artikel 85 Absatz 1 beteiligt waren . Es ist im Gegenteil mit Thiesing, Schröter und Hochbaum anzunehmen : "Wenn die Kommission wegen eines Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln ermittelt, müssen indessen bereits bestimmte Anhaltspunkte für den Rechtsverstoß vorliegen ... Ein rein vorsorglich formuliertes Auskunftsverlangen ist nicht zulässig ." ( 41 ) Die Kommission hat im übrigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß sie Ermittlungen nur aufgrund von Anhaltspunkten aufnehme, nicht aber zwecks "Ausforschungen ".

76 . Wenn also die Kommission einem Unternehmen mitteilt, ihr lägen Anhaltspunkte für dessen Teilnahme an einem Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 vor, so ist ihr nach meinem Dafürhalten nicht allein deshalb die Möglichkeit genommen, gegen dieses Unternehmen zu ermitteln, weil derartige Maßnahmen unverhältnismässig und offensichtlich überfluessig wären . Ein solcher Schluß käme nur in Betracht, wenn die Kommission behaupten würde, Ermittlungen zu führen, obwohl sie über hinreichende Beweise verfügt, oder wenn diese Ermittlungen zu dem Zweck geführt würden, eindeutig mehr Beweise zu sammeln, als die Kommission benötigte, um Vorliegen und Umfang des Rechtsverstosses darzutun .

77 . Die Prüfung der Rechtmässigkeit der streitigen Entscheidungen kann für Sie jedoch nicht eine Beurteilung des "absoluten Beweisbedarfs" der Kommission bedeuten . Wenn in der Physik bekannt ist, daß Wasser bei 100° kocht, nicht aber bereits bei 99°, so fehlt es in dem uns beschäftigenden Bereich an ebenso genauen Bezugspunkten . Man kann in der Tat nicht a priori und mit völliger Genauigkeit bestimmen, von welchem Punkt an die Kommission überfluessige Beweise oder zu viele Beweise verlangt . Die Beurteilung des "Beweisbedarfs" ist weitgehend relativ .

78 . Ich halte auch den Hinweis für wichtig, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes die Nachprüfungen gemäß den Artikeln 11 und 14 der Verordnung Nr . 17 der Kommission ermöglichen sollen,

"die Unterlagen zusammenzustellen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen" ( 42 ).

Wie ich bei der Prüfung des Vorbringens zu der "falschen" Mitteilung der Beschwerdepunkte ausgeführt habe, darf die Kommission somit allen Elementen nachgehen, mit deren Hilfe sie gegebenenfalls das Vorliegen eines Rechtsverstosses dartun und diesen in seinem ganzen Umfang ermessen kann . Die "Erforderlichkeit" oder der "Beweisbedarf" müssen daher entsprechend bewertet werden . Ich meine also, daß die Kommission, selbst wenn sie über sichere Beweismittel für die Beteiligung des einen oder anderen Unternehmens an Handlungen, die zu einer Zuwiderhandlung im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 beitragen, verfügt, ihre Ermittlungen gegenüber allen von ihr verdächtigten Unternehmen durchführen darf, um die Zuwiderhandlung in ihrem ganzen Umfang zu beurteilen . Konkret kann die Kommission bereits Kenntnis von bestimmten Zusammenkünften von Herstellern, von der Teilnahme bestimmter Unternehmen an diesen Zusammenkünften sowie von Vereinbarungen für bestimmte Zeiträume und bestimmte Regionen gehabt haben; sie darf gleichwohl ermitteln, ob die Zuwiderhandlung grössere zeitliche und räumliche Dimensionen hat . Ich würde sogar sagen, daß dies ihre Pflicht ist, denn anderenfalls könnte sie - über ihre spezifisch "repressive" Rolle hinaus - nicht richtig die ihr durch den Vertrag übertragene allgemeinere Aufgabe erfuellen, nämlich für die Verwirklichung der Wettbewerbsregeln zu sorgen .

79 . Wenn die Kommission Ermittlungsmaßnahmen trifft, obwohl ihr Anhaltspunkte für die Begehung einer Zuwiderhandlung und bestimmte Beweise für die Beteiligung konkreter Unternehmen vorliegen, so ist dies im übrigen auch im Hinblick auf die Erfordernisse der Kontrolle gerechtfertigt, die der Gerichtshof auf die Klagen der Unternehmen ausübt, gegen die nach Feststellung eines Rechtsverstosses Geldbussen verhängt wurden . Man braucht nur einige der vom Gerichtshof in derartigen Verfahren erlassenen Urteile zu lesen, um festzustellen, daß der Gerichtshof die den Entscheidungen der Kommission zugrunde gelegten Beweise sorgfältig prüft, um zu beurteilen, ob ein Rechtsverstoß zu bejahen ist und in welchem Umfang die sanktionierten Unternehmen daran beteiligt sind .

80 . Es ist daher völlig normal, wenn die Kommission im Rahmen ihrer Ermittlungen ausreichende Beweise zusammentragen will, damit eine etwaige Entscheidung, durch die ein Rechtsverstoß festgestellt und eine Geldbusse auferlegt wird, im Hinblick auf die Anforderungen des Gemeinschaftsrechts, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Ausdruck kommen, gerechtfertigt werden kann .

81 . Berücksichtigen wir alle diese Umstände, so ist es überhaupt nicht überraschend, wenn die Kommission, der bereits bestimmte Beweise vorliegen, regelmässig Untersuchungen durchführt und dann, obwohl diese Untersuchungen offensichtlich ganz oder teilweise erfolglos waren, ein Verfahren einleitet und zu diesem Zweck Beschwerdepunkte mitteilt . Sie wird dann eben einen weniger bedeutsamen Rechtsverstoß als ursprünglich angenommen feststellen, gleichwohl aber der Ansicht sein können, daß sie über hinreichende Beweismittel verfügt, um einen Rechtsverstoß gegenüber bestimmten Unternehmen wegen bestimmter Verhaltensweisen während bestimmter Zeiträume festzustellen . Das bedeutet jedoch nicht, daß die von ihr durchgeführten Untersuchungen nicht "erforderlich" im Sinne der Verordnung Nr . 17 gewesen wären .

82 . Der von den Klägerinnen geltend gemachte Umstand, daß die Kommission, obwohl die meisten der von ihr an die Klägerinnen gerichteten Auskunftsverlangen unbeantwortet blieben, ein Verfahren gegen die Klägerinnen eröffnen und ihnen Beschwerdepunkte mitteilen konnte, beweist somit keineswegs, daß die angeforderten und nicht erhaltenen Auskünfte nicht "erforderlich" im Sinne der Verordnung Nr . 17 gewesen wären . Ein Auskunftsverlangen ist nach meinem söben dargelegten Verständnis nicht dann unverhältnismässig, wenn die Kommission nach mehr Beweisen sucht, sondern dann, wenn sie offensichtlich zu viele Beweise sammeln will . "Mehr" ist nicht "zu viel"; die Feststellung eines Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag kann auf mehr oder weniger Beweise gestützt werden, wobei "weniger Beweise" nicht bedeutet, daß die Kommission deswegen rechtswidrig gehandelt hätte, weil sie erfolglos versucht hat, "mehr Beweise" zu sammeln . Im übrigen meine ich, daß die Erforderlichkeit von Auskunftsverlangen nur a priori, nicht aber anhand der erzielten Resultate beurteilt werden kann .

83 . Die Prüfung der beiden streitigen Entscheidungen hat daher meines Erachtens nicht ergeben, daß die von den Klägerinnen verlangten Auskünfte nicht erforderlich gewesen wären, um einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 im Sinne einer optimalen Beurteilung seines Umfangs, seiner Mechanismen und seiner Auswirkungen festzustellen . Soweit die Klägerinnen also geltend machen, die angefochtenen Entscheidungen seien rechtswidrig, da die angeforderten Auskünfte nicht erforderlich gewesen seien, ist ihr Vorbringen als unbegründet zurückzuweisen . Dies gilt auch, ohne daß dieser Punkt besonders zu erörtern wäre, für die auf eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes gestützte Argumentation der Firma CdF Chimie .

V - Zu dem Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen

84 . Wir haben jetzt ein weiteres Argument, das beide Klägerinnen im wesentlichen übereinstimmend vorbringen, zu prüfen . Dieses Argument - es stellt sich als der erste und der vierte Teil des Hilfsvorbringens der Firma Solvay dar und findet sich auch in dem zweiten Hilfsvorbringen der Firma CdF Chimie - geht im Kern dahin, daß die streitigen Entscheidungen gegen den Grundsatz, wonach niemand zu einer Aussage gegen sich selbst gezwungen werden könne, verstießen .

85 . Nach Ansicht der Firma CdF Chimie stellt das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, einen allgemeinen Rechtsgrundsatz dar, der in für die Mitgliedstaaten bindenden völkerrechtlichen Verträgen und in den Rechtstraditionen dieser Staaten verankert sei . Für die Firma Solvay handelt es sich um ein grundlegendes Menschenrecht, das zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehöre, deren Wahrung der Gerichtshof unter Rückgriff auf die den Mitgliedstaaten gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen und auf völkerrechtliche Verträge sicherstelle . Die Klägerinnen tragen vor, die Tatsache, daß der Rat sich geweigert habe, das Aussageverweigerungsrecht in die Verordnung Nr . 17 aufzunehmen, binde den Gerichtshof nicht .

86 . Die Kommission entgegnet, es gebe keinen allgemeinen Grundsatz, wonach das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in Verwaltungsverfahren beachtet werden müsse, die ausschließlich gegen juristische Personen durchgeführt würden . Die Klägerinnen könnten nur dann mit ihrer Auffassung durchdringen, wenn die Verordnung selbst im Widerspruch zu der Europäischen Menschenrechtskonvention stuende; diese Frage sei aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits .

87 . Ein Punkt scheint mir vor einer Erörterung der durch das Parteivorbringen aufgeworfenen wichtigen Fragen klärungsbedürftig zu sein . Zunächst ist zu prüfen, ob die Verordnung Nr . 17 selbst ein Recht der Unternehmen normiert, Auskunftsverlangen zu negieren, wenn deren Beantwortung sie selbst belasten, d . h . die Anerkennung eines Verstosses gegen Artikel 85 bedeuten und sie den für derartige Fälle vorgesehenen Sanktionen aussetzen würde . Die Diskussion darüber, ob gemeinsame Traditionen der Mitgliedstaaten oder völkerrechtliche Verträge zu berücksichtigen sind, ist in der Tat nur dann von Interesse, wenn das Recht auf Aussageverweigerung nicht bereits durch die Verordnung Nr . 17 selbst garantiert ist .

