Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 61985CC0278

    Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Vilaça vom 7. April 1987.
    Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen Königreich Dänemark.
    Vertragsverletzung - Gefährliche Stoffe.
    Rechtssache 278/85.

    Sammlung der Rechtsprechung 1987 -04069

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1987:185

    SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    JOSÉ LUÍS DA CRUZ VILAÇA

    vom 7. April 1987 ( *1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. 

    Die Kommission wirft dem Köngreich Dänemark vor, die Richtlinie 79/831/EWG des Rates vom 18. September 1979 zur sechsten Änderung der Richtlinie 67/548/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe ( 1 ) nicht vollständig umgesetzt zu haben.

    2. 

    Nach Ansicht der Kommission hat Dänemark die Richtlinie nicht vollständig durchgeführt, da es zu diesem Zweck bestimmte Änderungen in den nationalen Durchführungsbestimmungen, namentlich dem Gesetz Nr. 212 vom 23. Mai 1979 und der Ministerialverordnung Nr. 409 vom 17. September 1980, hätte vornehmen müssen.

    3. I — 

    Die dänische Regierung wirft der Kommission vor, die Klage übereilt eingereicht zu haben, da die vorangegangenen Kontakte und Erörterungen gezeigt hätten, daß eine Einigung auf gütlichem Wege möglich gewesen wäre, zumal ein Verordnungsentwurf vorgelegen habe, der den Forderungen der Kommission eventuell hätte genügen können; der Entwurf sei jedoch von Dänemark zurückgezogen worden, da die Kommission keinerlei Reaktion gezeigt habe.

    4. 

    Natürlich ist es bedauerlich, daß sich dieser Rechtsstreit nicht durch eine Einigung der Parteien über die Art der Umsetzung der Richtlinie erübrigt hat.

    5. 

    Nach Artikel 169 EWG-Vertrag kann sich die Kommission jedoch dafür entscheiden, Klage zu erheben, wenn sie in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgestellt hat, daß innerhalb einer bestimmten Frist keine Durchführung erfolgt ist; es steht uns nicht zu, uns an ihre Stelle zu setzen, um die Zweckmäßigkeit dieser Klage zu beurteilen.

    6. II — 

    Die ersten beiden Rügen der Kommission sind gegen Artikel 11 Absätze 2 und 3 des Gesetzes Nr. 212/79 gerichtet, dessen Wortlaut im Sitzungsbericht wiedergegeben ist.

    7. 

    Nach Ansicht der Kommission dehnt Artikel 11 Absatz 2 durch die Bestimmung, daß „ein chemischer. Stoff... als neu [gilt], wenn er vor dem 1. Oktober 1980 weder in Dänemark in den Verkehr gebracht noch dorthin eingeführt worden ist“, die Anmeldepflicht über Artikel 6 der Richtlinie hinaus aus, soweit er sich auf einen Zeitpunkt beziehe, der vor dem in der Richtlinie genannten (18. September 1981) liege.

    8. 

    Die dänische Regierung bestreitet nicht, daß die nationale Definition des „neuen Stoffes“ in bestimmten Fällen zu einer weitergehenden Anmeldepflicht als nach der Richtlinie vorgeschrieben führen könne. Diese Verpflichtung stehe jedoch nicht im Widerspruch zur Richtlinie, da diese, wie sich aus ihren Begründungserwägungen und aus Artikel 1 Absatz 4 ergebe, keine Vorschriften für die „alten Stoffe“ aufstellen solle, die infolgedessen weiterhin dem nationalen Recht unterlägen.

    9. 

    Unter anderem seien in Artikel 1 Absatz 4 die Bereiche aufgezählt, die in bezug auf die Harmonisierung der Anmeldevorschriften nicht zum Anwendungsbereich der Richtlinie gehörten.

    10. 

    Weiter wirft die Kommission der dänischen Regierung vor, daß Artikel 11 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 212/79 die Regelung des Artikels 6 Absatz 4 der Richtlinie für die „neuen Stoffe“ auf die vor dem 1. Oktober 1980 in Dänemark in den Verkehr gebrachten Stoffe ausdehne, wenn diese „alten Stoffe“ nach diesem Zeitpunkt zu wesentlich anderen Zwecken oder in erheblich größeren Mengen verwendet würden.

