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Document 61982CC0327

    Schlussanträge des Generalanwalts VerLoren van Themaat vom 14. Dezember 1983.
    Ekro BV Vee- en Vleeshandel gegen Produktschap voor Vee en Vlees.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: College van Beroep voor het Bedrijfsleven - Niederlande.
    Ausfuhrerstattungen bei der Ausfuhr von Rindfleisch-, Fleisch- und Knochendünnung.
    Rechtssache 327/82.

    Sammlung der Rechtsprechung 1984 -00107

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1983:375

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    PIETER VERLOREN VAN THEMAAT

    VOM 14. DEZEMBER 1983 ( 1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. Einleitung

    1.1.

    Um den rechtlichen, tatsächlichen und verfahrensmäßigen Hintergrund sowie den Inhalt der Ihnen vom College van Beroep voor het Bedrijfsleven in der Rechtssache 327/82 vorgelegten Fragen deutlich zu machen, übernehme ich zuerst den maßgeblichen einleitenden Teil des Sitzungsberichts:

    Nach Artikel 18 der Verordnung Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L 148, 1968, S. 24) kann der Unterschied zwischen den Weltmarktpreisen und den Preisen in der Gemeinschaft für die in dieser Verordnung aufgeführten Erzeugnisse durch eine Erstattung bei der Ausfuhr ausgeglichen werden. Diese Erstattung wurde durch die Verordnung Nr. 2787/81 der Kommission vom 25. September 1981 (ABl. L 271, 1981, S. 44) festgesetzt, die im Anhang das Verzeichnis der Erzeugnisse enthielt, bei deren Ausfuhr die Erstattung gewährt wurde.

    Dieses Verzeichnis nannte unter der Position „ex 02.01 Α II“ des Gemeinsamen Zolltarifs „Fleisch von Rindern: a) frisch oder gekühlt:...; 4. andere:... bb) Teilstücke ohne Knochen, mit Ausnahme von Fleisch- und Knochendünnung und der Hesse, jedes Stück einzeln verpackt“.

    Am 23. Oktober und 6. November 1981 meldete die Firma Ekro BV Vee- en Vleeshandel (im folgenden: Firma Ekro), Apeldoorn, beim Ontvanger der Douane en Accijnzen (Zollamt) in Bergh zwei Partien Fleisch von 2380 kg bzw. 2062 kg zur Ausfuhr nach der Vatikanstadt an, die sie jeweils als „Kalbsteile ohne Knochen, andere, gekühlt, mit Ausnahme von Fleisch- und Knochendünnung und der Hesse, jedes Stück einzeln verpackt“ bezeichnete. Sie beantragte, ihr für die Ausfuhr dieser Partien Fleisch Erstattungen zu gewähren.

    In jeder dieser Partien befanden sich unter anderem Bruststücke, an denen ein in Pistolenform herausgeschnittenes Stück Fleisch hing. Hinsichtlich dieses Stücks ist im Ausgangsverfahren streitig, ob es als „Fleisch- und Knochendünnung“ anzusehen ist. Das Gesamtgewicht dieser Bruststücke betrug 1156 kg. Ein Teil davon, nämlich 201 kg, bestand aus den genannten, in Pistolenform herausgeschnittenen Teilstücken, deren Einordnung umstritten ist.

    Die Produktschap voor Vee en Vlees, Rijswijk, lehnte es ab, der Firma Ekro für die Ausfuhr der 1156 kg Rinderbrust Erstattungen zu gewähren.

    Die Ekro erhob darauf vor dem College van Beroep voor het Bedrijfsleven Klage gegen diesen ablehnenden Bescheid.

    Im Rahmen dieses Rechtsstreits sind die Parteien zum einen unterschiedlicher Ansicht darüber, ob die genannten, in Pistolenform herausgeschnittenen Teilstücke als „Fleisch- und Knochendünnung“ anzusehen sind. Die Produktschap voor Vee en Vlees, die diese Frage bejaht, ist der Ansicht, unter „Fleisch- und Knochendünnung“ sei das Fleisch von der Flanke („flankvlees“) zu verstehen, das sich zwischen Rücken und Bug des Rindes einerseits und seinem Hinterviertel andererseits befinde. Die Firma Ekro verneint die Frage und meint, unter „Fleisch- und Knochendünnung“ sei das zum Hinterviertel gehörende Fleisch von der Flanke bis einschließlich zu dem zu den beiden Hinterrippen gehörenden Teil zu verstehen.