88 . Nun, in diesem Punkt steht die Antwort ausser Zweifel . Es ist völlig sicher, daß der Rat, der die Verordnung Nr . 17 erlassen hat, den Unternehmen, an die ein Auskunftsverlangen gerichtet wird, kein Aussageverweigerungsrecht geben wollte . Dies scheint mir zunächst aus der rechtlichen Regelung des Auskunftsverlangens selbst hervorzugehen, wie sie in Artikel 11 der Verordnung Nr . 17 niedergelegt ist . Wie wäre es ansonsten verständlich, daß die Kommission gemäß den Absätzen 2 bis 4 ein Auskunftsverlangen an ein Unternehmen richten und sodann gemäß Absatz 5 durch Entscheidung die Auskünfte anfordern kann, die das Unternehmen nicht oder unvollständig erteilt hat, wenn dieses Unternehmen das Recht hätte, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen? Wie wäre dies verständlich, wo doch eine solche Entscheidung ausserdem den Hinweis auf die in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr . 17 vorgesehenen Zwangsmaßnahmen enthalten muß? Die erstgenannte Bestimmung gestattet es der Kommission bekanntlich, gegen Unternehmen eine Geldbusse festzusetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig eine Auskunft unrichtig oder nicht fristgemäß erteilen, während die Kommission nach der zweiten Bestimmung Zwangsgelder gegen Unternehmen festsetzen kann, "um sie anzuhalten ..., eine Auskunft vollständig und richtig zu erteilen, die sie in einer Entscheidung ... angefordert hat ". Derartige Zwangsmechanismen scheinen mir mit dem Gedanken eines Rechts zur Aussageverweigerung logisch unvereinbar .

89 . Übrigens dürfte auch Generalanwalt Warner in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache National Panasonic dieser Ansicht gewesen sein . Er hat nämlich erklärt,

"daß die Kommission in Artikel 11 in die Lage versetzt wird, die Mitwirkung des betroffenen Unternehmens bei der Beschaffung von Auskünften zu erlangen und erforderlichenfalls zu erzwingen" ( 43 ).

90 . Über die Frage, ob das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, zu berücksichtigen ist oder nicht, erhalten wir aus der Entstehungsgeschichte der Verordnung Nr . 17 interessante Aufschlüsse . Anläßlich der Prüfung des Verordnungsvorschlags, aus dem später die Verordnung Nr . 17 hervorging, durch das Europäische Parlament wurde im Namen des Binnenmarktausschusses von Herrn Deringer ein Bericht verfasst . Der "Deringer-Bericht" ( 44 ) enthielt unter Ziffer 121 Bemerkungen, die hier teilweise zitiert werden sollen . Zu der das Auskunftsverlangen betreffenden Bestimmung des Verordnungsvorschlags hieß es : "Diese Regelung entspricht nach Auffassung Ihres Ausschusses in mehreren Punkten nicht den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen und bringt dadurch die Verordnung in Gefahr, vom Gerichtshof aufgehoben zu werden ." ( 45 ) Und weiter : "In jedem Fall müssen auskunftspflichtige Personen das übliche Zeugnisverweigerungsrecht haben ..." ( 46 ).

91 . Auf der Grundlage dieses Berichts legte der Binnenmarktausschuß dem Parlament einen Entschließungsantrag vor, der in zahlreichen Punkten eine Änderung des ihm unterbreiteten Verordnungsvorschlags vorsah . Hinsichtlich der in einem Artikel 9 geregelten "Auskunftsverlangen" sah der Entschließungsantrag folgende Fassung vor : "Die zur Auskunft verpflichteten Personen können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen nach den nationalen Prozessordnungen zur Zeugnisverweigerung berechtigten Angehörigen oder die von ihnen vertretenen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde ." In die vom Parlament in der Sitzung vom 19 . Oktober 1961 angenommene Entschließung wurde diese Fassung aufgenommen ( 47 ). Nun, es ist bekannt, daß der Rat diese Änderung in die schließlich erlassene Verordnung nicht übernommen hat .

92 . Unter Hinweis auf diese Ereignisse sowie auf seine

"Bedenken gegen die Zulässigkeit der Auslegung einer Ratsverordnung unter Bezugnahme auf ihre Entstehungsgeschichte" ( 48 )

führte Generalanwalt Warner in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache AM & S aus :

"Der Wunsch des Rates, in den derzeitigen Artikel 11 der Verordnung keine Bestimmung aufzunehmen, wonach niemand Fragen beantworten müsse, wenn er sich durch die Antwort selbst belaste, ist verständlich : Dadurch wäre der Daseinszweck dieses Artikels entfallen, dieser zumindest weitgehend unwirksam geworden ." ( 49 )

93 . Die Entstehungsgeschichte und der unmißverständliche Kommentar Generalanwalt Warners genau zu diesem Punkt zeigen wohl ziemlich deutlich, daß der Rat im Rahmen des Artikels 11 der Verordnung Nr . 17 den Unternehmen nicht das Recht geben wollte, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen . Dieser Wille, ein solches Recht auszuschließen, wird in Wirklichkeit allgemein auch nicht ernsthaft bestritten . Die Lehre bezweifelt bisweilen, ob es vom Rat richtig war, dies zu tun, oder ob der Rat die Befugnis dazu hatte, nicht aber, daß er es getan hat . So heisst es z . B . bei Asteris Pliakos zu dem Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen : "Die gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln sehen ein solches Recht" zugunsten auskunftspflichtiger Personen "nicht vor ". In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß der Rat dem dahin gehenden Vorschlag des Parlaments nicht gefolgt sei . ( 50 )

94 . Wir haben folglich nun der Frage nachzugehen, ob sich aus der Tatsache, daß die Verordnung Nr . 17 kein Aussageverweigerungsrecht normiert, zwangsläufig ergibt, daß ein solches Recht im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht besteht . Mit anderen Worten : Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber ein solches Recht ausschließen wollte - was feststeht -, bedeutet dies, daß das Gemeinschaftsrecht insgesamt gesehen ein solches Recht nicht kennt? An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß es entgegen der Auffassung der Kommission nicht um die Prüfung eines Angriffsmittels geht, das in der mündlichen Verhandlung verspätet vorgebracht und mit dem die Nichtigkeit der Verordnung Nr . 17 geltend gemacht worden wäre . Vielmehr handelt es sich darum, ob im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft anwendbare Rechtsgrundsätze, die formell ausserhalb der Verordnung Nr . 17 angesiedelt sind, diese Verordnung nicht gewissermassen überlagern . Lassen Sie mich im übrigen hinzufügen, daß die etwaige Existenz eines gegenüber der Verordnung Nr . 17 höherrangigen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes, der das Recht anerkennt, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, nicht die Feststellung einer formellen Unwirksamkeit dieser Verordnung zur Folge hätte, da die Absicht des Rates, ein solches Recht auszuschließen, sich nicht in einer ausdrücklichen Vorschrift der Verordnung materialisiert hat . In diesem Fall stuenden wir vielmehr vor dem Problem, eine Verordnung gegebenenfalls in einer einem höherrangigen Grundsatz konformen Weise auszulegen, nicht aber vor Fragen der Unwirksamkeit .

95 . Ist es also möglich, ausserhalb der Verordnung Nr . 17 einen im Gemeinschaftsrecht anerkannten Grundsatz herauszuarbeiten, dem zufolge im Falle von Auskunftsverlangen gemäß Artikel 11 dieser Verordnung das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, anzuerkennen wäre?

96 . Die Klägerinnen haben sich in diesem Zusammenhang auf einen den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Grundsatz sowie auf völkerrechtliche Verträge, nämlich die Europäische Menschenrechtskonvention und den von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 19 . Dezember 1966 verabschiedeten Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, berufen .

97 . Zur Frage des Rechts, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, innerhalb der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten haben sich die Parteien in ihren Schriftsätzen ausführlich geäussert . Diese Äusserungen haben mir manchmal den Eindruck vermittelt, daß jeder mit Hilfe der Rechtsvergleichung nicht das gefunden hat, was er suchte, sondern das, was er finden wollte .

98 . Ich für meinen Teil würde sagen : Die Prüfung der nationalen Rechtsordnungen hat zwar einen gemeinsamen Grundsatz, wonach niemand gegen sich selbst auszusagen braucht, zutage gebracht . Es ist aber auch deutlich geworden, daß dieser Grundsatz immer mehr an Gemeinsamkeit verlor, je weiter man sich vom sogenannten klassischen Strafprozeß entfernte .

99 . Das Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, hat in Spanien, wo es in Artikel 24 der Verfassung ausdrücklich verbürgt ist, einen sehr weiten Geltungsbereich . Man nimmt an, daß dieser fundamentale Grundsatz wegen seiner allgemeinen Formulierung sowohl für natürliche als auch für juristische Personen gilt . Da der Verfassungsgerichtshof in einem Urteil von 1981 entschieden hat, daß die fundamentalen Grundsätze des Artikels 24 auch in Verwaltungsverfahren anwendbar seien, die zur Verhängung von Sanktionen führen könnten, geht man übereinstimmend davon aus, daß das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in nationalen Verwaltungsverfahren Anwendung findet, die zu Sanktionen wegen Verstössen gegen die Wettbewerbsregeln führen können .

100 . Auch in der Bundesrepublik Deutschland kann von einem weiten Geltungsbereich gesprochen werden . Zwar ist das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, anders als in Spanien nicht ausdrücklich in der Verfassung verankert, da es weder zu den Grundrechten im Sinne der Artikel 1 bis 19 des Grundgesetzes noch zu den Rechten aufgrund der Artikel 101 bis 104 des Grundgesetzes gehört . In der deutschen Gesetzgebung kommt dieses Recht jedoch sehr weitgehend zum Tragen . Insbesondere im Wettbewerbsrecht können sich natürliche Personen im Rahmen des "Verwaltungsverfahrens" wie auch des "Bußgeldverfahrens" auf diesen Grundsatz berufen, und es scheint, daß auch juristische Personen sich darauf berufen können, wenn ihnen im Rahmen des Bußgeldverfahrens die Auferlegung einer Geldbusse droht . Zweifelhaft ist offensichtlich nur, ob juristische Personen im Verwaltungsverfahren dieses Recht geltend machen können; die Rechtsprechung scheint dies nicht zuzulassen .