    11. 

    Nach Ansicht der Kommission verstößt diese Vorschrift gegen Artikel 1 Absatz 4 Buchstabe a der Richtlinie, der die vor dem 18. September 1981 in den Verkehr gebrachten Stoffe von der Anmeldepflicht ausnehme. Deswegen und aufgrund von Artikel 22, wonach „die Mitgliedstaaten ... das Inverkehrbringen von Stoffen wegen der Anmeldung ... weder verbieten noch beschränken oder behindern [dürfen], wenn die Stoffe den Vorschriften dieser Richtlinie ... entsprechen“, könnten die „alten Stoffe“ außer in den eventuell in der Richtlinie selbst vorgesehenen Fällen nicht Gegenstand einer Anmeldung oder einer neuen Anmeldung sein.

    12. 

    Auch hier bestreitet die dänische Regierung nicht, daß es dem Wortlaut nach einen Unterschied zwischen der Richtlinie und der dänischen Rechtsvorschrift gibt. Jedoch sei die streitige Verpflichtung notwendig, um die Ziele der Richtlinie, den Schutz des Menschen und der Umwelt, zu verwirklichen, da ein starker Anstieg der verkauften Mengen oder eine wesentlich andere Verwendung die gleichen Gefahren mit sich brächte wie das Inverkehrbringen eines neuen Stoffes.

    13. 

    Zu den Einwänden der dänischen Regierung gegen die beiden Rügen erklärt die Kommission, angesichts des Fehlens eines wirklichen Genehmigungssystems für gefährliche Stoffe stelle die durch die Richtlinie 79/831 eingeführte Pflicht zur Anmeldung der „neuen Stoffe“ (d. h. der nach dem 18. September 1981 in den Verkehr gebrachten Stoffe) auf Gemeinschaftsebene den bestmöglichen Kompromiß zwischen den Erfordernissen des Schutzes von Mensch und Umwelt (des grundlegenden Ziels der Richtlinie) und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs (die insbesondere in Artikel 22 zum Ausdruck kämen) dar.

    14. 

    Nur für die „neuen Stoffe“ gelte aus diesem Grunde die Pflicht der Hersteller und Importeure in Artikel 6 zur Anmeldung bei der zuständigen Stelle des betreffenden Mitgliedstaats; dieser unterrichte anschließend die Kommission, die die Aufgabe habe, eine Liste aller auf diese Weise angemeldeten Stoffe zu führen (Artikel 13 Absatz 2). Bezüglich der „alten Stoffe“ (die vor dem 18. September 1981 in Verkehr gebracht worden seien) sei lediglich vorgesehen, daß die Kommission ein Verzeichnis unter anderem aufgrund der von den Mitgliedstaaten erteilten Auskünfte ausarbeite (Artikel 13 Absatz 1).

    15. 

    Die dänische Regierung nimmt dazu in ihrer Gegenerwiderung Stellung, wobei sie ihr ursprüngliches Vorbringen durch die im Sitzungsbericht wiedergegebenen Ausführungen untermauert.

    16. 

    Ich räume ein, daß die Auslegung der dänischen Regierung angesichts der wenig klaren Vorschriften der Richtlinie einleuchtend ist. Ich meine sogar, daß Dänemark recht hätte, wenn einziges Ziel der Richtline der Schutz des Menschen und der Umwelt gegen die Gefahren des Inverkehrbringens von gefährlichen Stoffe wäre. In diesem Fall ließe sich sagen, daß Dänemark den Vorstellungen des Gemeinschaftsgesetzgebers in vollem Umfang nachgekommen wäre, indem es die Schutzwirkung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften sogar noch verstärkt habe.

    17. 

    Wenn durch die dänischen Rechtsvorschriften Beschränkungen in Bereichen eingeführt würden, für die die Richtlinie nicht gilt, läge kein Verstoß gegen diese vor. Eine eventuelle Verletzung des Gemeinschaftsrechts müßte sich somit aus dem Verstoß gegen andere Vorschriften, insbesondere gegen Artikel 30 EWG-Vertrag ergeben.

