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Document 61987CC0106

    Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn vom 5. Juli 1988.
    Asteris AE und andere gegen Republik Griechenland und Europäische Wirtschaftsgemeinschaft.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Polymeles Protodikeio Athinon - Griechenland.
    Urteil des Gerichtshofes - Abweisung einer Schadensersatzklage - Auswirkung auf Schadensersatzklagen vor den nationalen Gerichten.
    Verbundene Rechtssachen 106 bis 120/87.

    Sammlung der Rechtsprechung 1988 -05515

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1988:363

    61987C0106

    Schlussanträge des Generalanwalts Sir Gordon Slynn vom 5. Juli 1988. - ASTERIS AE UND ANDERE GEGEN GRIECHISCHE REPUBLIK UND EUROPAEISCHE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT. - ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VOM POLYMELES PROTODIKEIO ATHEN. - URTEIL DES GERICHTSHOFES - ABWEISUNG EINER SCHADENSERSATZKLAGE - AUSWIRKUNG AUF SCHADENSERSATZKLAGEN VOR DEN NATIONALEN GERICHTEN. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 106 BIS 120/87.

    Sammlung der Rechtsprechung 1988 Seite 05515
    Schwedische Sonderausgabe Seite 00705
    Finnische Sonderausgabe Seite 00725


    Schlußanträge des Generalanwalts


    ++++

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    Die Vorlage des Polymeles Protodikeio Athen an den Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag betrifft einmal mehr den Streit um die für die Produktionsbeihilfen für griechisches Tomatenmark festgesetzten Koeffizienten . Die Serie der bisherigen Fälle umfasst die Rechtssache 250/81 ( Greek Canners/Kommission, Slg . 1982, 3535 ), die Rechtssache 192/83 ( Griechenland/Kommission, Slg . 1985, 2791 - "die Nichtigkeitsklage 1983 "), die verbundenen Rechtssachen 194 bis 206/83 ( Asteris u . a./Kommission, Slg . 1985, 2815 - "die Schadensersatzklage ") und die verbundenen Rechssachen 97, 99, 193 und 215/86 ( Asteris u . a . und Griechische Republik/Kommission ( Urteil vom 26 . April 1988, Slg . 1988, 0000 : "die Nichtigkeitsklagen 1986 ").

    Wegen der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen verweise ich auf diese Rechtssachen, insbesondere auf meine Schlussanträge zu den Nichtigkeitsklagen 1986, sowie auf den Sitzungsbericht in der vorliegenden Rechtssache . Auf die Nichtigkeitsklage 1983 und die Schadensersatzklage wurde, obwohl der Kommission bei der Festsetzung der Koeffizienten für Griechenland für jedes Wirtschaftsjahr seit dem Beitritt Griechenlands zur Gemeinschaft bis zum Wirtschaftsjahr 1986/87 ein technischer Fehler unterlaufen war, nur die Verordnung für das Wirtschaftsjahr 1983/84 für nichtig erklärt und eine Pflicht der Kommission zum Ersatz des den Erzeugern verursachten Schadens verneint . Die Kommission erließ, um der Nichtigkeitsklage 1983 nachzukommen, die Verordnung Nr . 381/86 ( ABl . 1986, L 44, S . 10 ), die eine zusätzliche Beihilfe ausschließlich für das Wirtschaftsjahr 1983/84 vorsah . Diese Verordnung griffen die griechischen Erzeuger und die Griechische Republik mit ihren Nichtigkeitsklagen 1986 an; es scheint, daß gleichzeitig die gegenwärtig bei den nationalen Gerichten anhängigen Verfahren angestrengt wurden .

    Auf die Nichtigkeitsklagen 1986 erging das Urteil, nachdem das nationale Gericht den Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht hatte . Die Beteiligten waren jedoch in der Lage, in der mündlichen Verhandlung Erklärungen zur Bedeutung des Urteils für die vorliegende Rechtssache abzugeben .

    Mit diesem Urteil wies der Gerichtshof die Klagen als unzulässig ab, soweit nach Artikel 173 die Nichtigerklärung der Verordnung Nr . 381/86 beantragt worden war, und zwar die Klagen der Erzeuger mit der Begründung, daß die Verordnung nicht als eine sie unmittelbar und individuell betreffende Entscheidung anzusehen sei, und die Klage der griechischen Regierung mit der Begründung, daß nicht die Rechtswidrigkeit der Verordnung, sondern die Verpflichtung der Kommission geltend gemacht worden sei, andere Maßnahmen zu ergreifen, um dem Urteil auf die Nichtigkeitsklage 1983 nachzukommen .