101 . Im Vereinigten Königreich gilt das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, gewiß hinsichtlich des klassischen Strafprozesses einschließlich der Voruntersuchung als Grundrecht . Man erinnert übrigens im Zusammenhang mit dem Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, gern an die angelsächsische Rechtstradition . Dieses Recht findet auch im Zivilprozeß allgemeine Anwendung . Es gilt sowohl für natürliche als auch für juristische Personen . Gleichwohl scheinen bestimmte Gesetze Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz zu normieren, indem sie die Beantwortung von Fragen vorschreiben, obwohl die Antwort die betroffenen Personen belasten könnte . Wenn der Gesetzgeber nicht gleichzeitig vorsieht, daß die Antworten in späteren Strafverfahren nicht als Beweis gegen die Auskunftspflichtigen verwendet werden dürfen, scheinen die Antworten als Beweismittel zulässig zu sein . Im Wettbewerbsrecht - hier haben die zuständigen Behörden, darauf sei hingewiesen, Ermittlungs -, aber keine Sanktionsbefugnisse - ist die Gesetzeslage nicht ganz einheitlich : Der Competition Act von 1980 und der Fair Trading Act von 1973 sehen Ermittlungsbefugnisse vor, die hinter dem Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, zurücktreten, während man sich nach dem Restrictive Trade Practices Act von 1976 nicht mit Erfolg auf dieses Recht berufen kann .

102 . In Irland gibt es als staatliche Sanktionen nur Strafmaßnahmen . Das Strafrecht garantiert das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, sowohl während des Prozesses als auch während des Ermittlungsverfahrens . Im Wettbewerbsrecht hat der Examiner for Restrictive Practices Orders nach dem Restrictive Practices Act von 1972 Ermittlungsbefugnisse, die es ihm gestatten, von einem Unternehmen die Erteilung aller Auskünfte zu verlangen, die er bei der Erfuellung seiner Aufgaben vernünftigerweise benötigen könnte . Wird bei Abschluß der Ermittlungen ein Strafverfahren eröffnet, so stellt sich die Frage, ob der Staatsanwalt im Prozeß die Auskünfte verwerten darf, die im Ermittlungsverfahren eingeholt wurden . Dies ist nach übereinstimmender Auffassung nicht sicher .

103 . In den Niederlanden ist das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in der Strafprozessordnung geregelt . Es gilt allgemein im Strafverfahren und in Verwaltungsverfahren, die zur Auferlegung einer Geldbusse führen können . Natürliche wie auch juristische Personen können sich darauf berufen . Im Bereich des Wettbewerbsrechts sind Zuwiderhandlungen solche strafrechtlicher Art . Nach dem Kartellgesetz besteht die Verpflichtung, der Kartellbehörde, die keine Sanktionsbefugnisse hat, Auskünfte zu erteilen . Es scheint, daß das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, nicht geltend gemacht werden kann, wenn das Auskunftsverlangen vor dem Stadium der eigentlichen Strafverfolgung an Personen gerichtet ist, gegen die noch keine Anklage erhoben wurde, daß dieses Recht jedoch geltend gemacht werden kann, wenn ein "potentieller Angeklagter" aufgefordert wird, Auskünfte zu erteilen, die in einem späteren Strafprozeß verwendet werden könnten .

104 . Im dänischen Recht ist das Recht der Parteien und der Zeugen, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, im straf - und zivilrechtlichen Bereich weitgehend anerkannt, ohne daß zwischen natürlichen und juristischen Personen differenziert würde . "Verwaltungsgesetze", insbesondere das Gesetz über Monopole und Wettbewerb, sehen vor, daß die Verwaltung beim Bürger Auskünfte einholen kann . Es scheint anerkannt zu sein, daß das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nicht gilt; nach der Lehre braucht der Bürger jedoch in bestimmten Fällen keine Auskünfte zu erteilen, wenn er als Beschuldigter anzusehen ist . Wenngleich die Auslegung des Gesetzes schwierig erscheint, geht man davon aus, daß anhand der Schwere der Verdachtsmomente bestimmt werden kann, ob ein Bürger als "Beschuldigter" zu betrachten ist .

105 . In Belgien ist das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, im strafrechtlichen Bereich zugunsten des Angeklagten oder Beschuldigten anerkannt, ohne daß es freilich im Strafverfahren untersagt wäre, ihn zu vernehmen, oder er auf sein Aussageverweigerungsrecht hingewiesen werden müsste . Solange jemand verfahrensrechtlich nicht die Eigenschaft eines Angeklagten oder Beschuldigten hat, wird er als Zeuge eidlich vernommen, wobei er die Aussage wohl nicht verweigern kann . Im Steuerrecht kann die Verwaltung unter Androhung einer steuerlichen Geldbusse alle Unterlagen oder Auskünfte einholen, um eine steuerliche Situation zu überprüfen . Im Wirtschaftsrecht übertragen mehrere Gesetze der Verwaltung weitgehende Untersuchungsbefugnisse; zu diesen Gesetzen gibt es jedoch nicht sonderlich viel Verwaltungspraxis . Obwohl sich hiernach strafbar macht, wer sich weigert, die verlangten Auskünfte zu erteilen, stellt sich somit die Frage, ob die Rechtsprechung eine Berufung auf das Aussageverweigerungsrecht nicht heute zulassen würde .

106 . In Luxemburg ist das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, für das Strafverfahren unter ähnlichen Bedingungen wie in Belgien oder in Frankreich anerkannt . Zwar wird dem Beschuldigten das Recht zu schweigen, für das kontradiktorische Untersuchungsverfahren in keiner Bestimmung ausdrücklich zuerkannt; man nimmt jedoch an, daß dieses Recht der Regelung über das Untersuchungsverfahren immanent ist . Zeugen steht ein solches Recht grundsätzlich nicht zu . Ein Gesetzentwurf, der zur Zeit der Abgeordnetenkammer vorliegt, sieht die Aufnahme einer Artikel 105 der französischen Strafprozessordnung entsprechenden Bestimmung in die Strafprozessordnung vor, wonach Personen nicht als Zeugen vernommen werden dürfen, "hinsichtlich deren schwerwiegende und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß sie sich strafbar gemacht haben ". Im Wettbewerbsrecht ist dem Wirtschaftsminister die Befugnis übertragen, gegen verbotene Kartelle vorzugehen . Eine bei ihm eingerichtete "Kommission gegen Wettbewerbsbeschränkungen" ist berechtigt, alle Auskünfte, Erklärungen, Zeugenaussagen, Unterlagen und sonstigen Informationsmittel einzuholen, die sie zur Erfuellung ihrer Aufgabe für notwendig hält . Auf Ersuchen dieser Kommission kann der Minister Beamte und sonstige Bedienstete mit den erforderlichen Ermittlungen beauftragen, wobei sie die Befugnisse gemäß den Preisvorschriften haben, und aufgrund dessen die Betroffenen und alle sonstigen möglichen Auskunftspersonen befragen können . Wer Auskünfte verweigert oder nicht fristgerecht oder bewusst unrichtig erteilt, wird mit Geld - oder Freiheitsstrafe belegt . Diese Regelung erkennt den Unternehmen, gegen die ermittelt wird, also kein Aussageverweigerungsrecht zu .

107 . In Portugal ist das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, im Strafrecht allgemein anerkannt . Im Wettbewerbsrecht ist die Lage widersprüchlich . Wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen können als "contra-ordenaçös", das heisst als Vergehen, qualifiziert und mit Geldstrafe, in schwerwiegenderen Fällen sogar mit Freiheitsstrafe belegt werden . Die Verordnung über die contra-ordenaçös sieht vor, daß auf das Verfahren die Strafprozessordnung subsidiär Anwendung findet . Die Verordnung über den Wettbewerb ermächtigt jedoch die Generaldirektion für Wettbewerb im Rahmen der Ermittlungen wegen rechtswidriger Praktiken, von den Unternehmen bestimmte Auskünfte zu verlangen, und erhebt die Verweigerung der verlangten Auskünfte zum Straftatbestand des "Ungehorsams ". Welcher dieser beiden Regelungen gebührt der Vorrang? Man mag zu der Auffassung neigen, daß die Strafprozessordnung und damit auch das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, vorgeht; dieser Eindruck kann jedoch durch keinerlei Rechtsprechung und durch keine genaue Belegstelle in der Lehre untermauert werden .

108 . In Griechenland erkennt die Strafprozessordnung Zeugen und Angeklagten das Recht zu, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen; hingegen ist dieses Recht im Rahmen der Verwaltungsuntersuchungen nicht geschützt, die von der im Handelsministerium angesiedelten Direktion zum Schutz des Wettbewerbs durchgeführt werden . Unternehmen, Unternehmensvereinigungen und andere natürliche oder juristische Personen sind verpflichtet, den Auskunftsverlangen dieser Direktion unverzueglich, vollständig und genau nachzukommen . Bei Abschluß des Untersuchungsverfahrens kann der Handelsminister Sanktionen, insbesondere Geldbussen, verhängen, wenn die Erteilung der angeforderten Auskünfte verweigert, verzögert oder erschwert wird . Strafrechtliche Sanktionen sind für den Fall vorgesehen, daß die Erteilung der verlangten Informationen verhindert wird .

109 . In Italien steht das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, nach der Strafprozessordnung dem Angeklagten zu . Die neue Strafprozessordnung, die im Oktober 1989 in Kraft treten wird, erkennt dieses Recht auch demjenigen, gegen den eine Voruntersuchung geführt wird, und ganz allgemein jedem zu, der vor der Polizei Aussagen macht, die möglicherweise Anhaltspunkte dafür enthalten, daß er sich strafbar gemacht hat . Ausserhalb des Strafrechts erscheint das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, jedoch nicht geschützt . Der Verfassungsgerichtshof hat im Bereich des Steuerrechts entschieden, daß sich der Schutz der Verteidigungsrechte nicht auf die Verwaltungstätigkeit erstrecke, mit der nachgeprüft werden solle, ob den gesetzlichen Verpflichtungen nachgekommen werde . Da es gegenwärtig in Italien kein eigentliches Wettbewerbsrecht gibt, kann festgestellt werden, daß die Finanzverwaltung aufgrund des Mehrwertsteuer - und des Einkommensteuergesetzes Geldbussen verhängen kann, wenn Steuerpflichtige die von ihnen verlangten Auskünfte verweigern oder wenn ihre Auskünfte unvollständig oder unrichtig sind .

