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Document 61985CC0233

Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 22. Januar 1987.
Anna Bonino gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Beamte - Gleichbehandlung von Männern und Frauen.
Rechtssache 233/85.

Sammlung der Rechtsprechung 1987 -00739

ECLI identifier: ECLI:EU:C:1987:29

61985C0233

Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 22. Januar 1987. - ANNA BONINO GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTER - GLEICHBEHANDLUNG VON MAENNERN UND FRAUEN. - RECHTSSACHE 233/85.

Sammlung der Rechtsprechung 1987 Seite 00739


Schlußanträge des Generalanwalts


++++

Herr Präsident,

meine Herren Richter!

1 . Im Rahmen der am 23 . Februar 1983 beschlossenen Umstrukturierung ihrer Dienststellen hatte die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in allen Sprachabteilungen Übersetzergruppen geschaffen; die Leiter der in Luxemburg gebildeten Gruppen sollten nach einem System des "versuchsweisen ... turnusmässigen Wechsels der Leiter" ausgewählt werden .

Nach einer Aufforderung zur Einreichung von Bewerbungen bestimmten die Abteilungsleiter, welche Überprüfer und Hauptübersetzerdie Planstelle eines Gruppenleiters war gleichwertig - eine Erprobungszeit von sechs Monaten absolvieren sollten .

In der Gruppe "Wirtschaft und Finanzen" der italienischen Übersetzungsabteilung übten nur die Klägerin und Herr Tutzschky nacheinander vom 1.*Juli 1983 bis zum 31 . Mai 1984 dieses Amt in der Erprobungsphase aus .

Beide bewarben sich ganz selbstverständlich nach der Veröffentlichung der Bekanntgabe dieser Planstelle im Juni 1984, in der unter anderem folgende Fachkenntnisse verlangt wurden :

"2 ) gründliche Kenntnis der Probleme im Zusammenhang mit der Leitung der Arbeit einer Gruppe von Übersetzern ".

Wie sowohl aus dem Schreiben des Leiters der italienischen Übersetzungsabteilung vom 12 . Juli 1984 als auch aus den späteren Schreiben des Leiters der Direktion für Personal, Verwaltung und Übersetzung hervorgeht, bestand der für die Wahl von Herrn Tutzschky entscheidende Umstand in seiner Befähigung zum "Management" der betreffenden Gruppe, die höher beurteilt wurde als die der Klägerin .

2 . Zur Begründung ihrer Klage auf Aufhebung der Ernennung von Herrn Tutzschky erhebt die Klägerin im wesentlichen zwei Arten von Rügen; zum einen hält sie wesentliche Formvorschriften für verletzt, zum anderen macht sie geltend, die Entscheidung der Kommission als Anstellungsbehörde sei sachlich nicht begründet .

Vor der Prüfung dieser Rügen ist darauf hinzuweisen, daß die Anstellungsbehörde im Rahmen der Besetzung einer freien Planstelle bei der Bewertung des dienstlichen Interesses und der Verdienste der verschiedenen Bewerber über einen weiten Ermessensspielraum verfügt . Dieser in ständiger Rechtsprechung ( 1 ) im wesentlichen für Beförderungsentscheidungen bestätigte Grundsatz gilt wohl auch für Versetzungen, wenn, wie im vorliegenden Fall, mit ihnen eine Abwägung der Verdienste der Bewerber verbunden ist .

Deshalb hat sich die Nachprüfung durch den Gerichtshof, wie Sie in Ihrer vor kurzem ergangenen Entscheidung in der Rechtssache 26/85 ausgeführt haben,

"auf die Frage zu beschränken, ob die Verwaltung, nach der Art und Weise zu urteilen, wie sie möglicherweise zu ihrer Entscheidung gelangt ist, die Grenzen des Zulässigen überschritten hat und bei der Ausübung ihres Ermessens einem offensichtlichen Irrtum unterlegen ist" 1 .