    Zum anderen sind sich die Parteien hinsichtlich der Frage, ob die Erstattung für die Ausfuhr einer Rinderbrust mit einem anhängenden Teilstück „Fleisch- und Knochendünnung“ zu gewähren ist, nicht einig. Die Produktschap voor Vee en Vlees verneint diese Frage. Die Firma Ekro bejaht sie, und zwar in der Weise, daß eine Erstattung zu gewähren sei, die anhand des Gewichts des ausgeführten Fleisches, abzüglich des Anteils an dabei vorhandener „Fleisch- und Knochendünnung“ zu berechnen sei.

    Da das College van Beroep voor het Bedrijfsleven der Auffassung ist, der Rechtsstreit betreffe Fragen der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, hat es das Verfahren ausgesetzt und mit Urteil vom 17. Dezember 1982 dem Gerichtshof gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    „1.

    Was ist bei richtiger Auslegung der Tarifstelle 02.01 A II a 4 ex bb des Gemeinsamen Zolltarifs unter ‚Fleisch- und Knochendünnung‘ (‚vang‘) zu verstehen, und wie kann ‚Fleisch- und Knochendünnung‘, die nicht zu dieser Tarifstelle gehört, von den zu dieser Tarifstelle gehörenden Teilstücken ohne Knochen abgegrenzt werden?

    2.

    Führt eine richtige Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 2787/81 dazu, daß für die Ausfuhr nach Drittländern von einem Teilstück ohne Knochen, an dem noch ein Stück ‚Fleisch- und Knochendünnung‘ hängt, keine Erstattung gewährt werden darf, oder muß bei richtiger Auslegung dieser Verordnung in diesem Fall die Erstattung aufgrund des Gesamtgewichts des ausgeführten Fleisches, abzüglich des Gewichts der ‚Fleisch- und Knochendünnung‘, gewährt werden?“

    1.2.

    Zu diesen Fragen bemerke ich zunächst, daß alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung einhellig der Meinung waren, die zweite Frage sei bedeutsamer als die erste. Ich teile diese Auffassung und möchte daraus herleiten, daß die Antwort auf die erste Frage so formuliert werden muß, daß das vorlegende Gericht daraus einen größtmöglichen Nutzen für die Auslegung der Antwort auf die zweite Frage ziehen kann.