    Die Griechische Republik hatte nämlich am 17 . April 1986 ein Schreiben an die Kommission gerichtet und sie ausdrücklich im Sinne des Artikels 175 EWG-Vertrag aufgefordert, tätig zu werden und eine zusätzliche Beihilfe für die Wirtschaftsjahre 1981/82, 1982/83, 1984/85, 1985/86 und 1986/87 festzusetzen . Die Weigerung der Kommission, der Aufforderung nachzukommen, war Anlaß der Klage der Griechischen Republik in der Rechtssache 215/86 ( sowie der Klage der Erzeuger in der Rechtssache 193/86, die für unzulässig erklärt wurde ).

    Bei der Entscheidung über diese Klage prüfte der Gerichtshof die der Kommission durch das Urteil auf die Nichtigkeitsklage 1983 auferlegten Verpflichtungen . Auf die Frage, ob der Kommission möglicherweise auch aus dem Urteil auf die Schadensersatzklage Pflichten erwachsen waren, wie die Griechische Republik geltend gemacht hatte, ging er nicht ein . Der Gerichtshof entschied, daß "Kraft der Rückwirkung von Nichtigkeitsurteilen ... die Feststellung der Rechtswidrigkeit ... ab dem Inkrafttreten der für nichtig erklärten Verordnung" wirke ( Randnr . 30 ). Um die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen im Einklang mit Artikel 176 des Vertrages zu ergreifen, hatte die Kommission mithin die Pflicht, aus den Verordnungen für die Wirtschaftsjahre nach 1983/84 die Bestimmungen zu streichen, in denen der Koeffizient in der auf die Nichtigkeitsklage 1983 für rechtswidrig erklärten Weise festgesetzt worden war . Diese Pflicht erstreckte sich indessen nicht auf die Verordnungen, die vor der Verordnung für das Wirtschaftsjahr 1983/84 ergangen waren .

    Praktisch läuft das Urteil des Gerichtshofes auf die Nichtigkeitsklagen 1986 darauf hinaus, daß die Erzeuger zu gegebener Zeit eine zusätzliche Beihilfe für die Wirtschaftsjahre 1984/85 bis 1986/87 erhalten, daß aber die Kommission gegenwärtig nicht verpflichtet ist, den ihnen durch ihre Diskriminierung in den Wirtschaftsjahren 1981/82 und 1982/83 entstandenen Schaden zu ersetzen .

    In dem nationalen Rechtsstreit beanspruchen die Erzeuger die Zahlung des Differenzbetrags zwischen der Beihilfe, die sie tatsächlich für die Wirtschaftsjahre 1981/82 bis 1983/84 erhalten haben, und dem Betrag, den sie bei richtiger Festsetzung der Koeffizienten erhalten hätten .

    Das nationale Gericht stellt folgende Fragen :

    "1 ) Sind die nationalen Gerichte eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaften für Klagen zuständig, mit denen einzelne die zuständigen nationalen Behörden auf Gewährung ihnen zustehender, wegen unrichtiger Durchführung des Gemeinschaftsrechts aber nicht gezahlter Beihilfen in Anspruch nehmen, deren Erstattung die nationalen Behörden namentlich im Rahmen der Verordnung ( EWG ) Nr . 729/70 des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik von den zuständigen Gemeinschaftsbehörden verlangen können?

    Falls diese Frage zu bejahen ist :

    2 ) Steht die Abweisung der gegen die Kommission gerichteten Klage u . a . der Klägerinnen des vorliegenden Verfahrens durch den Gerichtshof aus den im Urteil vom 19 . September 1985 ( verbundene Rechtssachen 194 bis 206/83 ) dargelegten Gründen der Erhebung einer Klage derselben Klägerinnen gegen die Griechische Republik entgegen, mit der diese den Ersatz der ihnen entgangenen Beihilfen verlangen, die sie von den zuständigen griechischen Behörden erhalten hätten, wenn letztere dies im Rahmen der Verordnung ( EWG ) Nr . 729/70 des Rates dem EAGFL gegenüber geltend gemacht hätten?