Mit anderen Worten erstreckt sich Ihre Prüfung, um die Ausführungen des Generalanwalts Dutheillet de Lamothe in der Rechtssache 29/70 ( 2 ) zu wiederholen, nicht auf die Beurteilung der beruflichen Befähigung der Bewerber durch die Verwaltung, sondern lediglich auf

-*die formale Ordnungsgemäßheit des Verfahrens, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat,

-*die sachliche Richtigkeit der zu ihrer Begründung dienenden Tatsachen und deren nicht offensichtlich fehlerhafte Beurteilung durch die Anstellungsbehörde,

-*schließlich das etwaige Vorliegen eines Rechtsirrtums oder Ermessensmißbrauchs .

In diesem Kontext sind die Rügen der Klägerin zu prüfen .

Zur Form

3 . Im wesentlichen macht die Klägerin geltend, angesichts des "überraschenden" Charakters der Ernennung von Herrn Tutzschky und des Umstands, daß Frauen in den betreffenden leitenden Stellen unterrepräsentiert seien, hätte die Entscheidung der Anstellungsbehörde einer "besonders eingehenden" Begründung bedurft . Ihr sei offiziell keinerlei Begründung der durch die Anstellungsbehörde getroffenen Wahl mitgeteilt worden; insbesondere sei ihr das Schreiben vom 12 . Juli 1984 nicht zur Kenntnis gebracht worden . Die in diesem Schreiben enthaltene Beurteilung könne ihr nicht entgegengehalten werden, da sie ihr nicht zuvor gemäß den Artikeln*26 und 43 des Statuts mitgeteilt worden sei .

Die erste Rüge, die den Umfang der Begründung betrifft, bietet kaum Schwierigkeiten, da die Anstellungsbehörde gegenüber dem abgelehnten Bewerber nicht verpflichtet ist, die Entscheidung zu begründen, mit der sie die Ernennung eines anderen Beamten im Wege der Versetzung ausgesprochen hat .

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist

"die Anstellungsbehörde nicht verpflichtet, die Beförderung den nicht beförderten Bewerbern gegenüber zu begründen, da den Betroffenen oder mindestens einigen von ihnen durch eine derartige Begründung Nachteile erwachsen können" ( 3 ).

Für den Umfang des der Anstellungsbehörde zugebilligten Ermessens gilt nämlich folgendes :

"Die bei dieser Ermessensentscheidung anzulegenden Maßstäbe hängen nicht nur von der Befähigung und beruflichen Leistung der Betroffenen ab, sondern auch von ihrem Charakter, ihrer Führung und ihrer Gesamtpersönlichkeit; sie entziehen sich daher einer Begründung, deren Auswirkungen im übrigen den abgewiesenen Bewerbern nachteilig sein könnten ." ( 4 )

Der gleiche Grundsatz muß für Verfügungen über Ernennungen im Wege der Versetzung gelten, die nach Würdigung der Verdienste der verschiedenen Bewerber getroffen werden .

Die erste Rüge der Klägerin ist daher zurückzuweisen, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob eine eingehendere Begründung hätte erfolgen müssen .

4 . Das Vorbringen, wonach die Anstellungsbehörde der Klägerin das Schreiben des Dienstvorgesetzten der beiden Bewerber vom 12 . Juli 1984 nicht entgegenhalten könne, verdient eine eingehendere Prüfung . Es bezieht sich nämlich auf die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens, das zu der angefochtenen Entscheidung geführt hat, und berührt einen wesentlichen Grundsatz des Statuts .

Aus den Akten geht nämlich hervor, daß der Leiter der italienischen Übersetzungsabteilung die beiden Bewerber aufgrund einer vergleichenden Würdigung ihrer während der Erprobungsphase gezeigten Befähigung als Gruppenleiter eingestuft hat . Die Einzelheiten der persönlichen Beurteilung in bezug auf die Art und Weise, in der sie diese Aufgabe versehen hatten, wurden ihnen am Ende der von ihnen absolvierten Erprobungsphase weder mitgeteilt noch zu ihren Personalakten genommen, so daß keiner von ihnen in der Lage war, hierzu Stellung zu nehmen .