    18. 

    In diesem Fall hätte sich die Kommission auf diese Vorschrift berufen müssen, um dem beschuldigten Mitgliedstaat die unbedingt notwendigen Voraussetzungen zu seiner Verteidigung zu geben, insbesondere die Möglichkeit, sich auf Artikel 36 (Schutz der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit) zu berufen.

    19. 

    Meiner Meinung nach liegt der Fall jedoch anders.

    20. 

    Man braucht bloß die Begründungserwägungen der Richtlinie 79/831 zusammen mit denen der Richtlinie 67/548 zu lesen, um festzustellen, daß diese Vorschriften (zusammen mit den anderen Vorschriften zur Änderung der letztgenannten Richtlinie) ein Regelungssystem für gefährliche Stoffe geschaffen haben, das im Hinblick auf ein zweifaches Ziel, den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt sowie die Beseitigung der Handelshemmnisse innerhalb des gemeinsamen Marktes durch die Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften, ausgestaltet ist.

    21. 

    Insbesondere kommt in der Richtlinie von 1979 ein Kompromiß zwischen diesen Zielen in zeitlicher Hinsicht zum Ausdruck, da sie eine Anmeldepflicht für nach dem 18. September 1981 in den Verkehr gebrachte Stoffe begründet und die übrigen Stoffe von dieser Pflicht befreit. Für diese letzteren Stoffe muß nach Artikel 13 nur ein Verzeichnis aufgestellt werden.

    22. 

    Angesichts der Notwendigkeit einer Abwägung zwischen den verschiedenen Zielen war dies der Ausgleich, zu dem der Rat gelangt ist.

    23. 

    Die Einhaltung der Richtlinie bedeutet somit Einhaltung der Kompromißlösung, die in ihr zum Ausdruck kommt: Eine stärkere Betonung des einen oder des anderen Ziels kann das Gleichgewicht in der Richtlinie zur einen oder zur anderen Seite ändern.

    24. 

    Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen sind die einschlägigen Vorschriften der Richtlinie 79/831 auszulegen.

    25. 

    Zunächst ist auf Artikel 1 Absatz 1 zu verweisen:

    „1)

    Ziel dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für

    a)

    die Anmeldung chemischer Stoffe

    b)

    ...

    die in den Mitgliedstaaten in den Verkehr gebracht werden.“

    26. 

    Durch Artikel 1 Absatz 4 sollen sodann — unter Verwendung einer wenig glücklichen Formulierung — zwei Dinge klargestellt werden:

    a)

    Maßgeblicher Zeitpunkt zur Festlegung der Stoffe, die „in den Verkehr gebracht“ worden sind und damit als von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a umfaßt anzusehen sind, ist der 18. September 1981;

    b)

    für die vor diesem Zeitpunkt in den Verkehr gebrachten Stoffe besteht keine Anmeldepflicht.

    27. 

    Dieses letztere Ergebnis scheint mir unter Berücksichtigung zweier redaktioneller Einzelheiten des Absatzes 4 zwingend:

    a)

    die Artikel 5, 6 und 7 gelten nicht für die in Absatz 4 genannten Stoffe;

    b)

    in diesem Absatz geht es zunächst um die vor dem 18. September 1981 in den Verkehr gebrachten Stoffe und sodann um die Stoffe, die in dem in Artikel 13 Absatz 1 genannten Verzeichnis aufgeführt sind.

    28. 

    Bei beiden schließt die Richtlinie nicht nur die Anwendung der Artikel 6 und 7 aus, die die Anmeldemodalitäten betreffen, sondern auch die Anwendung des Artikels 5, der das Inverkehrbringen von der Erfüllung der Anmeldepflicht abhängig macht.

    29. 

    Auch wenn sich der Rat besser hätte ausdrücken können, zeigt dies, daß er die Einführung einer Anmeldepflicht für diese Stoffe durch die Mitgliedstaaten nicht wünschte.

    30. 