    Sodann weise ich darauf hin, daß Sie sich — berücksichtigt man die zugrundeliegenden Tatsachen und die Formulierung der Fragen — bei Ihrer Antwort auf die zweite Frage auf den Rechtszustand während des Zeitraums zwischen dem 1. Oktober 1981 und dem 1. November 1982 beschränken können ( 2 ). Zum erstgenannten Zeitpunkt trat nämlich die Verordnung (EWG) Nr. 2787/81 der Kommission (ABl. L 271, 1981, S. 44) in Kraft, deren Anhang auf S. 47 unter Nr. 4 ex bb die noch näher zu erläuternde Antwort des Gemeinschaftsverordnungsgebers auf die zweite Frage für den genannten Zeitraum nach dem 1. Oktober 1981 enthält. Nach dieser Verordnung kommen seit dem 1. Oktober 1981 allein „Teilstücke ohne Knochen, mit Ausnahme von Fleisch- und Knochendünnung und der Hesse, jedes Stück einzeln verpackt“ aus der Tarifstelle 02.01 A II für eine Ausfuhrerstattung in Frage. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen der Klägerin des Ausgangsverfahrens und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland auf der einen Seite sowie der Beklagten des Ausgangsverfahrens und der Kommission auf der anderen Seite steht die Frage, ob der Gerichtshof im Wege einer der späteren Verordnung (Verordnung Nr. 2773/82 vom 13. Oktober 1982, ABl. L 292, 1982, S. 20) vorgreifenden Auslegung aus der Zielsetzung der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Kommissionsverordnung Nr. 2787/81 den gleichen Standpunkt ableiten kann, wie er in der Verordnung von 1982 unmißverständlich festgelegt worden ist. Hierbei ist für Ihre Antwort u. a. das Schreiben des EAGFL vom 29. Oktober 1981 an alle Mitgliedstaaten von einiger Bedeutung, das sich in den Akten befindet und sich auf den Zeitraum vor dem 1. Oktober 1981 bezieht. Mit diesem Schreiben wurde allen Mitgliedstaaten die fernschriftliche Antwort der Kommission vom 22. Juli 1981 auf eine von Irland gestellte Frage vom 5. Juni 1981 mitgeteilt. Die Antwort lautete wie folgt: „Unter Bezugnahme auf Ihr Fernschreiben Nr. 90267 vom 5. Juni 1981 teile ich Ihnen mit, daß keine Ausfuhrerstattungen gezahlt werden können, wenn den Teilstücken von entbeintem Fleisch die. Hesse und/oder die Fleisch- und Knochendünnung anhaften“ ( 3 ). Die letzte Frage der irischen Behörden hatten insoweit auch auf Ihr Urteil in der Rechtssache 803/79 (Roudolff, Slg. 1980, 2015) verwiesen und daraus bereits eine entsprechende Antwort abgeleitet. Tatsächlich ging es in jener Sache jedoch um eine ganz andere Auslegungsfrage, nämlich darum, ob Backenmittelstücke, Fleisch- und Knochendünnung sowie die Hesse allein aufgrund getrennter Verpackung für Erstattungen nicht in Betracht kamen. Es ging nicht um die Frage, wie zu entscheiden ist, wenn die einzeln verpackten, grundsätzlich für die Erstattung in Betracht kommenden Teilstücke Fleisch zugleich Stücke von Fleisch- und Knochendünnung enthalten. Dieses Urteil kann deshalb keinen Aufschluß über die Ihnen jetzt vorgelegte Frage geben.

    1.3.

    Nachdem ich die für die Beantwortung der Ihnen vorgelegten Fragen wichtigsten rechtlichen Einzelheiten genannt habe, werde ich in den beiden nun folgenden Abschnitten meiner Schlußanträge der Reihe nach auf die beiden Fragen eingehen.

    2. Die erste Frage

    Bei der ersten Frage muß zunächst klargestellt werden, wie es auch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland und die Kommission tun, daß die Frage sich nicht auf die in ihr genannte Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs, sondern auf die Auslegung der entsprechenden Tarifstelle des Anhangs zur Verordnung Nr. 2787/81 der Kommission vom 25. September 1981 bezieht. Zur Verdeutlichung führt die Kommission in ihren Erklärungen aus, daß die Verordnung das Schema des Gemeinsamen Zolltarifs oft um besondere Voraussetzungen ergänze, z. B., wo sie die Gewährung von Erstattungen auf einen Teil der Erzeugnisse beschränke, die unter eine Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs fielen (die Tarifstellen „ex“). Da es sich um eine Regelung mit eigener Rechtsgrundlage und eigener Zielsetzung handele, ist nach den schriftlichen Erklärungen der Kommission bei der Auslegung dieses besonderen Schemas zwar nach den Auslegungsregeln des Gemeinsamen Zolltarifs, jedoch in Übereinstimmung mit den Bestimmungen und den Zielsetzungen der diesem Schema zugrundeliegenden Agrarverordnung vorzugehen. Vor allem in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission diesen Ausgangspunkt später — unter Bezugnahme auf meine Schlußanträge in der Rechtssache 145/81 (Wünsche, Slg. 1982, 2507, rechte Spalte) und auf die dortige Verweisung auf die Schlußanträge von Generalanwalt Mayras in der Rechtssache 80/72 (Slg. 1973, 660, rechte Spalte) — folgendermaßen erläutert: Zunächst müsse man bestrebt sein, die Auslegungsfragen anhand der Bestimmungen und der Zielsetzungen der betreffenden Agrarverordnung zu beantworten. Erst wenn man auf diese Weise keine eindeutige Antwort erhalten könne, dürfe man auf den Gemeinsamen Zolltarif und die für ihn geltenden Auslegungsgrundsätze zurückgreifen. Diesem Ausgangspunkt kann ich an und für sich auch jetzt noch zustimmen. Für die erste Frage bringt dieser meiner Ansicht nach richtige Ausgangspunkt jedoch nicht viel mehr als die Feststellung, daß „Fleisch- und Knochendünnung“ als eine preiswerte Sorte Fleisch von relativ geringer Qualität nach den Zielen der betreffenden Verordnung grundsätzlich nicht für eine Ausfuhrerstattung in Frage kommen soll.