Nun heisst es aber in Artikel 26 des Statuts :

"Die Personalakte des Beamten enthält :

a ) sämtliche sein Dienstverhältnis betreffenden Schriftstücke sowie jede Beurteilung seiner Befähigung, Leistung und Führung;

b ) die Stellungnahmen des Beamten zu den Vorgängen nach Buchstabe*a )."

Ferner heisst es dort :

"Das Organ darf Schriftstücke nach Buchstabe*a ) dem Beamten nur dann entgegenhalten oder gegen ihn verwerten, wenn sie ihm vor Aufnahme in die Personalakte mitgeteilt worden sind ."

Dementsprechend heisst es in Artikel 43 des Statuts :

"Über Befähigung, Leistung und dienstliche Führung aller Beamten ... wird regelmässig ... eine Beurteilung erstellt .

Diese Beurteilung wird dem Beamten bekanntgegeben . Er ist berechtigt, der Beurteilung alle Bemerkungen hinzuzufügen, die er für zweckdienlich hält ."

In Ihrem Grundsatzurteil in der Rechtssache 21/70 haben Sie diese Bestimmungen auf einen Fall angewandt, in dem die Verwaltung über einen der abgewiesenen Bewerber in einem internen Stellenbesetzungsverfahren ungünstige Beurteilungen abgegeben hatte, die

-*"einen entscheidenden Einfluß auf den Inhalt" der Ernennungsverfügung ausgeuebt hatten

und

-*"die weder in (( die )) Personalakte (( der betroffenen Beamtin )) aufgenommen noch ihr zur Kenntnis gebracht waren", und die "in krassem Gegensatz zu der Einschätzung, die sich aus der nach Artikel 43 erstellten Beurteilung der Betroffenen entnehmen lässt", standen ( 5 ).

Denn, so hat Generalanwalt Dutheillet de Lamothe in den Schlussanträgen in dieser Rechtssache ausgeführt,

"wenn für eine Beförderung oder Versetzung nicht die ordnungsgemäß über die Beamten abgegebenen und diesen bekanntgegebenen Beurteilungen berücksichtigt werden, sondern andere, geheime Beurteilungen, so entfällt die Garantie vollständig, welche die Verfasser des Statuts den Bediensteten durch Artikel 43 gewähren wollten" ( 6 ).

In Ihrem Urteil in der Rechtssache 88/71 heisst es nämlich in bezug auf Artikel 26 :

"Diese Bestimmungen haben den Zweck, den Anspruch des Beamten auf Gehör zu gewährleisten und zu verhindern, daß Verfügungen der Anstellungsbehörde, die sein Dienstverhältnis und seine Laufbahn berühren, aufgrund sein Verhalten betreffender Tatsachen getroffen werden, die keinen Eingang in die Personalakten gefunden haben ." ( 7 )

Tatsächlich ist nämlich Transparenz auf einem solchen Gebiet unerläßlich, will man nicht den in Artikel 26 und offensichtlich im Zusammenhang damit in Artikel 43 gestellten Anforderungen jegliche Bedeutung nehmen . Es geht zwar nicht darum, daß die Anstellungsbehörde Inhalt und Ergebnis der vergleichenden Würdigung der Befähigung der verschiedenen Bewerber bekanntgibt, die sie vorgenommen hat, um ihre Auswahl zu treffen . Dieses Werturteil bringt das der Anstellungsbehörde hier zuzubilligende Ermessen zum Ausdruck, und seine Mitteilung an die abgewiesenen Bewerber brächte, wie ich ausgeführt habe, die Gefahr mit sich, ihnen zu schaden . Hingegen ist die persönliche Beurteilung durch den Dienstvorgesetzten über die Art und Weise der Erledigung des Dienstes des einzelnen Bewerbers für sich genommen dem Betroffenen vor dieser vergleichenden Würdigung bekanntzugeben, nicht nur, um es dem Bediensteten zu ermöglichen, gegebenenfalls Stellung zu nehmen, sondern vor allem, um sicherzustellen, daß die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung in vollständiger Kenntnis der Sachlage trifft . Der weite Ermessensspielraum der Anstellungsbehörde bei ihrer endgültigen Entscheidung und die Möglichkeit, ihre Entscheidung gegenüber den nicht berücksichtigten Bediensteten nicht zu begründen, geht einher mit ihrer Verpflichtung, sich vor Eröffnung des internen Stellenbesetzungsverfahrens Kenntnis über die wesentlichen Einzelheiten der Verdienste jedes Bewerbers zu verschaffen, wie sie nach Anhörung des Betroffenen vom Dienstvorgesetzten beurteilt und vom Betroffenen selbst kommentiert worden sind .