    Falls diese Frage zu verneinen ist :

    3 ) Ist die Zahlung von Schadensersatz seitens der nationalen Behörden an einzelne Inhaber von Verarbeitungsbetrieben und Empfänger von Beihilfen nach den Verordnungen ( EWG ) Nrn . 729/70 und 516/77 des Rates, soweit dadurch ein technischer Fehler der zuständigen Gemeinschaftsbehörden ausgeglichen und wiedergutgemacht werden soll, gemeinschaftsrechtlich zulässig,

    a)wenn sich die nationalen Behörden auf eine blosse Mitteilung an die zuständigen Gemeinschaftsorgane beschränken ( Artikel 92 EWG-Vertrag ), oder

    b)muß zuvor gemäß den im Rahmen der Verordnungen ( EWG ) Nrn . 729/70 und 516/77 des Rates konkretisierten und angewandten Grundsätzen des Artikels 93 EWG-Vertrag die Zustimmung der Gemeinschaftsorgane eingeholt werden?

    c ) Steht der Schadensersatzanspruch der Klägerinnen, soweit er das Wirtschaftsjahr 1983/84 betrifft, im Widerspruch zu der Verordnung ( EWG ) Nr . 381/86 der Kommission?"

    In der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof hat der Vertreter der Erzeuger erklärt, er werde den Antrag bezueglich des Wirtschaftsjahres 1983/84 fallen lassen, da nach Anrufung des nationalen Gerichts inzwischen die Verordnung ( EWG ) Nr . 381/86 erlassen worden sei .

    Es wurde ferner erklärt, daß die Kommission an dem nationalen Rechtsstreit formell nicht beteiligt sei . Sie sei von dem Rechtsstreit nur amtlich benachrichtigt worden und habe die Befugnis, vor dem nationalen Gericht Erklärungen abzugeben, wovon sie noch keinen Gebrauch gemacht habe . Bisher scheint es demnach nicht möglich zu sein, daß die Kommission von dem nationalen Gericht zur Zahlung irgendeines Betrages verurteilt werden könnte, auf den nach Meinung des Gerichts die Erzeuger Anspruch haben .

    Bei den ersten beiden Fragen scheint das nationale Gericht davon auszugehen, daß jede zusätzliche Zahlung "wegen unrichtiger Durchführung des Gemeinschaftsrechts" von den nationalen Behörden beim Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft (" Fonds ") gemäß der Verordnung Nr . 729/70 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ( ABl . 1970, L 94, S . 13, in ihrer geänderten Fassung ) zurückverlangt werden kann . Vor dem Gerichtshof wurde dieser Punkt nicht erörtert . Nach meiner Meinung muß jeder Streit um die Frage, ob die betreffenden Zahlungen zu Lasten des Fonds gehen, in einem neuen Verfahren ausgetragen werden, falls sich die Parteien nicht einigen .

    Ich prüfe nunmehr die Fragen des nationalen Gerichts; dabei gehe ich davon aus, daß das Ausgangsverfahren ausschließlich zwischen den Erzeugern und dem griechischen Staat stattfindet und nur die Wirtschaftsjahre 1981/82 und 1982/83 betrifft .

    Die Rechtsgrundlage der Klage ist nicht ganz klar . Es wird auf eine Bestimmung der griechischen Verfassung Bezug genommen, die mit dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot, wie es insbesondere in Artikel 40 Absatz 3 EWG-Vertrag zum Ausdruck kommt, praktisch identisch sein soll . Das nationale Gericht scheint diese Klage als Klage auf Ersatz des Schadens zu verstehen, der in dem Differenzbetrag zwischen der erhaltenen und der angeblich geschuldeten Beihilfe besteht . Nach Darstellung der Erzeuger zielt ihre Klage auf die Feststellung, daß die betreffenden Beträge als Erfuellung einer Zahlungspflicht und nicht als Schadensersatz geschuldet sind . Ich sehe auch nicht eindeutig, ob die Erzeuger ihre Klage im wesentlichen darauf stützen, daß die Griechische Republik nicht rechtzeitig vor dem Gerichtshof auf Nichtigerklärung der Kommissionsverordnungen für die beiden betroffenen Wirtschaftsjahre geklagt habe . Wären solche Klagen rechtzeitig erhoben worden, so hätte die Griechische Republik, wie die Nichtigkeitsklage 1983 zeigt, obsiegt . Wenn die Klage der Erzeuger darauf beruhte, wäre sie jedoch auf eine Pflichtverletzung oder auf eine ausservertragliche Haftung gestützt; dies stellen die Erzeuger aber ausdrücklich in Abrede .