    Anschließend führt die Kommission aus, der Vergleich der Begriffe, die eine bestimmte Sorte Fleisch in den verschiedenen Sprachen der Gemeinschaft bezeichneten, reiche nicht aus, eine einheitliche Auslegung zu gewährleisten. Die Art, geschlachtete Tiere zu entbeinen und zu zerlegen, sowie die Angebotsform von Teilstücken im Handel seien von Land zu Land und sogar von Gegend zu Gegend verschieden, so daß selbst innerhalb eines Sprachraums ein und dieselbe Bezeichnung nicht immer genau für dasselbe anatomische Teil gebraucht werde. Das Gemeinschaftsrecht enthalte keine genaue Beschreibung des Begriffs „Fleisch- und Knochendünnung“. Aus einer von der Kommission vorgelegten Veröffentlichung der Europäischen Produktivitätszentrale der Organisation für Europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit aus dem Jahre 1960 ergebe sich, daß der Begriff im Zusammenhang mit den verschiedenen gebräuchlichen Zerlegungsmethoden in den verschiedenen Mitgliedstaaten verschieden ausgelegt werde.

    Unter Bezugnahme auf die betreffenden Schautafeln sowie auf die in den verschiedenen Sprachen benutzten Begriffe — und nach begründeter Ablehnung der von der Klägerin im Ausgangsverfahren vorgeschlagenen Antwort — war die Kommission jedoch in ihren schriftlichen Erklärungen abschließend der Auffassung, daß der Begriff „Fleisch- und Knochendünnung“ einheitlich als „der Lappen der Bauchwand zwischen Hinterviertel sowie Querrippe und Brust des Tierkörpers“ ausgelegt werden könne. Gewisse Unterschiede in der Auslegung könnten nach Ansicht der Kommission hauptsächlich im Hinblick auf die richtige Abgrenzung zwischen Fleisch- und Knochendünnung sowie Querrippe und Brust weiterbestehen. Wie bereits gesagt hängen diese Unterschiede mit den traditionell unterschiedlichen Zerlegungsmethoden zusammen.

    Die Kommission hat in Beantwortung schriftlicher Fragen des Gerichtshofes in diesem Zusammenhang vorgeschlagen, Sie sollten in Ihrer Antwort auch auf die von Land zu Land und häufig sogar von Gegend zu Gegend verschiedenen Gepflogenheiten sowie auf die Zielsetzung der Gemeinschaftsvorschrift verweisen.

    Ich teile diesen Standpunkt, den die Kommission schließlich eingenommen hat. Allenfalls könnte der Gemeinschaftsverordnungsgeber selbst versuchen, die örtlichen Zerlegungsmethoden durch eine genauere Definition zu vereinheitlichen, über die sich die Sachverständigen der Mitgliedstaaten dann jedoch vermutlich nicht leicht einig würden. Eine solche Vereinheitlichung ist sicher nicht Aufgabe des Gerichtshofes. Die Bezugnahme auf bereits seit langem bestehende örtliche Gepflogenheiten schließt zudem Mißbräuche zur Erlangung von nach der Verordnung unerwünschten Ausfuhrerstattungen in der Regel von vornherein aus. Gleichwohl sollten Sie entsprechend dem Kommissionsvorschlag in Ihrer Antwort u. a. diese Gefahr eines Mißbrauchs behandeln.