    Die Festsetzung verschiedener Zeitpunkte würde im übrigen innerhalb des Systems je nach Mitgliedstaat, wo der Stoff in den Verkehr gebracht würde, zu einer Diskriminierung führen und dadurch das Ziel, für diese Art von Erzeugnissen einen gemeinsamen Markt zu schaffen, beeinträchtigen.

    31. 

    Möglicherweise beruht — wie sich aus der mündlichen Verhandlung ergibt — der Zeitunterschied darauf, daß die dänischen Rechtsvorschriften veröffentlicht worden waren, bevor die Richtlinie, deren Entwurf in der Schlußphase der Erörterung noch geändert werden konnte, verabschiedet war.

    32. 

    Dieser Umstand entschuldigt jedoch nicht die eventuelle Nichtdurchführung, die anhand der Richtlinie zu beurteilen ist, wie sie veröffentlicht worden ist und gilt.

    33. 

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ( 2 ) sind die Bestimmungen der Richtlinien für die Mitgliedstaaten verbindlich und ihre „gewissenhafte Befolgung ... ist gerade darum so wichtig, weil die Vollzugsmaßnahmen dem Ermessen der Mitgliedstaaten überlassen sind“.

    34. 

    All diese Erwägungen führen logischerweise dazu, den ersten Teil der Rüge bezüglich Artikel 11 Absatz 2 des Gesetzes Nr. 212/79 für begründet zu halten.

    35. 

    Was nun Artikel 11 Absatz 3 angeht, scheint mir schwer vertretbar, daß diese Vorschrift nicht genau dieselben Ziele verfolgt wie Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie, da die Gefahren genau die gleichen sind, unabhängig davon, ob es sich um „neue“ oder „alte“ Stoffe handelt (die Gefahren sind vielleicht noch größer, wenn es sich um früher nicht angemeldete Stoffe handelt, d. h. nach den dänischen Rechtsvorschriften um Stoffe, die vor dem 1. Oktober 1980 in den Verkehr gebracht worden sind).

    36. 

    Eine solche Auffassung ließe sich auf den — zugegebenermaßen wenig klaren — Wortlaut des Artikels 1 Absatz 4 der Richtlinie stützen, wonach die Artikel 5, 6 und 7 nur insoweit nicht gelten, als sie sieb auf die Anmeldung beziehen.

    37. 

    Artikel 6 Absatz 4 spricht in diesem Zusammenhang nicht von neuen Anmeldungen, sondern nur von einer Mitteilungspflicht.

    38. 

    Von den Zielen der Richtlinie aus scheint mir die Gleichstellung der „alten Stoffe“ mit den „neuen Stoffen“ nicht zu beanstanden zu sein, soweit es um die in der Richtlinie vorgesehenen oder nach dem 18. September 1981 eingetretenen Änderungen des Verwendungszwecks oder der Mengen geht.

    39. 

    Dies gilt jedoch nicht für Maßnahmen, die vor dem 18. September 1981 ergangen sind, da mir dieser Zeitpunkt — vergleicht man die Begründungserwägungen und Artikel 1 Absatz 4 miteinander — für die Unterscheidung zwischen den „alten“ und den „neuen“ Stoffen maßgeblich zu sein und daher die „Gleichstellung“ der ersteren mit den letzteren bezüglich einiger Bestimmungen der Richtlinie zu rechtfertigen scheint.

    40. 

    Soweit, und nur insoweit, als die beanstandete Bestimmung des dänischen Gesetzes den 1. Oktober 1980 als Zeitpunkt nennt, ab dem („nach diesem Zeitpunkt“) die betreffenden Vorschriften für die „neuen Stoffe“ auf die „alten Stoffe“ anzuwenden sind, stimmt sie nicht mit der Richtlinie 79/831 überein.

    41. III — 

    Die Kommission beanstandet in ihrer Klageschrift Artikel 17 des Gesetzes Nr. 212/79 vom 23. Mai 1979 und Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung 409/80 vom 17. September 1980.

    42. 

    In ihrer Erwiderung berichtigt die Kommission ihre ursprüngliche Rüge durch die Klarstellung, daß die Beanstandung des Artikels 17 des Gesetzes mit der Rüge gegen Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung zusammenhänge.

    43. 