110 . In Frankreich schließlich gesteht die Strafprozessordnung im Rahmen des Untersuchungsverfahrens jedem, der Gefahr läuft, daß gegen ihn Anklage erhoben wird, ein Recht zur Aussageverweigerung zu; für den Bereich der Voruntersuchung wird ein solches Recht freilich nicht anerkannt . Das Wettbewerbsrecht ist im wesentlichen in einer Verordnung vom 1 . Dezember 1986 geregelt, die den Bediensteten der Generaldirektion für Wettbewerb Untersuchungsbefugnisse und dem Rat für Wettbewerb, einem Verwaltungsorgan, Entscheidungsbefugnisse überträgt . Die Ermittlungsführer können sich auf Vorladung oder an Ort und Stelle sämtliche Informationen und Beweismittel beschaffen, die sie für notwendig halten . Die Ermittlungen und das Verfahren vor dem Rat für Wettbewerb sind in vollem Umfang kontradiktorisch, die Betroffenen haben jedoch die Fragen des Berichterstatters zu beantworten und ihm alle für die Sachverhaltsermittlung notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen . Wer sich in irgendeiner Weise der Amtstätigkeit der Ermittlungsführer und der Berichterstatter widersetzt, erhält Freiheits - und Geldstrafen . Man geht davon aus, daß die Verweigerung mündlicher oder schriftlicher Auskünfte derartige Strafen nach sich ziehen dürfte . In den Verwaltungsverfahren im Bereich des Wettbewerbs steht den Betroffenen offensichtlich nicht das Recht zu, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen . Lassen Sie mich abschließend darauf hinweisen, daß bei Abschluß der Ermittlungen der Rat für Wettbewerb die Abstellung der wettbewerbswidrigen Praktiken anordnen und gegebenenfalls eine Geldstrafe verhängen kann .

111 . Nach diesem kursorischen Überblick über die nationalen Regelungen drängt sich der Eindruck auf : Der Erfolg des Unterfangens, daraus einen gemeinsamen Grundsatz herauszuarbeiten, hängt davon ab, welches Rechtsgebiet in Betracht gezogen wird . Sollte ein etwaiger gemeinsamer Grundsatz im Bereich des klassischen Strafrechts aufgezeigt werden, so wäre dies ohne grössere Schwierigkeiten möglich . In der Tat lässt sich auf diesem Gebiet ohne Zweifel ein gemeinsames Prinzip ausmachen . Jede der nationalen Rechtsordnungen schützt mehr oder weniger weitgehend diejenigen Personen, die in einem Strafverfahren im engeren Sinne vernommen werden . Gewiß gibt es bedeutsame Unterschiede . Einige Rechtsordnungen erkennen das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in jedem Verfahrensstadium an, während andere den Schutz während der Voruntersuchung nicht gewähren . Einige schützen Zeugen und formell Angeklagte in gleicher Weise, andere schützen nur letztere . Keine Rechtsordnung schließt jedoch dieses Recht zugunsten der formell Angeklagten im Rahmen des eigentlichen gerichtlichen Verfahrens aus .

112 . Die Prüfung der nationalen Rechtsordnungen scheint jedoch nicht zu einer ebenso klaren Feststellung zu führen, sobald man den strafrechtlichen Rahmen im engeren Sinne verlässt und den Blick auch den Verfahren im Wettbewerbsbereich zuwendet .

113 . Wir stellen nämlich fest, daß drei Mitgliedstaaten - Griechenland, Luxemburg und Frankreich - in wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahren die Möglichkeit einer Berufung auf das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, ausschließen . Mit dieser Rechtslage vergleichbar ist der Fall Italiens, wenn man berücksichtigt, daß das fragliche Recht im Rahmen steuerlicher Ermittlungen nicht besteht; trotzdem kann nicht mit letzter Klarheit vorausgesehen werden, welches die Lösung wäre, wenn es in diesem Staat ein richtiges Wettbewerbsrecht gäbe .

114 . Im übrigen ist die Rechtslage in einer Reihe von Mitgliedstaaten etwas unklar . So sind die Schlüsse, die sich aus der Untersuchung des portugiesischen oder des belgischen Wettbewerbsrechts ziehen lassen, weitgehend spekulativ und fallen mehr in den Bereich der Lehre als in denjenigen der Beschreibung positiv-rechtlicher Lösungen .

115 . Ausserdem ergeben sich in anderen Staaten, die allgemein zwischen den Ermittlungen der Verwaltung und der Sanktionsgewalt der Gerichte im Rahmen des Strafrechts im engeren Sinne unterscheiden, Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage, wie beide Phasen miteinander zusammenhängen . So konnten wir nicht mit Sicherheit feststellen, ob in Irland die Anklagebehörde vor den Strafgerichten Informationen verwenden darf, die die Verwaltung, d . h . der Examiner for Restrictive Practices, einholen konnte . In den Niederlanden scheint das Recht, Auskunftsverlangen der Kartellbehörde zu negieren, davon abzuhängen, ob die gegen ein Unternehmen vorliegenden Verdachtsmomente so bedeutend sind, daß sich das Unternehmen in der Lage eines potentiellen Angeklagten befindet . Ähnlich ist es in Dänemark, wo die Möglichkeit, die von der Verwaltung verlangten Auskünfte nicht erteilen zu müssen, anscheinend davon abhängen soll, ob das betroffene Unternehmen wegen der Schwere der Verdachtsmomente als "Beschuldigter" angesehen werden kann .

116 . Auch die englische Gesetzeslage ist nicht einheitlich : Der Restrictive Trade Practices Act von 1976 scheint das Recht zur Aussageverweigerung nicht anzuerkennen, während die anderen Gesetze im Wettbewerbsbereich es nicht ausschließen . Es ist interessant festzustellen, daß im Vereinigten Königreich der Gesetzgeber das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, ausschließen kann .

117 . Somit verhält es sich nur in Spanien und in der Bundesrepublik Deutschland so, daß sowohl im Rahmen der Ermittlungen wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen als auch im Rahmen der entsprechenden Strafverfahren das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, anerkannt ist, wobei freilich in der Bundesrepublik Deutschland eine Ausnahme für das Verwaltungsverfahren gegenüber juristischen Personen besteht . Weiter ist festzustellen, daß in dem letzteren Staat in diesem Recht hinsichtlich der Unternehmen schwerlich der Ausdruck eines Grundrechts gesehen werden kann . Ich würde darin eher eine vom Gesetzgeber gewollte Ausdehnung von Garantien sehen, die nur gegenüber Einzelpersonen gegebenenfalls Grundrechtscharakter haben .

118 . Eignet sich ein solches Mosaik nationaler Lösungen für eine Synthese? Vor einigen Jahren war der Gerichtshof mit einer Rechtssache befasst, in der die Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen Rechtsanwalt und Mandant als den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamer Grundsatz geltend gemacht wurde ( 51 ). Zwei Generalanwälte hatten ihre Schlussanträge vorgetragen, bevor der Gerichtshof sein Urteil erließ . Der zweite, Sir Gordon Slynn, hatte seinen Standpunkt nach einer im Vergleich zu dem Ihnen vorliegenden Fall sehr interessanten Methode entwickelt . Er hatte zunächst hervorgehoben, daß trotz der unvermeidlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten ein Grundsatz der Vertraulichkeit der Beziehungen zwischen Anwalt und Mandant festzustellen sei, der, wenngleich er nicht in allen Mitgliedstaaten den gleichen Anwendungsbereich habe, als Grundsatz des Gemeinschaftrechts zu qualifizieren sei . Dann hatte er in einem zweiten Schritt dargelegt, die Anwendungsmodalitäten und der Geltungsbereich dieses Grundsatzes müssten im Gemeinschaftsrecht

"so ausgestaltet werden, daß eine Lösung gefunden wird, die sich unter Berücksichtigung nicht nur der jeweiligen Praxis in den verschiedenen Mitgliedstaaten, sondern auch der Interessen der Gemeinschaft und ihrer Organe, der Mitgliedstaaten und ihrer einzelnen Rechtsbürger als die beste und zweckmässigste darstellt" ( 52 ).

119 . Unter diesem Blickwinkel warf er die Frage auf, ob bei der Abwägung der verschiedenen Aspekte des öffentlichen Interesses das Recht der Mitgliedstaaten

"den Befugnissen ..., die zur Untersuchung einer angeblichen Verletzung des Wettbewerbsrechts erforderlich sind" ( 53 ),

Vorrang vor dem Schutz von "legal confidence" zwischen Rechtsanwalt und Mandant einräume . Seine Antwort lautete wie folgt :

"Ich kenne keine Vorschrift des nationalen Rechts, die bei wettbewerbsrechtlichen Ermittlungen oder Verfahren ausdrücklich alle Rechte bezueglich 'legal confidence' ausschließt ." ( 54 )

An späterer Stelle fügte er hinzu :

"Es dürfte ... ganz eindeutig keinen allgemeinen oder auch nur weitgehend anerkannten Grundsatz geben, wonach ein derartiger Schutz von 'legal confidence' in seiner bestehenden Form in Wettbewerbsangelegenheiten ausgeschlossen wäre . Man kann höchstens sagen, daß einige Fälle zweifelhaft sind; die allgemeine Regel ist, daß der Schutz bestehen bleibt ." ( 55 )

120 . Sie ahnen es bereits : Die Anwendung dieser Analysemethode auf die Frage des Rechts, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, kann nicht zu Ergebnissen führen, die in dieselbe Richtung gehen . Selbst wenn es nämlich vorstellbar erscheint, aus der Prüfung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen das Konzept eines Rechts, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, im Zusammenhang mit Strafverfahren herauszuarbeiten, lässt sich jedoch nicht sagen, daß kein Mitgliedstaat dieses Recht in Verfahren wegen Wettbewerbsverstössen ausschlösse oder daß allenfalls einige Fälle zweifelhaft wären . Drei Mitgliedstaaten ( Griechenland, Frankreich und Luxemburg ) schließen dieses Recht völlig aus, in zwei weiteren ( Belgien und Portugal ) ist die Rechtslage eher zweifelhaft, und drei weitere ( Dänemark, Irland und die Niederlande ) kennen ein System, in dem dieses Recht während der Ermittlungen zumindest so lange ausgeschlossen ist, wie die gegen die befragte Person vorliegenden Verdachtsmomente ein schwer zu definierendes Ausmaß nicht überschreiten .