    Ich schlage Ihnen deshalb vor, die erste Frage wie folgt zu beantworten:

    „Unter dem Begriff ‚Fleisch- und Knochendünnung‘, der in der Verordnung Nr. 2787/81 der Kommission vom 25. September 1981 (ABl. L 271, 1981) in der Tarifstelle ‚ex 02.01 Α ΙI‘ verwendet wird, ist der Lappen zwischen Hinterviertel sowie Querrippe und Brust des Tierkörpers zu verstehen, der nach den — nicht kodifizierten — Gepflogenheiten in den verschiedenen Mitgliedstaaten als Fleisch- und Knochendünnung anzusehen ist. Um einen Mißbrauch bei der Erstattungsmöglichkeit auszuschließen, muß jedoch bei der Anwendung dieses Begriffs auch auf die Zielsetzungen der genannten Verordnung geachtet werden.“

    3. Die zweite Frage

    Die zweite Frage ist bedeutsamer, aber auch schwieriger zu beantworten. Wie bereits ausgeführt, macht der Anhang der betreffenden Verordnung im Text allein eine Ausnahme für „Fleisch- und Knochendünnung“ und „die Hesse“. Rein sprachlich gesehen können darunter schwerlich „Teilstücke von Fleisch- und Knochendünnung“ (oder der Hesse) verstanden werden. Sicher kann dem Text von der Sprache her nicht entnommen werden, daß auch mehr oder weniger große Stück Fleisch- und Knochendünnung, die an einem getrennt verpackten Stück hochwertigen Fleisches sitzen, die Erstattung für das hochwertige Fleisch völlig ausschließen.

    Das von mir einleitend erwähnte Schreiben vom 20. Oktober 1981 an alle Mitgliedstaaten hilft dem Gerichtshof auch in der Sache nicht viel weiter. Aus den Fernschreiben und der Korrespondenz mit den irischen Behörden, die in diesem Schreiben allen Mitgliedstaaten mitgeteilt werden, ergibt sich nämlich eindeutig, daß sich die beantworteten Fragen ausschließlich auf Teilstücke hochwertigen Fleisches bezogen, an denen noch eine ganze Hesse saß. Auch die von mir angeführten Antworten beziehen sich ausschließlich auf Fleisch ohne Knochen, daß auch die Hesse oder die Fleisch- und Knochendünnung enthält (Unterstreichung von mir). Nach diesen Antworten ist — sicher auf dem Hintergrund der gestellten Fragen — sehr gut die Auslegung denkbar, daß sie sich ausschließlich auf Fleisch ohne Knochen beziehen, das die gesamte„Fleisch- und Knochendünnung“ oder einen überwiegenden Teil „Fleisch- und Knochendünnung“ enthält. In jedem Fall sagen sie überhaupt nichts über recht kleine Teilstücke von Fleisch- und Knochendünnung aus, die entsprechend den ortsüblichen Zerlegungsmethoden gewöhnlich an hochwertigen und für eine Erstattung in Betracht kommenden Stücken Fleisch sitzen. Ich erinnere daran, daß es im vorliegenden Fall um Bruststücke geht, an denen sich ein in Pistolenform herausgeschnittenes Stück Fleisch befand und für die die Produktschap voor Vee en Vlees eine Ausfuhrerstattung ablehnte, da sie dieses in Pistolenform herausgeschnittene Fleisch als „Fleisch- und Knochendünnung“ ansah.

    Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat unter diesen Umständen in ihren schriftlichen Erklärungen meiner Ansicht nach zu Recht bemerkt, daß grundsätzlich drei Antworten auf die vorgelegte Frage gegeben werden können:

    1.

    Für ein Teilstück ohne Knochen, an dem Dünnung hängt, wird keine Ausfuhrerstattung gewährt.

    2.