    Die Klage scheint nicht in erfolgversprechender Form auf die Verletzung einer unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Gemeinschaftsrechts, die "individuelle Rechte begründet, welche die staatlichen Gerichte zu beachten haben" ( Urteil in der Rechtssache 26/62, Van Gend en Loos/Niederländische Finanzverwaltung, Slg . 1963, 1, 27 ), gestützt zu sein, obwohl sich die Verfahrensregeln und Klagemöglichkeiten nach den nationalen Rechtsordnungen bestimmen ( vgl . z . B . die Rechtsprechung zur Erstattung von gemeinschaftsrechtswidrig erhobenen Abgaben und das unlängst ergangene Urteil vom 25 . Februar 1988 in den verbundenen Rechtssachen 331, 376 und 378/85, Les Fils de Jules Blanco u . a./Directeur Général des douanes et droits indirects, sowie das Urteil vom 24 . März 1988 in der Rechtssache 104/86, Kommission/Italien, Slg . 1988, 0000 ).

    Beide Parteien haben vor dem Gerichtshof übereinstimmend die Meinung vertreten, die erste Frage betreffe ausschließlich das nationale griechische Recht . Zu dem Problem, ob es einen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts gibt, wonach ein Kaufmann, dessen Regierung eine anfechtbare Verordnung ( die der Kaufmann selbst vor dem Gerichtshof mangels eines hinreichenden Interesses nicht anfechten kann ) nicht rechtzeitig angefochten hat, durch die ihm Beträge vorenthalten wurden, die er nach Maßgabe einer gültigen Verordnung hätte erhalten müssen, diese Beträge von seiner Regierung im Wege des Schadensersatzes, aufgrund eines auf den einschlägigen Verordnungen beruhenden Zahlungsanspruchs oder in anderer Form verlangen kann, ist keinerlei Frage gestellt worden, sonst wären verschiedene Erwägungen am Platze gewesen . Da dem aber nicht so war und keinerlei Erörterung hierüber stattgefunden hat, wäre es offensichtlich unangebracht, hierzu Stellung zu nehmen .

    Die Frage, ob nach griechischem Recht der Staat für die "wegen unrichtiger Durchführung des Gemeinschaftsrechts" oder genauer : wegen richtiger Anwendung einer mit einem technischen Fehler behafteten Gemeinschaftsverordnung verursachten finanziellen Verluste einzustehen hat, ist von den griechischen Gerichten zu entscheiden . Mir scheint daher, daß die erste Frage des nationalen Gerichts keine Frage nach der Auslegung oder nach der Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht erkennen lässt, über die der Gerichtshof zu entscheiden hätte .

    Infolgedessen sollte meiner Meinung nach die zweite Frage verneint werden . Das anhängige nationale Verfahren betrifft eine andere beklagte Partei und beruht auf anderen Gründen, als es bei den Schadensersatzklagen der Fall war, auf die hin der Gerichtshof entschieden hat, daß trotz rechtswidriger Festsetzung der Koeffizienten für das Wirtschaftsjahr 1983/84 ( Randnr . 20 ), was auch für die Festsetzung der Koeffizienten durch die Verordnungen für die Wirtschaftsjahre 1981/82 und 1982/83 zu gelten hat ( Randnr . 19 ), die rechtswidrige Festsetzung "auf einem technischen Fehler beruht ((, der )) ... zwar objektiv eine Ungleichbehandlung der griechischen Erzeuger bewirkt (( hat ,)) ... jedoch nicht als schwerwiegende Verletzung einer höherrangigen Rechtsnorm oder offenkundige und erhebliche Überschreitung der Grenzen der Befugnisse der Kommission angesehen werden (( kann ))" ( Randnr . 23 ) und mithin nicht ausreichend war, um eine Schadensersatzpflicht der Kommission gemäß Artikel 215 Absatz 2 des Vertrages zu begründen .

    Nach meiner Meinung hindern weder die Klage auf Schadensersatz noch irgendeine der anderen Klagen gegen die Kommission, über die der Gerichtshof in diesem Zusammenhang entschieden hat, das nationale Gericht daran, über die Klage der Erzeuger gegen den Staat im Rahmen des nationalen Rechts zu entscheiden . Hierbei muß es allerdings die Feststellungen des Gerichtshofes zum Gemeinschaftsrecht beachten . So wäre es zum Beispiel nicht befugt, die Klage der Erzeuger mit der Begründung abzuweisen, daß sie Schadensersatz von der Kommission verlangen könnten, und es dürfte auch nicht entscheiden, daß die Verordnungen für die Wirtschaftsjahre 1981/82 und 1982/83 keine technischen Fehler aufwiesen, der zu einer Diskriminierung der griechischen Erzeuger gegenüber den Erzeugern der anderen Mitgliedstaaten geführt habe .