121 . Soll ich Ihnen unter diesen Umständen auf der Grundlage der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen vorschlagen, als vermittelnde Lösung das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in Wettbewerbsverfahren teilweise anzuerkennen? Genauer gesagt, sollte unter Anlehnung an die in einigen Mitgliedstaaten offensichtlich bestehende Regelung festgestellt werden, daß es nach dem Gemeinschaftsrecht verboten ist, im weiteren Verlauf des Verfahrens gegen ein Unternehmen diejenigen Informationen als Beweismittel zu berücksichtigen, die bei diesem Unternehmen anläßlich der Ermittlungen eingeholt werden konnten? Eine solche Regelung wäre nur in einem System von Interesse, in dem die Ermittlungs - und die Sanktionsbefugnisse nicht ein und derselben Stelle zustehen, was im Gemeinschaftsrecht nicht der Fall ist . Erinnern wir uns im übrigen daran, daß der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7 . Juni 1983, Musique Diffusion, eine Rüge zurückgewiesen hat, mit der der Kommission die rechtswidrige Häufung von "Entscheidungs - und Anklagefunktionen" vorgeworfen wurde ( 56 ). Ich sehe daher nicht, welcher Nutzen darin läge, unter Rückgriff auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen die aufgezeigte Lösung zu bejahen .

122 . Unter diesen Umständen ist festzuhalten : Wenn die vergleichende Prüfung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen die Existenz eines allgemeinen Grundsatzes ergeben hat, wonach niemand gegen sich selbst auszusagen braucht, so hat diese Prüfung doch auch gezeigt, daß dieser Grundsatz nicht so "intensiv" ist, daß er in einem Bereich wie dem Wettbewerbsrecht nicht für unanwendbar erklärt werden könnte, gibt es doch in mehreren Mitgliedstaaten gerade in diesem Punkt abweichende gesetzliche Regelungen . Ich schließe mich insoweit Sir Gordon Slynn an, der in seinen bereits erwähnten Schlussanträgen ausgeführt hat :

"Es bleibt den Mitgliedstaaten und dem Gemeinschaftsgesetzgeber ( im Rahmen seiner Zuständigkeit ) unbenommen, den bestehenden allgemeinen Grundsatz zu modifizieren oder für unanwendbar zu erklären ." ( 57 )

Übrigens hatte Generalanwalt Warner zuvor eine ähnliche Auffassung vertreten, als er die ersten Schlussanträge in der die Vertraulichkeit des Schriftverkehrs zwischen Rechtsanwalt und Mandant betreffenden Rechtssache vortrug . Er sah darin

"ein Recht, das im Recht der zivilisierten Staaten allgemein anerkannt ist, das nicht ohne weiteres abgesprochen werden sollte, nicht jedoch ... ein derart bewährtes Recht, daß der Rat es - in der Gemeinschaft - im Wege der Rechtsetzung niemals aufheben oder ändern könnte" ( 58 ).

123 . Im vorliegenden Fall ist die Ausnahme von dem Grundsatz gerade in der Verordnung Nr . 17 vorgesehen : Der Rat wollte unter den von mir bereits dargelegten Umständen den Unternehmen nicht das Recht geben, im Verlauf der Ermittlungen Aussagen gegen sich selbst zu verweigern . Ich halte die Feststellung für wichtig, daß der Gerichtshof - indem er unter den von mir bereits dargelegten Umständen die Erforderlichkeit der verlangten Auskünfte überprüft - die Möglichkeit hat, dafür zu sorgen, daß die Kommission ihre Befugnisse nicht dadurch offensichtlich mißbraucht, daß sie die Phase der Ermittlungen künstlich verlängert .

124 . Lassen Sie mich vorsorglich hinzufügen : Der Rat scheint mir dadurch, daß er im Interesse der Ermittlungen wegen etwaiger Zuwiderhandlungen gegen die gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln von dem den Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Grundsatz, wonach niemand gegen sich selbst aussagen muß, abgewichen ist, nicht seine Befugnisse überschritten zu haben, wenn man berücksichtigt, daß die Einhaltung dieser Wettbewerbsregeln im allgemeinen Interesse der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft liegt und daß dieser allgemeine Grundsatz Anwendung findet, sobald die Beschwerdepunkte mitgeteilt werden .

125 . Die streitigen Entscheidungen verstossen meines Erachtens also nicht gegen diesen allgemeinen Grundsatz, da sie in einem Rahmen ergangen sind, in dem die Anwendung dieses Grundsatzes durch die Verordnung Nr . 17 ausgeschlossen ist .

126 . Da wir im Recht der Mitgliedstaaten keinen allgemeinen Grundsatz gefunden haben, der so "intensiv" wäre, daß die angefochtenen Entscheidungen dagegen hätten verstossen können, kann ein solcher Grundsatz in dem bereits erwähnten Internationalen Pakt der Vereinten Nationen gefunden werden? In Artikel 14 Absatz 3 dieses Pakts heisst es : "Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher Weise im Verfahren Anspruch auf folgende Mindestgarantien :

...

g)er darf nicht gezwungen werden, gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen ."

127 . Der Gerichtshof hat diesen Pakt meines Wissens noch nicht als einen der Verträge erwähnt, von denen er sich leiten lässt, um die im Gemeinschaftsrecht geltenden Grundrechte zu bestimmen; allerdings hat der Gerichtshof in diesem Zusammenhang nie auf eine abschließende Liste völkerrechtlicher Verträge Bezug genommen . Ich weiß nicht, ob der von der Kommission angeführte Umstand, daß Griechenland diesen internationalen Pakt nicht ratifiziert haben soll, Sie möglicherweise daran hindert, ihn zu berücksichtigen . In Wirklichkeit dürfte dem keine entscheidende Bedeutung zukommen, da aus der Präambel des Pakts eindeutig hervorgehen dürfte, daß dieser nur Individün - Menschen, nicht aber juristische Personen wie Unternehmen - betrifft . Im übrigen wurden weder die Materialien noch die Rechtslehre, noch die Rechtsprechung zur Begründung der Ansicht herangezogen, daß der Anwendungsbereich der in Rede stehenden Bestimmung in wettbewerbsrechtlichen Verwaltungsverfahren auch auf Unternehmen ausgedehnt werden könnte . Ich halte es daher nicht für notwendig, der Frage nachzugehen, ob der Begriff "strafbare Handlung" im Sinne des Artikels 14 Absatz 3 Buchstabe g von Ihnen - wie ich meine - eng auszulegen ist oder ob die Bezugnahme auf die Stellung eines "Angeklagten" im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nicht gegebenenfalls erst von der Mitteilung der Beschwerdepunkte an relevant wäre .

128 . Angesichts dieser Überlegungen brauchen Sie vielleicht nicht allzuviel Aufmerksamkeit auf die Frage der Unzulässigkeit zu verwenden, die die Kommission darin sieht, daß die Firma CdF Chimie erst in ihrem Erwiderungsschriftsatz die Verletzung des Pakts formell geltend gemacht hat . Nach Ansicht der Kommission handelt es sich um ein neues Angriffsmittel, das als solches gemäß Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig sei . Es trifft zu, daß die Firma CdF Chimie diese Verletzung in keinem der beiden Schriftsätze geltend gemacht hat, die von ihr vor Ablauf der Klagefrist eingereicht wurden . Dieses klägerische Angriffsmittel ist daher als unzulässig zurückzuweisen, was, falls Sie meine Meinung teilen, die Erfolgsaussichten der Klage nicht sonderlich berühren wird .

129 . Da der Verstoß der streitigen Entscheidungen gegen ein Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, sich weder als Verletzung eines den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatzes noch als Verletzung des internationalen Pakts darstellt, sind die Entscheidungen vielleicht deshalb rechtswidrig, weil sie gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen? Die Klägerinnen sind der Ansicht, daß im vorliegenden Fall insbesondere Artikel 6 der Konvention verletzt worden sei .

130 . Die Firma Solvay beruft sich insbesondere auf Artikel 6 Absätze 1 und 2 der Konvention, d . h . auf das Recht auf einen fairen Prozeß und die Unschuldsvermutung, während die Firma CdF Chimie sich insbesondere auf Absatz 3 dieses Artikels stützt, der die Rechte des Angeklagten betrifft .

131 . Beide Klägerinnen tragen im wesentlichen vor, die Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln - selbst wenn sie formell im Verwaltungswege erfolge - führe zur Anwendung des Artikels 6, der Garantien für den Bereich der Strafverfolgung vorsehe . Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes vom 21 . Februar 1984 in der Rechtssache Öztürk ( 59 ). Die Klägerinnen sind ferner der Ansicht, Artikel 6 gelte, was von unserem Gerichtshof wie auch vom Europäischen Gerichtshof in Straßburg anerkannt worden sei, sowohl für natürliche als auch für juristische Personen .

132 . Diese Argumentation veranlasst mich zu zwei Bemerkungen : 1 ) In der Europäischen Menschenrechtskonvention ist das Recht, im Strafverfahren nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, nicht formell und ausdrücklich niedergelegt . 2 ) Es gibt weder ein Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes noch eine Entscheidung der Europäischen Menschenrechtskommission, worin die Existenz dieses Rechts aus irgendeiner Bestimmung der Konvention hergeleitet worden wäre . Die Firma Solvay hat sich auf eine Entscheidung berufen, in der die genannte Kommission im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Rüge, mit der eine auf den Zwang zur Selbstbeschuldigung gestützte Verletzung des Artikels 6 Absätze 1 und 2 geltend gemacht worden sei, diese Rüge mit der Begründung zurückgewiesen habe, daß der Betroffene in Wirklichkeit weder zu einer Erklärung gezwungen noch verfolgt worden sei . Eine solche Entscheidung, mit der eine Rüge im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zurückgewiesen wird, hat keinerlei Bindungswirkung .