Was kann man im vorliegenden Fall feststellen? Zweifelsohne ergibt sich aus dem Schreiben des Leiters der italienischen Übersetzungsabteilung, daß der bestimmende Gesichtspunkt für die endgültige Wahl von Herrn Tutzschky seine Fähigkeiten als "Manager" der Gruppe "Wirtschaft und Finanzen" waren, die höher eingeschätzt wurden als die der Klägerin . Aus den genannten Gründen wurde dieses Schreiben, in dem der Dienstvorgesetzte die Leistungen der beiden Bewerber verglichen hat, nicht bekanntgegeben . Die Beurteilung ihrer persönlichen Leistungen durch den Dienstvorgesetzten am Ende der Erprobungsphase wurde den Bewerbern nicht mitgeteilt . Zwar war die Anstellungsbehörde berechtigt, die Stelle des Leiters der Gruppe "Wirtschaft und Finanzen" ohne Durchführung einer Erprobungsphase nur auf der Grundlage der Personalakte der beiden Bewerber und insbesondere ihrer Beurteilungen zu besetzen . Sie musste jedoch, da beide Bewerber nacheinander mit der Wahrnehmung der Aufgabe des Leiters betraut wurden, die Einführung dieses ungewöhnlichen Systems, das ihr für die spätere Wahl entscheidenden Aufschluß geben sollte, mit einer schriftlichen Beurteilung der Leistungen beider Bewerber verbinden . Da diese persönliche Bewertung, die nach Art und Ziel der verfolgten Methode unabdingbar geworden war, nicht erfolgt und deshalb der Betroffenen auch nicht rechtzeitig mitgeteilt worden ist, erlaubte das gewählte Verfahren weder der Klägerin, zu dieser Beurteilung Stellung zu nehmen, noch der Anstellungsbehörde, im Hinblick auf diese mögliche Gegenvorstellung ihre Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen .

Eine blosse mündliche Mitteilung mit ungewissem Inhalt, die im übrigen im Laufe des Stellenbesetzungsverfahrens und nicht am Ende der Erprobungsphase gemacht wurde, kann in diesem Zusammenhang nicht als Erfuellung der Vorschriften der Artikel 26 und 43 des Statuts gelten, die eindeutig den Austausch formeller schriftlicher Mitteilungen verlangen .

Die Anstellungsbehörde hat den wesentlichen Grundsatz nicht beachtet, daß der Betroffenen die Beurteilung ihrer Leistung als Gruppenleiterin während der Probezeit von sechs Monaten vor Eröffnung des Stellenbesetzungsverfahrens mitzuteilen war . Damit hat sie einen Verfahrensfehler begangen, der die angefochtene Entscheidung rechtswidrig macht . Die Entscheidung ist deshalb aufzuheben .

Demgemäß werden die von der Klägerin und dem Streithelfer erhobenen Rügen, die die Begründetheit der angefochtenen Entscheidung betreffen, hilfsweise behandelt .

Zur Begründetheit

6 . Die Klägerin rügt dreierlei, nämlich offensichtliche Fehlerhaftigkeit, Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter und gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes .

Als erstes macht sie geltend, der Kommission sei dadurch, daß sie dem Kriterium der von Herrn Tutzschky in der Probezeit gezeigten höheren Befähigung zum "Management" Vorrang eingeräumt habe, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen . Die Klägerin habe nämlich unter anderem ein höheres Dienstalter, bessere Fachkenntnisse und grössere Erfahrung als ihr Mitbewerber . Ausserdem habe sie "de facto" die Tätigkeit des Leiters einer auf die Übersetzung von Texten aus den Bereichen Wirtschaft und Statistik spezialisierten Gruppe von Übersetzern ausgeuebt, die der Vorläufer der Gruppe "Wirtschaft und Finanzen" gewesen sei .