    Im Gegensatz zu der von der Kommissison in der mündlichen Verhandlung in dieser Rechtssache geäusserten Meinung bin ich nicht der Auffassung, daß Randnr . 31 des Urteils über die Nichtigkeitsklagen 1986 an dieser Sachlage etwas ändert . Der Gerichtshof hat sich zunächst dahin geäussert, die aus Anlaß der Nichtigkeitsklage 1983 getroffene Feststellung der rechtswidrigen Festsetzung der Koeffizienten für das Wirtschaftsjahr 1983/84 verpflichte die Kommission, die Situation sowohl in bezug auf dieses als auch in bezug auf die späteren Wirtschaftsjahre zu bereinigen . Anschließend hat er in Randnr . 31 ausgeführt, diese Feststellung betreffe "nicht die Wirtschaftsjahre, für die Verordnungen vor dem Wirtschaftsjahr 1983/84 gelten ". Dies scheint sich auf die Pflicht der Kommission zu beziehen, die Situation zu bereinigen, und soll nicht die vorhin zitierten Ausführungen des Gerichtshofes im Rahmen der Schadensersatzklage, wonach die Feststellung eines technischen Fehlers für das Wirtschaftsjahr 1983/84 auch für die beiden vorherigen Wirtschaftsjahre gelten müsse, in Frage stellen oder in ihr Gegenteil verkehren .

    Die dritte Frage setzt nach meinem Verständnis voraus, daß die Erzeuger mit ihren Klagen vor dem nationalen Gericht erfolgreich sein werden . Sie scheint mir ebenfalls davon auszugehen, daß in diesem Fall die vom Staat an die Erzeuger zu zahlenden Beträge eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 92 EWG-Vertrag wären . Die Frage geht somit dahin, a ) ob sich die nationalen Behörden auf eine blosse Mitteilung der Zahlung dieser Beträge an die Kommission beschränken können oder b ) ob sie zunächst gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag eine Zustimmung einholen müssen . Sie verweist schließlich auf die Verordnungen ( EWG ) Nrn . 729/70 und 516/77 ( ABl . 1977, L 73, S . 1 ), wobei letztere in dem fraglichen Zeitraum die grundlegende Verordnung für eine gemeinsame Marktorganisation im Bereich der Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse war ( die "Grundverordnung ").

    Die Erzeuger machen geltend, daß die nach der Grundverordnung gezahlte und vom Fonds gemäß der Verordnung Nr . 729/70 finanzierte Beihilfe definitionsgemäß eine Gemeinschaftsbeihilfe und nicht eine staatliche Beihilfe sei . Infolgedessen seien die Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag nicht anwendbar . Nach der letzten Begründungserwägung der Grundverordnung seien "die von den Mitgliedstaaten auf Grund der Verpflichtungen aus der Anwendung dieser Verordnung getätigten Ausgaben gemäß ... der Verordnung ( EWG ) Nr . 729/70 des Rates ... von der Gemeinschaft zu tragen ".

    Gleichwohl ist ein Zweifel erlaubt, ob Zahlungen durch den Staat für den Fall, daß die Erzeuger mit ihrer Klage Erfolg haben sollten, sich aus der Anwendung der Grundverordnung ergeben und damit eine dem Fonds zuzurechnende Ausgabe darstellen . Die betreffenden Verfahren wurden doch deshalb angestrengt, weil die in Anwendung der Grundverordnung ergangenen Verordnungen für diese beiden Wirtschaftsjahre die Zahlung der heute von den Erzeugern verlangten Beträge gerade nicht vorsahen . Die Erzeuger scheinen vor dem nationalen Gericht geltend zu machen, weil dies wegen eines technischen Fehlers unterblieben sei, müsse der Staat Maßnahmen zur Bereinigung der Situation im Rahmen der Grundverordnung ergreifen . Auch hier scheint es mir um eine Frage zu gehen, über die der Gerichtshof vorliegend nicht zu befinden hat .