133 . In einer Entscheidung vom 6 . Oktober 1988 hat die Europäische Menschenrechtskommission zur Zulässigkeit einer Beschwerde ( Funke/Frankreich ) ausgeführt, diese Beschwerde werfe ihres Erachtens komplexe Probleme vor allem hinsichtlich der Frage auf, ob die dem Beschwerdeführer von der Zollverwaltung auferlegte Pflicht, "der Strafverfolgungsbehörde Unterlagen zur Verfügung zu stellen, die zu seiner Anklage verwendet werden können", "mit den Garantien eines fairen Prozesses und der Unschuldsvermutung vereinbar" sei . Sie hat hinzugefügt, die Komplexität dieser Probleme erlaube es nicht, die Beschwerde insoweit für offensichtlich unbegründet zu erklären ( 60 ). Die von der Menschenrechtskommission zu erlassende Sachentscheidung wird gewiß sehr interessant für das uns hier beschäftigende Problem sein . Beim gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung der durch die Konvention geschaffenen Instanzen ist jedoch in der These, Artikel 6 der Konvention normiere in dem einen oder anderen seiner Absätze das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, noch ausschließlich eine Lehrmeinung zu sehen .

134 . Unterstellt jedoch, Artikel 6 normiere tatsächlich dieses Recht, wäre dieses dann im Rahmen der Ermittlungen zu beachten, die wegen etwaiger Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln von einer Verwaltungsbehörde durchgeführt werden, die auch über Sanktionsbefugnisse verfügt? Es sei sofort darauf hingewiesen, daß eine solche Fragestellung für Artikel 6 Absatz 1 irrelevant ist . Diese Bestimmung stellt bekanntlich eine Reihe von Voraussetzungen für einen fairen Prozeß vor einem "unabhängigen und unparteiischen Gericht" auf . Nun, es scheint mir eindeutig aus den Urteilen Fedetab vom 29 . Oktober 1980 ( 61 ) und Musique Diffusion ( 62 ) hervorzugehen, daß Artikel 6 Absatz 1 nach Ansicht des Gerichtshofes auf Verfahren keine Anwendung findet, die die Kommission im Bereich des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft durchführt . Sir Gordon Slynn hatte in seinen Schlussanträgen in der letztgenannten Rechtssache übrigens ausgeführt, es sei seit langem anerkannt, daß die in der Konvention niedergelegten Grundrechte

"zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehören, die ohne Zweifel mutatis mutandis in Wettbewerbssachen ebenso wie in anderen Rechtssachen zu wahren sind ".

Daraus folge jedoch nicht,

"daß die Untersuchungstätigkeit der Kommission in Wettbewerbssachen ... in den Geltungsbereich von Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen Konvention fiele . In derartigen Fällen führt die Kommission kein Gerichts -, sondern ein Verwaltungsverfahren durch" ( 63 ).

In seinem Urteil Musique Diffusion hat der Gerichtshof unter Hinweis auf das Urteil Fedetab unzweideutig festgestellt, daß

"die Kommission nicht als 'Gericht' im Sinne von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention betrachtet werden (( kann ))" ( 64 ).

135 . Somit wäre nur hinsichtlich der Absätze 2 und 3 des Artikels 6 zu prüfen, ob die darin enthaltenen Garantien "mutatis mutandis" in einem Fall wie dem vorliegenden zum Tragen kommen müssen .

136 . Dies läuft auf die Frage hinaus, ob die Unschuldsvermutung gemäß Absatz 2 und die Rechte des Angeklagten gemäß Absatz 3 - angenommen, sie umfassten das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen - zugunsten eines Unternehmens Anwendung finden, gegen das die Kommission eine wettbewerbsrechtliche Untersuchung durchführt . Kann das Unternehmen in einem solchen Rahmen als "wegen einer strafbaren Handlung Angeklagter" angesehen werden? Hier stellt sich das Problem der Anwendung der in den Absätzen 2 und 3 vorgesehenen Garantien in Ordnungswidrigkeitsverfahren . Es ist richtig, daß dem bereits genannten Urteil Öztürk ein ziemlich extensives Verständnis des Begriffs des "wegen einer strafbaren Handlung Angeklagten" zugrunde zu liegen scheint . In dieser Entscheidung hat der Europäische Menschenrechtsgerichtshof ausgeführt, daß "dem Strafrecht im allgemeinen diejenigen Zuwiderhandlungen zuzurechnen sind, bei deren Begehung den Tätern Strafen drohen, die unter anderem eine abschreckende Wirkung entfalten sollen und üblicherweise in Freiheits - sowie Geldstrafen bestehen" ( 65 ). Er hat auch entschieden, daß "der allgemeine Charakter der Rechtsnorm und das mit der Sanktion verfolgte sowohl präventive als auch repressive Ziel für die Feststellung des strafrechtlichen Charakters der fraglichen Zuwiderhandlung im Sinne von Artikel 6 der Konvention" genügten ( 66 ), selbst wenn es sich im konkreten Fall um einen Ordnungswidrigkeit handele .

137 . Es scheint mir jedoch keine unverrückbare Selbstverständlichkeit zu sein, daß das Urteil Öztürk so verstanden werden müsste, daß der Begriff des "wegen einer strafbaren Handlung Angeklagten" im Sinne der Konvention auch Unternehmen erfasste, hinsichtlich deren in einem Verwaltungsverfahren festgestellt werden soll, ob sie gegen die Wettbewerbsregeln verstossen haben . Gegenstand der Prüfung in diesem Urteil war nämlich der Bereich der Übertretungen, der in der Bundesrepublik Deutschland zum klassischen Strafrecht gehört hatte, bevor er der Verwaltung "übertragen" wurde, wobei der sanktionierte Betroffene allerdings die Möglichkeit hat, sich mit einem Einspruch an das Gericht zu wenden . Der Beschwerdeführer war wegen einer Vekehrsordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt worden . Ich möchte aber hervorheben, daß der Gerichtshof in Straßburg in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich festgestellt hat, eine solche Zuwiderhandlung, wie sie dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden sei, gehöre in den weitaus meisten Vertragsstaaten weiterhin dem Strafrecht an .

138 . Ich will Sie damit verschonen, den Vergleich zwischen den nationalen wettbewerbsrechtlichen Regelungen auf alle Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention auszudehnen; es erscheint mir aber zumindest zweifelhaft, ob man a priori behaupten kann, daß die Zuwiderhandlungen in diesem Bereich allgemein dem "klassischen" Strafrecht zuzurechnen seien . Ich brauche Sie nicht an die schon mindestens kontrastreiche Übersicht über das Recht der Mitgliedstaaten unserer Gemeinschaft zu erinnern . In diesen Staaten hat das Wettbewerbsrecht weitgehend administrativen Charakter, und dies - so würde ich sagen - "von Hause aus" in dem Sinne, daß der betreffende Bereich von Anfang an nicht strafrechtlicher Art war . Es erscheint mir daher keineswegs gewiß, daß der Gerichtshof in Straßburg in bezug auf Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln genau so argumentieren würde wie in der Rechtssache Öztürk .

139 . Schließlich möchte ich vor allem nicht versäumen, daran zu erinnern : Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes besteht die Existenz im Gemeinschaftsrecht anerkannter Grundrechte, die aus der Europäischen Menschenrechtskonvention hergeleitet wurden, nicht in der blossen Anwendung dieser Konvention in ihrer Auslegung durch die Organe in Straßburg . In seinem Urteil Nold vom 14 . Mai 1974 ( 67 ), das durch das Urteil Hauer vom 13 . Dezember 1979 ( 68 ) bestätigt wurde, hat der Gerichtshof entschieden, daß bei der Wahrnehmung seiner Aufgabe, den Schutz der Grundrechte zu gewährleisten, die Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sind,

"die internationalen Verträge über den Schutz der Menschenrechte, an deren Abschluß die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind, ... Hinweise geben (( können )), die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen sind" ( 69 ).

Maßgebende Kommentatoren der Rechtsprechung des Gerichtshofes weisen übrigens darauf hin, daß dessen Haltung gegenüber der Europäischen Menschenrechtskonvention meistens darin bestehe, "sie nur als reinen Beleg heranzuziehen", selbst wenn er "auf diesem Weg so weit wie möglich" gehe und dabei "unmittelbar oder mittelbar seine eigene Auslegung der Konvention" vornehme ( 70 ).

140 . Der Gerichtshof könnte also Bestimmungen der Konvention in einer Weise auslegen, die sich mit der Auslegung durch die Organe in Straßburg, insbesondere den Menschenrechtsgerichtshof, nicht vollständig deckt . Er ist in dem Sinne frei, daß er hinsichtlich der Grundrechte des Gemeinschaftsrechts den Inhalt der von diesen Organen vorgenommenen Auslegungen der Konvention nicht systematisch zu berücksichtigen hat . Der Gerichtshof scheint mir a fortiori in der vorliegenden Fallkonstellation um so freier zu sein, als keine authentische Auslegung der Konvention vorliegt, aus der hervorginge, daß Artikel 6 Absätze 2 und 3 auf Übertretungen im Bereich des Wettbewerbsrechts Anwendung fände oder daß diese Bestimmungen das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, in diesem Bereich begründeten .

141 . Ich meine daher, daß die Bedeutung, die Sie Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Konvention im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits beimessen sollten, eher darin liegen muß, den Positionen Rechnung zu tragen, die der Gerichtshof bezueglich der Anwendung von Grundrechten im Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft bereits eingenommen hat, als aus der Position des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in der Rechtssache Öztürk Schlüsse ziehen zu wollen .