    Die Tatsache, daß die Importeure nach dieser letzteren Vorschrift die zuständige Stelle über die Einfuhr von bereits in anderen Mitgliedstaaten angemeldeten Stoffen unterrichten müßten, zeige, daß Artikel 17 des Gesetzes Nr. 212/79 im Widerstreit zur Richtlinie 79/831 ausgelegt werden könne.

    44. 

    Ich gebe zu, daß der Vorwurf der Kommission, gleich in welcher Version, nicht gerade durch Klarheit glänzt.

    45. 

    Letzten Endes scheint er sich gegen beide Vorschriften zusammen und nicht gegen eine einzelne Vorschrift gesondert zu richten.

    46. 

    Somit scheint die einzig vernünftige Auslegung der Rüge der Kommission die zu sein, daß Artikel 17 des dänischen Gesetzes aufgrund seines Wortlauts so verstanden werden kann, daß er dem zuständigen Minister die Möglichkeit gibt, die Anmeldung eines bereits in einem anderen Mitgliedstaat angemeldeten Stoffes zu verlangen.

    47. 

    In diesem Fall enthielte die betreffende Vorschrift nicht nur eine Ermächtigung, die an ein bestimmtes richtlinienkonformes Ergebnis gebunden wäre, sondern räumte ein Ermessen ein, daß zu diesem Ergebnis als bloß einer von mehreren Möglichkeiten führen könnte.

    48. 

    Dies würde bedeuten,

    a)

    daß diese Vorschrift so verstanden werden könnte, daß sie es grundsätzlich zuließe, daß eine Anmeldung in einem anderen Mitgliedstaat einer Anmeldung in Dänemark nicht gleichgestellt wäre, so daß eine dementsprechende Entscheidung der zuständigen nationalen Behörde erforderlich wäre, oder

    b)

    daß das von dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen mißbraucht werden könnte.

    49. 

    Die erste dieser beiden Möglichkeiten stellt die Verbindlichkeit der Gleichstellung von Anmeldungen im Sinne der Richtlinie und damit die Vereinbarkeit des Artikels 17, für sich allein genommen, mit der Richtlinie in Frage.

    50. 

    Die Kommission hat ihren Vorwurf jedoch nicht in dieser Weise formuliert, so daß ich nur den Verstoß behandeln werde, der sich aus den beiden Vorschriften zusammen ergeben kann.

    51. 

    Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich feststellen, daß zu der Ausübung der Ermächtigung gemäß Artikel 17 des Gesetzes durch die zuständige Behörde die Verpflichtung der Importeure nach Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung hinzukommt, das nationale Umweltschutzamt vorab von der Einfuhr von in einem anderen Mitgliedstaat bereits angemeldeten Stoffen zu unterrichten.

    52. 

    Die Richtlinie hat ein gemeinschaftliches Melde- und Kontrollsystem für gefährliche Stoffe geschaffen, wobei die Anmeldung in einem Mitgliedstaat für die gesamte Gemeinschaft gilt (Präambel, fünfte Begründungserwägung).

    53. 

    Artikel 10 der Richtlinie enthält eine Regelung zur Übermittlung von Informationen, die für hinreichend wirksam gehalten worden ist; Artikel 23 sieht die Anwendung eines Schutzmechanismus vor, der jedem Mitgliedstaat offensteht; in Artikel 21 ist das Verfahren zum Erlaß neuer Maßnahmen geregelt, die sich als notwendig herausgestellt haben, wobei der in Artikel 20 eingesetzte Ausschuß für die Anpassung der Richtlinien an den technischen Fortschritt zu hören ist.

    54. 

    Meines Erachtens läßt sich jedoch nicht vertreten, daß das vom dänischen Gesetz aufgestellte Erfordernis an sich mit der Richtlinie eindeutig unvereinbar sei.

    55. 

    Obwohl die Richtlinie dies nicht vorsieht, könnte Artikel 36 EWG-Vertrag die Verpflichtung des Importeurs aufgrund der nationalen Rechtsvorschriften — angesichts der bei anderen Lösungen auftretenden eventuellen Unzulänglichkeiten, Verzögerungen oder Schwierigkeiten — rechtfertigen, die zuständige Behörde zu unterrichten, um ihr eine schnelle und einfache Kontrolle zu ermöglichen.