Dem Vorbringen der Klägerin, das diese durch den ihr unterbreiteten Vorschlag, Leiterin einer anderen Gruppe zu werden, bestätigt sieht, kann meines Erachtens nicht gefolgt werden . Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß der Anstellungsbehörde in ständiger Rechtsprechung ein weiter Spielraum bei der Beurteilung der Befähigung der verschiedenen Bewerber um eine freie Planstelle zugebilligt wird . Selbst wenn, wie die Kommission im übrigen in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, ein objektiver Vergleich der Verdienste der beiden betreffenden Bewerber bestimmte Unterschiede zugunsten der Klägerin erkennen ließ, ist es allein Sache der Anstellungsbehörde, ein Werturteil hierüber abzugeben, also das Für und Wider abzuwägen, um ihre Wahl im dienstlichen Interesse zu treffen .

Es ist nicht ersichtlich, daß die Anstellungsbehörde ihren Beurteilungsspielraum dadurch überschritten hätte, daß sie der Befähigung, eine solche Gruppe zu leiten - einem von der Klägerin durch ihre Teilnahme an diesem Erprobungsverfahren stillschweigend akzeptierten Kriterium - entscheidenden Wert beigemessen hat, zumal dieses Kriterium ausdrücklich zu den in der Stellenbekanntgabe geforderten Fähigkeiten gehörte . Der der Klägerin unterbreitete Vorschlag, eine andere Gruppe zu leiten, zeugt gerade von dem Bemühen der Anstellungsbehörde, zum Leiter der Gruppe "Wirtschaft und Finanzen", um die es in dem Stellenbesetzungsverfahren ging, den am besten geeigneten Bewerber zu bestimmen .

Sicherlich kann die hierfür verwendete Methode, die Bewerber nacheinander probeweise Dienst in der zu besetzenden Planstelle tun zu lassen, Anlaß zur Diskussion geben . Man muß sich nämlich fragen, was bei einer solchen Regelung mit einem Beamten geschieht, der nicht in der Lage war, an dieser Erprobungsphase teilzunehmen, sich jedoch trotzdem auf die Stellenbekanntgabe hin bewirbt . Wie die Antwort auf diese Frage auch immer lauten mag, sie spielt hier keine Rolle . Die Klägerin hat sich für die Probezeit zur Verfügung gestellt, in der Stellenbekanntgabe war eindeutig die Befähigung zur Leitung der betreffenden Gruppe gefordert, die Klägerin hat sich im Anhang zu ihrem Bewerbungsfragebogen ausdrücklich auf die abgeleistete Erprobungszeit bezogen, und die Anstellungsbehörde hat die Ergebnisse dieses Versuchs berücksichtigt .

Da die Erprobungsphase dem Grundsatz nach nicht beanstandet worden ist, lässt der Umstand, daß die Anstellungsbehörde sich für ihre Wahl zwischen den beiden Bewerbern, deren bisherige Verdienste verglichen worden waren, auf deren während einer Erprobungszeit geprüfte Leistungen als Gruppenleiter gestützt hat, keinen offensichtlichen Fehler erkennen .

7 . Mit ihren beiden letzten Rügen beanstandet die Klägerin, daß die Anstellungsbehörde sie, eine Beamtin, zurückgewiesen und damit den allgemeinen Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter und die von der Kommission in diesem Zusammenhang eingegangenen Verpflichtungen nicht eingehalten habe; die Kommission habe auf diese Weise ein berechtigtes Vertrauen enttäuscht, das die Betroffene als Angehörige des weiblichen Personals der Kommission habe hegen dürfen . Obwohl es um eine grundsätzliche Frage geht, sind beide Rügen zurückzuweisen .