142 . Nun, die Positionen des Gerichtshofes erscheinen sehr klar . In dem bereits zitierten Urteil Hoffmann-La Roche hat er entschieden :

"Die Gewährung des rechtlichen Gehörs stellt in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbussen oder zu Zwangsgeldern führen können, einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muß ." ( 71 )

In dem Urteil National Panasonic hat der Gerichtshof sodann innerhalb der von der Kommission durchgeführten wettbewerbsrechtlichen Verfahren differenziert zwischen der Untersuchungsphase, die es der Kommission ermöglicht,

"die Unterlagen zusammenzustellen, die erforderlich sind, um die Richtigkeit und die Tragweite einer bestimmten Sach - und Rechtslage zu überprüfen" ( 72 ),

und der mit der Mitteilung der Beschwerdepunkte beginnenden Phase, die die Eröffnung eines Verfahrens im Sinne der Verordnung Nr . 99/63 bedeutet . Diese letztere Phase beginnt erst, wenn die im Verlauf der Untersuchung zusammengetragenen Beurteilungskriterien dies nach Auffassung der Kommission rechtfertigen . Der Gerichtshof hat ausgeführt, der "Wesensunterschied" ( 73 ) zwischen den im Verlauf der Untersuchung getroffenen Entscheidungen und den Entscheidungen am Ende eines Verfahrens im eigentlichen Sinne sei der Grund dafür, daß die Verordnung Nr . 17 die Rechte der Verteidigung nicht in gleichem Umfang für beide Phasen garantiere . Für das Recht zur Aussageverweigerung heisst dies konkret, daß es gemäß der Verordnung Nr . 17 vor Eröffnung des Verfahrens ausgeschlossen ist, während es von dieser Eröffnung an Anwendung finden dürfte . Das Unternehmen hat dann einen Anspruch auf rechtliches Gehör, ist jedoch nicht mehr verpflichtet, Auskünfte zu erteilen .

143 . Die Positionen des Gerichtshofes dürften zu der Annahme berechtigen, daß nach der Vorstellung, die er von dem Gleichgewicht zwischen den Rechten der Verteidigung und den Befugnissen der Kommission hat, die Situation, in der ein Unternehmen eine Aussage gegen sich selbst erst verweigern darf, wenn die Kommission ihm mitgeteilt hat, welche Verstösse gegen die Wettbewerbsregeln sie ihm vorwirft, keine Verletzung der Unschuldsvermutung oder der Rechte des Angeklagten im Sinne von Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention zur Folge hat, vorausgesetzt, daß diese Bestimmungen in dem betreffenden Bereich überhaupt einschlägig sind . Diese Situation ist aber genau diejenige, die das Gemeinschaftsrecht normiert . In der Tat steht es nach meinem Dafürhalten völlig im Einklang mit den fraglichen Bestimmungen der Konvention - die, wie gesagt, einen "Angeklagten" betreffen -, wenn ein Unternehmen, gegen das die Kommission im Rahmen der Verordnung Nr . 17 vorgeht, erst nach der Mitteilung der Beschwerdepunkte als "Angeklagter" im Sinne der Konvention angesehen wird . Vor dieser Mitteilung wäre es kein "Angeklagter", und die Absätze 2 und 3 kämen in diesem Stadium nicht zur Anwendung . Eine solche Sichtweise erscheint mir übrigens durchaus vereinbar mit der allgemeinen Definition des Begriffs "Anklage" im Sinne des Artikels 6 als "die durch die zuständige Behörde erfolgte offizielle Mitteilung des Vorwurfs, eine strafbare Handlung begangen zu haben", wie sie der Gerichtshof in Straßburg vorgenommen und in dem Urteil Öztürk bestätigt hat ( 74 ).

144 . Unter diesen Umständen bin ich der Meinung, daß die streitigen Entscheidungen nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstossen haben, vorausgesetzt, daß diese das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, überhaupt verbürgt .

145 . Sie werden bemerkt haben, daß ich mich nicht zu der Frage geäussert habe, ob die von den Klägerinnen geltend gemachten Bestimmungen auf juristische Personen anwendbar sind . Tatsächlich bin ich der Ansicht, daß dieser Punkt hier nicht wirklich problematisch ist . Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat in seinem Urteil Agosi vom 24 . Oktober 1986 ( 75 ) die Beschwerde einer deutschen Gesellschaft als unbegründet zurückgewiesen, die unter anderem auf Artikel 6 Absatz 2 der Konvention gestützt war . Unser Gerichtshof wiederum hat in dem bereits genannten Urteil Acciaieria di Brescia auf den Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung abgehoben, obwohl er es mit einem Unternehmen der Stahlindustrie zu tun hatte . Dieser Grundsatz ist in Artikel 8 der Konvention aufgegriffen . Im Zusammenhang mit dieser Bestimmung hat der Gerichtshof in seinem Urteil National Panasonic eine Rüge, mit der ein Unternehmen geltend machte, diese Bestimmung sei durch eine Nachprüfungsentscheidung gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr . 17 verletzt worden, in der Sache geprüft . Trotz der zurückhaltenden Formulierung in diesem Urteil - Artikel 8 wird angesprochen, "soweit er für juristische Personen gilt" - scheint es mir die Tendenz Ihrer Rechtsprechung zu sein, die Berücksichtigung der Konvention gegenüber Unternehmen im Wettbewerbsrecht nicht allein deshalb auszuschließen, weil es sich um juristische Personen handelte .

146 . Zur Frage des Rechts, gegen sich selbst auszusagen, möchte ich eine letzte Bemerkung machen, zu der mich bestimmte Argumente veranlassen, die in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden . Die Vertreter der Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung ihre Vorstellung von dem Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, offensichtlich in dem Sinne präzisiert, daß es sich nicht um ein uneingeschränktes Recht handele . Dieses Recht könne geltend gemacht werden, wenn die Kommission Auskünfte verlange, ohne die ihr bereits vorliegenden Anhaltspunkte aufzudecken . Mit anderen Worten, um die Unternehmen zu einer Antwort zwingen zu können, dürfe die Kommission sie nur auf der Grundlage von Anhaltspunkten befragen, die sie ihnen mitteile . Dieser - gegenüber den schriftsätzlichen Äusserungen neue - Problemansatz verblüfft . Das Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, auf das in den Klageschriften abgestellt wurde, ist, sofern es eingreift, an keine Bedingung geknüpft . Die "gemässigte Lösung", die Ihnen in der mündlichen Verhandlung vorgeschlagen wurde, hat nicht mehr viel mit diesem Recht zu tun .

147 . In Wirklichkeit zielt die Konzeption, die die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung auf bestimmte Fragen dargelegt haben, erneut gewissermassen auf ein "Vorziehen" der Mitteilung der Beschwerdepunkte ab, anläßlich deren die Kommission dem Unternehmen die den Beschwerdepunkten zugrundeliegenden Beweismittel nennt . Ich verstehe durchaus, daß die Unternehmen hieran sehr interessiert wären; dies scheint mir jedoch durch die Verordnung Nr . 17 ausgeschlossen zu sein, die die Kommission erst nach Abschluß der Untersuchung zur Offenlegung ihrer Anhaltspunkte verpflichtet . Ich vermag nicht zu erkennen, inwieweit diese Regelung gegen Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Europäischen Konvention verstossen sollte, vorausgesetzt, daß diese Bestimmungen einschlägig sind . Wenn jeder Angeklagte das Recht hat, "unverzueglich ... über die Art und den Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung in Kenntnis gesetzt zu werden" ( 76 ), so ist doch eine Ermittlungsmaßnahme wie ein Auskunftsverlangen keine Beschuldigung . Eine solche ist im Rahmen der Verordnung Nr . 17 die Mitteilung der Beschwerdepunkte, wobei die Kommission gerade offenlegt, was sie in die Lage versetzt hat, diese Punkte zu formulieren .

148 . Ich sehe daher nicht, inwieweit die Tatsache, daß die Kommission von einem Unternehmen Auskünfte anfordert, ohne die ihr vorliegenden Anhaltspunkte preiszugeben, gegen irgendeinen Grundsatz der Konvention verstossen sollte, da es sich bei dem Unternehmen noch nicht formell um einen "Angeklagten" handelt .

149 . Nach alledem komme ich zu dem Ergebnis, daß die streitigen Entscheidungen kein Recht zur Aussageverweigerung verletzt haben .

VI - Zu der zugunsten der CdF Chimie sprechenden Unschuldsvermutung und zu den dieser Firma zustehenden Rechten eines Angeklagten

150 . Wir haben nun den vierten Klagegrund bzw . das dritte Hilfsvorbringen der Firma CdF Chimie zu prüfen . Diese hat geltend gemacht, die Kommission habe dadurch den Vertrag und die vor allem in der Europäischen Konvention verbürgten Grundrechte verletzt, daß sie weder die Unschuldsvermutung, die zugunsten der Klägerin bestehe, noch die Rechte, die der Klägerin als Angeklagter zustuenden, beachtet habe . Erneut wird Artikel 6 Absätze 2 und 3 der Konvention angeführt, aber nicht mehr im Hinblick auf das spezifische Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen . Es scheint mir, daß ich in meinen Schlussanträgen diese Argumente bereits weitgehend behandelt habe, so daß ich mich kurz fassen kann .

151 . In Wirklichkeit wendet sich die Firma CdF Chimie erneut dagegen, daß die Kommission von ihr Auskünfte angefordert und ihr zugleich erklärt hat, über Anhaltspunkte für ihre Teilnahme an einer Zuwiderhandlung zu verfügen . Dies verstosse gegen die für sie sprechende Unschuldsvermutung . Wenn die Kommission von der Teilnahme an einer Zuwiderhandlung überzeugt sei, müssten der betroffenen Firma die Rechte eines Angeklagten zustehen; das bedeute, daß sie sich weigern könne, bei der Anklage mitzuwirken, die gegen sie erhoben werde . Dazu möchte ich lediglich bemerken : Die Bedeutung der durch die streitige Entscheidung angeforderten Auskünfte lässt erkennen, daß die Kommission, selbst wenn sie einen auf Indizien beruhenden Verdacht hatte, sich noch nicht endgültig schlüssig war hinsichtlich der Täterschaft der Firma CdF Chimie oder hinsichtlich der konkreten Handlungen, die sie ihr vorwerfen konnte . Übrigens bin ich gerade deshalb zu der Auffassung gelangt, daß die angeforderten Auskünfte erforderlich waren . Die zugunsten der Firma CdF Chimie bestehende Unschuldsvermutung scheint mir daher im vorliegenden Fall nicht verletzt worden zu sein .

152 . Was die Rechte im Zusammenhang mit der Situation eines Angeklagten betrifft, so beschränke ich mich auf folgenden Hinweis : Vorausgesetzt, daß die Situation, in der sich Unternehmen nach dem Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft befinden, in den Geltungsbereich von Artikel 6 Absatz 3 der Konvention fällt, könnte ein Unternehmen erst von dem Zeitpunkt an als Angeklagter betrachtet werden, wo die Kommission ihm Beschwerdepunkte mitteilt . Die Entscheidungen, durch die - vor einer etwaigen Mitteilung der Beschwerdepunkte - Auskünfte angefordert werden, sind nicht an ein "angeklagtes Unternehmen" gerichtet .