    56. 

    Die Notwendigkeit der Übersendung einer einfachen Mitteilung, daß der betreffende Stoff in einem anderen Mitgliedstaat angemeldet ist, scheint nicht unbedingt eine übermäßige oder unverhältnismäßige Forderung zu sein, die eine nach Artikel 30 verbotene Handelsbeschränkung darstellen könnte.

    57. 

    Die angefochtene Bestimmung enthält jedoch keinen Hinweis, wie die Nichteinhaltung der Meldepflicht geahndet wird. Da sich aus ihrem Wortlaut herleiten läßt, daß die vorherige Mitteilung Voraussetzung für die Einfuhr von bereits in einem anderen Mitgliedstaat angemeldeten Stoffen nach Dänemark ist, schafft diese Tatsache allein eine tadelnswerte Unklarheit, deren Feststellung Aufgabe des Gerichtshofes ist.

    58. 

    Nur insoweit meine ich, daß Artikel 9 Absatz 3 der Verordnung Nr. 409 für unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht erklärt werden kann.

    59. IV — 

    In ihrer Klageschrift rügt die Kommission, daß dem zuständigen Minister durch Artikel 18 des Gesetzes Nr. 212/79 ein Ermessen eingeräumt worden ist, aufgrund dessen er in der Richtlinie nicht vorgesehene Ausnahmen bewilligen könne.

    60. 

    Jedoch ist offensichtlich, daß der Tenor der Rüge und der Wortlaut der beanstandeten Vorschrift nicht übereinstimmen; da letztere darüber hinaus im Vorfahren nicht Gegenstand der Erörterung war, hat die dänische Regierung in ihrer Klagebeantwortung die Einrede der Unzulässigkeit erhoben, dabei aber eingeräumt, daß die Rüge sich eventuell auf Artikel 18 der Verordnung Nr. 409 beziehen könnte.

    61. 

    In ihrer Erwiderung hat die Kommission ihren Irrtum zugegeben und ihre Rüge dahin gehend geändert, daß sie sich nun gegen die letztgenannte Vorschrift richtet.

    62. 

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ( 3 ) wird der Streitgegenstand durch die Klageschrift festgelegt (Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung); die Parteien können ihn im Laufe des Verfahrens nicht abändern, ohne das rechtliche Gehör zu beeinträchtigen.

    63. 

    Es darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Kommission in ihrem Aufforderungsschreiben ihre Rüge zutreffend gegen Artikel 18 der Verordnung Nr. 409 gerichtet hat.

    64. 

    Zwar hat die Kommission bereits in der mit Gründen versehenen Stellungnahme den Gegenstand weniger klar dargestellt, indem sie sich ohne nähere Angaben auf die „dänische Gesetzgebung“, die „dänische Ausnahmevorschrift“ und „Artikel 18“ bezogen hat.

    65. 

    Die dänische Regierung war jedoch in der Lage, unter Berücksichtigung des Aufforderungsschreibens die Rüge zu verstehen und hat sich deswegen in ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme darauf bezogen.

    66. 

    Da die dänische Regierung sich „mit der Kritik der Kommission einverstanden“ zeigte, hat sie zugegeben, daß es richtig wäre, klarer zum Ausdruck zu bringen, daß „die Vorschriften des Artikels 18 nicht zur Bewilligung von in der Richtlinie nicht vorgesehenen Ausnahmen angewendet werden dürfen“.

    67. 

    Unter diesen Umständen läßt sich vertreten, daß das rechtliche Gehör des beklagten Mitgliedstaats durch die Änderung des Tenors der Rüge in der Erwiderung nicht so stark beeinträchtigt worden ist, daß dies zur Unlässigkeit führt.

    68. 

    Jedoch ist festzustellen, daß die Kommission eine bedauerliche Verwirrung in den Rechtsstreit gebracht hat, indem sie in der Klageschrift Artikel 18 des Gesetzes Nr. 212 entsprechend ihrer dort verwendeten Formulierung angegriffen hat und dadurch offenkundig die Verteidigung des Beklagten beeinträchtigt hat.