    Für ein Teilstück ohne Knochen, an dem Dünnung hängt, wird Ausfuhrerstattung nur für den Teil gewährt, der nicht Dünnung ist.

    3.

    Für ein Teilstück ohne Knochen, an dem Dünnung hängt, wird Ausfuhrerstattung für das gesamte Teilstück gewährt, wenn die Dünnung nicht charakterbestimmend für das Teilstück ist.

    Sie werden sich entsinnen, daß die Klägerin im Ausgangsverfahren in der mündlichen Verhandlung den Vorschlag gemacht hat, daß zuletzt genannte Kriterium dahin gehend zu präzisieren, daß der Anteil an „Fleisch- und Knochendünnung“ nicht mehr als 20 % des gesamten Stückes Fleisch ohne Knochen ausmachen darf.

    Die erste Lösung ist in der Kommissionsverordnung (EWG) Nr. 2773/82 vom 13. Oktober 1982 (ABl. L 292, 1982, S. 20) gewählt worden. In Fußnote 7 des Anhangs dieser Verordnung wird erläutert, daß ausschließlich für Teilstücke ohne Knochen, „die weder vollständig noch teilweise die Fleisch- und Knochendünnung enthalten“, die Erstattung gewährt wird. Wie die deutsche Regierung zu Recht bemerkt, war diese am 1. November 1982 in Kraft getretene Verordnung während des im vorliegenden Fall erheblichen Zeitraums jedoch noch nicht in Kraft. Dann stellt sich, wie bereits gesagt, die Frage, ob man der Zielsetzung der seinerzeit noch geltenden Verordnung Nr. 2787/81 mit hinreichender Sicherheit einen entsprechenden Standpunkt entnehmen kann. Nach Ansicht der Bundesregierung ist dies nicht der Fall, weshalb nach Ihrem bereits genannten Urteil in der Rechtssache Wünsche auf die allgemeinen Tarifierungsvorschriften zum Gemeinsamen Zolltarif (Tarifierungsvorschrift 3b in Titel I, Teil A) zurückzugreifen sei. Dies müsse dann zu der dritten Lösung führen. Die zweite Lösung wäre nach Auffassung der Bundesregierung nämlich nur aufgrund einer ausdrücklichen Bestimmung dieser Zielsetzung möglich. Zusätzlich weise ich darauf hin, daß diese zweite Lösung mir überdies als in der Verwaltungspraxis nicht durchführbar erscheint.

    Die Kommission ist der Auffassung, die erste Lösung ergebe sich eindeutig aus Wortlaut und Ziel der strittigen Bestimmung. Ich habe, was den Wortlaut der Bestimmung angeht, bereits dargelegt, warum ich den Standpunkt der Kommission nicht teilen kann, und zwar auch dann nicht, wenn ich das zitierte Schreiben vom 29. Oktober 1981 berücksichtige. Hinsichtlich des Ziels der strittigen Bestimmung führt die Kommission aus, die Gewährung der Erstattung für Teilstücke, an denen nur eine geringe Menge Fleisch- und Knochendünnung sitze, würde auf die Gewährung einer ziemlich hohen Erstattung für eine ziemlich geringwertige Fleischsorte hinauslaufen, wodurch die Ausfuhr dieses Fleisches trotz der Nachfrage seitens der fleischverarbeitenden Industrie der Gemeinschaft mittelbar einen Anreiz erhalte.

    Ich halte dieses letzte Argument der Kommission im Lichte ihrer eigenen Ausführungen im Zusammenhang mit der ersten Frage jedoch ebensowenig für völlig überzeugend. Die Kommission hat in diesen Ausführungen ja selbst ausdrücklich dargelegt, daß es hinsichtlich der richtigen Abgrenzung zwischen dem Bruststück und der Fleisch- und Knochendünnung, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, unterschiedliche Ansichten gebe. Unter anderem aus diesem Grund hat sie letztlich vorgeschlagen, daß Sie in Ihrer Antwort auf die erste Frage auch auf die örtlichen Gepflogenheiten hinsichtlich der Zerlegungsmethoden verweisen sollten. In der mündlichen Verhandlung ist ferner darauf hingewiesen worden, daß erst nach der völlig eindeutigen Verordnung von 1982 die örtlichen Zerlegungsmethoden für den Fall angeglichen worden sind, daß das Fleisch zur Ausfuhr bestimmt ist. Übernimmt man den Vorschlag der Kommission, würde dies möglicherweise in unnötig vielen Fällen zu Problemen führen, wie ich dies in Fußnote 1 aufgezeigt habe.