153 . Meines Erachtens greift daher der Klagegrund nicht durch .

VII - Zu der Frage einer Umkehr der Beweislast

154 . In dem Stadium, das wir bei der Prüfung der Klagen inzwischen erreicht haben, nehmen die Vorschläge, die ich zur Behandlung einer Reihe von Argumenten oder Klagegründen gemacht habe, einem letzten Argument meines Erachtens jede Bedeutung . Ich meine das Vorbringen, mit dem die Firma Solvay mit dem dritten Teil ihres zweiten Klagegrunds bzw . mit ihrem ersten Hilfsvorbringen und die Firma CdF Chimie mit dem zweiten Teil ihres dritten Klagegrunds bzw . mit ihrem zweiten Hilfsvorbringen eine Umkehr der Beweislast geltend machen . Da die Kommission von den beiden Firmen Auskünfte angefordert hat, die für die Feststellung, daß sie Zuwiderhandlungen begangen hatten, tatsächlich erforderlich waren, und da sie dies ohne Verstoß gegen ein angebliches Recht, nicht gegen sich selbst aussagen zu müssen, tun durfte, erscheint mir die Behauptung, die Kommission habe durch ihre Entscheidungen die Beweislast umgekehrt, zwangsläufig unbegründet . Um diesen Punkt hinsichtlich der Klage der Firma CdF Chimie, die ihre Kritik in einen Ermessens - und einen Verfahrensmißbrauch aufgliedert, genauer zu fassen, ist festzustellen, daß die Kommission von dem ihr nach dem Gemeinschaftsrecht zustehenden Ermessen, "erforderliche" Auskünfte anzufordern, Gebrauch gemacht hat, um Informationen einzuholen, die tatsächlich als solche anzusehen sind, und daß sie folglich ihr Ermessen nicht mißbraucht hat; ausserdem ist festzustellen, daß sie keine verschleierte Mitteilung der Beschwerdepunkte vorgenommen und somit keinen Verfahrensmißbrauch wegen Missachtung der für eine solche Mitteilung vorgesehenen Garantien begangen hat .

VIII - Schlußbemerkungen und Anträge

155 . Bevor ich einen Schlusspunkt unter diese Schlussanträge setze, möchte ich Ihnen noch eine Überlegung vortragen . Artikel 11 soll, so hört man häufig, im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Ermittlungen eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Kommission herbeiführen . Wenn die beiden Klagen, mit denen Sie vorliegend befasst sind, als repräsentativ für die allgemeine Einstellung der Unternehmen gegenüber den Untersuchungen durch die Kommission anzusehen sein sollten, könnte man fragen, ob es nicht etwas naiv ist, noch von Zusammenarbeit oder Kooperation zwischen Unternehmen und Kommission in Wettbewerbsverfahren sprechen zu wollen . Es ist richtig, daß abstrakt gesehen die Auffassung intellektuell vertretbar ist, die Beziehungen zwischen der Kommission und einem Unternehmen, das in dem Verdacht steht, gegen die gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln verstossen zu haben, müssten unter Rückgriff auf das Strafverfahren, insbesondere dasjenige angelsächsischer Art, aufgefasst werden . Diese wäre dann der Übergang von einer Logik zumindest partieller Zusammenarbeit zu einer Logik der Konfrontation . Es scheint mir jedoch auch, daß in einem solchen Kontext die Rolle der Kommission und somit das Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft nur dann ein Mindestmaß an Effektivität aufweist, wenn der Kommission weitgehende Untersuchungsbefugnisse zustehen . Das bedeutet : Wenn der Kommission aus dem einen oder anderen Grund das Recht genommen würde, Auskünfte anzufordern oder sie mit Aussicht auf Erfolg anzufordern, müsste sie fast systematisch auf einschneidendere Zwangsmaßnahmen zurückgreifen . Würden die Unternehmen darin eine Verbesserung gegenüber der gegenwärtigen Situation sehen? Ich stelle die Frage .

156 . Abschließend beantrage ich,

- die Klagen abzuweisen,

- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen .

(*) Originalsprache : Französisch .

( 1 ) Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages ( ABl . Nr . 13 vom 21.2.1962, S . 204 ).

( 2 ) Verfahren IV/31.866 - LDPE .

( 3 ) Verfahren IV/31.865 - PVC .

( 4 ) Entscheidung 89/191/EWG ( ABl . L 74 vom 17.3.1989, S . 21 ) und Entscheidung 89/190/EWG ( a . a . O ., S . 1 ).

( 5 ) Angefochtene Entscheidung betreffend CdF Chimie SA, S . 2 .

( 6 ) Angefochtene Entscheidung betreffend Solvay, S . 2 .

( 7 ) Rechtssache 136/79, Slg . 1980, 2033, Randnr . 5 .

( 8 ) Rechtssache 48/69, Slg . 1972, 619, Randnrn . 136 bis 141 .

( 9 ) Urteil vom 21 . Februar 1973 in der Rechtssache 6/72, Continental Can, Slg . 1973, 215, Randnr . 15 .

( 10 ) Urteil vom 12 . Juli 1979 in den verbundenen Rechtssachen 32 und 36 bis 82/78, BMW, Slg . 1979, 2435, Randnr . 24 .

( 11 ) Rechtssache 8/56, Slg . 1957, 189, 200 .

( 12 ) Rechtssache 48/69, a . a . O ., Randnrn . 39 bis 43 .

( 13 ) Rechtssache 6/72, a . a . O ., Randnr . 10 .

( 14 ) Verordnung vom 25 . Juli 1963 über die Anhörung nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr . 17 des Rates ( ABl . 127 vom 20.8.1963, S . 2268 ).

( 15 ) Verordnung Nr . 17, Artikel 3 Absatz 1 .

( 16 ) Ibidem, Artikel 15 Absatz 2 .

( 17 ) Rechtssache 85/76, Slg . 1979, 461, Randnr . 11 .

( 18 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 21 .

( 19 ) Rechtssache 85/76, a . a . O ., Randnr . 10 .

( 20 ) S . 242, Bruylant éditeur, Brüssel, 1987 .

( 21 ) Entscheidung vom 9 . November 1987, S . 1, zweite Begründungserwägung .

( 22 ) Ibidem, dritte Begründungserwägung .

( 23 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 26 .

( 24 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 21 .

( 25 ) Anhang zur Entscheidung, Rubrik I, Frage 4 .

( 26 ) Rechtssache 155/79, Slg . 1982, 1575, Randnr . 16 .

( 27 ) Rechtssache 136/79, National Panasonic, a . a . O ., S . 2066 .

( 28 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 15 .

( 29 ) Rechtssache 31/59, Slg . 1960, 159, 179 .

( 30 ) Ibidem, S . 180 .

( 31 ) Artikel 11 Absatz 1 .

( 32 ) Artikel 14 Absatz 1 .

( 33 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 13 .

( 34 ) Rechtssache 155/79, a . a . O ., Randnr . 17 .

( 35 ) Les ententes et les positions dominantes dans le droit de la CEE . Commentaire des articles 85 à 90 du traité CEE et de leurs textes d' application, éd . Jupiter, éd . de Navarre, Paris, 1977, S . 494 bis 495 .

( 36 ) Rechtssache 31/59, a . a . O ., S . 181 .

( 37 ) Urteil vom 14 . Dezember 1962 in den verbundenen Rechtssachen 5 bis 11 und 13 bis 15/62, Acciaierie San Michele u . a./Hohe Behörde, Slg . 1962, 917, 942 .

( 38 ) Ibidem, S . 944 .

( 39 ) Ibidem .

( 40 ) Rechtssache 136/79, National Panasonic, a . a . O ., Randnr . 30 .

( 41 ) A . a . O ., S . 493, siehe Nachweise unter Fußnote 35 .

( 42 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 21 .

( 43 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., S . 2066 .

( 44 ) Dokument 57 vom 7 . September 1961, Europäisches Parlament .

( 45 ) Ibidem, S . 29 .

( 46 ) Ibidem .

( 47 ) ABl . vom 15.11.1961, S . 1406 .

( 48 ) Rechtssache 155/79, a . a . O ., S . 1621 .

( 49 ) Ibidem .

( 50 ) A . a . O ., S . 38 und 287 bis 293, siehe oben Fußnote 20 .

( 51 ) Rechtssache 155/79, a . a . O .

( 52 ) Ibidem, S . 1654 .

( 53 ) Ibidem, S . 1656 .

( 54 ) Ibidem .

( 55 ) A . a . O ., S . 1658 .

( 56 ) Verbundene Rechtssachen 100 bis 103/80, Slg . 1983, 1825, Randnrn . 6 bis 11 .

( 57 ) Rechtssache 155/79, a . a . O ., S . 1650 .

( 58 ) Ibidem, S . 1636 f .

( 59 ) Publications de la Cour européenne des droits de l' homme, Serie A, Band 73 .

( 60 ) Requête Nr . 10828/84 .

( 61 ) Verbundene Rechtssachen 209 bis 215 und 218/78, Slg . 1980, 3125 .

( 62 ) Verbudnene Rechtssachen 100 bis 103/80, a . a . O .

( 63 ) Verbundene Rechtssachen 100 bis 103/80, a . a . O ., S . 1920 .

( 64 ) Verbundene Rechtssachen 100 bis 103/80, a . a . O ., Randnr . 7 .

( 65 ) Urteil, a . a . O ., ( siehe Fußnote 59 ), S . 20, Randnr . 53 .

( 66 ) Ibidem .

( 67 ) Rechtssache 4/73, Slg . 1974, 491 .

( 68 ) Rechtssache 44/79, Slg . 1979, 3727 .

( 69 ) Rechtssache 4/73, Randnr . 13, und Rechtssache 44/79, Randnr . 15 .

( 70 ) Boulouis, J ., und Chevallier, R.-M .: Grands arrêts de la CJCE, 4 . Auflage, 1987, Band 1, S . 105 f .

( 71 ) Rechtssache 85/76, a . a . O ., Randnr . 9 .

( 72 ) Rechtssache 136/79, a . a . O ., Randnr . 21 .

( 73 ) Ibidem .

( 74 ) Urteil, a . a . O ., S . 21, Randnr . 55 .

( 75 ) Publications de la Cour européenne des droits de l' homme, Serie A, Band 108 .

( 76 ) Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a der Konvention .

Top