    69. 

    Nach meiner Meinung kann der Gerichtshof diese Vorgehensweise nicht ohne Sanktionen, zumindest bei der Aufteilung der Kosten zulassen.

    70. V — 

    Schließlich greift die Kommission Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 409 an, soweit er die Befreiung von der Anmeldepflicht nach Artikel 8 Absatz 1 vierter Gedankenstrich für einen Hersteller, der die Stoffe in Mengen von unter einer Tonne jährlich in den Verkehr bringt, auf den Importeur ausdehnt.

    71. 

    Die dänische Vorschrift kann nach Ansicht der Kommission dazu führen, daß die in der Richtlinie festgelegte Höchstmenge von einem Hersteller überschritten werde, indem er sich verschiedener Importeure bediene, um eine große Zahl kleinerer, jeweils unter einer Tonne liegender Mengen in den Verkehr zu bringen.

    72. 

    Nach Ansicht der Kommission folgt aus diesem Grund heute, im Gegensatz zu früher, die Mehrheit der Mitgliedstaaten (mit Ausnahme nur von Dänemark, Italien und bis zu einem gewissen Grad der Bundesrepublik Deutschland) der Auslegung, die sie der Richtlinie gebe.

    73. 

    Die dänische Regierung beruft sich zur Begründung ihrer Behauptung, daß man den Importeur insoweit dem Hersteller habe gleichstellen wollen, auf eine Erklärung des Rates und die Protokolle zweier Sitzungen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten.

    74. 

    Sie bestreitet jedoch nicht, daß die beiden Bestimmungen voneinander abweichen. In ihrer Antwort auf die mit Gründen versehene Stellungnahme hat sie sogar eingeräumt, „daß die Art, in der die Kommission die Erklärung des Rates zum Protokoll der Sitzungen auslegt, plausibel ist“.

    75. 

    Auch hier ist die Argumentation nicht frei von Unklarheiten: An manchen Stellen wird eingeräumt, daß die Hersteller die Erklärung nach Artikel 8 Absatz 1 vierter Gedankenstrich durch die Importeure abgeben lassen können, in anderen Fällen wiederum wird dies abgelehnt.

    76. 

    Wie dem auch sei, ich meine nicht, daß die dänische Regierung ihre Auffassung hinreichend begründet hat, um die Schlußfolgerung zu verhindern, die man aus den beiden Vorschriften zusammen ziehen kann: Die Ausdehnung der Befreiung für kleine Mengen auf die Importeure ist mit der Richtlinie unvereinbar.

    77. VI — 

    Nach alledem schlage ich Ihnen vor festzustellen, daß das Königreich Dänemark die Richtlinie 79/831 des Rates vom 18. September 1979 zur sechsten Änderung der Richtlinie 67/548 vom 27. Juni 1967 nicht vollständig in sein innerstaatliches Recht umgesetzt hat.

    78. 

    Da die Vorwürfe der Kommission jedoch nach meiner Meinung nur teilweise begründet sind — und die Unklarheiten und Unzulänglichkeiten ihrer Argumentation den Rechtsstreit und die Argumentation des Beklagten unnötig behindert haben —, schlage ich Ihnen vor, von der Möglichkeit nach Artikel 69 Absatz 3 der Verfahrensordnung Gebrauch zu machen und die Hälfte der Kosten der Kommission aufzuerlegen.


    ( *1 ) Aus dem Portugiesischen übersetzt.

    ( 1 ) ABl. L 259 vom 15. 10. 1979, S. 10.

    ( 2 ) Siehe z. B. Urteil vom 21. Juni 1973 in der Rechtssache 79/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, 667, 672.

    ( 3 ) Siehe Uneil vom 25. September 1979 in der Rechtssache 232/78, Kommission/Frankreich, Slg. 1979, 2729 ff.; Urteil vom 9. Dezember 1981 in der Rechtssache 193/80, Kommission/Italien, Slg. 1981, 3019 ff., Urteil vom 8. Februar 1983 in der Rechtssache 124/81, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1983, 203 ff.

    Top