Die Klägerin hat nämlich nicht dargetan, daß sie aufgrund ihres Geschlechts von der Kommission benachteiligt worden sei ( 8 ). Unstreitig hat die Anstellungsbehörde die Verdienste beider Bewerber anhand gleicher Kriterien beurteilt . Damit war die Chancengleichheit gewahrt, und der angenommene Bewerber wurde aufgrund seiner höheren Befähigung zum Management ausgewählt . Die Ansicht der Klägerin, dies sei Ausdruck eines geschlechtsspezifischen Vorurteils, beruht auf keinerlei konkreter Angabe und ist zu allgemein, als daß man ihr folgen könnte . Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß der Klägerin eine Planstelle als Leiterin einer anderen Gruppe angeboten worden ist, so daß von einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ihr gegenüber keine Rede sein kann .

Zu dem "Anspruch auf Vorrang", den der Streithelfer anführt, drängen sich zwei Anmerkungen auf . Wie der Streithelfer in seinen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, handelt es sich hierbei um eine völlig neue Rüge, die die von der Klägerin erhobenen Rügen vervollständigt .

Nun heisst es aber in Artikel 37 Absatz 3 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofes :

"Mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen können nur die Anträge einer Partei unterstützt werden ."

Artikel 42 §*2 der Verfahrensordnung bestimmt :

"Im übrigen können neue Angriffs - und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, daß sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des schriftlichen Verfahrens zutage getreten sind ."

Das ist hier nicht der Fall .

Soweit es um einen Streithelfer geht, kommt letzterer Vorschrift eine besondere Bedeutung zu : Die Zulassung neuen Vorbringens würde einem Mißbrauch des Streithilfeverfahrens Tür und Tor öffnen . Diese Feststellungen sollten dazu führen, daß Sie diese Rüge als unzulässig zurückweisen . In jedem Fall ist festzuhalten, daß der "Anspruch auf Vorrang" auf einer Annahme beruht - daß es nämlich zwei Bewerber mit gleichwertiger Befähigung gibt *-, die hier nicht zutrifft . Deshalb braucht nicht geprüft zu werden, ob dieses hier letztlich unzulässige Vorbringen begründet ist .

Es bleibt die letzte Rüge, wonach die von der Kommission in bezug auf die Durchführung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Geschlechter eingegangenen Verpflichtungen bei der Klägerin ein berechtigtes Vertrauen hervorgerufen hätten .

Die Klägerin kann sich nicht auf eine allgemeine Orientierungserklärung berufen, um die Begründetheit der Entscheidung anzufechten, die die Verwaltung im Einzelfall unter den vom Statut vorgesehenen Voraussetzungen und aufgrund ihres Beurteilungsspielraums getroffen hat .

Ich beantrage deshalb,

-*die Ernennung von Herrn Tutzschky wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben und

-*die Kosten des Verfahrens der Kommission aufzuerlegen, mit Ausnahme der Auslagen des Streithelfers, die dieser selbst zu tragen hat .

(*) Aus dem Französischen übersetzt .

( 1 ) Siehe Urteil vom 23 . Oktober 1986 in der Rechtssache 26/85, Vaysse/Kommission, Slg . 1986, 3131, Randnr . 26 .

( 2 ) Rechtssache 29/70, Marcato, Slg . 1971, 249 .

( 3 ) Urteil vom 30 . Oktober 1974 in der Rechtssache 188/73, Grassi, Slg . 1974, 1099, Randnr . 12 .

( 4 ) Urteil vom 19 . März 1964 in der Rechtssache 27/63, Raponi, Slg . 1964, 273, 293 .

( 5 ) Urteil vom 3.*Februar 1971 in der Rechtssache 21/70, Rittweger, Slg . 1971,*7, Randnr . 35*ff .

( 6 ) Rechtssache 21/70, a.*a.*O ., 20,*21 .

( 7 ) Urteil vom 28 . Juni 1972 in der Rechtssache 88/71, Brasseur, Slg . 1972,*499, Randnr . 11 .

( 8 ) Siehe hierzu Urteil vom 6.*Mai 1969 in der Rechtssache 21/68, Huybrechts, Slg . 1969,*85, Randnr . 20 .

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