    Aus allen diesen Gründen erscheint es mir logischer und praktischer, in der Antwort auf die zweite Frage ebenfalls auf die genannten örtlichen Gepflogenheiten zu verweisen. In der Praxis wird dies in den meisten Fällen vermutlich auf ungefähr dieselben Ergebnisse wie nach der von der deutschen Regierung vorgeschlagenen Lösung hinauslaufen; jedoch werden Mißbräuche der Erstattungsregelung dadurch besser vermieden.

    Ich schlage Ihnen deshalb abschließend vor, die zweite Frage wie folgt zu beantworten:

    „Unter Berücksichtigung auch der Antwort auf die erste Frage dürfen die Mitgliedstaaten Teilstücke ohne Knochen, an denen ein Stück Lappen sitzt, der nach den ortsüblichen Zerlegungsmethoden nicht zu diesen Teilstücken gehört, sondern als Fleisch- und Knochendünnung giltį weder ganz noch teilweise für die in der Verordnung Nr. 2787/81 festgesetzte Erstattung bei der Ausfuhr nach Drittländern in Betracht ziehen.“


    ( 1 ) Aus dem Niederländischen übersetzt.

    ( 2 ) Die Bedeutung, die Ihre Antwort für andere Fälle hat, beschränkt sich dann auf andere Klagen bezüglich dieses Zeitraums, auf die Frage, ob die Mitgliedstaaten berechtigt oder verpflichtet sind, in diesem Zeitraum möglicherweise zuviel gezahlte Erstattungen zurückzuverlangen, und auf mögliche Auswirkungen Ihrer Antwort auf den Abschluß der Rechnungen der Mitglied-Staaten seitens der Kommission für diesen Zeitraum. Zu diesem letzten Punkt verweise ich auf den letzten Satz der Antwort der Kommission auf Ihre schriftlichen Fragen und die daraufhin von der Kommission während der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erläuterungen. Die beiden letzten Punkte, auf die sich Ihre Antwort auf die zweite Frage auswirken kann, weisen jedoch auch andere rechtliche Aspekte auf, die mit den vorliegenden Fragestellungen in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.

    ( 3 ) In einem späteren Fernschreiben vom 7. September 1981 wurde diese Antwort noch dahin gehend präzisiert) daß „keine Ausfuhrerstattungen für jedes Packstück von entbeintem Rindfleisch, das Fleisch- und Knochendünnung und/oder Hesse umfaßt, und für jede Ausfuhrsendung von entbeintem Rindfleisch, die Fleisch- und Knochendünnung und/oder Hesse umfaßt, gezahlt werden dürfen“. In einem noch späteren Schreiben wurde auf eine entsprechende Frage als weitere Klarstellung angegeben: „Da diese Sendungen so verpackt waren, daß in jeder Packung nur Teilstücke der gleichen Klasse waren, können Ausfuhrerstattungen für... Sendungen von Teilstücken ohne Hesse... gewährt werden.“ Ich weise darauf hin, daß sich diese, von den irischen Behörden (nach Ihrer Rechtsprechung zu Unrecht) als „Weisungen“ aufgefaßten amtlichen Auslegungen auf eine Frage bezüglich eines Teilstücks bezogen, das eine ganze Hesse enthielt. Auch rein sprachlich gesehen bezieht sich die Antwort allein auf Teilstücke, die (ganze) Hessen und/oder ganze Fleisch- und Knochendünnung enthalten. Es bleibt mithin die Frage offen, was gilt, wenn ein Teilstück nur ein kleines Stück Fleisch- und Knochendünnung enthält.

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