    Artikel 17 der Grundverordnung sieht ausdrücklich vor, daß "vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen dieser Verordnung die Artikel 92 bis 94 des Vertrages auf die Erzeugung der in Artikel 1 genannten Waren und den Handel mit diesen Waren anwendbar (( sind ))". Es scheint daher, daß eine Beihilfe, die auf andere Weise als aufgrund der ausdrücklichen Bestimmungen der Grundverordnung oder der dazu ergangenen Durchführungsverordnungen gezahlt wird, gemäß Artikel 93 Absatz 3 vor ihrer Zahlung der Kommission mitzuteilen ist . Im Gegensatz zu dem Hinweis im ersten Teil der dritten Frage des nationalen Gerichts gibt es keine Regelung in den Artikeln 92 bis 94, wonach sich die nationalen Behörden damit begnügen könnten, die Gemeinschaftsorgane von der Beihilfegewährung lediglich in Kenntnis zu setzen .

    Fällt eine Produktionsbeihilfe, wenn sie nicht in Anwendung der Verordnung gezahlt wird, nur deshalb nicht mehr unter die Artikel 92 bis 94, weil sie aufgrund der Anordnung eines Gerichts gezahlt wird, wie die Kommission meint? Sie gehört weiterhin zu den "staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen", und die Frage, ob sie durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, fällt in die Zuständigkeit der Kommission, die sich nach ihrer Unterrichtung äussert, obwohl es schwierig ist, sich einen Grund vorzustellen, aus dem die Kommission eine Beihilfe, die ohne einen technischen Fehler seitens der Kommission auf der Grundlage von Kommissionsverordnungen gezahlt worden wäre, für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären sollte .

    Wenn die Kommission ganz allgemein die Behauptung aufstellt, daß gerichtlich zugesprochene Zahlungen niemals staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 92 darstellten, so kann ich damit nicht einverstanden sein . Es kommt vor, daß ein Staat einem Unternehmen eine Beihilfe zusagt, die sich nach Prüfung durch die Kommission als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erweist . Wenn das Unternehmen einen gleich hohen Betrag durch Erhebung einer auf diese Zusage gegründeten Klage erhalten könnte, würden die Artikel 92 bis 94 ausgehöhlt . Eine ähnliche Situation würde entstehen, wenn ein begünstigtes Unternehmen im Anschluß an eine Entscheidung der Kommission, die dem Staat die Rückforderung einer unzulässigen Beihilfe aufgibt, gegen den Staat eine Schadensersatzklage erheben würde . Es ist daher von grundsätzlicher Bedeutung für die richtige Anwendung der Vorschriften des Vertrages über die staatlichen Beihilfen, daß durch gerichtliche Entscheidung zugesprochene Zahlungen gegebenenfalls in ihren Anwendungsbereich fallen .

    Sollten die Erzeuger mit ihrer Klage Erfolg haben, so ist klar, daß dies zwischen dem griechischen Staat und der Kommission zu schwierigen Fragen bezueglich der rechtlichen Qualifikation und der Rechtmässigkeit der Zahlungen an die Erzeuger führen wird . Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung im Rahmen der Nichtigkeitsklagen 1986 anerkannt, daß sie die Befugnis zur Ergänzung der Beihilfe habe, davon aber aus grundsätzlichen Erwägungen abgesehen habe . Es steht zu hoffen, daß der hierüber entstandene, nicht enden wollende Streit jetzt zum Abschluß gekommen ist .

    Da die Erzeuger erklärt haben, ihren Antrag bezueglich des Wirtschaftsjahres 1983/84 fallen zu lassen, erfordert Absatz c der dritten Frage des nationalen Gerichts keine Antwort .

    Nach meiner Auffassung sind daher die Fragen des nationalen Gerichts wie folgt zu beantworten : Dessen Zuständigkeit für die Klage der Erzeuger bestimmt sich nach dem nationalen und nicht nach dem Gemeinschaftsrecht . Seine Zuständigkeit wird durch die Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache 192/83, in den verbundenen Rechtssachen 194 bis 206/83 und in den verbundenen Rechtssachen 97, 99, 193 und 215/86 keineswegs ausgeschlossen, wenngleich das Gericht sich an die in diesen Urteilen getroffenen Feststellungen zum Gemeinschaftsrecht halten muß . Die von einem Mitgliedstaat an Erzeuger gezahlten Produktionsbeihilfen müssen, soweit es sich nicht um eine normalerweise zu Lasten des Europäischen Ausrichtungs - und Garantiefonds für die Landwirtschaft gehende Ausgabe handelt, gemäß Artikel 93 EWG-Vertrag der Kommission angezeigt werden .

    Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Verfahrenskosten der Erzeuger zu entscheiden . Die Kosten der Kommission sind nicht erstattungsfähig .

    (*) Aus dem Englischen übersetzt .

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